Zum Inhalt der Seite

Tell me the best way I could kill you & Back to reality

~ Yu Kanda x Tyki Mikk~
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

~4~

Ein undeutliches Murmeln kam über die Lippen des jungen Mannes, bevor er sich träge zu regen begann, einen seltsamen festen und unangenehmen Untergrund zu spüren bekam und den Kopf von diesem hob. Die Hände verrieten eine gewisse Kälte, als er sie ballte und nach einem unwirschen Zwinkern öffnete er die Augen.

Er lag auf dem Boden…

Schleppend lugte er zur Seite und wurde sich dieser Tatsache bewusst. Ja, er lag wirklich ausgestreckt auf dem Gestein und neben dem Bett und konnte sich nicht erklären, wie er dort gelandet war. Ebenso wenig, wann ihn die Müdigkeit erneut übermannt hatte. Seine Augen richteten sich auf das Bett, ziellos bewegte er die Beine und unter einem herzhaften Gähnen richtete er sich auf. Sein Rücken ließ ihn das Gesicht verziehen, verurteilte den ungewohnten Schlafplatz gnadenlos mit einem Stechen und seine Hand benötigte zwei Versuche, bevor sie die richtige Stelle fand, diese rieb. Wirr und zerzaust fiel das Haar in sein Gesicht, als er den Kopf sinken ließ, die Nase rümpfte und auf die Decke starrte, die in trügerischen Hintergedanken seine Beine umschlungen hatte. Er gab sich einem kurzen Versuch hin, sich zu befreien…und gab diesen auf, als er auf seine nackte Brust aufmerksam wurde. Das Hemd… seine Stirn legte sich kraus, als er zu dem Fetzen lugte, der sich verzweifelt an seinem anderen Arm hielt.

Wann hatte er die Knöpfe geöffnet?

Er starrte lange, begann nach wenigen Momenten wieder seinen Rücken zu bearbeiten. Er wusste es nicht… eine mysteriöse Nacht lag hinter ihm und dennoch fühlte er sich recht ausgeschlafen… bei klarem Verstand…?

„Mm…“ Er presste die Lippen zusammen, ließ vom Rücken ab und drehte sich, um zum Fenster zu blicken. Hinter dem farbigen Glas lag die Helligkeit des Tages und sofort stellte er sich die Frage, wie spät es war.

Vielleicht schon Mittag…?

Was war passiert?

Das Sinnieren wollte ihm nicht so recht gelingen und letzten Endes beließ er es dabei, sich ausgiebig im zerzausten Haar zu kratzen.

Wenn man ihn bräuchte, hätte man ihn wohl geweckt. Na also, Grund zur Sorge gab es nicht und die restlichen Antworten konnten getrost vernachlässigt werden.

Viel wichtiger war der Hunger, der das Stechen des Rückens ablöste. Es war wirklich eine ganze Weile her und seinem geistigen Auge bot sich der Anblick des Speisesaales. Da müsste er unbedingt hin und ohne weitere Zeit zu vergeuden, machte er sich daran, auf die Beine zu kommen.

Es war recht schwer… seine Knie wollten noch nicht die Kraft preisgeben, die er in sich vermutete und auch seine Schultern beklagten die plötzliche Beanspruchung. Ächzend stemmte er sich nach oben, suchte sich festen Halt auf dem Boden und stand auf. Ein leichter Schwindel überkam ihn, als sich das Gestein weit unter ihm erstreckte und flüchtig rieb er sich die Augen, streckte den anderen Arm und schmatzte.

Nur stockend ließ sich sein Kopf gebrauchen… bitter kam der Nachgeschmack der nächtlichen Geschehnisse und er schüttelte den Kopf unter einer gewissen Verwirrung. Diese Nacht hatte weder einen Anfang, noch ein Ende. Sie war nicht zu ordnen und nur undeutlich mischte sich der düstere Traum unter die Erinnerungen, die mehr als verschwommen und wahllos in ihm rumorten.

Es war… alles etwas verdreht und er beschloss, sich keiner Hast auszusetzen. An die Dinge, die er sich für den heutigen Tag vorgenommen hatte, würde erst sich erst entsinnen können, wenn sein Magen gefüllt und er vollständig wach war. Wenn er dazu fähig war, klar zu denken. Scheinbar ließ man ihm Zeit, daran zu arbeiten und wieder kam ihm der Speiseraum in den Sinn. Träge ließ er die Hand sinken und wandte sich ab. Da spürte er eine seltsame Enge. Plötzlich schloss sie sich um seine Fußgelenke und kurz stolperte er nach vorn, stemmte sich auf den Tisch und starrte auf die Decke. Die hatte er ganz vergessen. Lustlos begann er die Füße zu befreien und wie störend war dabei dieses Hemd, das an seinem Handgelenk hing. Sobald die Decke in sicherer Entfernung lag, richtete er sich also auf, lehnte sich gegen den Tisch und bahnte sich mit der Hand einen Weg durch den Stoff und löste den Knopf. Akribisch verfolgte er die Arbeit, verfolgte auch, wie der Stoff ungebremst zu Boden ging und ein mürrisches Brummen kam über seine Lippen, bevor er sich gezwungener Maßen danach bückte. Auch eine Sache, gegen die der Rücken abgeneigt war und er presste die Lippen zusammen, als er nach dem Stoff tastete, ihn endlich unter den Fingerkuppen spürte und ergriff. Er war völlig durcheinander und träge begann er ihn zu schütteln und zu entfitzen, starrte erneut um sich und stellte sich die alten Fragen.

Irgendetwas stimmte heute nicht. Er fühlte sich seltsam überfordert, körperlich hingegen recht gut. Wie lange hatte er nur geschlafen, nachdem…

Seine Bewegungen ließen nach, bis er das Hemd an der erhobenen Hand hielt. Auch seine Augen blieben an einem unbedeutenden Punkt hängen und eine flüchtige Teilnahmslosigkeit überkam ihn, bevor er die Lider senkte, den Kopf schüttelte. Es war ernüchternd… und der falsche Augenblick. Er wollte sich nicht damit befassen und schöpfte tiefen Atem, bevor er in das Hemd schlüpfte.

Keine Hast… zuerst galt es, den Hunger zu bekämpfen. Die Knöpfe ließen sich schwer schließen, doch er bewerkstelligte es und wandte sich anschließend der Hose zu. Das Gleichgewicht ließ etwas zu wünschen übrig, als er in die Hosenbeine stieg, doch auch in diesem Vorhaben hatte er Erfolg, streifte den Stoff hinauf und tastete nach dem Knopf. Und schon fixierte er sich auf das Ziel, betrachtete sich die Tür. Kurz darauf hatte er diese auch schon erreicht und geöffnet. Die Helligkeit des Treppenhauses ließ ihn im ersten Moment blinzeln und eine gewisse Kälte zog ihm entgegen, als er dennoch hinaustrat und um sich spähte. Keine Menschenseele war unterwegs. Nicht einmal Geräusche drangen zu ihm und das Klicken des Schlosses schallte an dem Gestein wider, als er die Tür hinter sich schloss, sich den Hals juckte und in Bewegung setzte. Zielstrebig machte er sich auf den Weg, doch es waren nur wenige Schritte, bis ihn ein gewisser Argwohn überkam. Etwas stimmte nicht und seine Hand, die das Kratzen am Kopf fortzuführen gedachte, hielt inne, als er den Kopf senkte und sich seine Füße betrachtete. Regungslos verharrte sein Gesicht bei dem ungewohnten Anblick und bald runzelte er die Stirn, bewegte die Zehen… die völlige Freiheit genossen.

Wo waren die Stiefel?

Er stand barfuss hier, ließ die Hand sinken und blickte auf. Kurz betrachtete er sich die Türen, die sich vor ihm aneinander reihten, bevor er sich umdrehte und sich auf den Rückweg machte. Die fehlenden Stiefel lagen noch immer unter dem Tisch, an derselben Stelle, an die er sie am gestrigen Tag befördert hatte und träge ging er in die Knie, holte sie hervor. Apathisch setzte er sich kurz darauf zurück und holte das Vergessene nach, blies sich eine Strähne aus dem Gesicht und war zufrieden, als er die Hosenbeine über das Leder streifte und daraufhin wieder auf den Beinen stand. So musste es in Ordnung sein und wirklich war dieses Gefühl schon weitaus vertrauter.

Flüchtig rieb er die Hände an dem Stoff, zog auch nachlässig an dem Hemd und ließ die Tür abermals hinter sich. Leise wurde sie erneut ins Schloss gezogen und so kehrte die Stille zurück. Etwas schief blieb das Kissen auf der Kante der Matratze hängen, wirsch die Decke auf dem Boden liegen und als sich eine Wolke vor die Sonne schob, neigte sich ein flüchtiger Schatten über das Zimmer. Das Schimmern der Sanduhr verblasste, die Blätter der Lotusblüte verloren an Farbe und die völlige Lautlosigkeit wurde erst unterbrochen, als sich Schritte im Treppenhaus erhoben, an Intensität gewannen... und die Tür kurz darauf erneut geöffnet wurde.

Die Augen verdrehend schob sich Kanda zurück in den Raum. Die Tür blieb angelehnt, als er an den Tisch zurücktrat, den Kopf senkte und suchend um sich blickte. Als die Decke einen ziellosen Schritt beeinträchtigte, wurde sie zurück auf die Matratze geworfen und endlich wurde Kanda auch fündig. Der Haargummi war es, den er auf dem Boden ausmachte. Ein weiteres Mysterium, was er dort zu suchen hatte und sofort machte er von ihm Gebrauch. Die Tür öffnete er mit dem Fuß, als er die Hände zum Kopf hob, sich das Haar zurückstreifte und zum Zopf band.

Noch kurz die Tür geschlossen und endlich schien auch das letzte Problem gelöst. Nach weiteren suchte er gar nicht erst, als er das Treppenhaus verließ, um eine Ecke bog und einen schmalen steinernen Gang benutzte. Der Hals juckte an diesem Tag recht viel und lästig und er kratzte, nahm nicht die losen Strähnen wahr, die aus dem schiefen und lockeren Zopf hingen, völlige Freiheit genossen. Den Speiseraum galt es zu erreichen und etwas anderes spielte keine Rolle, als er das Ziel erreichte, die Tür öffnete und den Saal betrat. Nur wenige Geräusche waren es, die ihm entgegen zogen und wirklich waren zu dieser Zeit nicht viele vor Ort und mit dem Essen beschäftigt.

Nur wenige Finder, die sich in kleinen Gruppen zusammengefunden und auch nicht viel zu bereden hatten. Und unter ihnen…

Zielstrebig nahm er den Weg durch die Tischreihen und steuerte auf die Theke zu.

Das Klirren des Bestecks und das Rücken der vielen Teller kamen näher, stoisch drifteten Kandas Pupillen zur Seite und nur flüchtig erwiderte er den Blick des Jungen, der sofort auf ihn aufmerksam wurde. Mit vollem Mund hatte sich Allen aufgerichtet, den Neuankömmling wahrhaft gespürt und stockend ließ er die Gabel sinken, als man auch schon das Interesse an ihm vorbei, ihm den Rücken kehrte. Kanda folgte seinem alten Weg und mit einer erschütterten Irritation folgten die Augen des Jüngeren seinen Bewegungen, blieben an ihm haften. Selbst das Essen, das ihm noch nicht zum Opfer gefallen war, hatte zu warten, als er an den Zähnen saugte, das Gesicht verzog und den Kopf schief legte.

Was war denn das…?

Seine Finger wendeten das Besteck, perplex verfolgte er, wie Kanda das Ziel erreichte und unter einem zermürbten Seufzen schüttelte er den Kopf und lenkte die Konzentration auf die Teller zurück. Er hatte wohl nicht alles zu verstehen.

Da war sie - die Theke und Kanda blieb vor ihr stehen, hörte bereits das Treiben aus der Küche und hob die Hand abermals zum Kopf. Allmählich fühlte sich dieser an, als wäre er mit ihm aufgeschlagen und vorsichtig betastete er eine Stelle, als die Tür der Küche aufgerissen wurde und sich Jerry in gewohnten Enthusiasmus präsentierte.

„Ich kooomme!“ Noch schnell die Hände an einem Handtuch gereinigt und schon winkte er und eilte herbei.

Vorsichtig versenkten sich Kandas Fingerkuppen im schwarzen Haar, rieben und machten sich auf den Rückweg, als Jerry auf der anderen Seite der Theke stehen blieb, sich das Tuch über die Schulter warf und die Hände in die Hüften stemmte.

„Einen schönen guten Morgen, Kanda!“ Das stets heitere Grinsen entfaltete sich rasch, verblasste jedoch eher als gewohnt und ziepend blieb eine Strähne an Kandas Hand haften, als diese sinken gelassen wurde. Unbeachtet wurde sie aus dem heillosen Durcheinander gezogen und eine kurze Stille brach zwischen ihnen aus. Es mochte an der ausbleibenden Frage Jerrys liegen und stoisch verfolgte Kanda die überraschte Musterung, der er unterzogen wurde.

„Mm…“, fasziniert presste der Ältere die Lippen aufeinander, neigte sich zur Seite, betrachtete sich Kanda genauer und hob die Brauen, als er sich wieder mit seinem Gesicht befasste. „Mm… ist das der neuste Schrei bei euch Jugendlichen?“, verlangte er daraufhin zu wissen, stemmte die Ellbogen auf die Theke und das Kinn in die Handfläche. Er wirkte wirklich begeistert und ihm gegenüber wurde die Stirn gerunzelt. „Ist das…“, flüsterte er beeindruckt, „… gerade in? Meine Güte!“ Er verdrehte die Augen, seufzte. „Ich dachte, die rebellische Modezeit ist vorbei. Neee, wie man sich irren kann!“

„Was soll das heißen“, kam Kanda endlich zu Wort. Seine Faszination hielt sich in Grenzen, als er sein Gegenüber argwöhnisch musterte und dieser richtete sich auf.

„Na, du trägst dein Hemd verkehrt herum. Ist das gerade angesagt?“ Aufgeregt fuchtelte er in die Richtung und ungläubig starrte Kanda an sich herab, hob die Hände. „Ich wusste ja gar nicht, dass du ein Auge auf die neuesten Trends hast!“

Jedenfalls waren die Nähte außen und die Knöpfe nach innen gekehrt und stockend tastete der junge Mann nach dem völlig zerknitterten Kragen.

„Ich kann deinem Modegeschmack zwar nicht ganz folgen“, fuhr Jerry in diesem Augenblick schon fort, „aber ganz bestimmt deinem Essenswunsch. Was darf’s denn sein?“

Erwartungsvoll reckte er den Kopf und Kandas Hände streiften gerade die verdrehte Knopfreihe, als er aufblickte, den Koch anstarrte.

„Mm?“ Verspielt bekam dieser das Küchentuch zu fassen und zwirbelte es um seinen Arm, während ihm gegenüber Stille herrschte… und für geraume Zeit anhielt. Kandas Mimik war eine gewisse Grübelei anzusehen und während er sich wirklich im Sinnieren verstrickte, fanden seine Hände zur Theke, begannen das Holz abwesend zu bearbeiten. Unentschlossen kreisten die Augen des jungen Mannes, während er an dem Holz kratzte und keine wirkliche Lösung zu finden schien.

„Na?“ Ungeduldig neigte sich Jerry zu ihm. Bei Kanda war er keine lange Wartezeit gewohnt und umso seltsamer war die Begebenheit, als der junge Mann seinen Blick entrüstet erwiderte, wirklich keine Ahnung zu haben schien.

„Ahh…“, ein verworrenes Raunen war auch keine große Hilfe und dem Koch entrann ein Seufzen.

„Vielleicht…“, entschloss er sich, ihn bei der Wahl zu unterstützen, „… Soba-Nudeln?“

Ein leises Kichern entrann ihm, als Kanda zu altem Leben erwachte. Unter einem leisen Räuspern straffte er die Schultern, zerrte ziellos an dem Hemd.

„Natürlich.“

„Na, was denn auch sonst!“ Lachend wedelte Jerry mit dem Tuch und seine andere Hand verstrickte sich in eine heitere Gestik, bevor er sich auf den Ballen umdrehte, zur Küche floh. „Kommt sofooort, nur ein klitzekleines Momentchen!“

Naserümpfend starrte Kanda ihm nach, starrte auch auf die Tür, die sich hinter ihm schloss und allmählich verstärkte sich der Gedanke, dass heute etwas nicht stimmte.

Modetrends, ja?

Ihm entrann ein leises Murren und kurz darauf machte er sich an den Knöpfen zu schaffen. In seinem Rücken klirrte noch immer das Geschirr des hungrigen Jungen, als er sich den Stoff letztendlich von den Schultern streifte, verhalten wendete und sich unter verstohlenen Blicken nach beiden Seiten wieder überzog. So stimmte es und auch die Knöpfe ergaben sich seinen Fingern weitaus schneller. Zielstrebig fand er sie und kaum war er fertig, da wurde die Tür zur Küche auch schon wieder aufgestoßen und das gewohnte Tablett vor ihm abgestellt.

„Bitteschön!“ Grinsend präsentierte Jerry seine Arbeit und stumm wurde diese entgegengenommen. „Lass es dir schmecken!“

Eines Blickes wurde er nicht mehr gewürdigt, bevor Kanda sich abwandte und das Gesicht des Koches von erneuter Irritation befallen wurde. Etwas schief sah er dem jungen Mann nach, bevor er ein verwirrtes Seufzen ausstieß und sich entschloss, sich keine Fragen mehr zu stellen.
 

Schnell war ein guter Platz gefunden und mit geübter Perfektion gelang es Kanda auch, gewisse andere Besucher mit Nichtbeachtung zu strafen und sich alleine seinem Essen hinzugeben. Und es schmeckte… natürlich, so, wie immer. Fließend und zügig ließ er es sich schmecken und kaum versah er sich, da kam er auch schon wieder auf die Beine, war den Hunger losgeworden und machte sich daran, den Saal zu verlassen. Gewisse Tagesplanungen drangen nun auch wieder in sein Bewusstsein, hatten den letzten Bissen etwas an ihrem Reiz genommen. Doch diese neue Zielstrebigkeit hatte auch etwas Gutes an sich. Er schien sich gefangen zu haben, was auch immer am heutigen Tag mit ihm los war. Es spielte so oder so keine Rolle, denn nun machte er sich auf den Weg zu Komui. Eine versteckte Uhr in der Küche hatte ihm die späten Morgenstunden verraten und viel konnte er nicht verpasst haben. Er würde nicht zu spät kommen und fühlte, wie die alten Grübeleien ihn überkamen, als er die Tür des Speiseraumes öffnete, diesen verließ.

Gestern war er Unannehmlichkeiten also entkommen und heute…

„Huch…!“

Eine plötzliche Bewegung zog ihn zurück in die Realität und ließ ihn inne halten. Nur knapp war es Lavi gelungen, seiner Hast auszuweichen. Nun stand er vor ihm, richtete sich das Stirnband und verlor das Interesse an seinem Gesicht seltsam schnell. Eher driftete seine Pupille tiefer und wortlos betrachtete er sich das völlig falsch geknöpfte Hemd. Hatte er auf die oberen beiden Knöpfe keine Lust gehabt? Es sah etwas schief aus.

„Morgen“, hauchte er und ließ vom Stirnband ab. Auch die wirre Haarpracht war ihm nicht entgangen, doch in diesem Moment setzte sich Kanda auch schon wieder in Bewegung und noch immer perplex drehte er sich ihm nach, als er an ihm vorbeizog.

Na so etwas… er runzelte die Stirn und schüttelte die Irritation von sich. Es gab Wichtigeres.

„Eh… Yu?“

Wenn auch unwillig. Der Angesprochene hielt inne, wandte sich ihm zu und wartete schweigend. Sich sammelnd, trat Lavi näher.

„Da du gestern nicht bei Komui warst, soll ich dir etwas ausrichten.“

„Kann er mir auch selbst sagen.“ Wenn es nur das war, wollte Kanda keine weitere Zeit vergeuden, doch Lavi hob die Hände.

„Warte, warte“, bat er auch und der andere verdrehte die Augen, stemmte die Hände in die Hüften. „Wenn du gerade auf dem Weg zu ihm bist, dann solltest du dir das schon anhören.“

„Was denn“, verlangte Kanda sofort zu wissen und als er die Augen erneut kreisen ließ, blieben sie an dem Hemd hängen, starrten es an. Reglos blieb er stehen und Lavi legte den Kopf schief.

„Du musst nicht zu ihm, wir haben gestern schon alles besprochen.“

Eine Nachricht, die das schiefe Hemd in den Schatten stellte und sofort blickte Kanda auf. Freude war es nicht, die seinem Gesicht entsprang. Viel eher las Lavi ein gewisses Misstrauen.

„Keine große Sache“, versuchte er die Sache sofort zu besänftigen. „Ich soll dir nur ausrichten, dass du der Beurlaubung wohl nicht entkommen kannst. Komui bestand auf sieben Tage.“ Er versuchte sich in einem Grinsen, das irgendwie misslang. Argwöhnisch wurde er angestarrt. „Mehr nicht, also… mach etwas Schönes und entspann dich.“

Wenn man mit etwas rechnete… wie konnte es so anders kommen?

Kanda runzelte die Stirn und ehrlich gesagt, war es weniger Euphorie, die in ihm empor sprudelte. Vielleicht hätte es ihn zumindest etwas erleichtert, hätte Komui das befürchtete Gespräch auf diesen Fakt reduziert… doch nun?

Es kam ihm seltsam vor…

Nur eine Beurlaubung?

Mehr nicht?

„Mm.“ Eine wirkliche Antwort fiel ihm nicht ein, also beließ er es bei einem Brummen und tastete nach den Knöpfen, während er sich abwandte. Zuerst dieses Hemd richten und wie es dann weiterging, würde er sich noch überlegen. Wortlos ließ er Lavi also stehen und dieser sank in sich zusammen, hob mit letzter Kraft die Hand.

>Ja…<, zog es ihm schleppend durch den Kopf, >… gern geschehen.< Die Hand sank hinab und Kanda verschwand. >Ich sehe schon. Auch in Zukunft wird er meine Anstrengungen bestimmt sehr zu schätzen wissen.< Seufzend wandte er sich zur Tür des Speiseraumes, öffnete sie. >Er wird mich hassen.<

Finster begleitete ihn diese Befürchtung und mit gesenkten Schultern betrat er sein Ziel und ließ die Tür hinter sich.

>Zum Glück habe ich es etwas vor mir hergeschoben.< Die Planung kam ihm in den Sinn, während er weiterschlenderte und an den Tischen vorbeizog. Die alte Ernsthaftigkeit hatte er wieder und nachdenklich starrte er zu Boden. >Heute finde ich erst einmal heraus, ob er sich wirklich etwas Gutes tut und meinen Rat befolgt oder ob er eine einfache Ausweichmöglichkeit nutzt und die Entspannung links liegen lässt.<

„Lavi!“ Eine bekannte Stimme riss ihn aus den Gedanken und erst, als er sich umdrehte, erspähte er den Jungen, der mit der Gabel winkte, ihn weitaus eher bemerkt hatte.

„Ah.“ Sofort schien die Ernsthaftigkeit aus dem Gesicht des jungen Mannes zu bröckeln und bequem machte er sich auf den Rückweg. „Hi“, begrüßte er Allen, als er sich bei ihm einfand, sich auf seinen Tisch stemmte und den leeren Tellern knappe Aufmerksamkeit schenkte. Es war wirklich gruselig. Wie lange saß er schon hier?

„Ich habe schon gehört, du bist wohlbehalten angekommen?“

„Gab keine Probleme“, stimmte der Junge zu, verschaffte sich eine knappe Übersicht und langte nach einem Schälchen. „Nur meint Komui, dass ich erst einmal hierbleiben soll und er es sich genau überlegen möchte, auf welche Missionen er mich schickt.“ Seufzend wählte er eine kleinere Gabel und hob das Schälchen an, Lavi schmunzelte. „Heißt, ich habe wohl noch etwas frei.“

>Und da bist du nicht der Einzige.<

„Und ihr seid gestern Abend angekommen?“, erkundigte sich Allen und kümmerte sich um den Pudding.

„Mm-mm.“ Nickend verschränkte Lavi die Arme vor dem Bauch und weitere Worte blieben in seinem Hals stecken, als Allen plötzlich die Schale sinken ließ, mit großen Augen zu ihm aufstarrte.

„Du hast gerade etwas verpasst.“ Der Pudding schien vergessen und Lavi hob die Augenbrauen, verfolgte, wie sich Allen prüfend umschaute, nicht um ein Grinsen kam. „Ich glaube, Kanda hat einen schlechten Tag erwischt. Hatte sein Hemd verkehrt herum an…“, Lavi öffnete den Mund, „… dann hat er sich umgezogen und es immer noch nicht hinbekommen.“ Mit einem Nicken wies er auf eine Gruppe von Findern, die miteinander tuschelten. „Seit er weg ist, zerreißen sie sich den Mund darüber. Mein Gott, das wird sich wie ein Laubfeuer verbreiten.“

„Ach, du Schreck… lasst ihn das bloß nicht mitkriegen.“ Befürchtend verzog Lavi den Mund, rieb sich die Stirn. Neben ihm schüttelte Allen wieder den Kopf.

„Ein wirklich… wirklich schlechter Tag“, wiederholte er flüsternd, bevor er die Augen weitete und die Gabel im Pudding versenkte.

„Ich hole mir erst einmal was.“ Mit diesen Worten löste sich Lavi vom Tisch, schürzte die Lippen und holte tief Luft.

>Ist man wirklich nicht von ihm gewohnt… überrascht mich aber nicht. Glücklicherweise besteht nicht die Gefahr, dass er in diesem Zustand losgeschickt wird.< Nachdenklich legte sich seine Stirn kraus, als er die Arme vor dem Bauch verschränkte, die Theke erreichte. >Hoffentlich werde ich heute etwas Zeit haben, nach ihm zu schauen. Obwohl…<, seine Pupille schweifte zur Seite, >… ich mir eigentlich schon denken kann, was er machen wird. Aber bis zum Abend kann mir das egal sein.<
 

Heitere Gespräche mit dem Jungen, der viel Zeit im Speiseraum verbrachte, zierten die nächsten Minuten des Morgens und doch galt es anschließend, sich der Arbeit hinzugeben. Es gab viel zu tun und als Lavi sich auf den Weg machte, hoffte er, sich auch auf seine Tätigkeiten konzentrieren zu können. Unbedingt musste er seinem Versprechen gerecht werden. Was wäre ein Versagen, obwohl er sein Vorhaben noch nicht einmal begonnen und noch nichts erreicht hatte?

War er wirklich dazu imstande, völlig mit einer Sache abzuschließen, um sich der Wichtigeren hinzugeben?

Stunden später streckte er sich auf einem Stuhl, bettete den Fuß auf einem Anderen und wendete einen Federhalter zwischen den Fingern. Umgeben von Dokumenten, saß er an einem breiten Tisch und gab sich kurzen Grübeleien hin, bevor er einen Notizzettel zu sich zog und zu schreiben begann. In nicht allzu weiter Entfernung raschelte weiteres Papier. An einem kleineren Schreibtisch hatte sich Bookman niedergelassen, blätterte in einem Buch und vertiefte sich in die Schriften. Eine angenehme Stille herrschte an ihrem Arbeitsplatz und genügsam rückte sich Lavi zurecht, bearbeitete den Federhalter mit den Zähnen und streckte die Hand nach einer in Leder gebundenen Mappe aus.

„Ich habe gehört…“, erhob sich da die Stimme des älteren Mannes und seine Bewegungen verlangsamten sich flüchtig, bevor er die Mappe erreichte, „… dass du dich für Kanda einsetzen willst.“

Die Augen nicht vom Buch lösend, verharrte Bookman reglos und Lavi rümpfte die Nase, lehnte sich mit der Mappe zurück.

„Richtig.“ Vorsichtig löste er die kleinen Bändchen aus den ledernen Schlaufen und Bookman blätterte um. Erneut brach das Schweigen über sie herein und mit einem leisen Räuspern vertiefte sich Lavi in den Inhalt der Mappe. Altes Pergament war es, das er studierte und der Ältere blickte über das Buch hinweg zu einem anderen, runzelte die Stirn.

„Und das hältst du für richtig“, murmelte er und spätestens jetzt offenbarte seine raue Stimme einen Hauch der Missbilligung. Es kam für Lavi nicht überraschend. „Hältst es für klug, dir noch mehr aufzuhalsen. Und dann noch so etwas.“

Gut… so ging es nicht. Tief Luft holend ließ Lavi die Mappe auf den Schoß sinken und blickte auf. Entspannt vertiefte sich Bookman weiterhin in die Arbeit.

„Es gibt keine andere Möglichkeit.“

„Es gibt jede Menge anderer Möglichkeiten“, wurde er beinahe und monoton unterbrochen und spähte zu dem Älteren. „Die gibt es immer. Wenn er problematisch ist, sollten sich professionelle Fachkräfte kümmern und niemand, der selbst noch in Ausbildung ist und dann nicht einmal auf dem Gebiet der Heilkunde oder der Psychologie. Du bist viel zu jung und unerfahren.“

Schweigend rückte Lavi an der Mappe, senkte auch den Blick zu ihr und Bookman kam auf die Beine. Er rutschte vom Stuhl, ging zu einem der hohen Regale und hob die Hand zu den Bücherrücken. Suchend tasteten sich die Finger über die Titel und Lavi legte auch das zweite Bein hoch, kreuzte sie. Er hatte mit Kritik gerechnet… möglicherweise auch Berechtigter.

„Bevor du ihm Hoffnungen machst, solltest du es bleiben und die Arbeit anderen überlassen. Du hast genug davon.“

„Wenn ich hier bin, begegne ich ihm so oder so ziemlich oft“, murmelte Lavi zurück. „Jetzt begegne ich ihm nur anders. Das einzige, was auf der Strecke bleiben wird, ist meine Freizeit.“

„Und das ist es dir wert.“ Bookman wurde fündig. Ein dünnes Buch war es, auf das er es abgesehen hatte und es war pure Beanstandung, die aus jedem einzelnen Wort sprach. „Wenn du dich von jedem Einzelschicksal mitreißen lässt, wirst du kein guter Bookman. Es ist nicht unsere Aufgabe, uns um so etwas zu kümmern.“

Zu mehr als einem weiteren Räuspern war Lavi nicht imstande. Die Worte zogen nicht spurlos an ihm vorüber und längst war das Pergament in Vergessenheit geraten.

„Leider kann ich es dir nicht verbieten.“ Somit ließ sich Bookman wieder auf seinem Platz nieder, widmete sich sofort dem Mitbringsel. „Ich bin nicht davon begeistert.“ Mit diesen Worten begann er zu blättern. „Jetzt hol das bestellte Buch aus der Bibliothek und…“, seine Hand streckte sich zur Seite, „… bring die Unterlagen in die Wissenschaftsabteilung. Die wurden hier vergessen.“

Ein letzter tiefer Atemzug, dann legte Lavi die Mappe auf dem Tisch ab, hob die Beine vom Stuhl und erhob sich. Etwas Derartiges hatte er erwartet und es war überaus unangenehm für ihn, dass an seiner ohnehin wackeligen Stütze gerüttelt wurde.

Er wusste es doch selbst.

Es würde schwer sein. Sehr schwer.

Schweigend zog er die Unterlagen zu sich, klemmte sie sich unter den Arm und machte sich auf den Weg.

Diese Unsicherheit, dass er sich nicht vollständig vorzustellen vermochte, wie Kanda reagierte. Was er sagte, wenn er die volle Wahrheit erfuhr. Es war belastend und das, obwohl noch nichts Besonderes in die Wege geleitet worden war und er sich noch immer von ihm fernhielt.

Würde er die eigene Lage akzeptieren und sich fügen, um sich vor größeren Unannehmlichkeiten zu schützen?

Würde seine Hilfe lediglich das kleinere Übel sein?

Würde die mögliche Kooperation nur darin bestehen, ihm etwas vorzumachen?

Fast war das erste Ziel erreicht und er blähte die Wangen auf, bevor er eine schwere Tür öffnete und eine steinerne Halle betrat. Heute herrschte in dieser weitaus größeres Treiben, als sonst. Zwischen den bis zu den Decken aufragenden Bücherregalen tummelten sich zahlreiche Finder sowie das Personal der Bibliothek. Verstrickt in Umräumarbeiten, die lange genug vor sich hergeschoben wurden. Langsam trat er ein, schob sich an einem Berg aus säuberlich gestapelten Büchern vorbei und staunte nicht schlecht. Da hatte man sich aber etwas vorgenommen. Wollten die wirklich alle Regale ausräumen? Aus allen Richtungen drangen ihm Stimmen entgegen, aufmerksam ging er den Helfern aus dem Weg und fand schnell jemanden, der ihm weiterhelfen konnte.

„Ich bräuchte ein Buch“, hob er an und begann seine Hosentaschen zu durchforsten, während der ältere Mann die Zeit noch nutzte, um an einigen schweren Büchern zu rücken. Kurz darauf bekam er jedoch einen kleinen Zettel in die Hand gedrückt, überflog ihn kurz und machte sich sofort auf den Weg.

„Einen Moment.“

„Danke.“ Somit ließ Lavi die Unterlagen sinken, bewegte sie zwischen den Fingern und wippte auf den Ballen, während er sich das Treiben weiterhin betrachtete. Dort in der Ecke… er beugte sich zur Seite, verengte das Auge und trat etwas näher. Diese Regale waren kurz zuvor noch nicht da gewesen. Da entstanden so einige neue Gänge und unglaublich viel Platz, um das Lager zu veröffentlichen. Das war interessant. Beeindruckt trat er näher. Diese neuen Bücher würde er sich mal anschauen, sobald… er Freizeit hätte. Er verzog den Mund, hob die Unterlagen über die Schulter und ließ sie auf sie hinabgehen. Der Mann schien seine Zeit zu brauchen und so wurde er auf den hinteren Teil der Ecke aufmerksam und auf ein Regal, das noch im Aufbau zu sein schien. Wie viele sollten dort denn noch hin? Er hob die Braue und spürte den kühlen Luftzug eines Finders, der sich an ihm vorbeiflüchtete. Doch noch mehr interessierte ihn plötzlich etwas anderes. Seine Pupille blieb an einem bestimmten Punkt hängen, die Unterlagen verharrten auf der Schulter und mit einem Mal fühlte er sich mit allen Befürchtungen konfrontiert. Reglos verharrte er auf seinem Fleck und verfolgte die Arbeit eines Anderen.

Zwischen den Lippen eine Schraube, beugte sich Kanda über das Gestell eines Regals, zückte einen Zollstock und wandte sich einer Grundplatte zu. Nur flüchtig legte er den Zollstock an, bettete den Zeigefinger auf einer bestimmten Stelle und langte nach einem eisernen Meißel, den er auf das Holz setzte. Auch einen Hammer hatte er daraufhin sofort zur Hand und laut ertönte das Geräusch, als er den Pflock mit einem Schlag im Holz versenkte, den Hammer zur Seite warf und auch das Stück hinauszog, um sich die Schraube aus dem Mund zu nehmen.

Lavis Schultern hoben und senkten sich unter einem tiefen Atemzug. Es sah schweißtreibend aus… doch es schien ihm gut zu gehen. Nur kurz nahm Kanda sich Zeit, das noch immer wirre Haar zurückzustreifen, bevor er einen Winkel ansetzte, die Schraube durch das Loch in die Einkerbung des Holzes drängte und nach dem Schraubendzieher tastete, der unter seinem Gürtel klemmte.

„Verzeihung.“ Auch der Mann schien sich beeilt zu haben und überrascht starrte Lavi auf das Buch, das ihm gereicht wurde. „Das ist es.“

„Ah, danke.“ Zufrieden griff er nach dem schweren Werk, beanspruchte den Mann jedoch weiterhin. „Ach, Sagen Sie“, wandte er sich an ihn und wies mit einem Nicken auf den Mann, der den Winkel festzurrte, sich aufrichtete und sich kurz das Werk betrachtete, bevor er nach weiteren Schrauben griff, „… wie lange ist er schon hier?“

„Er…“, wiederholte der Mann nachdenklich, kam jedoch schnell darauf, „… er war unter den ersten Helfern. Kam gegen acht Uhr.“

Acht Uhr… Lavi ließ den Mann gehen, raffte das Buch höher und verdrehte die Augen.

Kurz nachdem sie sich vor dem Speiseraum getrennt hatten.

Wie reizend.

Wieso musste das Befürchtete auch unbedingt eintreffen?

Er wandte sich ab und verließ die Bibliothek.

Selbstverständlich erholte sich Kanda nicht bei einem entspannten Bad im Onsen oder hatte sich wieder hingelegt. Weshalb sollte er es auch tun, wenn es doch viel einfacher war, sich die Probleme mit Arbeit und Ablenkung vom Hals zu halten?

Nur leider war es keine dauerhafte Lösung und er freute sich auf den Moment, an welchem er Kanda diese Tatsache vor Augen führte.

Kurz darauf erreichte er sein nächstes Ziel, betrat die Wissenschaftsabteilung und bekam das gewohnte Bild vorgesetzt. Wenigstens veränderte sich hier nichts.

„Wo hast du die Unterlagen denn hingeräumt!“ Verzweifelt raufte sich Johnny die Haare, während er Rokujugo ins Kreuzverhör nahm.

„Du hast doch gesagt, dass die Stapel, die auf der Ablage liegen, weg sollen!“, verteidigte sich dieser und Johnny stieß ein lautes Ächzen aus. „Ihr hattet keine Lust darauf! Also habe ich es gemacht und jetzt war das trotzdem falsch?!“

„Tag.“ Entspannt schlenderte Lavi an ihnen vorbei und flüchtig hob Johnny die Hand.

„Die Unterlagen habe ich aber nicht auf die Stapel getan!“, wandte er sich daraufhin schon wieder an Rokujugo. „Die lagen direkt daneben!“

„Ich habe nichts genommen, was daneben lag!“

„Aber sie sind weg und ich brauche sie jetzt!“

„Könnt ihr nicht rausgehen, wenn ihr schreien wollt?“ Am Ende der Nerven neigte sich River aus dem Stuhl. Gekonnt balancierte er nebenbei eine Tasse aus und blickte auf, als Lavi vor ihm zum Stehen kam.

„Tag“, begrüßte der junge Mann auch ihn, zückte die Unterlagen und reichte sie ihm. „Die wurden bei uns liegen gelassen.“

„Mm?“ Sofort richtete sich River auf und Lavi wurden die Blätter aus der Hand gerissen und überflogen.

„Sind das meine Unterlagen?!“ Sofort und hoffnungsvoll reckte Johnny den Kopf, wurde jedoch enttäuscht. Unterdessen entspannte sich Rivers Gesicht und kurz darauf stöhnte er, lehnte sich an Lavi vorbei.

„Komui!“, brüllte er hinüber zur anderen Seite des Raumes und der junge Mann trat lieber zur Seite, drehte sich um, während mit dem Unterlagen gefuchtelt wurde.

„Huh?“ Mit großen Augen lehnte sich Komui hinter einem Regal hervor und River fuchtelte weiter.

„Das sind Ihre Unterlagen! Genau die Unterlagen, die ich verschmissen haben soll!“

Sofort schlürfte Komui näher und ächzend ließ River den Kopf hängen, als er sie erreichte, an der Brille rückte und die Unterlagen an sich nahm.

„Mm… mmm.“ Kritisch blätterte Komui durch und es dauerte nicht lange, da erstrahlte sein Gesicht und er starrte River an. „Oh ja, das sind sie. Na, sieh mal einer an. Wer hat die denn liegen gelassen?“

„Sie?“, schlug River erschöpft vor, kämpfte sich in eine aufrechte Haltung und leerte die Tasse mit wenigen großen Zügen. Neben ihm rieb sich Komui das Kinn, zuckte mit den Schultern und ließ die Blätter sinken.

„Siehst du, Lavi“, wandte er sich entspannt an den Besucher. „Das Beste ist, gar nicht nach den Sachen zu suchen, wenn sie verschwinden.“ Freudig wackelte er mit den Unterlagen. „Am Ende tauchen sie ja doch wieder auf.“

„Aha.“

„Warum auch suchen, wenn man einfach anderen die Schuld geben kann“, meldete sich brummend River zu Wort und rutschte vom Stuhl, um sich neuen Kaffee zu besorgen.

„Sein Sie doch nicht nachtragend!“ Empört schob sich Komui an Lavi vorbei und setzte zur Verfolgung an. „Das ist nicht gut! Sie wirken so unausgeglichen!“

„Woran das wohl liegt!“ Frustriert winkte River ab.

„Sag mal, Lavi…“ Plötzlich stand Johnny neben diesem und verzweifelt wurde am Hemd des jungen Mannes gezerrt, „… kannst du nicht mal schauen, ob bei euch noch mehr Unterlagen herumliegen…?!“

„Eh…“, vorsichtig befreite sich Lavi von der fahrigen Hand. „Könnte ich schon, doch. Aber ich denke nicht, dass ich etwas finde.“

Unter einem hoffnungslosen Stöhnen sank Johnny in sich zusammen und Lavi nutzte den Moment der Schwäche, um sich davonzustehlen.

„Du hast sie also doch selbst verschmissen!“, meldete sich Rokujugo zu Wort und bevor noch alles eskalierte, stahl sich Lavi zur Tür.
 

*tbc*



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (5)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2011-03-06T07:23:33+00:00 06.03.2011 08:23
Das Kapitel war witzig aber auch sehr traurig.
Kanda rutscht immer tiefer
aber Lavi lässt er auch nicht an sich heran,
ich hoffe das ändert sich noch!
Von: abgemeldet
2011-03-05T13:48:19+00:00 05.03.2011 14:48
Armer Kanda.Er steht ja total neben sich.XDDDDD
Aber ich hab auch gefeiert bei der sache mit dem hemd!
Von: abgemeldet
2011-03-01T17:00:54+00:00 01.03.2011 18:00
Es wird noch lange dauernd bis Kanda der alte ist und sich auch wieder ganz so benimmmt.Ich musste so lachen bei der sache mit dem Hemd,was er nicht bemerkt und hingekriegt hat und dann noch die stifel und das Haargummi. Ich hatte das so voll vor Augen,wie er rausgeht,reingeht,rausgeht,reingeht. Das muss doch total verwirrend sein wenn er selber merkt,dass er grad überhaupt gar nichts hinkriegt.
Von: abgemeldet
2011-02-28T20:46:45+00:00 28.02.2011 21:46
ps: ahja ich wollte noch erwähnen, dass ich ein wenig Werbung für deine FF auf meinen Steckbrief mache, nur wenn es dir nichts ausmacht. Ich finde es sollte jeder die Möglichkeit bekommen, solch eine gut ausgearbeitete, emotionale und literarisch wertvolle Story zu lesen und diese sollte nicht in der Masse an schlechten Fanfictions, welche jeden Tag upgeloaded werden untergehen. Man übersieht leider sehr schnell eine solch Perle unter den Fanfiktions, wenn sie unter dem ganzen Müll verschwindet...;-)
Von: abgemeldet
2011-02-28T19:20:19+00:00 28.02.2011 20:20
Yeah, ein neues Kapitel, da kommt man heim von der Lerngruppe und dann solch eine Freude. Du bist ja wirklich schnell beim updaten, was mich natürlich sehr freut. Aber ich muss dir sagen, jetzt hast du es geschafft, du hast mich für jegliche andere D. Grayman Geschichten verdorben, denn keine ist so gut wie die deinige und ich muss immer vergleichen wenn ich ein neue lese und gebe dann auf, da die meisten, wenn nicht alle, bei weitem schlechter sind als dein Meisterwerk.

So zu diesem Kapitel, wäre äußerst viel zu sagen. Erstmals die Qualität deiner Story setzt sich fort, wirklich sehr gut ausformulierte Sätze, Grammatik und Satzbau, eine Wohltat es zu lesen. Diesmal konnte ich auch allen folgen (war ja auch nicht im Halbschlaf wo ich es gelesen habe hehe).

Yu-chan ist ja ziemlich durch den Wind zurzeit und kriegt es nicht mal selbst mit. Du beschreibst seine Gleichgültigkeit ziemlich gut und auch seine Verwirrtheit. Irgendwie kommt es mir vor, er befindet sich zurzeit in einer Art Nebel, der ihn irgendwie betäubt. Nur nicht nachdenken, immer ein Vorhaben nach den anderen und sich nur darauf konzentrieren durch den Tag zu kommen. Die Szene mit dem Hemd war wirklich zum tot lachen lool und noch dazu das wirre Haar. Ja du beschreibst wirklich gut, wie Kanda bei weitem noch nicht der alte ist.

Es war auch schön wieder etwas aus Lavi-kuns Perspektive zu lesen. Hmm es ist ganz begründet, dass er Angst vor seiner Aufgabe hat, aber er wird es schaffen. Zu Bookmans Kommentaren bezüglich Kanda, muss ich sagen, dass ich es ein wenig missbillige, klar halst sich Lavi viel auf mit Kanda, aber er macht es freiwillig, weil er ein guter Mensch und Freund ist und wenn man ihm schon vorher entmutigt, denke ich, ist es nicht gerade günstig.

Ich bin ja gespannt, was Lavi im nächsten Kapitel bezüglich Kandas Bestreben zu Arbeiten bis zum Umfallen um ja nicht an irgendwas Denken zu müssen machen wird.

Vielen Dank für dieses Kapitel.

glg sarah-sama



Zurück