There`s always a reason to feel not good enough! von DraySama ================================================================================ Kapitel 24: Die Hoffnung stirbt zuletzt, als erstes stirbt der Glaube --------------------------------------------------------------------- Hyde sah zu dem Himmel hinauf, als die sieben hohen Engel aus den dunklen Wolken erschienen und einen Kreis um sie bildeten. Der Engel kannte jeden von ihnen, das Bild, wie sie damals bei der Verstossung von seinem Bruder Aniel an den Klippen des Nebelmeeres gestanden hatten, vergass er niemals. Natürlich, er hatte die Trauer in ihren Augen gesehen, dennoch war es für Hyde ein Rätsel, wie man so grausam sein konnte, jemanden in den sicheren Tod zu stossen. „Hideel“, kam es leise von Michael, der einen Blick auf Aniel warf, um ihn dann zu fixieren, sodass Hyde instinktiv einen Schritt zurück trat. „Du hast dich gerade schuldig gemacht, einem Dämon, einem Mala`ak, einem sogenannten gefallenen Engel das Lebenslicht ausgelöscht zu haben.“ Die anderen Erzengel nickten und selbst Hyde bejahte seinen Frevel. Er hatte in eine Sache eingegriffen, die zwischen zwei Dämonen lag, und dazu hatte er kein Recht, das wusste er. Doch seine Liebe hatte ihn dazu getrieben, beinahe dazu genötigt seinen Bruder zu ermorden. Stand nicht irgendwo in dem Buch, das die Menschen geschrieben hatten, dass ein Brudermord etwas Unverzeihliches war? So genau wusste er es nicht und er wollte es auch nicht wissen. Er spürte nur eines, er würde den Fall nicht überstehen, wie Aniel es hatte. Er würde dabei sterben, dies stand ausser Zweifel. „Ich weiss nicht, was mich dazu getrieben hat“, flüsterte der Blonde hilflos. „Deine Liebschaft hat dich so handeln lassen“, zischte Jeremiel, er schritt hinter Hyde, so als befürchte er, dass eine Gefahr von dem Engel ausging. „Er wollte mich nur beschützen, seht ihr das nicht?“, schrie Gackt verzweifelt, er kämpfte gegen den eisernen Griff von Barachiel an, der ihn festhielt. „Misch dich da nicht ein, Dämon“, wisperte er ihm ins Ohr. Doch Gackt dachte nicht daran, einfach die Klappe zu halten! Er spie dem Engel, der ihm am nächsten stand, vor die Füsse. „Habt ihr denn gar kein Mitleid? Kennt ihr denn alle sieben die Liebe nicht? Das glaube ich euch nicht!“, schrie er, „Ihr könnt doch nicht ohne Liebe leben!!“ Gabriel besah sich den Formwandler, deutlich spürte er die Liebe, die aus dem Dämonen sprach. Doch es war zu spät, der Engel hatte sich zu viel Schuld auf die Schultern geladen, zu viel, denn er konnte sie nicht tragen. In den Amethysten, die der Blonde seine Augen nannte, blitzte Mitleid und Verständnis auf, dennoch schwieg er, als Jeremiel das Urteil über den Engel verhängte. Er wurde aus dem Himmel verstossen, den Flügeln beraubt, würde in das Nebelmeer gestossen werden und war dann frei von Sünden, vorausgesetzt, er würde den Sturz auf die Erde überleben. Doch bevor das Urteil vollstreckt werden sollte, wurde Hyde ein letzter Wunsch gestellt, der bescheiden ausfiel, alles was er wollte, war sich von Gackt zu verabschieden. So liess man Hyde los, liess es zu, dass er den Dämon umschlang, ihn innig küsste, während beiden Liebenden Tränen über die Wangen liefen. „Grüsse Pierre“, flüsterte Hyde zwischen den Küssen, „Und versprich mir, dass du leben wirst! Nun endlich frei von aller Angst!“ „Wie kann ich leben, Hyde? Ohne dich?! Niemals.“ Gackt sah zu den sieben hohen Engeln, seine Sicht war tränenverschleiert, doch trotz allem sah man in seinen Augen die Wildheit aufblitzen. „Richtet uns beide, war es doch auch unser beider Schuld!“ Jeremiel nickte leicht doch nicht, weil er dem Dämon zustimmte, nein, weil ihm etwas eingefallen war. „Du musst uns begleiten, wir müssen dich an die Wächter der Unterwelt übergeben, du gehörst nicht in die Menschenwelt.“ Mit diesen Worten hatte er den schlanken Leib des Formwandlers umschlungen und war mit ihm in die Lüfte gestiegen, wo er auf seine Geschwister wartete, es war ihm ein Dorn im Auge, dass sie Hideel selbst fliegen liessen, doch er hatte genug damit zu tun, den Dämonen zu halten, diesem schien die Höhe nicht zu behagen. Hyde sah, während er den anderen hinterher flog, einige Male auf die Erde zurück, wo sein Bruder lag. Ihm wurde bewusst, wie ähnlich er ihm geworden war, beide teilten sie das gleiche Schicksal. Traurig sah er zu Gackt hinüber, der sich ängstlich an dem Engel, der ihn trug, festhielt, sie machten keinen Umweg und der Blonde war froh. Er kannte doch die Angst, die Ga-chan hatte, auch wenn seine Dämonenrasse sehr wohl gute Flieger waren. Sie landeten erst, als das Nebelmeer vor ihnen auftauchte, der Ort, an dem Nebel und Nieselregen entstand, die Heimat der Nebelfee Antera. Sie war das einzige Wesen, welches im Himmel lebte, welches nicht von Engeln abstammte, sie war eine eigene Rasse, mit Haut so grau wie ihre Nebel und ihre Augen so schwarz wie die düsteren Wolken. Hyde hatte sich schon immer von diesem Ort gefürchtet, als Kind hatte er ihn gemieden und es war ein Ammenmärchen, welches immer wieder erzählt wurde. Antera kommt die bösen Engel holen, die kleinen, wenn sie nicht artig waren, und wirft sie ins Nebelmeer. Natürlich war das Unfug. Hyde hatte das Mädchen kennengelernt und ihr Nächte lang Gesellschaft geleistet. Sie hatten geredet, gelacht und geschäkert. Nun würde er doch ins Nebelmeer fallen, dachte er sich traurig. Er schloss die Augen, als der hohe Rat sich um ihn schloss, alle anderen Bewohner des Himmels wurden nun gerufen, damit sie der Hinrichtung beiwohnten, als Abschreckung, als Warnung. Auf dass sie alle die Regeln befolgen würden. Erst, als sich alle versammelt hatten, trat ein namenloser Engel mit einem Schwert aus purem Licht in den Kreis der Sieben. Hyde erhaschte einen Blick auf seine Mutter, die kaum die Tränen zurückhalten konnte und auf Gackt, der sich hilflos im Griff eines Wächters der Unterwelt wand. Hätte Hyde als Kind schon so ein Wesen gesehen, hätte er sich niemals vor Antera gefürchtet. Riesige Hörner bedeckten die Stirn des Wächters der Unterwelt, seine Haut war orange und blassrot und voller pickliger Narben. Als Gackt den Blick seines Engels auffing, stiegen ihm neue Tränen in die Augen, doch er hielt sie zurück, wollte einfach nicht, dass sein Geliebter ihn so sah. Er kannte Hyde nun schon etwas länger und hatte gelernt auf seine subtile Körpersprache zu horchen. So konnte er nun die Furcht in den farblosen Augen sehen, doch für die anderen erschien Hyde furchtlos. Je länger der Dämon seinen Engel beobachtete, umso mehr wurde ihm klar, dass er wirklich nicht ohne ihn leben konnte. Ja, er vermisste ihn ja jetzt schon und verging beinahe vor Sehnsucht. Doch genauso gut wusste er, dass er ihn niemals mehr berühren konnte und seinen Duft niemals wieder riechen konnte. Er war dazu verdammt innerlich tot weiterzuleben. Nur mit einem Ohr lauschte er den Worten von Jeremiel, der der Engelsschar die Anklage erläuterte. Doch als dieser sagte, man würde Hyde die Flügel abschlagen, holte er ungläubig zischend Luft, diesmal dachten sie an alles und nahmen Hyde jede einzelne Chance aufs Überleben. Er sollte nicht wie Dariel das Glück besitzen, diesen Fall zu überleben. Er drehte den Kopf gepeinigt zur Seite, als der Engel mit dem Schwert aus Licht zum Schlag ausholte. Er erwartete den gepeinigten Schrei zu hören, dieser blieb zwar aus, doch das ekelerregende Geräusch, als die abgetrennten Flügel auf den Boden fielen, vermischt mit dem Aufschluchzen von Hyde war viel zu viel für Gackt, so fing er nun doch an zu weinen. Kein Blut benetzte Hyde, das Schwert, welches aus dem reinigenden Licht von Gabriel selbst entstanden war, schien zu glühen und hatte die Wunden gleich beim Hieb versiegelt. Doch der Schmerz, der Geruch nach verbanntem Blut und das Leid, welches auf ihm lag, liess ihn taumeln. Barachiel, der ihm am nächsten stand, stützte ihn und in seinen gelben Augen zeigte sich ehrliche Trauer. „Lebe wohl, Hideel“, wisperte er ihm zu, während Jeremiel verkündete. „Gottes Wille wird über sein Schicksal entscheiden! Stosst ihn aus dem Himmel!“ Hyde ging ohne von Jehudiel und Raphael gestützt zu werden auf den Abgrund zu, seinen letzten Stolz wollte er sich bewahren. Sein letzter Blick galt dem Formwandler, ehe er mit einem leisen „Ich liebe dich“ den Schritt ins Leere machte. Gackt blinzelte und der Engel war verschwunden, mit einem erstickten Aufschrei riss er sich los und sprang hinter her, ohne das kleinste Zögern. Wie er es schaffte ihn im Fallen einzuholen, wusste er nicht, doch als er ihn erreicht hatte, umschlang er den schlanken Leib des Engels. Hilflos schlug er mit den ledernen Schwingen, bremste so den Fall ein wenig. Es hätte alles gut laufen können, wenn er nicht Erzkel, den Wächter der Unterwelt, vergessen hätte, der ihm hinterher geflogen war, und sich nun schmerzhaft in seine Flügel krallte mit seinen riesigen Klauen. Er zerfetze ihm die ledernen Schwingen, so dass sich aus Gackts Kehle ein gequälter Laut entwand. Er hatte eingegriffen in ein göttliches Urteil, solch ein Handeln hatte das Todesurteil zur Folge. Gackt sollte sterben. Wieder vernahm er einen gepeinigten Schrei, nur um wenige Sekunden später festzustellen, dass er es gewesen war, der ihn ausgestossen hatte. Erzkel riss ihn vom Engel los, der mittlerweile vor Schmerz ohnmächtig geworden war. Hilflos musste er mit ansehen, wie Hyde nun wieder ungehindert auf die Erde zu raste. Der Formwandler schrie wütend, verletzt und endlos traurig auf, als seine Flügel brachen und sein eigenes Blut vom Himmel regnete und ihn besudelte. Der Wächter hatte sie ihm so zerrissen, dass nur noch kümmerliche Überreste von seinem Rücken hinuntergingen. Er hatte nicht einmal bemerkt, wie nahe er dem Boden war. Tausend rote Sterne flammten auf, als er wenige Meter neben Hyde auf dem steinharten Boden aufschlug. Seine Sicht verschwamm, er schmeckte sein eigenes Blut, als er sich mit der Zunge über seine aufgerissenen Lippen leckte, zahlreiche Brüche in seinem Körper liessen das Atmen schwer werden, doch er wollte, wenn er schon sterben musste, seinen Engel noch einmal in den Arm nehmen. Mühsam kroch er über den staubigen Boden und nahm den zerschmetterten Körper seines Liebsten in den Arm, um dann die Augen zu schliessen. Nun konnte der Tod in langen schweren Schritten einziehen… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)