There`s always a reason to feel not good enough! von DraySama ================================================================================ Kapitel 13: Zeit heilt nicht alle Wunden ---------------------------------------- Langsam erhob sich die Sonne aus dem, Meer, das rote Glimmen hüllte die zarte Gestalt einer jungen Frau ein und liess ihr Haar mysteriös leuchten. Es leuchtete wie ein Kastanienbaum, der das Feuer des Tagesgestirns eingefangen hatte. Immer öfters zog es sie auf die Erde, das Haus, in dem sie seit Kind lebte, wurde immer mehr von gepeinigten Schreien erschüttert, die sie nicht mehr länger aushielt. Die Unterwelt, die so voller Leben gewesen war, dass sie förmlich pulsiert hatte. Doch nun war es nur noch ein trostloser und dunkler Ort. Kämpfe und Unruhen hatten die Stadt zerstört, die nun nur noch ein dampfender Ruin dessen war, was sie einmal gewesen war. Elarja liebte die Oberwelt mit den Menschen viel mehr als das, was ihre eigentliche Heimat war. Doch sie konnte sagen, dass es ihr an nichts gemangelt hatte. Auch wenn Dariel immer kälter und brutaler gegen aussen geworden war, bedachte er sie immer mit so viel Liebe und Respekt, dass es ihr beinahe unheimlich war. Doch auch wenn sie Dariel gewähren liess in seiner Wut und unmenschlichem Schmerz andere Dämonen bis zu der physischen und psychischen Erschöpfung zu quälen, empfand sie immer Mitleid mit den armen jungen Gestalten. Immer wieder verband sie die Wunden und versuchte die tiefen Kratzer auf den Seelen der Jungen zu heilen. Sie beobachtete den Sonnenaufgang und wusste, sobald dieses Naturschauspiel vorbei war, musste sie wieder zurück. Der neue Junge, den sie gestern Abend gebracht hatten, brauchte bestimmt ihre Hilfe. Ein lautloses Seufzen verliess ihre geschwungenen Lippen und in einer geschmeidigen Bewegung strich sie sich eine feuerrote Strähne aus der Stirn. Sie wünschte sich so sehr, dass Dariel endlich aufhörte damit andere zu quälen, so oft hatte sie die Götter, Engel und auch Gott darum gebeten, dass ein Mann kommen sollte, der ihn wieder glücklich machte. Doch es schien einfach keiner wie Treal zu sein. So viele Geschichten hatte man ihr von dem Dämonen erzählt, als Kind war sie auch oft vor dem grossen Gemälde gestanden, auf dem Dariel auf einem wunderschönen Sessel thronte und Treal vor ihm saß. Beide hatten lächelnd auf sie hinunter geschaut und dann hatte sie sich immer beschützt gefühlt. Irgendwo tief im Innern war Treal etwas wie ein verstorbener Freund geworden. Denn durch alle Erzählungen schien er ihr beinahe wieder lebendig. Sie hatte beobachtet, wie die Diener aus Angst heraus so getan hatten, als würde Treal noch leben. Doch heute, nach all den Jahren, lebte Dariel wie auch alle Bewohner des grossen Hauses mit der Gewissheit seines Todes. Auch wenn es ihrem Vater, wie sie ihn seit Jahren nannte, immer noch sehr schmerzte, doch das war das beste, denn die Zeit würde alle seine Wunden heilen, da war sich Elarja sicher. Sie kehrte einige Stunden später zurück, ihr Weg führte sie durch die grosse Eingangshalle, doch als sie den Fuß auf die unterste Treppestufe stellte, wurde sie gerufen. Sie kehrte um und blickte in den dunklen Salon. „Vater?“, flüsterte sie in die schwarze Stille hinein. „Ela…wo warst du? Ich hab mich gesorgt.“ Sie hob überrascht die Augenbraue, denn seitdem sie erwachsen war, hatte es ihn kaum geschert, wo sie hinging. War dies ein Zeichen der Besserung? War er auf dem Weg den Schmerz, der ihn im Klammergriff hielt, abzuschütteln? „Verzeih mir…ich hab nicht gewusst, dass du mir heute Zeit spenden willst…“ „Ich hab dich sehr vernachlässigt, nicht wahr?“, meinte er leise. Sie nickte leicht, auch wenn sie sich nicht sicher war, ob der Dämon das wahrnehmen konnte. Fähig war sie nicht auszusprechen, dass sie sich einsam fühlte. Vorallem nicht, da die Einsamkeit, die ihr Vater spüren musste, mit Bestimmtheit um einiges größer war als die ihre. Sie hob den Blick, als sie spürte, dass er auf sie zukam. Der Geruch nach frischem Blut verstärkte sich, sie zog die Stirn kraus. Doch erst als die Dariel erblickte, verstand sie. Er hatte diese Nacht bei dem neuen Dämonen verbracht und noch immer war sein Körper besudelt mit dem unschuldigen Lebensquell des anderen. „Lass mich dich waschen, Vater“, meinte sie sanft. Nahm ihn an seinen Händen, die groß und stark ihre zarten umfingen. Wie ein gehorsamer Hund trottete er ihr hinterher. Ließ sich ohne Gegenwehr entkleiden und in das warme Wasser setzen. Eine geraume Zeit später war das klare Wasser gefärbt mit Blut. „Komm…abtrocknen kannst du dich alleine“, meinte sie aufmunternd und übergab ihm das grosse Badetuch. Zu ihrem Erstaunen schien er heute so klar, dass er selbst dies ohne Murren tat. Sie verstand nicht, was los war. Sonst war der Schmerz in ihm so groß, dass er abweisend und kaum fähig war, einfache Dinge selber zu erledigen. So als wäre der Verlust eines geliebten Menschen wie eine langsame, tödliche Krankheit. „Es ist besser, wenn du dich ein wenig hinlegst.“ Sie legte ihre Hände auf die starken Schultern des Dämons. Kurz trafen sich ihre Blicke, ehe er leicht nickte. Als sie sich sicher war, dass er tief genug schlief, schlich sie sich aus dem Zimmer und begab sich auf die Suche nach dem jungen Dämon. Sie suchte alle Räume ab, die sie kannte, doch fand sie niemand. Alle anderen waren freigelassen worden, wieder eine Tatsache, die sie nicht an ihrem Vater verstand. Warum ließ er alle seine Sklaven frei, um dann doch den einen zu behalten? Das einzige Zimmer, welches noch fehlte, war das Schlafzimmer, welches Dariel sich mit Treal geteilt hatte, da sie es nicht für möglich gehalten hatte, dass er dieses Zimmer mit einem fremden Mann entweiht, hatte sie es bei ihrer Suche bewusst ausgelassen. Doch nun erschien es ihre letzte Hoffnung, den Jungen doch noch zu finden. Ihre Hände legten sich beinahe Ehrfürchtig auf die Klinke der Zimmertüre, die nur vorsichtig und langsam öffnete. Der Raum war dunkel, nur eine einzige Gaslampe gab ihr schummriges Licht ab, die Hexe gewöhnte sich aber schnell an die düstere Atmosphäre. Auf dem Bett lag ein junger Mann, der sich schwer einschätzen liess. So, wie er aussah, hätte er auch älter sein können, als sie ihn vermutete. Vorallem, da er in den letzten Stunden seines Lebens vieles durchmachen musste, was ihn zweifelsfrei schnell erwachsen werden lassen hatte. Elarja schluckte schwer, wieder war da der undefinierbare Hass, den sie ihn sich trug, das Mitleid mit diesem bemitleidenden Geschöpf. Aber auch die Liebe und Zuneigung, die sie für ihren Vater spürte, das Vertrauen und das Verständnis, das sie ihm entgegenbrachte. Langsam setzte sie sich auf das Bett, beobachtete den unruhigen Schlaf, der den Dämonen übermannt hatte. Sie wusste, was sie zu tun hatte, in einer anmutigen Geste legte sie einen Zauberschlaf über ihn. Doch als sie sich um die Wunden kümmern wollte, sah sie, dass dies bereits getan worden war. Ratlos blickte sie auf den nackten Körper hinab. Etwas anderes regte sich nun in ihr, etwas was sie so lange sorgfältig verschlossen hatte. Sie spürte, dass sie unruhig wurde und den Blick nicht von dieser Schönheit nehmen konnte. War dies genau das gleiche Gefühl, das sie bei dem jungen Werwolf, der etwa in ihrem Alter war, so gekonnt abgewürgt hatte? Sie deckte den Dämonen zu, wollte wieder einmal vor ihren Gefühlen wegrennen, als sie zwei starke Arme umarmten. „Verzeih mir, Elarja, ich dachte, ich nehme dir die Arbeit ab und versorge seine Wunden. Keiner wusste, wann es dich wieder nach Hause zieht.“ Die dunkle Stimme hinterließ auf ihrem Körper eine angenehme Gänsehaut. Sie schloss die Augen und lehnte sich an den Wolf an. Heute würde sie dem brennenden Sturm in ihrem Innern nachgeben. „Ich danke dir, Varfulfen…“, wisperte sie leise. In der Umarmung drehte sie sich um, um in die wilden, gelben Augen ihres Gegenübers zu blicken. Der folgende Kuss versengte beinahe ihre Seele, sie wusste aber, dass es dem Werwolf genau so erging. Beide hatten sich seit ihrer Ankunft belauert. Auch wenn sie beide noch viel zu jung gewesen waren. Doch in den Jahren waren sie mit dieser unbändigen Lust, dieser Leidenschaft aufgewachsen und würden heute ausleben, was beide viel zu tief in sich vergraben hatten. „Tu mir einfach nicht weh“, wisperte sie, als er sie auf den Arm nahm, um sie in sie in sein Zimmer zu tragen. Der Wolf nickte leicht und lächelte sie dann so sanft an, dass man den animalischen Zweig in ihm vergessen konnte. „Niemals…“, war seine geflüsterte Antwort in der Dunkelheit des Flures… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)