There`s always a reason to feel not good enough! von DraySama ================================================================================ Kapitel 9: Wahnsinn und Irrsinn ------------------------------- Die Sonne tauchte langsam ihren goldenen Leib in den Ozean, dort, wo sie das dunkelblaue Wasser berührte, zog es eine silbern glänzende Schneise. Der Schwarzhaarige stand auf einem groben Felsen, inmitten der steinigen Küste Norwegens. Eine lange Zeit war vergangen seit dem letzten Mal, als er in der Menschenwelt gewesen war, fast schon zu lange, denn Treal fühlte sich beinahe wie ein Mensch. Seine dämonischen Fähigkeiten hatten eine lange Zeit in ihm geruht. Warum sollte man auch seine Heimat verlassen, wenn man dort alles hatte, was man zum Leben brauchte? Noch immer schaute er gebannt dem Naturschauspiel zu, wollte sich nicht von Aschkada zur Eile bewegen lassen. Wenn er schon etwas für sie tun sollte, dann nach seinen Regeln. Tief in seinem Innern aber war eine Angst heran gereift. Zu lange hatte er seine Kräfte nicht mehr angerührt, die wie ein glühender Ball an Energie in ihm herangewachsen waren. Natürlich war seine Furcht nicht darauf angelegt, dass er keinen Wahnsinn mehr streuen konnte, nein, es grauste ihm davor, sich selbst nicht mehr kontrollieren zu können. „Kommst du nun endlich?!“ Der mühsam gegen den Wind geschrieene Satz durchdrang seine Gedanken nur schwer. Nach einer Weile wandte er sich aber trotzdem der Dämonin zu, die einige Felsen weiter stand. Ihr dunkles, langes Haar, welches in der untergehenden Sonne rötlich schimmerte, wehte in dem aufziehenden Wind wild um sie herum. Treal musste schmunzeln, es war offensichtlich, dass sie solch ein Wetter nicht mochte. Der Ays verschwand im Nichts, nur um gleich wieder neben der Dämonin zu erscheinen. „Hör auf, dich umher zu teleportieren!!“, keifte sie ihn an, „Bring mich hier weg, ich hasse solche Orte! Mach, dass wir ins Dorf kommen.“ „Zu Befehl“, meinte er ironisch und packte sie unsanft um die Hüfte. So verschluckte die Nacht die beiden Gestalten, um sie einige tausend Kilometer in Nevada auszuspucken. Ohne grosse Lust zu haben, blickte sich Treal um. Es war ein stinknormaler Vorort von Las Vegas, doch es war ihm inzwischen egal, in welchem Land, Stadt oder Dorf er sein Unwesen treiben sollte. Alles, was er wollte, war nach Hause zu Dariel zu dürfen. In die starken Arme, die ihm seit so manchem Jahr Geborgenheit und Liebe schenkten. Zu dem Mann, der so viel Zeit und Geduld in seine Erziehung gesteckt hatte, sodass Treal seine Neigungen bis zur Perfektion ausleben konnte. Der Dämon seufzte schwer, kurz eilten seine Gedanken zu dem Tag zurück, als er Dariel kennen gelernt hatte. Der Tag hatte sonnig und mit milden Temperaturen seinen Ursprung gefunden. Treal erinnerte sich noch gut an das kleine Dorf mitten im erzkatholischen Italien. Der Ays hatte sich einen Spass daraus gemacht, junge Menschen mit dem Wahnsinn zu infizieren. Mit größter Freude hatte er danach den Exorzisten zu gesehen, wie sie eine Teufelsaustreibung vornahmen. Doch als die Vögel plötzlich verstummten und die Welt bedrohlich dunkel wurde, hatte es Treal zu der kleinen Kapelle gezogen, die auf einem Hügel stand. Von dort konnte der Dämon das Meer meilenweit überblicken. Dunkler und dunkler wurde der Himmel und es war dem Dämon, als erblickte er einen Kometen, der mit einem Feuerschwanz gegen die Erde raste. Als die Kugel das Wasser berührte, stob es förmlich auseinander. Eine gigantische Flutwelle übergoss den Strand des Dorfes, selbst der Dämon auf dem Hügel wurde nicht verschont, die Gischt hüllte ihn ein wie ein feiner Nebel. Er ließ den reflexartig gehobenen Arm langsam wieder nach unten gleiten, als er hörte, wie die Vögel wieder anfingen zu zwitschern. Die Sonne blickte schüchtern hinter den dunklen Wolken hervor, die sich rasch verzogen. Genau so, als wäre nichts gewesen. Treal hob die Augenbraue und sah sich um, nein, keiner der Menschen schien Notiz von dem eben Passierten zu nehmen. Langsam richtete er seine Aufmerksamkeit auf das azurblaue Meer, leichte Wellen schwappten an den Strand und brachen an den Felsen tief unter ihm. Weit draußen trieb etwas, doch der Ays konnte nicht ausmachen, was er dort sah, da konnte er sich auch noch so anstrengen. So teleportierte er sich einfach in das Nichts hinaus. Prustend tauchte er neben dem bewusstlosen Mann auf, Treal drehte ihn auf den Rücken. Noch während er dies tat, fluchte er, war er also für nichts hier her gezappt. Doch als er die Augen des Mannes erblickte, die trotz der Bewusstlosigkeit geöffnet waren, um gegen den Himmel zu blicken, wusste er, dass er einen Mala`ak vor sich hatte. Kurz, nach dem er ihn um die Hüfte gefasst hatte, tauchen die beiden auch schon wieder am Badestrand auf und die Lippen des Ays legten sich das erste Mal auf die von Dariel, um ihm die lebensrettende Luft in die Lungen zu blasen. „Würdest du dich jetzt bitte konzentrieren?“, fauchte Aschkada. Schuldbewusst zuckte Treal zusammen. Er ließ Dariel nur ungern allein, genau so wenig wie er es mochte hier oben zu sein, mit einer Aynaetdämonin, die er von Grund auf hasste. Sie war hinterlistig und falsch. Doch er hatte vor langer Zeit geschworen, dass er alles tat, was sein Gebieter von ihm verlangte, und dies löste er hier ein. Zum ersten Mal war es etwas, dass er nicht tief in seinem Herzen wollte. Er folgte der Dämonin in das kleine Dorf und nickte ihr zu. Die Show konnte nun beginnen, er verschwand innert einer Sekunde, um an dem Bett eines Paares wieder aufzutauchen. Die junge Frau lag an der Brust ihres Partners, dieser Anblick jagte ein Stich der Sehnsucht durch Treals Herz. Dennoch liess er einen kleinen, weißglühenden Ball erscheinen, welcher in die Brust des Mannes glitt. Den Nächsten gedachte er dem Teenager im anderem Zimmer. So verging die Nacht wie im Flug. Treal war müde und erschöpft, was zur Folge hatte, dass er nicht mehr teleportieren konnte. Er lehnte an der Wand und sah der Dämonin bei ihrem lauten Wutausbruch zu, er konnte nicht verstehen, warum es sie so wütend machte, schliesslich hatte er ihren Befehl ausgeführt und jeden Mann im Dorf mit dem Wahnsinn geküsst. „Reg dich doch nicht so auf… Gib mir einige Minuten Ruhe, dann klappt es wieder, ganz bestimmt.“ „Bist du dir da sicher?“, schnappte sie verächtlich. „Meine Kraft regeneriert sich, von daher…“ Was der Dämon nicht ahnen konnte, war, dass dies alles zu ihrem Plan gehörte. Verwirrt sah er zu den Häusern hinüber. Die Haustüren standen alle offen und aus ihnen traten die männlichen Einwohner des Dorfes. Irre grinsten sie in die Welt hinein, sabberten, waren nicht mehr fähig sich zu artikulieren. Ihre unsinnigen aneinander gereihten Worte vermischten sich mit dem unangenehmen Lachen der Dämonin. Taumelnd stieß sich Treal von der Häuserwand ab, einige Schritte kam er weit, versuchte verzweifelt sich zu teleportieren, doch alles, was er zustande brachte, war auf die Knie zu fallen. Die Männer versammelten sich um den knienden Dämonen, überall waren ihre Hände, die sich in sein Haar oder Kleidung krallten, an ihm zerrten, ihn besudelten mit ihrem Speichel. Alles Wahnsinnige, keiner wusste, was er hier tat. Und Treal war machtlos… „Dann wollen wir es mal umkehren, dein Werk, nicht?“, sprach Aschkada mehr zu sich selbst, als zu dem Dämonen. Neben ihr erschien eine kleine hässliche Gestalt, die rote Haut glomm im frühen Morgen. Treals Augen weiteten sich, als er den Dämon erkannte, es war ein Shankpanna. Ebenfalls ein Dämon, der mit dem Wahnsinn umzugehen verstand. Anders aber als ein Ays konnte ein Shankpanna nur mit dem vorhanden Irrsinn umgehen, ihn nicht selbst erschaffen. Die Männer, die ihn mit ihren eigenen Händen fesselten, lachten irre, als Treal aufschrie, sich versuchte aus den Leibern zu schälen, sich gegen die zahlreiche Bisse zu wehren. Doch der kleine afrikanische Dämon schlüpfte unbeirrt zwischen den vielen Armen hindurch. Treal spürte den Impuls deutlich, sah seinen erschafften Wahnsinn in vielen glühenden Kugeln empor schweben, nur um auf ihn nieder zurasen. Seine Gedanken und Gefühle waren augenblicklich wie weggeblasen. Nur noch ein grauer, klebriger Klumpen irgendwo tief in seinem Innern. Die Dorfbewohner, die ihren klaren Verstand wieder hatten, erkannten das Übernatürliche in dem jungen Mann, der wie von Sinnen in fremden Zungen sprach. Die blutroten, glimmenden Augen fanden keine Erklärung. Mit Hieben und Tritten traktierten sie den vor Schmerz aufheulenden Dämonen. „Werfen wir ihn über die Felsen beim Wasserfall…“, meinte einer der Männer. Viele stimmten ihm zu, keiner kannte Mitleid. Einige blieben bei dem Wesen, welches schon längst hilflos am Boden lag. Das Blut, welches einen schönen Kontrast zu der schwarzen Kleidung darstellte, rann ihm in Form von Tränen über das Gesicht. Doch seine Tränen vermischten sich mit dem anderen Blut, welches ihm aus dem Mund lief. Einige der Männer und Jungen kamen mit Feuer zurück, versengten die Haut des Dämonen, entlockten ihm so spitzere, panischere Schreie als zu vor. Die Meute trieb den Dämonen aus dem Dorf, gefolgt von Aschkada, die sich an dem Schmerz des Ays labte. Auf den Felsen am Fluss angekommen, veranlasste sie, dass der Shankpanna den Wahnsinn wieder von Treal nahm. Der Schwarzhaarige keuchte, alles schmerzte, sein Körper schien in Flammen zu stehen, nur langsam richtete er sich auf. Blut tropfte in den sandigen Boden vor ihm... „Bitte…habt Mitleid…“ Sichtlich kostete es dem Dämonen Kraft zu sprechen. „Hättest du mit uns Erbarmen? DU Ausgeburt der Hölle!“ Treal senkte den Kopf. Nein, auch er hatte kein einziges Mal darüber nachgedacht, was er den Menschen antat. Dennoch hatte er nie einen Menschen getötet… Als er den Blick auf einen der Männer heftete, sah er dessen blanke Wut in den grauen Augen. „Verzeiht mir“, bat er leise. „Dämonen fühlen nicht, daher brauchen sie niemanden, der ihnen verzeiht.“ Die Schar Männer kam näher, Treal spürte die Hitze der Feuerfackeln. Einige Sekunden schloss er die Augen, dachte an Dariel. Er hoffte, dass sein Gebieter irgendwann einen Mann finden würde, den er genau so liebte wie ihn. Er spürte deutlich, wie es um ihn herum heißer wurde, sie waren noch näher gekommen. Noch einmal versuchte er einfach zu verschwinden, doch seine Kraft reichte gerade noch, um schwankend zu stehen. Dies hier war sein Ende. Aschkada lachte, als sie den Dämonen in Brand steckten und ihn von dem Vorsprung stießen, genoss den Mark erschütternden Schrei und blickte noch lange in die Tiefe, wo der gebrochene Leib des toten Ays lag. Sie wusste, für diese Tat musste sie ihr Leben lassen. Doch sie hatte es für ihr Volk getan, denn Dariel war der mächtigste Dämon im unteren Reich. Nun würde er schwanken, wenn er seinen Geliebten verloren hatte. Eine Chance für ihres Gleichen, um an die Macht zu kommen… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)