Ich liebe dich, aber du weißt es nicht von abgemeldet (Aus dem "kleinen" Weihnachtsgeschenk sind 37 Kapitel und über 100.000 Wörter geworden...) ================================================================================ 35. Kapitel - Erkenntnisse -------------------------- "Ähm... Ren?" "Ja?" Mit einem ultraglitzernden Gentlemansmile drehte sich der Schauspieler zu seinem Manager um. Diesem liefen bei dem Anblick Schauder über den Rücken. "Könntest du das bitte ablegen, zumindestens so lange wir unter uns sind? Es ist unheimlich." Erst stutzte der Einundzwanzigjährige, dann legte er seine Maske ab. Zum Vorschein kam ein Mann, der alles andere als kleine Sorgen hatte. "Es tut mir leid, nur..." Mitfühlend klopfte der Blonde ihm auf den Rücken. "Ich versteh schon. Bei Interviews und so ist das ja auch ganz in Ordnung, aber es ist gruselig, wenn man weiß, wie du eigentlich gerade drauf bist." Inzwischen waren sie in der Garderobe des Stars angekommen. Dieser legte sein Handy auf dem Schminktisch ab und ließ sich dann in den Stuhl sinken. "Meinst du der Präsident hat inzwischen..." "Er wird dir Bescheid sagen, sobald sich irgendetwas ergibt." Aufseufzend lehnte Yashiro sich zurück. "Ich weiß, das klingt dumm, aber mach dich nicht so fertig Ren. Es ist gerade mal ein Tag vergangen und selbst die Kanäle von Takarada brauchen Zeit. Wir kriegen Kyoko schon noch irgendwie zurück. Und bis dahin müssen wir uns gedulden." Plötzlich unterbrach ein vernehmliches Knacken das Gespräch. Erschrocken sahen die beiden auf Rens Handy - aus dem nun eine kleine Rauchfahne aufstieg. "Verdammt! Ich muss die ganze Zeit leicht mit meinem Finger dran gewesen sein", fluchte sein Manager. Er hatte sich nämlich auf den Schminktisch gestützt - auf dem der Jüngere zuvor sein Mobiltelefon abgelegt hatte. "Tut mir leid, ich sollte mehr aufpassen, aber ich hab es einfach nicht bemerkt, ich..." "Ganz ruhig, das ist schließlich nicht das erste Mal. Ich besorg mir von Takarada einfach ein neues." Keinem der Männer kam in diesem Moment der Gedanke, dass jemand vielleicht vergeblich versuchen würde Ren zu erreichen... Verdammt. Den ganzen Tag schon versuchte Sho mal unter vier Augen mit Kyoko zu reden, aber es wollte einfach nicht gelingen. Ständig stand sie in der Küche und kochte, unter den Augen von seinen Eltern. In ihren Pausen wurde sie von ihrer eigenen Mutter mit Beschlag belegt, die sie mit ihren "Verbesserungsvorschlägen" - besser gesagt mit ihren Vorwürfen - überhäufte. Und er konnte nichts tun als einfach nur tatenlos zusehen, wie ihre Schultern sich immer weiter senkte, wie nach und nach das Leben aus ihrem Blick schwand. Was sollte er machen? Sich gegen ihre Mutter aufzulehnen würde nichts bringen. Längst hatte er heraus gefunden, dass nach deren verquerer Denkweise Kyoko an allem schuld war. Egal was er für Anschuldigungen gegen Saena vorbrachte, diese hätte sich wohl sofort auf Kyoko gestürzt und diese angeklagt ihn angestiftet zu haben. Dass sie beide gar nicht miteinander gesprochen hatten, würde sie nicht als Hinderungsgrund ansehen. Gewissensbisse quälten ihn, da er sich zu einem gewissen Teil mitverantwortlich dafür fühlte, dass sie hier war. So saß er nachts grübelnd auf der Terrasse. Was könnte er tun, damit sie wieder zu der fröhlichen Kyoko wurde, die er kannte? Selbst ihr vor Hass sprühendes Selbst wäre ihm lieber, irgendetwas was ihm anzeigte, dass sie wirklich lebte. Plötzlich erregte eine Gestalt seine Aufmerksamkeit. Leise schlich diese in Richtung der Straße. Irgendetwas an ihrem Gang kam ihm bekannt vor, und dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Kyoko! Es kam ihr vor, als wäre sie in die Vergangenheit zurück versetzt worden. Als wäre Tokyo nie passiert, als sei sie nie zusammen mit Sho fortgelaufen, als hätte sie all ihre Freunde nie kennen gelernt. Als wäre sie in Kyoto geblieben. Den ganzen Tag arbeitete sie und in der Zwischenzeit wurde sie von ihrer Mutter kritisiert. Erst stand sie kurz davor daran zu zerbrechen, doch dann stellte sie sich das ganze nur als einen Schauspieljob vor. Es war nur eine Rolle, die Rolle des Mädchens, was sie einmal gewesen war. Sie verbannte alle ihre jetzigen Gefühle und handelte einfach genauso wie sie es früher immer getan hatte. Doch als sie erschöpft auf ihrem Futon lag, konnte sie es nicht mehr aufrecht erhalten. Die Einsamkeit legte sich wie eine Decke über sie, drohte sie zu ersticken, ihr die Luft zum Atmen zu nehmen. Keuchend setzte sie sich auf, ihre Gedanken rasten. Sie brauchte jetzt irgendetwas, irgendjemanden der ihr zeigte, dass sie nicht allein war. Hektisch kramte sie nach Rens T-Shirt, doch selbst der vertraute, allmählich verblassende Geruch verschaffte ihr keine Erleichterung, verstärkte nur ihre Sehnsucht. Ihr Blick glitt aus dem Fenster. Der Mond hatte seinen Zenit bereits überschritten, das Ryokan schlief. Da formte sich eine Idee in ihrem Geist. Auf leisen Sohlen schlich sich durch das Haus, eifrig darauf bedacht niemanden in seiner Ruhe zu stören. Sobald sie die kühle Nachtluft spürte, beruhigte sie sich etwas, hielt aber trotzdem an ihrem Vorhaben fest. Wie ein Schatten glitt sie durch die Nacht, raus aus dem Ryokan, zur Straße und dann tiefer in die Stadt. Er folgte ihr, ohne dass sie ihn zu bemerken schien. Wo wollte sie hin? Es sah nicht so aus, als läge es in ihrer Absicht abzuhauen, denn sie hatte keine Tasche dabei. Und als wolle sie seine Vermutung bestätigen, blieb sie bereits nach kurzer Zeit stehen. Und zwar direkt vor einem Münzfernsprecher. Eilig suchte sie die paar Yen heraus, die ihre Mutter ihr gelassen hatte. Zwar fiel es ihr schwer sich Nummern zu merken, aber eine hatte sich fest in ihrem Gedächtnis eingeprägt. Sie würde ihn anrufen. Würde ihm erzählen, was passiert war, wo sie war. Und irgendwie würde er es schaffen eine Lösung zu finden, zusammen mit dem Präsidenten, Yashiro, Kanae und den anderen. Auch wenn sie nicht wusste, wie das gehen sollte, er würde es schaffen, darauf vertraute sie. Hektisch gab sie die Nummer ein, brach ab und versuchte es dann erneut, als sie an der Displayanzeige merkte, dass sie sich vertippt hatte. Unruhig wartete sie, als sie hörte, dass die Nummer gewählt wurde. Plötzlich kam ihr der Gedanke, dass er um diese Uhrzeit wohl schlafen würde, aber dann würde sie es ihm eben auf die Mailbox sprechen, das wäre auch kein Problem. "Kein Anschluss unter dieser Nummer, kein Anschluss unter dieser Nummer, kein..." Geschockt sah sie den Hörer in ihrer Hand an. Dann glitt ihr Blick wieder zu der Nummer auf dem Display. Es war seine, eindeutig. Sie hatte sie im letzten Jahr so oft gewählt, dass sie sie wohl im Traum hätte aufsagen könne. Und doch, jetzt wo sie seinen Beistand am, dringensten benötigte... Ihre Beine knickten weg, nachdem sie den Hörer aufgehängt hatte. Sie fing sich noch rechtzeitig mit den Armen ab, bevor sie auf den Asphalt knallte, doch fehlte ihr die Kraft sich wieder aufzurichten. Stattdessen zog sie die Knie an die Brust, legte ihren Kopf darauf und begann zu weinen. Große perlende Tränen glitten ihr übers Gesicht und schimmerten silbern im Mondlicht, bevor sie auf dem harten Boden zersprangen. "Ren...", flüsterte sie immer wieder, ohne ihre Umgebung wahrzunehmen. Der Anblick schnitt ihm tief ins Herz. Er war so nah dran, dass er die Worte welche aus der Hörermuschel gedrungen waren ebenfalls verstanden hatte. Als Kind war er machtlos gewesen, wenn sie geweint hatte, war stets zum Möbelstück erstarrt. Auch jetzt spürte er, wie diese Wirkung einsetzte, wie er vollkommen handlungsunfähig wurde, ihr einfach nur zusehen konnte, wie sie - immer noch weinend - vor Erschöpfung einschlief. Leise trat er auf sie zu und kniete sich zu ihre hinunter. Sie zuckte nicht einmal, als er seine Arme um sie legte und sie hochhob. Während er sich auf den Rückweg machte, sah er traurig auf die schlafende Gestalt in seinen Armen. Er wollte doch nur, dass es wieder so war wie früher. Dass allein seine Gegenwart ausreichte, um sie glücklich zu machen. Warum war sie eigentlich zurück gekehrt, wenn sie doch eigentlich ganz woanders sein wollte? Er hatte gehofft, sie hätte ihm vergeben, wäre freiwillig wieder hier, aber das schien nicht der Fall zu sein. War er ihr wirklich so zuwider? Bereitete die Erinnerung an ihre gemeinsame Zeit ihr wirklich nur Schmerz? Den Gedanken im Kopf umherwälzend betrat er schließlich, die schlafende Kyoko immer noch im Arm, ihr Zimmer. Es machte einen seltsamen Eindruck auf ihn. so... unpersönlich. Der Schrank war eingeräumt, aber nichts deutet auch nur im entferntesten darauf hin, dass hier wirklich jemand wohnte und dieser Raum nicht nur als Klamottenlager genutzt wurde. Vorsichtig legte er sie auf ihren Futon und deckte sie behutsam zu. Dabei fiel sein Blick auf ein T-Shirt, welches unter dem Bettzeug gelegen hatte. Verwundert hob er es hoch. Es gehörte eindeutig einem Mann, denn für ein Mädchen war es viel zu groß. Im ersten Moment vermutete er, dass es vielleicht diesem Tsuruga gehörte, aber... er traute nicht einmal diesem Pseudofrauenliebling zu solch einen hässlichen Lilaton zu tragen. Neugierig geworden ließ er seine Augen durch das Zimmer schweifen und blieb dabei an ihrem Koffer hängen, der seltsam unausgepackt wirkte - zu recht, wie er kurz darauf feststellte. Auf leisen Sohlen schlich er zu diesem. Jetzt erkannte er, warum der Raum so steril wirkte - alles persönliche befand sich im Gepäckstück. Die Stimme seines Gewissens protestierte leise, aber es interessierte ihn zu sehr, was sie als wichtig genug erachtete, um es mit sich zu nehmen. Ihm fielen Schminke, Nähzeug und ein Messerset in die Hände. Ebenso wie jenes Kleid, welches sie an ihrem Geburtstag getragen hatte und ein kleines Täschchen, in welchem sich ein Stein befand. Ein dunkelblauer Achat. Schmerzhaft wurde ihm bewusst, dass er bei keinem dieser Dinge die Herkunft benennen konnte. Er wusste nicht, ob es Geschenke waren, oder ob Kyoko sich das selbst gekauft hatte, zudem konnte er nicht einmal sagen, warum ihr diese Dinge so wichtig waren, dass sie sie in ihrem Koffer ließ, als wolle sie sie bei einer plötzlichen Flucht stets beisammen haben. Sie war nicht mehr die Mittelstufenschülerin, die niemals Kosmetik verwendete, die sich niemals schöne Kleider kaufte - die einsam war. Sie war zu einer Frau geworden, nach der sich sein Herz sehnte, die er jedoch umso weniger kannte. Er wusste, sie hatte Freunde gehabt in Tokyo, jene Leute in deren abweisende Gesichter er an ihrem Geburtstag gesehen hatte - und er und ihre Mutter hatten ihr diese Freunde entrissen. Hatten ihr jenes Glück genommen, was sie sich aufgebaut und so redlich verdient hatte. Aber sie würde auch hier glücklich werden, so sehr, dass sie ihr Leben in Tokyo vergessen würde. So sehr, dass sie freiwillig bei ihm blieb und die Erinnerung an diese anderen Leute verblasste. Die kleine Stimme in seinem Innern, die sich gegen sein Verhalten stemmen wollte, ignorierte er. "Ren, sobald ich etwas herausgefunden habe, werde ich es dir sagen. Aber so etwas braucht Zeit, Ich kann deine Ungeduld durchaus verstehen und auch ich sorge mich um Kyoko, aber es bringt nichts, wenn du andauernd in mein Büro tigerst. Ehrlich gesagt wirkt sich solch ein Verhalten eher störend aus. Also nimm dein neues Handy und such dir eine andere Beschäftigung als Spuren in den Teppich zu laufen. Verteil zum Beispiel deine neue Telefonnummer. Dein altes Mobiltelefon war nämlich so kaputt, dass sogar die SIM-Karte weggeschmissen werden musste." Nickend, aber in Gedanken ganz woanders, nahm der Schauspieler das Gerät entgegen und verließ das Büro. Seit Kyokos "Verschwinden" war nun schon eine Woche vergangen und noch gab es keinerlei Anzeichen, wo ihre Mutter sie hingebracht hatte. Die Leute, welche nach Kyokos Verbleib fragten, halfen auch nicht unbedingt dabei seine Gedanken von ihr abzulenken. Einzig Timothy hatte er die Wahrheit erzählt, allen anderen gegenüber erhielt er die Lüge über die Lungenentzündung aufrecht. Zumindestens hierbei half ihm die Schauspielerei. Von Yashiro wusste er, dass das Kanae nicht ganz so leicht fiel. Aber sie schaffte es, alle davon zu überzeugen, dass die Sorge die sich teilweise auf ihrem Gesicht zeigte, allein Kyokos aktuellem Gesundheitszustand geschuldet war. Verdammt, es musste doch irgendetwas geben, was er tun konnte! Verdammt, es musste doch irgendetwas geben, was er tun konnte! Er hatte alles versucht. Hatte sich oft mit ihr unterhalten, ihr Komplimente gemacht, ihr geholfen wo es ihm möglich war, und doch... Er konnte förmlich zusehen wie sie nach und nach verfiel. Wie sie mehr und mehr zum Schatten ihrer selbst wurde. Und niemand anderes schien es zu bemerken! Sie alle glaubten ihrem falschen Lächeln, dass sie stets aufsetzte. Sie aß kaum noch, wurde immer dünner - und das, wo sie doch vorher schon schlank gewesen war. Jetzt hingegen wirkte sie nicht mehr einfach nur schlank, sondern fast schon mager. Dabei war sie erst seit einer Woche hier. Er versuchte immer wieder sie zum Essen zu animieren, aber sie schob die Speisen immer nur auf ihrem Teller hin und her. Momentan hatte sie gerade eine ihrer seltenen Pausen, zu oft arbeitete sie den ganzen Tag, ohne zwischendurch zu Essen oder sich auch nur kurz auszuruhen. "Schau mal Kyoko, wollen wir uns ein paar der alten Jahrbücher angucken?" Er wusste nicht, ob es ihr gefallen würde, aber es blieb nicht mehr viel übrig was er versuchen konnte, um sie aufzumuntern. Aufmerksam musterte sie ihn. Ihr war die Veränderung an ihm durchaus aufgefallen, wie er sich um sie bemühte. Tatsache war aber, dass es ihre Sehnsucht nicht linderte. Sie vermisste Tokyo schrecklich. Besser gesagt ihre Freunde. Und vor allem ihn. Ren. Sie hatte in dieser einen Woche, seit sie ihn nicht hatte erreichen können viel Zeit zum Überlegen gehabt, während sie sich schlaflos von einer Seite auf die andere rollte. Sie wusste nicht mehr, wie sie in jener Nacht in ihr Bett gekommen war, wahrscheinlich hatte sie sich einfach hergeschleppt, ohne es wirklich zu bemerken. Fakt aber war, dass sie in Gedanken stets bei ihm war. Bei seinem Lachen, seinen Scherzen, den Gesprächen mit ihm... "Kyoko?" Sho riss sie zurück in die Gegenwart. Sie blickte in sein halb verzweifeltes, halb hoffendes Gesicht und versuchte ihm ein Lächeln zu schenken. Sie wusste, sie würde ihn nicht lieben können, und sie wollte auch nicht so tun als ob. Aber er versuchte zumindestens ihr in gewissem Sinne zu helfen, was sie ihm hoch anrechnete. Endlich sah er ein ehrliches Lächeln von ihr. Aber es wirkte so unglaublich müde... Und vorher war sie so weit weg gewesen, der Blick furchtbar traurig. Hatte er wirklich eine Chance dagegen an zu kommen? Gegen jene Sehnsucht, die er in ihren Augen gesehen hatte? Er musste es zumindestens versuchen! Doch die Zweifel in ihm verklangen nicht. Stumm saß sie neben ihm, während er durch das Jahrbuch der Unterstufe blätterte und hin und wieder Geschichten erzählte, an die er sich noch erinnerte. Er hatte gehofft sie somit aus der Reserve zu locken, aber es gelang ihm nicht. Schweigend hörte sie seinen Erinnerungen zu. Sie selbst wusste nichts dazu zu sagen. Sie erinnerte sich nur an ein stetiges Getuschel hinter ihrem Rücken, an abgewendete Blicke und Gesichter, an versteckte Schuhe und Sachen... zudem hatte sie in der Schule damals eigentlich nur eines interessiert: Sho. Sie hatte stets nur Augen für ihn gehabt, so dass sie sich kaum um die anderen und ihre ständigen Sticheleien gekümmert hatte. Wie ironisch, dachte sie. Sie hatte nur Sho gewollt, nichts außer ihm. Und jetzt wo sie wirklich nur ihn hatte, hätte sie unglücklicher kaum sein können. Plötzlich fing ein ganz bestimmtes Foto ihren Blick ein. Sho wollte bereits weiter blättern, aber sie hielt ihn auf. War das etwa... Wie in Trance nahm sie ihm das Album aus den Händen und inspizierte ganz genau das Gesicht eines Schülers. Kuon! Dieser Junge war niemand anderes als Kuon! Ihre Augen flogen zu dem Namen. Koon Hizuri. Was... Ihr Kuon, ihr Feenprinz und Koon Hizuri, der Sohn des großen Schauspielers waren ein und dieselbe Person?! Aber warum hatte sie nie bemerkt, dass er mit ihr zusammen auf eine Schule gegangen war? Und warum hatte Hizuri gesagt, er habe keinen Sohn mehr? War Kuon etwa... Schnell verdrängte sie den Gedanken. Viel wichtiger, warum konnte sie sich nicht daran erinnern? Inzwischen hatte auch Sho bemerkt, was ihren Blick gefangen hatte. "Ah, erinnerst du dich an ihn? Er war nur für kurze Zeit an der Schule, ich glaube nicht mehr als ein paar Wochen - natürlich ausgerechnet die Zeit in der die Fotos geschossen wurden. Er ging in die Mittelstufe, deshalb haben wir ihn eigentlich kaum zu Gesicht bekommen. Angeblich stammte er aus Amerika." Sie hörte ihm kaum zu. Denn etwas anderes war ihr aufgefallen. Eine Ähnlichkeit, die ihr zuerst viel zu absurd erschien. Kuon bzw. Koon ähnelte Ren! Wie... Wie konnte das sein? Ihre Erinnerung glitt zurück zu dem ersten Treffen zwischen Ren und Bou. Diese typisch amerikanische Geste... Kam Ren aus Amerika? Dass Ren Tsuruga ein Künstlername war, hatte er ja bereits zugegeben... Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie ihn nie nach seinem richtigen Namen gefragt hatte, ebenso wenig wie nach seinen Eltern. Aber er hätte es ihr doch erzählt, wenn er Kuon und Hizuri-sans Sohn wäre - oder? Schließlich... sie waren doch Freunde! Sie dachte an ihr eigenes Geheimnis, an Bou und dann an die erste Zeit zwischen Ren und ihr. An seine seltsamen Fragen, als er ihren blauen Stein zum ersten Mal gesehen hatte. Es wäre... möglich. Er hatte sie anfangs nicht gemocht. Wie hätte sie damals reagiert, wenn er gesagt hätte, er sei Kuon? Sie hätte ihm bestimmt nicht geglaubt und der Lüge bezichtigt. Und später? Sie hätte ihn gefragt, warum er es ihr nicht eher erzählt hatte. Wäre enttäuscht gewesen. Auch jetzt spürte sie die Enttäuschung, aber sie konnte zumindest verstehen, warum er es ihr nicht erzählte, wenn es denn wirklich so war. Sie hatte es ja noch nicht einmal geschafft, ihm Bou zu beichten. Wie ungleich schwerer musste ein solches Geheimnis dann sein. Und sein Verhältnis zu Hizuri-san schien sowieso alles andere als rosig, so unpersönlich wie sie bei ihrer Begegnung gewesen waren. Auch sie sprach ja nur ungern über ihre Mutter... aber irgendwie konnte sie sich nicht vorstellen, dass Kuu sein Kind verleugnen würde... was war da nur passiert? Oder war das alles nur ein Hirngespinst? Sah sie vielleicht Ähnlichkeiten, die gar nicht da waren? Aber nun war es zu spät, um das herauszufinden. Sie würden Ren nie wieder sehen, sah man einmal vom Fernseher ab. Nie... wieder... Er versuchte sie anzusprechen, aber sie schien vollkommen in eine andere Welt abgedriftet, ignorierte ihn. Plötzlich begannen Tränen ihr über die Wange zu rollen. Er beugte sich zu ihr um sie irgendwie zu trösten, erstarrte aber als er den Namen vernahm, welcher ihre Lippen verließ. "Ren..." Er sah ihr in die Augen, welche blicklos in die Ferne gerichtet waren. Sah den Schmerz darin, die Tränen die ihr stumm übers Gesicht liefen, die verkrampfte Haltung. Und da erkannte er, dass er ihr nicht helfen konnte. Er hatte seine Chance damals gehabt, als sie Kinder gewesen waren, und er hatte sie verspielt. Er liebte sie und es tat ihm im Herzen weh, sie gehen zu lassen, aber noch mehr schmerzte es sie so dahinsiechen zu sehen. Er ertrug es nicht ein Zeuge ihres langsamen Zusammenbruchs zu werden, wenn er wusste, dass er ihr helfen konnte. Noch sagte er nichts, denn er brauchte zuerst einen Plan, vorher wollte er ihr keine unbegründete Hoffnung machen, die er später eventuell wieder zerschlagen musste. Aber in diesem Moment hatte er seine Entscheidung gefällt: Er gab sie frei. Kurze Zeit späte verschwand sie wieder in der Küche um weiter das Essen zu zubereiten. Er aber zog sich an den Computer zurück. Er wusste, ihre Agentur war einflussreich genug, um ihr zu helfen, wenn sie erst einmal ihrer Mutter entkommen war. Die Frage war nur, wie sie das anstellen sollte. Ziellos überflog er die Seiten mit dem Familienrecht, auf der Suche nach irgendetwas, was ihrer Mutter die Handlungsgrundlage nahm - und wurde gleich doppelt fündig. Die Formulare druckte er aus. Später würde er vorsichtig bei Kyoko nachhaken, mit welchem Druckmittel ihre Mutter sie festhielt. Und dann brauchte er nur noch den richtigen Moment. Erst am Abend hatte er Zeit für ein kurzes Gespräch mit ihr gefunden. Hatte sie gefragt, warum sie hier war, wenn doch offensichtlich war, dass sie lieber in Tokyo wäre. Die Antwort hatte ihm wieder vor Augen geführt, dass sie bezüglich ihrer Mutter nicht mehr rational dachte. Sie fürchtete, dass ihre Mutter die Agentur und ihren Senpai verklagte! Und seinen Einwand, dass diese Parteien wohl genügend Geld für gute Anwälte hatten, beantwortete sie mit der Aussage, dass ihm Showbusiness der Ruf alles war und man keine Anwälte bräuchte, um diesen zu ruinieren. Fast hätte er gelacht, obwohl das ganze eher traurig war. Zeit ihres Lebens hatte sich das Mädchen vor ihrer Mutter gefürchtet, so dass sie dieser nun viel mehr Einfluss zusprach, als sie tatsächlich hatte. Sicher war ein guter Ruf wichtig. Aber sowohl LME als auch Ren Tsuruga waren gut genug im Business etabliert, um ein paar Gerüchte zu überstehen. Vor allem, wenn ihre Mutter keine rechtliche Handhabe mehr haben würde. Und dafür zu sorgen war seine Aufgabe. Er würde sich nun beeilen, um die ganze Sache abzuschließen. Ein Blick auf Kyoko hatte ihm gezeigt, dass diese die ständige emotionale Tortur nicht mehr lange aushalten würde. Vorsichtig lugte er in die Wohnstube. Wie er vermutet hatte, war Saena Mogami darin zu finden. Die zwei leeren Flaschen zeigten ihm deutlich, dass sie dem Wein heute Abend nicht abgeneigt gewesen war und ihr Blick war fest auf den Fernseher gerichtet. Insgesamt umgab sie eine Aura, die eindeutig sagte, dass sie nicht gestört werden wollte. Perfekt! "Ähm... Saena-san?" "Ja?", erwiderte diese ungnädig. "Es geht um die Hochzeit zwischen Kyoko und mir. Ich habe eine Gesetzespassage gefunden, nach der wir bereits früher heiraten können. Dazu bräuchte ich aber ein paar Unterschriften von Ihnen..." "Natürlich gern", antwortete sie emotionslos, den Blick immer noch starr auf die Mattscheibe gerichtet. Er hoffte, dass das auch so blieb. Mit einem Klemmbrett in der einen Hand und einem Kugelschreiber in der anderen, trat er neben sie. "Ich habe die entsprechenden Formulare bereits ausgedruckt. Könnten Sie bitte hier und hier unterschreiben?" Er zeigte ihr die Stellen. Dabei hatte er aber ein weiteres Blatt so über die Formulare gelegt, dass man deren Inhalt nicht ohne weiteres lesen konnte - woran sie offensichtlich auch gar nicht interessiert war. Schnell setzte sie ihre Signatur unter die Papiere, um ihm dann mit einer ungeduldigen Handbewegung zu bedeuten, sie in Ruhe zu lassen. Er konnte gar nicht glauben, wie glatt das gegangen war. Er spürte einen kurzen Stich, als er daran dachte dass es damit endgültig wäre. Kyoko würde zurückkehren. Zurück zu ihren Freunden, aber fort von ihm. Ob sie wenigstens ab und zu an ihn denken würde? Schnell schüttelte er die Gedanken ab, es war schließlich seine eigene freie Entscheidung. Er wollte dass sie glücklich war und musste einsehen, dass sie es mit ihm nie werden würde. Er erinnerte sich an einen Satz, den er mal irgendwo gelesen hatte und der ihm irgendwie passend erschien: Liebe heißt loslassen zu können... Leise schlich er in das Zimmer von Kyokos Mutter. Er wusste, dass es sich nicht gehörte, aber er verspürte keinerlei schlechtes Gewissen. Seine Tat war schließlich alles andere als egoistisch. Und es war auch nicht so, als wolle er etwas klauen. Eher... etwas zurückholen. Als erstes ließ er seinen Blick durchs Zimmer gleiten. Dann zog er die Nachttischschublade auf. Die meisten Leute bewahrten kleine, aber wichtige Dinge dort... Und wie er es vermutet hatte, lag es da. Er ließ es in seine Tasche gleiten und verschwand genauso lautlos, wie er gekommen war. Nun stand er aber vor dem nächsten Problem. Das verdammte Ding war aus! Allerdings... Kyoko war es noch nie leicht gefallen, sich Zahlen zu merken. Also vielleicht ihr Geburtsdatum... Es klappte. Mit einem leisen Piepen wurde das Handy frei gegeben. Der Abschluss seines Planes lag in greifbarer Nähe. Schnell hatte er die entsprechende Nummer herausgesucht. Die des Schauspielers wollte er nicht nehmen, er hatte ja mitbekommen, dass diese seltsamerweise nicht funktionierte. Aber dies war ja nicht die einzige Nummer in Kyokos Telefonbuch... Sein Daumen verharrte über der Anruftaste. Sollte er wirklich... "Verdammt, tu es endlich!", schimpfte er mit sich selbst. Ja, wahrscheinlich würde er Kyoko dann für immer verlieren, aber das würde er ansonsten auch. Kyoko würde ihn niemals heiraten. Wenn er ihr nicht half wäre seine Braut später nichts weiter als eine stumme trauernde Marionette, einem seelenlosen Zombie ähnlicher als der energischen Kyoko, die er liebte. Sein Daumen senkte sich. Gesprächsrunde der Hybie-sans, die von den Hybie-sans für diese Fanfic abgehalten wird Hybie-san1: "Die Autorin hat eine Frage." Hybie-san3: "Ht jemand ne Idee, wo man in Greifswald ne billige Bleibe herkriegt?" Hybie-san2: *sieht auf den Zettel in der Hand von Hybie-san1* "Also entweder, ich entziffer das Gekrakel, was sie als Handschrift bezeichnet falsch, oder Hybie-san3 ist im unrecht." Hybie-san1: "Was glaubst DU?" Hybie-san2: *Gesicht spiegelt inneren Kampf wieder* "Einerseits bin ich natürlich gegen die Autorin, wann immer sich die Gelegenheit bietet, weshalb mir die Erklärung mit der Handschrift am besten gefällt... andererseits... Wir reden hier von Hybie-san3..." Hybie-san1: "Genau. Und der hat es mal wieder falsch verstanden. Wir sollten eigentlich fragen, ob irgendjemand ne Ahnung hat, was für ein Stein Koon eigentlich ist?" Hybie-san2: "Sie hat spontan den ersten blauen Stein aus dem Nachschlagewerk genommen - passendetweise gilt der blaue Achat als Heiler von depressionen - was allso zu unserem lieben Mangastein passen würde." Hybie-san1: "Andererseits ist sie für andere Vorschläge stets offen. Außerdem dankt sie grincat, JamesPotter, Patrice-Kyoko, Umnije, Susilein, ayako-shiro, DarkEye, Lioba, KLOSI, Mizuki_85 und hali für ihre lieben Kommentare." Hybie-san3: *kommt sich ignoriert vor* "Und ich hatte trotzdem recht." Hybie-san2: "Nein." Hybie-san3: "Doch." Hybie-san2: "Nein." Hybie-san3: "Doch." Hybie-san2: "Nein." Hybie-san3: "Doch." Hybie-san2: "Nein." Hybie-san3: "Doch." Hybie-san1: "Ruhe auf den billigen Plätzen!" Hybie-san3: "Aber sie hat vorhin irgendetwas von wegen Wohnung gemurmelt." Hybie-san1: "Sie fand die Wohnungssuche frustrierend, was der Grund ist, dass sie jetzt schon ein neues Kapitel reinstellt, das ist alles." Hybie-san3: "Trotzdem..." Hybie-san1: "Wenn du nicht bald damit aufhörst, sagst du NICHT das nächste Kapitel an!" Hybie-san3: *hält sich selbst den Mund zu* Hybie-san1: *zählt langsam bis 100* "Na geht doch. Du darfst jetzt." Hybie-san3: *schnappt nach Luft, da er schon blau angelaufen ist* "Also, bis zum nächsten Kapitel, das vielleicht heißt 'Rettung?'." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)