Interview mit einem Vampir
Deanstag!
Moin moin, ihr Lieben und Weidmannsheil!
(Warum Weidmannsheil? Weil das ein Jägergruß ist, jawohl!)
Ich habe ein Geständnis zu machen.
Ich fürchte fast, ich habe versäumt, zu erwähnen, dass dieser ganze fabelhafte Handlungsstrang dem bemerkenswert produktiven Unterbewusstsein meiner lieben Freundin Kinka entsprungen ist.
Die hat das nämlich geträumt.
Jawohl, liebe Leute, während der Pöbel – damit meine ich mich – lediglich schreibt, träumt die Gute sich einfach ihre FanFic zurecht!
Ich bin mir zwar nicht ganz sicher, was ich davon halten soll, bin aber durchaus dankbar, die Erlaubnis erhalten zu haben, ihre Idee verschriftlichen (Word, was soll das? Das ist TOTAL ein Wort!) und noch dazu bombastisch ausschmücken zu dürfen.
‚Warum redet sie so geschwollen?’, werdet ihr euch jetzt fragen.
Weil die liebe Kinka ihr zu Weihnachten zwei neue Bücher von Georgette Heyer geschenkt hat, deswegen redet sie so geschwollen!
Genau genommen, ist also alles Kinkas Schuld!
Ich widme dieses Kapitel allerdings nicht ihr, sondern der Tine, die zwar nicht die Einzige ist, die am aktuellen Thema und meinen sadistischen Veranlagungen Vergnügen findet, aber ich wage mit Überzeugung zu behaupten, dass sie bei Weitem das größte Vergnügen daraus zieht, dass es dem armen Sammy momentan alles andere als gut geht.
(Natürlich nur, weil sie sich genau wie der Rest von uns darauf freut, wenn Dean endlich auftaucht, um ihn zu trösten!)
Ich hoffe, dieses Kapitel entspricht schon eher deinen Vorstellungen, fürchte aber langsam, dein Ideal nie ganz erreichen zu können.
Da muss ich mich – und du dich – jetzt wohl mit abfinden.
Fühl dich geknuddelt, meine Liebe!
Und wo ich schon mal dabei bin, knuddel ich auch gleich noch Isi, Rina, Kinka, Anja und sowieso alle meine Leser- und Favolistler/-innen!
moko-chan
„Du weißt von Luther?“, fragte Sam, um sich nicht mit den Emotionen beschäftigen zu müssen, die Vlads Bemerkung über Deans Gefühlszustand in ihm ausgelöst hatte, und der Vampir nahm den plötzlichen Themenwechsel gelassen zur Kenntnis.
„Dir sollte inzwischen aufgefallen sein“, antwortete er ruhig, „dass ich sehr viel mehr über dich weiß, als du … in Ermangelung eines besseren Beispiels … über mich. Du und Dean seid kleine Berühmtheiten in unseren Kreisen, Sammy. Ich war neugierig darauf, den Jäger kennen zu lernen, der Lenore hat gehen lassen.“
Kurz verstand Sam nicht, worauf Vlad hinaus wollte, dann erinnerte er sich an Lenore und die anderen Vampire, die es aufgegeben hatten, Menschenblut zu trinken, um in Sicherheit vor den Jägern leben zu können, und für einen kurzen Moment lang entspannte er sich in geradezu leichtsinnigem Maße.
Vielleicht war sie der Grund dafür, dass Sam Vlad zumindest ein kleinwenig vertrauen konnte – die Begegnung mit ihr hatte Sam deutlicher als alles andere vor Augen geführt, dass es auf dieser Welt kein Schwarz und Weiß gab.
„Wie … was … wie geht es ihr?“, fragte er unsicher, da er nicht wusste, was er sonst hätte sagen sollen, und Vlad zuckte mit den breiten Schultern.
„Ich weiß es nicht. Sie hat sich irgendwo aufs Land zurückgezogen … nach Texas, glaube ich. Ihre Anhängerschaft wächst, aber ich bezweifle, dass sie das auf lange Sicht beschützen wird. Es gibt nur wenige Jäger, die zugeben würden, dass es eine Grauzone zwischen Gut und Böse gibt.“
„Aber“, begann Sam überzeugt, „wenn alle Vampire damit aufhören würden, Menschenblut zu trinken, wenn … wenn ihr …“
„Wenn wir was?“, unterbrach Vlad ihn schon beinahe sanft.
„Wenn wir uns zusammenreißen? Unsere Natur verleugnen und uns von etwas so Widerwärtigem wie Rinderblut ernähren würden?“
Er schüttelte den Kopf.
„Niemals. Ich kenne genug, die es versucht haben und … rückfällig geworden sind. Du hast keine Ahnung, wie verlockend der menschliche Herzschlag sein kann, Sammy. Ich kann dein Blut in deinen Adern rauschen hören, wenn ich drei Flure von deiner Zelle entfernt bin.“
Sam wurde blass und Vlad lächelte ein wenig.
„Versteh mich nicht falsch: Ich bewundere Lenore für ihren Entschluss und die Verbissenheit“, Vlad lächelte noch ein wenig breiter, „mit der sie ihn durchhält, aber sie ist etwas Besonderes. Und sobald auch nur ein Vampir sich nicht beherrschen könnte – sobald einer deiner Jägerfreunde feststellen würde, dass ‚Opfer’ zu beklagen seien … es würde sie nicht kümmern, ob die Vampire, die sie töten, unschuldig waren – so wie es Gordon nicht gekümmert hat.“
Sam war sprachlos über diese Schlussfolgerung, und es brachte ihn in Wut, dass er Vlad nicht widersprechen konnte.
Jäger waren stur und verbissen und zu allem entschlossen, weil es sie am Leben erhielt, sie würden nicht eine Sekunde lang glauben, dass es Vampire gab, die anders waren.
„Ärgere dich nicht, Sammy“, schlug Vlad mit einem seltsamen Leuchten in den Augen vor.
„Du bist hier sicher – keiner meiner Leute wird so dumm sein zu versuchen, dein Blut zu trinken – und Luca wird sich hüten, dich im Kampf umzubringen. Es bereitet ihm viel zu viel Vergnügen, auf dich einzuschlagen.“
„Warum?“, fragte Sam erschöpft. „Warum wollen sie mein Blut nicht?“
‚Was stimmt nicht mit mir?’, war die Frage, die in Sams Stimme mitschwang, und Vlad schien einen Augenblick lang zu zögern, bevor er vor Sam in die Hocke ging und ihm gerade in die Augen sah.
„Wir sind keine Tiere, Sammy, aber wir sind Raubtiere genug, um spüren zu können, ob der Mensch, den wir beißen wollen, lieber nicht gebissen werden sollte. Wir beißen Alte und Kranke, solange mit ihrem Blut alles in Ordnung ist, aber wir halten uns von Junkies fern, um nicht selbst zu welchen zu werden, und wenn ein Mensch nach Dämon stinkt“, Vlad ließ seinen Blick über Sams schreckgeweitete Züge gleiten, „dann sind wir so vernünftig, seinen Hals in Ruhe zu lassen.“
Dean wurde vom Klingeln seines Mobiltelefons geweckt, und einen Moment lang war er so desorientiert, dass er erschrocken in die Höhe fuhr und sich den Kopf am Dach des Impalas stieß.
Ihm war nicht ganz klar, wie er das bewerkstelligt hatte, immerhin hatte er es geschafft, Sex mit Sam auf der Rückbank zu haben, ohne dass einer von ihnen sich das Geringste dabei getan hätte, aber seit Sam weg war, verhielt sich das Universum ihm gegenüber scheinbar noch ein wenig schadenfroher als ohnehin schon.
Anders war nicht zu erklären, dass er sich ausgerechnet beim Aufwachen im Impala desorientiert fühlte.
Dean grummelte ungehalten vor sich hin, machte sich klar, dass er sich viel zu sehr daran gewöhnt hatte, in Seans Zimmer aufzuwachen, und zog sein Handy aus seiner Hosentasche.
Ein Blick auf das Display enthüllte, dass es nicht Sam war, der anrief, und die angezeigte Nummer kam Dean gerade bekannt genug vor, um ihn davon abzuhalten, das Gespräch schon von vornherein abzuwürgen.
„Jah?“, brummte er in das dafür vorgesehene Ende des Telefons, und rieb sich mit der freien Hand über seine noch immer schmerzende Stirn.
Wenn er Glück hatte, würde sich das noch zu richtig herrlichen Kopfschmerzen auswachsen.
Dean brauchte ein Weilchen, bevor er die Stimme am anderen Ende der Leitung als Mikes identifizieren konnte, und Mikes aufgeregtes Gehaspel trug nicht unbedingt dazu bei, dass Dean ausmachen konnte, was von ihm gewollt wurde.
„Wo bist du?“, konnte er schließlich aus dem Wortstrom, der bis dahin relativ ungefiltert an seine gereizten Ohren gedrungen war, aussondern, und gab eine wahrheitsgetreue, wenn auch etwas vage Antwort ab: „Colorado.“
„Colorado ist groß“, gab Mike ungeduldig zurück. „Wo in Colorado?“
Dean konnte jetzt ja schlecht zugeben, dass er sich verfahren hatte, warf also einen flüchtigen Blick auf seine Umgebung, die im fahlen Licht der Morgensonne nicht unbedingt freundlicher wirkte als am vergangenen Abend, und nickte dem vorwitzigen Waschbären zu, der offenbar auf der Motorhaube übernachtet hatte.
„Ich parke unter einem Baum“, informierte er Mike bärbeißig.
„Es ist ein großer Baum. Sam könnte dir sogar sagen, was genau für ein Baum das ist, wenn er hier wäre, aber er ist nicht hier, und jetzt hör endlich damit auf, mir schon am frühen Morgen auf die Eier zu gehen und sag mir, was du verdammt noch mal von mir willst!“
„Dean“, erwiderte Mike ungeduldig, „du hast mir anscheinend nicht zugehört! Tommy ist weg!“
Dean blinzelte mehrfach und setzte sich auf, und die plötzliche Leere in seinem Hirn konkurrierte mit dem Heulen des Windes außerhalb des Wagens.
„Tommy ist weg?!“, wiederholte er entsetzt, und forderte damit einen leisen Fluch Mikes heraus.
„Du hast mir ja wirklich nicht zugehört! … Na gut, dann eben noch mal: Ich bin im Krankenhaus. Ich bin vor vier Tagen in einem leeren Motelzimmer aufgewacht, von Tom keine Spur, und weil ich mir nicht erklären konnte, wie ich die Entführung dieses Riesenbabys verschlafen konnte – sowas Großes trägt man ja nicht mal eben mit einer Hand weg – hab ich mich auf Drogen untersuchen lassen … und was soll ich sagen, ich war anscheinend verdammt high in der betreffenden Nacht - und nicht nur das, ich stand außerdem kurz vor einem Blinddarmdurchbruch … Jedenfalls wollten die mich partout nicht gehen lassen, bevor diesem gefährlichen Zustand abgeholfen war … und jetzt ist Tom seit vier Tagen verschwunden, und ich kriege langsam aber sicher ein Magengeschwür.“
Mikes Stimme war die leidlich unterdrückte Wut anzuhören, und Dean kniff die Augen zu und versuchte, das Gesagte zu verarbeiten, aber Mike ließ ihm nicht wirklich Zeit dafür.
„Ich nehme stark an, dass dieselben Arschlöcher, die Sam mitgenommen haben, für diese Unverschämtheit verantwortlich sind, und jetzt sag mir endlich wo du bist, damit wir uns treffen können!“
Dean atmete tief durch, informierte Mike darüber, dass er sich irgendwo bei Hugo befand, und nachdem Mike enthüllt hatte, dass er sich in im Süden Wyomings aufhielt, beschlossen sie, dass sie sich in der Nähe von Denver treffen würden und legten auf.
Dean stieg aus dem Auto, verscheuchte den Waschbären von der Motorhaube, der sich erbost keckernd ins Gebüsch zurückzog, und nahm dann auf dem Fahrersitz des Impalas Platz.
Kurz zögerte er, dann wurde der Motor gestartet, das Radio angeschaltet, das neueste Album von AC/DC – ein Geschenk von Sean – ins Kassettenfach geschoben, und der Wagen unter Aufwirbeln von allerlei Dreck in Bewegung gesetzt.
Die Stille in Sams Zelle wurde nur vom leisen Rieseln des allgegenwärtigen Sandes unterbrochen, und diesmal wäre Sam liebend gern an der verdörrten Wüstenluft erstickt, die ihm so wunderbar beständig die Kehle austrocknete.
„Ich stinke nach Dämon?“, fragte er den Vampir mit tonloser Stimme, und Vlad sah ihm offen ins Gesicht. „Ja, das tust du.“
Sam schluckte mühevoll, musste Vlads stechendem Blick ausweichen, und er wusste nicht, ob es der Schock war, aber ihm war plötzlich so schlecht, dass ihm davon schwindlig wurde.
„W-was heißt das?“, verlangte er fassungslos zu erfahren, und Vlads Blick wurde misstrauisch.
„Aber das weißt du doch, Sammy. Du weißt, dass du Dämonenblut in dir hast.“
Sam hob die Hände und presste sie an seine Schläfen, als könne nur das seinen Verstand davon abhalten, seinen Schädel zu verlassen und die Flucht zu ergreifen, und Vlad musterte ihn interessiert.
„Hast du tatsächlich gedacht, das sei ein Geheimnis? Nun, ich weiß nicht, ob jede der zahlreichen Kreaturen, denen du in deinem Leben über den Weg gelaufen bist, es bemerkt hat, aber ich kann dir versichern, dass zumindest jeder Vampir es riechen kann. Was glaubst du, warum Lenore sich so energisch geweigert hat, dein Blut zu trinken, selbst als sie halb verrückt vor Schmerzen war? Dein Blut bekommt uns nicht, Sammy, bekommt uns noch weniger als das Blut eines toten Mannes.“
Sam spürte Tränen in sich aufsteigen, zum ersten Mal, seit man ihn verschleppt hatte, und er wusste nicht, ob es an dem lag, was Vlad gesagt hatte, oder an dem, was er ungesagt ließ.
„Warum erschreckt dich das so?“
Vlad klang schon beinahe verwirrt.
„Ich dachte, du habest dich damit abgefunden, was du bist, Sammy. Macht es einen Unterschied, wenn das, was du jagst, über dich Bescheid weiß?“
Sam brachte es nicht über sich, zu antworten, kniff die Augen so fest zu, dass Funken hinter seinen geschlossenen Lidern zu tanzen begannen, und sein Körper spannte sich so sehr an, dass er beinahe Krämpfe bekam.
„Wie unerwartet“, murmelte Vlad mit einem Hauch von Zufriedenheit in der dunklen Stimme, erhob sich aus seiner Hocke, blieb einen Moment lang regungslos stehen, und setzte sich dann neben Sam auf seine Pritsche.
Ein leises Zögern lag in seinen Bewegungen, als er den Arm um Sam legte, ganz locker, und ihm über den Rücken strich, und weder er noch Sam hatten mit der Heftigkeit gerechnet, mit der Sam darauf reagierte.
Ein Zittern durchlief Sams Körper, die ungewohnte, sanfte Berührung nach Wochen des Alleinseins und der Einsamkeit viel zu viel für ihn, und er fuhr zu Vlad herum, schlug die tröstende Hand weg – und als er erst einmal damit begonnen hatte, konnte er nicht mehr damit aufhören, auf den Vampir einzuschlagen.
„Sei still! Sei still!“, stieß er immer wieder hervor, aber seine Kehle war zu trocken, war wie zugeschnürt, und so klang es mehr nach hilflosem Flehen denn nach einem Befehl, und seine müden Fäuste waren gegen Vlads mächtigen Körper so nutzlos wie Federstriche gegen einen Betonblock.
Es bereitete Vlad keinerlei Mühe, Sams Handgelenke zu packen und festzuhalten, und sein ruhig vorgebrachtes „Du bist genau so sehr ein Monster wie ich es bin, Sammy“ vollbrachte, was Wochen des Eingesperrtseins und des erzwungenen Kämpfens nicht geschafft hatten.
Sam begann zu weinen.
Alle seine Abwehrmechanismen versagten, alle Mauern, die er sich errichtet hatte, brachen zusammen, und zurück blieben nur der Schmerz und die Angst und die Sehnsucht nach Dean.
Sam weinte so heftig, dass es ihn schüttelte, und nachdem er erstmal damit begonnen hatte, war es, als sei ein Damm gebrochen.
Die Tränen liefen ohne Unterlass über seine Wangen, seine Augen begannen zu brennen, und das leise Pochen in seinem Schädel wuchs sich zu Kopfschmerzen aus, die mit denen zu vergleichen waren, wenn er eine Vision gehabt hatte.
Er zitterte am ganzen Körper, und es kümmerte ihn nicht, dass es Vlad war, der ihn festhielt, Sam klammerte sich so verzweifelt an ihm fest, dass er Abdrücke hinterlassen hätte, wäre Vlad menschlich gewesen.
Sam wusste, dass es falsch war, dass alles in ihm sich dagegen sträuben sollte, ausgerechnet einem Vampir zu gestatten, ihn zu halten, aber selbst wenn das Herz in dem Körper, der ihn hielt, nicht mehr aus eigenem Antrieb schlug, so war er dennoch warm.
Sam vergrub seine zitternden Finger in den schwarzen Falten von Vlads Mantel, presste sein Gesicht an die einladend solide Brust des Vampirs und versuchte, seine Tränen unter Kontrolle zu bekommen.
Vlad sagte kein Wort, unternahm keinen Versuch, ihn zu trösten, und Sam war ihm im Stillen dankbar dafür.
Selbst das kleinste Wort hätte die Illusion zerstört, dass es Dean war, der ihn in den Armen hielt – dass es Deans Körper war, der ihm Sicherheit bot.