Filth von abgemeldet ([Fortsetzung zu "Wie früher..."]) ================================================================================ Kapitel 17: ------------ Es ist später Abend, einige Tage sind vergangen, die Sonne ist lange untergegangen und die Bürgersteige hochgeklappt. Obwohl mir nach einem ausführlichen Shopping-Nachmittag mit Shinya und Kaoru – letzterer wurde eher unfreiwillig mitgeschleppt – die Füße wehtun und ich nichts mehr will, als mich auf meine gemütliche Couch zu legen und fernzusehen, renne ich wie bekloppt durch die Innenstadt. Wer ist auf die Idee gekommen, die Ubahnen in einer Weltmetropole wie Tokyo nur so kurz am Abend fahren zu lassen? Heute, im Nachhinein gesehen, ist es jedoch eine sehr gute Idee... Vor einigen Tagen hätte ich noch nie gedacht, dass wir alle wieder so gut miteinander klar kommen würden. Zwar verlaufen sich unsere Gespräche häufig immernoch im Sand und führen dann zu unangenehmem Schweigen, aber es ist nichtmehr ganz so schlimm wie anfangs. Kaoru schaut mir sogar wieder in die Augen und als Shinya vor wenigen Stunden noch mit dem grandiosen Vorschlag kam, noch einmal in diesen und jenen Laden zu gehen, verbündeten wir uns sogar gemeinsam gegen ihn. Ich muss zugeben, dass das irgendwie ein ziemlich gutes Gefühl war. Und so stolpere ich hier nun durch die Straßen, betend, dass irgendwer mich einfach nach Hause in mein gemütliches Wohnzimmer beamt, und achte kaum auf den Weg. Als ich an einer kleinen Seitengasse vorbeikomme lässt mich nur das Geräusch von jemandem, der sich scheinbar übergibt, aufblicken. Erst will ich weitergehen, entscheide mich aber dann dagegen, als ich diese Person, die sich da irgendwo die Seele aus dem Leib kotzt, zu erkennen meine. Diese Körperhaltung, die Art, wie er sich bewegt... überrascht stelle ich fest, dass du es bist. „Kyo...?“, frage ich leise, unsicher, weiß nicht, ob es dir nicht unangenehm ist, dass ich dich so sehe. Sobald ich näher an dich herantrete, kann ich die Alkoholfahne deutlich riechen, die von dir kommt und kann nicht umhin leicht angewiedert das Gesicht zu verziehen. Wieso hast du dich so betrunken, wo du doch sonst kaum etwas trinkst? Du drehst dich um, dein Gesicht unglaublich blass, die Wangen eingefallen und mit dunklen Schatten unter den Augen. Ein schwaches Lächeln zwingst du dir auf die Lippen, versuchst dich ein wenig aufzurichten und wischst dir mit der Hand über den Mund. Es ist ein schockierender Anblick; du, der starke, unnachgibige Kyo, in so einer Verfassung. Man möchte glatt Mitleid mit dir bekommen, obwohl du ja eigentlich selbst Schuld an dieser misslichen Lage bist. Also nehme ich dich mit zu mir, ohne auf irgendwelche Gegenwehr zu stoßen. Nein, ganz im Gegenteil lehnst du dich vielmehr noch an mich, krallst deine Finger in mein Shirt und auch in meine Haut. Es tut weh, aber ich sage nichts. Du hast alles Recht mir wehzutun und ich bin der letzte der dich daran hindern wird. Und so schleppen wir uns langsam aber sicher voran, erreichen schließlich meine Wohnung, wo du dich gleich ein weiteres Mal übergibst. Du zitterst am ganzen Leib und eiskalter Schweiß steht dir auf der Stirn. Alles was mir bleibt ist, dir beruhigend über den Rücken zu streicheln und dir zu zeigen, dass ich da bin. Aber willst du das überhaupt? In letzter Zeit rechne ich jeden Tag damit, von dir ein Zeichen der Ablehnung vermittelt zu bekommen, dass du irgendetwas sagst oder tust, das mir zeigt, dass du mich nicht mehr in deiner Nähe willst. Doch jeder Augenblick, in dem dies nicht geschiet, lässt einerseits meine Hoffnung größer werden, und andererseits eine innere Anspannung wachsen, für die ich noch keinen Namen gefunden habe. Wahrscheinlich will ich auch keinen finden, um mich so wenig wie nötig damit auseinander zu setzen. Ein verunglücktes Grinsen ziert deine Lippen, als du dich wieder halbwegs erholt hast und wir nebeneinander, den Rücken gegen die kalten Fliesen der Badewanne gelehnt, dasitzen. „Ziemlich erbärmlich, was?“ Du lachst heiser. Ich weiß ganz genau wie sich das anfühlt, der Hals brennt wie die Hölle, man möchte am liebsten alles Gefühl dort einfach ausschalten. Ohne dich anzusehen, schüttle ich den Kopf. „Mach dir keine Gedanken.“ Wieder ein leises Lachen; du vergräbst das Gesicht in den Händen und lässt den Kopf auf meine Schulter fallen. Nur zu gerne genieße ich diese Nähe; egal wie unangenehm du gerade vielleicht riechst, es ist mir alles egal solange ich dich bei mir haben kann, sei es auch nur für ein paar Minuten. „Nimmst du mich mal in den Arm?“, kommt die leise, schüchterne Frage von dir. Erst glaube ich mich verhört zu haben, aber als ich einen Blick wage, sehe ich wie du mich erwartend von unten herauf anschaust. Ich fühle mich hin und her gerissen. Natürlich weiß ich, wie gefährlich das alles ist, wie schnell sich alles wieder wenden kann und wir genau dort enden, wo wir schon einmal waren. Ich weiß, dass ich dich abweisen sollte, deine Bitte auf deinen betrunkenen Zustand schieben und diesen Abend einfach vergessen sollte. Doch ich kann es nicht. Nicht in hundert Jahren könnte ich nur eine Bitte von dir ablehnen... Also lege ich vorsichtig, richtiggehend schüchtern einen Arm um mich. Du richtest dich auf, rutschst zwischen meine Beine und kuschelst dich an mich, vergräbst dein Gesicht in meiner Halsbeuge, legst die Arme um meinen Bauch. Es ist so ein wunderschönes Gefühl, dich wieder bei mir zu wissen, dich zu spüren. Deine Haare riechen immernoch so gut, du benutzt wohl noch dasselbe Shampoo wie damals... und es fühlt sich genauso seidig an, als ich mich endlich traue ganz leicht darüber zu streichen. Deine einzige Reaktion darauf ist ein leises, genießerisches Grummeln, das mich unweigerlich lächeln lässt. Wie sehr habe ich das vermisst?! Nach einigen Minuten löst du dich ein wenig, bleibst aber in der knienden Position vor mir. Du legst den Kopf schief und siehst mich aus diesen wunderschönen, unergründlichen Augen an, leckst dir über die Lippen. Dein Blick wandert immer wieder zu den meinen, überlegend, als würdes du darüber nachdenken, ob du mich küssen solltest oder nicht. Immer näher kommst du mir; ich wage es nicht mich auch nur einen Zentimeter zu rühren, halte unbewusst die Luft an. Die ganze Zeit über schreit diese Stimme in meinem Kopf, dass ich es nicht tun soll, dass ich dem hier sofort ein Ende setzen muss. Ich kann nicht auf sie hören. Ich kann es einfach nicht... Zu sehr sehnt sich alles in mir danach, dich noch einmal zu schmecken, obwohl ich genau weiß, dass es nicht bei diesem einen Mal bleiben kann. Du überwindest die letzte Entfernung zwischen uns. Es ist ein vollkommener Kuss, sanft, zärtlich, voller Begehren und Sehnsucht von beiden Seiten. Ein Kuss für die Ewigkeit, der am besten niemals mehr enden sollte. Zurückhaltend bewegst du deine Lippen gegen meine, bis ich irgendwann wieder ein wenig aus meiner Ohnmacht erwache und die Führung wieder übernehme. Dies scheint für dich das Zeichen zu sein, dass du dich fallen lassen kannst; unter meinen Händen, die nach wie vor auf deinem Rücken liegen, kann ich spüren, wie deine Anspannung ein wenig nachlässt. Noch wage ich es nicht, irgendetwas zu tun, außer diesen Kuss zu erwidern und dich ein bisschen dabei zu führen. Schließlich könntest du jeden Moment wieder zu Vernunft kommen und merken, wen du hier eigentlich gerade so küsst. Denn langsam wird der Kuss alles andere als unschuldig oder oberflächlich... Es liegt mehr dahinter und ich weiß nicht, wie lange ich dem noch wiederstehen kann... oder will. Es ist wie ein Traum aus dem ich nicht wieder aufwachen will und diesmal kommt kein Kaoru dazwischen, niemand, der uns stören könnte. Es sind nur du und ich, genauso wie es sein sollte und immer schon hätte sein sollen. Als wir uns irgendwann wieder voneinander trennen, glitzern Tränen auf deinen Wangen und ich weiß nicht wieso. Unsicher wische ich sie mit der Hand fort und sofort lehnst du dich in die Berührung, als würdest du dich unendlich danach verzehren, nach der kleinsten Liebkosung, der winzigstens Aufmerksamkeit. „Was bedeutet das?“, bringe ich mühsam hervor, habe schon Angst vor der Antwort. Du schließt die Augen, lehnst deine Stirn gegen meine, schüttelst leicht ahnungslos den Kopf. „Wenn ich das wüsste...“ Seufzend siehst du auf. „Darf ich bei dir schlafen?“ „Bei mir?“, gebe ich überrascht zurück. Du nickst entschlossen, eine weitere Träne findet ihren Weg über deine Wange. „Ich kann heute Nacht einfach nicht allein sein...“ Und so enden wir wenige Minuten später in meinem Bett, du kuschelst dich eng an mich. Deine nackte Haut auf meiner fühlt sich so vertraut an, dass auch ich fast weinen möchte. Weinen um das, was wir verloren haben. Aber was haben wir eigentlich verloren? Nur eine Illusion, ein Traum. Könnten wir den nicht wieder aufbauen? Mir scheint, die Antwort auf diese Frage, ist ein klares Ja, als du anfängst über meine Brust zu streicheln und federleichte Küsse auf meinem Hals zu verteilen... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)