Filth von abgemeldet ([Fortsetzung zu "Wie früher..."]) ================================================================================ Kapitel 14: ------------ Bin ich gut oder bin ich gut? Nein, ich wusste es. Wusste von Anfang an, dass das ganze so endet: Kaoru und Toshiya saufen sich gegenseitig unter den Tisch, Shinya macht ihnen beinahe schon Konkurrenz, ist aber immernoch trinkfester als man von ihm erwarten würde und du hast dich die letzten Stunden erfolgreich gegen die Versuche der anderen gewehrt, dich ebenso zum Trinken zu überreden, doch scheinbar geht dir das mittlerweile so auf die Nerven, dass du nun doch nachgibst. In dem Sinne ist Shinyas Plan also aufgegangen: in betrunkenem Zustand können wir alle immernoch die besten Freunde sein. Oder zumindest scheint es so. Obwohl ich mich eigentlich mehr darum bemühen sollte, gehen die Gespräche der anderen irgendwie völlig an mir vorbei. Natürlich kann das daran liegen, dass ihre Gesprächsthemen für jemanden der nüchtern ist, recht idiotisch klingen. Vielleicht sollte ich doch was trinken... wenigstens ein Bier... aber am Ende verliere ich vielleicht noch die Kontrolle über mich und das wäre mit Sicherheit nicht das beste. Irgendwann verschwinden Shinya und Toto auf der Tanzfläche – ein Wunder, dass sie sich dafür überhaupt noch genügend auf den Beinen halten können – und Kaoru verzieht sich auf die Toilette. Perfektes Timing, wie immer natürlich. Denn kaum sind sie alle außer Sichtweite, lässt du deinen Kopf leise seufzend zur Seite auf meine Schulter sinken. Ist dir eigentlich klar, was du da tust? Oder bist du schon so betrunken, dass dir das bereits nicht mehr auffällt? Es wäre so einfach und verlockend dir jetzt den Arm um die Schulter zu legen und deine Nähe zu genießen. Aber wenn ich das tue, habe ich schon eine Grenze überschritten, die ich mir selbst gegeben habe und wo ist dann das Ende? Als nächstes würde ich dich vielleicht küssen und vielleicht würdest du sogar erwidern, weil du so neben dir bist im Moment und das Unheil nähme seinen Lauf. Doch hast du nicht selbst gesagt, dass du mich vermisst hast? Kann es nicht sein, dass du das hier mit Absicht und in vollem Bewusstsein tust und eigentlich zielst du darauf ab, dass ich mich nicht zusammenreiße und es einfach tue. Ein Blick in dein schönes Gesicht raubt mir wieder einmal den Atem. Deine Augen sind entspannt geschlossen, so unschuldig, als würdest du schlafen und deine Lippen sind leicht geöffnet, als würden sie nur so danach schreien von mir geküsst zu werden. Ich weiß, ich bin schwach und werde dir letztlich wieder nur wehtun und dann die Band wohl ein für alle mal zerstören, aber alles in mir verzehrt sich so sehr nach dir, wie noch nie zuvor. Meine Haut scheint zu brennen, dort wo dein Gesicht sie berührt und jedes Mal wenn du dich bei einem Atemzug ein wenig bewegst, kommt es mir vor, als wäre es eine weitere Aufforderung. Die Welt um uns herum wird bedeutungslos, wie damals auch, wieder zählen nur wir beide und unsere Gefühle... Halt... Das muss endlich aufhören! Dann ziehst du die Beine an den Körper, schlingst die Arme um die Knie und kuschelst dich etwas an mich. Du willst doch wohl hier nicht einschlafen, oder? Verdammt, als wäre das alles nicht schon schlimm genug gewesen, musst du mich noch mehr in Versuchung bringen? Allein diese unglaubliche Hitze, die du ausstrahlst... ich möchte dich fest in die Arme schließen, wie ich es die ganzen letzten Monate immer wieder geträumt habe, obwohl ich weiß, dass ich es nicht darf. Aber ganz ehrlich, wer verbietet es mir? Und wer kann es mir in so einer Situation verdenken? „Hm... Dai-chan...“ Du drehst dich noch ein Stück weiter zu mir um, ziehst die Nase kraus. Auch wenn du mir vielleicht den Hals umdrehen würdest, wenn du das wüsstest, aber ich kann mir den Gedanken, wie süß du gerade aussiehst, einfach nicht verkneifen. Ohne, dass ich noch weiter darüber nachdenken könnte, beobachte ich, wie sich meine Hand hebt um sich auf deine Wange zu legen. Das Gefühl ist immernoch das gleiche... wunderschön, als wäre deine Haut nur dazu gemacht, gestreichelt und liebkost zu werden. Gerade als ich den nächsten großen Fehler dieses Abends begehen will, kommt Kaoru zurück. Er ist wohl schon so zu, dass er garnicht so ganz realisiert, was ich gerade im Begriff war zu tun, aber er rempelt so lautstark gegen den Tisch, dass du wieder ganz wach wirst. Genervt grummelnd reibst du dir über die Augen und setzt dich auf. Der Zauber ist wieder vorbei und meine Vernunft kehrt schlagartig zurück. Was habe ich mir überhaupt gedacht? Diese ganze Idee heute Abend weg zugehen, war völlig verrückt! Ich hätte wissen müssen, worin das wieder endet. Es war vorherzusehen, nicht wahr? In dem Moment fängt Kaoru plötzlich an zu kichern. Er hat die Arme auf dem Tisch gekreutzt und das Kinn darauf abgestützt. „Kyo-schan, du biss so~ süß!“ Natürlich, wenn der werte Leader-sama mal ein Schlückchen zu viel getrunken hat, ist der Weltfriede in Gefahr. Und das ist kein Witz! „Halt die Klappe...“, kommt einige Zeit später erst deine recht halbherzige Reaktion und ein Bierdeckel fliegt quer über den Tisch und Kaoru direkt gegen die Stirn, den das jedoch nicht weiter zu stören scheint, denn er grinst nur weiter völlig belämmert durch die Weltgeschichte. „Aber wennsoch [wenn es doch] wahr iss?“ Kaoru wirft den Bierdeckel unbeeindruckt zurück, doch du wehrst ihn mit der Hand ab. Manche Dinge ändern sich wohl nie... „Was hättest du getan, wenn Kaoru nicht in diesem Moment zurückgekommen wäre?“, hakt Akira nach, als ich mit meiner Schilderung der Ereignisse der vergangenen Tage ende. Es ist an der Zeit das Chaos, das sich stolz mein Leben nennt, wieder ein wenig zu ordnen. Obwohl es ein seltsames Gefühl ist hierher zurückzukehren, ist es zum Glück nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte; im Gegenteil, denn wieder hier in diesem Raum zu sitzen lässt mich irgendwie auch ein wenig zur Ruhe kommen. Darüberhinaus ist es schön, Akira wiederzusehen. Er ist erst seit einem halben Jahr mein Therapeut, aber in dieser Zeit sind wir schon fast soetwas wie Freunde geworden. Was ich ihm erzähle, erzähle ich ihm nicht, weil ich es muss um aus der Klinik rauszukommen, sondern weil ich gelernt habe ihm zu vertrauen. Nach der Uni hat er direkt hier angefangen, dem entsprechend jung ist er auch noch. Ihm ist es wohl auch zu verdanken, dass ich überhaupt wieder ein relativer Freiheit leben kann. Die übrigen Ärzte haben sicherlich alles dafür getan um mich lebenslänglich dort festzuhalten – was ihnen wohl eigentlich auch niemand verdenken kann. Ich schüttle den Kopf und versuche mich wieder auf das Gespräch zu konzentrieren. „Wahrscheinlich... hätte ich ihn geküsst.“, gebe ich ehrlich zu und kaue schuldbewusst auf meiner Unterlippe herum. Immernoch sehe ich jedesmal, wenn ich die Augen schließe, dein Gesicht und wie du in diesem Augenblick aussahst und wie es sich anfühlte dich nach so langer Zeit wieder bei mir zu spüren. „Der ganze Abend war doch eine blöde Idee, ich wusste von Anfang an, dass das wieder in sowas endet.“ „Das konntest du garnicht wissen.“, stellt er sofort klar. „Außerdem ist noch nichts passiert. Du kannst nicht vor Kyo weglaufen, besser du gewöhnst dich an seine Nähe, ohne etwas hinein zu interpretieren, was dir am Ende nur Probleme bereitet.“ Auf seine typische Art schiebt Akira seine Brille ein Stück rauf und sieht mich über seine Hand hinweg ernst an. Seine dunklen Augen strahlen immer eine angenehme Ruhe und Freundlichkeit aus, egal wie gestresst oder angespannt er scheint. „Die Probleme hab ich doch schon längst.“, erkläre ich resignierend. Und was für Probleme ich habe, kaum zu glauben. „Er hat gesagt, er hätte mich vermisst.“, füge ich dann noch kleinlaut hinzu, doch der Gedanke daran bringt mich unweigerlich wieder zum Lächeln. Das musst du doch aus irgendeinem Grund gesagt haben, oder? War es eine Andeutung? Eine Aufforderung vielleicht sogar? Und war das gestern Abend vielleicht nichtmal Zufall, dass du dich so an mich gelehnt hast? „Die, denk nichtmal darüber nach!“, warnt Akira, plötzlich sehr alamiert. Klar, ist ihm nicht zu verübeln, dass er dieses Theater sich nicht nochmal anhören will, falls es wieder zu irgendeiner Art Beziehung mit dir kommen sollte... Moment, denke ich hier wirklich gerade über eine Beziehung nach? Ich sollte wohl froh darüber sein, dass du mich überhaupt noch in deiner Nähe duldest. Aber was soll ich schon denken, so wie du dich verhältst? „Wieso denn nicht?“, gebe ich leicht genervt zurück. „Schließlich ist Zero jetzt kein Störfaktor mehr und wenn Kyo schon sagt, dass er mich vermisst hat, was soll ich denn da anderes tun, als drüber nachzudenken?“ „Das wird die über kurz oder lang nur ins Verderben führen, Die!“, beschließt Akira überzeugt, doch ich kann und will das nicht glauben. „Vergiss ihn. Er liebt dich nicht und das wird sich bestimmt nicht ändern.“ Aber vielleicht hat es sich schon geändert? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)