Fesseln der Liebe (?) von Animegirl_07 ================================================================================ Kapitel 23: Kapitel 23 ---------------------- Umzingelt und in die Enge getrieben. Taiyo-Yoru wusste wirklich, wie man andere in eine Falle lockte. Sie hatten nichts bemerkt, erst als sie ihm gegenüber standen. Seine roten Augen glühten amüsiert und ein hinterhältiges, zufriedenes Grinsen lag auf seinen schmalen Lippen. Er betrachtete die drei, wie Fische in einem Fischernetz. Sein Fang war gut, zu gut. Aber jemand fehlte. “Schön euch wieder zu sehen, meine Lieben”, lachte er. Er war nicht alleine. Seine Schlangen und seine Diener hatten die Eindringlinge umzingelt. Es war hoffnungslos für sie. Der Tod oder eine Gefangenschaft wartete auf sie. Je nachdem, auf was er Lust hatte. “Wo ist meine süße Aya?”, fragte er nach und blickte einen kurzen Augenblick um sich. Seine roten Augen schienen alles zu sehen, außer die Person, die er zu finden versuchte. “Sie ist nicht bei euch. Auch nicht Kurai. Habt ihr sie verloren?” Er lachte erneut, sein Blick drückte aber Hass aus. Es ärgerte ihn, dass er Aya nicht einfacher fand. Jetzt musste er sie doch noch suchen. Dabei hatte er endlich diese Gruppe gefunden. Entweder sie hatten Aya aus Sicherheitsgründen zurück gelassen, oder sie hatte einen anderen Weg mit Kurai eingeschlagen. Lucio funkelte den Feind böse an, während Jackin sich schützend vor Ria stellte und von einer Wache zur anderen sah. Ein Mensch und doch war er wachsam und schnell. Der rothaarige Zoma trat auf Taiyo-Yoru zu und schimpfte ihn laut. “Was hast du vor? Wieso hast du Shinri gefangen genommen? Was bringt dir das?! Dadurch wirst du auch kein Adler werden, du miese Schlange.” Yoru sah Lucio giftig an. Es lag eine bedrohliche Anspannung in der Luft. “Was weißt du”, zischte der Feind und konzentrierte sich auf Lucio. Die anderen beiden waren keine Gefahr für ihn. Lucio dagegen konnte wirklich kämpfen. Lucio breitete die Arme aus. “Komm, greif mich an. Lass dich gehen, du Feigling.” Die dunkelgrünen Augen des Zomas visierten den Jungen an. Eigentlich war Lucio ein Gentleman und zeigte sich höflich gegenüber jedem, außer gegenüber seinen Feinden. Er hasste Taiyo-Yoru. Zu gerne würde er ihn hier und jetzt vernichten, damit er Shinri nie wieder in Gefahr brachte, genauso wie das Schicksal der anderen Zomas. Taiyo-Yoru war eine Bedrohung für jeden anderen Zoma, genauso wie das jetzige Oberhaupt. Sie mussten vernichtet werden! “Wer ist hier der Feigling?”, wollte Yoru wissen und stand weiterhin still an der selben Stelle. “Warst es nicht du, der seine Geliebte nicht retten konnte, weil er sich nicht getraut hatte, sich gegen das Oberhaupt zu stellen?” Lucio sprang wütend los. Ria versuchte ihn noch aufzuhalten, bekam seinen Arm zu fassen, aber dann war es bereits zu spät. Sein Cousin machte sich von ihr los und stürmte wie ein Gewitter auf den Feind zu. In seinen Augen leuchtete der Hass, der sich seit Jahren in ihn angesammelt hatte. Er schleuderte seine Faust zielsicher in Yorus Gesicht. Dieser ächzte leise unter der Wucht, blieb aber stehen. Einen kurzen Augenblick später stand er an einem anderen Ort. Auf einem großen Ast eines Baumes sitzend, rieb er sich das schmerzende Gesicht. Ein Grinsen lag auf seinen aufgesprungenen Lippen und er leckte sich genüsslich das Blut ab. “Macht sie fertig”, zischte er zufrieden. Die Wachen, die alleine auf dieses Kommando gewartet hatten, sprangen los. Ihre Gesichter waren unter Kapuzen versteckt. Sie waren groß und mit größter Wahrscheinlichkeit die Anhänger des Oberhauptes. Taiyo-Yoru war ein begnadeter Lügner. Er schaffte es mit Leichtigkeit, andere für sich zu begeistern. Der ältere Zoma wollte eigentlich alleine gegen Yoru kämpfen. Doch jetzt hatte er keine andere Wahl, als sich den Wachen zu stellen. Die ersten Männer traten auf ihn zu. Schnell und präzise wich er ihren Angriffen aus. Er war ein guter Kämpfer und der Hass in seinem Herzen half ihn um einiges, sich gegen seine eigenen Leute zu stellen. Zomas. Das hier waren alles Zomas. Unerfüllte Männer, die ihre Auserwählten gesucht, aber nie gefunden hatten. Lucio fühlte sich mit ihnen verbunden, aber in diesem Kampf waren sie dennoch Feinde. Wütend schlug er zu und traf den Ersten. Geschickt wich er dem Angriff des anderen aus und brachte einen kleinen Abstand zwischen sie, bevor er wieder in die Offensive ging. Jackin hatte ebenfalls alle Hände voll zu tun. Er stand vier Männern gegenüber, da er sich ebenfalls denen, die Ria angreifen wollte, stellte. Ria versuchte ihrerseits Jackin dazu zu bewegen, sie kämpfen zu lassen, aber er ließ sie nicht. Es war zu gefährlich. Er war vielleicht nicht ganz so geschickt, wie Lucio, aber er hatte Erfahrung im Kampf und war schnell. Vier waren mindestens zwei zu viel, doch er ließ es sich nicht anmerken und schleuderte einem nach den anderen von sich, durch die Wucht seines Schlages. Immer wieder trafen ihn Gegenangriffe, aber er ignorierte den brennenden Schmerz einfach und machte wortlos weiter. Ria hasste es, einfach nur zuzusehen. Sie nahm sich einen Ast zu Hand, um eine Waffe zu besitzen, aber Jackin ließ keinen der Angreifer in ihre Richtung kommen. Lieber steckte er selber alles weg, als sie in Gefahr zu bringen. Eine noble Tat, die ihr eigentlich hätte imponieren sollen, aber es machte sie nur wütend. Jackin stürzte zu Boden. Einer der Angreifer war nahe genug heran gekommen, hatte mit ihm gerungen und ihn dann den Boden unter den Füßen weggezogen. Mit einem leisen Laut des Protestes landete er auf dem Laubboden. Nicht eine Sekunde verstrich, als die Feinde sich bereits über ihn hermachten. Schnell griff Ria in das Geschehen ein und schlug dem erstbesten Mann mit ihrem schweren Ast eine über den Schädel. Knurrend wanden sich die Männer an sie, denn sie war ebenfalls eine weitere Bedrohung. Als sie auf Ria zukamen, die sich trotz ihres Asts um einiges unterlegen vorkam, gaben sie Jackin genügend Zeit, um sich wieder aufzurappeln. Wütend stürmte er in deren Mitte und zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. “Versteck dich”, zischte er Ria kurz zu, bevor er den nächsten Schlag einsteckte, um kurz darauf selber einen auszuteilen. Aber Ria wollte nicht auf ihn hören. Sie wollte helfen, nicht unnützlich sein. Sie war kein Feigling. Es tat ihr weh, als sie Jackin zusah, wie er geschlagen und getreten wurde. Auch wenn er sehr stark war und sich in dem Kampf sehr gut machte, war er doch in der Unterzahl. Lucio konnte ihm nicht zur Hilfe eilen, denn er hatte ebenfalls genug am Hals. Dabei hatte ihr Cousin es nur auf einen einzigen abgesehen. Taiyo-Yoru. Dieser saß vergnügt auf seinem Ast und betrachtete das Schauspiel. Immer wieder sah er von einem zum anderen. Und er war sich auch Ria bewusst. Er ließ ihr keine Chance, ihn hinterrücks anzugreifen. In der Offensive hätte sie keine Chance. Auf einmal ruhten die furchtlosen Rubine auf ihrem Gesicht und musterten sie eindringlich. Ein böses Lächeln lag auf den Lippen des Jungen, als er seinen Platz verließ. Geschickt landete er auf seinen Füßen und trat über den von Laub verdeckten Erdboden. Sein Blick ruhte alleine auf ihr, als er auf sie zuging. Er interessierte sich nicht für den Kampf. Er wusste, wie es enden würde. Lucio und Jackin hatten keine Chance. Ein armseliger Zoma und ein noch armseligerer Mensch. Einen Meter vor Ria bleib er stehen. Rechts von ihm war der Kampf des Menschen und zu seiner Linken beschritt Lucio sein Match. “Na, Ria. Lange nicht gesehen”, begann er in einem Plauderton. Sofort ging Ria eine Abwehrstellung machte sich auf alles gefasst. Taiyo-Yoru war ihr nicht geheuer. Er war ihr Feind. “Ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn es so geblieben wäre. Was willst du hier?”, fauchte sie ihn an. Ihre hellblauen Augen, dem Himmel gleich, sahen ihn voller Verachtung an. Natürlich ließ er sich nicht aus der Ruhe bringen. Tadelnd erklärte er ihr: “Ich bin doch dein Cousin, also sei doch wenigstens ein bisschen freundlicher, liebe Ria. Du brauchst keine Angst haben. Für dich werde ich nie eine Bedrohung darstellen. Ich möchte nur wissen, wo Aya ist, mehr auch nicht.” Er lächelte und seine giftigen Zähne blitzen weiß auf. Er war ein hübscher Junge, genauso wie sein großer Bruder. Doch täuschte das Äußere nicht über seinen Charakter hinweg. Er war eine miese Schlage. Man konnte ihm nie trauen. “Sag ich dir nicht”, zischte Ria wütend. “Hauptsache sie ist in Sicherheit.” Auch wenn es nicht stimmen mag. Sie war genauso wenig in Sicherheit, wie sie es gewesen waren. Vielleicht befanden sie sich in einem Kampf, oder sie hatten bereits aufgeben. Aber vielleicht, nur vielleicht, standen sie bereits an der Mauer und waren dem Ziel näher, als erwartet. “Böses Mädchen”, scherzte ihr jüngerer Cousin, doch seine Augen verrieten ihr, dass er wütend war. Wieso wollte er unbedingt Aya finden? Hatte er Shinri nicht schon genug Schmerzen zugefügt? Musste er auch noch dafür Sorgen, dass Shinris Herz zersprang, bevor er seinen komplett Verstand verlor? Unerwartet griff er an und seine Hand legte sich fest um ihr Handgelenk. Er drückte zu und sie stöhnte vor Schmerz auf. Das Blut drang nicht mehr bis zu ihrer Hand durch. Ihre Finger wurden taub und sie ließ den Ast zu Boden fallen. Aber ihre Miene blieb unerschüttert und wütend. “Lass mich los!”, fauchte sie und versuchte sich irgendwie zu befreien, aber Yoru sah sie unbeeindruckt an und drehte ihren Arm, bis zu ihrem Schmerzpunkt. Sie schrie auf. Sofort wanden Lucio und Jackin sich zu ihr um. Das war ein Fehler. Die Wachen stürzten sich auf die unachtsamen Gegner. Rias eigenes Leiden war weniger Wert, als das ihrer Begleiter. Sie schluchzte leise auf, als die Fäuste auf Jackin und Lucio niederprasselten. Der Zoma konnte sich den Schlägen entziehen und wieder zum Angriff übergehen, aber Jackin wurde rigoros zu Boden gedrückt. “Lasst ihn sofort in Ruhe”, schrie sie. Ihr Herz krampfte sich zusammen. Sie wollte zu ihm, ihm helfen, aber Taiyo-Yorus Hand ließ nicht locker. Wie eine Schraubzange krallten sich seine Finger in ihre Haut. Sie spürte den Schmerz kaum, denn der Hass und die Angst nahmen sie ganz ein. “Lass sie, bitte”, hauchte sie und versuchte sich weiterhin aus dem Griff freizukämpfen. Noch immer tat sich nichts. Ungerührt blieb Yoru neben ihr stehen und hielt sie fest. “Nur, wenn du mir sagst, wo ich Aya finden werde”, schlug Yoru vor. Seine Augen leuchteten amüsiert auf. Er ignorierte das Schauspiel vor sich. Für ihn war es uninteressant, zuzusehen, wie seine Wachen jemanden verprügelten. Aber solange er seinem Ziel damit näher kam, war es von Nöten. Schon bald hätte er Ria so weit, dass sie auspackte. Jackin lag regungslos am Boden. Er kam nicht mehr dazu, sich zu wehren, oder irgendwie zur Tat zu schreiten. Nur noch das leise, schmerzerfüllte Ächzen verkündete, dass er noch lebte. Die Wachen ergriffen ihn bei den Armen und hielten ihn fest, während sie auf Yoru zutraten. Jackins Kopf hing hinab und seine Füße wollten ihn kaum mehr tragen. Hätten die Arme der Männer ihn nicht gehalten, wäre er zu Boden geflogen. “Meister Taiyo-Yoru, was sollen wir mit ihm machen?”, fragte einer der Männer, dessen Gesicht weiterhin unter der Kapuze verborgen blieb. Yoru begutachtete den Menschen, bevor er sich an Ria wandte. “Was sollen wir mit ihm machen, meine liebe Cousine?” Er ließ ihr die Wahl. Würde sie ihm die Information geben, die er verlange, wäre Jackins Leben in Sicherheit. Sollte sie sich weiterhin weigern, könnte er für nichts garantieren. Ria schluchzte auf, als sie ihren Jackin betrachtete. Sie wollte zu ihm gehen, aber noch immer hielt sie ihr jüngerer Cousin fest. Sie musste aussagen, um Jackins Willen. Lucio konnte ihnen nicht helfen. Er war noch immer in dem Kampf gegen die Wachen verstrickt und jemand anderes war nicht in Sichtweite. Es lag ganz alleine an ihr. Aber … damit würde sie Aya in Gefahr bringen. Die einzige Rettung, die Shinri im Moment hatte. Sie schluckte schwer, als sie mit leiser, trauriger Stimme anfing, die Information Preis zu geben, die Yoru sich so sehr wünschte. “Ich weiß nicht, wo genau sie sich jetzt befinden mag. Aber … wir haben-” Auf einmal unterbrach sie sich und blickte verwirrt auf, so wie auch die andere Wachen ihre Blicke erhoben. Nur Lucio kämpfte unbeirrt weiter. Im Dickicht raschelte etwas. Rias Herz wurde schwer und rutschte ihr immer tiefer. Sie wollte nicht, dass noch weitere Wachen kamen. Waren sie denn nicht schon genug? Sie hatten bereits verloren. Was brachte es, noch mehr Feinde zu haben? Ria hatte Angst, dass Yoru die Meinung ändern würde, Lucio ebenfalls gefangen nahm und sie alle aufs Schloss brachte. Gefangen sein und Aya dann auch noch auszuliefern, war das Letzte, dass sie tun wollte. Aber hatte sie eine Wahl? Auf einmal betrat ein schwarzhaariger Mann das Kampffeld. Groß, stattlich und wütend. Die goldenen Augen betrachteten das Schauspiel und schafften sich sehr schnell einen Überblick. Ria fühlte, wie ihr ein Stein vom Herzen fiel, als sie Kurai erkannte. Sie konnte kaum ihren eigenen Augen trauen, aber er war wirklich hier, bei ihnen. Bevor sie oder die anderen es richtig registrieren konnten, rannte er bereits auf sie zu, griff sich die erste Wache und schleuderte dieser seine Faust in den Magen. Ächzend sackte der Mann mit der Kapuze zusammen. Kurai hielt sich nicht lange auf und kämpfte sich durch Jackins Wachen hindurch und rannte auf Yoru zu. Die Männer, die bereits wieder standen, ignorierte er. Sein Ziel stand direkt vor ihm. Seine Hand verwandelte ich in die Pfote eines Wolfes und er setzte zum Schlag an. Taiyo-Yoru versuchte sich, in Deckung zu bringen, ließ Ria los und trat einen Schritt zurück, als ihn Kurais Krallen bereits erreichte. Der schwere Schlag auf die Brust, nahm ihn den Atem. Die spitzen Krallen durchdrangen die Haut und hinterließen eine rote Spur, während Taiyo-Yoru zu Boden stürzte. Schnell machte der junge Zoma eine Drehung und brachte sich ganz außer Reichweite des älteren. Mit einem Satz sprang er auf einen großen Ast, die Hand auf die blutende Wunde drückend. Für einen Moment verfingen sich die roten Augen in den goldenen Kurais. Eine kurze, knappe Verbeugung. Ein hinterhältiges Grinsen und Yoru verschwand in den Tiefen des Waldes. Kurai eilte ihm nicht hinterher. Er sah sich kurz nach Ria um, die sich einen Ast zur Hand genommen hatte und auf einen der Wachen einschlug. Schon machte auch er sich dran, den Wachen eine Lektion zu erteilen. Er brachte sie ein Stück von Jackin ab, der schwer atmend auf dem Boden lag, zwang sie in die Knie und als sie für einen kurzen Augenblick kampfunfähig waren, rannte er in den Wald und holte eine Schlingpflanze hervor. Geschickt fesselte Kurai die Wachen, sodass sie bewegungsunfähig waren. Danach half Kurai Lucio, welcher bereits eine Wache ausgeschalten hatte und sich nur noch mit einem duellierte. Dass Lucio den einen umgebracht hatte, ignorierte er gekonnt. In einem Kampf wie diesem, war jedes Mittel recht. Lucio verpasste dem Letzten ebenfalls den Gnadenstoß. Er biss ihm in den Nacken und riss dabei ein großes Stück heraus, besudelte sich selbst und den Boden mit Blut seines Feines. Lucios grüne Augen funkelten tödlich. Kurai stellte sich vor Ria und versperrte ihr den Anblick. Lucio gab sich nicht oft seinen Instinkten hin, aber wenn er es tat, konnte es sehr brutal enden. Ria blieb nicht lange hinter Kurais Rücken versteckt. Sie brauchte keinen Schutz von ihm und trat hervor. Ein leises, erschrockenes Keuchen erklang, als sie Lucio erblickte. Langsam und mit gehobenen Händen, um ihrem Cousin zu zeigen, dass sie keine Bedrohung für ihn war, ging sie auf ihn zu. “Es ist vorbei, komm. Kurai ist hier. Lass uns über unsere nächsten Schritte sprechen.” Lucio hob den Kopf, als er Rias Stimme vernahm. Dann runzelte er die Stirn und der gefährliche Ausdruck auf seinem Gesicht legte sich. “Was ist mit Aya. Wo ist Aya?”, fragte er und blickte sich um. Aber nirgends war das brünette Mädchen zu finden. Auch Ria machte sich Sorgen. Sie wanden sich an Kurai. “Hast du sie etwa zurück gelassen? Wieso? Was ist, wenn sie angegriffen wird?”, fragte Ria entsetzt. Sie wollte sich nicht einmal ansatzweise ausmalen, was passieren würde. Sie hätte es verstehen können, wenn sie Shinri verloren hatten. Er war bereits so weit weg, dass die Rettung unsinnig war, aber Aya alleine zu lassen, um ihren Tod damit herbeizurufen? Kurai entgegnete ihnen im ruhigen und ernsten Ton: „Aya wollte es so. Sie ist fast am Ziel und nicht alleine. Vertraut ihr und lasst uns lieber einen anderen Weg in das Schloss finden.“ Er deutete mit einem Nicken auf die Wachen. “Ich nehme an, dass sie etwas wissen, was uns helfen könnte.” Er trat als erster auf ihre Feinde zu, die gefesselt, Rücken an Rücken, auf dem Laubbesetzten Boden saßen. Lucio folgte ihm, aber Ria kümmerte sich lieber um Jackin, der sich mittlerweile aufgesetzt hatte. “Geht es dir gut?”, fragte sie besorgt nach, als sie seine Wunden inspizierte. Aber ihr Freund nickte nur und lächelte sie zuversichtlich an. Erleichtert fiel sie ihm um den Hals. “Ich habe mir so Sorgen gemacht.” Ein Glück, dass Kurai zu ihrer Rettung gekommen war. Die Wölfe mussten ihn davon berichtet haben. Wie sollte es auch anders sein? Aber was wird jetzt aus Aya? Sie sei am Ziel, hieß es. Aber bedeutete das nicht auch, dass sie ins Schloss vorgedrungen war? Was, wenn dort Wachen auf sie warteten, oder Yoru ihr auf die Schliche kam? Sie war hilflos und Shinri konnte ihr keine Hilfe sein. Schließlich musste sie ihn erst einmal finden und befreien. Ria betete, dass Aya das Glück zur Seite stand. Denn sie würde es sehr dringen brauchen. So schnell ihre Füße sie trugen, rannte Aya auf das Schloss zu. Sie hasste Sport, seit sie aber Shinri kannte, kam sie immer wieder an ihre eigenen Grenzen. Sie erinnerte sich noch gut an das Tischtennismatch gegen ihn. Sie hatten bis zum bitteren Ende gespielt. Wahrscheinlich hätte sie sogar so weiter gemacht, bis sie umgekippt wäre. Damals war Shinri so nah gewesen. Und immer wieder hatte sie versucht, ihn von sich zu stoßen. Aber jetzt rannte sie, so weit ihr Körper sie trug, nur um ihn wieder zu sich zurück zu holen. Wie die Zeit sie verändert hatte, merkte sie erst jetzt. Sie ignorierte das Brennen in ihrem Brustkorb und auch die Schwere ihrer Beine, die drohten, einzuknicken. Unbeirrt rannte sie weiter. Außer Atem und nach Luft ringend hielt sie vor dem Holztor an. Die große Tür war alt und von Efeu überwuchert. Aya versuchte sie zu öffnen, aber das Grünzeug wollte nicht nachgeben. Eilig machte sie sich dran, das Holz zu befreien. Ihre Finger flitzten über die grüne Pflanze, rissen und zogen. Immer wieder fuhr sie über das morsche Holz und fing sich ein Holzsplitter nach dem anderen ein. Aber sie vergaß die Schmerzen und dachte nur an Shinri. Sie übersah das Blut, mit dem sie das Tor beschmierte und arbeitete gehetzt weiter. Als sich die Ranken gelöst hatten, öffnete sie die Tür erleichtert und huschte in das Innere des Schlosses. Das Tor glitt laut knarrend ins Schloss. Aya fand sich in einem langen Gang wieder. Die Fackeln an der Wand spendeten nur wenig Licht und leuchteten ihr den Weg nur einige Meter weit. Sie konnte das Ende des Ganges nicht sehen, oder welche Fallen dieser herbergte. Ihr war mulmig zumute. In der Luft hing ein fauliger Geruch. Die eigenartige, widerliche Kulisse rief in ihr ein Gefühl der Übelkeit hervor. Sie Kämpfte gegen den Wunsch, sich hier zu übergeben, an. Der Würgereiz war noch immer da, aber um einiges geringer, als sie sich die erstbeste Fackeln zur Hand nahm. Nach einem kurzen Blick auf die Tür hinter ihrem Rücken, eilte sie weiter. Ob Fallen, oder nicht, war ihr egal. Sie hatte es eilig. Je weiter sie in das Schloss vordrang, desto lauter wurde der Ruf ihres Herzens. Shinri musste ganz in der Nähe sein, verkündete ihre Seele. Dieses Gefühl trieb sie weiter an, obwohl ihre Beine nachgeben wollten und ihre Hände vor Schmerzen brannten. Sie konnte immer nur wenige Meter vorausschauen, denn der Rest lag im Dunklen. Nur ab und an erhellte eine weitere Fackel den Gang, der so kahl war, wie ein leer geräumter Keller. Kalt, dunkel und nass. Sie fühlte sich unwohl und die Vorstellung an mögliche Begegnungen bescherte ihr eine Gänsehaut. Alleine die Gedanken an Shinri waren ihre treibende Kraft. Hätte sie kein Ziel vor Augen gehabt, wäre sie bereits nach den ersten Schritten wieder umgedreht. Doch nur für Shinri lief sie und lief, solange ihre Füße sie trugen. Erleichtert atmete sie auf, als der Korridor sein Ende nahm. An der leeren Wand ihr gegenüber befand sich eine Tür aus hellem, alten Holz, genauso morsch, wie das Tor, durch das sie hierher eingedrungen war, nur ohne Efeu. Ungeachtet dessen, was sich dahinter verborgen halten könnte, eilte Aya an die Tür und legte ihre wunden Hände auf die kalte, rostige Klinke. Sie drückte mit einem leisen Knarren das Silber herab und zog, aber zu ihrer Enttäuschung gab die Tür nicht nach. Mit einem zornigen Seufzen zog Aya erneut und erneut, aber das Holz hielt stand. Es machte sie wütend und traurig zugleich, da sie annehmen musste, ihre Reise würde hier ihr Ende nehmen. Aber sie wollte dieser Vorstellung nicht erlegen und in Tränen ausbrechen. Schimpfend und fluchend lief sie von einer Wand zur nächsten, die nur wenige Meter auseinander waren, während sie überlegte, wie sie die Tür aufbringen konnte. Es blieb nur die Möglichkeit der Gewalt übrig. Da das Hindernis anscheinend verschlossen war, konnte sie nur mit Wucht hindurchrasen. Das würde schmerzhaft werden und mit einer Fackeln in der Hand war es ebenfalls ein Problem. Doch dann blieb sie vor der Wand stehen. Sie blickte das kahle Grau empor, bis sie eine Halterung fand. Schnell und entschlossen steckte sie ihre Fackel hinein. Hätte sie das Feuer zu Boden geworfen, stünde sie nun im Dunklen, aber sie hatte Glück und konnte jetzt mit freien Händen und genügend Licht vor die Tür treten. Ein paar Meter vor dem Hindernis blieb sie stehen. Sie sammelte all ihre Kraft und ihren Mut, während sie das Holz anvisierte. Nach einem kurzen, tiefen Einatmen, rannte sie los. Sie ließ ihr ganzes Gewicht gegen die Tür fallen, hob vom Boden ab und ihre Schulter traf auf das Holz. Unter diesem Aufprall barste das Hindernis. Aya brach durch das schwere Holz hindurch, riss es auseinander und fing sich große, schwere Splitter ein. Dann landete sie in etwas weiches und stürzte zu Boden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)