Fesseln der Liebe (?) von Animegirl_07 ================================================================================ Kapitel 16: Kapitel 16 ---------------------- Es war ein großes Haus und man konnte sich sehr schnell verlaufen, aber auch einiges entdecken. Aya ließ sich nicht aufhalten, ihre Suche fortzusetzen und Jackin folgte ihr, um auf sie aufzupassen. Jackin fiel auch ein, wo genau sie sich befanden. In einem großen, unbekannten Wald. Wer konnte Ahnen, was für Gestalten hier vorbeikommen könnten. Dieses Risiko wollte er nicht eingehen und folgte dem Mädchen, das leise durch den Korridor schlich und hinter der nächstliegenden Tür verschwand. Der Blonde lehnte sich an das Holz des Türrahmens an und stellte eine interessante Frage: “Wie sehr würdest du dich darüber freuen, wenn man in deinen Sachen herumstöbert?” “Er wird es ja nicht mitbekommen. Übrigens sind sie selber Schuld, wenn sie immer solche Geheimnisse haben müssen! Hilf mir doch lieber!” Sie stand in einem geräumigen Bad aus hellen Fließen und weißen Wänden. An der einen Wand standen zwei saubere und strahlendweiße Waschbecken und dem gegenüber befand sich eine riesige Badewanne, ebenfalls ins dieser hellen Farbe. In dem beigefarbenem Holzschrank, der neben dem Fenster ragte, wurden die Handtücher und Badeutensilien aufbewahrt. Aya staunte, denn sie fand nirgends eine Waschmaschine. Vielleicht gab es ein weiters Zimmer nur für die Wäsche? Aya schritt über die kalten Fliesen, während sich eine Verwunderung über den großen, freien und ungenutzten Platz in der Raummitte in ihr ausbreitete. Vor den Waschbecken blieb sie stehen. Sie öffnete eine der Hängeschränke aus beigefarbenem Holz und durchsuchte diese. Jackin schüttelte den Kopf und stieß einen Seufzer aus. “Nein, kein Bedarf. Ich glaube, ich gehe wieder ins Wohnzimmer. Viel Spaß”, antwortete er und verschwand lächelnd. Als hätte er es nicht geahnt. Genau diese Antwort hatte er von Aya erwartet, die genüsslich und unbedacht den ganzen Raum durchforstete. Was erwartete sie zu finden? Ein Brief, ein Bild oder ein Tagebuch? Er ließ sie jetzt lieber alleine suchen und trat seinen Rückweg in das Wohnzimmer an. Einsam schritt er durch den verlassenen Korridor und bog nach wenigen Schritten bereits in den Raum ein, den er als Zielort gewählt hatte. Er setzte sich zurück auf die Couch, machte es sich gemütlich und hing seinen Gedanken nach. Langsam verstand auch er, weswegen Aya das ganze Haus auf den Kopf stellen wollte. Er wünschte sich auch, mehr über Ria zu erfahren. Doch er wollte es nicht erfahren, indem er ihr Zimmer auf den Kopf stellte und ihr hinterher spionierte. Er würde auf den richtigen Zeitpunkt warten, bis sie ihm vertraute und es ihm von selbst erzählte. In seinen Gedanken versunken, bemerkte er nicht, wie die Zeit verging. Aya war bisher noch immer nicht aufgetaucht. Er hatte sie aber die Treppen hinauf schleichen hören. Wahrscheinlich ahnte sie, dass im Erdgeschoss nichts zu finden war, daher versuchte sie es lieber im oberen Stockwerk und erwartete irgendwo hinter irgendeiner Tür Lucios Zimmer. Jackin schloss die Augen. Ein Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus. Natürlich unternahm Aya gerade etwas illegales, wenn man es so nennen wollte, trotzdem konnte der junge Mann nicht böse ihr gegenüber werden. Seit er sie kannte, wusste er, dass sie ein sehr neugieriger Mensch war. Dazu musste es kommen, wenn sie auf solch einen Geheimniskrämer traf, wie Shinri einer war. “Kyaaaaaaaah!!!” Jackin schrak auf. Ein Schrei drang an seine Ohren. Entgeistert starrte er auf die Tür, die ihm die Aussicht auf den Flur unmöglich machte. Das konnte nur Aya gewesen sein!, stellte er entsetzt fest. Was war passiert?! Er sprang auf. Seine Füße trugen ihn über den Korridor, den er gerade eben betrat, bis hinauf in den ersten Stock. Panik überkam ihn. Er hoffte, dass Aya unbeschadet war. Das es ihr gut ging. Zuvor hatte er sich noch Sorgen über gefährliche und unwillkommene Besucher gemacht, die hier vielleicht hereinkommen könnten. Wieso hatte er dies vergessen? Wieso war er so sorglos wieder hinab in das Wohnzimmer gegangen? Er verfluchte sich selber dafür. Er erreichte das Obergeschoss und rannte geradeaus weiter. Er setzte seine Geschwindigkeit langsam herab, als er eine offene Tür bemerkte. Hier musste es sein! Vorsichtig trat er näher. Er lugte um die Ecke und erblickte sofort Aya, die auf dem Boden mit dem Rücken zur Tür saß. Ihre vor Schreck geweiteten Augen starrten das offenstehende Fenster ihr gegenüber an. Jackin trat näher. Liebevoll sank eine seiner Hände auf ihre zarte Schulter. Besorgt musterte er sie. “Was ist passiert? Geht es dir gut?” Aya reagierte kaum auf diese Berührung. Ihre Hand hob sich und mit ausgestrecktem Zeigefinger wies sie zitternd auf das Fenster, durch das kühle Luft in das Zimmer hereingetragen wurde. “Da … ein … er”, entkamen ihr nur einzelne Wörter des Satzes, den sie eigentlich zu sagen versuchte. Jackin stand wieder auf und durchquerte das Zimmer, in dem sich ein Bett in einer Ecke breit machte, groß und mit dunklen Seidenüberzug. Neben diesem stand ein Nachtkästchen und auch ein Schreibtisch aus dunkelbraunem Holz mit einen schwarzen Drehstuhl. An der Wand gegenüber stand eine Kommode und ein Bücherregal. Zudem zierten zwei Stillleben die beiden Wandhälften neben dem Fenster, gegenüber der Tür. Es mangelte an persönlichen Wertgegenständen, zum Beispiel Bilder von geliebten Personen oder ähnlichem, aber genauso an dem, was Aya so erschrocken haben musste. Jackin hatte den dunkelgrauen Teppich mit den schwarzen, verschlungenen Linien überquert und stand direkt vor dem Fenster. Der weiße Vorhang blies ihm entgegen und bäumte sich in das Innere der Räumlichkeit auf. Mit Mühen schaffte er es endlich diesen beiseite zu schieben, um das Fenster zu schließen. Danach verließ er, gemeinsam mit Aya, diesen Raum, schloss die Tür wieder und betrat die große, geräumige Küche. Er bereitete einen Tee zu. Seine beste Freundin beruhigte sich währenddessen. Zusammen mit den beiden Tassen Tee saßen sie sich wieder gemütlich auf die Couch. Aya wurde noch etwas Zeit gelassen, sich wirklich zu erholen. Erst, als sie sich wieder wohl fühlte und den Schock verarbeitet hatte, erzählte sie ihrem besten Freund, was dort oben geschehen war. Als Jackin sie im Bad verlassen hatte, war ihr das kaum aufgefallen, da sie voller Euphorie bei der Arbeit war. Kurz danach hatte sie diesen Raum fertig durchwühlt. Dabei aber nichts interessantes gefunden. Sie zweifelte, ob sie überhaupt je was finden würde. Etwas niedergeschlagen verließ sie das Zimmer. Sie betrat den Flur und dachte nach. Etwas in ihr drängte sie dazu, hinauf zu gehen. Ihre Neugierde. Das Erdgeschoss war für sie nun minderer interessant. Sie trat auf die erste Stufe der hölzernen Treppe. Ihr Blick viel auf das Dunkle, das sie dort erwartete. Anfänglich zweifelte sie. Sollte sie nicht lieber zu Jackin? Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie alleine war. Gewiss wartete Jackin bereits darauf, dass sie endlich zurückkam. Sie würde ihm eine Freude bereiten, ginge sie jetzt zurück in das Wohnzimmer. Einige Zeit lang rang sie mit sich selbst. Sie musste eine Entscheidung fällen. Ihr Blick fiel immer wieder auf das im Dunkeln liegende Obergeschoss. Sie setzte unsicher einen Fuß vor den anderen. Ein letzter Blick zurück über die Schulter. Die Neugierde hatte gesiegt und sie betrat den ersten Stock. Jackin sollte warten, dachte sie sich. Es gab genug gute Bücher dort unten. Er konnte sich auch alleine beschäftigen. Sie betrachtete den düsteren Korridor, der zur Geisterstunde einlud. Sie ignorierte das flaue Gefühl in der Magengegend und wand sich der ersten Tür zu. Dunkles Holz und ein silberner Griff, wie jede andere Tür auch. Den Durchgang, den sie sich ausgewählt hatte, war der Dritte von rechts nach ihrer eigenen Zimmertüre. Sie hatte das Gefühl hier etwas finden zu können. Sie spürte eine seltsame Aura, als sie ihre Hand langsam an die Türklinke wanderte. Sie musste schlucken und machte sich auf alles gefasst, egal was auf sie wartete. Die Tür schwang leise auf. Sie wagte es noch nicht ganz herein zu blicken, sah aber bereits einen Teil des Schreibtisches auf der rechten Seite. Ihr Körper zitterte vor Anspannung. Eine ungewöhnliche Angst ergriff sie, wobei die Neugierde überwog und sie dazu antrieb einzutreten. Sie wusste, hier könnte sie etwas finden. Vorsichtig trat sie ein. Ihr Blick flog durch den Raum und sie verschaffte sich einen Überblick über das, was sich ihr bot. Ein Schlafzimmer lag vor ihr. Vielleicht gehörte dies Lucio, denn es wirkte ordentlich aufgeräumt, dennoch benutzt. Kurz warf sie noch einen Blick durch das geschlossene Fenster. Über dem Wald schien bereits der Mond und erhellte nur spärlich die Nacht. Aya schaltete das Licht an und über ihr flammte die Deckenbeleuchtung auf. Sie überlegte, welchen Ort sie sich zuerst vorknöpfen sollte. Den Schrank? Den Schreibtisch? Außerhalb standen keine persönlichen Wertgegenstände, doch vielleicht hatte Lucio diese versteckt, in einen der Einrichtungsmöbel. Sie entschied sich für den dunklen Schreibtisch. Schnell durchquerte sie den dämmrigen Raum. Sie öffnete die obere Schublade auf der rechten Seite. Leere Blätter, Stifte und Hefte sprangen ihr in die Augen. Einige der Hefte schienen benutz und alt. Ihre vergilbten Seiten deuteten auf das letztere ganz stark hin. Sie durchwühlte diesen Haufen. Es könnte sich dazwischen irgendetwas versteckt halten, vermutete sie. Lose lag nichts interessantes darin. Sie nahm eines der Hefte zur Hand, das einzige, das einen schwarzen Umschlag trug, der Rest war in braunen Umschlägen gekleidet. Sie blätterte interessiert in diesem, als ihr etwas heraus fiel, das zwischen den Seiten gelegen hatte. Schnell legte sie das Heft zurück in die Schublade und hob das Verlorene auf. Es war ein Bild. Neugierig warf sie ein Blick auf das, was es zeigte, eine wunderschöne, bezaubernde junge Frau mit seidig, braunem Haar und dunkelblauen Augen, die wie Saphire strahlten. Sie lächelte verliebt und wirkte rundum glücklich. Aya starrte einige Zeit lang diese eine Bild an und diese eine Frau. Wer war das? Konnte dies Marysa sein? Sie versank ins Grübeln. Immer wieder wiederholte sie das Gespräch zwischen Lucio und Shinri. Marysa war wichtig für beide und sie war tot. Wenn sie eine wertvolle Person war, dann wäre es erdenklich, dass diese Bild sie zeigte. Ein Andenken an die damalige Zeit. Aya blickte auf. Was war das? Sie spürte einen starken, kühlen Luftzug, der durch den Raum geisterte. Sie wagte es nicht, sich umzudrehen, noch nicht. Schnell schob sie das Bild zurück zwischen die Seiten des Heftes. Dann erst wand sie sich um, stand auf und wollte zur Tür laufen, als sie erstarrte. Ihr Blick fiel auf ein Gesicht, verborgen hinter dem Vorhang, der in das Zimmer wehte. Das Fenster stand offen. Der Wind blies von draußen herein und spielte mit dem weißen, großen Tuch, das sonst vor dem Fenster hing. Direkt dahinter schien eine Person zu stehen. Sie kam kaum dazu diese genauer zu betrachten, denn sie wollte nur noch hier heraus. Sie versuchte zur Tür zu gelangen, überquerte schnellen Schrittes den Raum, um endlich zum Durchgang zu gelangen. Plötzlich stolperte sie aber, denn sie hatte vergessen ihren Fuß anzuheben und war an einer ganz kleinen Erhebung des Teppichs hängen geblieben. Mit einem schockierten Aufschrei flog sie zu Boden. Schnell wälzte sich herum, um wenigstens den Fremden im Augenschein zu haben. Sie wollte etwas sagen, als ihr das Gesicht entgleiste. Was war denn jetzt los? Wo war er hin? Sie verstand die Welt nicht mehr. Hinter dem Vorhang war doch eben noch eine Gestalt gestanden? Ein Mann, groß und schlank, mit pechschwarzen Haar und hellen Augen, dessen Gold sie ernst und finster gemustert hatten und die Erinnerung an diese ihr einen kalten Schauer über den Rücken laufen ließen. Ihr war auch so, als hätte sie seine Stimme vernommen. “Pass auf dich auf. Geh nicht in den Wald. Er wartet auf dich”, hatte die tiefe, raue Stimme sie gewarnt, doch wie wusste nicht, was das zu bedeuten hatte. Wer wartete auf sie? Während sie vor Schock wie gelähmt war, hörte sie jemanden die Treppen hinaufeilen. Sie wusste, es war Jackin, der nach ihr sehen wollte. Jackin sah das Mädchen fragend an. Wer sollte diese Gestalt gewesen sein, die erschien und wieder verschwand? Vielleicht hatte Ayas Fantasie ihr einen Streich gespielt und in Wirklichkeit hatte sie überhaupt nichts der gleichen sehen können? Aya bestand aber darauf, dass sie diese Person gesehen hatte und Jackin konnte nicht anders, als ihr zu glauben. Aya war nicht geisteskrank. Wieso sollte sie sich so etwas einbilden? Nur, wer war dieser Fremde und was sollten seine Worte bedeuten? Aya hatte sich mittlerweile damit abgefunden, den Mann gesehen zu haben. Sie hatte sich bereits beruhigt und nun kam anstelle der Angst die Neugierde hervor. “Ach, wenn ich nur wüsste, wer diese junge, hübsche Frau auf dem Bild war”, seufzte sie betrübt. Natürlich konnte Jackin ihr bei dieser Frage nicht weiter helfen. Er hatte das Bild nicht gesehen. Ein Verdacht prägte sich aber bereits in ihr ein. Sie wusste, es konnte nur Marysa sein. Nur, wer war Marysa? Was für eine Bedeutung hatte sie im Leben der Zomas? “Und, was machen wir beide jetzt?”, fragte Aya dann. Nach diesem Ereignis wagte sie es nicht wieder alleine durch die Räume zu streifen und sie ahnte bereits, dass Jackin sie bestimmt nicht begleiten würde. Somit fiel die Durchsuchung aus. Ihr wurde zunehmend langweiliger. Es war bereits Nacht und ihr fiel nichts anderes ein, als sich ins Bett zu legen, damit der morgige Tag so schnell wie möglich kam. “Ich gehe jetzt ins Bett, bin müde”, verkündete sie und sah Jackin noch ein letztes Mal an, dann verließ sie den Raum. Ihr bester Freund blickte ihr hinterher, bis sie ganz in der Dunkelheit des Korridors verschwunden war. In Jackin breitete sich Sorge aus. Was, wenn der Mann erneut wiederkam? Aya blickte sich im Flur stehend um. Die Dunkelheit breitete sich im Inneren des Hauses aus. Ein Schauer lief ihren Rücken hinunter. Jackin und sie waren ganz alleine in diesem Haus, doch rief sie sich immer wieder ins Gedächtnis, dass noch jemand anderes hier sein könnte. Vor allem, nachdem sie den Fremden gesehen hatte. Es war ein riesiges Gebäude, in dem sie sich befanden, so war es gut möglich, dass sie nicht alleine waren. Irgendwie ein sehr beängstigender Gedanke, nicht zu wissen, mit wen man es zu tun hatte. Die Dunkelheit umschloss sie, hüllte sie in einen düsteren, schaurigen Nebel ein. Die Treppe lag direkt vor ihr. Schnell schüttelte sie die beängstigenden Gedanken beiseite und stieg die Stufen hinauf. Ihr Zimmer wartete bereits oben auf sie. Kurz blieb sie vor der Tür stehen, bis sie dann zögerlich nach dem Griff langte und leise öffnete. Vorsichtig betrat sie den Raum, der sie genauso begrüßte, wie sie ihn verlassen hatte. Sie atmete erleichtert auf, die Angst ließ sich aber noch immer nicht besiegen. Sie fühlte sich unsicher, konnte sich nicht vorstellen, jetzt einzuschlafen. Woran lag es nur, dass sie sich so unwohl und beobachtet fühlte? So, als wäre sie hier nicht alleine? Letzte Nacht war ihr das doch auch gelungen. Sie wollte dieses Gefühl, das sie plagte, gerne los werden. Nur wie? Sie hielt es kaum aus und musste immer wieder an den fremden Mann denken. Aya versuchte es trotzdem zu ignorieren, es zu vergessen, zu unterdrücken. Das seltsame Gefühl konnte nur eine Einbildung sein. Hier hatte sie nichts zu befürchten. Jackin saß noch unten im Wohnzimmer, sein Zimmer lag direkt neben ihrem. Sollte etwas passiere, wäre er sofort an Ort und Stelle, wie zuvor auch. Nur, war ihr dann noch zu helfen, bis er dann hier im Zimmer war? Obwohl sie wusste, der Blonde wäre gleich in der Nähe, gleich ein Stockwerk tiefer, spürte sie dieses eigenartige, schmerzliche Bauchgefühl, eine unheimliche Angst. Diese Dunkelheit. Diese Einsamkeit. Panik überkam sie, obwohl sie nicht alleine war. Gestern Abend stand sie noch eine ganze Weile in einem stockdunklen, ihr fremden Korridor. Ihr hatte es nichts aus gemachte. Sie konnte sich auf das Gespräch vertiefen. Sie hatte etwas gehabt, das sie ablenkte und Shinri war in der Nähe gewesen. Ja, jetzt kam er ihr wieder in den Sinn. Shinri. Der junge, schwarzhaarige Zoma, der mit seinem Cousin an einem ihr unbekannten Ort verreist war. Er nahm ihr alle Angst, gab ihr Geborgenheit. Wenn sie ihn bei sich wusste, konnte sie besser schlafen. War er der Grund für die Geborgenheit letzte Nacht gewesen? Hatte sie nur Angst, weil er nicht hier war? Auch wenn sie es akzeptierte, ihn zu lieben, hieß es noch lange nicht, dass sie ihn so dringend brauchte. Sie hatte Jahrelang alleine gelebt. Damals hatte sie sehr gut auf sich alleine aufpassen können, also brauchte sie seine Hilfe nicht. Vor allem nicht, wenn es nur darum ging, in einem fremden Haus einzuschlafen. Schnell legte Aya sich ins Bett. Sie zog die Decke bis über ihren Kopf, denn so fühlte sie sich um einiges sicherer. Die Nacht war noch lang, dachte sie sich. Zu gerne wäre sie jetzt wieder unten bei Jackin. Was er wohl gerade tat? Keine Ruhe folge dem Gedanken und sie lag die gesamte Nacht über wach. Immer wieder, wenn sie drohte einzudösen, erschrak sie, horchte auf, doch es war nichts. Nein, es war nichts. Der Schlaf folgte nicht mehr. Die Nacht war lange. Hätte sie nur geschlafen, dann wäre sie ihr nicht ganz so lange vorgekommen. Sehnsüchtig erwartete sie den nächsten Morgen. Endlich fielen die ersten, langersehnten Sonnenstrahlen durch das Fenster. Sie zeichneten sich auf dem Teppich ab und erhellten das Zimmer. Aya vernahm das Zwitschern der Vögel, die von den Bäumen aus ihre Lieder sangen. Vorsichtig streifte sie die weiche Decke vom Kopf. Ihr Blick wanderte langsam durch den Raum und suchte ihn ab. Erleichtert sank sie zurück in die Kissen. Es hatte sich nichts verändert. Sie seufzte glücklich. Es war hell und freundlich. Nichts erinnerte sie an die vergangene, lange Nacht, in der sie wach gelegen war. Das erste Mal seit Stunden traute sie sich aus den Laken. Sie verließ das Bett. Bis sie weiter gehen konnte, musste sie sich erst einmal an die strahlende Helligkeit gewöhnen, die sie erwartete. Der Tag hatte etwas wundervolles an sich. Sie wollte diese nicht missen. Nach einer kurzen Weile verzog sie sich in das Bad, das ebenfalls geräumig und hell war. Sie richtete sich etwas her und genoss das kalte Wasser in ihrem Gesicht. Leider hatte sie noch immer nichts zum umziehen, schließlich befand sich das alles noch irgendwo in den Heißen Quellen oder bei ihr Zuhause. Sie trat an das große Fenster und betrachtete die Umgebung des Hauses. Alles wirkte friedlicher, als gestern Abend. Der einladende Wald mit seinen vielen verschiedenen Bäumen, Blumen und anderen Pflanzen. Die unterschiedlichen Tiere und das zwitschern der Vögel. Sie stimmte sich selber zu, der Tag war wundervoller als die Nacht jemals sein konnte, auch wenn sie den Mond am nächtlichen Himmel und das Sternenzelt ebenso sehenswert fand. Dann aber nur, wenn sie sich in Sicherheit wusste. Müde gähnte sie und verließ das Bad. Sie spürte den Schlafmangel tief in ihrem Körper. Sehnlich wünschte sie sich ein Bett zu ihren Füßen, auf das sie sich hätte fallen lassen können. Zusätzlich zu dieser Müdigkeit plagte sie auch ein riesiger Hunger. Ihr nächstes Ziel war die Küche. Sie durchsuchte den geräumigen Kühlschrank. Einige gute, frische Sachen zeigten sich ihr. Sie begann das Frühstück herzurichten. Alles stellte sie auf das nähere Ende des Tisches. Nachdem dies bereit stand verließ sie die Küche wieder und schleppte sich die Treppe hinauf. Im oberen Stock betrat sie vorsichtig ein Zimmer, das sich direkt neben ihrem eigenen befand. Vor ihr Lag ein Raum, ebenso eingerichtet wie ihr einziger, nur in einer anderen Reihenfolge. Ordentlich stand der Schrank direkt neben der Tür und das Bett verbarg dich dahinter. Der kleine, spärlich eingerichtete Raum zeigte sich trotz allem von seiner gemütlichen Seite. Aya lächelte kurz, als ihr Blick wieder nach draußen viel, direkt durch das große Fenster, gegenüber der Tür. Aya bog um die Ecke und hinter den großen Schrank. Vor dem Bettende blieb sie stehen. Jackin lag seitlich auf dem weichen Bett. Die Decke lag quer über die untere Hälfte seines Körpers. Seine Hände hatte er neben das Kissen gebettet. Die Augen geschlossen, schlummerte er friedlich. Das weiße Bettbezug hüllte ihn sanft ein und verlieh ihm eine engelsgleiche Erscheinung. Aya musste schmunzeln. Jackin war wahrlich ein Engel, ein wahrer Freund und eine liebenswerte Person. In seinem früheren Leben, das er jetzt hinter sich hatte, hatte er oft Fehler begannen, die nicht mehr abänderbar waren. Mit dieser Vergangenheit musste er leben. Als Zeichen der Reue seine schwarzen Haare zu blondieren, vielleicht war das wahrlich ein guter Schritt, um von einem Teufel zu einem Engel zu werden. Sie freute sich, ihn auf seiner Seite zu wissen. Ria machte mit ihm sicherlich einen guten Fang, würde er ihr endlich mehr entgegen komme. Ob dasselbe bei Shinri und Aya der Fall sein könnte? Sie musste unbedingt über ihre eigene Zukunft nachdenken. “Guten Morgen, Jack”, weckte Aya den schlafenden Jungen mit sanfter Stimme. “Das Frühstück ist fertig und wartet auf dich.” Jackin regte sich. Er blinzelte kurz. Das Licht blendete ihn und er drehte ihr den Rücken zu. Nuschelnd vergrub er sein Gesicht in den Kissen. Aya kicherte. “Weiß Ria eigentlich, wie süß du bist, wenn du schläfst?”, seufzte sie lächelnd. Sofort setzte sich der Junge auf. Er wechselte einen kurzen Blick mit Aya. “Lass Ria aus dem Spiel, ich bin ja schon wach”, meinte er müde, lächelte aber innerlich. Dann streckt er sich gähnend, bis er noch einmal einen Blick auf Aya warf. Er musterte sie eingehend. Ihre ungewöhnlich schmalen Augen, das blasse Gesicht und die niedergeschlagene Miene. Obwohl sie versuchte das alles unter einem Lächeln zu verstecken, war ihre Müdigkeit nicht zu übersehen. Aya bemerkte den Blick, denn so eingehend hatte Jackin sie schon lange nicht mehr studiert. “Du siehst verdammt müde aus. Willst du dich nicht noch ein bisschen ausruhen?”, erkundigte er sich, aber Aya winkte ab. “Das ist nichts Schlimmes. Hab nur unruhig geschlafen, mehr nicht. Einmal kurz duschen und das ist alles weg”, versuchte sie ihm klar zu machen. Sie hoffte, er beließe es dabei, aber er war nicht so einfach von seinen Gedanken ab zu bringen. Tadelnd schüttelte er den Kopf. “Es geht hier um deine Gesundheit. Wer aber nicht will, der hat schon. Besser für dich wäre es aber, dich jetzt noch hinzulegen.” Ein gut gemeinter Rat, kein Befehl. Aya wusste es, doch wollte sie nicht. Der Tag musste ausgenutzt werden, also konnte sie sich keinen Schlaf gönnen. Solange Shinri nicht hier war, durfte sie die Zeit nicht vertrödeln. Sie war sich sicher, dass sie mit einer kurzen Dusche die Müdigkeit schnell wieder beheben konnte. Aya lächelte Jackin noch einmal kurz an und verließ dann den Raum, bevor er ihr eine weitere Frage stellen konnte. Kurze Zeit später folgte er ihr in die Küche, in der sie bereits auf ihrem Stuhl saß und eine Scheibe Brot in der Hand hielt. Genüsslich biss sie ein Stück ab. Jackin nahm ebenfalls Platz. Sie spürte den missbilligenden Blick ihres besten Freundes. Sie gab ihm ja Recht. Es wäre viel besser, wenn sie sich noch einmal hinlegen würde. Der einzige Grund, weswegen sie nichts dazu sagte und auf blieb, lag darin, dass sie nicht zugeben wollte, dass eine unnatürliche Angst sie gestern Abend heimgesucht hatte. Sie wusste nicht, wieso, aber sie konnte es einfach nicht zugeben. Selbst Shinri durfte es nie erfahren. Sie benötigte niemanden an ihrer Seite. Sie brauchte keinen Mann, der ihr die Angst nahm. Sie war stark. Ja! Sie musste es einfach sein! Jackin ging den Tag über nicht mehr darauf ein. Es deprimierte ihn etwas, da sie ihm nicht vertraute, doch wollte er ihr keinen Ärger bereiten. Wenn sie nicht wollte, musste sie auch nicht. Er verpflanzte sich an diesem Freitag im Wohnzimmer, das Fenster weit geöffnet und den Blick auf den Garten gerichtet, in dem Aya sich befand. Er las ein Buch, aber immer wieder wanderte sein Blick hinüber zu seiner besten Freundin. Er wollte nicht, dass ihr wieder etwas ähnliches wie Gestern widerfuhr. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)