Geheimnisse im Nagoya-Krankenhaus von abgemeldet (Chiaki Vs. Marron) ================================================================================ Kapitel 5: Ein Ball für Jeanne und Sindbad ------------------------------------------ Drei Wochen später war es soweit. Alles wurde bis ins kleinste Detail geplant und organisiert und auf die Beine gestellt. Der Saal im Krankenhaus wurde bis zum Abend leer geräumt. Am Rand des Saals wurden Tische aufgestellt, dort würde es ein leckeres Buffet geben. Der Boden des Saals wurde extra vorher noch gebohnert und auf Hochtouren gebracht. Der Saal wurde mit roten Samtgardinen verdunkelt, dass nur die neue Innenbeleuchtung den Saal am Abend in Glanz legen würde. Vor dem Saal wurde eine Garderobe errichtet. Personal wurde für den Abend von Zeitfirmen eingestellt, damit alle Ärzte, Schwestern und Pfleger am Ball teilnehmen konnten. Die Musik für den Abend stand auch schon fest. Man hatte eine kleine Band für den Abend ausgewählt, die verschiedene Lieder spielen würden, rockige, ruhige, hippige und langsame. So war für Jeden, der eine Einladung bekommen hatte, Etwas dabei. Wie erwartet, hatte Chiaki am Ende alles alleine auf die Beine stellen müssen, von der Hilfe seines Vater konnte kaum die Rede sein, da er sich für Zwei Wochen auf die Malediven abgesetzt hatte. Na ja, Chiaki hatte am Ende ja gar nichts anderes erwartet gehabt und hatte sich von Anfang an darauf eingestellt, alles alleine zu organisieren, aber er fand es im Nachhinein gar nicht mal so schlecht. So hatte er zumindest immer einen Grund, seinen Assistentsärzten und vor allem Marron aus dem Weg zu gehen. Er konnte ihr momentan nicht gegenübertreten. In ihm waren einfach zu viele Gefühle und Gedanken, mit denen er sich noch nie hatte rumplagen müssen, und diese machten ihm jetzt Angst. Er musste erst wieder zu sich selber finden. Die Feier kam nur schleppend und langsam in Gang. „Chiaki, was hat das hier zu bedeuten?“ Sein Vater war aufgebracht und hielt seinem Sohn zwei Karten hin. „Was ist das, Vater?“ „Lies selber. Warum muss das gerade mir und vor allem heute passieren.“ Kaiki war mehr als nur aufgebracht und als Chiaki die beiden Karten sah, wusste er auch warum, zumindest konnte er es sich denken. „Ich werde mir heute die Schönheit Ihres Bildes holen, gezeichnet Jeanne“, las Chiaki vor. Dann nahm er die andere Karte in die Hand und war selbst überrascht. „Ich werde mir heute die Schönheit Ihres Bildes holen, gezeichnet Sindbad.“ Access, verfluchte Chiaki den kleinen Engel. Warum hatte er ihn noch nicht eingewiesen? Warum wusste er noch nichts davon? Er hatte hier genug zu tun. Chiaki blickte sein Vater an, der immer noch außer sich war. „Vater…“ „Chiaki, mach was.“ Chiaki seufzte. „Ja, Vater. Hör mir zu.“ Er packte seinen Vater an den Schultern, damit dieser ihn anschaute und mal seine Angespanntheit vergaß. „Du hörst mir jetzt zu.“ „Chiaki…“ Kaiki blickte seinen Sohn an und sah, als er in das Gesicht seines Sohnes schaute, wie erwachsen sein Sohn doch geworden war. Wann war er so ernst und so angespannt geworden? Hatte Kaiki einen wichtigen Teil in Chiakis Leben verpasst? Oder hatte er ihn nur schon lange nicht mehr so angeschaut? „Vater, du bleibst ruhig. Wenn du in Panik austrittst, vermasselst du allen die Feier. Deswegen bleibst du ruhig, verstanden?“ Kaiki nickte. „Gut, ruf du die Polizei an, die sollen ihre Einheit „Jeanne“ hierher bestellen, aber sag ihnen, dass es ein Maskenball ist.“ Chiaki seufzte. Was sagte er da eigentlich? Er legte sich gerade selber Steine in den Weg. Aber musste ja den Schein bewahren. Es wäre viel auffälliger, wenn er die Polizei nicht hierher bestellte. Also tat er nur das Richtige. So hoffte Chiaki zumindest. Außerdem machte es ihm so langsam Spaß, sich als Sindbad zu verkleiden. Er freute sich schon allein auf die Nächte als Sindbad, weil er dann die Frau Jeanne wieder sah. „Hast du mich verstanden, Vater?“ Kaiki blickte seinen Sohn an. Er schämte sich ein wenig. Warum blieb sein Sohn so ruhig, es war schließlich sein Krankenhaus, warum blieb Chiaki so ruhig? Er war wirklich erwachsen geworden. Kaiki nickte. Er musste jetzt seinem Sohn wenigstens Anstand und Stärke gegenüber beweisen. „Okay, ich rufe die Polizei an. Wir sagen den Gästen nichts.“ „Genau, ich geh mich um alles Weitere kümmern.“ Chiaki war schon auf den Weg aus dem Saal raus. „Chiaki“, rief Kaiki ihn noch mal. Chiaki drehte sich um. Kaiki lächelte. Sein Sohn sah sehr erwachsen in seinem Anzug aus. Ja, er war erwachsen, er brauchte seinen Vater nicht mehr als Vater, sondern nun noch als Chef, als Leiter des Krankenhauses. Chiaki kam gut alleine klar und dieser Gedanke schmerzte Kaiki sehr. „Du kannst dich auf mich verlassen, Vater“, sagte Chiaki noch und ging weiter. Mit eiligen Schritten. „Das weiß ich doch, mein Sohn.“ Dieser Satz brachte Kaiki nur sehr leise über seinen Lippen. Er überlegte, wann er seinem Sohn das letzte Mal gesagt hatte, dass er stolz auf seinem ihn war und erinnerte sich nicht mehr daran, es war schon lange her. Er musste es ihm nachher oder Morgen sagen, wenn das hier alles vorbei war und die Benefizveranstaltung ohne große Probleme von Statten ging. Kaiki blickte auf die Uhr. Sie hatten noch eine Stunde bis Jeanne und Sindbad hier auftauchen würden. Kaiki eilte in sein Büro, wo er die Polizei anrief. „Wo steckst du frecher Engel?“, fragte Chiaki, als er in sein Büro stürmte. Er war sauer. Er konnte heute nicht als Sindbad, der Dieb, sein Unwesen treiben. Er hatte eine Benefizfeier zu veranstalten und dafür zu sorgen, dass sie mit aller Zufriedenheit ablief. Was dachte sich dieser kleine freche Engel nur. „Access! Verdammt komm raus!“ „Aber du bist sauer auf mich“, hörte er die kleine Stimme des Engels. Er blickte sich im Zimmer um, konnte aber nicht erkennen, woher die Stimme des Engels kam. „Ja, das bin ich Access. Was hast du dir nur dabei gedacht? Ich habe heute genug anders zu tun als dein Handlanger zuspielen.“ „Du bist doch nicht mein Handlanger“, meinte Access empört und kam aus seinem Versteck raus. Das Chiaki ihn provoziert hatte, ahnte Access erst, als Chiaki ihn böse anschaute. „Hab ich dich!“, sagte Chiaki mit einem Grinsen. Doch er ließ es bleiben. Er setzte sich in seinen Stuhl und blickte auf die beiden Karten an. „Ich habe Fynn gesehen und hab gesehen, dass sie eine Karte abgeschickt hat, also musste ich doch auch eine abschicken.“ „Jeanne taucht hier also auf?“ Doch es war keine Frage, auf die er Antwort erwartete. Es war eher eine Feststellung. Er blickte auf die Karte von Jeanne. Irgendwie war er sogar sehr glücklich darüber, dass er sie sehen würde. Auch wenn er das vermutlich nie laut sagen würde, er freute sich sehr, sie wieder zu sehen. So vergaß er wenigstens seinen Stress und seine Sorgen, die er immer hatte. Ja, er freute sich sie wieder zu sehen, vielleicht konnte er es ja heute schaffen, sich mit ihr zu unterhalten. „Gut, was ist zu tun, Access?“ „Du bist mir nicht mehr böse?“ „Das habe ich nicht gesagt. Aber darüber reden wir später. Ich komme ja jetzt eh nicht mehr drum herum, hab ich Recht?“ Er wollte dem Engel mal wieder ein schlechtes Gewissen eintreiben, dass er heute gar nichts dagegen hatte, verheimlichte er dem lila haarigen Engel aber lieber. „Das Bild das ihr im großen Saal aufgehängt habt, ist von einem Dä…“ „Das im großen Saal? Da wo der Ball stattfindet?“ Access nickte. „Ja, das ist von einem Dämonen besessen.“ Chiaki seufzte. Es war doch etwas schwieriger. Wie sollte Sindbad das Bild, ohne die Leute damit hineinzuziehen, holen? Er seufzte. Chiaki stand auf und ging ans Fenster. Die Lichter der Stadt leuchteten und erleuchteten sie, wie jeden Abend. Die Stadt war in ein Meer aus bunten Lichtern gehüllt und das Krankenhaus war heute das Zentrum der Lichter. Es würde wirklich nicht einfach werden. „Vielleicht…“ „Was vielleicht?“ „Ich habe eine Idee, Access. Wir lassen es so aussehen, als wäre es ein Theaterstück?“ „Wie?“ Access verstand gar nichts. „Genau, das ist die Idee. Wir lassen es aussehen, als gehöre es zum Ball. Wir tun so, als sind Jeanne und Sindbad ein Schauspieler-Paar.“ „Aber Chiaki…“ „Das ist eine tolle Idee. Momentan spricht eh jeder von Jeanne und Sindbad. Das wir eine tolle Sensation. So wird das Fest unvergesslich.“ „Aber Chiaki…“ „So machen wir es.“ Chiaki war schon zu fest bei diesem Gedanken, dass ihn die Einwände des kleinen Engels nicht mehr interessierten. Die Idee war wundervoll. Somit hatten die Gäste ihren Spaß, die Benefizveranstaltung würde ein großer Hit werden, der Name des Krankenhauses und der von seinem Vater waren somit auch gerettet und er, er würde Jeanne sehen, also würden alle zufrieden am Ende sein. Diese Idee wurde in seinen Gedanken immer toller. Jetzt durfte nur nichts schief gehen. Marron schaute auf die Uhr. „Marron, bist du soweit?“ Marron nickte. „Ja, lasst das Spiel beginnen.“ Sie hielt ihr Kreuz an ihre Brust und verwandelte sich in der Dunkelheit der Nacht in Jeanne, die Kamikazediebin. „Stark, bereit, unbesiegbar, schön, entschlossen, mutig!“ „Super, Jeanne. Viel Glück!“ Jeanne nickte und sprang nun auf das Dach des Krankenhauses. Sie würde sich von oben, vom Dach, nach unten hinein schleichen. Zumindest war das ihr Plan. Und sie hatte alles überlegt und bedacht. Das gute war, dass sie das Krankenhaus kannte, sie wusste, in welchen Ecken sie sich verstecken konnte, wo sie was fand und wie sie am schnellsten in den Saal kommen würde und wie sie am Besten wieder heraus kommen würde. Sie hatte hier einen Auftrag zu erfüllen, den sie diesmal sehr pflichtbewusst ausführen wollte. Natürlich wollte sie nicht unbedingt den Ball durchmischen und die Laune der Gäste verderben, aber das hier war etwas anderes. Außerdem hatte sie so für sich einen Grund, später oder vielleicht auch gar nicht auf der Feier zu erscheinen. Sie wollte Chiaki nicht unter den Augen treten. „Gut…“, sagte sie, als sie die ersten beiden obersten Stockwerke runter geeilt war. Sie nahm das Treppenhaus. Der Aufzug wäre zwar schneller, aber da würde man sie auch schneller erwischen und im Aufzug war sie in der Falle, da wäre sie ein leichtes Spiel gewesen. „Noch 3dreiEtagen“, sagte sie leise zu sich und schlich sich weiterhin die Treppe herunter. Sie wusste nicht, ob die Polizei alarmiert wurde, aber sie musste sich ja auch vor Sindbad in Acht nehmen. „Wen haben wir denn da“, hörte sie dann auch schon seine Stimme. Sie blickte nach oben und eine halbe Etage über ihr stand Sindbad auf dem Geländer der Treppe und blickte sie an. „Lange nicht gesehen“, sagte er noch. „Ich kann nicht sagen, dass ich dich vermisst habe, Sindbad“, fauchte sie ihn regelrecht an. Sie hatte kein wirkliches Interesse, mit ihm Smalltalk zu führen. Sie hatte hier etwas zu erledigen, das war ihr wichtiger und dann wollte sie so schnell wie möglich hier wieder raus. Sie rannte die Treppen weiter herunter. Sindbad grinste und sprang zu ihr herunter. „Weißt du, an wen du mich erinnerst?“ fragte er sie. Er stand vor ihr und versperrte ihr den Weg. Sie seufzte. „Sindbad… „ „An ein wildes Kätzchen“, sagte er und ging auf sie zu. Als er mit seiner Hand ihre Wange berührte, fiel ihr sofort der Kuss wieder ein. Schnell schubste sie ihn gegen die Wand von sich weg und rannte die Treppe weiter herunter. „Dann werde ich mich auch wie eines benehmen“, sagte sie noch schnell. Sindbad konnte gar nicht anders, er musste grinsen. „Oh Marron… Nein Jeanne. Jeanne, das wilde Kätzchen. Wie gerne würde ich dich mir deiner annehmen, aber lässt du es zu?“ Da hörte er auch schon eine Tür zufallen. Sie war unten, eilig rannte Sindbad ihr nun hinterher. Chiaki hatte Kaiki in seinen Plan eingeweiht. Auch die Polizisten wussten von Chiakis Plan. Jeder hatte eine Aufgabe bekommen. Die Gäste wussten noch von nichts, außer dass es noch eine Überraschung geben würde. Kaiki wartete nun auf die Überraschung. Seine Aufgabe war es, den Scheinwerfer im richtigen Moment auf Jeanne zu leuchten. Chiaki hatte mit eingeplant, dass sie vor ihm den Saal betreten würde. Es lief alles nach seinem Plan. Die Tür ging auf. Die Gäste bemerkten sie nicht, sie tanzten und amüsierten sich weiter. Die Polizisten, die sich verkleidet hatten, blickten jedoch zur Tür. „Da ist Jeanne!“, hörte Kaiki eine Stimme aus der Menge. Das war sein Zeichen. Er schaltete den Scheinwerfer an und plötzlich stand Marron, nein Jeanne, im Rampenlicht des Geschehens. Sie kniff die Augen zu, ihre Augen konnten sich gar nicht so schnell an den Lichtumschlag gewöhnen. Sie hielt ihren Arm hoch, um etwas besser erkennen zu können. Dann sah sie, dass alle Gäste sie anschauten. „Sie sieht ihr verdammt ähnlich!“, „Ich hab sie mir größer vorgestellt!“, „So sieht Jeanne aus?“, hörte sie Stimmen aus der Menge. Was war hier los? Warum blickten Sie sie alle so an? Auf was warteten sie? Die Tür ging wieder auf und Sindbad trat ein. Er stellte sich neben sie. Als sie ihn anblickte, grinste er nur. „Du?“ Sindbad blickte sie an und lächelte. „Willkommen in meinem kleinen Spiel für dich.“ „Was für ein Spiel?“ „Wenn du das Bild haben willst, musst du schon mitspielen.“ Er blickte sie an und sah in ihre lilafarbenen Augen und er konnte darin am liebsten versinken. So tief waren sie. Ja, er würde in ihren Augen regelrecht ertrinken. „Die Leute hier denken alle, dass wir ein Theaterstück aufführen.“ „Was?“ Jeanne war entsetzt. Das konnte doch nicht wahr sein. „Doch, das hier ist ein Spiel.“ Sie war kurz und dran, alles hinzuschmeißen. Aber dann blickte sie wieder auf die Leute. Jetzt verstand sie. Das hatte er sich nur ausgedacht, damit keiner zu Schaden kommt, damit keine Massenpanik ausgelöst wurde. Aber bei so einer Maskerade würde sie nicht mitspielen, welche Ironie, dabei war es doch ein Maskenball. Sie schmunzelte. „Und machst du mit?“ „Ich spiele mit dir keine Spielchen“, sagte Jeanne schnell und zielsicher. Sie sprang mit einem Satz über die Meute. Sindbad schmunzelte. Und wie du mit mir spielst, kleines Kätzchen, dachte er sich nur. Er eilte ihr hinterher. Da alle Welt wusste, das Jeanne und Sindbad Feinde waren, sollte es jetzt hier auch so aussehen, als würden sie sich nichts schenken. Sie würden kämpfen. Jeanne hatte es sich schwerer vorgestellt. Sie stand vorm Bild. Alle Scheinwerfer waren auf sich gerichtet. Sie blickte sich um. Die ganzen Leute blickten sie erwartungsvoll an. Jeanne blickte hoch, Sindbad war schon im Anmarsch. Sie sollte sich beeilen. Sie ließ einen Pin aus ihrer Brosche erscheinen und warf ihn aufs Bild. Doch Sindbad war auch nicht langsam und sah nur unbeteiligt zu. Er hatte seinen Pin gegen ihren geschmissen. So kam keiner der Beiden ans Bild und fielen zu Boden. „Was…?“ Jeanne blickte zu Sindbad. Nun trieb er doch seine Spielchen mit ihr. Sie konnte nicht erkennen, ob er grinste, er hatte sein Tuch wieder vors Gesicht gezogen, aber blickte sie erwartungsvoll an. Nicht mit mir, dachte sie sich. So leicht kommst du mir nicht davon. Sie musste Sindbad vom Spielfeld räumen. Sie warf ihr Seil nach oben, dieses wickelte sich um eines der Balken, sie zog sich hoch mit einem Schwung hoch und stand ihm gegenüber. „Und nun?“, fragte er sie gehässig. Vielleicht war es auch gar nicht gehässig, aber Jeanne kam es in diesem Moment so vor. Sie wusste nicht, was sie tun sollte. „Du willst also ein Spiel?“, fragte sie ihn und kam auf ihn zu. Der Balken war schmal und sie musste einen Fuß nach dem anderen voran setzen, aber das störte sie gerade nicht, sie blickte auch nicht herunter, um zu schauen, wie tief es von hier oben aussehen würde. Sie wusste, dass alle der Gäste von unten nach oben schauten. Ja, es war ein Theaterstück. Ein verlogenes Spiel. Sindbad spielte mit ihr, und das konnte sie nicht auf sich sitzen lassen. Sie sprang mit einem Satz auf ihn zu. Er erschrak, doch dann spürte er plötzlich Hände auf seinen Schultern. Sie hatte gar nicht vor, ihn zu schubsen, nein, sie sprang über ihn herüber und war nun auf der anderen Seite sicher auf ihren Füßen gelandet. „Na?“, fragte sie ihn fordernd. Doch dann sah sie, dass er grinste. Warum grinste er? Dann wusste sie warum. Er hielt ihre Brosche in der Hand. „Wie?“ „Du hast vergessen, dass ich ein Dieb bin“, sagte Sindbad schnell, zog selber einen seiner Pins und warf ihn nun zum Bild. Jeanne konnte nur Tatenlos mit ansehen, wie das Bild verschwand und der Pin sich zu einer schwarzen Schachfigur entpuppte. Wie unachtsam von mir, fluchte sie innerlich. Wie konnte er es wagen, Jeanne so zu hintergehen und sie so bloß zu stellen, sie kochte. Jeanne nahm ihr Band wieder in die Hand und schwang sich vom Balken. „Jeanne…“ Doch sie reagierte nicht auf Sindbads Stimme, sondern rannte aus dem Saal. Sindbad blickte zu dem Pin und sah, dass Access die Schachfigur an sich genommen hatte. Das reichte Sindbad, er rannte Jeanne hinterher. Er hörte nur noch, wie nach seinem Verschwinden die Gäste Beifall klatschten. Sein Plan war also aufgegangen. Aber warum bedeutete ihm das jetzt nichts? Sindbad sah noch gerade, wie die Tür zum Treppenhaus zuging. Sie wollte also wieder aufs Dach. Er rannte ihr hinterher. An den Aufzug wollte er jetzt gar nicht denken. Es schmerzte, dass man sie so bloß gestellt hatte. Er spielte nur mit ihr. Tränen stiegen in Jeanne auf. Warum tat ihr der Gedanke so sehr weh, dass er nur mit ihr spielte. Wütend und aufgebracht rannte sie die Treppen hoch. Die Schachfigur und die verlorene Brosche waren ihr egal. Es war ihr alles egal. Das tat ihr jetzt gerade nicht so sehr weh. Ja, er war ein Dieb. Ein einfacher Dieb. Wie konnte sie nur… Aus der Puste kam sie schließlich oben an. Sie stand schon am Rand und wollte zum anderen rüber springen, als sie hörte, wie die Tür wieder aufging. Jeanne blickte sich noch mal um und sah Sindbad. Er war ihr gefolgt! Warum? „Jeanne… Warte…“ Seine Stimme klang jetzt nicht mehr so selbstsicher, wie eben im Saal. Welches Spiel spielte er nun mit ihr? Was wollte er noch? Er hatte sie wütend gemacht und blamiert! Was wollte er noch nehmen, ihre Ehre und ihren Stolz hatte er ja schon genommen. Er ging mit langsamen Schritten auf sie zu. Dann hielt er ihre Brosche hoch. Sie blickte ihn überrascht an. „Warum?“ Sie verstand ihn nicht. Warum war er auf der einen Seite so falsch und auf der anderen Seite so nett? Welcher war der wirkliche Sindbad? Wie viele Masken trug er? „Ich weiß, es war nicht fair, aber es ging nicht anders.“ Sie seufzte. Sie stieg von der Brüstung herunter, ging zu ihm und nahm sich ihre Brosche. „Ich wollte dich nicht verärgern.“ „Ich will nichts hören.“ „Aber Jeanne…“ „Nein, wir sind Feinde. Du bist mir keine Rechenschaft schuldig“, sagte sie schnell. Sie wollte wirklich nichts hören. Sie wollte keine falsche Entschuldigung hören. Ja, sie waren Feinde. Sie waren Gegner. Jeanne drehte sich um und rannte wieder zum Rand. Er konnte sie nicht aufhalten, da war sie auch schon verschwunden. Ihre Worte klangen immer noch in seinen Ohren. Ja, Feinde… „Oh Jeanne… Marron… denkst du wirklich so?“ Sindbad seufzte und zog sich die Maske als Sindbad ab. Da stand er nun. Chiaki Nagoya, der Leiter des Krankenhauses, der ein geheimes Leben als Sindbad der Dieb führte. Und er musste sich eingestehen, dass er sich verliebt hatte, ja er hatte sich verliebt. In ein wildes Kätzchen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)