Schatten in der Nacht von abgemeldet (oder die süßeste Versuchung) ================================================================================ Prolog: Vollmond ---------------- Augen, so schwarz wie die Nacht. Ein Verstand, so kühl und berechnend, dass selbst der weiseste Mann sich vor ihm zu fürchten hatte. Und eine Erscheinung, so gelenkig wie die eines Diebes und zugleich so gebieterisch und aufrecht wie die eines Königs. Man sagte ihm viel nach, dem Anführer der Rebellion, doch einen Namen hatte keiner für ihn. „Der König der Nacht“, „der Herr der Diebe“, das waren nur die gängigsten der Bezeichnungen, die man ihm gegeben hatte. Doch seinen Namen – den kannte keiner. Denn den Namen eines Menschen zu kennen, bedeutete Macht über ihn zu haben. Und genau das wollte der König der Nacht am Wenigsten. Manche behaupteten, er sei der verschollene Bruder des Königs, so abwegig es auch klang. Wieder andere meinten, dass er noch ein halbes Kind war, und diese ganze Rebellion sowieso nicht ernst zu nehmen war. Doch diese Menschen hatten nicht gesehen, wie einer der Rebellen einer Freundin den Hals aufschlitzte. Sakura schon. Noch heute spukten diese Bilden in ihrem Kopf herum. Vor allem diese Nacht, denn es war Vollmond und in einer Vollmondnacht hatte Sakura ihre beste Freundin verloren. Ino… Eine Träne rann Sakuras Wange hinab und sie trat auf den Balkon hinaus, die Luft drinnen schnürte ihr die Kehle zu. Dieser Mord hatte ihrer Faszination für den Herren der Diebe endgültig ein Ende bereitet. Sie war entschlossen alles zu tun, um ihn in seinen Vorhaben zu behindern. Nur… wie? Sie stieß einen leisen Seufzer aus und stützte sich am Geländer ab. Nun war es fast schon ein halbes Jahr her, und sie konnte einfach nicht vergessen. Jeden Tag besuchte sie Inos Grab und jeden Tag brach sie aufs Neue in Tränen aus und versprach dann, dieser Rebellion ein Ende zu bereiten. Aber wie zur Hölle sollte sie das anstellen – sie war eine Frau, hatte das Kämpfen nie gelernt und würde wahrscheinlich so und so nie ernst genommen werden. In Gedanken versunken lehnte sie da und sah ins Leere. Sie bemerkte nicht, was um sie geschah, erst als sie spürte wie etwas an ihr vorbei, auf die offene Tür zum Balkon zu, zischte, blickte sie auf. Es streifte sie an der Wange und hinterließ einen leichten Kratzer, jedoch tief genug, um durch ihre zarte Haut zu ihren Adern vorzudringen. In sekundenschnelle trat das Blut auf ihre Wangen hinaus und lief an ihnen hinab. Von Drinnen ertönte ein Schrei. Sakura wich vom Geländer zurück, und gerade noch rechtzeitig, denn einen Moment später landete dort leichtfüßig eine dunkle Gestalt. Der Wind zerrte an seiner Kleidung und seinem Haar. Er hockte auf dem Geländer und wirkte dabei so sicher und überlegen, als stünde er auf festem Boden vor ihr – dabei ging es unter dem Balkon gute fünfzig Meter in die Tiefe. Seine Augen blitzten sie geheimnisvoll an und sie war nahe dran, sich trotz aller Vorsicht in ihnen zu verlieren, als seine Stimme ertönte. Sie war rau und dunkel und beinahe noch anziehender als sein Äußeres. „Verzeih“, und er hob eine Hand und strich über ihre verletzte Wange. Sein Blick trübte sich für einen Moment. Im Raum hinter Sakura wurden die Stimmen lauter und kamen immer näher auf die Beiden am Balkon zu. Doch Sakura bemerkte es nicht. Ihre Augen waren nur auf ihn gerichtet, seine Präsenz überschattete alles andere. „Das wollte ich nicht.“, hauchte er noch in den Wind hinein, dann ließ er sich rückwärts in die Tiefe fallen. Es dauerte einen Augenblick, bis sie begriff, was geschehen war. Dann stürzte sie mit einem Aufschrei ans Geländer. Sie sah gerade noch, wie er sicher auf der Straße unter ihr landete, dann verschwand er in eine der Seitengassen. Vollkommen verblüfft blickte sie auf die Stelle, an der er verschwunden war. Der König der Nacht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)