Ein kleiner Regenschirm von WhiteFighter ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Werde ich wirklich gebraucht? Eine Frage, die sich mir schon so oft im Leben gestellt hat. Jedes mal beantworte ich sie mir selbst mit einer klaren Verneinung. Selbst wenn mir gesagt wurde, dass es falsch war so zu denken, konnte ich nicht anders, als diese Sichtweise beizubehalten. Ich war es nicht anders gewohnt, und vielleicht hatte ich sogar Recht mit dem was ich dachte. Aber was auch immer es war, es gab einen Moment, in dem ich mir bewusst wurde, dass ich zumindest zeitweise von Nutzen sein konnte. Dunkle Wolken hangen am Himmel. Schotteten alles von den grellen Sonnenstrahlen ab, tauchten scheinbar die ganze Welt in ein tristes, liebloses Grau. Warum ich gerade an diesem Tag einen Regenschirm mitgenommen hatte, wusste ich nicht. Auch wusste es niemand anders, immerhin war es allseits bekannt, dass ich gerne nass wurde, und sogar absichtlich ohne Regenschirm durch den herabprasselnden Regen lief. Das schrille Leuten der Klingel entließ uns vom Unterricht, hinaus in die Freiheit wie es immer hieß. Noch einige Minuten ließ ich passieren, bevor ich aufgefordert wurde, meine Sachen einzupacken und den Raum zu verlassen. Ohne jegliche Worte der Antwort folgte ich den Anweisungen. Kaum hatte ich Bücher, Hefte und Schreibutensilien verstaut, griff ich nach dem schwarzen Schirm, den ich die ganze Zeit über hatte hinter mir stehen lassen. Dass ich ihn an diesem Tag noch gebrauchen würde, wusste ich nicht. Mir waren Dinge aufgefallen, die mich nicht in Ruhe lassen wollten. Unklarheiten, das simple Unwohlsein, das in mir kursierte. Aber auch das Bedürfnis von Nähe zu einem gewissen Menschen. Mein gesamter Körper schien wie im Halbschlaf, als mir irgendetwas sagte, dass sich meine Arme und Beine nur noch bin Mühe bewegen ließen. An einem der großen Fenster, welche über den gesamten Gang verteilt waren machte ich für einige Momente rast und lies meinem Blick freien lauf. Es regnete stark, der gesamte Boden war mehr schwarz, als vorher noch braun und grau. Keine Menschenseele lief mehr über den Schulhof, alle versteckten sich in ihren Räumen oder rannten so schnell es ging durch den Regen um so trocken wie es nur eben ging nach Hause zu kommen. Und trotz des Regens erkannte ich jemanden. Eine einzelne Person, die abgekapselt von allen anderen auf einer der metallenen Bänke saß, den Blick gen Boden gerichtet. Ich hatte nicht einmal darüber nachgedacht, was ich tun wollte. Ich handelte einfach. Seufzend ergriff ich ein weiteres Mal meinen Regenschirm und öffnete ihn in dem Moment, in welchem ich die Tür nach draußen Aufstieß. Eine Sekunde lang starrte ich in den grauen Himmel über mir und begann den Regen in meinem Gesicht, auf meinen Armen und auf meinem Hals zu spüren. Die Nässe machte mir nichts aus, stand ich doch schon so oft im Regen. Allein gelassen von allem und jedem. Ohne ein Anzeichen von Gefühl in meiner Mimik verharrte mein Blick auf dem jungen Mädchen, welches einsam auf der Bank saß und die Wassertropfen auf sie niedergehen ließ. Ich wusste, warum sie es tat. Ebenso war ich im Wissen, dass sie es nicht verdient hatte. Auch wollte ich nicht, dass sie das erfuhr, was ich so gut kannte .. Träge stapfte ich die Stufen der Wendeltreppe hinab, meinen Blick nur für wenige Momente von ihr ablassend, während ich unbewusst den Griff meines Schirms auf meiner Schulter drehte. Ein gleichmäßiges, grausam monotones Geräusch des auf das Polyester prasselnden Regens drängte sich in meine Ohren, untermalt durch das Grollen des Donners und des Plätscherns, wenn ich in eine der zahlreichen Pfützen trat. Eine Kombination aus ungewöhnlicher Wärme und Unwohlsein breitete sich in mir aus, kurz bevor ich vor ihr stand und den rechten Arm ausstreckte, der den Schirm über ihren Kopf hielt. Die Wärme bahnte sich ihren Weg durch den Bauch, über meine Lungen hinaus, sodass ich sogar ein leichtes Kratzen verspürte, wenn ich den Ansatz wagte, einzuatmen. Nur das Unwohlsein, das verharrte in meiner Magengegend. Die wenigen Sekunden, die vergingen kamen mir ewig vor. Sie war völlig nass, sie saß nicht erst seit kurzem hier. Umso mehr Sorge empfand ich, als ich ihr leicht durch das nasse, rabenschwarze Haar fuhr, das ihre linkes Auge versteckte. Überrascht hob sie ihren Kopf und sah mich mit ihren rötlich gefärbten Augen an. Nicht nur das zeigte mir, dass sie weinte. Auch die schwarzen Tropfen, die ihre Wangen hinabliefen war ein Zeichen dafür. Langsam hockte ich mich vor sie, den Regenschirm weiter über sie haltend und mit meinem Blick ihre Augen fixierend. Es war mehr, als nur ein merkwürdiges Gefühl, sie so zu sehen. Doch selbst dieses Verschwand. Weggespült, wie Dreck der vom Regen getroffen wurde. Und das nur durch den einen Moment, als sie ihre Arme um mich legte und mir ein leises Dankeschön in mein Ohr flüsterte .. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)