Ayashi - Der Weg zur Wahrheit von abgemeldet ((überarbeitet)) ================================================================================ Kapitel 63: ------------ In den folgenden zwei Monaten versuchte Ayashi, zweimal mit Satori zu sprechen, doch sie kam nicht weit. Satori war sehr stur und hochmütig, wie Ayame es in gewisser Weise vorausgesehen hatte. Es hatte keinen Wert, insgeheim wusste das Ayashi, doch es widerstrebte ihr, sich das einzugestehen und sich Satoris Willen auch nur in irgendeiner Weise zu beugen. Sie wusste nicht, was mit ihr geschehen war, dass sie so unterkühlt dachte und handelte, doch Ayashi wusste, dass es ihr nicht gefiel. Sie beobachtete, wie Satori sich den anderen gegenüber verhielt, und stellte fest, dass Ayame auch in dieser Hinsicht nicht übertrieben hatte: Diener und Dienerinnen behandelte sie von oben herab, blickte sie niemals an und sprach sehr forsch mit ihren. Sie mussten sich beinahe schon bei ihrer großzügigen Herrin bedanken, dass sie dieselbe Luft atmen durften. Krieger waren tatsächlich nicht mehr als Söldner für sie, die von nun an die ehrenvolle Aufgabe hatten, ihre Herrin mit allen Mitteln zu schützen und im Fall des Falles ihr Leben für sie zu geben. Satori selbst nahm überhaupt keine Waffe mehr in die Hand, da dies in ihren Augen nun mehr denn je als unehrenhaft gelten sollte. Und Katsumoto? Nun, Ayashi fiel auf, dass Satori Katsumotos Zuneigung geweckt hatte, dass er versuchte, ihr ihre Wünsche zu erfüllen, doch sie stellte auch fest, dass es durchaus Dinge gab, die Katsumoto auch gegen den ausdrücklichen Willen seiner zukünftigen Gefährtin durchsetzte. Ayashi war sehr froh, denn nun waren alle Verbündeten zur Feier im Sommer eingeladen und es würde für keinen von ihren einen Grund geben, im Falle einer kriegerischen Auseinandersetzung – die dank Inu-no-taishous Interesse an einer Sterblichen immer noch überaus stark drohte – den Vertrag zu brechen und nur im eigenen Interesse zu handeln. Ayashi verbrachte die meiste Zeit mit ihrer Schwester Ayame, mit Taido und Ishiki, die den beiden Frauen in respektvoller Zuneigung zugetan wurden, sie weiterhin bei ihren Kampfübungen unterstützten und sie in die Wälder der Umgebung begleiteten. Ayashi hatte gehofft, auch ihre anderen Freunde wieder zu treffen, doch viele von ihnen waren in Diensten anderer Fürsten oder auf Wanderschaft, weshalb sie erst zur Feier im Sommer zurück nach Kochi kommen würden. Der Schnee schmolz langsam in diesem Jahr, doch auch er musste in all seiner Beharrlichkeit schließlich der Kraft der Sonne weichen. Ayashi bemerkte das sprießende Grün, das ertönende Singen der Vögel und die Wärme der Sonnenstrahlen auf ihrem Gesicht, als sie an einem Frühlingsmorgen auf Ayame wartete, und genoss es. Sie atmete tief durch und spürte, dass sie lächelte. Der Sommer kam. „Es tut mir leid, dass es länger gedauert hat!“ rief Ayame schon von weitem und eilte auf die Engawa zu, auf die Ayashi sich gesetzt hatte. „Das ist schon in Ordnung. Was wollte Katsumoto?“ fragte Ayashi und erhob sich. „Ach, dies und das. Vor allem ging es darum, dass Satori sich nicht wohl fühlt… Nein, frag’ mich nicht, was sie nun schon wieder hat!“ antwortete ihre jüngere Schwester und blickte zu den bewaldeten Hügeln, die im Sonnenlicht ihr gesamtes lebendiges Grün entfalteten. „Gut, ich frage nicht.“ stimmte Ayashi zu und folgte ihrem Blick mit den Augen. „Dorthin willst du?“ „Ja, zu der kleinen Lichtung, die wir in der letzten Zeit so oft mit Ishiki und Taido besucht haben. Lass’ uns einfach genießen, dass es ein schöner Frühlingstag ist – mit Sonne, einer kühlen Brise und Ruhe.“ meinte Ayame und ging voran. Die Schwestern schritten über den Hof, dann hinaus in die Ebene, wo sie in einen schnellen Lauf fielen und durch die Wälder die Hügel und Berge hinauf sich immer weiter vom Schloss in Kochi selbst entfernten. Ayashi ließ Ayame, die vergnügt lachte und immer schneller wurde, vor ihr laufen, folgte ihr aber ohne großen Abstand, sodass sie beinahe gemeinsam mit Ayame auf die Lichtung hinaustrat. Ayame lachte, breitete die Arme aus und drehte sich ausgelassen im Kreis, wirbelte in die Mitte der Lichtung und ließ sich etwas außer Atem und glücklich in das hohe Gras fallen. Ayashi trat lächelnd näher und setzte sich neben sie. So fröhlich hatte sie ihre kleine Schwester schon länger nicht mehr gesehen und sie fragte sich, ob die Frühlingssonne der einzige Grund für ihre Heiterkeit war. Ayame lag mit geschlossenen Augen im Gras und genoss die Sonne, die sie an der Nase kitzelte und den Wind, der ihr warm über die Haut strich. Ayashi lehnte sich auf ihre Ellenbogen zurück und blickte in den blauen Himmel. Nur wenige kleine Wolken zogen dahin und Ayashi bemerkte, dass sie bald wieder leichtere Kleidung anziehen konnten. „Weißt du, manchmal beneide ich dich.“ gestand Ayame nach einer Weile plötzlich, worauf Ayashi sie überrascht anblickte. „Wieso das?“ fragte sie „Du bist dir so sicher in allem.“ meinte sie, worauf Ayashi den Kopf schüttelte. „Nein, das bin ich nicht. Ich habe nur gelernt, meine Unsicherheit gut zu verbergen.“ „Tatsächlich?“ murmelte Ayame und fügte hinzu: „Ja, dann gelingt dir das wirklich gut.“ „Hast du etwas auf dem Herzen, Ayame?“ fragte Ayashi, doch nun schüttelte Ayame den Kopf. „Nein, nichts.“ entgegnete sie noch, ehe sie wieder schwieg. Ayashi betrachtete weiterhin die wenigen Wolken, die vom Wind über den Himmel getrieben wurden. Hoch oben schwebten Scharen von Vögeln, landeten schließlich auf den Bäumen im Wald und stoben wieder aufgeschreckt davon, ohne dass Ayashi den Grund dafür wahrnahm. Sie waren immer in Bewegung. „Ich habe einige Youkai über dich reden hören, Ayashi. Sie bewundern dich.“ „Ist das so?“ „Ja, und du weißt es. Du bist sehr angesehen. Man achtet dich und man verehrt dich beinahe, seit du unseren Vater so sehr unterstützt hast.“ „Ich habe Fukuoka verteidigt, weil es meine Pflicht war – meine Aufgabe.“ „Wen kümmert es, warum du deine Aufgabe erfüllt hast? Es ist eine Tatsache, dass Vater stolz auf dich sein kann. Und du kannst stolz auf dich sein.“ meinte Ayame und Ayashi fragte sich ein wenig, worauf ihre kleine Schwester hinaus wollte. „Wirst du dir bald einen Gefährten erwählen?“ fragte Ayame und Ayashi biss sich auf die Lippen, was Ayame zum Glück nicht sehen konnte. Einen Gefährten? Wenn sie ihr Herz befragte, hatte sie schon längst einen Gefährten in ihrem Leben erwählt, doch das durfte niemand wissen. Sesshoumaru. Sesshoumaru war ihre Wahl, doch sie wusste, dass ihr Vater diese Wahl niemals unterstützen würde. Sie ahnte sogar, dass ihr Vater bereits andere Pläne für sie hatte. Sie erinnerte sich gut an das Gespräch, das sie einmal mit ihm geführt hatte. „Ayashi?“ fragte Ayame, als ihre Schwester nicht antwortete, schlug die Augen auf und richtete sich etwas auf, sodass sie ihr in das Gesicht blicken konnte. „Diese Entscheidung werde ich nicht treffen, Ayame, sondern Vater.“ „Und das macht dich nicht wütend?“ „Doch, natürlich macht mich das wütend. Ich finde es nicht toll, aber… Wie soll ich das sagen? Ich bin seine Tochter. Ich bin seine Erbin. Ich werde einmal genauso für Kyushu verantwortlich sein wie er es nun ist. Wenn er einen Youkai findet, von dem er denkt, dass er mich gut bei meiner Aufgabe unterstützen kann, so will ich ihm in der Hinsicht vertrauen.“ entgegnete Ayashi und bemühte sich sehr, ruhig und gelassen zu bleiben. „Glaubst du, dass er bald an dich herantreten wird, weil er dir jemanden vorstellen möchte?“ „Ich weiß es nicht. Bisher… Nun, bisher hatte ich nicht das Gefühl, dass er jemanden sucht – oder auch nur, dass er sich Anträgen gegenüber offen gibt, aber ich kann es nicht wissen.“ „Nun, ich denke, er ignoriert die Bittsteller noch. Ich kann mir schlecht vorstellen, dass du es nicht bemerkt hättest, wenn…“ meinte Ayame und blickte zum Waldrand. „Wieso beschäftigt dich diese Frage so sehr?“ fragte Ayashi schließlich, als Ayame lange Zeit nicht den Blick vom Waldrand abwandte. „Zum einen interessiert mich das, weil Katsumoto nun Satori zu seiner Gefährtin machen wird. Ich wollte wissen, ob ich mich auf noch eine andere familiäre Situation einstellen muss… wie zum Beispiel einen Schwager.“ Ayashi nickte und verschwieg, dass Ayame ja eigentlich inoffiziell sogar schon einen Schwager hatte. „Und warum noch?“ hakte sie nach, um sich von den Gedanken an Sesshoumaru möglichst schnell wieder abzulenken. „Nun, zum anderen… denke ich, dass ich mich verliebt habe.“ rückte Ayame mit der Sprache heraus. „Wer ist er?“ fragte Ayashi aus einem seltsamen Grund kaum überrascht. Das erklärte Ayames Lebensfreude, Heiterkeit und Frohsinn wirklich restlos. „Kouga, Komyos Sohn.“ meinte Ayame, worauf Ayashi nickte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)