Ayashi - Der Weg zur Wahrheit von abgemeldet ((überarbeitet)) ================================================================================ Kapitel 15: ------------ Es war beinahe schon Abend, als sie den Schmied verließ und draußen im Innenhof wieder auf Inu-no-taishou traf. „Ihr scheint euch ganz gut zu verstehen!“ meinte er leise lachend und Ayashi nickte. „Wer war der Besucher?“ Inu-no-taishou zögerte und Ayashi nickte wieder. „Sesshoumaru.“ bemerkte sie. „Ja, aber du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Er ist bereits wieder aufgebrochen.“ Ayashi lachte unfroh und schüttelte den Kopf. „Ich mache mir keine Sorgen, ich habe auch keine Angst.“ erklärte sie. „Ayashi, nur weil du das Schicksal nicht fürchtest, heißt das nicht, dass es dich nicht einholt.“ begann er geduldig und legte ihren Arm um seinen Unterarm, damit sie ihm hinein folgte. Ayashi ging ruhig neben ihm her und schwieg. „Dein Vater lässt dich gehen, obwohl er sicher ist, dass deine Mutter sich nicht getäuscht hat. Und ich kann mir das auch nicht recht vorstellen.“ erhob er wieder das Wort, wofür er von Ayashis Seite einen verwunderten Blick erntete. „Du glaubst ihr, die du nach deiner eigenen und oft wiederholten Aussage kaum gekannt hast, und traust deinem Sohn den Mord an mir zu?“ „Niemand spricht von Mord, Ayashi. Niemand kann beurteilen, was für Umstände die Zukunft schaffen wird, in denen sein Verstand vielleicht ausgeschaltet ist.“ „Ganz recht: Niemand. Auch meine Mutter nicht.“ beharrte Ayashi und löste ihren Arm von seinem. Inu-no-taishou seufzte leise und entgegnete nichts. Ayashi schwieg ebenfalls, blickte sich in der Halle um, in der das Nachtmahl bereits aufgetischt war, und biss sich überlegend auf die Lippen. „Wie ist Sesshoumaru?“ brach sie schließlich das Schweigen und begegnete seinem prüfenden Blick. „Das ist keine leichte Frage. Wir haben uns nicht immer gut verstanden, doch er war immer respektvoll und meistens ehrlich, wenn auch sehr in sich gekehrt.“ „Weshalb?“ „Der Abschied von seiner Mutter war ihm sehr schwer gefallen. Er war noch sehr jung, als sie uns verlassen hat, um in den Norden zu ihrer Familie zurückzukehren.“ „Ich finde es verständlich, dass er sich im Stich gelassen fühlte.“ entgegnete Ayashi und Inu-no-taishou nickte. „Ja, das war es wohl, doch im Laufe der Zeit hat er verstanden, dass nicht er die Schuld dafür trug. Ich denke, danach schob er sie eine Weile mit zu.“ „Und nun?“ „Nun spricht er nicht mehr davon. Vielleicht hat er mit seiner Mutter abgeschlossen, vielleicht bereitet es ihm zu große Schmerzen an sie zu denken. Ich weiß es nicht.“ antwortete Inu-no-taishou gedämpft und schien einen Augenblick in seinen Erinnerungen zu versinken, ehe er mit heiterer Stimme fragte: „Du bleibst doch noch zum Essen?“ Ayashi nickte und sah ihm nach, wie er auf den Tisch und die Sitzkissen zuging und die Hand nach ihr ausstreckte. Sie folgte seiner Bitte, zu ihm zu kommen, und ließ sich auf den Kissen nieder. „Abgesehen davon, dass er nicht mit dir über seine Mutter spricht…“ begann Ayashi wieder und Inu-no-taishou entgegnete ihr: „Ich kann mich auf ihn verlassen. Er wird ein würdiger Nachfolger werden, wenn ich nicht mehr bin. Da bin ich mir sicher.“ Ayashi schaute ihn nickend an, dann meinte sie beiläufig: „Nun fällt es mir noch schwerer, mein vorhergesehenes Schicksal nicht als völlig abwegig zu erklären.“ „Ich hoffe, du bist trotzdem vorsichtig.“ erwiderte er und fügte hinzu: „Und ich hoffe, dass ich nicht die Neugier in dir geweckt habe!“ Ayashi schüttelte den Kopf und meinte beruhigend: „Keine Sorge, im Grunde bin ich nicht neugierig.“ Sie nickte noch einmal zur Bekräftigung und lächelte ihn an. Doch ihr Inneres rief ihr zu, dass sie ihm nicht die ganze Wahrheit gesagt hatte. Nein, sie war nicht neugierig, doch Interesse war auch nicht Neugier. Ayashi leistete Inu-no-taishou bei einem leichten Abendessen noch Gesellschaft, da er sie darum gebeten hatte. „Dein Vater bat mich, dir noch eine Sache beizubringen.“ ergriff er wieder das Wort, nachdem er zu essen aufgehört hatte. „Bevor du mich in die weite Welt entlässt?“ fragte Ayashi und lächelte nachsichtig. „Er macht sich Sorgen… Ich weiß nicht, wie oft ich dir das schon gesagt habe.“ „Sehr oft, aber das ist in Ordnung. Ich weiß es doch.“ versicherte Ayashi und lehnte ihren Oberkörper ein Stück zurück. „Was ist das für eine Sache, die ich noch lernen muss?“ „Wenn du durch die Welt ziehst, wirst du nicht immer Situationen antreffen, in denen du nicht zeigen kannst, wer du wirklich bist.“ begann Inu-no-taishou seine Unterweisung. Ayashi zog unmerklich eine Augenbraue hoch. Sie war Youkai und sie war stark. Noch dazu von adligem Blut und hohem Stand, was… Inu-no-taishous Miene verfinsterte sich, obwohl sie keinen von ihren Gedanken ausgesprochen hatte. „Du bist eine Hime, eine Youkai-Hime, das ist richtig. Dein Vater hat keine nennenswerten Feinde, die danach trachten, ihm und somit dir Schaden zuzufügen.“ „Ich könnte mich verteidigen, meinst du nicht?“ versuchte Ayashi ihrer Einstellung Ausdruck zu verleihen, doch Inu-no-taishou hob die Hand, um ihr zu bedeuten, dass sie einfach nur zuhören solle. „Um mögliche Auseinandersetzungen zu vermeiden, musst du noch in ein uraltes Geheimnis eingeweiht werden. Nur die edlen und großen Youkai kennen es, also hast auch du das Recht, dieses zu erfahren.“ Ayashi hörte gespannt zu, da es ihr wirklich wichtig erschien. Und immerhin wollte ihr Vater, dass sie dieses Geheimnis durch Inu-no-taishou erfuhr… Wieso hatte er selbst das nicht übernommen? „Du wirst in dieser Nacht noch lernen, deine Aura völlig der Aura eines Menschen anzupassen.“ Ayashi legte den Kopf etwas schief und zog die Augenbrauen zusammen. Sie hatte bereits gelernt, das Aussehen eines Menschen anzunehmen. Dass auch ihre Aura ‚menschlich’ werden konnte, wusste sie nicht. Bisher hatte sie es allerdings auch nicht für nötig erachtet. „Dein Vater und ich möchten, dass du auf alles vorbereitet bist. Die meisten Menschen kannst du natürlich weiterhin nur durch dein menschliches Aussehen blenden und überzeugen, dass du eine sterbliche Frau bist. Solltest du allerdings in die Situation kommen, dass andere Wesen dich als Mensch betrachten sollen, reicht das nicht aus.“ „Ich verstehe. Ich hatte bisher zwar die Fähigkeit, menschliches Aussehen anzunehmen und Menschen zu täuschen, allerdings würde jeder Dämon und jeder Youkai mein Spiel leicht durchschauen, was eventuell gefährlich für mich werden könnte. Darum geht es doch, oder?“ „Richtig.“ pflichtete Inu-no-taishou ihr bei und erhob sich. „Komm. Das Training werden wir im Park abhalten.“ meinte er noch und ging hinaus. Ayashi fragte sich immer noch, wer ihr etwas antun wollte, und ob sie dieses Wissen je brauchen würde, doch sie erhob sich ebenfalls und folgte Inu-no-taishou willig in den Park hinaus. Inu-no-taishou saß bereits mitten auf einer Rasenfläche und hatte die Beine untergeschlagen. Ayashi musterte ihn verwundert und wartete auf ein Zeichen, das er ihr vorerst aber nicht gab. Was machte er da? Es war ein wenig befremdlich für sie, den großen Fürsten mit geschlossenen Augen im Gras sitzen zu sehen, doch kurz darauf winkte er sie zu sich und sie schüttelte jeden Zweifel ab. Er musste wissen, was er tat. Und auch Kataga musste es wissen. Inu-no-taishou berührte den Rasen vor sich und bedeutete Ayashi, sich ihm gegenüber zu setzen. Training sah in ihren Augen anders aus. „Ich will nur eines von dir, Ayashi: Konzentration.“ brach Inu-no-taishou das Schweigen und öffnete seine Augen wieder. „Von deinem Vater habe ich erfahren, dass du selbst für ihn ein schwer zu bändigendes Kind warst, deshalb hat er mich gebeten, dich diese Kunst zu lehren.“ „Was muss ich tun? Ich meine, ich habe schließlich schon gelernt, meine Aura unter Kontrolle zu halten, damit ich niemanden beleidige oder keine feindselige Gefühle übermittle, aber wie soll meine Aura menschlich werden?“ „Konzentration, Ayashi. Die Vorgänge sind dieselben. Geh’ tief in dich und konzentriere dich… Ich weiß, es ist anstrengend, aber du musst dein Inneres davon überzeugen, Mensch zu sein.“ „Und das funktioniert?“ fragte Ayashi ungläubig, erntete dafür einen strengen Blick und schloss die Augen. „Wir trainieren, bis du es kannst. Und vorher wirst du deine Reise nicht antreten.“ meinte Inu-no-taishou und ließ Ayashi dann mit dem mentalen Training beginnen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)