Bittersweet Symphony von Erdbeermuffin (Gut Ding braucht Weile, letztes Kapitel on XD) ================================================================================ Kapitel 9: ~Sieg und Niederlage~ -------------------------------- IX. Sieg und Niederlage Da stand ich nun… hier in diesem großen Flur mit hohen Decken und dieser herrlichen Holzvertäfelung an den Wänden. Insgesamt sah alles recht teuer und edel aus, fast schon ein bisschen verschwenderisch, doch ich konnte mir gut vorstellen, dass ein Kerl wie Lestat hier lebte. Ich ließ mir von der Haushälterin den Mantel abnehmen und sah mich um. „Wenn Ihr mir bitte folgen würdet.“ Sagte sie lächelnd und ich nickte nur kurz, hektisch als hätte sie mich aus einem Traum geholt. Tatsächlich war ich in Gedanken versunken gewesen. Ich folgte ihr die dunklen Holztreppen hinauf, als wir vor einer Türe stehen blieben. Lächelnd blieb sie stehen und entfernte sich etwas. „Der Master wartet schon auf euch. Wenn Ihr etwas brauchen solltet, dann lasst es mich wissen.“ Wirklich eine nette Dame. Mit schnellen, tippelnden Schritten verschwand sie wieder die Treppe hinunter. Leicht schluckend blieb ich vor der Türe stehen und umfasste langsam die kalte Metallklinke. Noch einmal tief durchgeatmet… Auf einmal ging die Türe auf, ganz ohne mein Zutun. Völlig entgeistert hob ich den Blick und starrte direkt in das grinsende Gesicht des Hausherrn. „Sieh an, sieh an.“ Sagte er schmunzelnd. „Hattest wohl doch Angst hierher zu kommen, was? Aber keine Panik, dich beißt keiner.“ Noch bevor ich etwas sagen konnte fasste er mich am Handgelenk und zog mich nach drinnen. Die Türe fiel direkt hinter mir ins Schloss. So viele Bücher… alle Regale waren voll davon. Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass er so belesen ist, doch als ich ein paar der Buchtitel sah musste ich doch schlucken. „Inquisition“, „Sex und Folter in der Kirche“, „Foltermethoden des Mittelalters“, all diese Bücher und noch mehr davon befanden sich in diesen Regalen. „Also? Was führt dich zu mir? Du bist doch sicher nicht hergekommen um mir meinen wohlverdienten Liebesdienst zu erweisen, nachdem ich dich derart umworben habe, oder?“ fragte er grinsend. Mittlerweile hatte er sich auf dem mit dunklen Leder überzogenen Stuhl hinter seinem Schreibtisch niedergelassen. Seine amethystfarbenen Augen blickten mich erwartungsvoll an. Sofort spürte ich wie mir die Röte ins Gesicht stieg. Sofort schüttelte ich den Kopf. „Nein, bin ich nicht!“ fauchte ich und er hob sogleich abwehrend die Hände. „Man darf doch wohl mal fragen.“ Unverschämt wie immer! „Aber ganz im ernst: Warum bist du hier? So weit ich weiß, hast du doch nichts für mich übrig.“ Ich schnaufte ihn trotzig an. „hab ich auch nicht.“ Antwortete ich gleich. „ich bin hier, weil ich ein paar Fragen an dich habe.“ Sein Gesicht wurde ernster und er schlug die Beine übereinander. Trotzdem sein Gesicht nun diese derart kalten Züge annahm, wirkte er immer noch auf seine eigene Weise anziehend, doch davon durfte ich mich nicht beeindrucken lassen. „Dann stell’ sie doch, oder ist es dir so peinlich?“ „N- nein, das ist es nicht. Also, was hast du mit den Morden im East End zu tun?“ fragte ich schließlich aufgeregt und einen Moment herrschte Stille. Dann verzog sich Lestats Gesicht plötzlich und er fing herzhaft an zu lachen. „Das… Ist ein Witz, oder??“ fragte er keuchend und zwischen fast endlosen Lachern. „Als wenn ich mit so etwas scherzen würde!“ blaffte ich ihn an. „Dunkelrote Rosen, Lestat! Sie sind das Zeichen deiner Familie und bei jedem Opfer wurde eine solche Rose gefunden und falls es dich interessiert: Ich bin dem Mörder selbst begegnet und weißt du was?! Er hatte amethystfarbene Augen, haargenau wie du!“ auf einmal nahm sein Gesicht undefinierbare Züge an. War es Entsetzen? Sorge? Wut? Ich wusste es nicht, da ich diesen Ausdruck noch nie an ihm gesehen hatte. Er erhob sich von seinem Stuhl und kam mit schnellen Schritten auf mich zu. Er fasste mich fest an den Schultern und sah mich eindringlich an. „Was hast du genau gesehen, Ray?? Sag’ es mir!“ „Lestat, lass mich los! Willst du mich zerquetschen??“ „Sag’ mir erst, was du gesehen hast!“ ich atmete erneut tief durch, damit ich genug Sauerstoff bekam. Mein Blick senkte sich gen Fußboden. „Nicht viel…“ sagte ich leise. „Ich habe seine Augen gesehen. Wir sind direkt ineinander gelaufen und…. Und er trug einen Zylinder und einen Mantel… glaube ich. Ich weiß es nicht mehr genau, weil ich wenig später zusammen gebrochen bin.“ Ich schluckte kurz. „Sag’ mir bitte, dass du es nicht warst.“ Murmelte ich mehr zu mir als zu ihm. Obwohl er so unverschämt und pervers war, so war er mir doch auf gewisse Art und Weise irgendwie… na ja, sympathisch wäre zuviel des Guten, aber ich mochte ihn trotzdem irgendwie. Ich spürte wie sein Griff sich etwas lockerte. „Wann bist du ihm begegnet?“ fragte er leise und schaute mich weiterhin eindringlich an. „In der Nacht auf den 9. November.“ Antwortete ich nun noch kaum hörbar. Ich vernahm sein tiefes Seufzen. „Ich habe ein Alibi. In dieser Nacht war ich bei einem Bekannten. Sein Name ist Dr. Fitch. Wir haben Karten gespielt und ich habe anschließend die Nacht bei ihm verbracht, weil ich betrunken war.“ „Dr. Fitch??“ fragte ich ihn aufgeregt. „Ja, der Gleiche, warum? Kennst du ihn?“ ich nickte sofort. „Er ist unser Hausarzt, aber woher kennst du ihn bitteschön?“ „Aus genau den gleichen Gründen. Schon seit Jahren ist er der Arzt unserer Familie.“ Er strich sich kurz durch` s Haar und ließ ganz von mir ab. Auf einmal wirkte er irgendwie… traurig, oder melancholisch. „Stimmt was nicht?“ „Hm?“ schnell schüttelte er den Kopf und lächelte leicht. Es war nicht das übliche, fiese und verheißungsvolle Grinsen, sondern ein einfaches und schlichtes Lächeln und ich musste mir eingestehen, dass es ihm ausgezeichnet stand. „Nein, es ist alles in Ordnung. Ich finde es nur amüsant wie viele Zufälle uns doch miteinander verbinden… mehr oder weniger erfreuliche.“ Schmunzelte er und trat an das große Fenster von dem aus er auf die Straße schauen konnte. Wir waren vollkommen vom Thema abgekommen, doch Lestat kam gleich darauf zurück. „Du verdächtigst mich also immer noch… trotzdem du mich vor deinem Bruder noch verteidigt hast.“ Ich schluckte kurz. Ich war mir vollkommen im Klaren darüber, dass ich Lestat schon einmal gefragt hatte, ob er mit den Morden im Zusammenhang stand und obwohl ich es nicht wollte, dass er der Mörder war, so erhärtete sich doch immer mehr der Verdacht, dass er es sei. „Du lässt mir halt keine andere Wahl.“ Sagte ich seufzend. „Das alles ist so verwirrend und da sind so viele Hinweise, die man auf dich zurückführen kann und mittlerweile habe ich Angst mitten in diese Mordsache hinein gerutscht zu sein. Ich will lediglich die Wahrheit wissen, damit das alles endlich ein Ende hat.“ Erklärte ich ihm und er kam erneut auf mich zu. „Dann denkst du also eigentlich nicht, dass ich dieser Mörder bin, oder willst du es nicht glauben?“ „Eher letzteres.“ Murmelte ich kleinlaut und schaute weiterhin auf den Boden. Es war so verdammt peinlich! Ich kam mir nun selbst eher wie bei einem Verhör vor, wobei ich selbst doch eigentlich derjenige sein sollte, der ihn verhört. „Dann vertraust du mir also immer noch nicht.“ Es war genau die gleiche Erkenntnis wie beim letzten Mal als wir darüber gesprochen hatten. „Ray, hast du auch schon mal daran gedacht, dass da einfach jemand ist, der den ganzen Verdacht auf mich lenken will, damit er selbst nicht als Mörder erkannt wird?“ fragte er seufzend und sah mich scheinbar enttäuscht darüber an, dass ich ihm immer noch zu glauben schien. „Schon, aber wer sollte so was tun?“ „Glaub mir, es gibt genug Leute, die mich nicht leiden können. Du kannst mich doch auch nicht besonders gut leiden, oder irre ich mich da auf einmal?“ er zog eine Augenbraue hoch und schon wieder spürte ich wie mir die Röte ins Gesicht stieg. „Also… ich hasse dich nicht, falls du das meinen solltest.“ Gab ich kleinlaut zu und wieder würde Lestats fieses Grinsen sichtbar. Wie konnte er in einer solchen Situation nur so unverschämt bleiben?? „So, dann… magst du mich also?“ fragte er weiter und ging um mich herum. „So weit… würde ich nicht gehen.“ Er seufzte tief und entfernte sich ein Stück von mir, scheinbar enttäuscht über meine Antwort. “Ray, du denkst wahrscheinlich, dass ich es nicht ernst mit dir meine. Ich beobachte dich schon eine ganze weile und ich hatte dich auch schon vor unserem ersten Treffen im Auge gehabt. Als ich dich das erste Mal gesehen hab, da hat es einfach… na ja, du hast gelacht und wirktest so unbeschwert.“ Er schaute mir seufzend ins Gesicht. „Aber in Wirklichkeit bist du doch nur ein kleiner Giftzwerg.“ Wie bitte?? Ich hatte mich wohl verhört! Bei meinem entsetzten Gesicht fing er wieder an zu lachen. „Jetzt nimm` doch nicht alles so ernst, was ich sage, oder legst du etwa so viel wert auf meine Worte?“ er kam zu mir zurück um mich in den Arm zu nehmen. Ich versuchte mich noch von ihm zu entfernen, doch da war es schon zu spät und zu meinem Missfallen musste ich feststellen, dass es sich irgendwie gut fühlte. Normalerweise waren die Männer diejenigen, die ihre Frauen beschützten und sie in den Arm nahmen, doch selber einmal in den Arm genommen zu werden hatte auch etwas für sich. Bevor ich das jedoch offen zugeben würde, ließ ich mir lieber die Zunge abschneiden. Also stemmte ich meine Hände gegen seinen Oberkörper und versuchte ihn von mir weg zu drücken, doch er hielt mich immer noch fest an sich gedrückt, so dass ich seinen Herzschlag hören konnte und spürte wie eine angenehme Wärme in mir aufstieg. Dabei wollte ich das doch gar nicht! Er war ein Kerl, genau wie ich und er war ein Mistkerl! “Lestat, wir hatten eine Abmachung!“ rief ich dann schnaufend, woraufhin er mich tatsächlich los ließ. Er stand zu seinem Wort. „Das passt nicht zu dir…“ murmelte ich und ging schnell ein paar Schritte von ihm weg. „Also, dass du… hältst, was du einem versprichst. Du bist doch sonst so rücksichtslos und egoistisch.“ „Du kennst mich halt nicht gut genug.“ Entgegnete er gelassen. „Dabei wäre es doch langsam mal an der Zeit, oder nicht?“ fragte er, doch ich sagte nichts dazu. Ich war immer noch verwirrt. Wie es aussah war Lestat wirklich nicht der Mörder, doch wer sollte es dann sein? Wer würde den Verdacht auf ihn lenken wollen und warum? Was hatte diese Person davon? „Ray?“ ich hob den Blick und zog eine Augenbraue leicht hoch. „Was willst du?“ fragte ich etwas bockiger als ich eigentlich gewollt hatte. Ich war dabei eine große persönliche Niederlage zu erleben, indem ich mir nach und nach eingestand, dass ich Lestat gern hatte, mehr als ich eigentlich wollte, weil er so einen fiesen Charakter hatte und dann wollte er auch noch, dass ich ihm irgendwelche belanglosen Fragen beantworte. Erneut kam er auf mich zu, dieses Mal zielstrebiger als zuvor. „Darf ich… dich küssen? Das ist doch nicht gegen die Abmachung, wenn ich dich vorher frage, oder?“ er blieb vor mir stehen und ich spürte wie seine große, kalte hand meine mittlerweile kochend heiße Wange streichelte. Ich schüttelte den Kopf. „Nein, ist es nicht…“ nuschelte ich beschämt. „Also darf ich?“ bestimmt Zehn Sekunden lang schwieg ich ihn an, Zehn Sekunden in denen er geduldig auf eine Antwort wartete ohne mich zu bedrängen. Fast schon automatisch nickte ich und ich sah wie er sich langsam, ganz, ganz langsam zu mir hinab senkte. Die Hand, die gerade noch meine Wange gestreichelt hatte, wanderte langsam zu meinem Kinn und hob es leicht an. Wie in Zeitlupe legten sich seine Lippen auf die meinen und seine Zunge schob sich dabei ganz leicht in meinen Mund. Es war so glitschig, dass ich die Augen zusammen kniff. Lestat war wirklich kein schlechter Küsser. Es war nur so ungewohnt. Seine freie hand hatte sich mittlerweile in mein Kreuz gelegt um mich mehr an ihn zu drücken. Nicht ganz so zielsicher und selbstbewusst schlang ich meine Arme um seinen Nacken. Nun hatte ich keine Chance mehr. Ich musste mich geschlagen geben. Lestat war halt nicht nur ein Mistkerl, sondern auch irgendwie sanft und einfach lieb. Ich wusste gar nicht wie lange wir in seinem Arbeitszimmer standen und uns küssten, aber eigentlich war es mir auch egal. Es war einfach zu schön und nun konnte ich erst recht nicht glauben, dass Lestat tatsächlich jemanden umbringen würde. Er würde so was nie tun… Nachdem wir den Kuss gelöst hatten, machte ich mich noch immer völlig benommen auf den Weg nach Hause. Meine Wangen glühten trotz der Kälte und meine Lippen prickelten, sodass ich mehrmals hin drüber leckte. Der heutige Nachmittag war für mich in jeder Hinsicht sowohl ein Sieg, als auch eine Niederlage und beides würde mich noch lange verfolgen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)