Zum Inhalt der Seite

Die Magie der Musik

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Kapitel 30
 

Gleich nach dem ersten Piepen seines Handys, das er wohlweislich am Abend neben sich platziert hatte, griff Daniel danach und schaltete den Wecker aus. Serdall war nicht aufgewacht und lag noch mit leicht geöffnetem Mund leise vor sich hin atmend neben ihm. Vorsichtig stand Daniel auf und schnappte sich aus seiner Tasche die Schuluniform, ehe er im Badezimmer verschwand und unter die Dusche stieg.
 

Mit seiner morgendlichen Hygiene fertig und in die Klamotten geschlüpft, machte Daniel sich auf den Weg nach unten zum Frühstück. Dustin werkelte irgendwo oben herum und kümmerte sich anscheinend um Taki, damit er auch fertig wurde. Schnell hatte Daniel den beiden ebenfalls ein paar Brötchen geschmiert und machte sich, den letzten Bissen kauend, wieder auf den Weg nach oben, um seine Schultasche zu holen. Serdall hatte sich auf Daniels Seite des Bettes gerollt und lag jetzt auf dem Bauch, während er das Kissen umarmte. Grinsend ging Daniel auf ihn zu und beugte sich über den Schlafenden. Seinen Abschiedskuss wollte er sich schon noch holen.
 

„Dan?“, nuschelte Serdall verschlafen, als er einen Schemen neben sich wahrnahm. Seufzend drehte sich Serdall auf die Seite und streckte schlaff den Arm aus, erfasste Daniels Nacken und zog ihn zu sich herunter. Mit einem Lächeln auf den Lippen küsste er Daniel auf den Mund. „Viel Spaß in der Schule“, murmelte er immer noch im Halbschlaf und mit geschlossenen Augen.
 

„Danke. Ich komme heute Nachmittag irgendwann wieder vorbei. Schlaf weiter.“ Er hauchte Serdall noch einen Kuss auf die Nase, schnappte sich seine Schultasche und machte sich auf den Weg nach unten, wo Dustin Taki gerade zur Eile antrieb. „Bis nachher, ihr zwei“, verabschiedete er sich winkend und stieg in sein Auto. Irgendwie fühlte er sich richtig gut erholt und einfach nur total super. Lag wohl an der schönsten Art aufzuwachen, die es überhaupt gab. Neben der Liebe seines Lebens. Daniel grinste blöd und startete den Wagen.
 

Er holte Charline noch schnell von zuhause ab und sie fuhren anschließend direkt zur Schule. Seine Mutter hatte sich natürlich mal wieder verquatscht und Charline wusste über ihn und Serdall bescheid, aber Daniel hätte es ihr ohnehin erzählt. Nur die abschätzenden Blicke und das wissende Lächeln hätte er ihr am liebsten aus dem Gesicht geschnitten.
 

Sie parkten hinter Dustins Wagen am Straßenrand und Charline rannte sofort zu ihrer besten Freundin Annika, um ihr von irgendwelchen neuen Klamotten zu berichten, die sie sich bei ihrer Shoppingtour am gestrigen Tag zugelegt hatte. Daniel konnte darüber mal wieder nur den Kopf schütteln. Er schloss sein Auto ab und machte sich dann ebenfalls auf den Weg ins Schulgebäude. Kurz nachdem er das Tor passiert hatte, stapfte Abigail furiengleich auf ihn zu.
 

„Was glaubst du eigentlich, was du mit Serdall machst? Hä?“ Sie tippte Daniel mit ihren langen Fingernägeln gegen die Brust. „Wie kann man sich nur an einen Mann mit Kind ranmachen und versuchen, ihn schwul werden zu lassen. Hast du keine Funken Anstand, du Perversling? Denkst du auch nur eine Sekunde daran, wie sehr du Taki und ihm schadest?“
 

Daniel sah Abigail verdutzt und leicht wütend an. Warum nahm sie die ganze Sache denn so persönlich? Hatte sie wirklich gedacht, dass Serdall an ihr interessiert war? Gut, es wäre dann tatsächlich ein ziemlicher Schock gewesen, als sie ihn und Serdall auf der Couch gesehen hatte, aber immer noch kein Grund, sich jetzt so aufzuführen. Vor allem dann noch in der Öffentlichkeit, wobei momentan glücklicherweise nicht sehr viele Leute an ihnen vorbei gingen.
 

„Hör mal“, begann er und trat einen Schritt zurück, um aus der Reichweite ihrer Fingernägel zu kommen, „erstens bin ich nicht pervers, genauso wie kein Homosexueller auf dieser Welt pervers ist. Zweitens habe ich Serdall nicht schwul gemacht, sondern er ist nun einmal bisexuell. Da kann man nichts gegen machen und schaden tue ich ihm und Taki bestimmt nicht. Der Kleine hat mich gern und Serdall legt endlich was von seinem Säuremantel ab. Also was willst du überhaupt von mir?“
 

„Ich will“, zischte sie böse, „dass du deine schmierigen Finger von ihm lässt. Er ist ein anständiger verwitweter Mann und bestimmt nicht bisexuell, nur weil du ihm das einredest.“ Abigail verschränkte wütend die Arme. „Glaubst du wirklich, dass er von einem Tag auf den anderen mit dir irgendwas anfangen würde? Du hast ihn doch beackert bis zum geht nicht mehr. Hast wahrscheinlich deine Beziehung zu Taki ausgenutzt, um an ihn ranzukommen. Ehrlich, so etwas Widerliches wie dich habe ich noch nie gesehen“, zischte sie schlangengleich. „Glaub ja nicht, dass du ungestraft davonkommst.“ Sie wandte sich mit einem warnenden Blick um und verschwand genauso, wie sie gekommen war.
 

Daniel sah ihr ungläubig und perplex hinterher. Die Blicke der umstehenden Schüler, die auf die Szene und jetzt hauptsächlich auf ihn gerichtet waren, versuchte er konsequent zu ignorieren. Abigails Anschuldigungen waren echt nicht ohne gewesen. Aber natürlich war Serdall bisexuell. Dass er auf das weibliche Geschlecht stand, hatte er durch die Hochzeit mit seiner Frau bewiesen, der er immer noch in einigen Momenten ziemlich hinterher trauerte und die er aufrichtige geliebt hatte. Nun zeigte sich, dass er auch Männern nicht abgeneigt war. Warum sonst würde er sich Daniel körperlich nähern und auch Spaß daran haben?
 

Das war es auch nicht, was Daniel zu schaffen machte. Es war eher das, was Abigail anschließend gesagt hatte. Ihm fiel auf, dass der Grund, warum er überhaupt mit Serdall einen persönlicheren Kontakt aufgebaut hatte, vor allem nach der Sache mit Dustin, wo sie sich doch anfangs fast gehasst hatten, eben Taki gewesen war. Weil Taki ihn nun einmal mochte, durfte Daniel nach Carolines Frühgeburt den Posten als Babysitter übernehmen. War Serdall schlussendlich auch nur aus diesem Grund nett zu ihm? Daniel hatte sich gesagt, dass er sich nicht mehr so viele unnütze Gedanken über diese ganze Sache machen wollte, aber nach diesen Worten von Abigail konnte er einfach nicht anders. Serdall und er waren tatsächlich nicht ein Herz und eine Seele gewesen, aber je mehr Daniels Beziehung zu Taki wuchs, desto netter wurde Serdall zu ihm. Als es ihm zu viel wurde, hatte er ihn im Schwimmbad abserviert, war aber, nachdem Taki ihn deswegen fertig gemacht und unheimlich sauer auf ihn gewesen war, wieder auf Daniel zugegangen. Er hatte mit Abigail Konzerte besucht und sie war oft bei ihm zuhause, aber Taki konnte sie nicht leiden und Serdall hatte sie von sich gewiesen. Hatte sie recht? Bestand Serdalls Interesse an ihm letztendlich doch nur, weil Taki ihn eben mochte?
 

Allerdings hatte Serdall Daniel doch ausführlich klargemacht, dass er anfangs nicht mit ihm zusammen sein wollte, weil es schlecht für Taki war. Er hatte von den Problemen erzählt, die es geben würde, wenn Takis Schulkameraden ihn auf den Freund seines Vaters ansprachen, dass eine Mutter für Taki besser wäre als ein zweiter Vater und er normal sein wollte. Also war doch das, was sie jetzt hatten, erst einmal gegen Serdalls Grundsätze. Es lag also eben doch nicht an Taki, dass sie zusammen waren.
 

Daniel seufzte schwer und löste sich aus seiner Starre. Er ging in Richtung Schulgebäude und schüttelte über sich selbst den Kopf. Das Wochenende hätte ihm doch zeigen müssen, dass Serdall ihn wirklich mochte. Egal, was Taki über Daniel dachte. Das, was Serdall ihm in den letzten zwei Tagen gesagt und gegeben hatte, konnte einfach nicht nur wegen seines Sohnes sein. Warum musste er sich nur wegen ein paar blöden Kommentaren so verrückt machen?
 

Der Schultag zog mehr oder weniger an Daniel vorüber. Obwohl er es stoppen und vermeiden wollte, schweiften seine Gedanken immer wieder zu Serdall ab. Außerdem hatte er noch das klärende Gespräch mit David vor sich. Am späten Nachmittag stand auch noch sein Aidstest auf dem Programm. Der Morgen hatte so schön angefangen und jetzt ging es so beschissen weiter.
 

Es klingelte zur großen Hofpause und Daniel packte seufzend seine Sachen zusammen. Er hatte heute noch keinen Unterricht mit David zusammen gehabt und würde ihn jetzt auf dem Schulhof suchen müssen. Lange wanderte Daniel nicht umher. David stand mit ein paar Freunden in der Nähe des Raucherhofes.
 

„Hey! Ich müsste mal mit dir reden.“
 

David nickte und verabschiedete sich von seinen Freunden. Sie suchten sich ein stilles Eckchen und Daniel räusperte sich unbehaglich.
 

„Ich will es kurz machen. Das zwischen uns ist aus. Ich bin jetzt mit Serdall zusammen und habe dir ja von Anfang an gesagt, dass es für mich nur eine Übergangslösung war. Versteh mich nicht falsch, ich mag dich gerne, aber ich liebe dich halt einfach nicht.“
 

„Was?“, geschockt starrte David ihn an. „Das kannst du doch nicht einfach machen! Freitag wollten wir noch miteinander schlafen und heute sagst du mir, es ist aus? Willst du mich veräppeln?“ Fassungslos verschränkte David die Arme. „Es ist wegen dem versauten Sex…“
 

Daniel sah etwas bedröppelt aus der Wäsche. Als wenn das ein Grund wäre, jemanden abzuservieren.
 

„Quatsch“, meinte er ungläubig. „Du hattest halt keine Ahnung und beim nächsten Mal hätte es bestimmt funktioniert. Darum geht es doch gar nicht. Es ist einfach so, dass ich die Chance bekommen habe, mit demjenigen zusammen zu sein, in den ich mich verliebt habe. Wer würde sie nicht ergreifen? Es liegt nicht an dir.“
 

Angewidert verzog David das Gesicht. Der letzet Satz war eigentlich der, den er immer zu den Mädchen sagte, die er selbst abservierte. Das gab ihm einen herben Stich und sein Ego litt erheblich.
 

„Nur weil dieser Serdall---“ Daniel sah ihn warnend an und er stockte in seinem Satz. Der Schwarzhaarige schien wirklich Hals über Kopf in den Mann verliebt zu sein. „In Ordnung“, zischte David böse. „Aber einen wie mich serviert man nicht einfach ab.“ David drehte sich um und kämpfte sich durch die Büsche zurück auf den Hof.
 

Verwirrt sah Daniel ihm hinterher. Dieser Abgang war dann doch etwas unerwartet gewesen. Irgendwie schien er Davids Selbstwertgefühl durch die Trennung verletzt zu haben. Oh man, zwei Leute, die ihm drohten an einem Tag. Irgendwie hinterließ das einen schalen Beigeschmack. Meinten die beiden es ernst oder war es einfach nur aus Wut dahingesagt? Kopfschüttelnd machte Daniel sich auf die Suche nach Philip. Ändern konnte er die ganze Sache ohnehin nicht mehr, denn er würde sich auf keinen Fall von Serdall trennen. Statt Philip lief Daniel allerdings Ethan vor die Füße, der ihn durch seine digitale Spiegelreflexkamera sehend fast umgelaufen hätte.
 

„Hey, Achtung!“, lachte Daniel und hielt Ethan an den Schultern fest, damit er nicht hinfiel. „Was fotografierst du?“
 

Verdutzt sah sich Ethan nach Daniel um.
 

„Ach du bist es. Entschuldige.“ Grinsend sah er wieder durch den Sucher der Kamera und nahm Daniel ins Visier. „Ich mache ein paar Aufnahmen für den Fotoclub. Wir haben eine Ausstellung zum Tag der offenen Tür. Ich hab beschlossen, ein wenig das Schulgelände und die Schüler zu knipsen.“
 

Daniel lächelte in die Kamera und stellte glücklich fest, dass Dustin Ethan anscheinend wirklich gut tat. Er taute langsam richtig auf und es war ihm von Tag zu Tag etwas weniger Schüchternheit anzumerken.
 

„Ich wusste gar nicht, dass du im Fotoclub bist“, äußerte sich Daniel erstaunt. „Ist das deine Kamera?“
 

Ethan sah ihn lächelnd an.
 

„Ja, ist meine. Fotografieren ist mein Hobby. Ich möchte später Fotografie studieren. Übrigens bist du echt fotogen“, sagte Ethan überrascht, als er auf das Display seiner Kamera sah. „Vielleicht möchtest du einmal für mich modeln? Dustin würde ich auch gern mal fotografieren“, murmelte er zum Schluss. „Ich hab mich leider noch nicht getraut zu fragen.“
 

Daniel sah sich das Foto ebenfalls an.
 

„Hm, das ist wirklich nicht schlecht. Aber das Model ist immer nur so gut wie der Fotograf“, meinte er zwinkernd. „Und du bist echt gut. Ich würde gern für dich Modell stehen. Dustin solltest du einfach mal ansprechen. Der würde dir momentan ohnehin jeden Wunsch erfüllen.“
 

Nachdenklich biss sich Ethan auf die Lippe und ließ seinen Blick einmal scheu über Daniels Äußeres gleiten.
 

„Meinst du, er würde auch Aktfotos machen?“, fragte er mit roten Wangen und legte den Kopf scheu lächelnd schief. Er machte so etwas nur sehr selten, aber bei Daniel und Dustin, besonders bei Dustin, würde er es zu gere tun. Diese beiden waren so ausdrucksstark. Serdall auch, aber das würde er sich nie im Leben wagen, diesen Mann überhaupt zu fragen, obwohl der Schwarzhaarige mit Daniel zusammen wirklich gut aussah.
 

Daniel verschluckte sich an seinem Wasser, das er aus seiner Tasche geholt hatte und sah Ethan hustend an.
 

„Aktfotos?“, würgte er hervor und schlug sich leicht gegen die Brust, um wieder richtig Luft zu bekommen. Er ließ sich den Gedanken einmal durch den Kopf gehen und grinste. „Wow, ehrlich gesagt hätte ich dir gar nicht zugetraut, dass du auch Aktfotos machst. Ich wette, dann wird Dustin gleich doppelt so laut „Hier“ schreien, wenn du ihn darum bittest.“
 

„Meinst du?“, fragte Ethan nicht überzeugt. „Ich hab Angst, dass er denkt, dass… Na ja, ich weiß auch nicht“, nuschelte er unverständlich und fummelte an dem Band der Kamera herum, das um seinen Nacken hing. „Vielleicht nimmt er das dann als Einladung oder sowas“, murmelte er und verstand sich im nächsten Moment schon selber nicht mehr. Rot im Gesicht, versteckte er sich wieder hinter seiner Kamera und knipste das Gelände. Daniel wurde ernst.
 

„Wäre es schlimm, wenn er es als Einladung verstehen würde?“ Ethan hielt sich den Sucher immer noch an die Augen und Daniel nahm ihm seufzend die Kamera aus der Hand. Das war ein Thema, das dringenden Klärungsbedarf hatte. „Weißt du, ich kann verstehen, wenn du noch nicht gleich aufs Ganze gehen möchtest. Ihr seid erst seit Samstag zusammen und es ist wohl wirklich noch etwas früh. Aber wenn du einfach mit Dustin darüber reden würdest, hättest du diese Befürchtungen gar nicht.“
 

Puterrot biss sich Ethan auf den Daumennagel.
 

„Wenn ich mit Dustin rede, komme ich mir doof vor. Er ist doch so erfahren und hatte schon so viele… Und ich könnte vor Scham schon im Boden versinken, wenn ich mir vor ihm das Shirt ausziehe.“ Seufzend setzte er sich auf die Bank, die in ihrer Nähe stand. „Du kennst Dustins Blick doch. Ich hab immer das Gefühl, dass er mich verschlingt. Aber nicht negativ oder so“, versuchte er seine Bedenken abzumildern. „Himmel, der Mann ist pure Erotik!“, meinte er halblaut und vergrub verzweifelt den Kopf in den Händen.
 

„Hey!“ Daniel legte einen Arm um ihn und fuhr durch die roten Haare. „Du brauchst dich vor ihm wirklich nicht zu schämen. Ich glaube das, was er an dir so mag, ist eben deine Schüchternheit. Du bist so anders als der Typ Mann, den er normalerweise einmal mit zu sich nach Hause nimmt und am nächsten Tag wieder vor die Tür setzt. Verdammt, wenn er mich so angesehen hätte, wie er dich immer mit Blicken auszieht, wäre ich vor Freude in die Luft gesprungen und du sitzt hier wie ein Häufchen Elend.“
 

Ethan seufzte auf und legte den Kopf so in seine Hände, dass er Daniel mit einem grünen Auge ansehen konnte.
 

„Und was, wenn ich nicht mehr schüchtern bin? Dann lässt er mich fallen. Klasse.“
 

Ethan wurde noch unsicherer, wenn er daran dachte, dass Dustin ihn vielleicht wirklich einfach kalt stehen lassen würde, nachdem sie Sex hatten und er genug hatte. Die Zweifel waren immer noch da, obwohl Dustin ihm gesagt hatte, dass er in ihn verliebt war. Ihm kam eine Idee, als er Daniel so ansah.
 

„Würdest du dich auch nackt fotografieren lassen? Das würde mich beruhigen…“ Dann würde auch Dustin vielleicht nicht gleich denken, dass er dies als Einladung werten könnte.
 

Daniel sah ihn etwas verdutzt an. Er hätte jetzt gedacht, dass Ethan Dustin als Aktmodell haben wollte, weil er nun mal mit ihm zusammen war. Dass er jetzt auch nackt posen sollte, hatte er dann doch nicht erwartet.
 

„Nun, wenn es dir hilft“, begann er vorsichtig. „Ich hätte generell nichts dagegen. Irgendwie habe ich mir noch nie darüber Gedanken gemacht, mich vor der Kamera ganz auszuziehen, aber warum nicht? Aktfotos sind, wenn sie richtig gemacht werden, unglaublich erotisch. Ich könnte sie Serdall schenken.“ Daniel lachte kurz, legte dann allerdings den Kopf schief. „Wobei, vielleicht sollte ich auch mit Serdall darüber reden, ehe ich fest zusage. Ich kann ihn teilweise nicht einschätzen und wer weiß, ob er es mir übel nimmt, wenn ich einfach nackt in der Wohnung rum hopse.“ Er strich sich etwas fahrig durch die Haare. „Und was Dustin angeht, kann ich mir echt nicht vorstellen, dass er dich abserviert, weil du dich charakterlich weiterentwickelst. Ich fand dich auch nett und interessant wegen deiner Schüchternheit, aber so, wie du dich jetzt raus machst, mag ich dich fast noch lieber.“
 

„Ja, rede mal mit Serdall“, meinte Ethan nachdenklich. „Wir werden sehen, wie es mit Dustin läuft. Jetzt wo ich die Chance habe, werde ich sie nicht ungenutzt vorbeiziehen lassen. Ich möchte wenigstens dann die Erinnerung und die Bilder haben, falls er wirklich mit mir Schluss machen sollte.“ Ethan lächelte leicht über Daniels verdutzten Blick. „Sag, ist mit dir und Serdall jetzt alles schön und wunderbar? Ich bin irgendwie froh, dass ihr es endlich geschafft habt, obwohl ich ihn immer noch unheimlich finde.“
 

Daniel grinste und blickte leicht verklärt in die Luft, als er an Serdall dachte.
 

„Ja, als ihr ihm das erste Mal begegnet seid, war er sehr… nun, sagen wir mal distanziert. Aber langsam taut er auf und zwischen uns läuft es auch wirklich gut. Okay, du hast einige Meinungsverschiedenheiten mitbekommen, aber das haben wir geklärt und es ist jetzt auch nicht so, als würde die Welt davon untergehen. Allerdings macht mir deine Schwester einige Sorgen.“ Er seufzte schwer und sah wieder zu Ethan. Überrascht sah Ethan zu, wie Daniels Gesichtsausdruck von verzückt zu besorgt wechselte.
 

„Was ist mit meiner Schwester?“, fragte er bedacht. Er wusste, dass Abigail wegen der Sache mit Serdall ziemlich angepisst war, aber er gönnte Serdall Daniel mehr, als ihr. Schließlich sah er seinem Freund an, dass er wirklich in diesen Mann verliebt war und Abigail wollte nur eine neue Trophäe in ihrer Sammlung. Seufzend lehnte sich Daniel zurück.
 

„Nun, sie scheint ziemlich enttäuscht zu sein und vor allem auch extrem wütend. Sie kam heute Morgen zu mir und hat mir einige unschöne Sachen an den Kopf geworfen. Unter anderem eben auch, dass ich mich über Taki an Serdall rangemacht habe und daran Schuld bin, dass er bisexuell sei. Und dass ich nicht ungeschoren davonkomme oder so. Meint sie das ernst? Ich meine, ich kenne sie nicht. Ich habe keine Ahnung, ob sie das einfach nur aus Wut heraus gesagt hat oder ob sie tatsächlich irgendwas plant und ob ich mich vor ihr in Acht nehmen sollte.“
 

„Puh…“ Mit hochgezogenen Augenbrauen lehnte sich Ethan ebenfalls zurück. „Sie ist nicht ganz dicht manchmal. Sorry, ich weiß sie ist meine Schwester, aber in letzter Zeit ist sie ein Aas. Wenn etwas nicht nach ihrer Nase läuft, nimmt sie das schrecklich mit.“ Ethan schüttelte sich leicht bei dem Gedanken, wie nervig sie dann war. Sonst war sie eigentlich eine wirklich wunderbare Schwester, aber ihr Ehrgeiz war schon ziemlich krankhaft. „Aber ich denke, sie war einfach nur wütend. Bestimmt regt sie sich wieder ab. Gib einfach nichts auf das, was sie sagt. Sie hat doch keine Ahnung, was du durchgemacht hast, bis es soweit war, dass Serdall mit dir zusammen sein wollte. Echt, sie hätte das bestimmt nicht über sich ergehen lassen und dann Serdall zurückgenommen. Dazu wäre sie mit ihrem Stolz nicht fähig. Dustin hat mir ein wenig über die Wochen erzählt, in denen Serdall so eiskalt zu dir gewesen war… Du hast meinen Respekt, Daniel, ehrlich.“
 

„Was tut man nicht alles für die Liebe“, seufzte Daniel und lächelte Ethan schief an, der genauso schief zurücklächelte. Die Schulglocke riss sie aus ihrem Gespräch und gemeinsam machten sie sich auf den Weg zum Unterricht. Daniel war beruhigt. Scheinbar brauchte er sich um Abigail keine Sorgen zu machen.
 

-------------------------------------
 

Angespannt sah Serdall zur Uhr. Dustin und Taki waren schon zuhause. Serdall hatte heute ewig geschlafen, war gerade mal gegen halb zwölf aus seinem Bett aufgestanden. Ihm war schwindelig gewesen, wahrscheinlich der Nebeneffekt von dem Alkohol, gepaart mit seiner noch nicht vollständig auskurierten Krankheit. Im Moment ging es wieder. Nach dem Mittagessen hatte er sich besser gefühlt. Frühstück hatte er aus eigener Unfähigkeit und Faulheit ausgelassen, obwohl ihm die Ärzte angeraten hatten, so regelmäßig wie möglich zu essen. Gegeigt hatte er auch schon, wie jeden Tag. Das Einzige, was jetzt noch nicht stimmte, war, dass Daniel noch nicht da war. Sie hatten auch keine Zeit vereinbart und Serdall befürchtete, dass er nicht kam, was er aber im selben Augenblick bezweifelte.
 

„Na, Sehnsucht?“ Dustin kam grinsend auf ihn zu und setzte sich neben Serdall auf das Sofa.
 

„Taki macht Hausaufgaben?“, fragte Serdall und ging nicht auf die Neckerei seines Schwagers ein. Dustin nickte und lehnte sich zurück, wobei er die Beine überschlug. Zweifelnd sah Serdall ihn an.
 

„Du hast dich wirklich in Ethan verliebt?“, fragte er spontan und erntete einen interessiert überraschten Blick von Dustin.
 

„Und du dich in Daniel?“, konterte Dustin.
 

„Nein“, antwortete Serdall und verschränkte die Arme. Genervt zog Dustin eine Augenbraue hoch.
 

„Okay, aber du magst ihn sehr“, versuchte er einen Kompromiss anzubieten. Serdalls Nicken beruhigte ihn. „Und ich bin in Ethan verliebt“, gab Dustin nachträglich zu.
 

„Woher weißt du das denn diesmal? Es kommt schon ziemlich plötzlich, oder?“
 

„Seit wann interessiere ich dich?“
 

Serdall knurrte aufgebracht.
 

„Stell nicht immer eine Gegenfrage!“
 

Dustin lachte leise.
 

„Nur wenn du mit mir Frieden schließt.“
 

Der Violinist sah ihn genervt an.
 

„Wir sind nicht im Krieg“, meinte er und sah Dustin in die Augen.
 

„Ja, aber manchmal fühle ich mich, als ob wir es wären. Es ist doch nicht so schwer, endlich wieder so mit mir zu reden, wie es früher war. Ab und zu machst du es doch auch.“
 

Serdall schwieg sich aus und setzte sich so hin, dass er die Wand anstarren konnte.
 

„Serdall, ich weiß, ich habe dir nach Louises Tod üble Sachen an den Kopf geworfen, aber ich habe dir auch vergeben. Schließlich hat Louise dich geliebt und ich mag dich als Schwager auch sehr gern. Es steht zwischen uns, das von damals.“
 

Serdall biss sich verzweifelt auf die Unterlippe und versuchte die Emotionen, die in ihm hochwallen wollten, zu unterdrücken. Es gelang ihm sogar, seine alte Kälte wiederzufinden.
 

„Du hattest doch Recht. Ich bin verantwortlich, dass ihr das geschehen ist. Trotzdem hast du meine Familie und mich selbst beleidigt.“
 

Sein Schwager schüttelte den Kopf. Serdall war so stolz, wenn es um die Familie ging, aber konnte auch nicht anders, wenn es um Louise ging. Beides hatte Dustin damals nicht gerade in ein gutes Licht gerückt, als er sich heftig mit Serdall gestritten hatte.
 

„Ich war sauer und du auch. Und ich weiß, dass du nicht Schuld bist. Also vergiss das, was gesagt worden ist. Schließlich hätte es dich genauso gut treffen können und Louise hätte deinen Verlust nicht überlebt, das weiß ich.“
 

Er sah wie Serdall mit sich kämpfte, versuchte, die alten Gefühle nicht wieder hochschwappen zu lassen. Serdall hatte ihn nach Louises Tod gebeichtet, dass es eben kein Unfall gewesen war, sondern dass das Auto absichtlich manipuliert worden war. Irgendwelche Männer aus Japan, die Fei eins auswischen wollten, indem sie Serdall töteten. Nur dass Serdall an dem Tag das Auto nicht fuhr, sondern Louise.
 

Dustin hatte ihn dafür verurteilt, doch diese Wut hatte sich nach und nach gegeben, weil Serdall dafür nichts konnte. Er hatte nach der Hochzeit jeglichen Kontakt zu Fei abbrechen lassen, dennoch hat man ihn aufgespürt. Doch vorher hatte man in diesem heimlichen Machtkrieg Serdalls Vater und Großvater getötet. Fei und Serdall hätten die nächsten sein sollen. Jedoch war Fei nicht dumm gewesen und skrupellos genug, um sich als neuer Mafiaboss zu behaupten. Serdall hatte einfach nur Glück und Unglück zugleich. Hätte Louise ihn nicht so sehr geliebt, hätte Dustin bis heute anders reagiert. Doch stattdessen hatte sich eine kühle Distanz zwischen ihnen aufgebaut, bei der neuerdings alte Züge wieder auftauchten, die Dustin wirklich sehr willkommen hieß und für die er Daniel sehr dankbar war.
 

Serdall hielt starr seine Augen auf einen imaginären Punkt fixiert. In ihm schossen die Erinnerungen brachial herauf und quälten ihn seelisch. Seine Tränendrüsen begannen zu reagieren und fingen an, vermehrt Wasser hervor zupressen, was Serdall aber nicht interessierte. Er zwinkerte nicht, die salzige Nässe quoll kugelartig hervor und fiel ungehindert herunter. Louise… Für Taki hatte er weitergemacht, für sich selbst, um diesen Tod nicht unnütz werden zu lassen. Sie war an seiner Stelle gestorben, auch wenn sie es nicht freiwillig und unwissend getan hatte, sah Serdall es so. Dustin wusste, dass Serdall an einem Punkt war, den er nicht einfach mehr einsam und allein bestreiten konnte. Er brauchte Daniel und ihn, um endlich die Vergangenheit wirklich ruhen zu lassen.
 

„Serdall?“ Dustin legte eine Hand auf seine Schulter. „Es ist an der Zeit wieder richtig zu leben“, meinte er, doch war sich nicht sicher, ob es die richtigen Worte waren. Dieses Thema war für sie beide schwer und unangenehm, aber es verband sie, stand allerdings auch zwischen ihnen. Das schien Serdall auch einzusehen, als er ihm den Kopf zuwandte. Die wenigen Tränen waren versiegt und ein schwaches Lächeln erschien um Serdalls Mund herum. Seufzend umarmte Dustin ihn. Sein Schwager zögerte, doch legte dann endlich die Arme um ihn. Freundschaftlich klopfte Dustin ihm auf den Rücken.
 

„Jetzt sind wir wieder Kumpels“, meinte er leise lachend und grinste Serdall freudig an, als er nickte.
 

„Ja“, hauchte Serdall und ließ von Dustin ab.
 

„Glaubst du Louise wäre mit der Beziehung zu Daniel einverstanden?“, fragte er nach einem Moment des Schweigens.
 

„Ich denke schon. Daniel ist nett und gut für dich. Er hat dich doch eigentlich aus deinem Sumpf herausgeholt.“
 

Serdall nickte lächelnd. Ja, das hat Daniel wohl.
 

„Und woher weißt du, dass Ethan der Richtige ist?“, wiederholte Serdall seine Frage auf andere Weise, die Dustin am Anfang nicht beantwortet hatte. Dustin lächelte versonnen.
 

„Ich glaube es hat mich richtig heftig erwischt, mit allem Drum und Dran.“
 

„Echt, wir lernen beide neue Seiten an uns kennen“, murmelte Serdall leicht schockiert und Dustin begann zu lachen.
 

„Ich finde, dass wir diese Veränderung brauchen.“
 

Ja, dachte Serdall wehmütig. Endlich würde sich das ganze Klima in diesem Haus verändern.
 

„Aber glaube nicht, dass ich dir nicht trotzdem eine reinhaue, wenn du mir zu blöde wirst“, zischte Serdall und Dustin grinste mit erhobenen Händen.
 

„Die Sonderbehandlung ist im Preis inbegriffen, was?“
 

Serdall lachte nickend. Es war so gut ohne diese kalte Distanz mit Dustin zu reden. Die Türklingel ließ sie beide grinsen.
 

„Das ist für mich“, sagte Serdall überzeugt und Dustin verzog die Augen zu Schlitzen.
 

„Vergiss es“, zischte er zurück und Dustin sprintete im nächsten Moment zur Tür. Serdall folgte ihm gemächlich, schließlich würde der Besucher nicht so schnell verschwinden, wenn es entweder Daniel oder Ethan waren.
 

Ende Kapitel 30



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2007-10-31T12:46:15+00:00 31.10.2007 13:46
Zum glück ist dieser alte und wichtige STreit endlich beigelegt.
So gefallen mir die beiden auch gleich besser.Taki wird das aucz gut tun, in einer "richtigen" Familie aufzuwachsen.
Ich hoffe nur , dass nicht Abigail vor der Tür steht.....ich les gleich weiter!^^


Zurück