Show me Love von DraySama ================================================================================ Kapitel 3: Ungeliebt und verraten... ------------------------------------ „Bist du das, Gackt?“ Gackt hatte die Wohnungstür ganz leise ins Schloss gezogen, trotzdem hatte seine Mutter ihn gehört. Dabei lief der Fernseher, einer dieser Talkshows, die er so hasste, doch seine Mutter fand, dass es nichts Besseres gab, um die Hausarbeit zu erledigen. Sie hatte das Bügelbrett vor der Flimmerkiste aufgestellt und erledigte die Wäsche. Mittwochs arbeitete seine Mutter nur bis Mittags, daher hatte er an diesem Tag ein wenig mehr Zeit für sich. Doch er hasste es zuhause zu sein, wenn sie bügelte, man konnte sich nirgends mehr hinsetzen, überall lagen Klamotten. Es roch immer nach Chemie, da sie diese Stärke auf alle Sachen sprühte. Chemie, die wahrscheinlich die Ozonschicht zerstörte, aber über so was konnte er mit seiner Mutter noch nie reden. Junge. Ich hab wirklich andere Probleme, sagte sie jedes Mal, wenn er mit ihr darüber diskutieren wollte, wie unvernünftig sie sich der Umwelt gegenüber benahm. Ja, sie trennte ja nicht einmal den Müll. „Gackt!“ „Jaha“, er verdrehte die Augen. Er hatte noch nicht einmal die Schuhe ausgezogen und schon hatte er den Wunsch gleich wieder wegzugehen. Denn nie liess sie ihn in Ruhe. Er schlurfte in den Hauschuhen in die Küche, goss sich ein Glas Milch ein, trug das durch den Flur und blieb an der Wohnzimmertüre stehen. „Hey“, er schluckte, „Was ist denn hier passiert?!“ Seine Mutter lächelte. Ihre Wimpertusche war verschmiert genau so wie der Lippenstift auch, ihre linke Backe war geschwollen. Sie stellte das Bügeleisen ab und kam auf Gackt zu. „Dein Vater ist aus Amerika zurückgekommen, doch er zieht es vor nicht hier zu wohnen.“ „Warum räumt er uns dann die Wohnung aus?“, fragte er leise, „Die ganzen Möbel?“ Das Wohnzimmer war leer, bis auf den Fernseher, zwei Gartenstühle, die früher auf dem Balkon gestanden hatten, sie waren ziemlich gemütlich, doch im Vergleich zu dem urgemütlichem Sofa mit taubenblauem Samtbezug waren sie nichts. Es gab auch keinen Teppich mehr. Seine Mutter stand mit ihren Hauschuhen auf einem Holzfussboden, den er noch nie wahrgenommen hatte. „Den Fernseher haben wir behalten“, sagte seine Mutter stolz, „Um den habe ich gekämpft.“ Sie kam zu Gackt, nahm sein Gesicht in beide Hände und lächelte ihn an, er sah wie der Fleck auf ihrer Wange langsam dunkler wurde, auch dass sie kaum mehr aus dem linken Auge sehen konnte, bemerkte er. „Hat er dich geschlagen?“ „Ach mein lieber Junge“, sie nahm ihn in den Arm. Er schloss die Augen, es war kaum mehr auszuhalten. Nun hatten sie nicht einmal mehr Möbel… „Hat er oder hat er nicht?!“, fragte er nun böse. Sie liess ihn los, schob ihn ein wenig von sich weg, drehte sich um und wischte sich verstohlen eine Träne aus dem Gesicht. „Gar nicht schlimm“, sagte sie, „Geht schon wieder.“ „Du müsstest dich mal im Spiegel sehen“, meinte Gackt leise. Ungebügelte T-Shirts lagen auf dem Fensterbrett. Seine Mutter hatte Töpfe mit den Alpenveilchen auf den Boden gestellt, unter das Fenster. Das sah eigentlich ganz cool aus, die Bücher standen auch auf dem Fussboden, an der Wand, wo früher das Sofa gestanden hatte. Besonders viele hatten sie so oder so nicht, Gackt musste sich alle, die er lesen wollte, in der Bibliothek holen. Seine Mutter hatte ihm eine Büchereikarte zu seinem Geburtstag geschenkt, doch es war etwas anderes Bücher auch behalten zu dürfen. Die Bücher, die er hatte, hütete er wie einen Schatz. Er stutzte, „Und mein Zimmer?“, meinte er dann. „Ich hab keine Ahnung.“ Er machte auf dem Absatz kehrt, fegte über den Flur und stiess die Türe zu seinem Zimmer auf, sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Wehe, sein Vater hatte es gewagt irgendetwas in seinem Zimmer anzufassen. Wehe, wenn er ihm etwas von seinem Besitz geklaut hatte, er spürte, wie er schon wieder fast keine Luft mehr bekam. Das Stechen in seiner Brust, das Ringen nach Luft, es war einfach zum Verzweifeln. Die „Anfälle“ kamen immer zur falschen Zeit. Sein Herz schlug nun, als hätte er an einem Marathon mitgemacht, er blickte sich gehetzt um. Auf dem ersten Blick fehlte nichts. Das Bett war da, das Kopfkissen, die Daunendecke. Auf diese Decke war er stolz, weil er sie sich selbst gekauft hatte, als er Geld verdient hatte weil er Werbematerial für ein neues Restaurant ausgetragen hatte. Das war letzten Sommer gewesen, in diesem Sommer würde er den Job wieder bekommen, das wusste er. Wenn die anderen ans Meer fuhren oder in die Berge, zum Klettern oder Surfen, dann blieb er in der Stadt und stellte jeden morgen den Wecker auf fünf Uhr. Na ja, lieber nicht daran denken. Die Decke war jedenfalls noch da. Und der Schreibtisch und der Stuhl. Sein Atem stockte, die Lampe, die Schreibtischlampe fehlte. Er hätte es wissen müssen. Er hatte es die ganze Zeit geahnt, die Lampe war einfach zu schön gewesen, um sein Eigen zu bleiben. Sein Vater hatte sie auf einem Flohmarkt entdeckt und mitgebracht. Eine Lampe, wie aus den alten Detektivfilmen, Gackt hatte immer vorgehabt auch mal so cool wie ein Philip Marlowe zu werden. Er wollte ein Detektivbüro aufmachen und Gangster jagen. Und dann mit Kriminalromane reich und berühmt werden, er hatte seine Zukunft schon ziemlich geplant. Er brauchte diese Träume, um die Wirklichkeit besser ertragen zu können. Wenn er die Lampe sah, dieser grüne Glasschirm über dem Messingständer, der vier Scharniere hatte und den man nach allen Seiten biegen konnte, dann dachte er sich immer. „Ja und die Lampe nehme ich mit.“ Doch nun hatte sie sein Vater einfach mitgenommen. Das Gequassel aus dem Fernseher brach plötzlich ab. Entweder eine Bildstörung. dachte Gackt. oder sie hat den Leuten tatsächlich mal den Hahn zugedreht. Er hörte Schritte auf dem Holzboden im Flur, da hatten sie auch einen Teppich gehabt, doch dass der weg war. konnte der Blonde verschmerzen, denn er hatte ihn total hässlich gefunden. „Alles in Ordnung, Junge?“. fragte seine Mutter. Gackt drehte sich um. Ihr linkes Auge war jetzt fast vollkommen zu geschwollen, sie blinzelte und das sah ein bisschen aus, als ob sie lächeln würde. Aber der Blonde wusste, selbst wenn sie lächelte, ging es ihr hundeelend. „Die Lampe“, sagte er, „Warum hast du ihm das erlaubt?!“ „Ich habe ihm gar nichts erlaubt.“ „Warum hast du mir nicht Bescheid gegeben?“ „Wie denn?“ „Du hättest in der Schule anrufen können und mich verlangen. Ich wäre sofort gekommen! Scheiss auf den Unterricht.“ „Und alle in deiner Klasse hätten gewusst, was bei uns los ist? Hättest du das gewollt?“ Gackt schwieg. „Ich weiss doch, Junge, dass du dich sowieso schon schämst“, sagte seine Mutter, „Für mich, für deinen Vater.“ „Das ist doch gar nicht wahr!“, nuschelte Gackt, „Für dich nicht.“ Aber ein wenig stimmte es eben schon. „Ich werde mir eine neue Lampe holen müssen“, meinte er traurig und sah noch einmal auf den leeren Schreibtisch. „Ich werde sie dir bezahlen, wie teuer ist so eine denn?“ „Die war unbezahlbar“, sagte der Blonde, „Das war eine Philip-Marlowe-Lampe. Das war das erste Möbelstück, für mein Büro später.“ Seine Mutter starrte ihn an, sie verstand nichts. Natürlich nicht, sie hatte bestimmt nie einen Marlowe Film gesehen oder eines seiner Bücher gelesen. Sie wusste nichts über Gackts Träume und Pläne, über solche Dinge sprach er mit seinen Eltern nicht. Niemals. Seine Mutter setzte sich auf sein Bett und strich die Bettdecke glatt. „Er hat die Wohnzimmermöbel mitgenommen, doch ich habe das Schlafzimmer und den Rest behalten können. Und für das Wohnzimmer überlege ich mir etwas Provisorisches. Vielleicht nehme ich das zweite Bett aus dem Schlafzimmer, beziehe die Matratze und wir machen ein schönes, gemütliches Sofa daraus. Hey“, sie lachte plötzlich, ganz stolz über den Einfall, „Wie wäre das?“ „Ich finde das doof“, sagte Gackt, „Aber mach, was du willst.“ Er stopfte die Schulbücher wahllos in seinen Rucksack und warf ihn über die Schulter. „Ich muss los.“ „Wohin gehst du denn?“ „Schularbeiten machen.“ „Aber das kannst du doch auch hier tun?!“ „Nein“, sagte Gackt nun leise, „Kann ich nicht. Ich habe keine Lampe.“ „In der Küche ist doch eine Lampe!“, seine Mutter lief ihm den Flur entlang nach, „Oder ich gebe dir meine Nachtischlampe!“ „Vergiss es.“ Gackt kniete sich hin und zog seine Schuhe an, er nahm seine kurze Jeansjacke vom Haken, zog sie an und hob den Rucksack wieder auf. „Lass mich nicht alleine, Gackt“, flüsterte seine Mutter. Tränen traten ihr in die Augen „Bitte, nicht heute. Ich kann doch nichts dafür, dass er gekommen ist.“ Er blickte seine Mutter an, sie sah sehr schlimm aus, geschwollene Lider, zitternde Lippen, trauriger Blick. Er schleuderte den Rucksack in die Ecke, rannte zu ihm hin und gab ihm noch einen kräftigen Fusstritt. Und dann noch einen, dann atmete er tief durch. „Okay, ich werde hier bleiben, soll ich dir einen Tee machen?“ Seine Mutter lächelte ihn an und wischte ihre Tränen von den Wangen. „Sehr gerne.“ Der Blonde ging in die Küche, das Fenster stand offen. Er konnte über Ecke auf den Balkon der Chans sehen. Ein altes Ehepaar, die standen am Geländer und starrten neugierig zu ihm hinüber. Gackt nickte ihnen zu, machte eine leichte Verbeugung so weit es eben ging und knallte dann das Fenster zu. Hyde sass auf dem Fensterbrett vor dem Klassenzimmer und versuchte den Sinn eines englischen Textes zu begreifen, den er ungefähr schon Tausendmal gelesen hatte. Aber es funktionierte nicht. Der Titel: Many reasons why Betty Brown is happy today. Ein wirklich dummer Text, man konnte ihn auch singen, hatte der Lehrer gesagt, er war in Versform, doch Hyde hasste Gedichte. Er hasste Englisch, die Schule, diesen zugigen Platz vor dem Fensterbrett, den Schulhof, das Lachen der Schüler, die den Gang heraufkamen. Und wie sie ihre Mützen vom Kopf zogen und sich schüttelten wie Hunde, wenn sie ein nasses Fell haben. Manchmal bekam Hyde einen Spritzer ab, das brachte ihn fast zur Weißglut, diese Tropfen, die nach nasser Wolle rochen, nach fremder, nasser Wolle. Außerdem war ihm schlecht, er hatte nicht gefrühstückt und nachts, anstatt zu schlafen, hatte er im Bett gelegen und zugehört, wie seine Mutter telefonierte. Erst mit ihrer besten Freundin Hana, seine Mutter sprach leise, sie flüsterte fast, aber Hyde war aufgestanden und machte die Türe einen Spaltbreit auf. So konnte er alles verstehen, danach war er ins Bett zurück geschlüpft und hatte gelauscht. Das hätte er besser gelassen. So erfuhr er nun alles, wie gemein sein Vater gewesen war, wie oft er seine Mutter betrogen hatte. Erst mit der Sekretärin, dann mit einer Stewardess, die er auf einem Langstreckenflug kennen gelernt hatte und dann ließ er überall Rechungen liegen von Restaurants, in denen er wahrscheinlich mit seiner Freundin gewesen war und jede Menge Hotels waren da auch dabei gewesen. Sie hatte das nachgeprüft. Er hatte sie immerzu belogen und betrogen. Und sie hatte seinetwegen ihre Kariere geopfert. Sie hatte gekämpft für eine kleine, fröhliche Familie. Er wollte doch das Kind, er wollte doch nicht, dass sie abtrieb, als sie schwanger war. Ihretwegen hätte sie kein Kind haben müssen… Hyde saß aufrecht im Bett in seinem dunklen Zimmer, den Mund halb geöffnet und dachte: Gleich sterbe ich, gleich bin ich tot. Aber seine Mutter redete weiter, halblaut, manchmal schluchzte sie, manchmal lachte sie auch, aber ganz hysterisch, erzählte, wie verliebt sie mal in Hydes Vater gewesen war und wie er sie schon damals ausgenutzt hatte. Sie hatte seine Diplomarbeit auf ihrem Computer geschrieben, weil er damals noch zu blöd gewesen war einen PC zu bedienen. Achtzehn Jahre war das nun her. Hyde konnte sich nicht vorstellen, dass es mal eine Zeit gab, in der Leute noch nicht mit einem Computer umgehen konnten. So was war doch kinderleicht. Dann hatte seine Mutter den Hörer aufgelegt und wieder eine Nummer gewählt. Der Schwarzhaarige wusste sofort, dass seine Mutter jetzt mit seinem Vater sprach. An der Stimme konnte er es erkennen, an der Eiseskälte in ihr. Ich wollte nur fragen, ob du jetzt zufrieden bist, hatte sie mit dieser eiskalten Stimme gesagt. Jetzt, wo du uns los bist. Irgendwas hatte sein Vater erwidert, doch seine Mutter lachte nur höhnisch auf und hatte gesagt: Du machst es dir ja verdammt einfach. Wieder eine Pause. Dann: Vergiss das Geld, du denkst mit Geld kannst du alles regeln, was? Du hast dich mit Geld von deiner Verantwortung freigekauft. Mir gegenüber und deinem Kind gegenüber. Weißt du, wie ich das finde? Seine Mutter hatte nach Luft geschnappt und dann geschrieen. Erbärmlich finde ich das. Dann wieder eine Pause, sein Vater sprach offenbar einen längeren Text. Und dann sagte seine Mutter ein paar Sätze, die Hyde ihr wahrscheinlich niemals verzeihen würde können. Und was würdest du sagen, wenn ich dir dein Kind einfach vor die Türe stellen würde? Mit aller Kleidung, Schulsachen und andere Dinge? Deine neue Frau würde sich schön bedanken, einen jungen Mann mitten in der Pubertät. Einen jungen Mann, der immer launisch ist und zu nichts Lust hat? Kein Wunder, was er schon alles wegen dir durchmachen musste, doch deine Frau würde sicher nicht mit ihm zusammenleben wollen. Hyde hatte dagesessen und die Luft angehalten, vor seinen Augen tanzten rote Sterne. Er dachte, sein Kopf würde platzen, aber er platzte nicht. Natürlich nicht, man musste alles aushalten. Man konnte alles aushalten. Ach hör doch auf, hatte seine Mutter wütend gerufen. Das ist doch alles nur dummes Gerede. Als wenn du es nur einen einzigen Tag mit deinem Sohn aushalten würdest. Wann hast du dich zuletzt um ihn gekümmert? Na? Wann denn? Du hast doch immer nur an diese Tussi gedacht. Uns hast du doch gar nicht mehr wahrgenommen. Weißt du was, ich würde es dir wünschen, wenn Hyde euch bei eurem Schäferstündchen stören würde. Das würde ich euch wünschen, dass deine neue Flamme nicht zum Zug kommt. Wer weiß, vielleicht mach ich es. Schick dir das Kind einfach vorbei, mit dem Taxi. Sie legte auf. Einen Augenblick war es vollkommen still. Totenstill. Hyde fürchtete schon, seine Mutter würde merken, dass die Türe nur angelehnt war. Aber seine Mutter dachte nur an ihren eigenen Schmerz. Hyde hörte sie weinen, die ganze Nacht. Immer, wenn Hyde aus dem Halbschlaf hochfuhr und auf die Uhr sah, hörte er das Weinen seiner Mutter. Doch der Schwarzhaarige stand nicht auf, ging nicht zu ihr, um sie zu trösten, nein, er lag wie versteinert in seinem Bett. Und nun würde in fünf Minuten die Englischstunde anfangen und er hatte den Text nicht gelernt. Er konnte den Text nicht begreifen. Many reasons why Betty Brown is happy today. Niemand ist happy, dachte er sich. Die tun einfach nur so. Oder kapieren nichts. Wissen nicht, dass es ihnen morgen schon so beschissen gehen kann wie mir jetzt. Das ganze Leben war ein riesiger Betrug. Oh Mann, wie alle immer gefunden hatten, dass es doch toll war eine solche süße Mutter zu haben und sooo einen tollen Vater. Nichts ist. Sie haben mich beide nicht gewollt. Wahrscheinlich haben sie bei der Scheidung nur versucht die Verantwortung für mich loszuwerden. Ich will Hyde nicht. Du musst ihn aber nehmen. Warum denn? Er ist auch dein Sohn. Ich arbeite den ganzen Tag. Und ich? Du arbeitest nur den halben Tag und außerdem bist du die Mutter. Was soll das denn heissen? Mütter haben von Natur aus ein engeres Verhältnis zu ihren Kindern. Ha, so einfach macht ihr Männer es euch. Aber ich will Hyde nicht. Ich auch nicht. Na schön, dann werfen wir ihn auf den Müll und vergessen ihn einfach. Klasse. Hyde schluckte, die Tränen stiegen ihm in die Augen, bis sie überquollen, er konnte nichts tun. Mit dem Jackenärmel wischte er die Tränen weg und versuchte weiter zu lesen. Er blieb immer an dem verdammten Wort „Happy“ hängen. Am liebsten hätte er geschrieen. Zittrig zog er ein Papiertaschentuch aus dem Ärmel, er wollte sich damit die Tränen abwischen, aber stattdessen stopfte er es sich einfach in den Mund, weil plötzlich gespürt hatte, das er schreien wollte. Ganz laut und grässlich. Ein furchtbarer Schrei, der so laut war und so hell, dass die Fensterscheiben platzten, die Schindeln vom Dach fielen und alles unter sich begruben. So einen Schrei müsste es geben. Und dann müsste man noch den Mut haben ihn wirklich auszustoßen, aber er hatte keinen Mut, er war feige, erbärmlich und feige. Kein Wunder, wenn man weiß, dass niemand einen haben will, oder? Wie soll man da mutig sein? Ich habe es immer geahnt, dachte Hyde, sie wollen mich nicht. Sie haben mich nie wirklich geliebt, ich war ein Betriebsunfall. Seine Mutter war schwanger geworden und sie hatten keinen Arzt gefunden, der die Schwangerschaft wieder abbrechen konnte. Er stockte. Das Blut pochte in seinen Schläfen. IHN wegmachen lassen. Oh, Nein, dachte er und riss das Taschentuch aus dem Mund, Beinahe wäre er erstickt. Er hob den Blick und sah sich um. Es war auf einmal so still, so anders. Was war los? War er ohnmächtig gewesen? Er saß immer noch auf dem Fensterbrett. Und vor ihm stand Gackt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)