kristallklare Pfade von Yumija ================================================================================ Kapitel 1: last --------------- Die ersten Sonnenstrahlen fielen warm und hell durch den dünnen Vorhang. Das Fenster war offen und man konnte den allmorgendlichen Lärm des Frühverkehrs hören. Unordentlich lagen überall in der Zweizimmerwohnung Dosen, Tüten, Zeitungen, DVDs und eine Menge anderer Krempel herum. Das uralte braune, ziemlich mitgenommen aussehende Ecksofa stand gleich neben der ersten Theke der kleinen gemütlichen Einbauküche. Quer gegenüber stand ein neuer Digital-Fernseher der so gar nicht zur restlichen Einrichtung passen wollte. Gleich dahinter zwischen Fernseher und geöffnetem Fenster, aus dem man sogar den Tokyo Tower sehen konnte, lag eine große Matratze auf der sich gerade jemand murmelnd umdrehte. Er blinzelte. Hatte ihn die helle Morgensonne einmal geweckt, würde er nicht mehr so einfach einschlafen können, das wusste er. Der Wecker zeigte 07:04 Uhr an. Verschlafen strich Fye sich zwei blonde Strähnen aus dem Gesicht. Erst jetzt nahm er die Uhrzeit bewusst war. „Verdammter Mist!“ Er warf die Decke zurück woraufhin Mokona genervt in ihrem Käfig flatterte und ihn dann durch das kleine Türchen verließ um ein, zwei Runden um die alte Decken-Lampe zu drehen. Fye rannte ins Bad, zog sich einen weißen Pulli über den Kopf und schlüpfte in seine weite, helle Jeans. Mokona-chan war ein Albino Wellensittich. Sie war ziemlich temperamentvoll und verfressen, was man ihr auch ansah. Manchmal erinnerte sie ihn an ein weißes Reisbällchen. Schließlich spritzte sich Fye noch Wasser ins Gesicht und sah kurz in den Spiegel. Er müsste sich dringend wieder die Haare schneiden lassen. Zudem schauten ihm zwei verschlafene eisblaue Augen entgegen. An so einem Morgen passte ihm dieses Bild überhaupt nicht. Aus der Küche hörte er ein leises Piepsen. Als er mit ein paar Schritten aus dem Bad in die Küche trat hatte Mokona sich dort schon über die Reste des letzten Frühstücks hergemacht. Fye griff nach dem schwarzen Handy, das neben seinem weißen lag. Dann nahm er ab. Sagte nichts. Wie immer. Eine dunkle, verzerrte Stimme meldete sich nach kurzer Stille: «8:00Uhr …. Ich verlasse mich auf Sie….. klack.» Aufgelegt. Wie immer. Als Fye in die U-Bahn rannte, warf er noch schnell einen Blick auf die Uhr: 07:25 Uhr. Das würde reichen. „Puh!“ entfuhr es ihm. Natürlich waren zu dieser Uhrzeit keine Plätze mehr in der Bahn frei. „Immer alles auf den letzten Drücker, die Jugend von heute.“, sprach ihn eine ältere Frau lächelnd an, sodass man erkennen konnte, dass sie es nicht ernst meinte. Anscheinend hielt sie ihn für einen Schüler, der es gerade noch rechtzeitig geschafft hatte, die Bahn zu erwischen, um nicht zu spät zur Schule zu kommen. Trotz meiner 20 Jahre sehe ich anscheinend noch ziemlich kindlich aus, dachte Fye und schob gleich den Gedanken zur Seite, es könne auch an seiner ungewöhnlichen Haarfarbe liegen. Er lachte und fing mit Freuden ein Gespräch mit der Dame an, während die U-Bahn von Station zu Station fuhr. Als ihm der „Job“ wie er ihn für sich nannte, angeboten worden war, war er 16 Jahre alt gewesen. Das schwarze Handy lag eines Morgens bei ihm im Briefkasten, das war an dem letzten Morgen gewesen, den er damals in seinem Elternhaus verbracht hatte. Ca. 2 Wochen danach bekam er dann seinen ersten “Auftrag“. Per SMS. Gerade verabschiedete Fye sich von der freundlichen Dame, als er beim Aussteigen aus Versehen jemandem auf den Fuß trat. „Oh! Tut mir Leid ich hatte….“ Fye hatte sich der Person zugewandt, auf deren schwarz lackierten Schuh er gerade getreten war. Er musste seinen Kopf heben um seinem Gegenüber ins Gesicht zu sehen. Fye war schon überdurchschnittlich groß doch dieser Mann war riesig. Er trug einen schwarzen Anzug mit roter Krawatte, hatte breite Schultern, kurze pechschwarze Haare, die zu kleinen Stacheln gegelt waren und darunter ein markantes, dennoch schönes Gesicht. Ohne Fye auch nur eines Blickes zu würdigen verließ er mit großen Schritten die Zug. Perplex stand Fye auf der Schwelle zwischen Bahnsteig und U-Bahn. Schnell schüttelte er den Kopf und ärgerte sich darüber, sich dermaßen aus der Fassung bringen zu lassen. Was ihn damals dazu veranlasst hatte, den “Auftrag“ von einem Handy anzunehmen? Rache! Er wollte seine Familie rächen. Seine Mutter, seinen Vater und seinen geliebten Bruder den er damals sterbend in den Armen gehalten hatte. Nun war er ein Auftragskiller. Der Unbekannte, der ihm die Aufträge per Handy schickte, versprach ihm damals den Täter zu finden, der für den Tod seiner Familie verantwortlich war. Kurz bevor die Türen sich schlossen, verließ Fye die U-Bahn. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)