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Crazy for you

Miyavi x Maya x Aiji
von

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~1~
 

"Das... das ist doch nicht dein Ernst, oder?"
 

Entsetzt starrte Miyavi seinen Support Gitarristen an, der seinerseits betreten hinunter auf seine Füße sah und nervös am Saum seines T-Shirts herumfingerte. Endlich hob er den Kopf und blickte direkt in Miyavi's angsterfüllte Augen. "Doch, es ist mein Ernst. Ich steige aus. Und damit meine ich nicht nur die Band. Tut mir leid..." Und obwohl Maayatan leise und vorsichtig sprach, lag doch eine unüberhörbare Entschlossenheit in seiner Stimme. Trotzdem gab Miyavi nicht auf. "Aber warum denn? Hab ich was falsch gemacht? Sag mir was es war und ich mach's wieder gut, versprochen! Aber bitte bleib! Ich will nicht dass du gehst! Ich brauch dich doch!" plapperte er wie ein Wasserfall los und kam dabei immer näher, bis er schließlich direkt vor seinem Freund stand. Sanft löste er Maayatan's Hände vom Stoff seines Shirts und nahm sie in seine eigenen, beugte sich etwas näher an den anderen heran und flüsterte "Bitte bleib bei mir." Dabei sah er ihn flehend an während seine Daumen zärtlich über die Hände des Gitarristen strichen. Maayatan seufzte. "Es ist nicht deine Schuld, Miyavi. Du hast wirklich nichts falsch gemacht, außer dass du dich in jemanden verliebt hast der deine Gefühle nicht so stark erwidert. Versteh mich bitte nicht falsch, ich empfinde sehr viel für dich und du bist mir extrem wichtig, aber für Liebe reicht es leider nicht. Ich hatte anfangs noch gehofft, das würde sich mit der Zeit ändern, aber Gefühle lassen sich nun mal nicht erzwingen. Außerdem-"
 

"Bist du deshalb nicht mit mir zusammengezogen?" fiel ihm Miyavi ins Wort. "Weil du wusstest dass es nicht lange halten würde? Weil du... weil du wusstest dass du mich nicht liebst?" Große traurige Augen sahen ihn verzweifelt an und es tat Maayatan in der Seele weh, seinem Freund – nein, Ex-Freund – solche Schmerzen zuzufügen. Aber er konnte ihn und sich selbst nicht weiter belügen. Langsam nickte er und beobachtete gequält, wie Miyavi gegen die Tränen ankämpfte. Er wollte ihn ja auch nicht gänzlich von sich stoßen, deshalb sagte er "Ich würde aber sehr gern weiter mit dir befreundet sein, wenn du das möchtest.", doch Miyavi schüttelte sofort den Kopf. "Nein, das möchte ich ehrlich gesagt nicht. Es würde zu weh tun, dich nicht in den Arm nehmen und küssen zu dürfen. Du weißt dass ich meine Gefühle nicht verstecken kann." Der andere senkte den Blick. "Verstehe…"
 

Es entstand eine kurze Stille, in der sich die beiden einfach nur gegenüberstanden und ihren Gedanken nachhingen, dann drehte Miyavi sich plötzlich um und ließ sich auf einen Stuhl fallen. Er hatte Maayatan nun den Rücken zugewandt. "Und was wirst du jetzt machen?" fragte er überraschend ruhig und beherrscht, und nachdem der Gitarrist ihn ein paar Sekunden lang nur angestarrt hatte antwortete er "Du weißt doch dass ich nebenbei auch noch ein anderes Projekt habe. Naja, es läuft ganz gut, deshalb werde ich jetzt nonstop daran arbeiten. Mal sehen was draus wird." Miyavi's einzige Reaktion darauf war ein kurzes Nicken, dann machte sich wieder diese unangenehme Stille breit. Maayatan gefiel das überhaupt nicht, außerdem hatte er noch eine Frage auf dem Herzen. "Hasst du mich jetzt?" Die wenigen Sekunden, bis der andere antwortete, kamen ihm schier endlos vor, dann wurde Maayatan endlich erlöst. "Nein, natürlich nicht. Obwohl ich mir im Moment wünschte, ich könnte dich hassen. Aber du weißt ja dass ich das nicht kann, ich liebe dich und hab dir das ja auch ständig gesagt und gezeigt."
 

"Ja, das hast du. Mir und allen anderen..." Bei diesen Worten stutzte Miyavi. Aha. Da war also noch etwas anderes. "Meinst du den Fanservice? Hat dich das so sehr gestört?" fragte er, drehte sich aber weiterhin nicht zu Maayatan um, der die Schultern nun ebenso hängen ließ wie Miyavi. "Ich hatte dir schon einige Male gesagt dass es mir langsam zu viel wird. Ich möchte nicht dass die Leute denken, ich würde mich an dich ranmachen um bekannt zu werden. Für viele sieht es bestimmt so aus, als würde ich dich damit ausnutzen, und das will ich mir nicht nachsagen lassen. Ich möchte zeigen dass ich dich nicht brauche, um etwas zu erreichen." Da drehte sich Miyavi abrupt um und starrte ihn mit tränennassen Augen an. "Aber hast du mal daran gedacht dass ich dich brauche? Dass es mir das Herz bricht wenn du heute einfach so aus heiterem Himmel mit mir Schluss machst und gehst? Ich hatte keine Ahnung von deinen Zweifeln, ich dachte wirklich dass du mich liebst!" rief er aufgebracht und erneut strömten frische Tränen über sein Gesicht. Maayatan versuchte ihn zu beruhigen. "Es tut mir wirklich leid, auch wenn dir das jetzt nichts bringt. Bitte sei nicht traurig, du findest bestimmt bald jemanden der dich genauso sehr liebt wie du ihn." Miyavi reagierte darauf nur indem er sich wieder umdrehte und schwieg. Der Gitarrist überlegte noch kurz ob er zu ihm gehen und ihn zum Abschied umarmen sollte, entschied sich aber dagegen. So beließ er es bei einem einfachen "Ich geh dann mal. Mach's gut." und verschwand aus Miyavi's Wohnung. Dieser saß noch immer auf dem Stuhl, zog schließlich die Beine an und vergrub sein Gesicht zwischen den Knien. "Ich will aber keinen anderen…"
 

Er erinnerte sich daran wie er Maayatan – damals nannte er sich noch Maaya, Miyavi hatte ihm aber schon bald die Koseform –tan verpasst – zum ersten Mal bei dem Casting für seine Support Band getroffen hatte. Und so kitschig es auch klingt, für den Solokünstler war es Liebe auf den ersten Blick gewesen. Er hatte sich sofort mit dem niedlichen und, wie er gleich darauf feststellen konnte, überaus talentierten Gitarristen verbunden gefühlt und ihn ohne zu zögern in seine Band aufgenommen. Und Miyavi hatte auch kein Geheimnis daraus gemacht, dass er seinen Maayatan auf eine ganz besondere Art mochte. Anfangs hatte sich der andere zwar geschmeichelt gefühlt, ihn aber versucht auf Abstand zu halten, doch schon nach wenigen Wochen war er schließlich Miyavi's Charme erlegen. Dieser hätte sein Glück am liebsten in die ganze Welt hinausgeschrien, aber Maayatan hatte ihn gebeten, davon nichts an die Öffentlichkeit dringen zu lassen. Und nach anfänglichem Protest hatte sich der Solokünstler auch überreden lassen. Er tat schließlich alles für seinen Maayatan…
 

Die Gedanken daran schmerzten höllisch, aber Miyavi musste die Entscheidung des anderen respektieren. Was natürlich nicht bedeutete, dass er sich nicht für einige Tage in seiner Wohnung einschließen und im Bett verkriechen konnte. Wenn er abends seinen Anrufbeantworter abhörte wartete er vergeblich darauf, unter den besorgten Anrufern, die fragten was mit ihm los sei, Maayatan's Stimme zu hören. Er musste sich wohl oder übel damit abfinden, dass sein Leben von nun an ohne Maayatan weitergehen würde.
 

~1 Jahr später~
 

"AIJIIIIIII, AUFSTEHEEEEEEEEN!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!" Durch diesen markerschütternden Schrei und das stetige Ruckeln seiner Matratze wurde der arme Gitarrist unsanft aus dem Reich der wundervollen Träume in die grausame Realität katapultiert. Was für ein Start in den Tag. In den überaus wichtigen Tag, wohlgemerkt. Aber daran würde er nachher denken, nun galt es erst einmal, das auf seinem Bett auf und ab hüpfende Monster loszuwerden. Missmutig blinzelte er es an. "Das ist Hausfriedensbruch, ist dir das klar?" Maya grinste. "Selbst schuld, hättest mir ja nicht verraten brauchen wo dein Zweitschlüssel ist, Dummerchen." Da musste Aiji seinem Kollegen zur Abwechslung mal Recht geben, das war wirklich sehr dumm von ihm gewesen. Er wusste doch, wie Maya war – anhänglich und nervtötend. Er sollte sich schleunigst ein neues Versteck für seinen Schlüssel suchen… Für weitere Überlegungen blieb ihm keine Zeit, denn er sah sich urplötzlich mit seinem Wecker konfrontiert, den ihm Maya vor die Nase hielt. "Na los, Schlafmütze, du bist spät dran. Oder hast du vergessen was für ein Tag heute ist?"
 

"Blöde Frage, natürlich hab ich das nicht." grummelte der Gitarrist während er sich langsam aus dem Bett aufrappelte. Er gab sich dabei große Mühe, den lüsternen Blick zu ignorieren, den ihm der andere zuwarf. Immerhin schlief Aiji nur in Shorts und war demzufolge im Moment relativ leicht bekleidet. Maya konnte sich natürlich einen Kommentar nicht verkneifen. "Ach was, vergiss den Termin, leg dich wieder hin und wir kuscheln 'ne Runde! Du siehst grad so scharf aus!" Er zwinkerte dem Gitarristen zu und grinste über das ganze Gesicht, wodurch mal wieder seine enormen Grübchen zum Einsatz kamen. Aiji verdrehte nur genervt die Augen. "Lass den Mist und geh ins Wohnzimmer, ich komme gleich." Damit schob er seinen protestierenden Kollegen aus dem Schlafzimmer, schloss vorsichtshalber noch die Tür ab und schlurfte dann gähnend zum Kleiderschrank. Während er sich durch die Vielzahl seiner Klamotten wühlte dachte er wieder daran was heute für sie auf dem Programm stand und lächelte. 'Endlich geht's los!'
 

Als er fünf Minuten später mit ein paar Sachen unterm Arm sein Wohnzimmer betrat, fand er Maya leblos am Boden liegend vor. Er schien nicht zu atmen. Gleichgültig ging er an ihm vorbei in Richtung Bad, blieb im Türrahmen aber noch kurz stehen und meinte trocken "Gib's doch endlich auf, du kriegst keine Mund-zu-Mund-Beatmung von mir." Da richtete sich der scheinbar Tote wie durch ein Wunder wieder auf und streckte ihm beleidigt die Zunge raus. Aiji zuckte nur mit den Schultern, dann schloss er die Badtür hinter sich. Und so sah er nicht, wie Maya's trotziger Gesichtsausdruck einem traurigen wich. Der Jüngere blieb auf dem Boden sitzen und starrte verträumt die Tür an, hinter der Aiji gerade duschte. Bei dem Gedanken daran, dass der andere völlig nackt, nass und nur wenige Meter von ihm entfernt war, schüttelte er heftig den Kopf um die nicht jugendfreien Fantasien los zu werden, die sich gerade zu ihrer vollen Blüte entfalten wollten. Sowas konnte er jetzt gar nicht brauchen, heute war ausnahmsweise mal Konzentration angesagt. Und schließlich ging der Tag ja auch mal zu Ende…
 

****
 

Als Maya auf dem Rücksitz des Wagens Platz nahm war sofort eine Kamera auf ihn gerichtet, also hieß es für ihn von nun an, sein Süßer-Witzbold-Image aufzubauen. Er grinste auch sofort wie ein Honigkuchenpferd und gab ein paar enthusiastische "Yeah's" von sich, was ihre Stylistin bereits zum Kichern brachte. Auf dem Weg zum Fotostudio forderte er Aiji auf, den Zuschauern von ihren Plänen zu erzählen, nur um ihn dann ständig zu unterbrechen und mit ihm zu diskutieren. Es lief also darauf hinaus dass Maya für die Lacher sorgte und Aiji der Ruhepol war, der unter seinen Albernheiten zu leiden hatte. Maya bekam die Herzen, Aiji den Respekt. Das war das Konzept für LM.C, ihre neue Band, deren Karriere heute offiziell mit ihrem ersten Fotoshooting begann. Aber der Weg zum Studio war lang und gab Maya genügend Gelegenheiten, seinen Kollegen zu nerven. Und so beugte er sich nach einer Weile vor zu seinem Opfer und fuchtelte erst neben dessen Kopf mit der Hand herum, um ihn vom Fahren abzulenken, dann spielte er auch noch mit Aiji's pink-schwarzen Haaren. Natürlich hielt die Kamera alles fest.
 

"Maya, lass das."
 

"Ich will den Leuten aber zeigen, wie lieb wir uns haben."
 

"Ich nicht."
 

"Ich aber!"
 

"Ich aber nicht!" erwiderte Aiji gereizt und Maya verschwand wieder auf den Rücksitz, um eine Runde zu schmollen. Aiji schaute daraufhin seelenruhig in die Kamera und meinte "Er ist wirklich wie ein kleines Kind.", dann sah er in den Rückspiegel. "Nicht wahr, Maya?" Dieser blickte nur aus dem Fenster und erwiderte nichts, tat so als wäre er beleidigt. Doch schon eine Minute später beugte er sich erneut vor, diesmal um Aiji einen seiner heißgeliebten Lollis hinzuhalten. Der Gitarrist blinzelte erst irritiert, dann sagte er Maya, er solle damit aufhören, und der Lolli verschwand tatsächlich aus seinem Blickfeld. Einige Sekunden lang passierte nichts, doch dann hörte Aiji ein schmatzendes Geräusch und hatte im nächsten Moment wieder den Lolli vor der Nase. "Ich hab dran gelutscht!" verkündete Maya stolz, als würde er Aiji so dazu bewegen können, sein Angebot anzunehmen. Aber der andere lachte nur, ebenso die Stylistin.
 

"Hör auf, neben mir deinen Süßkram durch die Gegend zu schwenken."
 

"Aber du nimmst doch immer welchen, wenn ich ihn dir anbiete!"
 

"Das mach ich gar nicht."
 

"Doch, einmal hast du sogar gesagt, du willst den Lolli in meinem Mund!"
 

"Das hab ich nie gesagt!"
 

"Eh? Erinnerst du dich nicht mehr daran, Schatz?" Das brachte Aiji und die Stylistin wieder zum lachen, während Maya scheinbar verletzt seinen Kollegen anstarrte. "Du bist heute so kalt zu mir..."
 

"Was?"
 

"Warum?"
 

"Aber-"
 

"Ist es wegen der Kamera?"
 

"Du-"
 

"Warum benimmst du dich nicht normal?"
 

"Ich-"
 

"Normalerweise umarmst du mich."
 

"Tu ich nicht! Wegen dir kommen die Leute noch auf falsche Ideen, du hinterlistiges kleines Ding."
 

Der Rest der Fahrt verlief ruhig, und der Kameramann schaltete das Gerät schließlich aus. Auch danach beim Shooting machte Maya nur sehr selten einen auf Klassenkasper, meist war er konzentriert und seltsam still. Niemandem von der Crew fiel das besonders auf, alle waren froh über die professionelle Atmosphäre am Set, nur Aiji beobachtete seinen Kollegen des öfteren nachdenklich, wenn dieser gerade vor der Kamera stand oder anderweitig beschäftigt war. Der Gitarrist konnte sich schon denken, was in Maya vorging und warum er für seine Verhältnisse so schweigsam war. Aber bei diesem Problem konnte er ihm leider nicht helfen… denn das Problem war er selbst. Auf der Heimfahrt waren die beiden schließlich unter sich und Aiji hatte eigentlich erwartet, dass Maya sofort mit dem Theater anfangen würde, doch dieser saß nur schweigend neben ihm auf dem Beifahrersitz und starrte auf die Straße vor ihnen. Der Gitarrist wusste dass Maya nicht so eine kindische Quasselstrippe war, wie er sie in der Öffentlichkeit mimte, aber dass er so lange gar nicht sprach war auch nicht seine Art. Aiji seufzte leise. "Na sag's schon…"
 

"Was meinst du?" kam es nach einer kurzen Pause gespielt unwissend zurück und Aiji verdrehte die Augen. "Das weißt du doch genau. Du bist sauer auf mich, also sag es endlich." Diesmal musste er nicht so lange auf eine Reaktion warten. "Ach, das ist dir aufgefallen? Ich bin beeindruckt." erwiderte Maya schnippisch, dann kehrte wieder Stille ein. Aiji war es zu dumm, sich zu rechtfertigen, er war sich sicher dass Maya auch so weiterreden würde. Und er behielt Recht. "Du hast gelogen…" drang es leise an sein Ohr, aber auch wenn Maya ihm leid tat musste Aiji jetzt hart bleiben. "Das Thema hatten wir schon mal. Sogar mehrmals." Der gleichgültige Ton, in dem er diese Worte aussprach, machte Maya traurig aber zugleich auch wütend. "Das ändert nichts an der Tatsache dass du gelogen hast! Du hast gesagt du hättest mich noch nie umarmt oder etwas von mir angenommen, und wir wissen beide dass das nicht stimmt! Und ich erinnere mich noch sehr gut daran wie du meintest, dass du nur den Lolli in meinem Mund haben willst, und keinen anderen!" Aiji hätte sich in diesem Moment am liebsten die Haare gerauft, aber da er ja hinter dem Lenkrad saß beherrschte er sich. "Wie oft soll ich es denn noch sagen, hm? Ich war an dem Abend betrunken! Da sagt man schon mal das eine oder andere, was man eigentlich gar nicht so meint!" Diese ewige Diskussion hing ihm langsam aber sicher zum Hals raus. Maya offensichtlich nicht. "Ich dachte immer, man sagt im Suff gerade das, was man ernst meint aber sonst nie auszusprechen wagt. Betrunkene sind quasi die ehrlichsten Menschen, die es gibt!"
 

"Tja, falsch gedacht. Zumindest gilt das nicht für mich." erwiderte Aiji kühl, als er aber kurz hinüber zu Maya blickte und dessen verletzten Gesichtsausdruck sah wurde seine Stimme etwas sanfter. "Ich weiß ja dass du mich magst, aber sieh es doch bitte endlich ein. Ich hab nichts gegen Schwule, aber ich selbst bin es nun mal nicht. Ein paar kleine Anspielungen auf der Bühne sind ja okay, aber das war's dann auch schon. Damit wirst du klarkommen müssen, sonst hat das alles hier keinen Sinn und wir können gleich wieder aufhören und LM.C vergessen. Willst du das?" Aiji bekam als Antwort genau das, was er hören wollte, nämlich ein kleinlautes "Nein…" und nickte zufrieden. "Na dann sind wir uns ja einig." Es dauerte dann auch nicht mehr lange und der Gitarrist stoppte seinen Wagen vor dem Gebäudekomplex, in dem Maya wohnte. Dieser machte allerdings keine Anstalten, auszusteigen. Fragend sah Aiji ihn an und der Jüngere öffnete nach einer Weile auch endlich den Mund. "Ich werd mir Mühe geben und mich beherrschen, aber Gefühle lassen sich nicht so einfach abstellen. Also hab bitte ein bisschen Verständnis und sei nicht immer so abweisend und gemein zu mir, ja?"
 

"Geht klar. Tut mir leid, Maya. Ich bin sicher dass du ganz schnell über mich hinweg sein wirst und dich bis über beide Ohren in jemanden verliebst, der deine Gefühle erwidert." antwortete Aiji sanft, dann piekte er seinen Freund in die Seite. "Und jetzt tu mir bitte einen Gefallen und lächle wieder, dieses lange Gesicht steht dir nicht." Tatsächlich verzogen sich Maya's Lippen zu einem kleinen Lächeln und Aiji wuschelte ihm kurz durch die blonde Mähne. "Schon viel besser. Also dann bis morgen, okay?" Maya nickte. "Ja, bis morgen." Mit diesen Worten stieg er aus und sah Aiji's Wagen noch so lange hinterher, bis dieser um eine Ecke bog und verschwand. Genau wie das künstliche Lächeln auf Maya's Gesicht. Er rief sich die Worte des anderen in Erinnerung. 'Ich bin sicher dass du ganz schnell über mich hinweg sein wirst und dich bis über beide Ohren in jemanden verliebst, der deine Gefühle erwidert.' Niedergeschlagen ließ er den Kopf hängen. "Das glaube ich kaum…"

~2~
 

Ein paar Monate später saß Miyavi eines Abends auf der großen Couch in seinem Wohnzimmer und tat, was er so oft tat wenn er allein zu Hause hockte: Sich tödlich langweilen. Und was war die beste Medizin dagegen? Genau. Fernsehen. Also griff er zur Fernbedienung und klickte sich zu den Musiksendern durch. Vielleicht liefen ja ein paar interessante neue PVs oder etwas anderes, das ihn inspirieren konnte. Zuerst schaute er sich ein mäßig tolles Video von Nightmare an, dann lief ein seiner Meinung nach sehr viel besseres von MUCC. Während des darauf folgenden PVs von Glay ging er aufs Klo, und als er zurückkam lief gerade Werbung. Gähnend warf er sich wieder auf seine Couch und wartete auf den nächsten Musikclip, musste dann allerdings feststellen dass erst ein paar Barks-Comments dran waren. Er wollte schon umschalten, denn der Bandname dieser beiden Gestalten auf dem Bildschirm sagte ihm gar nichts, doch dann hielt er wie vom Blitz getroffen inne. Einer der beiden kam ihm vertraut vor… viel zu vertraut! Selbst wenn Maayatan sich die Haare abrasiert und dafür einen Bart hätte wachsen lassen, Miyavi hätte ihn trotzdem sofort erkannt. Diese Augen, wenngleich im Moment ungewohnt stark mit schwarzem Make-up umrandet, würde er nie vergessen, sie suchten ihn selbst jetzt noch in seinen Träumen heim. Fassungslos starrte er seinen mittlerweile blonden Ex-Freund an und spürte, wie sein Herz einen Salto nach dem anderen schlug. Maayatan sah…
 

'Er sieht toll aus… Nein, er sieht fantastisch aus! Oh mein Gott, das darf nicht wahr sein… Und wer ist der andere? Sieht aus wie… eh? Ist das nicht der ehemalige Gitarrist von Pierrot, Aiji oder wie er heißt? Also hat er sich nach deren Trennung meinen Maayatan geschnappt! Aber… Aiji ist Gitarrist… und Maayatan auch… bräuchten die beiden dann nicht noch einen Sänger? Oder kann Aiji auch noch singen? Ich hab keine Ahnung ob Maayatan ein guter Sänger ist… Vielleicht sollte ich einfach mal zuhören…' Also konzentrierte sich Miyavi auf das, was in dem Comment gesagt wurde. Er hatte den Anfang durch seine wirren Überlegungen natürlich verpasst, bekam erst wieder etwas mit als Aiji für die nächste Woche Auftritte in Nagano, Nagoya, Osaka und Tokyo ankündigte. Danach erzählte Maayatan noch etwas über die gleichzeitige Veröffentlichung ihrer beiden neuen Singles, und zum Schluss kam Aiji noch mal zu Wort. Dann verabschiedeten sich die beiden und wurden ausgeblendet.
 

Miyavi saß noch eine ganze Weile wie versteinert und mit offenem Mund vor dem Fernseher, nahm die neuen Bilder auf der Mattscheibe aber gar nicht wahr. Maayatan – sein Maayatan – war in einer neuen Band… genauer gesagt in einer 2-Mann-Band. Oder doch nicht? Es war ja auch möglich dass die beiden nur als Vertreter für die anderen Mitglieder vor der Kamera gestanden hatten, und in Wirklichkeit gab es doch noch einen Sänger, einen Bassisten und einen Drummer. 'Ich könnte natürlich auch damit aufhören, irgendwelche Theorien aufzustellen, und einfach nachschauen.' Und so erhob er sich und ging an seinen PC. Eine Stunde später wusste er alles, was es über die noch junge Karriere von LM.C zu wissen gab. Miyavi war sehr erstaunt gewesen als er gelesen hatte dass Maayatan, der sich nun Maya nannte, tatsächlich der Sänger der 2-köpfigen Band war. Und noch erstaunter als er die PVs zu 'Rock the LM.C' und 'little Fat Man boy' gesehen hatte. Maayatan konnte wirklich gut singen! Jedenfalls passte seine Stimme hervorragend zu ihrer Musik, die sich ganz nebenbei mit ihrer Mischung aus Rap, Rock und Pop ziemlich von der anderer japanischer Bands abgrenzte. Der Solokünstler konnte es nicht leugnen, er war stolz auf seinen Freund. 'Ex!! Ex-Freund!!' rief er sich sofort wieder in Erinnerung, doch dieser Gedanke schmerzte ihn heute um einiges mehr als in den vergangenen Wochen und Monaten. Es war sinnlos, es abzustreiten… er liebte den anderen noch immer. Miyavi hatte es zwar nach langer Zeit geschafft, nicht mehr ständig an Maayatan denken zu müssen, aber das heutige einseitige Wiedersehen hatte all seine Anstrengungen zunichte gemacht. Jetzt ging es ihm wieder wie damals, als sein Gitarrist mit ihm Schluss gemacht hatte. Ihm war zum Heulen zumute…
 

Doch dann schlich sich eine Idee in seine traurigen Gedanken. LM.C hatten am 15. November einen Auftritt hier in Tokyo… Er könnte doch hingehen und ihn sich ansehen, und vielleicht bestand danach die Möglichkeit, Maayatan – er weigerte sich, ihn Maya zu nennen – am Hintereingang abzufangen. Miyavi hatte schließlich nichts zu verlieren, das Schlimmste was passieren konnte war, dass der andere ihn abblitzen ließ. Aber vielleicht hatte er ja auch Glück und Maayatan freute sich über ihr Wiedersehen. Einen Versuch war es wert…
 

****
 

Das Live war ein voller Erfolg gewesen, sowohl die Band als auch das Publikum hatten ordentlich Stimmung gemacht und gefeiert. Maya liebte solche Auftritte, aber das lag zu einem Großteil auch an Aiji. Nur auf der Bühne ging sein sonst so ruhiger Kollege voll aus sich raus, offenbarte eine ganz andere Seite seiner Persönlichkeit – die Seite, die bei Maya ein angenehmes Kribbeln in der Magengegend verursachte. Aiji war während seines Gitarrenspiels entweder damit beschäftigt, mit den Fans um die Wette zu headbangen, sie anzuheizen oder die Songs – auch ohne Mikro – mitzusingen. Ihre heutige Show bildete da keine Ausnahme, im Gegenteil, die beiden waren in Topform gewesen. Sie hatten sogar am Ende 'little Fat Man boy' ein zweites Mal gespielt weil das Publikum angefangen hatte, es lauthals im Chor zu singen. Und Maya war hinterher so glücklich und aufgekratzt dass er Aiji, sobald sich die Garderobentür hinter ihnen geschlossen hatte, um den Hals fiel. Erschrocken befreite sich der Gitarrist aus der unerwarteten Umarmung und blinzelte den anderen verwirrt an. "Was sollte das denn jetzt?"
 

"Nichts weiter, ich brauchte nur was zum knuddeln, und du warst gerade in Griffnähe." antwortete der Sänger wahrheitsgemäß und war etwas verwundert, fragte sich warum sein Freund ihn so grob abgeschüttelt hatte. Dieser sah ziemlich genervt aus. "Ich hab dir schon tausendmal gesagt dass du mich nicht ständig befummeln sollst, also behalt deine Hände gefälligst bei dir, verstanden?!" ging er den armen Maya gereizt an, der völlig überrumpelt war und nur eingeschüchtert nickte. Ihm war im Moment nicht nach einer Diskussion, und seine gute Laune hatte sich auch verflüchtigt. Wortlos schminkten sich die beiden ab, zogen sich um und packten ihren Kram zusammen, dann verließen sie die Garderobe und marschierten zum Ausgang. Dem Jüngeren ging dieses grundlose Anschweigen aber gehörig gegen den Strich, und kaum waren sie durch die Hintertür ins Freie (und somit außer Hörweite anderer) getreten, da blieb Maya stehen und durchbrach endlich die angespannte Stille. "Das ist wirklich kindisch, Aiji. Ich finde du hast gerade ganz schön übertrieben." Der Gitarrist war ebenfalls stehen geblieben und sah Maya wütend an. "Aber irgendwie muss ich dich doch in deine Schranken weisen, und mit Worten kann ich dir ja anscheinend nicht klar machen dass wir nur Kollegen sind!" Bei diesen Worten wurde dem anderen ganz schwer ums Herz. Traurig erwiderte er Aiji's Blick.
 

"Nicht mal Freunde?"
 

"Na gut, ja, Freunde sind wir auch."
 

"Und warum können wir uns dann nicht umarmen?"
 

"Gegenfrage: Was wäre wenn genau in diesem Moment jemand reingeplatzt wäre?"
 

"Dann hätte er zwei Kerle gesehen die sich umarmen, na und?"
 

"Ich will aber nicht dass man mich für schwul hält!"
 

"Du tust ja so als wäre das eine Krankheit!"
 

"Streitet ihr zwei Hübschen euch etwa?"
 

Beim Erklingen dieser unerwarteten dritten Stimme drehten die beiden LM.C-Mitglieder ihre Köpfe abrupt in die Richtung, aus der sie gekommen war und sahen einen schlanken jungen Mann, der lässig an der Wand des Gebäudes lehnte und sie frech angrinste. Maya's Augen wurden tellergroß. "Mi…"
 

"…ya…vi!“ half der andere lächelnd nach. "Du wirst doch wohl nicht innerhalb so kurzer Zeit meinen Namen vergessen haben, Maayatan. Wenn doch wäre ich jetzt echt beleidigt." Damit stieß er sich ab und kam langsam auf die beiden zu, den Blick immer auf Maya gerichtet. Dieser war sprachlos, damit hatte er ja nun wirklich absolut nicht gerechnet. Aber immerhin war durch die Unterbrechung sein Streit – er bezeichnete es lieber als Meinungsverschiedenheit – mit Aiji nicht weiter ausgeartet. Jetzt galt es allerdings erst einmal, Miyavi's unangekündigtes Erscheinen zu ergründen, und er würde dies so listig und unauffällig wie möglich tun. "Was machst du denn hier?" Ja, das war wahrlich unauffällig…
 

"Ach naja, ich hab zufällig mitgekriegt dass ihr heute hier spielt und wollte mal sehen was ihr so draufhabt. Besonders du als Sänger." antwortete der Solokünstler grinsend und zwinkerte Maya zu. Dieser lief bei dem Gedanken daran, dass sein Ex-Freund bei ihrem Auftritt dabei gewesen war, leicht rötlich an. Weshalb wusste er selbst nicht. Aiji auch nicht, aber er ließ es sich dennoch nicht nehmen, Maya auf seine neugewonnene Gesichtsfarbe hinzuweisen.
 

"Du wirst rot." meinte er trocken.
 

"Werd ich gar nicht!" verteidigte sich der Jüngere.
 

"Doch wirst du." bestätigte nun auch Miyavi.
 

Geschlagen ließ Maya die Schultern hängen. "Ach lasst mich doch in Ruhe…" Sofort schüttelte Miyavi energisch den Kopf. "Das kannst du vergessen, ich hab nämlich vor dich jetzt auf der Stelle zu entführen, nach Shinjuku ni-chōme* zu verschleppen, sturzbetrunken zu machen und dich anschließend bei mir zu Hause zu vergewaltigen!" Bei den entgeisterten Blicken seiner beiden Gegenüber verdrehte er die Augen. "Oder ich lade dich einfach auf einen harmlosen Drink ins DNA ein und wir quatschen ein bisschen, wenn dir das lieber ist." Da nickte Maya zaghaft. "Ähm, ja, das wäre mir tatsächlich lieber…"
 

"Das heißt du kommst mit?!" entfuhr es Miyavi, der schon fast mit einer Absage gerechnet hatte, und Aiji zuckte leicht zusammen. Er war, im Gegensatz zu Maya, nicht an die Gefühlsausbrüche des jungen Solokünstlers gewöhnt. Sein Kollege überlegte kurz, dann nickte er erneut, diesmal entschlossener. "Klar, warum nicht? Deine Gesellschaft ist mir gerade um einiges lieber als die einer gewissen anderen Person." Damit warf er dem Gitarristen neben sich einen verächtlichen Blick zu. "Ich nehme mal nicht an dass du mitkommen willst, Aiji?! Immerhin sind wir beide schwul und gehen jetzt in eine Schwulenkneipe, da könntest du dich ja anstecken." meinte er mit vor Sarkasmus triefender Stimme und wartete gar nicht erst auf eine Antwort, drehte sich sofort wieder zu Miyavi um. "Wollen wir?" Der Angesprochene grinste. "Alter vor Schönheit." Dafür erntete er einen Knuff gegen die Schulter und hielt sich in diesem Moment für den glücklichsten Menschen der Welt. Gemeinsam schlenderten die beiden die Gasse entlang zum Parkplatz, auf dem Miyavi seinen Wagen abgestellt hatte, und schon nach wenigen Metern konnte Aiji sie herzhaft lachen hören. Gleichgültig zuckte er mit den Schultern. Jetzt war er seinen anhänglichen Bandkollegen wenigstens mal für eine Weile los, und Miyavi würde sich bestimmt liebend gern als 'Opfer' für Maya's Knuddelattacken bereit erklären. Konnte Aiji nur recht sein. Und so kehrte er den beiden den Rücken zu und stiefelte allein in die entgegengesetzte Richtung davon.
 

*Shinjuku ni-chōme ist das Schwulenviertel von Tokyo!^^
 

****
 

"Für mich einen Sex on the Beach und für ihn einen dreifachen Whisky bitte!" schmetterte Miyavi dem Kellner freudestrahlend entgegen bevor Maya ihn daran hindern konnte. Dies holte er aber schnell nach und änderte, während er seiner strampelnden Begleitung den Mund zuhielt, die Bestellung in einen Sweet Victory für Miyavi und einen Lovers Best für sich selbst. Daraufhin verzog sich der verwunderte Kellner von ihrem Tisch in einer Ecke des Lokals und Maya ließ Miyavi los, der über den Körperkontakt aber eigentlich sehr froh gewesen war und die Hand des anderen auf seiner Haut jetzt schon vermisste. Aber das ließ er sich nicht anmerken, stattdessen sah er Maya neugierig an. "Sag mal, was sollte das denn vorhin eigentlich? Du warst ja ziemlich kühl zu deinem Kollegen." Bei der Erwähnung von Aiji verfinsterte sich der Blick des Blonden etwas. "Ach, ich wollte ihm damit nur klarmachen wie dämlich ich sein Verhalten finde. Auf der einen Seite sagt er dass er nichts gegen Schwule hat, und auf der anderen kriegt er sofort einen Schreikrampf wenn ich ihn nur mal aus Versehen am Arm berühre. Als hätte ich die Pest oder sowas."
 

Miyavi nickte verständnisvoll und jubelte innerlich. Sehr schön, dieser Aiji war also schon mal keine Konkurrenz für ihn. "Aber sonst kommt ihr miteinander klar, oder? Denn wenn der Typ ständig gemein zu dir ist…" Sein Blick verriet Maya ziemlich eindeutig was Miyavi in dem Fall vorhatte, und er winkte mit einer Hand ab. "Ja, er ist eigentlich total in Ordnung, bloß manchmal eben etwas empfindlich." Dabei kramte er in seiner Jackentasche und holte schließlich zwei Lollis hervor, bot Miyavi einen davon an. Dieser nahm ihn dankend entgegen und lächelte während er ihn auspackte. Er mochte die Dinger auch sehr gern, aber seit ihrer Trennung hatte er – verständlicherweise - keinen mehr gegessen. Doch nun war sein Appetit darauf wiedergekehrt. Grinsend sahen sich die beiden über den Tisch hinweg an und steckten sich gleichzeitig ihre Lollis in den Mund, fast so als wäre es ein Ritual. Ihr Ritual.
 

"Und," Maya zog den Lutscher geräuschvoll wieder heraus, "wie geht's dir so?" Miyavi tat es ihm gleich und drehte den Stiel zwischen Daumen und Zeigefinger hin und her während er sprach. "Mir geht's prima, meine Platten verkaufen sich sehr gut und im September hab ich im Tokyo Geijutsu Gekijo ein fünftägiges Konzert gegeben." Maya nickte langsam und schaute seinen Gegenüber nachdenklich an. Er zögerte kurz, dann kamen ihm die entscheidenden Worte endlich über die Lippen. "Dass du erfolgreich bist habe ich durch die Medien auch mitbekommen. Ich meinte eher wie es dir privat geht…"
 

"Wie schon, ich kann mich vor Heiratsanträgen kaum retten!" witzelte der Jüngere sofort, doch als er Maya's ernsten Blick sah senkte er den Kopf und schaute gedankenverloren auf den Lolli in seiner Hand. Ein trauriges Lächeln umspielte seine Mundwinkel. "Naja, du kannst dir sicher denken dass es mir, nachdem du weg warst, ziemlich bescheiden ging. Ich will dir damit aber kein schlechtes Gewissen einreden, wirklich nicht. Du hattest dich eben so entschieden, und ich konnte dich ja schlecht zwingen bei mir zu bleiben. Na jedenfalls hat Yuchinosuke* mich getröstet und sich ein bisschen um mich gekümmert. Wir hatten auch ganz kurz was miteinander, aber das war nicht so das Wahre. Jetzt sind wir nur noch Freunde."
 

"Und zur Zeit bist du…"
 

"Zur Zeit bin ich solo und glücklich." beendete Miyavi den Satz und sah Maya lächelnd in die Augen. Er verkniff es sich, nach dessen Liebesleben zu fragen, einerseits weil er es wirklich nicht wissen wollte und andererseits weil er nicht den Anschein erwecken wollte, als würde er sich Hoffnungen machen. Obwohl er dies durchaus tat.
 

Nachdem sie ihre Getränke bekommen hatten unterhielten sich die beiden noch stundenlang über alles mögliche, was seit ihrer Trennung vorgefallen war, zum Beispiel darüber wie es zur Gründung von LM.C, zu Aiji's Beitritt und zu Maya's neuer Rolle als Sänger gekommen war. Oder darüber warum er sich nicht mehr Maayatan nannte, denn Miyavi bestand darauf ihn auch weiterhin so anzureden. Maya hatte auch überhaupt nichts dagegen, er mochte seinen Spitznamen. Und so verging die Zeit und es war schon nach zwei Uhr morgens als die beiden die Bar endlich wieder verließen. Maya hatte den anderen erfolgreich davon abhalten können, etwas alkoholisches zu bestellen, denn immerhin musste Miyavi noch fahren. Und Spaß hatten die beiden auch problemlos ohne Alkohol.
 

Auf der Fahrt zu Maya's Wohnung wurden sie allerdings ganz still, fragten sich insgeheim wann sie den anderen wohl wiedersehen würden. Miyavi wusste nicht ob er eine Chance hatte, Maayatan wieder für sich zu gewinnen oder ob dieser es weiterhin bei Freundschaft belassen wollte. In dem Fall musste er sich fragen ob er denn eine normale Freundschaft überhaupt wollte, oder besser gesagt ertrug. Denn der gemeinsame Abend hatte ihm nur wieder bestätigt was er sowieso schon lange wusste – er liebte diesen blonden, lolli-lutschenden Typ neben sich abgöttisch, daran hatten auch die vergangenen Monate nichts geändert. Eben dieser blonde, lolli-lutschende Typ zerbrach sich zur selben Zeit den Kopf darüber, ob Miyavi bei seiner Einladung Hintergedanken hatte oder wirklich nur mal wieder ein Schwätzchen halten wollte. Und noch mehr Kopfschmerzen bereitete ihm die Frage, was von beidem ihm lieber wäre. Aber ab und zu wanderten seine Gedanken auch zurück zu Aiji. Es ärgerte und kränkte ihn immer noch, wie dieser auf seine Umarmung reagiert hatte, und Maya fragte sich wie er sich dem anderen gegenüber in Zukunft verhalten sollte.
 

Das Zuschlagen der Fahrertür ließ ihn aus seinen Gedanken hochschrecken und er beobachtete Miyavi dabei, wie dieser um den Wagen herumging und sich neben der Beifahrertür hinhockte. Grinsend klopfte er ans Fenster und Maya ließ die Scheibe per Knopfdruck herunterfahren. "Du kannst dich wohl nicht von mir losreißen, hm?" flötete Miyavi, und als der andere ihn nur verdutzt ansah zeigte er mit einem Finger an dem Sänger vorbei nach rechts. Maya warf einen verwirrten Blick in die Richtung und stellte überrascht fest, dass sie schon bei seiner Wohnung angelangt waren. Sein Gesichtsausdruck und das leise "Oh", das seinem Mund entwich, brachten Miyavi zum Kichern während er seinem Begleiter die Tür öffnete. Dann standen sie sich schweigend gegenüber. Aber nicht sehr lange, denn Miyavi verschränkte die Arme vor der Brust und sah Maya gespielt beleidigt an. "Worauf wartest du? Oder hast du etwa vergessen was ich mindestens einmal täglich brauche?" Es dauerte einen Moment bis Maya verstand was der andere meinte, und ein großes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Miyavi lächelte bei diesem Anblick auch und ließ sich einen Moment später selig in eine feste Umarmung ziehen, die er ebenso innig erwiderte.
 

Auch Maya war glücklich. Er genoss die Wärme des anderen und das Gefühl, jemandem etwas zu bedeuten. Bei Aiji musste er auf sowas meist verzichten. Und in diesem Augenblick, hier in Miyavi's Armen, fragte er sich ernsthaft was er an Aiji eigentlich so toll fand. Die Geborgenheit, die sein Ex-Freund ihm schenkte, hatte es ihn vergessen lassen. Verunsichert über das Gefühlschaos in seinem Kopf ließ er die Arme langsam wieder sinken, löste so seine Umarmung mit Miyavi, doch dieser dachte gar nicht daran, Maya wieder loszulassen. Im Gegenteil, er klammerte sich sogar noch stärker an ihn und legte seinen Kopf in Maya's Halsbeuge. "Ich hab dich vermisst… Ich hab dich so schrecklich vermisst, Maayatan…" flüsterte Miyavi mit zitternder Stimme, dabei waren seine Lippen so nah an Maya's Hals dass dieser den warmen Atem des anderen auf seiner Haut spüren konnte. Er schloss für einen Moment die Augen, versuchte das in ihm aufsteigende Kribbeln zu unterdrücken, aber so richtig wollte es ihm nicht gelingen. Als er seine Augen wieder öffnete schaute er direkt in Miyavi's, der sich wieder etwas erhoben hatte. Er sah genau so verzweifelt aus wie an dem Tag, an dem Maya ihn verlassen hatte, nur dass er heute nicht weinte. Aber das Glänzen in seinen Augen verriet, dass die Tränen wohl nicht mehr lange auf sich warten lassen würden. Diesen Anblick hatte Maya damals schon nicht ertragen können, er wusste dass er es heute auch nicht können würde. Und so hob er die Arme wieder, legte eine Hand auf Miyavi's Rücken, die andere an seinen Hinterkopf, und zog ihn in eine noch festere Umarmung als zuvor.
 

Seine Gedanken überschlugen sich. Also war Miyavi doch nicht über ihn hinweg. Aber hatte er sich wirklich Hoffnungen gemacht, durch das heutige Treffen wieder mit Maya zusammen zu kommen? Oder hatte er versucht sich einzureden dass sie doch noch wenigstens Freunde sein könnten, nur um letztendlich von seinen Gefühlen überwältigt zu werden? Maya merkte gar nicht dass er angefangen hatte, Miyavi beruhigend über den Rücken zu streicheln, dafür war er zu sehr in Gedanken. Was sollte er denn jetzt tun? Miyavi einfach hier stehen lassen und gehen konnte er nicht. Und er wollte es auch nicht. Da war jemand der ihn beachtete, der ihn brauchte, der ihn liebte. Und es war lange her dass Maya sich gebraucht und geliebt gefühlt hatte. Langsam, ganz langsam strich er mit seiner Hand über Miyavi's Haare nach unten bis zu seinem Nacken, den er zu kraulen begann und dem Jüngeren damit ein leises Seufzen entlockte. Dieser schmiegte sich noch enger an Maya und fing damit an, federleichte Küsse auf dessen Hals zu verteilen, wanderte dabei langsam immer höher über Kiefer und Wange bis nur noch wenige Zentimeter ihre Münder voneinander trennten. Dann stoppte er, lehnte sich erneut etwas zurück und blickte in Maya's Augen, suchte darin nach der Antwort auf seine unausgesprochene Frage.
 

Der Blonde sah ihn zunächst nachdenklich an, doch dann entspannten sich seine Gesichtszüge plötzlich und er lächelte, ließ Miyavi's Herz dadurch gleich doppelt so schnell schlagen. Sanft legte Maya seine freie Hand unter das Kinn des anderen und zog sein Gesicht langsam zu sich. Doch kurz bevor sie sich erreichten hielt er einige qualvolle Sekunden lang inne, in denen sich die beiden tief in die Augen schauten - Miyavi auf der Suche nach Zweifeln, Maya auf der Suche nach der Liebe, die er so dringend nötig hatte. Und er fand sie auch. Sie was so deutlich in den dunklen Augen seines Gegenübers zu sehen und immer noch so stark und bedingungslos, dass es ihm für einen Moment den Atem verschlug. Doch dann wurde Staunen durch Verlangen ersetzt und Maya beugte sich vor und presste seine Lippen auf Miyavi's. Dieser schlang sofort seine Arme um den Hals des anderen und vertiefte den Kuss, drückte seinen Körper dabei noch stärker gegen Maya's sodass dieser einen Schritt zurück ging und nun mit dem Rücken gegen Miyavi's Wagen lehnte. Sie küssten sich leidenschaftlich und krallten sich dabei aneinander fest als befürchtete jeder der beiden, der andere könnte plötzlich von ihm fortgerissen werden. Als ihnen schließlich die Luft ausging trennten sich zwar ihre Lippen, doch der Rest ihrer Körper blieb fest aneinander gepresst. Schwer atmend lehnte Maya seine Stirn an Miyavi's, dieser stand einfach nur reglos und mit geschlossenen Augen da und versuchte sich davon zu überzeugen, dass er nicht träumte. Da streichelte ihm eine Hand sanft über seine Wange und Maya flüsterte "Sieh mich an." Miyavi kam seiner Aufforderung nach und öffnete langsam und schon fast ängstlich die Augen, doch seine Sorge war unbegründet. Maya sah ihn mit lustverhangenem Blick an, drückte ihm noch einen langen Kuss auf den Mund und hauchte anschließend leise "Komm mit." in sein Ohr. Ein kurzes Nicken war alles, was Miyavi darauf erwiderte, und sofort griff Maya nach dessen Hand und führte ihn hinauf in seine Wohnung. Und beging damit seinen Fehler von damals zum zweiten Mal.
 

*Yuchinosuke ist Miyavi's ehemaliger Bassist

~3~
 

"Nee kiite yo boku no papa wa chou sugoi n'da!

Saikyou no kushami o kangaeta.

Manhattan hatsu no sore wa baka dekai,

Kita kara minami made yodaremamire sa..."
 

Der vertraute Text von 'little Fat Man boy' drang an Aiji's Ohr und ließ ihn den Kopf heben. Maya musste ja extrem gute Laune haben wenn er das Lied in einer derartigen Lautstärke durch die Gegend plärrte, dass man ihn sogar bis ins Tonstudio hören konnte. Und kaum hatte der Gitarrist dies gedacht, da flog auch schon die Tür auf und ein strahlender Blondschopf hopste frischvergnügt ins Zimmer.
 

"Boku wa daijoubu da yo!!!

Kono sora o parashuuto nashi demo tondemiseru.

Ii ko ni suru kara chanto dekiru kara,

Tooku hanaretete mo shinjitete ne?!"
 

Während er dies trällerte fuchtelte er wild mit den Armen in bester Para-Para-Manier herum, legte dabei auch noch den einen oder anderen Tanzschritt hin und sah einfach nur zum totlachen aus. Dass er sich da gerade zum absoluten Vollidioten machte schien ihn überhaupt nicht zu stören, und er hätte bestimmt das ganze Lied durchgesungen wenn Aiji nicht so ein todesmutiger Teufelskerl gewesen wäre. War er aber, und so sprang er bei der letzten Zeile der Strophe auf, sprintete hinüber zu seinem Kollegen und hielt ihm den Mund zu als dieser gerade mit der nächsten Strophe beginnen wollte. "Ist ja gut, ist ja gut, ich weiß dass du den Text kannst! Und jetzt halt endlich die Klappe, sonst schmeißen die dich noch aus dem Studio! Und wenn die es nicht machen mach ich es!" Aiji sagte dies in einem amüsierten Ton der klarmachte, dass er nicht im geringsten sauer auf den anderen war, und Maya sah ihn mit leuchtenden Augen und einem Grinsen, dass sich allerdings hinter der Hand des Gitarristen versteckte, an und nickte. Da ließ Aiji von ihm ab und befand sich im nächsten Moment auch schon in einer ihm nur allzu gut bekannten Situation: Maya hatte die Arme um ihn geschlungen und drückte den Älteren fest an sich. Dieser versuchte sich zunächst mit Worten zu befreien, er wollte es nicht schon wieder zum Streit kommen lassen. "Maya, du weißt ganz genau dass-"
 

"Entspann dich, Süßer, du bist in Sicherheit!" unterbrach ihn der immer noch bis über beide Ohren grinsende Sänger und ließ etwas lockerer, um dem anderen ins Gesicht sehen zu können. Dieser blinzelte ihn verwirrt an. "Was meinst du damit? Und warum bist du überhaupt so gut drauf?" Da ließ Maya ihn gänzlich los, schmiss sich auf die Couch direkt neben ihm und streckte Aiji eine Faust, von der er seinen Zeige- und Mittelfinger abspreizte, entgegen. "Ich wurde heute Nacht flachgelegt! Sogar zweimal!" Der Ältere starrte ihn einen Moment fassungslos an, dann stöhnte er und fuhr sich mit einer Hand über sein Gesicht. Das war mehr Information, als ihm lieb gewesen war. Warum hatte er bloß gefragt? Ein paar Sekunden später setzte er sich neben Maya auf die Couch, zündete sich eine Zigarette an und drehte sich dann zu seinem Freund um. "Also bist du jetzt wieder mit Miyavi zusammen? Oder war das bloß eine einmalige Sache?" Ein neugieriges Funkeln erschien in Maya's Augen. "Wieso interessiert dich das? Eifersüchtig?" Aiji schüttelte den Kopf und sah seinen Gegenüber ernst an. "Du weißt genau dass es das nicht ist. Aber du hast mir ja von eurer damaligen Beziehung erzählt, und ich will nicht dass du dich wieder selbst belügst und ihn damit zum zweiten Mal verletzt. Und dass unsere Arbeit darunter leidet will ich natürlich auch nicht." Bei diesen Worten war auch Maya schlagartig ernst geworden.
 

"Es ist ja wirklich lieb von dir, dass du dir solche Sorgen machst, aber das brauchst du nicht. Wir sind diesmal unter ganz anderen Umständen zusammengekommen, und ich bin mir sicher dass ich mich richtig entschieden habe. Außerdem bin ich professionell genug um Arbeit und Privatleben auseinanderhalten zu können. Und jetzt hopp hopp, lass uns endlich anfangen! Ich bin schließlich extra eher gekommen damit ich auch eher wieder nach Hause kann!" Und nachdem er Aiji noch grinsend zugezwinkert hatte schnappte er sich einen der vielen Schokoriegel vom Tisch, ging hinüber zum Mischpult, ließ sich dort auf einen der beiden freien Drehstühle fallen und klopfte auf das Sitzkissen des anderen. "Mein linker linker Platz ist leer, ich wünsche mir den Aiji her!" Schmunzelnd stand besagter Gitarrist auf und nahm kurz darauf, ebenfalls mit einem Schokoriegel bewaffnet, neben Maya Platz. Die neue Arbeitseinstellung seines Kollegen gefiel ihm schon mal sehr gut.
 

****
 

Zu eben diesem Zeitpunkt lag ein etwas zu groß geratener junger Japaner in dem zerwühlten Bett seines Freundes und starrte mit einem zufriedenen – eher befriedigten – Lächeln ins Leere. Er hatte nicht vor, innerhalb der nächsten Stunde aufzustehen, zu schön waren die Erinnerungen an die letzte Nacht. Sein Lächeln wurde zu einem perversen Grinsen als er daran dachte wie er und Maayatan schon halbnackt in dessen Wohnung geplatzt waren. Dass ihre Jacken sich bereits im Fahrstuhl und die Shirts kurz darauf im Hausflur von ihren Besitzern verabschiedet hatten, war ihnen zu dem Zeitpunkt mehr als egal gewesen. Und so waren sie, nachdem Maayatan noch schnell die Wohnungstür zugekickt hatte, ohne Umwege in dessen Schlafzimmer gestolpert. Wofür sie eine ganze Weile gebraucht hatten, immerhin war es gar nicht so einfach sich ungestüm zu küssen und dabei Schuhe, Socken und Hose auszuziehen. Aber schließlich hatten sie auch diese Hürde überwunden und waren, nur noch mit Shorts bekleidet, auf Maayatan's glücklicherweise ziemlich großen Bett gelandet. Wenige Augenblicke später hatten sie sich auch noch von dem letzten Rest Stoff an ihren Körpern getrennt, und dann...
 

Genießerisch schloss Miyavi die Augen bei dem Gedanken daran, was danach geschehen war. Beim ersten Mal hatten sie Sex - wild, leidenschaftlich, hemmungslos. Beim zweiten Mal hatten sie sich geliebt, hatten sich Zeit gelassen und ihre Körper neu erkundet, zärtliche Küsse und Berührungen ausgetauscht und sich so gegenseitig ganz langsam zum Höhepunkt getrieben. Es war genau so gewesen wie früher – mal rauh, mal sanft. Aber etwas hatte sich doch geändert... Damals waren ihre Rollen klar verteilt gewesen und Miyavi hatte absolut kein Problem damit gehabt, sich von Maayatan im Bett dominieren zu lassen. Doch in der letzten Nacht... Miyavi öffnete seine Augen wieder und starrte nachdenklich an die Zimmerdecke. Letzte Nacht war es anders gewesen. Denn als es nach dem stürmischen Geküsse und Gefummel schließlich zur Sache gekommen war und Miyavi auf dem Rücken gelegen und Maayatan auf sich gezogen hatte, da hatte dieser den Kopf geschüttelt, Miyavi gepackt und sie beide blitzschnell herumgedreht, sodass der Jüngere plötzlich oben gelegen hatte. Auf seinen fragenden Blick hin hatte Maayatan ihm fest in die Augen gesehen und geflüstert "Lass mich bitte unten sein." Diesem Wunsch war Miyavi auch ohne Widerspruch nachgekommen, schließlich waren ihm beide Positionen recht, aber gewundert hatte er sich trotzdem und tat es auch jetzt noch. Hatte Maayatan nach Miyavi eine neue Beziehung mit jemandem angefangen und für diesen seine Bettgewohnheiten geändert? ... Aber vielleicht stand sein Sinneswandel ja auch symbolisch für ihren Neuanfang und dafür, dass es diesmal anders mit ihnen laufen würde...
 

"Ist ja auch egal!" sprach er mit entschlossener Stimme in die Stille hinein. "Alles was zählt ist, dass ich ihn endlich wiederhabe!" Und sofort kamen die detaillierten Erinnerungen an ihre gemeinsame Nacht wieder hoch und bescherten dem Solokünstler erneut ein breites Grinsen auf dem Gesicht. Mit einem lauten weibischen Quietschen zog er sich mit einem Ruck die Decke über den Kopf, umklammerte sie mit Armen und Beinen und rollte damit auf dem großen Bett hin und her. Er war aufgekratzt, er war überglücklich, er war... süchtig. Und seine Droge hieß Maayatan.
 

****
 

Auf dem Heimweg, den er zu Fuß zurücklegte da er nicht weit vom Studio wohnte, pfiff Maya fröhlich vor sich hin und war mit sich und der Welt mehr als zufrieden. Es war einfach alles fantastisch! Nachdem Aiji erfahren hatte dass er nicht mehr 'in Gefahr' war hatte er endlich wieder ganz entspannt und locker mit Maya umgehen können, und sie hatten bei den Aufnahmen so viel Spaß gehabt wie schon lange nicht mehr und waren richtig gut vorangekommen. So machte das Arbeiten gleich doppelt so viel Freude. Und in wenigen Minuten würden ihn die weit ausgebreiteten Arme seines Liebsten in Empfang nehmen, anstatt wie sonst eine kalte und leere Wohnung. Was konnte er noch wollen? 'Naja…' Mit einer imaginären Handbewegung wischte er den Gedanken, der sich da so frech in den Vordergrund drängeln wollte, aus seinem Kopf. Nein, er war glücklich darüber wieder mit Miyavi zusammen zu sein und bereute seine Entscheidung von gestern abend nicht. Und es war wirklich eine bewusste Entscheidung gewesen, schließlich hatte er nichts alkoholisches getrunken und somit war es auch nicht im Rausch geschehen. Das unerwartete Wiedersehen mit Miyavi hatte ihm einfach klargemacht, wie sehr er sich nach Zuneigung sehnte und dass er seinen Ex-Freund noch immer begehrte. Außerdem hatte er jetzt seine eigene Karriere und niemand würde ihm vorwerfen können, Miyavi's Berühmtheit auszunutzen. Alles war perfekt! Und mit diesem Gedanken im Kopf öffnete er seine Wohnungstür, trat in den Flur und schlug sie lautstark zu. "Bin wieder daaaaa!!!"
 

"Dann beweg deinen sexy Hintern schleunigst ins Schlafzimmer!!!" hörte er Miyavi aus eben jenem Raum zurückrufen und grinste vorfreudig. Erst auf dem einen, dann auf dem anderen Bein hüpfend entledigte er sich noch schnell seiner Schuhe, dann flitzte er zur Schlafzimmertür und riss sie schwungvoll auf. Der Anblick, der sich ihm bot, war allerdings etwas anders als er erwartet hatte. Miyavi lehnte leicht bekleidet (nun gut, damit hatte er fest gerechnet) gegen das Kopfende des Bettes und hatte (jetzt kommt's) Maya's Gitarre auf dem Schoß! Verdutzt blinzelte dieser und Miyavi sah ihn tadelnd an. "Ts ts ts, also wirklich, schämst du dich denn gar nicht? Ich musste von dem Baby erst mal eine zentimeterdicke Staubschicht abwischen! Wie lange hast du denn schon nicht mehr gespielt, Maayatan?" Der Ältere überlegte kurz, dann antwortete er "Ich glaub so etwa ein halbes Jahr…" während er zu Miyavi aufs Bett krabbelte und sich neben ihn setzte. Dieser starrte ihn entgeistert an. "Was?? Ein halbes Jahr?? Dann bist du ja total aus der Übung!! Dabei warst du doch so ein hervorragender Gitarrist!!" quäkte er dramatisch und sah aus, als wäre er den Tränen nahe. Maya schmunzelte. "Und so wie ich dich kenne wirst du auch nicht locker lassen bis das wieder so ist, ne?!" Bei diesen Worten verwandelte sich Miyavi's Schmollmund in ein freches Grinsen und er zwinkerte ihm zu. "Du hast's erfasst!" Ohne Vorwarnung sprang er auf und drückte Maya seine schwarze E-Gitarre mit dem V-förmigen Korpus in die Hände, dann lief er aus dem Zimmer und kam kurz darauf mit einer seiner eigenen zurück und schmiss sich damit zu seinem Freund auf dessen Bett. Auf Maya's überraschten Blick hin meinte er vergnügt "Ich war vorhin noch mal bei mir zu Hause." und setzte sich ihm gegenüber im Schneidersitz hin. "Na dann wollen wir mal sehen was du alles verlernt hast." Der Blonde zog eine Schnute und maulte, dass er jetzt eigentlich keine große Lust dazu hatte, doch Miyavi war auf diese Reaktion vorbereitet. "Aber Maayatan, wenn du schön fleißig bist bekommst du hinterher auch eine Belohnung…" Dabei leckte er sich lasziv über die Lippen und warf seinem Gegenüber einen Blick zu, der Bände sprach. Das war genug Ansporn für Maya, und für die nächsten zwei Stunden waren die beiden mit nichts anderem als ihren Gitarren beschäftigt. Den Rest des Tages beschäftigten sie sich dann noch miteinander…
 

Mitten in der Nacht lagen die beiden erschöpft in der Badewanne und erholten sich. Miyavi lehnte mit dem Rücken gegen Maya's Oberkörper, hatte die Augen geschlossen und genoss die kleinen Streicheleinheiten, mit denen sein Freund ihn verwöhnte. Normalerweise wäre er jetzt einfach eingeschlafen, doch ein Gedanke hielt ihn wach. Maayatan. Natürlich Maayatan, seine Gedanken kreisten fast rund um die Uhr nur um diesen einen Menschen, doch im Moment dachte er an etwas ganz bestimmtes. Nämlich daran dass sich der andere schon wieder hatte dominieren lassen. Was war nur los mit ihm? Damals, am Anfang ihrer Beziehung, hatte er gesagt dass er es sich anders herum bei ihnen gar nicht vorstellen könnte, also warum hatte er nun seine Meinung geändert? Maayatan wollte anscheinend überhaupt nicht mehr Seme sein… Miyavi hätte ihn am liebsten danach gefragt, ließ es aber bleiben. Er wollte nicht riskieren, Maayatan zu verärgern und damit ihre noch frische Beziehung zu gefährden, da ihn der Rollentausch an sich ja auch nicht störte. Er hätte nur gerne den Grund für Maayatan's Sinneswandel gewusst… "Hey, noch wach?" flüsterte eben dieser in sein Ohr und Miyavi nickte lächelnd. "Ja, aber nicht mehr lange, du bist nämlich ein sehr bequemes Kissen."
 

"Das bin ich auch im Bett, das Wasser wird nämlich langsam kalt. Was dagegen wenn wir unsere Kuschelstunde ins Schlafzimmer verlegen?" Murrend richtete Miyavi sich auf, gar nicht begeistert davon, seine gemütliche Position aufzugeben zu müssen. "Na gut…" Damit stieg er aus der Wanne, warf sich eines der großen Handtücher über und wuselte sofort aus dem Badezimmer. "Ich wärme schon mal das Bett vor!" hörte Maya ihn noch rufen und schmunzelte, während er ebenfalls aufstand und sich abtrocknete. Dann ließ er noch das Wasser aus der Wanne, pustete die vielen auf ihrem Rand stehenden Teelichter aus und folgte Miyavi anschließend ins Schlafzimmer. Dort fand er ihn tief in die dicke Bettdecke gekuschelt und fest schlafend vor. 'Kein Wunder, nach so vielen anstrengenden Stunden Bettgymnastik…' Mit einem Lächeln auf den Lippen legte Maya sich neben seinen Freund und zog ihn vorsichtig in seine Arme, darauf bedacht ihn nicht zu wecken. Zärtlich strich er Miyavi eine verirrte Haarsträhne aus dem engelsgleichen Gesicht, hauchte ihm noch einen kleinen Kuss auf die Stirn und schloss dann ebenfalls die Augen. Was war es doch für ein unglaublich schönes Gefühl, von jemandem geliebt zu werden und nicht mehr alleine einschlafen zu müssen…

~4~
 

"Sehr gut, das lassen wir so. Du kannst jetzt die nächste Strophe singen, Maya." sprach Aiji seine Anweisungen ins Mikrofon, sah auf dem Monitor wie der Blonde in seiner Kabine nickte und lehnte sich zufrieden in seinem Drehsessel zurück. Die Aufnahmen für ihre neue Single 'Oh my Juliet' gingen hervorragend voran, und das lag hauptsächlich an dem verbesserten Arbeitsklima zwischen den beiden. Kein Angezicke, keine Streitereien, gar nichts. Seit Maya wieder mit Miyavi zusammen war, waren Aiji und er die besten Freunde. Und das nicht nur im Studio, sie unternahmen auch sonst viel miteinander, aber natürlich nur dann wenn Miyavi wegen Auftritten oder ähnlichem nicht in der Stadt war oder selbst im Studio zu tun hatte. Aber lange hielt er es ohne seinen 'Maayatan' nie aus und ließ auch mal die Arbeit links liegen, um ihn zu sehen. Aiji seufzte leise. Jetzt wo er sich wieder so gut mit Maya verstand störte es ihn sogar ein bisschen, wenn dieser ständig von Miyavi unter den Arm geklemmt und weggeschleppt wurde. Er freute sich zwar für die beiden und hatte auch nichts gegen den Solokünstler, aber manchmal…
 

Die Tür flog auf und riss ihn aus seinen Gedanken. Überrascht blinzelte er Miyavi an, der im Moment eigentlich nicht hier in Tokyo sondern in Fukuoka sein sollte. Aber das sah dieser offenbar anders. "Kuck nicht so, Aiji, ich weiß dass ich erst in zwei Tagen zurück sein dürfte. Aber-" er wies mit dem Kopf zur Aufnahmekabine "ich hab den Süßen da drin vermisst und einen Termin ausfallen lassen." Aiji zuckte mit den Schultern und meinte nur, dass das ja nichts Neues sei, aber Miyavi solle sich doch bitte noch etwas gedulden, sie wären mit den Aufnahmen für heute noch nicht fertig. Ungeduldig pustete sich der Jüngere eine Strähne aus dem Gesicht und schenkte Aiji dann sein zuckersüßestes Lächeln. "Ach komm schon, sei kein Spielverderber. Und ihr müsst doch bestimmt mal eine Pause einlegen, ne?! Ich will ihm nur Guten Tag sagen und dass ich in seiner Wohnung auf ihn warte. Ist das okay?" Der Gitarrist ließ ihn ein paar Sekunden zappeln, dann nickte er einmal. "Na gut, dann geh ich eben in der Zwischenzeit eine rauchen." Sofort erschien ein fettes Grinsen auf Miyavi's Gesicht. "Danke Aiji, du bist ein Schatz! Ach und… lass dir ruhig Zeit… und schalt den Monitor und die Boxen bitte aus… wenn du verstehst…" Bei diesen Worten und Miyavi's Zwinkern bekam Aiji große Augen. "Wie bitte? Du willst ihn hier im Studio flachlegen? Kannst du damit nicht warten bis er nach Hause kommt? Das ist doch hier kein Love Hotel!" regte er sich auf, aber den anderen schien das nicht sonderlich zu beeindrucken. "Immer mit der Ruhe, ich hab überhaupt nichts von flachlegen gesagt. Aber ich brauch da drin wirklich kein Publikum. Keine Sorge, wir schweinern schon nicht rum, versprochen. Also schaltest du das Zeug aus?" Aiji starrte ihn noch kurz sprachlos an, dann gab er ein genervtes "Okay…" von sich und drehte sich wieder zu seinem Mischpult um. Er war nicht besonders scharf darauf, Miyavi's dreckiges Grinsen noch länger zu sehen.
 

Als er die Tür zur Aufnahmekabine zufallen hörte streckte er die Hand aus, um wie versprochen Ton und Monitor auszuschalten, doch dann hielt er inne. Wenigstens Maya's überraschten Gesichtsausdruck wollte er noch sehen. Auf den musste er auch nicht lange warten, denn Miyavi schlang gerade von hinten seine Arme um den Sänger und küsste ihn in den Nacken. Maya drehte sich sofort um, wodurch sein Gesicht nun zur Kamera zeigte, und fragte seinen Freund erstaunt was er hier mache. "Ich wollte dich einfach mal wieder mit einem Überraschungsbesuch beglücken." antwortete dieser und erhielt zur Belohnung ein Bussi auf seine Nasenspitze. Maya strahlte ihn an, doch dann wurde er nachdenklich. "Ich würde ja am liebsten gleich mit dir kommen, aber wir sind noch nicht fertig mit unserer Arbeit. Aiji wird-"
 

"Aiji macht jetzt erst einmal eine Zigarettenpause, und ich hab ihm gesagt er soll sich Zeit lassen." unterbrach Miyavi den anderen und zog ihn noch enger an sich. Maya war der Unterton in seiner Stimme offensichtlich nicht entgangen, denn er lächelte Miyavi verstehend an und hatte auch nichts dagegen, Sekunden später an die Wand hinter ihm gedrückt zu werden. Der Größere beugte sich vor und versank mit Maya in einen leidenschaftlichen Kuss, und an dieser Stelle rief Aiji sich wieder in Erinnerung, dass er jetzt wirklich gehen sollte. Doch er tat es nicht. Der Gitarrist konnte es sich selbst nicht erklären, aber irgendwie war es plötzlich schwer für ihn, seine Augen vom Bildschirm loszureißen. Merkwürdig fasziniert sah er den beiden zu wie sie sich küssten und dabei ihre Hände auf Wanderschaft schickten. Miyavi's fanden ihren Weg unter Maya's Shirt und dessen Hände glitten über den Rücken des anderen bis zu seinem Hintern. Dort blieben sie und er presste seinen Schritt gegen Miyavi's, was den beiden ein heißeres Stöhnen entlockte.
 

Aiji's Mund wurde trocken. Er wusste dass er gerade dabei war, seinem Freund beim Rumknutschen mit einem anderen Mann zuzusehen, und dass dies nicht im Sinne der beiden Turteltauben da drin war. Und er selbst war ja schließlich absolut hetero. Aber dennoch… er blieb. Und bei dem was er da sah und hörte bekam er schon bald ein kleines Problem. Naja, um ehrlich zu sein eher ein großes Problem… Entsetzt stellte der Gitarrist fest dass es ihn erregte, was die beiden jungen Männer da taten. Wie sie sich aneinander klammerten wie Ertrinkende an einen Rettungsring, wie sie sich verlangend küssten, sich berührten. Aiji spürte dass ihm immer heißer und heißer wurde, und als er sah wie Miyavi sich noch mehr gegen Maya drängte, dabei dessen Handgelenke packte, sie über Maya's Kopf zusammenführte und mit einer Hand festhielt während sich die andere Hand in der Zwischenzeit an der Hose des Sängers zu schaffen machte, da entkam ihm selbst ein ersticktes Keuchen. Was tat er hier nur? Warum ging er nicht einfach und ließ den beiden ihre Privatsphäre? Und wieso fand er das, was er da beobachtete, nicht so abstoßend wie er erwartet hätte? Im Gegenteil, die Beule in seiner Hose war der beste Beweis dafür, dass er es alles andere als abstoßend fand. Doch als Miyavi's Hand in Maya's Hose verschwand und dieser laut stöhnte, da riss Aiji sich endlich zusammen, schaltete die Geräte aus und stand auf. Sein Atem ging schwer und er hatte da immer noch dieses Problem, also warf er sich seinen (glücklicherweise langen) Mantel über und verließ den Regieraum. Er brauchte jetzt dringend eine Zigarette…
 

****
 

Zehn Minuten später hatte Aiji sich wieder beruhigt und ging zurück ins Studio. Gemächlich schlenderte er den Gang entlang, öffnete die Tür zum Regieraum und--- wäre beinahe mit Maya zusammengestoßen. Die beiden sahen sich kurz verdutzt an, dann tippte der Blonde seinem Kollegen gegen die Stirn. "Warum wirst du denn so rot, Aiji? Ist dir nicht gut?" Da erwachte dieser aus seiner Starre und blinzelte seinen Kollegen und Miyavi, der inzwischen hinter Maya aufgetaucht war, verwirrt an. "Rot? Ich? Ich bin doch nicht rot!" Die anderen beiden erwiderten seinen Blick skeptisch und Miyavi meinte "Und ob du rot bist, sogar knallrot. Du machst der reifsten Tomate Konkurrenz." Dann schlich sich ein schelmisches Grinsen auf sein Gesicht und er legte einen Arm um Maya's Schultern, sah Aiji dabei ganz seltsam an. Dieser schluckte. Der Jüngere wusste doch hoffentlich nicht dass-
 

"Vielleicht hat er sich ja auch vorgestellt was hier in seiner Abwesenheit passiert sein könnte, und das hat ihm die Schamesröte ins Gesicht getrieben…" überlegte er laut und konnte sich ein Kichern nicht verkneifen als Aiji noch einige Nuancen dunkler wurde. Maya sah den Älteren ungläubig an. "Das glaub ich nicht…" murmelte er und Aiji nickte sofort heftig. "Brauchst du auch nicht, weil es nicht stimmt." Dann fiel ihm auf dass seine beiden Gegenüber ihre Jacken angezogen hatten. "Wollt ihr irgendwo hin? Maya, wir sind doch noch gar nicht fertig für heute!" meinte er scheinbar verärgert, war aber eigentlich sehr froh und erleichtert darüber, so schnell das Thema wechseln zu können. Sein Kollege schaute verlegen zu Boden, und als er den Kopf wieder anhob sah er ihn mit riesengroßen Dackelaugen an. "Aber Aiji, du Genie, bester Gitarrist der Welt, Schwarm aller Frauen, Retter der Unschuldigen-" Der Angesprochene verdrehte die Augen. "Schon gut, schon gut, dann geht eben. Solange ich mir diesen Unsinn nicht weiter anhören muss…" Quietschend fiel ihm Maya um den Hals und bedankte sich überschwänglich für diese – unfreiwillige – Großzügigkeit, und Miyavi beobachtete mit hochgezogenen Augenbrauen wie Aiji's Wangen sich erneut rot färbten. 'Der ist ja wirklich ganz schön prüde, wenn er schon so extrem auf eine einfache Umarmung reagiert…' Doch im nächsten Moment spürte er eine Hand, die sich um seine eigene schloss, und alle Gedanken an Aiji lösten sich sofort in Luft auf. Diesem nickte er zum Abschied noch schnell zu, dann flitzten er und Maya wie kleine Kinder händchenhaltend zum Gebäudeausgang.
 

Aiji sah ihnen noch hinterher, bis sie um die Ecke verschwunden waren, dann betrat er den Regieraum und ließ sich auf die Couch fallen. Dort saß er eine Weile mit geschlossenen Augen und massierte seine Schläfen. Er spürte dass eine Migräne im Anmarsch war, und der Grund dafür war sein verzweifeltes Grübeln darüber, was zur Hölle mit ihm los war. Er hatte die beiden doch schon öfters (und vor allem unfreiwillig) rumknutschen sehen, sie gaben sich ja nicht gerade Mühe ihre Zuneigung zueinander vor den Augen anderer zu verbergen, aber… aber heute… Das was Aiji heute gesehen hatte war nicht für seine Augen bestimmt gewesen, und er fühlte sich auch mies deswegen, aber er bekam die Bilder einfach nicht mehr aus seinem Kopf. Hatte er es denn schon so nötig, andere zu bespannen? Noch dazu zwei Kerle! Seine letzte Beziehung war schon eine ganze Weile her, vielleicht sollte er mal wieder ausgehen… Unbewusst nickte Aiji. Ja, das war eine gute Idee. Er hatte in den letzten Monaten nur gearbeitet und sein Privatleben total vernachlässigt, er musste auch mal wieder Spaß haben. Er hatte zwar auch viel mit Maya unternommen, aber diesen in einen Club für Heteros zu schleppen war genau so undenkbar wie Aiji in einer Schwulenbar. Und er hatte schließlich auch noch andere Freunde, 'normale' Freunde. Er brauchte Maya nicht. Seit dieser mit Miyavi zusammen war brauchte er Aiji ja auch nicht mehr.
 

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Pfeifend hob Maya den Blumentopf an und verdrehte die Augen. Aiji hatte sich also doch kein neues Versteck für seinen Zweitschlüssel gesucht, wie er mal angedroht hatte. Tja, Pech für ihn. So konnte er Maya auch keinen Vorwurf machen, wenn dieser mal wieder unangekündigt bei ihm reinplatzte. Grinsend fischte er den Schlüssel aus dem großen Übertopf, schloss die Tür auf und betrat auf leisen Sohlen Aiji's Wohnung. Es war ihm ziemlich egal dass das wirklich nicht die feine japanische Art war, er würde Aiji einfach wieder mit seinem treudoofen Dackelblick ansehen und schon würde dieser ihm alles verzeihen. Er war in letzter Zeit viel nachsichtiger mit Maya und das nutzte der Jüngere manchmal etwas schamlos aus, einfach weil er sich so sehr darüber freute wie gut sie wieder miteinander klarkamen. Vor ein paar Monaten, genauer gesagt vor Miyavi's Auftauchen, war das noch etwas anders gewesen. Noch ein Vorteil, den der junge Solokünstler mit sich gebracht hatte…
 

Mittlerweile war Maya an der Schlafzimmertür angekommen und stutzte. Eigentlich hätte er jetzt geklopft, denn so viel Anstand hatte er dann doch noch übrig, aber sie stand einen Spalt breit offen und gewährte dem Sänger bereits einen kleinen Blick auf Aiji's Bett. Und dass da vier statt zwei Füße unter der Bettdecke hervorlugten ließ ihn jeglichen Rest Anstand vergessen. Maya drückte vorsichtig gegen die Tür damit sie sich weiter öffnete, und starrte auf Aiji und die junge Frau in seinen Armen. Sie war sehr hübsch, das musste Maya zugeben. 'Ob ich wohl auch so attraktiv gewesen wäre, wenn ich als Frau geboren worden wäre? Hätte ich dann vielleicht eine Chance gehabt, so von ihm umarmt und geliebt zu werden? Wäre ich dann jetzt an ihrer Stelle?' Er schluckte schwer. Seinem armen kleinen Herz ging es im Moment gar nicht gut. Ihm war zwar bewusst gewesen dass er immer noch sehr viel für Aiji empfand, aber die Eifersucht und Trauer, die er gerade erlebte, ließen keinen Zweifel daran dass er den Gitarristen noch immer liebte. Daran hatte Miyavi's Rückkehr in sein Leben nichts ändern können, es hatte ihn nur etwas davon abgelenkt. Und Aiji hier und jetzt mit einer Frau zu sehen ließ seine sorgsam aufgebaute Trugwelt mit einem Schlag zusammenstürzen. Seit sie miteinander befreundet waren hatte Aiji keine Beziehung gehabt, somit hatte Maya sich nie an einen derartigen Gedanken oder Anblick gewöhnen müssen. Vielleicht hatte er sich insgeheim sogar eingeredet dass sein Kollege doch schwul war, es nur noch nicht wusste und Maya doch noch eine Chance hatte. Aber das konnte er jetzt vergessen. Aiji stand nicht auf Männer. Und schon gar nicht auf ihn. Aiji stand ganz offensichtlich auf kleine zierliche Frauen mit langen schwarzen Haaren. Nicht gerade eine Typbeschreibung, die auf Maya zutraf.
 

Ohne sich die Mühe zu machen, die Tür wieder anzulehnen, drehte der Blonde sich abrupt um und eilte aus der Wohnung. Er brauchte jetzt unbedingt frische Luft und einen Erdbeer-Lolli. Seine ursprüngliche Lust auf einen kleinen Ausflug mit Aiji war ihm gründlich vergangen, und mit hängendem Kopf trottete er zurück nach Hause.
 

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"Honey, I’m home!!!" rief Miyavi in seinem besten Englisch durch Maya's Wohnung als er diese betrat. Der Solokünstler musste nicht erst in Blumenkübeln rumsuchen um sich Zutritt zu verschaffen, Maya hatte ihm schon vor Wochen einen Zweitschlüssel für seine Wohnung gegeben. Miyavi hütete sich davor, seinem Freund vorzuschlagen dass sie diesmal doch zusammen ziehen könnten, er würde wahrscheinlich nur wieder eine Absage erhalten. Und vielleicht war es auch besser so. Denn wenn Maya ihn nicht jeden Tag sah war seine Freude, wenn Miyavi mal wieder vorbeikam, umso größer. Sich innerlich auf die bevorstehende zu-Boden-knuddel-Attacke des Blonden vorbereitend ging Miyavi zum Wohnzimmer, aus dem ihm Musik entgegendudelte. Doch als er sie erkannte runzelte er die Stirn. Das war 'Eternal Melody II' von Yoshiki. Also war Maya deprimiert, er hörte dieses Album nur wenn er wegen irgend etwas oder irgend jemandem traurig war. Als er in das Zimmer trat war das erste, was er sah, die Rückenlehne der Couch. Auf der rechten Seite konnte er ein paar blonde Haarsträhnen erkennen, links ragten zwei nackte Füße über die Seitenlehne. Miyavi umrundete das Sofa und nun kam auch der kleine Couchtisch in sein Blickfeld, auf dem unzählige Chuba Chups, leere Lolli-Verpackungen und abgelutschte Stiele lagen. Einen Lolli hatte Maya momentan im Mund, sein Freund schätzte dass es etwa der zehnte sein musste. Kopfschüttelnd ging er zur Stereoanlage und drehte die Musik runter, um Maya's Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, denn der Sänger hatte bis jetzt noch gar keine Notiz von seiner Anwesenheit genommen. Als die Stimme der Sängerin leiser wurde wanderten Maya's Augen träge zu Miyavi. "Hi Schatz, wie war dein Tag?"
 

"Besser als deiner, so wie es hier aussieht." Damit warf der Größere einen bedeutungsvollen Blick auf den Couchtisch und kniete sich dann neben Maya hin. "Was ist denn passiert?" Der andere drehte seinen Kopf ein bisschen von Miyavi weg und starrte an die Zimmerdecke. "Nichts ist passiert, alles in Ordnung." Eine hochgezogene Augenbraue signalisierte das Miyavi davon ganz und gar nicht überzeugt war. "Ja, klar. Deshalb hörst du auch 'Eternal Melody II' und futterst einen Lolli nach dem anderen. Du solltest dir dann gleich mal die Zähne putzen, sonst krepieren die noch wegen der Überdosis Zucker." Mit diesen Worten zog er Maya den Lolli aus dem Mund und steckte ihn in seinen eigenen. Ein empörter Blick und ein gereiztes "Hey, das ist meiner!" folgten dieser Aktion und Miyavi grinste. "Dann hol ihn dir doch wieder." Und ohne eine Sekunde zu zögern stürzte Maya sich auf den Jüngeren, sodass dieser auf dem Rücken landete und der andere breitbeinig auf ihm saß. "Du wirst ihn mir schon freiwillig geben…" raunte Maya in sein Ohr und leckte dann langsam und genüsslich Miyavi's Hals entlang, presste dabei ihre Becken aufeinander. Der andere schloss die Augen und hielt die Luft an, ließ sich von Maya eine Weile verwöhnen und gleichzeitig quälen, aber irgendwann hielt er es nicht mehr aus, zog den Lolli aus seinem Mund und dafür Maya's Gesicht zu sich, um ihn gierig zu küssen. Als sie schließlich voneinander abließen nahm der Blonde ihm den Lolli aus der Hand und lutschte anzüglich daran. "Hab ich's nicht gesagt…" meinte er grinsend und zwinkerte Miyavi zu, woraufhin dieser lächelte. Dann wurde er aber wieder etwas ernster. "Willst du darüber reden?" Die Heiterkeit verschwand sofort aus Maya's Gesicht, wurde aber statt Trauer durch etwas anderes ersetzt, das Miyavi eindeutig als Lust erkannte. Der Sänger beugte sich erneut zu seinem Freund herunter und sah ihm tief in die Augen. "Reden ist das letzte, was ich jetzt will." flüsterte er, dann schloss er die Lücke zwischen ihren Mündern und sie küssten sich erneut, diesmal sogar noch leidenschaftlicher als gerade eben. Doch Miyavi wollte nicht dass Maya seinen Kummer in sich hineinfraß oder ihn verdrängte, das würde seine Probleme nicht lösen. Und so drückte er den anderen nach einer Weile sanft von sich. "Na komm schon, rede mit mir, danach geht's dir bestimmt besser." sagte er als Antwort auf Maya's verwirrten Blick, doch dieser verdrehte genervt die Augen. "Ich hab dir doch gesagt dass-"
 

"Hat es was mit Aiji zu tun?" fiel Miyavi ihm ins Wort und sah Maya eindringlich an. Dieser stockte, die Überraschung war ihm deutlich anzusehen. "Wie kommst du denn ausgerechnet auf Aiji?" wollte er schließlich wissen, anstatt Miyavi's Frage zu beantworten. Der Jüngere zuckte mit den Schultern. "Na ihr seid doch so gute Freunde, und deine Laune scheint relativ davon abhängig zu sein, wie er dich behandelt. Also nehme ich mal an dass er heute nicht besonders nett zu dir war. Aber ich kann mich natürlich auch täuschen, war nur so eine Vermutung." erklärte er ganz ruhig und vernünftig. Unsicher sah Maya ihn an, doch dann schüttelte er den Kopf. "Nein, es hat nichts mit Aiji zu tun, einfach weil da gar nichts ist. Wirklich, es geht mir gut, mach dir keine Sorgen." versuchte er seinen Freund zu überzeugen, konnte aber an dessen Gesichtsausdruck erkennen dass er nicht besonders erfolgreich damit war. Doch Miyavi wollte keine Diskussion, es war immerhin Maya's Entscheidung ob er sich ihm anvertrauen wollte oder nicht. Also lächelte der Größere und nickte. "Freut mich zu hören." Und mit einem eindeutigen Blick und einem Grinsen fügte er noch hinzu "Aber sag mal, wenn du nicht reden willst… was willst du dann?" Bei diesen Worten stahl sich auch auf Maya's Gesicht ein Hentai-Grinsen und seine Hand wanderte Miyavi's Oberkörper entlang nach unten. "Das wirst du schon sehen…"
 

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Sie hieß Noriko und war nicht nur hübsch sondern auch sehr nett, witzig und gescheit. All das erfuhr Maya wenige Tage nachdem er die beiden in Ajii's Wohnung schlafend vorgefunden hatte, als sie den Gitarristen im Studio abholen kam. Dieser begrüßte sie mit einem Lächeln und einem kleinen Kuss auf den Mund, dann stellte er sie Maya vor, der gute Mine zum bösen Spiel machte und ziemlich glaubwürdig so tat, als freue er sich für die beiden. Doch als sie zusammen den Raum verlassen hatten verschwand sein Lächeln blitzschnell und er stiefelte missmutig hinüber zum Tisch und schnappte sich einen Schokoriegel. Ein Lolli wäre ihm zwar lieber gewesen, aber er hatte seinen Monatsvorrat an Chuba Chups innerhalb von wenigen Tagen aufgebraucht, sehr zur Verwunderung seines Kollegen. Aber Aiji hatte nicht nachgefragt, denn so wie Maya vermutete waren die Gedanken des anderen die meiste Zeit eh nur bei seiner neuen Freundin. Er hatte sie allerdings bis zu diesem Tag mit keinem Wort erwähnt, und wenn sie heute nicht im Studio aufgetaucht wäre hätte Maya wohl gar nicht erfahren dass die beiden schon seit fast einem Monat zusammen waren. Und sowas nannte sich Freund. Der Sänger hätte ihm schon nicht den Kopf abgerissen, schließlich war er selbst in einer glücklichen Beziehung…
 

Maya's Gedanken drifteten zu Miyavi ab, während er die Schokolade in sich reinstopfte. Er war doch glücklich mit ihm, nicht wahr? Immerhin hatte sein Freund ihm mit keinem Wort und keiner Tat einen Grund gegeben, unglücklich zu sein. Es hatte schon damals keinen Streit zwischen ihnen gegeben, und das gleiche war auch jetzt noch der Fall. Es war die perfekte Harmonie, und doch… fehlte etwas. Maya wusste tief in seinem Inneren auch ganz genau, was es war, schließlich waren diese Gedanken nicht neu für ihn, aber er verdrängte das alles zum tausendsten Mal und redete sich weiter ein, dass alles in Ordnung war und dass das Stechen in seinem Herzen, als sich Aiji und Noriko geküsst hatten, keine Eifersucht war. Er musste sich einfach nur daran gewöhnen, das war alles. Schon bald würden sie zu viert weggehen können und alle zusammen feiern und sich amüsieren.
 

Doch dazu kam es nicht, denn ohne dass er es wollte distanzierte Maya sich von Tag zu Tag und von Woche zu Woche immer mehr von Aiji. Dieser schien das anfangs gar nicht so recht zu merken, was Maya noch mehr kränkte und weswegen er schon bald nur noch das Nötigste, also das was ihre Arbeit betraf, mit dem Gitarristen beredete und sonst den Kontakt eher vermied. Aiji sprach ihn eines Tages auch mal darauf an, er ging davon aus dass Maya sich mit Miyavi in die Haare gekriegt hatte und er deshalb so schlechte Laune hatte, aber dieses Gespräch endete in einem Streit den Maya mit seinen vielen spitzen Bemerkungen bewusst angezettelt hatte. Ja, er wollte Aiji weh tun, und dass er Noriko dafür missbrauchte war ihm in diesem Moment herzlich egal. Hinterher tat es ihm dann zwar doch leid, aber er brachte es nicht übers Herz sich bei Aiji zu entschuldigen, denn er wollte sich nicht rechtfertigen müssen. Und so wurde ihre gute Freundschaft, über die Maya sich mal so sehr gefreut hatte, zu dem was er nie gewollt hatte: zu einem reinen Arbeitsverhältnis. Und es war seine eigene Schuld…
 

Miyavi versuchte ihn in dieser Zeit immer aufzubauen, hakte nicht nach was Maya bedrückte sondern war einfach nur für ihn da, las ihm jeden Wunsch von den Augen ab und ließ sogar schon wieder ein paar Termine platzen um öfter bei ihm sein zu können. Es war rührend wie er sich für seinen Freund aufopferte, und genau deswegen bekam Maya ein immer schlechteres Gewissen, was nicht gerade zur Verbesserung seiner Laune beitrug. Er sagte auch manchmal gemeine Sachen zu Miyavi, doch dieser ließ sie so gut es ging an sich abprallen, verzieh ihm immer wieder mit einem Lächeln und einer Umarmung. Das Wissen, dass Miyavi jemand besseren als ihn verdient hatte schmerzte Maya, und er war jedes Mal aufs Neue sprachlos und erschüttert darüber, wie stark und bedingungslos die Liebe des Jüngeren zu ihm war. Es war zum Verrücktwerden. Den er wollte, der wollte ihn nicht, und der ihn wollte, den wollte er nicht *wirklich*. Den er mindestens als guten Freund wollte, den stieß er unabsichtlich aber erfolgreich von sich, und den er zu dessen eigenem Wohl vergraulen wollte, der hing nur umso stärker an ihm. Irgend etwas machte Maya verkehrt. Und eines Tages, als er vom vielen Grübeln die Nase gestrichen voll hatte, fügte er sich seinem Schicksal und beschloss, alles in seiner Macht stehende zu tun um die beiden wichtigsten Menschen in seinem Leben nicht mehr weiter vor den Kopf zu stoßen. Er würde wieder freundlicher zu Aiji sein und seine dämliche Eifersucht hinunterschlucken, und Miyavi würde er so viel Liebe zurückgeben wie es ihm möglich war. Das war er ihnen schuldig, und außerdem würde er wohl sonst bald ganz allein dastehen. Die Frage war nur, ob er sich wirklich zusammenreißen konnte und durchhalten würde…

~5~
 

Als Noriko um die Ecke in die Küche von Aiji's Wohnung sah, bot sich ihr ein mittlerweile nur allzu gut bekannter Anblick. Der Gitarrist saß mit einer Tasse Tee am Tisch und starrte gedankenverloren aus dem Fenster, das Kinn auf eine Hand gestützt. Sie sah sich dieses Trauerspiel eine Weile an, denn Aiji schien sie noch nicht bemerkt zu haben, dann ging sie schließlich auf ihn zu und setzte sich ihm gegenüber an den Küchentisch. Als seine Augen zu ihrem Gesicht wanderten schnitt sie eine Grimasse, um ihn zum Lachen zu bringen, aber alles was er zustande brachte war ein schwaches Lächeln. Noriko seufzte. "Na, immer noch deprimiert?" Verständnislos sah Aiji sie an. "Ich bin nicht deprimiert. Wie kommst du darauf?" Noriko verkniff sich ein schelmisches Grinsen. "Nun ja, man muss nicht gerade Sherlock Holmes sein um das mitzukriegen. Seit Maya dich links liegen lässt, wie du es ausdrückst, rennst du mit einem Gesicht wie hundert Tage Regenwetter herum, sprichst kaum und hast zu nichts Lust. Und jetzt erzähl mir nicht-" schnitt sie ihm das Wort ab noch bevor er widersprechen konnte, "dass es nichts mit Maya zu tun hat. Wir kennen uns zwar noch nicht so lange, aber ich merke wie du unter eurem angespannten Verhältnis leidest."
 

Aiji hatte den Mund wieder zugeklappt und starrte nun auf die weiße Tischplatte. Er wusste dass seine Freundin Recht hatte, es ging ihm gar nicht gut seit Maya kaum noch ein Wort mit ihm wechselte, außer wenn es ihre Arbeit betraf. Der Sänger hatte ihm ja noch nicht einmal gesagt warum er so distanziert war, mit Miyavi schien es jedenfalls nichts zu tun zu haben. Aiji hatte schon überlegt ob er den Solokünstler fragen sollte, warum sich sein Freund so merkwürdig verhielt, hatte sich aber bis jetzt noch nicht dazu durchringen können. Irgendwie hoffte er immer noch, den Grund von Maya selbst zu erfahren. Der Gitarrist sah wieder auf als Noriko sich räusperte. Sie schaute ihn erwartungsvoll an, er konnte ihren Blick aber nur verwirrt erwidern. "Was ist?" Die junge Frau verdrehte die Augen. "Na, gibst du zu dass du wegen Maya deprimiert bist? Oder willst du es weiter abstreiten und damit nicht nur mich sondern auch dich selbst belügen?" Sie sagte das in einem sanften und mitfühlenden Tonfall, sodass sich Aiji von ihren Worten nicht angegriffen fühlte, und ihm fiel in diesem Moment einmal mehr auf was für ein liebes Ding sie doch war. Er lächelte und nickte. "Ja schon gut, du hast mich durchschaut. Ich weiß nicht warum, aber sein abweisendes Verhalten macht mich total fertig. Mehr als ich es mir anfangs eingestehen wollte. Ich versteh es ja selbst nicht-"
 

"Aber ich." unterbrach Noriko ihn und erntete erneut einen verwunderten Blick von Aiji. Sie zwinkerte ihm zu, aber er war sich sicher in ihrem Lächeln auch eine gewisse Trauer zu erkennen. "Nennen wir es weibliche Intuition die mir sagt, dass du sehr viel für ihn empfindest." Der Gitarrist hob eine Augenbraue. "Dafür hättest du deine weibliche Intuition gar nicht erst bemühen brauchen, ich hätte dir auch selbst sagen können dass ich unsere Freundschaft sehr schätze." Den Blick, den Noriko ihm bei diesen Worten zuwarf, konnte er mal wieder nicht deuten und wünschte, er würde über ebenso viel Menschenkenntnis verfügen wie seine Freundin. Sie begann mit einer Haarsträhne zu spielen, ein Zeichen dafür dass ihr das, was sie gleich sagen würde, nicht besonders leicht fiel. Noch immer lag ein kleines trauriges Lächeln auf ihren Lippen. "Und was wäre wenn ich dir sage, dass du Maya in letzter Zeit so verliebt und sehnsüchtig ansiehst, wie du mich am Anfang unserer Beziehung noch angesehen hast? Und dass ich eifersüchtig auf ihn bin?" Der Schock stand Aiji deutlich ins Gesicht geschrieben. "...Was? So ein... so ein Unsinn! Ich bin doch nicht in Maya verliebt! Wenn ich ihn ansehen, dann sicherlich nur nachdenklich weil ich mir den Kopf darüber zerbreche was mit ihm los ist! Du interpretierst das ganz falsch, wirklich! Ich bin mit dir zusammen, nicht mit ihm!"
 

"Aber nur weil du nicht zu deinen wahren Gefühlen stehst." Noriko hob eine Hand als sie sah dass Aiji ihr widersprechen wollte. "Lass mich bitte ausreden. Und versuch bitte, nicht alles was ich jetzt sagen werde von Anfang an als lächerlich abzutun, sondern denk auch wirklich ernsthaft darüber nach. Denn ich bin mir sicher dass ich mich nicht täusche. Du scheinst es nur selbst noch nicht gemerkt zu haben, also muss ich dir wohl ein bisschen Starthilfe geben." Sie sah ihn an und Aiji sagte keinen Ton, als Zeichen dass er ihr zuhören würde. "Glaub mir, zuerst wollte ich es auch nicht wahrhaben, schließlich hänge ich sehr an dir, aber irgendwann habe ich es eingesehen. Dafür waren deine Blicke, und auch Maya's, zu eindeutig." Noriko nickte als Aiji sie überrascht anblinzelte. "Du hast richtig gehört, ich glaube Maya empfindet auch sehr viel für dich. Vielleicht liebt er dich sogar. Ich weiß dass er mit Miyavi zusammen ist, aber es könnte meiner Meinung nach gut sein, dass er das nur ist weil er bei dir offensichtlich keine Chance hatte. Du hast mir ja erzählt dass er was von dir wollte und du ihn ständig abwimmeln musstest. Niemand ist gern allein, das weißt du am besten, du sagst ja selbst dass das deine größte Angst ist. Und wenn man ständig abgewiesen wird hat man es irgendwann einmal satt, und ich schätze genau in dem Moment tauchte Miyavi wieder in seinem Leben auf und Maya war einfach dankbar darüber dass er von ihm endlich das bekam was du ihm damals noch nicht geben konntest."
 

"Aber woher willst du das denn alles wissen, so gut kennst du ihn doch gar nicht." schaltete sich Aiji nun doch ein, bevor Noriko ihm einen Finger auf die Lippen legte. Sie schmunzelte ihn an. "Weil ich anscheinend nicht so blind bin wie du. Sei mir nicht böse, aber manchmal bist du wirklich etwas begriffsstutzig. Ist dir denn nicht aufgefallen dass Maya so abweisend ist seit er von uns beiden weiß? Von eurem freundschaftlichen Verhältnis, über das du so froh warst, habe ich nie etwas mitbekommen, außer an dem Tag an dem du mich ihm vorgestellt hast. Damals war er noch normal und freundlich, aber danach ging es mit seiner Laune merklich bergab. Ich bin oft genug bei dir im Studio um das mitzukriegen. Er hat wohl nicht damit gerechnet dass du auf einmal eine Freundin haben würdest, und kann damit nicht besonders gut umgehen. Aber an seinen Gefühlen scheint das alles nichts geändert zu haben, denn wenn er sich unbeobachtet fühlt sieht er dich immer mit einem Blick an, der selbst mir das Herz schwer macht. Wenn Miyavi ihn abholen kommt ist Maya's Blick zwar fröhlich, aber nicht so verliebt wie bei dir. Und dein Blick ist seinem sehr ähnlich, glaub mir. Als deine Freundin fällt es mir schwer das zu sagen, aber ich denke wirklich dass du ihn liebst. Aber hetero zu sein ist nun mal einfacher, nicht wahr?" Sie sah Aiji bei diesen Worten ganz offen an und er schluckte. Der Gitarrist musste erst einmal verdauen was er da von Noriko zu hören bekommen hatte. Und dass es ausgerechnet seine eigene Freundin war, die ihn darauf hinwies was er selber nicht gesehen hatte.
 

"Du glaubst also wirklich dass sein Verhalten nur ein Schutzschild für seine wahren Gefühle ist, richtig?" fragte er schließlich leise und sie nickte. "Und deiner Meinung nach bin ich nicht in der Lage, meine und seine Gefühle richtig einzuschätzen, ja?" Wieder ein Nicken und Aiji rieb sich die Stirn. Dann sah er sie zweifelnd an. "Aber wenn du das alles so siehst, wie kannst du dann noch mit mir zusammen sein?" Und als wäre das ihr Stichwort schüttelte Noriko den Kopf. "Das kann ich nicht, jedenfalls nicht mehr. Ich wollte dich nur noch auf den richtigen Weg schubsen bevor ich gehe. Natürlich gebe ich dich nicht gerne her, aber es wäre dumm mich verzweifelt an dich zu klammern wenn ich weiß dass dein Herz jemand anderem gehört. Da mache ich lieber freiwillig Platz und hoffe-" sie streichelte ihm sanft über die Wange, "dass ihr beide endlich zueinander findet und glücklich werdet. Denn es liegt mir wirklich viel daran dass du glücklich wirst, Aiji." Eine kleine Träne stahl sich aus ihrem Augenwinkel und kullerte langsam ihr Gesicht hinab, aber trotzdem lächelte Noriko.
 

Aiji war sprachlos, aber zu seiner großen Verwunderung verspürte er nicht den Drang, sie von ihrer Entscheidung abzubringen. Er mochte sie zwar sehr gern, aber tief in seinem Inneren wusste er dass er sie nicht liebte. Und ihre Worte klangen auch merkwürdig vernünftig für ihn, er musste sie nur erst verarbeiten und seine wirren Gedanken ordnen. Er schloss kurz die Augen, dann sah er Noriko wieder ins Gesicht, lehnte sich über den Tisch und küsste sie auf die Stirn. "Danke." flüsterte er anschließend, und sie nickte erneut während ihre eine weitere Träne über die Wange lief. Dann stand sie auf, sagte ihm noch dass sie ihre Sachen in den nächsten Tagen abholen würde, wünschte ihm noch einmal viel Glück und ging. Zurück blieb ein nun nicht mehr ganz so deprimierter, dafür aber umso verwirrterer Gitarrist. Was sollte er denn jetzt tun? Hatte Noriko wirklich mit allem, was sie gesagt hatte, Recht? Oder hatte sie sich getäuscht und Maya wollte doch nichts mehr von ihm? Und was genau wollte er eigentlich wirklich von Maya? Er glaubte nicht dass er den Sänger liebte, aber lag das vielleicht nur daran weil er sich solche Gedanken von Anfang an nicht erlaubt hatte? Aiji beschloss dass er nun mit offeneren Augen durch die Welt gehen, den Dingen aber ihren Lauf lassen würde. Und ob Noriko's weibliche Intuition sie nicht getrügt hatte würde er ja sehen wenn Maya erfuhr, dass Aiji nicht mehr mit ihr zusammen war.
 

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Am nächsten Tag ging Aiji mit gemischten Gefühlen zum Studio. Er hatte die ganze Nacht nicht schlafen können, Noriko's Worte ließen ihn nicht mehr los. Er hatte festgestellt dass er hoffte, sie hätte sich im Bezug auf Maya nicht getäuscht, und sagte das nicht schon viel über seine eigenen Gefühle aus? Noch sträubte er sich gegen die Vorstellung, etwas für seinen Kollegen zu empfinden das über Freundschaft hinaus ging, aber dennoch erhoffte er sich eine ganz bestimmte Reaktion von Maya, wenn er ihm sagen würde dass mit Noriko Schluss war. Und so öffnete Aiji, mit einem schrecklichen Gefühlschaos im Kopf, die Tür zum Regieraum und betrat die Höhle des Löwen. Mit dem Empfang, den Maya ihm bereitete, hatte er allerdings ganz und gar nicht gerechnet. Der Sänger war bei Aiji's Eintreten wie von der Tarantel gestochen aufgesprungen, zu ihm geeilt und stand nun tief verbeugt vor ihm. Der Gitarrist blinzelte ihn fragend an, was Maya wegen seiner Haltung nicht sah, und öffnete schließlich den Mund. "Maya, was... was wird denn das?" Da richtete sich der blonde Sänger langsam wieder auf und sah ihn beschämt an. "Naja, ich wollte mich in aller Form bei dir entschuldigen, Aiji. Ich war in den letzten Wochen total unfair zu dir und hab meine schlechte Laune an dir und Noriko ausgelassen. Das tut mir jetzt ehrlich leid, und ich hoffe du kannst mir das verzeihen. Wenn Noriko das nächste Mal herkommt werde ich mich auch noch bei ihr entschuldigen. Holt sie dich heute wieder ab?" Aiji, total aus der Bahn geworfen durch Maya's Entschuldigung, schüttelte langsam den Kopf. "Nein... nein, sie holt mich heute nicht ab. Und sie wird mich auch in Zukunft nicht mehr abholen. Wir haben uns gestern getrennt." Und trotz der Anspannung musste Aiji bei dem Anblick, der sich ihm daraufhin bot, schmunzeln. Er hatte noch nie gesehen dass jemand die Augen so weit aufreißen konnte wie Maya in diesem Moment. Und es hätte nicht viel gefehlt, da wäre sein Unterkiefer auf dem Boden aufgeschlagen. Mit anderen Worten: Maya war absolut geschockt. Und Aiji staunte wie ungeduldig er darauf wartete zu erfahren, ob der andere die Neuigkeit positiv oder negativ aufnahm.
 

Zu seiner Enttäuschung fiel ihm Maya nicht um den Hals und führte auch keinen Freudentanz auf, nein, als er sich wieder gefangen hatte fragte er lediglich, ob es Aiji gut ging und ob er Maya's Entschuldigung annahm. Beides bejahte der Gitarrist, erwartete noch dass der andere nach dem Grund für die Trennung fragen würde, doch auch das blieb aus. Nun gut, darüber war er eigentlich ganz froh, denn er hätte sowieso nicht gewusst was er hätte sagen sollen. Von ihrem Gespräch in seiner Küche wollte er ganz sicher nicht erzählen, und Maya anlügen wollte er auch nicht. Und so war das Thema unerwartet schnell vom Tisch und sie machten sich wieder an die Arbeit. Zuerst waren beide noch etwas unsicher und verspannt, doch am Ende des Tages konnten sie schon wieder gemeinsam lachen, etwas das in der letzten Zeit überhaupt nicht mehr vorgekommen war. Aiji war sehr froh darüber, dass es nun wieder bergauf mit ihnen ging, aber seine Freude wurde dadurch getrübt dass er etwas Entscheidendes nicht erfahren hatte: Kamen sie jetzt wieder besser miteinander aus weil er nicht mehr vergeben war, oder lag das an Maya's Entschluss, sich zu entschuldigen? Denn in diesem Fall wusste Aiji nicht, ob seine Beziehung mit ihr der Auslöser für Maya's abweisendes Verhalten gewesen war oder etwas vollkommen anderes. Und darauf ansprechen wollte er den Sänger nicht, das hätte nur zu Fragen geführt die er im Moment selbst noch nicht beantworten konnte.
 

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In den darauf folgenden Wochen wurden Maya und Aiji tatsächlich wieder so dicke Freunde wie vor der 'Noriko-Episode'. Zum Glück, denn ihre Club Circuit Tour 2007 stand an und es gibt wohl nichts schlimmeres als zerstritten in einem kleinen Tourbus durch Japan zu tuckern. Schließlich hockte man dann fast 24 Stunden am Tag zusammen und stand abends gemeinsam auf der Bühne, da würde jeder leicht vom Zaun gebrochene Streit ihre Karriere gefährden. Aber diese Gefahr bestand ja nun nicht mehr, und so machten sich alle gutgelaunt auf den Weg. Einer wurde weniger gut gelaunt zurückgelassen, und das war natürlich Miyavi. Immerhin dauerte die Tour von Ende April bis Anfang Juni, und er kam ja schon kaum eine Woche ohne seinen 'Maayatan' aus. Dementsprechend herzzerreißend hatte sich auch ihr Abschied gestaltet, denn Miyavi hatte es sich nicht nehmen lassen Maya zum Abfahrtstreffpunkt zu begleiten. Und unter allgemeinem Gekicher hatte der Solokünstler seinen Freund mit Tränchen in den Augen minutenlang umarmt, so als wolle er ihn gar nicht mehr loslassen. Was ja eigentlich der Wahrheit entsprach. Auch Aiji hatte sich über den Anblick amüsiert, dennoch hatte er auch endlich zugeben müssen dass es ihn irgendwie schmerzte, Maya in einer so innigen Umarmung mit einem anderen zu sehen. So ganz Unrecht hatte Noriko wohl wirklich nicht gehabt. Der Gitarrist empfand tatsächlich tiefere Gefühle für einen Mann. Wer hätte das gedacht...
 

Nun waren sie also auf Tour und alles lief bestens. Ihre Auftritte waren immer ein voller Erfolg und wenn sie unterwegs waren (und nicht gerade schliefen) verstanden sich alle prima miteinander. Besonders Aiji und Maya, sehr zu ihrer beider Freude. Und Aiji fiel auf dass Maya kaum unter Trennungsschmerz zu leiden schien. Er telefonierte zwar relativ oft mit Miyavi, das lag allerdings eher daran dass der Jüngere ihn ständig anrief und dann stundenlang mit ihm reden wollte. Maya musste ihn manchmal richtig abwimmeln, und in diesen Momenten fühlte sich Aiji besonders wohl. Es tat gut zu sehen dass Maya offenbar nicht so hoffnungslos in Miyavi verliebt war, wie Aiji es manchmal befürchtet (ja, befürchtet, auch das hatte er jetzt eingesehen) hatte. Er dankte Noriko für den Hinweis mit den offenen Augen, er war tatsächlich Gold wert, denn nun fielen ihm Dinge auf, für die er vorher wirklich blind gewesen war. Zum einen eben die Sache mit Miyavi. Und dann auch noch andere Kleinigkeiten, zum Beispiel das Glänzen in Maya's Augen wenn Aiji ihn ohne besonderen Grund umarmte oder ihm auf irgend eine andere Art sein Aufmerksamkeit schenkte. Oder wie er Aiji ständig hinterher dackelte und erfolgreich versuchte, den Gitarristen zum Lachen zu bringen. Es konnte wirklich nicht besser zwischen ihnen laufen, und Aiji erlaubte sich mit der Zeit endlich, seine Gefühle nicht mehr zu verdrängen sondern sie als das anzusehen, was sie waren.
 

Das einschneidenste Erlebnis für ihn war allerdings gegen Ende der Tour, als eines Nachts alle bis auf ihn schon schliefen weil er eine neue Idee für einen Song im Kopf hatte und diese unbedingt noch aufs Papier bringen wollte. Also lag er in seiner Koje und schrieb und schrieb und schrieb... bis er ein leises Geräusch hörte, das sich stark vom allgemeinen Schnarchen seiner Crewmitglieder unterschied. Es war ein leises Schluchzen, dessen war er sich sicher. Und die Koje, die seiner eigenen am nächsten lag (nämlich genau gegenüber) war die von Maya. Vorsichtig zog er seinen Vorhang zurück, und da er den der anderen Koje nicht erreichen konnte krabbelte er leise aus seiner eigenen und stand im nächsten Augenblick auch schon vor Maya's. Vorsichtig zog er den schweren Stoff beiseite, der ihm bis jetzt die Sicht auf den anderen verwehrt hatte, und nun da er ihn sehen konnte stockte Aiji der Atem. Maya's Kopf lag auf der Matratze statt auf seinem Kissen, denn dieses umarmte er als wäre es ein Mensch und drückte es fest an sich. Das an sich war noch nichts Ungewöhnliches, aber die Tränen die dem Sänger übers Gesicht liefen waren es. 'Wieso weint Maya im Schlaf?' fragte sich der Gitarrist besorgt, doch lange musste er sich nicht darüber wundern, denn Maya schluchzte erneut leise auf und flüsterte dann kaum hörbar "Aiji... warum willst du mich nicht haben?" Wie vom Blitz getroffen starrte der Ältere den Schlafenden an. Hatte er sich eben verhört, oder war tatsächlich ER der Grund für Maya's Tränen? Bedeutete er ihm wirklich so viel, dass er sogar von ihm träumte und selbst im Schlaf noch wegen ihm litt?
 

Aiji's Herz verkrampfte sich. Es stimmte also, Maya liebte ihn noch immer. Hatte offenbar nie damit aufgehört und Miyavi wirklich nur als Ersatz benutzt, trotz seiner anfänglichen Beteuerungen dass er es diesmal ernst meinte. Aber was hätte Maya auch sonst sagen sollen? Die Wahrheit? Dass er es nicht mehr ertrug unglücklich in einen Mann verliebt zu sein, der ihn ständig mehr oder weniger freundlich abwies und darauf bestand, hetero zu sein? Sicher nicht, das konnte Aiji verstehen. Und es tat ihm schrecklich leid, Maya solche Schmerzen zugefügt zu haben. Und es immer noch zu tun. Denn mittlerweile wusste er es doch besser, trotzdem hatte er Maya seine Gefühle bis jetzt noch nicht gestanden. Niedergeschlagen kletterte er, nachdem er Maya noch eine Weile beobachtet und schließlich den Vorhang wieder zugezogen hatte, in seine Schlafkoje. Die Lust zum Songschreiben war ihm vergangen, dafür schwirrten jetzt zu viele neue Gedanken in seinem Kopf herum. Er überlegte wie und vor allem ob er reinen Tisch machen sollte, denn Maya war trotz allem noch in einer Beziehung. Und Aiji behagte es gar nicht, derjenige zu sein der diese zerbrach, obwohl er wusste dass sie eigentlich eine Lüge war. In dieser Nacht kam er noch zu keinem Ergebnis, und es sollten tatsächlich noch fast zwei Monate vergehen bis Aiji sein Schicksal endlich in die Hand nahm.

~6~
 

Der Auftritt war eine spontane Idee von Maya gewesen. Als Aiji ihn gefragt hatte wie er am 30. Juli seinen Geburtstag feiern wolle, hatte dieser kurz überlegt und dann mit strahlenden Augen gemeint "Ich möchte am liebsten mit unseren Freunden und Fans feiern! Los komm, wir geben ein kleines Live hier in Tokyo!" Und so hatten sie innerhalb von knapp zwei Wochen einen gemütlichen Klub gefunden und ihren gesamten Freundeskreis eingeladen. Auf ihrer Homepage hatten sie die Neuigkeit nicht verkündet, da verließen sie sich ganz auf die Mundpropaganda. Und das nicht zu Unrecht, denn als sie an jenem Tag vor dem Klub vorfuhren hatte sich schon eine große Menschentraube versammelt und wartete auf den Einlass. Froh und erleichtert bereiteten sie sich im Backstage-Bereich auf ihren Auftritt vor, wurden ab und zu von Freunden unterbrochen die Maya alles Gute zum Geburtstag wünschten, und betraten schließlich unter tosendem Applaus die kleine Bühne. Da nur einige hundert Leute in den Raum passten herrschte eine sehr familiäre Wohnzimmeratmosphäre, genau so wie sie es am liebsten hatten, und zusammen mit den Fans und Freunden wurde mal wieder ordentlich Stimmung gemacht. Maya kam aus dem Grinsen gar nicht mehr heraus, er hatte die beste Laune die man sich vorstellen konnte. Und um dies zu zeigen schnappte er sich, als sie mit 'marble-s' fast fertig waren, einen riesengroßen Eimer voller Chuba Chups und begann, sie im Publikum zu verteilen, wofür er mit ohrenbetäubendem Jubel belohnt wurde.
 

Als Maya sich sicher war dass alle ausreichend versorgt waren griff er ein letztes Mal hinein und holte einen übriggebliebenen Lolli hervor, dann stellte er den Eimer zurück auf das Podest, auf dem das Drumset stand. Mit dem Lolli, den er mit wenigen geübten Handgriffen von seiner Verpackung befreit hatte, in der einen Hand und dem Mikro in der anderen stiefelte er dann hinüber zu Aiji, der die gesamte Aktion mit einem Schmunzeln verfolgt hatte. Als der Sänger aber zielstrebig auf ihn zukam veränderte sich sein Blick, er wirkte auf einmal etwas unsicher und nervös. Davon bekam Maya aber nichts mit, er baute sich selbstsicher vor dem Gitarristen auf, starrte ihn ein paar Sekunden lang herausfordernd an und hielt ihm dann mit einem Grinsen den Lolli hin. Den Kopf zum Publikum gewandt sprach er in sein Mikro. "Sonst wimmelt Aiji mich dabei immer ab, aber heute lassen wir ihn nicht davonkommen, stimmt's?!" Die Antwort der Fans war ein einstimmiges und lautstarkes "Hai!!" und triumphierend drehte sich der Sänger wieder zu seinem Kollegen um. Aiji sah von Maya zum Publikum und dann wieder zurück zu Maya, der ihm immer noch den Lolli vor die Nase hielt.
 

Der Gitarrist hatte sich für diesen Tag etwas ganz bestimmtes vorgenommen, und diese unerwartete Situation schien dafür geradezu perfekt. Was nicht bedeutete dass es ihm dadurch leichter fiel, aber Aiji gab sich einen Ruck, setzte ein ebenso selbstsicheres Lächeln auf wie Maya, beugte sich vor und nahm den Lolli in den Mund. Maya's Augen weiteten sich und im nächsten Moment drehte er sich strahlend zurück zum jubelnden Publikum und schwenkte seine nun wieder freie Hand in der Victory-Geste durch die Luft. Es war nicht zu übersehen wie glücklich ihn diese simple Tat von Aiji gemacht hatte, er ahnte ja nicht dass das erst der Anfang gewesen war. Denn als er sich dem Gitarristen noch einmal zuwandte stellte Maya überrascht fest dass dieser näher an ihn herangetreten war und ihn mit einem unergründlichen Blick musterte. Aiji lächelte nicht mehr, schien aber auch nicht wütend oder genervt zu sein. Es sah eher so aus als würde er mit sich selbst ringen, man konnte die Unentschlossenheit in seinen Augen sehen. Offensichtlich stand er vor einer ihm sehr wichtigen aber schwerfallenden Entscheidung, doch Maya hatte nicht genug Zeit um sich zu fragen worüber der andere so intensiv grübelte, denn plötzlich erschien auf Aiji's Gesicht ein sanftes Lächeln und er packte Maya an der Vorderseite seines Overalls und zog ihn zu sich. Der Sänger war viel zu verwirrt und überrumpelt um Widerstand zu leisten, und gegen das was dann geschah hätte er sich sowieso niemals gewehrt. Denn Aiji küsste ihn auf den Mund.
 

Das Publikum, das Fanservice bei LM.C überhaupt nicht gewohnt war, brach in einen wahren Begeisterungssturm aus und brachte den kleinen Klub zum kochen, es wurde gekreischt, gepfiffen und geklatscht. Aiji hatte mit diesem Kuss das Chaos entfacht, und das nicht nur bei den Fans sondern auch bei Maya. Besonders bei Maya. Dieser stand, nachdem Aiji sich wieder von ihm gelöst hatte, wie versteinert vor dem Gitarristen und starrte ihn fassungslos an. Um seinen Trance zu lösen zwinkerte Aiji Maya zu und wuschelte ihm kurz durch die Haare, dann spielte er die ersten Akkorde von 'Yellow Beauty' an. Das reichte um Maya wieder zurück in die Realität zu holen, und trotz seiner sich überschlagenden Gedanken gelang es ihm, sowohl seinen Einsatz nicht zu verpassen als auch den Text nicht zu vergessen. Er war darüber selbst erstaunt, aber natürlich nicht ansatzweise so sehr wie über Aiji's Aktion. Was hatte sein Freund sich nur dabei gedacht?
 

Nach diesem Song verabschiedeten sich die LM.C-Mitglieder erst einmal von den Fans und verließen unter lauten Encore-Rufen die Bühne. Maya schlurfte gedankenverloren hinter Aiji her in ihre kleine Garderobe und ließ sich sofort auf die Couch an der Wand fallen, den Blick auf den Boden gerichtet. Er nahm nur an dem Sinken des Sitzpolsters wahr dass Aiji sich neben ihn gesetzt hatte, traute sich aber nicht ihn anzusehen oder das erdrückende Schweigen zu brechen. Einige Sekunden lang herrschte absolute Stille zwischen den beiden, dann schob sich plötzlich Aiji's rechte Hand in Maya's linke und der Gitarrist sagte mit ruhiger Stimme "So sprachlos?" Empört über diese dumme Frage drehte Maya ihm das Gesicht zu und funkelte ihn an. "Wundert dich das wirklich? Seit wir uns kennen hast du mich abgewiesen und warst strikt gegen jegliche öffentliche Bekundung von Zuneigung, egal wie klein sie auch war! Nicht mal umarmt hast du mich vor anderen! Und jetzt küsst du mich ohne Vorwarnung vor unseren Freunden und Fans und denkst, ich würde das mit einem gleichgültigen Schulterzucken hinnehmen? Wie vernagelt bist du eigentlich?" Aiji senkte bei diesen harschen Worten den Kopf. "Sehr, so wie es aussieht. Aber allzu böse scheinst du mir ja nicht zu sein, sonst hättest du meine Hand inzwischen bestimmt losgelassen." Da wanderte Maya's Blick hinunter zu ihren ineinander verschränkten Händen und er errötete etwas, entzog seine Hand aber nicht Aiji's sanften Griff. "Sag mir einfach warum du das getan hast." murmelte er verlegen, die Augen immer noch auf ihre Hände gerichtet. Er hörte Aiji tief ein- und ausatmen. "Ich habe es getan weil ich vor einer Weile etwas wichtiges begriffen habe. Ich musste von Noriko buchstäblich darauf gestoßen werden, und es ist wirklich beschämend dass ich es nicht von allein gemerkt habe."
 

"Was denn?" unterbrach Maya ihn ungeduldig, und Aiji erwiderte dass er ihm das nur sagen würde wenn der Sänger ihm endlich in die Augen sah. Maya gehorchte und drehte sich langsam zu ihm um, woraufhin Aiji ihn dankbar anlächelte und Maya's Hand leicht drückte. Dann öffnete er wieder den Mund und die drei magischen Worte kamen ihm endlich über die Lippen. "Ich liebe dich." Maya's Reaktion war genau so wie er erwartet hatte, der Sänger war sprachlos, deshalb beeilte Aiji sich mit einer Erklärung. "Ich weiß dass das total unglaubwürdig klingt, immerhin habe ich meine Gefühle für dich niemals auch nur ansatzweise gezeigt, aber ich meine es wirklich erst, das schwöre ich. Es hat nur eine ganze Weile gedauert bis ich mit mir ins Reine gekommen bin, es ist nämlich gar nicht so einfach zu akzeptieren dass man etwas für einen Mann empfindet was man bisher nur für Frauen gefühlt hat. Ich habe solche Gedanken deshalb von Anfang an gar nicht erst zugelassen und dich die ganze Zeit vor den Kopf gestoßen und verletzt. Dabei warst du ein wichtiger Grund, weshalb ich bei Pierrot ausgestiegen bin. Sicher, ich wollte auch einen musikalischen Neuanfang, aber als ich noch bei Pierrot war und nur als Support bei LM.C mitspielte, da habe ich mich in deiner Gegenwart unglaublich wohl gefühlt und wollte das einfach nicht mehr missen. Das hat mir die Entscheidung um einiges erleichtert, aber ich habe den Gedanken, warum ich dich so mag, nicht weitergesponnen. Verstehst du? Ich habe es mir einfach nicht erlaubt, solche Gedanken zu haben. Ich war sogar eifersüchtig auf Miyavi, aber auch das habe ich erst sehr spät gemerkt beziehungsweise zugegeben. Ich wollte so etwas nicht für einen anderen Mann empfinden..." Aiji brach an dieser Stelle ab, denn sonst würde er vom Hundertsten ins Tausendste kommen, und was er hatte sagen wollen hatte er schon gesagt. Nämlich dass er Maya liebte. Nun war es an diesem, etwas zu sagen. Und das tat der Sänger auch nach einer qualvollen Minute des Schweigens, in der er Aiji misstrauisch angesehen hatte. "Wieso bist du es nicht mehr?" Verwirrt blinzelte Aiji ihn an. "Was meinst du?"
 

"Na du hast gesagt du warst auf Miyavi eifersüchtig. Das bedeutet dass du es jetzt nicht mehr bist. Wieso?" erklärte Maya erstaunlich gelassen und Aiji, der nun verstand was der andere meinte, lächelte. "Weil ich keinen Grund mehr dazu habe. Ich weiß nämlich seit ein paar Wochen etwas, von dem ich mir sicher bin dass du es auch weißt." Da hob Maya fragend eine Augenbraue. "Und was soll das sein?" Im nächsten Moment spürte er wie Aiji's Hand von seiner eigenen abließ und ihm stattdessen zärtlich über die Wange strich, während der Gitarrist ihm tief in die Augen sah. "Du liebst ihn nicht. Du liebst mich." Bei diesen Worten schloss Maya die Augen und schluckte schwer. Er wußte dass Aiji Recht hatte, aber es laut ausgesprochen zu hören war etwas anderes als es ständig im Hinterkopf zu haben. Außerdem... wie sollte er sich denn jetzt verhalten? Das, was er sich so sehr gewünscht aber als unmöglich abgetan hatte, war schließlich doch eingetreten, aber es kam so vollkommen unerwartet. Und er hatte Angst davor, Aiji zu glauben und sich Hoffnungen zu machen, die am Ende doch nur zunichte gemacht wurden. Aber wenn es der andere nicht ernst meinte hätte er ihn bestimmt nicht vor allen geküsst, und es gab auch keinen ersichtlichen Grund warum er Maya seine Liebe vorgaukeln sollte.
 

Bevor Maya sich weiter in seinen Gedanken verstricken konnte klopfte es an der Tür und Aiji ließ seine Hand von Maya's Wange sinken. Im nächsten Moment kam Miyavi in die Garderobe gestapft, sah zwischen den beiden hin und her und stemmte die Hände in die Hüfte. "Also ihr hättet mir wirklich sagen können dass ihr für heute einen Fanservice geplant habt, dann wäre ich gerade eben vor Überraschung nicht so aus den Latschen gekippt." Nachdenklich schaute Aiji ihn an, dann wanderte sein Blick zu Maya, der ganz offensichtlich in einem großen Gewissenskonflikt steckte und kein Wort herausbrachte. Also übernahm er die Sache. "Das war kein Fanservice, Miyavi. Maya wusste auch nichts davon, ich habe ihn damit total überrumpelt. Und ich habe ihm gerade meine Liebe gestanden." Sofort riss Maya seinen Kopf herum und starrte Aiji entsetzt an, doch dieser ließ sich nicht beirren und sah Miyavi fest in die Augen. Dieser zeigte erst keine Gefühlsregung, dann öffnete er den Mund und heraus kam lediglich ein leises "Oh..." Erstaunt wandte sich Maya seinem Freund zu. "Was, das ist alles was du dazu zu sagen hast? Findest du diese Neuigkeit denn nicht genauso überraschend wie ich?" Miyavi lächelte ihn traurig an. "Naja, es kommt schon ziemlich unerwartet, aber das ist es doch was du die ganze Zeit wolltest. Dass er dich liebt." Nun sah Aiji ihn ebenso fassungslos an wie Maya, der sich langsam total verarscht vorkam. "Aber woher... wieso... bist du denn nicht..."
 

"Maayatan... Maya, mir ist schon lange klar dass ich die ganze Zeit nur ein Ersatz für Aiji war. Aber das ist okay, ich hab mich damit abgefunden. Dadurch, dass ich das Spielchen mitgespielt habe, habe ich dich ja genauso benutzt wie du mich. Ich habe dir Zuneigung gegeben, und dafür konnte ich bei dir sein. Glaub mir, es war sehr einfach die Wahrheit herauszufinden, das einzige was ich nicht wusste war wie lange du deine Lüge durchhalten würdest." Kreidebleich starrte Maya den Jüngeren an, versuchte zu begreifen was dieser ihm gerade offenbart hatte. Es war ihm so entsetzlich peinlich, von allen durchschaut worden zu sein, und er verstand beim besten Willen nicht wie das passieren konnte. Er musste es wissen. "Aber woher... ich meine... wie bist du darauf gekommen dass ich... dass ich Aiji..." Er konnte es nicht aussprechen, aber Miyavi verstand ihn natürlich auch so. "Willst du das wirklich wissen?" fragte er vorsichtshalber nach und nach kurzem Zögern nickte Maya. "Na gut. Wie schon gesagt, es war nicht schwer, du hast es mir nämlich selbst verraten. Du hast beim Sex ab und zu "Ai-" geschrien und dir dann schnell auf die Lippe gebissen. Ich hatte ja zuerst noch gehofft dass du "Aishiteru" meintest, es nur nicht aussprechen wolltest… doch als du dann im Schlaf gestöhnt und "Aiji" gemurmelt hast konnte ich mir meinen Teil schon denken."
 

Miyavi's Erklärung hatte dem eben noch ganz blassen Sänger die Schamesröte ins Gesicht getrieben, und dass Aiji neben ihm saß und das alles mitangehört hatte machte es natürlich keineswegs besser. Maya traute sich nicht, auch nur einen der beiden anzusehen, bis Miyavi sich vor ihm hinkniete und ihn darum bat. Mit Tränen in den Augen kam Maya seiner Bitte nach und Miyavi musste bei diesem Anblick ebenfalls schwer schlucken. Ihn nahm das ganze auch sehr mit, immerhin musste er Maya nun zum zweiten und diesmal endgültigen Mal loslassen, aber wenigstens kam es heute nicht so überraschend wie damals. Mühsam zwang er sich zu einem Lächeln. "Nicht weinen, Maya, niemand kann etwas für seine Gefühle. Und ich bin mir sicher dass es für Aiji schlimmeres geben könnte als zu erfahren dass du von ihm träumst, immerhin hat er ja gesagt dass er dich liebt." Dabei warf er einen kurzen prüfenden Blick zu Aiji, der ihn ernst ansah und nickte, ehe er sich wieder Maya zuwandte. "Also ist das jetzt endlich zwischen euch geklärt und du kannst mit dem zusammen sein, den du wirklich liebst. Und keine Sorge, ich werde euch nicht im Weg stehen. Es war sehr schön noch einmal die Chance zu haben, bei dir zu sein, aber mir war klar dass es nicht von Dauer sein würde. Und jetzt ist es eben vorbei." Mit diesen Worten erhob sich Miyavi wieder und schmunzelte Maya an. "Ich möchte dich nur noch um einen kleinen Gefallen bitten..." Er breitete die Arme ein wenig aus und eine halbe Sekunde später fiel sein erneuter Ex-Freund ihm um den Hals. "Es tut mir leid, Miyavi, wirklich! Ich wollte dich nicht schon wieder anlügen, aber ich... ich wusste nicht... das war alles so..."
 

"Shhh, ist ja gut, ich bin dir doch nicht böse." versicherte Miyavi dem schluchzenden Sänger und strich ihm dabei beruhigend über den Rücken, dann drückte er ihn wieder sanft von sich. "Ich geh dann mal. Eure Fans schreien sich schon die ganze Zeit die Hälse wund, also solltet ihr besser schnell wieder auf die Bühne. Aber erst nachdem du dir die Augen nachgeschminkt hast, du siehst ja total verheult aus." meinte er grinsend und wischte Maya, der nun ebenfalls ein kleines Lächeln zustande brachte, ein paar Tränen weg. Ein letztes Mal wuschelte Miyavi dem anderen durch die blonden Haare, dann ging er zu Tür und öffnete sie. "Wann sehen wir uns wieder?" rief Maya ihm mit schwacher Stimme nach und der Soloküstler drehte sich um und zwinkerte ihm zu. "Lass dich überraschen." Dann sah er nochmal zu Aiji, der sich mittlerweile auch erhoben hatte und neben Maya stand. "Aiji, ich hoffe dir ist bewusst dass du mit Maya's Herz einen großen Schatz in deinen Händen hältst. Also behandel ihn gefälligst gut, sonst kriegst du es mit mir zu tun." Sein Tonfall verriet dass er seine Worte absolut ernst meinte, und der Gitarrist erwiderte ebenso ernst dass es ihm sehr wohl bewusst sei. Miyavi nickte. "Freut mich zu hören." Und dann war er weg.
 

Bevor wieder eine unangenehme Stille eintreten konnte verfrachtete Aiji seinen Freund kurzerhand auf den Stuhl vor dem Schminkspiegel und drückte ihm schmunzelnd einen schwarzen Kajal in die Hand. "Miyavi hat Recht, so können wir dich nicht auf die Fans loslassen. Also schmink da noch mal drüber, ich erledige in der Zwischenzeit noch schnell etwas. In fünf Minuten stehen wir wieder auf der Bühne, okay?" Er wartete gar nicht erst auf eine Antwort von Maya sondern gab ihm noch schnell einen kleinen Kuss auf die Wange und war im nächsten Moment auch schon zur Tür hinaus. "Okay..." flüsterte Maya ihm nach, betrachtete dann nachdenklich sein mit schwarzen Tränenspuren überzogenes Gesicht und griff schließlich zu einem Taschentuch, Creme und dem Kajal, um sich wieder einigermaßen ansehnlich zu machen. Nachdem er das in einer Rekordzeit von drei Minuten geschafft hatte verließ er die Garderobe und entdeckte Aiji, der auf ihn zukam. "Bereit?" fragte der Gitarrist mit strahlenden Augen und Maya nickte lächelnd. "Na dann mal los."
 

****
 

Maya sang die letzte Strophe von 'Boys & Girls' mit gemischten Gefühlen. Einerseits wollte er dass dieser Auftritt ewig andauerte weil er einer der besten war, die sie bis jetzt erlebt hatten, andererseits konnte er es kaum erwarten endlich mit Aiji allein zu sein. Es war abgesprochen dass dies das finale Lied für diesen Abend sein sollte, deshalb war er im ersten Moment total perplex als nach den letzten Klängen plötzlich 'Happy Birthday to you' von Aiji angespielt wurde. Der Sänger hatte vor ihrem Auftritt zwar mit einer kleinen Überraschung gerechnet, aber durch den ganzen Trubel nach Aiji's Kuss hatte er doch tatsächlich gar nicht mehr daran gedacht dass heute sein Geburtstag war. Und nun stand er auf der Bühne und hörte ganz gerührt den hohen Stimmchen der größtenteils weiblichen Fans zu, wie sie für ihn ein Ständchen zum besten gaben. Nach dem letzten langgezogenen "yooouuuuu!!!" applaudierte er ihnen mit einem strahlenden Lächeln auf dem Gesicht und verbeugte sich anschließend, während ihm die Menge zujubelte und noch einige Glückwünsche gerufen wurden.
 

Doch damit war es nicht genug, denn als er sich wieder aufrichtete fiel sein Blick auf Aiji, der einen kleinen Tisch auf Rädern vor sich herschob und schließlich vor dem Sänger zum Stehen brachte. Maya's Augen weiteten sich vor Staunen. Auf dem Tisch stand der wohl ausgefallenste und tollste Kuchen, den er je gesehen hatte, denn ein wirklicher Kuchen im traditionellen Sinne war es eigentlich gar nicht. Statt aus Sahne, Schokolade, Früchten oder sonstigen typischen Zutaten bestand dieses Gebilde aus süßen Speckseilen, Schaumzuckerfiguren, Gummitieren und natürlich Chuba Chups Lollies. Maya war entzückt und konnte sich nur schwer davon abhalten, wie ein kleines Kind in die Hände zu klatschen und herumzuhüpfen. Also tat er das Nächstbeste und fiel Aiji um den Hals, was dieser sich auch erhofft hatte. Während der Sänger ihn mit Dankesworten überhäufte strich er diesem lächelnd über den Rücken und lehnte sich schließlich wieder etwas zurück um ihm tief in die Augen zu schauen. Wie im Trance nahm Aiji Maya's Gesicht in beide Hände, beugte sich vor, hauchte noch schnell ein leises "Alles Gute zum Geburtstag, Maya." gegen die Lippen des anderen und küsste ihn erneut. Die Fans kommentierten dies natürlich wieder mit der üblichen Hysterie und dankten den Göttern dafür, in den Genuss eines weiteren unerwarteten Fanservices kommen zu dürfen.
 

Als das ganze dann aber doch deutlich länger dauerte als ein harmloser freundschaftlicher Geburtstagskuss, da wurde das hysterische Gekreische langsam aber sicher von einem allgemeinen Gemurmel und Getuschel abgelöst. Und als Aiji's und Maya's Lippen sich endlich voneinander trennten war es in dem kleinen Klub mucksmäuschenstill. Alle starrten gebannt auf die beiden, doch Aiji's Aufmerksamkeit galt einzig und allein seinem blonden Engel mit den geröteten Wangen. Lächelnd flüsterte er "Ich will mich nicht verstecken." und Maya's Augen leuchteten bei diesen Worten noch mehr als ohnehin schon. Überglücklich zog er den Gitarristen zurück in seine Arme und es folgte ein weiterer Kuss, bei dem ein gerührtes "Awww…" durch die Menge ging, und nach und nach begannen immer mehr Leute zu klatschen. Aiji hatte sich zwar vorher keine großartigen Gedanken über die Reaktion der Fans gemacht, aber nun merkte er wie froh er doch über ihre Zustimmung war. Sie würden also auch weiter hinter der Band stehen.
 

Mit Schmetterlingen im Bauch und einem wild klopfenden Herzen in der Brust löste Maya sich wieder von Aiji und sah ihn einfach nur wortlos an. Wie er diesen Mann doch liebte. Wie er wegen ihm gelitten hatte. Sich und andere belogen hatte. Und belogen worden war. Doch das war jetzt egal. Er würde von nun an weder leiden noch lügen müssen, denn Aiji liebte ihn und stand öffentlich zu seinen Gefühlen. Endlich war alles so wie es sein sollte. Und Maya würde auch dafür sorgen dass das so blieb. Selig schloss er die Augen und lehnte seine Stirn gegen die seines Freundes. "Danke, Aiji. Das ist der schönste Geburtstag meines Lebens."
 

Ende
 

Jaaaa, es ist tatsächlich vorbei!! >_< Und es wird auch keine Fortsetzung geben, also spart euch die Bitt- und Drohbriefe!!! XD

Die FF musste einfach so enden, ist ja schließlich ein Geburtstagsgeschenk für _saki_ gewesen!^^

Wem's gefallen hat, der kann auch gern mal einen Blick in meine anderen FFs werfen,

vielleicht ist da ja noch die eine oder andere interessante dabei... (^_~)

Vielen Dank an die lieben Kommischreiber!!! *umarm*

Tattoo

PS: Ein Bild vom 'Kuchen' ist jetzt auch in der Charakterbeschreibung!^^

PSS: Wer möchte, kann sich ja zum krönenden *hust* Abschluss noch fix mein LM.C-Fanvideo ansehen!^^ http://www.youtube.com/watch?v=u4I6xgdgSQ4



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Kommentare zu dieser Fanfic (79)
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Von:  Len_Kagamine_
2010-02-14T19:57:44+00:00 14.02.2010 20:57
ich fand die ff super und es war auch alles toll doch was ich scheise fan ist das Maya Miyavi so benutzt hat *kopf schütel* und das dann auch noch so lanege aber was ich voll traurig fan ist das Miyavi ihn so doll liebt das er seinen stolz verlihrt *seuftz*
aber sonst fand ich alles toll und auch die schreib art is süber ^^
DaT NeSsY
Von:  InspiredOfMusic
2009-10-19T20:36:07+00:00 19.10.2009 22:36
Also...am meisten tut mir wirklich Myv leid...er ist soo süß zu Maya...und dann wird er am ende einfach alleine gelassen??
Von:  ScarsLikeVelvet
2009-05-03T14:58:51+00:00 03.05.2009 16:58
ein schönes Ende für diese FF ^^
Ich find sie toll
Von:  Sini_x3
2008-12-11T23:15:21+00:00 12.12.2008 00:15
TT_________________TT
geheult~!!!!
ich hab tierisch geheult >.>
und das das letzte kapitel lang durch ; -;
die FF war sooooooooo toll~ <3
und der kuchen war sooo geil xDDDDDDDDDD

und es war alles soooo toll geschrieben
*immer noch shcniefen muss*

mach weiter sou~
Von:  FinalCall
2008-08-14T11:12:27+00:00 14.08.2008 13:12
Awwwwwwwwwwwwwwwwwwwwwwwwwwwwwwwr~ Q_______________________________Q
Von:  FinalCall
2008-08-14T10:51:44+00:00 14.08.2008 12:51
Eeeeeeeew... ;__________________________;
...
..
.
Wieso hat Aiji Maya da schlafen lassen? T^T
Der hätte den doch knuddeln können...
*sniff* ;3;
Nein, das is zu traurig x_____X
Haw... u_ú ♥
Von:  FinalCall
2008-08-14T10:30:22+00:00 14.08.2008 12:30
T_______________________________________________________T
Haw... x_x
Meine Kommentare werden immer... einfallsreicher **"
Nee aber... aber... ;_;
Das arme Maayatan ♥ u_û
*den knuddeln will* Q____Q;
Mouh~ ;3;
*schnell weiter les* >__<"
Von:  FinalCall
2008-08-13T12:14:14+00:00 13.08.2008 14:14
Is das süß ;_;
Wieso... eich keine Sexszenen? >D
Das is doch voll öde man O_O
...
XD
Oke nein... so is das voll niedlich und alles Q_Q"
Haw~ Q_Q"
*morgen weiter les* XD
*jetz zur Arbeit muss* x_x"
*Kekse dalass* XD
Von:  FinalCall
2008-08-13T11:51:28+00:00 13.08.2008 13:51
Q_____________________________________________Q
...
Haw...
Wasn das ;___;
Die armen Kekse wissen garnid, was sie tun solln ;_;
Hach is das... schön... ;_;
Und du schreibs das auch no so toll T^T
*sniff*
Von:  FinalCall
2008-08-13T11:04:05+00:00 13.08.2008 13:04
Ouhw is das süß Q___________________________________________Q"
Du kanns Maya und Aiji voll gut darstellen ;O; ♥
*anluv* T^T
Haw~ Liebeh und so eh ;3;
Und... und... aww~ ;_;
Arme Kekse da x_X
*weiter les* ;________________; XD


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