Fenaels Reise von Caildyn (Wie eine Elfe die Welt rettete) ================================================================================ Prolog: -------- Eigentlich war es wie immer gewesen: Die junge Elfe Fenael war zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort gewesen und unter Arrest gestellt worden, als sie unglücklicher Weise an einem Händler auf dem Markt vorbeiging, der gerade bestohlen wurde. Die wahren Diebe hatten ihr die gestohlenen Waren unbemerkt zugesteckt und so geriet sie unter Verdacht, gestohlen zu haben. Jetzt saß sie im Kerker und spielte mit ihren schwarzen Strähnen oder rückte ihre Kleidung, eine weiße Bluse, eine knielange Hose und Wanderstiefel, zurecht, während sie Fluchtpläne schmiedete. Bisher hatte ihr der Trick mit der weit aufgeknöpften Bluse und zuckersüßer Stimme immer zur Flucht verholfen wenn sie unschuldig im Kerker gelandet war, doch scheinbar waren die Wächter in diesem Kerker keuscher als Mönche im Kloster. Als der Wächter endlich die Tür passierte, rief sie ihn mit leiser, kränklich klingender Stimme aus einem von der Tür aus nicht einzusehendem Winkel der Zelle, in der sie sich befand. Der Wächter war dumm genug in die Falle zu tappen, die Zelle aufzuschließen und hineinzugehen, was direkt mit einem gut gezielten Schlag in den Nacken belohnt wurde. Wenige Minuten später stand Fenael im kühlen Nachtwind und begab sich ungesehen und so schnell sie konnte aus der Stadt. Außerhalb der Stadtmauern verlangsamte sie ihre Schritte wieder, um gemütlich in einen nahe gelegenen Wald zu schlendern. Im Wald herrschte Dunkelheit, die nur an einigen Stellen von sanftem Mondlicht durchbrochen wurde, das durch die Baumkronen auf den Waldboden fiel. Sie schlenderte etwa eine Stunde durch den Wald, als vor ihr ein seltsames Leuchten durch die Bäume drang. Als hätte sich ein magisches Seil um ihren Körper gelegt, das sie nun in Richtung des Leuchtens zog, ging sie darauf zu. Je näher sie ihm kam, desto deutlicher vernahm sie ein leises Plätschern und noch leisere, sanfte Musik. Schließlich stand sie auf einer Lichtung, an deren Rand sich Felsen befanden, aus denen eine Quelle in einen kleinen See plätscherte. Im Wasser des Sees stand ein junger Mann mit langen, spitzen Ohren und wilden, schwarzen Haaren, der eine wunderschöne Melodie auf einem flötenartigem Instrument spielte und ihr den Rücken zugewandt hatte. Alles was er trug, war eine weiße Hose, die an den Stellen, an denen sie das Wasser berührt hatte beinahe durchsichtig war und den Blick auf den Oberkörper des jungen Elfen freigab. Fenael war fasziniert von dem sich bietenden Anblick und der Melodie, die er spielte. Langsam und so leise es ging, begab sie sich hinter den Musikanten, setzte sich ins Gras der Lichtung und lauschte. Der Flötenspieler schien das Rascheln des Grases gehört zu haben, setzte sein Instrument ab und drehte sich nach ihr um. "Warum hört Ihr auf? Ich lauschte doch nur Eurer wunderschönen Musik.", begann Fenael. "Ich bin Publikum nicht gewohnt. Wie habt Ihr mich und diesen Ort gefunden? Es ist selbst unter den Elfen nur sehr wenigen möglich, hierher zu gelangen." "Nun, verratet mir Euren Namen und ich werde Euch erzählen, wie ich hierher gekommen bin." bot Fenael an. "Nun gut. Ich werde Tadiel genannt und bin der Wächter dieser heiligen Quelle. Doch bevor Ihr erzählt bitte ich Euch, Euch ebenfalls vorzustellen.", sagte der Elf, während er aus dem Wasser ans Ufer watete. "Mein Name ist Fenael. Ich ging durch den dunklen Wald, als ich ein Leuchten wahrnahm. Ich folgte dem Licht und je näher ich kam, desto besser konnte ich das Plätschern der Quelle und Eure Melodie vernehmen, Tadiel. Sollte ich Euch gestört haben entschuldige ich mich in aller Form und gehe, wenn Ihr dies wünscht." Sie endete und verneigte sich vor dem Wächter. "Bleibt ruhig. Ihr störtet mich nicht. Ich war nur überrascht hier jemanden zu sehen. Ihr seid seit langem die erste, die diese Lichtung wahrnehmen konnte.", sagte Tadiel und lächelte. "Darf ich Euch wirklich weiter zuhören?" Fenael war verdutzt über die Freundlichkeit, mit der ihr der Wächter gegenübertrat. "Natürlich! Wenn Ihr möchtet könnt ihr sogar singen, sofern Euch eine Weise einfällt." "Oh, das wird es sicher. Aber ich bitte Euch, sagt einfach nur 'du' zu mir. Ich habe noch nie solchen Respekt von meinesgleichen erfahren und möchte mich nicht umgewöhnen müssen." Tadiel seufzte, trat an sie heran und hob ihr Kinn, um in ihr Gesicht blicken zu können. "Ich weiß zwar nicht, was Grund genug dafür war, dass du nie Respekt erfahren hast, aber ich will deiner Bitte nachkommen. Im Gegenzug tust du dann aber auch das Selbe, einverstanden?" Fenael nickte und stand auf. Tadiel nahm sie bei der Hand und führte sie in die Mitte des Sees. "Dass du in diesen See treten konntest zeugt von der Reinheit deines Herzens, Fenael.", flüsterte der Elf ihr zu und begann wieder, auf seiner Flöte zu spielen. Fenael sang dazu eine uralte elfische Weise und plötzlich begann das Wasser um sie herum, eine sich drehende Wassersäule unter ihren Füßen zu bilden, die sie langsam in die Höhe hob. Beide hatten die Augen geschlossen und bemerkten nicht, was unter ihren Füßen geschah. Als das Lied geendet hatte, sank die Wassersäule jedoch nicht zurück in den See, sondern blieb bestehen und hielt die beiden in der Luft. "Ihr habt mich geweckt. Der Wächter der Quelle wird nun nicht mehr benötigt." Die Stimme klang, wie aus einer anderen Welt. Tadiel und Fenael sahen sich verdutzt um und wandten sich in Richtung der Quelle. Dort schwebte eine bildschöne Frau, deren Körper gänzlich aus Wasser bestand über der Quelle und Tadiel kniete nieder. "Ich bin Aglaia, die Göttin des Wassers. Erhebt Euch wieder, Tadiel. Ich wünsche nicht, dass ein Lebewesen vor mir niederkniet. Habt Dank, dass ihr mich wecktet. Doch wer ist diese Elfe, die so wundervoll sang?", fragte die Göttin. "Dies ist Fenael.", antwortete Tadiel, der inzwischen wieder stand. "Nun, Tadiel und Fenael, darf ich euch beide um etwas bitten?", begann Aglaia und fuhr auf ein Nicken der beiden fort: "Würdet ihr meine Geschwister suchen und auch sie wecken? Bald ist die eintausend Jahre währende Frist um und wir müssen unseren Zauber erneuern, damit diese Welt nicht aufhört zu existieren." Die beiden Elfen tauschten einige kurze Blicke und nahmen den Auftrag der Göttin an. "Habt Dank. Das hier sollte helfen, alle zu finden. Der Stein des Wassers wird euch ein Zeichen geben, wenn ihr in die Nähe meiner Geschwister kommt." Aus der Quelle stieg ein bläulich schimmernder Kristall und wurde von einer unsichtbaren Brise in Tadiels Hände getragen, wo er sich in einen Handschuh eingearbeitet um seine Hand legte. "Wenn ihr Rat oder Hilfe braucht, so ruft mich. Ich werde da sein und helfen, so gut ich kann. Und nun geht. Ihr habt nicht viel Zeit!" Die Göttin verschwand wieder und die Säule aus Wasser trug die beiden Elfen sicher in den See zurück. "Du hast sie gehört, Tadiel. Wir sollten bald aufbrechen.", sagte Fenael und stürmte an den Rand der Lichtung. "Fenael! Renn doch nicht so! Wenn wir uns zu sehr beeilen und verletzen, kommen wir auch nicht weiter!", rief der Elf hinter ihr her. "Stimmt schon, aber wir müssen schnellstens aus dem Wald raus! Die Stadtwache sucht mich scheinbar weil ich unschuldig im Kerker saß und geflohen bin!", kam es von ihr zurück. Tadiel sah hinter sich und erspähte etwa zweihundert Meter hinter ihnen einige Soldaten, die langsam aufholten. Er beschleunigte und holte Fenael einige Sekunden später ein. Sie grinste ihn an und wurde noch schneller, so dass Tadiel seine liebe Mühe hatte mitzuhalten, doch er schaffte es irgendwie und schon bald hatten die Soldaten die Verfolgten aus den Augen verloren. Kapitel 1: ----------- Im Morgengrauen traten die Elfen aus dem Wald heraus. Die nächste Stadt war einige Tagesmärsche entfernt und so konnten sie den Ausblick auf die große Grasfläche, die vor ihnen lag nur kurz genießen, bevor sie weiter gehen mussten. Nachmittags waren sie bereits ein ganzes Stück gewandert und Fenael war zu müde um noch viel zu laufen, da fiel Tadiel ein Lager auf, das nicht weit entfernt aufgeschlagen worden war. "Fenael, sieh mal! Ein Lager. Sollen wir hingehen und fragen, ob wir uns ausruhen dürfen?" Die Elfe ließ sich nicht lange bitten und so standen sie bald am Rand des Lagers. In dem Lager herrschte Ruhe, die hin und wieder von dem Schnauben eines Pferdes durchbrochen wurde und an der Feuerstelle in der Mitte des Lagers war eine Wache postiert worden, die jedoch wenig zu tun zu haben schein und schlief. Fenael trat in die Mitte des Lagers und ließ den Wachhabenden erschrocken aus dem Schlaf fahren. "Verzeiht die Störung, aber wir würden uns gerne ausruhen.", sagten die langohrigen Neuankömmlinge im Chor und wurden von der Wache in das größte Zelt des Lagers geschickt. In ebendiesem brannten einige kleine Fackeln, die das Innere des Zeltes beleuchteten. Überall standen Kisten mit Proviant herum und gegenüber des Eingangs waren einige Felle ausgelegt worden. Die beiden sahen sich gerade um, als ein junger Mann in das Zelt trat. Seine dunkelroten Haare waren wild geschnitten, unter der kurzen Lederweste mit Pelzkragen war sein muskulöser Oberkörper zu sehen und über der schwarzen, taschenreichen Hüfthose trug er mehrere Gürtel, von denen manche mit Nieten und Stacheln besetzt waren. An seinem rechten Oberschenkel hatte er ein Messer festgemacht. "Ja, wen haben wir denn da? Bist du das, Fenael? Tatsächlich! Du bist ja eine richtig hübsche Dame geworden in den zehn Jahren, die wir uns nicht gesehen haben. Und wie ich sehe hast du dir auch endlich einen Freund zugelegt!" Fenael fuhr herum und fiel dem Mann um den Hals. "Raca! Was machst du denn hier? Das ist jedenfalls Tadiel, auch wenn er nicht das ist, wofür du ihn hältst. Bist du mit nur so wenigen Leuten unterwegs?" Raca richtete den Blick zu Boden. "Wir, also ich und meine Freunde, sind heute Nacht im Wald einigen Soldaten begegnet, die recht frustriert schienen.", stammelte er, "Diejenigen, die hier sind, waren klug genug, um zu fliehen, der Rest hat sich mit den Soldaten angelegt und sitzt jetzt im Kerker." Die Elfen sahen betroffen zu Boden und Fenael erzählte von ihrer Flucht in der letzen Nacht. Er nickte nur und lud die beiden ein, einige Tage bei ihm und seinen Freunden zu bleiben. Abends saßen die Gäste zusammen mit ihrem Gastgeber und dessen Freunden am Lagerfeuer. "Willst du denn deine Leute nicht aus dem Kerker befreien, Raca?", fragte Tadiel. "Und uns einbuchten lassen? Niemals. Aber so wie ich meine Leute kenne, sind die in spätestens zwei Tagen wieder da." So viel Zuversicht hatte der Elf noch nie erlebt. "Wenn du meinst.", seufzte Fenael und hörte den Geschichten zu, die Racas Freunde erzählten. Irgendwann fiel dem Rotschopf der Kristall auf, den sie von Aglaia bekommen hatten auf und ein Leuchten in seinen Augen warnte Fenael. "Raca! Denk noch nicht einmal dran, den Kristall stehlen zu wollen. Es sei denn, du willst daran Schuld sein, dass diese Welt bald nicht mehr existiert.", sagte sie so kalt, dass den Umsitzenden ein Schauer über den Rücken jagte. "Was hat denn dieser Kristall mit dem Ende der Welt zu tun, Fenael?!", fragte der Gewarnte verdutzt. "Ganz einfach. Wir haben ihn gestern Nacht von der Wassergöttin Aglaia bekommen und brauchen ihn, um die übrigen Götter ausfindig zu machen. Wenn wir es nicht schaffen, hört hier bald alles auf, zu existieren." Raca und seine Freunde wurden neugierig und wollten genau hören, wie sie zu dem Kristall gekommen waren. Fenael überließ Tadiel das erzählen und als dieser die Geschichte beendet hatte, wollten unbedingt alle eine Kostprobe des musikalischen Könnens der beiden Elfen. Nach einem Schulterzucken von Fenaels Seite zückte der ehemalige Wächter Aglaias seine Flöte und begann, eine fröhliche Weise zu spielen. Seine Begleiterin stimmte mit ein und bereits nach wenigen Sekunden standen die Münder ihrer Zuhörer weit offen. Nachdem die Vorstellung beendet war, wurde erneut mit Bier angestoßen und nach kürzester Zeit waren alle bis auf die Elfen und Raca, die sich von solchem Gesöff fernhielten, sturzbetrunken. Diejenigen, die drohten einzuschlafen, schleppten sich schwankend in ihre Zelte und fielen mit einem dumpfen Geräusch auf ihre Lager, wo sie beinahe sofort zu schnarchen begannen. Als schließlich auch Fenael zu Bett ging, blieben nur noch Raca und Tadiel am Feuer sitzen. "Was hältst du von ihr?", begann Raca plötzlich zu flüstern. "Wie meinen?", kam es erstaunt von dem Elfen zurück. "Na, wie findest du Fenael?", fuhr der Rothaarige flüsternd fort, doch der Elf war sich nicht sicher, was er antworten sollte. "Ich sehe schon... Dann helfe ich dir mal auf die Sprünge. Also, findest du unsere liebe Fenael hübsch? Kannst du sie leiden?" Tadiel überlegte eine kurze Weile und antwortete dann: "Nun, dass sie hübsch ist kann man nicht leugnen. Ich kann sie gut leiden und weiß zu schätzen, dass sie mir gegenüber ehrlich ist, obwohl sie so viel durchmachen musste. Von dem eigenen Volk nicht respektiert zu werden muss hart für sie gewesen sein" Raca schwieg eine Weile, bevor er beschloss, Tadiel in Fenaels Vergangenheit einzuweihen. "Willst du wissen, was der Grund für die Abstoßung ihres Volkes ist? Ich könnte es dir erzählen, wenn du möchtest." "Sollte sie das nicht selbst tun?" "Glaub mir: Nicht einmal ich könnte sie dazu bringen, das zu erzählen." "Nun gut. Dann lass hören.", seufzte der Elf und Raca begann seine Geschichte. "Alles begann, als Fenael gerade erst geboren worden war. Ihre Eltern wollten sie nicht und so wurde sie in der Verwandtschaft herumgereicht, bis einer ihrer Onkel sie nicht mehr weiterreichen konnte. Dieser Onkel steckte das Neugeborene und einen Zettel, auf dem der Name des Kindes, ihre Herkunft und Vergangenheit und die Bitte, sich um das Kind zu kümmern geschrieben standen in einen Korb. Den Korb warf er in einen Fluss, der nur wenige Meilen von ihrem Heimatdorf in einem Wasserfall endet und hunderte Meter in die Tiefe stürzt, bevor das Wasser in einen See trifft und in drei Strömen auseinander fließt. Meine Eltern haben den Korb mit der kleinen Fenael ans Ufer gezogen, als ich gerade drei Jahre alt war. Bis sie zwölf Jahre alt war, ist sie bei uns aufgewachsen. Immerzu hat sie in Büchern gelesen, die Elfen einmal in unserem Dorf gelassen hatten. Sie ist zwar nicht meine leibliche Schwester, aber sie ist mir trotzdem ans Herz gewachsen. Und eines Tages war sie dann verschwunden. Über Nacht, einfach weg." "Nur, weil ihre Verwandten sie nicht wollten, ist sie bei Menschen aufgewachsen und wird so behandelt?!", wetterte Tadiel und hätte beinahe das halbe Lager damit aufgeweckt. "Sei doch etwas leiser! Kannst du mir mal erklären, warum ihre Eltern sie nicht wollten? Immerhin bist du ein Mitglied ihres Volkes, also müsstest du doch irgendwas darüber wissen!", sagte Raca und sah Tadiel erwartungsvoll an, welcher nickte und zu erzählen begann. "So weit ich weiß, sind Elfen, die mit schwarzen Haaren geboren werden, verflucht. Möglicherweise hatten ihre Eltern deswegen Angst vor ihr und wollten sie deshalb nicht, aber Angst entschuldigt es noch lange nicht, das eigene Kind an Verwandte weiterzureichen." "Elfen mit schwarzen Haaren sind... verflucht? Dann bist du ja auch verflucht, Tadiel!", schlussfolgerte der Rotschopf. "Ja. Die männlichen Mitglieder meiner Familie müssen solange über die Quelle der Wassergöttin Aglaia wachen und dürfen sich nur kurze Zeit von ihr entfernen, bis sie aus ihrem Schlaf erweckt wird und den Wächter von seiner Aufgabe entbindet.", sagte der Verfluchte bitter und ging in das Zelt, in dem Fenael heimlich dem Gespräch der beiden Männer gelauscht hatte. Die beiden Elfen hatten sich bereiterklärt, sich ein Zelt zu teilen, solange genug Platz darin war, um mindestens einen Meter Abstand zwischen ihren Lagern halten zu können. Beide lagen noch lange wach, dachten über Gesagtes und Gehörtes nach und traten am nächsten Morgen völlig unausgeschlafen aus ihrem Zelt. Raca schien sich seinen Teil zu den Augenringen der beiden zu denken, doch er war weise genug, zu schweigen. Tadiel zog mit Raca los, um Feuerholz zu suchen. Kaum waren die beiden weg gewesen, hatten Racas Kumpanen begonnen, die zurückgebliebene Elfe zu bedrängen. Sie rissen an ihrer Kleidung herum und versuchten ständig, sie unsittlich zu berühren. Fenael wurde es zuviel und so flüchtete sie weinend und verschreckt in die Richtung, in die Tadiel und Raca gegangen waren. Sie war eine ganze Strecke gerannt, als sie in die beiden mit Feuerholz beladenen Männer hineinrannte. Feuerholz flog durch die Luft, der Rotschopf wurde von der Wucht des Zusammenpralls umgeworfen und Fenael fiel glücklicherweise unverletzt, aber immer noch weinend zu Boden. Tadiel half den beiden Gestürzten auf die Beine, worauf Raca sofort zu Fenael stürzte und fragte, weshalb sie weinte. Sofort warf sie sich in die Arme ihres Ziehbruders und erzählte, was im Lager passiert war. Während dieser noch das Gehörte verarbeitete, hatte Tadiel bereits genug gehört und stürmte wutentbrannt zurück zum Lager. Raca und Fenael stürzten hinter ihm her, um ihn von Dummheiten abzuhalten, doch da war es schon zu spät. Der Elf war zu einem regelrechten Berserker geworden und schlug jeden nieder, der seinen Weg kreuzte. "Tadiel! Beruhige dich endlich!", versuchte Fenael ihn zur Ruhe zu bringen. Raca wählte eine andere Methode: Er schlich hinter den Wütenden und wollte ihn festhalten, landete aber einige Meter entfernt hart auf dem Boden. Fenael wollte nicht tatenlos zusehen, nahm all ihren Mut zusammen und ging langsam auf Tadiel zu. Raca kämpfte sich gerade zurück auf die Beine und rieb sich stöhnend den schmerzenden Hinterkopf, als er sah, was Fenael tat. "Fenael! Spinnst du?! Tadiel ist völlig außer Kontrolle und bringt dich um, wenn er dich bemerkt!", rief er ihr zu, doch Tadiel war noch mit zweien der Männer beschäftigt und bemerkte die Elfe nicht. Er bemerkte sie erst, als sie ihm weinend um den Hals fiel und ihn anflehte, aufzuhören, wobei einige ihrer Tränen auf seine Schulter fielen und den Rücken herunter flossen. Tadiel erstarrte und kam zur Ruhe. "W-Was ist denn hier passiert?! Und was machst du da Fenael?!", stammelte der Elf erschrocken, während er rot anlief. Die Elfe löste sich von ihm und erzählte ihm, was passiert war. Ungläubig sah der Elf sich um und kam zu der Erkenntnis, dass von ihm Gefahr ausging. Raca bestätigte die Vermutung des Elfen und erntete dafür eine Ohrfeige seiner Ziehschwester. "Jetzt bist du es aber, der spinnt. Wenn deine so genannten Freunde die Finger von mir gelassen hätten, wäre das alles doch gar nicht passiert! Klär das mit denen, aber lass Tadiel da raus!", fauchte sie und führte Tadiel in das Zelt, in dem sie geschlafen hatten. Dort angekommen wies sie ihn an, sich auf sein Lager zu setzen und nahm ihm gegenüber platz. "Warum...? Warum willst du noch etwas mit mir zu tun haben, Fenael?! Ich bin gefährlich, begreif das doch endlich.", sagte er, doch Fenael legte ihm einen Finger auf die Lippen und brachte ihn so zum schweigen. "Damit das klar ist: Ich halte dich nicht für gefährlich und würde es auch niemals tun. Gut, du bist ausgerastet, aber sicher mit gutem Grund. Du wolltest mich schützen, oder?", begann Fenael. "Ja. Aber..." setzte Tadiel an, wurde aber erneut von Fenael zum schweigen gebracht. "Kein 'Aber', Tadiel. Hör mir erst zu. Du wirst wohl oder übel lernen müssen, dich zu beherrschen, um solche Vorfälle in Zukunft zu vermeiden. Wenn du willst helfe ich dir sogar dabei. Da fällt mir ein: Ich habe dir und Raca gestern Abend zugehört." "D-Du hast was?!" Tadiel wurde wieder rot bei dem Gedanken an das, was er Raca erzählt hatte. "Das braucht dir nicht peinlich zu sein. Weißt du, ich kann dich auch gut leiden." Wieder sammelten sich Tränen in ihren Augen. "Ich denke, wenn wir schon beide verflucht sind, dann sollten wir uns auch vertrauen können, nicht wahr?", sagte sie und erneut begannen vereinzelte Tränen über ihr Gesicht zu kullern. Tadiel setzte sich an ihre Seite und nahm die Weinende in den Arm, um sie zu trösten. Diese drückte sogar noch ihren Kopf an seine Brust und begann hemmungslos zu schluchzen. In diesem Moment vergaß er alles, was er hatte sagen wollen, um sie zu trösten und streichelte einfach nur schweigend über ihr Haar. In der Zwischenzeit hatte Raca begonnen, seinen Kumpanen eine Standpauke zu halten: "HABT IHR SIE EIGENTLICH NOCH ALLE?!", schrie er die Männer an und war kurz davor, jedem von ihnen eine Kopfnuss zu verpassen. Betretenes Schweigen. "Ich habe euch doch gesagt, dass ihr die Finger von meiner Schwester lassen sollt, oder versteht ihr solch einfache Anweisungen nicht?! Wenn Fenael vorhin nicht eingegriffen hätte, obwohl ihr werweißwas mit ihr vorhattet, wäret ihr jetzt möglicherweise nicht mehr am Leben! Mal ehrlich: Das geschähe euch recht! Und wer sich nicht bei der nächsten Gelegenheit bei ihr entschuldigt, hat hier nichts mehr verloren!" Raca endete und wandte sich entrüstet mit dem Kopf schüttelnd von seinen Freunden ab, um sie mit ihren Gedanken allein zu lassen. Etwa eine halbe Stunde später kamen die beiden Elfen aus ihrem Zelt und Fenael sprang aus Schreck in Tadiels Arme, als plötzlich Racas Freunde vor ihr standen. Tadiel sah erst verdutzt die Elfe, die sich an seinen Hals klammerte, danach die Männer an und war noch verdutzter, als diese sich zu Boden warfen und Fenael um Verzeihung baten. Die Elfe überlegte kurz, setzte dann die Füße zurück auf den Boden und nahm die Entschuldigung unter der Bedingung an, dass die Männer versprechen mussten, sie oder andere Frauen nie wieder gegen ihren Willen anzufassen. Tadiel entschuldigte sich nun seinerseits für seinen Wutausbruch und versprach Besserung. Einige der Männer waren ihm gegenüber zwar immer noch ängstlich, doch sie alle sahen ein, dass sie den größten Teil der Schuld an dem Vorfall trugen und hatten ihm bereits verziehen. Danach kehrte wieder Ruhe in dem Lager ein und als man am Abend wieder um das Lagerfeuer herumsaß, eröffneten Tadiel und Fenael, dass es am nächsten Morgen Abschied nehmen heißen würde. Raca stand auf und verschwand aus dem Lichtkreis des Lagerfeuers. Fenael war es, als hätte sie Tränen in seinen Augen glänzen sehen und folgte ihm zusammen mit Tadiel. Racas Freunde schienen zu wissen, was jetzt folgen würde und blieben am Feuer zurück, wo sie schweigend weiter tranken. "Raca? Was ist los?", fragte die Elfe vorsichtig, als sie ihn an einem Baum zusammengekauert auffanden. "Nichts.", antwortete der Rotschopf, doch seine Schwester ließ nicht locker. "Du warst noch nie ein guter Lügner, Raca. Komm schon, uns kannst du doch erzählen, wenn etwas nicht stimmt. Stimmt doch, oder Tadiel?" Tadiel bejahte und so setzten sich beide zu Raca. "Zehn Jahre lang habe ich dich nicht gesehen, Fenael. Und jetzt willst du nach nicht einmal zwei Tagen wieder aus meinem Leben verschwinden. Das ist nicht fair. Kannst du nicht noch etwas bleiben?", flehte er. "Weißt du, Raca, wir haben eine Aufgabe zu erfüllen und die ist nicht gerade unwichtig. Außerdem: Wer hat gesagt, dass ich aus deinem Leben verschwinde?", gab Fenael zu bedenken und Tadiel meldete sich zu Wort. "Ich glaube, worauf sie hinaus will, ist, dass du uns begleiten sollst. Wir können sicherlich Hilfe gebrauchen und du müsstest nicht auf deine Schwester verzichten. Deine Freunde kommen bestimmt auch ohne dich blendend zurecht. Das wäre doch auch eine Lösung, nicht wahr?" Raca sah die Elfen abwechselnd an und ging unschlüssig mit ihnen zurück zum Lager. "He, schaut mal! Da kommen die drei ja endlich!", grölte einer der inzwischen betrunkenen Zurückgebliebenen, stolperte rückwärts über eine der Sitzgelegenheiten und landete im Lagerfeuer, wo er sofort schreiend aufsprang und sich in einen der Tröge für die Pferde fallen ließ, um die Glut zu löschen, die sich an seinem Hosenboden festgesetzt hatte und dort für enorme Hitze zu sorgen schien. Während das Wasser zischend aus dem Trog dampfte, begannen die Zuschauer zu lachen. Raca grinste und ging mit den Elfen gemeinsam in das große Zelt. Als sie sich hingesetzt hatten, war von außerhalb immer noch Lachen zu hören. "Die Jungs müssen demnächst wohl eine Zeit lang ohne mich auskommen.", verkündete Raca grinsend und lachte schadenfroh, als auf der Zeltplane zu sehen war, wie jemand schwankte und platschend in einen Haufen Pferdeäpfel fiel. "Du willst uns also begleiten, verstehe ich das richtig?" Auf sein Nicken hin jauchzte Fenael und Tadiel lächelte zufrieden. "Wisst ihr was? Ihr beide schlaft heute Nacht hier, damit wir uns morgen möglichst früh, schnell und leise mit allem eindecken können, was wir brauchen und mit meinen Pferden verschwinden können.", bot der Rotschopf an und die Elfen stimmten zu. Als die Elfen am nächsten Morgen geweckt wurden, war am Horizont noch kein Licht zu sehen. Raca gab jedem eine Ledertasche zum umhängen, Proviant für drei Tage und öffnete dann eine weitere Kiste. Während er darin herumsuchte, war metallisches Klimpern und Kratzen zu hören. Schließlich steckte er sich einige Messer und Dolche an die Gürtel und bat die Elfen, zu ihm zu kommen. Tadiel bekam nach langem Überlegen einen etwa eineinhalb Meter langen Metallstab, der zusammengeklappt nicht viel größer war, als seine Flöte. Probehalber hantierte er mit der Waffe herum, wie mit einem Paradestab und kam bestens damit zurecht. Fenael hatte in ihrer Kindheit Schwerter und den Umgang mit scharfen Waffen geliebt und entschied sich deshalb für ein Langschwert, dessen Klinge rot eingefärbt worden war. In der Kiste fand sie auch eine passende Scheide und legte sie an. "Haben wir jetzt alles?", vergewisserte sich Raca und schrieb eine Nachricht für seine Freunde auf ein Stück Pergament. Die Nachricht befestigte er mit einem seiner Messer an einem der Pfosten, mit denen das Zelt im Boden verankert worden war und begab sich zu den Pferden. Dort angekommen wies er jedem eines seiner drei Pferde zu. Als sie los ritten, begann am Horizont gerade die Dämmerung einzusetzen. Kapitel 2: ----------- Am späten Abend erreichten die drei Freunde die Stadt Greenfield, die kein Dorf geblieben, sondern zu einer regelrechten Großstadt herangewachsen war. Sie stiegen von den Pferden und führten sie an den Zügeln, während sie nach einer Möglichkeit zum Übernachten Ausschau hielten. Kaum ein Mensch war noch auf den Straßen unterwegs, doch in den Gaststätten wurde irgendetwas gefeiert. "Oh nein! Wenn die hier so munter feiern, kommen wir doch nie im Leben an einige Betten, ohne erkannt zu werden.", stöhnte Raca. Beide Elfen sahen den Rotschopf an und fragten gerade, warum er nicht erkannt werden wollte, da stürmte bereits eine Frau auf ihn zu, die ihm im vollen Lauf an den Hals sprang und ihn zu Boden riss. "Ich find's ja auch schön, dich wieder zu sehen, Lina." Er log ganz offensichtlich. "Aber das ist doch kein Grund, mich gleich umzuwerfen. Tadiel, kannst du mir mal eben helfen?" Tadiel half Raca und Lina auf die Beine. Diese bedankte sich bei Tadiel und nahm ihn und Fenael anschließend genau unter die Lupe. "Ein Elf? Und wer ist diese Elfe?! Raca, ich glaube du hast mir etwas zu erklären!", fauchte sie, als dachte sie, Raca würde ihr etwas verschweigen. "'Diese Elfe' heißt Fenael und ist meine Ziehschwester und der Elf heißt Tadiel und ist ein Freund von ihr. Was glaubst du eigentlich, warum ich die Verlobung mit dir wieder gelöst habe?! Meinst du wirklich, ich würde es mir freiwillig antun, mir jedes Mal eine Szene von dir machen zu lassen, wenn mich eine Frau ansieht? Nein danke!", fauchte er zurück. Lina sah ihn erst verstört an und rannte dann weinend davon. "Das war deine Verlobte?", fragten die Elfen wie aus einem Munde. "Wie gesagt... Das war sie einmal. Wisst ihr jetzt, warum ich nicht erkannt werden wollte? Lina ist schon immer wie eine Klette gewesen, die wegen jeder Kleinigkeit eifersüchtig wird.", erklärte Raca und wollte nichts mehr zu diesem Thema hören. Schließlich banden sie ihre Pferde an, gingen in eine der Gaststätten, die einigermaßen leer schien und Raca fragte beim Wirt nach, ob noch Zimmer frei wären. Währenddessen unterhielten sich die Elfen mit einigen Gästen. "Tut mir Leid, aber es ist in der ganzen Stadt nur noch ein Zimmer frei. Das ist zwar hier im Hause, aber wie ich sehe, reisen sie zu dritt. In dem Zimmer ist jedoch nur ein Bett, das dürfte also problematisch werden.", gab der dicke und verschlagen dreinblickende Wirt zur Auskunft. "Ist schon in Ordnung, wir nehmen das Zimmer.", sagte Raca und bekam den Schlüssel ausgehändigt. In einem Keller Greenfields sprang ein Mann auf, der mit seinen schulterlangen, wild fallenden, weißen Haaren, blutroten Augen und den vielen Narben, die sich über sein Gesicht und den unbekleideten Oberkörper erstreckten recht gefährlich aussah und schlug auf den Tisch, dass die Weingläser der Umsitzenden umzufallen drohten. "Raca ist wieder da?!" "Ja. Und er hatte zwei Elfen bei sich, von denen er behauptete, es seien seine Ziehschwester und ein Freund von ihr.", antwortete eine Frau, die einen weiten, schwarzen Kapuzenmantel trug. Ihre Haare waren feuerrot und die Augen der Frau stachen in einem giftigen Grünton aus ihrem schmalen Gesicht hervor. "Und Ihr seid Euch absolut sicher, dass es Raca war, den Ihr in ihren Erinnerungen gesehen habt, Fenna?", fragte einer der Männer und nahm einen Schluck Wein. "Sagt, Fenlouk. Vertraut Ihr mir und meinen Fähigkeiten nicht, dass Ihr es wagt, meine Aussage in Frage zu stellen?", fragte Fenna in einem Ton, der verriet, dass sie solche Fragen nicht mochte. "N- Natürlich nicht!", stotterte Fenlouk und schwieg. "Dann ist ja gut.", schloss sie und wandte sich wieder dem Vernarbten zu. "Phemoris? Dürfte ich Euch kurz unter vier Augen sprechen?" Phemoris stand auf und sie zogen sich in einen kleinen Nebenraum zurück, in dem Lina gefesselt, geknebelt und ohnmächtig am Boden lag. "Was wolltet Ihr mir sagen, Lenne?" fragte der Vernarbte und blickte sie erwartungsvoll an. "Wir sollten diese Frau gehen lassen. Wenn Ihr möchtet, lösche ich ihre Erinnerungen an diesen Ort und..." Phemoris schnitt ihr das Wort ab. "Niemals. Wenn wir sie freilassen haben wir keine Möglichkeit, Raca anzulocken und für seinen Verrat zu bestrafen." zischte er und seine roten Augen leuchteten gefährlich. "Ich verstehe. Nun denn, es ist alles gesagt, was gesagt werden musste. Gute Nacht." Lenne verbeugte sich knapp und ließ Phemoris und seine Leute zurück. "Und du bist dir wirklich sicher, dass das hier unser Zimmer ist, Raca?", fragte Fenael bereits zum dritten Mal. Das Zimmer war klein und ungemütlich eingerichtet. "Ja! Wie oft denn noch?!", kam es genervt zurück. "Und es war wirklich kein anderes Zimmer mehr frei?" Fenael fühlte sich auf den Arm genommen. "Ja doch. In der ganzen Stadt ist das hier das einzige, noch nicht belegte Bett.", erklärte der Rotschopf. Tadiel seufzte und fragte, wer wo schlafen würde. "Ich würde ja sagen, Fenael schläft im Bett und wir auf dem Boden, Tadiel, aber in so einem Bett würde doch niemand freiwillig schlafen.", überlegte Raca. In diesem Punkt stimmten alle überein. Wahrlich: Das Bett schien morsch und seit Jahren nicht neu bezogen worden zu sein, die Matratze war durchgelegen und roch nach Urin und überall unter dem Baldachin, der über dem Bett hing, hatten Spinnen ihre Netze gesponnen. Letzten Endes schliefen sie allesamt auf dem Boden. Über Nacht ließen sie das Fenster geöffnet, denn der Geruch, den die Matratze verströmte war kaum auszuhalten. Als Raca am nächsten Morgen als erster aufstand, lag ein Zettel in dem Zimmer. Er hob den Zettel auf und las, was darauf geschrieben stand. Erschrocken über die Nachricht riss er die Augen auf, taumelte rückwärts und fiel über Tadiel, worauf beide Elfen aus dem Schlaf auffuhren. Raca saß mit immer noch aufgerissenen Augen auf dem Boden und starrte auf den Zettel in seiner Hand. Fenael nahm den Zettel aus seiner Hand, las ebenfalls, was darauf stand und reichte das Papier kreidebleich an Tadiel weiter. Darauf stand, persönlich an Raca gerichtet, dass Lina in der Folterkammer im Kerker der Stadt festgehalten wurde und dass sie getötet würde, wenn Raca nicht bis zum Mittag dort auftauchte. "Meine Güte, Raca! Auch wenn sie wie eine Klette für dich ist, wir müssen sie da raus holen!" Fenaels Stimme bebte. Mehr als ein Nicken brachte der Rotschopf zu diesem Zeitpunkt nicht zustande und schon wenige Minuten später standen sie bei dem Wirt, beschwerten sich knapp über das Zimmer, bezahlten einen viel zu hohen Preis dafür und stürmten hinaus zu den Pferden. Es herrschte reges Treiben in den Straßen, denn es war Markttag. Durch die vielen Leute gab es kaum ein Durchkommen und so kamen die drei Reiter nur sehr langsam voran, obwohl viele der Menschen ihnen Platz machten. Als sie endlich den Kerker am anderen Ende der Großstadt erreicht hatten war es bereits später Vormittag. Kaum hatten sie sich von ihren Pferden geschwungen, rannten sie an den Wachen vorbei in das Gefängnis. "Oh je, wie soll man sich denn hier zurechtfinden? Das ist doch kein Kerker, sondern ein Labyrinth!", jammerte Tadiel, nachdem er sich kurz umgeblickt hatte. "Das ist kein Wunder. Hier sind Zellen für mehrere tausend Menschen angelegt worden. Und jetzt komm, Tadiel! Wenn wir uns nicht beeilen, ist es um Lina geschehen!", sagte Raca und zog den beeindruckten Elfen hinter sich her. Fenael kam einige Sekunden später dazu. "Wir müssen in das unterste Stockwerk, wenn wir zur Folterkammer wollen!", rief sie ihren Begleitern zu, die gerade in einem der Gänge verschwinden wollten. "Woher willst du das wissen?!" fragten die beiden wie aus einem Munde. "Am Eingang hängt eine Karte, ihr Dummköpfe! Wolltet ihr jetzt ernsthaft jeden Gang absuchen, bis ihr irgendwann die Folterkammer gefunden habt?!", lachte sie. "Da vorne sind Treppen! Vielleicht kommen wir so nach unten!" sagte Tadiel und ging in die Richtung, in die er gezeigt hatte. Einige hundert Stufen später kamen sie im untersten Stockwerk des Kerkers an und liefen den einzigen Gang entlang, der von der Treppe fortführte. An seinem Ende stießen die drei auf eine schwere Metalltür. Gemeinsam schafften sie es, die Tür zu öffnen und standen in der Folterkammer. Die Foltergeräte waren beiseite geräumt worden und Lina nirgends zu sehen: Sie waren in eine Falle getappt. "Oho! Sieh mal einer an, wer da ist!" tönte es spöttisch aus einer der dunklen Ecken und ein vermummter Mann trat aus dem Schatten hervor. "Lange nicht gesehen, Raca, du elender Verräter! Erkennst du mich wieder?" Der Vermummte klappte die Kapuze, die bis dahin sein Gesicht in Schatten getaucht hatte, zurück und darunter kamen schulterlange weiße Haare und ein narbiges Gesicht, aus dem ein Paar roter Augen hervorblitzte zum Vorschein. "Phemoris! Wo ist Lina? Sag es mir, sonst..." Raca wurde unterbrochen. "Sonst was? Willst du mir etwa drohen?", spottete der Weißhaarige. Er ging zu Fenael, umschloss ihr Kinn mit seinen Fingern, deren lange Fingernägel schwarz bemalt waren und sah in ihr Gesicht. "Das ist also deine Ziehschwester? Ziemlich hübsch!" Fenael spie in sein Gesicht und lag im nächsten Augenblick benommen und mit einem Abdruck seiner Faust im Gesicht in einer Ecke des Raumes. "Fenael!" Tadiel stürzte zu ihr, während auch Phemoris auf sie zuging. "Ach, wie niedlich! Willst wohl deine Freundin beschützen, kleiner Elf!?", zischte der Weißhaarige und holte aus. Plötzlich spritzte Blut und der Rotäugige schrie vor Schmerzen, als er seine Hand mit einem von Racas Messern durchbohrt sah. Er drehte sich um, stürzte wie ein Wahnsinniger auf Raca zu und versuchte, ihn mit dem blutigen Messer zu erstechen. Tadiel sah entsetzt zu, wie der Rotschopf immer mehr in Bedrängnis geriet, als sein Blick auf den Kristall an seiner Hand fiel. 'Einen Versuch ist es Wert!', dachte er bei sich und begann, die Wassergöttin zu rufen. "Aglaia, oh heilige Göttin des Wassers und der Güte! Erhöret mein Flehen und helft uns in unserer Not." Der Kristall begann, zu leuchten und langsam stieg Wasser aus ihm hervor, das nach und nach Aglaias Körper bildete. "Ich grüße Euch, Tadiel. Wie kann ich helfen?", begrüßte die Göttin ihren ehemaligen Wächter. "Helft meinem Freund dort drüben, ich flehe Euch an!", antwortete Tadiel und zeigte auf die Kämpfenden. "Gerne doch!", sagte die Göttin und wandte sich den Kämpfenden zu. Raca war inzwischen zu Boden gerungen worden und der Weißhaarige holte aus, um ihm den Gnadenstoß zu versetzen. Zu spät bemerkte er die Welle, die von der Göttin beschworen worden war und wurde von ihr an die Wand geschleudert, wo er jedoch nicht reglos liegen blieb, sondern begann, sich wieder auf die Beine zu kämpfen. Kaum stand er wieder aufrecht, sah er die Göttin und bekam es mit der Angst zu tun. "Was ist das?!" schrie er angsterfüllt und wich zurück an die Wand. Aglaia schwebte auf Raca zu, doch auch der war ein wenig verängstigt. "Raca! Du brauchst keine Angst zu haben! Das ist Aglaia, die Göttin des Wassers.", rief Tadiel seinem Freund zu. Der Weißhaarige hörte nur das Wort "Göttin" und brach in Panik aus, während Aglaia Racas Wunden behandelte. Die Wunden schlossen sich und Raca kam wieder zu Kräften. Als er wieder auf den Beinen war, ging er auf den Rotäugigen zu und spielte mit einem Messer in seiner Hand. Bei ihm angekommen, kniete er nieder und hielt ihm das Messer an die Kehle. "Raca! Nicht!" schrie Fenael, die sich inzwischen an der Wand abstützte und leicht schwankte. Raca holte aus und stieß das Messer in eine Scharte in der Wand, wo es stecken blieb. "Keine Angst, Fenael. Ich tu ihm schon nichts... Den Tod hätte selbst er nicht verdient." rief er zurück und reichte Phemoris die Hand. "Na komm. Ich helfe dir auf, Phemoris. Ich tu dir nichts!" "Warum tust du das, Raca?! Erst verrätst du uns, dann kommst du zurück und hilfst mir auch noch?! Warum tötest du mich nicht, wenn du schon die Gelegenheit hast?" Phemoris verstand die Welt nicht mehr. "Meinst du wirklich, ich würde jemanden umbringen?! So gut müsstest du mich aber kennen, Phemoris! Ich habe nicht zugestoßen, weil ich dir längst verziehen habe. Außerdem habe ich euch nicht verraten, ich habe es nur nicht mehr bei deinen Raufbolden ausgehalten und bin gegangen." Die beiden waren bei den Elfen und der Göttin angekommen. Raca wandte sich der Göttin zu: "Aglaia, hättet Ihr die Güte, seine Wunden ebenfalls zu heilen?" "Ist er nicht dein Feind? Weshalb möchtest du also, dass ich ihn heile?", fragte die Göttin. "Ich habe ihn nie als Feind angesehen. Das Messer, welches seine Hand durchbohrte warf ich nur, um Tadiel und meine Schwester vor ihm zu schützen." "Nun gut. Ich werde seine Wunden heilen, doch dann muss ich gehen. Meine Kraft reicht nicht mehr, um noch allzu lang hier zu bleiben.", gab Aglaia nach. Als die Göttin mit der Behandlung von Phemoris' Wunden fertig war, verabschiedete sie sich und verschwand in den Kristall an Tadiels Hand. "So, Phemoris. Und jetzt verrätst du uns bitteschön, wo Lina ist.", verlangte Raca. "Naja. So wie es aussiehst hast du wohl gewonnen, auch wenn dir das nur mithilfe der Göttin gelungen ist." Phemoris grinste Raca an. Langsam aber sicher begann sich eine Ader an Racas Stirn abzuzeichnen und so fuhr er mit zitternder Stimme fort: "Schon gut, schon gut. Nicht aufregen Raca, ich sag's dir ja schon. Lina steckt in unserem Hauptquartier." "Ist das immer noch da, wo es vor drei Jahren war?", vergewisserte Raca sich. "Ja. Und jetzt beeil dich. Ich glaube, Fenlouk und Lenne werden langsam ungeduldig." Phemoris gab ihm einen Schlüssel und schon rannten Raca, Fenael und Tadiel Richtung Oberfläche davon. Draußen angekommen stiegen sie wieder auf ihre Pferde und ritten Raca hinterher, der sich offensichtlich blendend in dem Labyrinth der dunklen Straßen auskannte. Nachdem sie beinahe die halbe Stadt durchquert hatten, lenkte Raca in eine besonders dunkle Seitengasse ein, stieg von seinem Pferd und öffnete eine verborgene Tür. Als die Elfen ebenfalls absteigen wollten, hielt Raca sie zurück und bat sie, auf ihn zu warten. "Ich brauche nicht lange. Ich gehe nur kurz rein, hole Lina da raus und dann verschwinden wir.", erklärte er auf fragende Blicke hin und verschwand in der Dunkelheit hinter der Tür. Im Versammlungsraum des Hauptquartiers traf er auf Lenne und Fenlouk, die offensichtlich nicht damit gerechnet hatten, Raca lebendig wieder zu sehen. Wortlos zeigte der Rotschopf den Schlüssel vor, den er von Phemoris bekommen hatte und seufzte, als die beiden Aufseher mit erschrockenem Blick zurückwichen. "Keine Angst. Phemoris ist putzmunter.", beruhigte er die beiden. Scheinbar hatte er den Schrecken in ihren Blicken richtig gedeutet, denn sie entspannten sich wieder und ließen ihn die Tür zu Linas Gefängnis mit dem Schlüssel aufschließen, den er von Phemoris bekommen hatte. Lina war noch immer ohnmächtig und so schulterte er die Gefangene kurzerhand und trug sie zu seinem Pferd. Er legte sie auf das Tier, saß auf und ritt zu ihrem Haus, wo ihre Eltern nach kurzem Klopfen öffneten. Als sie ihre Tochter in Racas Armen sahen, fiel ihnen ein Stein vom Herzen. Linas Vater nahm Raca seine Last ab und trug die Ohnmächtige in ihr Zimmer, während dieser sich von ihrer Mutter verabschiedete und gemeinsam mit den Elfen davon ritt. Kapitel 3: ----------- "Sag mal, Raca? Wo willst du eigentlich hin?", fragte Fenael nachdem die drei Reiter einige hundert Meilen in südlicher Richtung zurückgelegt hatten. Inzwischen waren sie in einer ländlichen Gegend angekommen und ritten durch Felder, die mit Weizen oder Mais bestellt waren. "In der Richtung, in die wir jetzt reiten liegt das Dorf, in dem wir aufgewachsen sind, Fenael." "Wirklich? Meine Güte die Gegend hier hat sich aber ganz schön verändert." Die Elfe konnte nicht anders, als zu staunen. Knapp zwei Stunden später kamen sie in dem kleinen Dorf an und wurden freudig begrüßt. Um die Reisenden scharte sich eine Traube von Dorfbewohnern. "Hallo Raca! Wo warst du denn so lange? Wer sind die beiden Elfen, die bei dir sind?" Die Dorfbewohner redeten wild durcheinander und so musste Raca erst einmal für Ruhe sorgen. "Leute, seid doch ruhig, dann kann ich euch auch antworten! Also, die Elfe hier kennt ihr alle schon, es sei denn ihr habt die kleine Fenael von vor zehn Jahren vergessen." "Hurra! Fenael ist wieder da!" Die Dorfbewohner jubelten. Kaum war es wieder ruhiger, fuhr Raca fort: "Und der Elf ist Tadiel, ein Freund von uns beiden." Einige Minuten später saßen sie in der Hütte, in der die Heimkehrenden gelebt hatten. Fenael zog sich im Schlafzimmer ihrer verstorbenen Zieheltern um. Tadiel, der von Raca eine saubere, schwarze Hose und ein weißes Hemd bekommen hatte, sah sich inzwischen um, kratzte sich am Kopf und als er die Hand wieder herunternahm, wirkte er verdutzt. "Kommt mir das nur so vor, oder leuchtet Aglaias Kristall rötlich?" "Wie? Tatsächlich! Meinst du, dass das das Zeichen sein könnte, von dem Aglaia gesprochen hat?" Fenael trat in eine rote Bluse und eine schwarze Kniebundhose gekleidet aus dem Schlafzimmer und sah den Kristall an. "Da bin ich mir recht sicher. Raca? Ist hier in der Nähe eine Art Schrein oder etwas wie eine Quelle?" Raca überlegte kurz. "Ein Schrein oder eine Quelle? Nicht das ich wüsste. Aber wenn ich mich richtig erinnere gibt es hier in der Nähe einen Vulkan." "Vielleicht finden wir da ja einen Gott, Tadiel!" Fenael grinste ihre Begleiter an. "Möglich wäre es. Gehen wir hin und sehen nach!" Gesagt, getan. Am nächsten Morgen brachen die Elfen in die Richtung auf, in der laut Raca der Vulkan lag. Diesen hatten sie irgendwie überzeugen können, zurückzubleiben und auf sie zu warten. "Tadiel, pass mir gut auf Fenael auf. Wenn ihr etwas zustößt bekommst du gewaltigen Ärger mit mir! Und jetzt ab mit euch!" Raca hatte sie noch bis zum Dorfrand begleitet und kehrte zurück in die Hütte, als die Elfen aus seinem Sichtfeld entschwunden waren. Nach einigen Meilen kam langsam die Rauchfahne des Vulkans in Sicht; die Landschaft wurde felsiger und der Kristall an Tadiels Hand leuchtete immer stärker in einem Rotton, der langsam aber sicher an einen Rubin erinnerte. Die Sonne hatte gerade den Zenit erreicht, als die Reiter am Fuß des Vulkans ankamen. Sie stiegen von den Pferden und banden sie an einem Baum an, der in der Nähe stand. Die Elfen bestiegen den Vulkan und fanden auf halber Höhe eine Höhle, die in das Innere des Berges führte. Der Schacht wand sich steil abfallend durch den Berg und schon nach wenigen Metern fiel kein Licht mehr hinein. Je weiter sie hineingingen, desto höher stieg die Temperatur. "Zum Glück leuchtet der Kristall so hell, dass man sieht, wo man hintritt", sagte Fenael gerade, als sie auf einen einsinkenden Stein trat. Hinter ihnen ertönte ein Knirschen und nur wenige Sekunden später waren die Elfen auf der Flucht vor einem Stein, der laut rumpelnd hinter ihnen durch den Gang rollte. So schnell sie auch rannten, der Stein kam immer näher. Als der Stein sie fast erreicht hatte, schlüpfte Tadiel in einen engen Spalt in einer Wand und zog Fenael hinter sich her. Keinen Moment zu früh, denn fast im selben Augenblick polterte der Stein an dem Spalt vorbei und stürzte ein Stück weiter in brodelnde Lava. "Das war knapp." Tadiel war von der Flucht völlig außer Atem. Beide Elfen wurden rot, als sie bemerkten, dass es in dem Spalt so eng war, dass ihre Körper sich berührten und sie den Herzschlag des jeweils anderen spüren konnten. Sich räuspernd trat Fenael aus dem Spalt und ging schweigend weiter. Tadiel folgte ihr, nachdem er sich entschuldigt hatte und schwieg, bis der Kristall sein Licht in eine Abzweigung des Schachtes lenkte. Die Elfen folgten dem Lichtstrahl und standen schließlich in einer kleinen achteckigen Kammer, deren Wände über und über mit Edelsteinen besetzt waren. In kleinen Lücken zwischen diesen brannten Fackeln, deren Licht von den Steinen an den Wänden reflektiert wurde und den Raum so ein wenig erleuchtete. In der Mitte des Raumes befand sich ein Loch, das so weit in die Tiefe führte, dass man den Boden nicht sehen konnte. Plötzlich ertönte tiefes, wildes Flötenspiel und aus dem Loch war ein schauderhaftes Grollen und Fauchen zu hören. Die Elfen sahen sich gerade erschrocken an, als ein riesiger, roter Drache aus dem Loch stieß. Fenael zog ihr Schwert und stellte sich dem Drachen. Sie hatte kaum eine Chance gegen das Wesen und wurde mit verbrannten Beinen an eine Wand des Raumes gedrängt. Tadiel machte seinen Stab kampfbereit und stellte sich schützend vor Fenael, als das bösartige Wesen auf sie zustürzte, um ihr den Garaus zu machen. "Oh nein, das wirst du nicht tun! Nur über meine Leiche kommst du noch einmal an Fenael heran, du Untier!", sagte Tadiel fest entschlossen und beobachtete verwirrt, wie der Drache sich in Luft auflöste. "Bravo! Ihr habt euren Mut bewiesen!" tönte es plötzlich aus einer Nische. Heraus trat ein schwarzhaariger Elf, der in eine knielange, schwarze Hose und ein eng anliegendes, ärmelloses und schwarzes Oberteil gekleidet war. Obwohl das Oberteil schwarz war, konnte man den Waschbrettbauch, der darunter verborgen wurde deutlich erkennen. Von seinem Gürtel baumelten an einem Lederband scharf geschliffene Wurfringe aus Eisen. In seiner linken Hand hielt er eine Flöte, die der von Tadiel glich, aber tiefer klang. "Seid Ihr der Wächter des Feuers?", fragte Tadiel und erhielt eine mehr als verwunderte Antwort. "Ja. Man nennt mich Fadríl und ich bin, wie ihr schon sagtet der Wächter des Feuers und des Gottes Khayr. Sagt, wie heißt Ihr und woher wisst ihr über mich bescheid?" "Ich werde Tadiel genannt und war der Wächter der Quelle und somit der Wassergöttin Aglaia. Die Elfe hinter mir heißt Fenael. Gemeinsam erweckten wir Aglaia aus ihrem Schlaf und handeln nun in ihrem Auftrag, ihre Geschwister zu suchen und auch diese zu erwecken, damit sie ihren Zauber erneuern können." "Nun, das erklärt einiges, doch wie habt Ihr mich gefunden, Tadiel? Ich nehme nicht an, dass ihr durch Zufall hierher gelangt seid. Habe ich Recht?" "Aglaia gab uns einen Kristall, der leuchtet, wenn wir uns einem ihrer Geschwister nähern. Auf diese Art und Weise fanden wir her." Fenael erhob sich langsam und stützte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf Tadiel auf. "Oh nein! Bitte sagt mir nicht, dass die Verletzungen von dem Drachen stammen, den ich als Prüfung für euren Mut senden musste!" "Leider ist es so. Der Drache stürzte sich auf mich und ließ mir keine Chance, mich meiner Haut zu wehren." "Verzeiht. Ich hätte den Drachen nicht rufen sollen, auch wenn ich damit gegen meine Auflagen verstoßen hätte." Fadríl trat niedergeschlagen näher und besah sich die Wunden. Fenael versuchte, trotz der Schmerzen zu lächeln. "Wie ich sehe, tut Euch der Angriff des Drachen wirklich leid, Fadríl. Ich kann es Euch nicht verübeln, wenn Eure Aufgabe als Wächter darin besteht, diejenigen zu prüfen, die hierher gelangen. Tadiel, sei bitte so gut und rufe Aglaia, damit sie die Wunden heilen kann." "Ich fürchte, das geht im Moment nicht, meine Liebe. In der Nähe des Heims eines Gottes kann man die anderen nicht erreichen.", erklärte Fadríl. "Dann werde ich wohl warten müssen, bis Khayr erwacht ist und wir wieder aus dem Vulkan herauskommen. Also, lasst uns schnell den Feuergott wecken.", seufzte Fenael. "Wartet! Wie wollt ihr ihn denn wecken?" Der Wächter des Feuers schien überrascht. "Nun, als wir Aglaia weckten, spielte ich die Flöte, die seit Generationen in meiner Familie vererbt wird und Fenael sang. Vielleicht funktioniert es hier ja ähnlich?", erklärte Tadiel. "Ich glaube nur kaum, dass ich singen kann, wenn meine Wunden mir solche Schmerzen bereiten, Tadiel." Fenael verzog das Gesicht unter Schmerzen. "Nun, ich könnte eventuell die Schmerzen lindern, damit Ihr singen könnt, Fenael. Dazu müsstet ihr mich nur an Eure Wunden heranlassen." Fadríl wirkte, als wäre er sicher, was er tat und so stimmte Fenael zu. Sie setzte sich und der Wächter kniete vor ihr nieder. Er wirkte einige Zauber und die erhoffte Wirkung setzte bald ein. Schließlich half er Fenael auf die Beine und begann, auf der Flöte zu spielen, während Fenael die Worte sang, die ihr zu der Melodie in den Sinn kamen. Mit einem Mal begannen die Edelsteine, die in die Wände eingelassen waren zu leuchten und über dem Loch in der Kammer schwebend erschien Khayr. Er offenbarte sich in Form eines Phönix, der mit den flammenden Flügeln schlug und so einen sanften Wind verbreitete, der die Hitze ein wenig erträglicher machte. "Habt Dank, dass ihr mich erweckt habt. Ich grüße dich, Fadríl. Wie ich an dem Kristall des Wassers sehe, ist meine Schwester Aglaia bereits erwacht." Fadríl war niedergekniet und stellte Tadiel und Fenael vor. Dem Gott fielen Fenaels Wunden auf und sofort wusste er, woher diese stammten. "Sagt, schmerzen die Wunden, die der Drache hinterlassen hat sehr, junge Fenael?" Die Elfe verneinte. "Gut. Lasst sie mich dennoch heilen." Der Phönix landete vor Fenael und strich mit seinem Schnabel sanft über die Wunden, die sofort verschwanden. Fenael bedankte und verbeugte sich und der Gott wandte sich seinem Wächter zu. "Ihr seid nun von Eurer Aufgabe entbunden und dürft diesen Platz verlassen, Fadríl. Ich möchte, dass Ihr Euch Tadiel und Fenael anschließt und gemeinsam mit ihnen nach meinen Geschwistern sucht." "Sehr gern." Fadríl erhob sich wieder. "Nehmt das hier mit. Ich wünsche euch dreien viel Glück!" Aus dem Loch im Boden stieg ein rot glühender Kristall empor, der sich Fadríl in der gleichen Weise um seine linke Hand legte, wie Tadiel den Wasserkristall trug. Der Gott löste sich mit einem Feuerball in Luft auf und die Edelsteine in den Wänden hörten auf, zu leuchten. "Na dann. Lasst uns gehen, ihr beiden! Ach, und Fadríl, ich möchte Euch bitten, mich einfach zu duzen.", grinste Fenael und ging vor. "Klar, mache ich, wenn du es so willst. Aber wieso?" Fadríl stutzte. Tadiel seufzte, stieß ihm den Ellenbogen in die Rippen und sagte: "Sie ist einfach so, also fragt bitte nicht weiter nach Gründen." "Ach so. Wo wir gerade dabei sind: Dich duze ich einfach auch, Tadiel. Ist das in Ordnung?" "Ist es, Fadríl. Warum solltest du Fenael duzen dürfen und mich nicht? Also dann: Auf gute Freundschaft!" Tadiel hielt dem neuen Gefährten die Hand hin. Dieser schlug lächelnd ein und verließ dann gemeinsam mit seinen neuen Freunden den Vulkan. Draußen angekommen fiel Fenael plötzlich ein, dass sie ja mit den Pferden gekommen waren und das sie Fadríl wohl kaum nebenher laufen lassen konnten. "Ach was soll's. Dann reite ich halt bei Tadiel mit und du reitest auf meinem Pferd.", schloss Fenael und stieg hinter Tadiel aufs Pferd. Tadiel wurde ein wenig unruhig. "Halt dich gut fest, Fenael. Raca bringt mich wegen der Sache mit dem Drachen so oder so schon um!" "Wer sagt denn, das Raca das erfährt? Von den Wunden ist ja zum Glück nichts mehr zu sehen. Und erzählen werde ich es ihm bestimmt nicht." "Danke!", sagte Tadiel und wechselte zum Galopp. Als sie abends in dem Dorf ankamen, in dem sie am Morgen los geritten waren, trauten sie ihren Augen nicht. Beinahe alles lag in Schutt und Asche und hier und dort lagen Tote oder Verletzte unter noch immer brennenden Trümmern. So angestrengt sie auch suchte, Raca war nirgends zu sehen, doch Plötzlich kam ihr eine dunkle Vorahnung, was den Verbleib ihres Bruders betraf. "Nein! Bitte ihr Götter, lasst das einen Albtraum sein!", flehte Fenael und stürzte zu den Trümmern ihres Hauses. Einige der Trümmer konnte sie beiseite räumen, doch dann wurden die Trümmer so schwer, dass sie sie gerade einmal anheben konnte. Tadiel rief Aglaia und wirkte selbst einige Zauber, um bei den Löscharbeiten zu helfen, während Fadríl den Dorfbewohnern bei der Versorgung der Verletzten half. Fenael verzweifelte inzwischen völlig an einigen Trümmern, setzte sich schließlich auf einen Balken, der aus den Trümmern herausragte und begann, zu weinen. Fadríl und Tadiel sahen dies und kamen heran um Fenael dabei zu helfen, die größeren Trümmer beiseite zu räumen. Unter einem der Trümmerteile kam ein Arm zum Vorschein, der wiederum unter einem Haufen Steine und Holzstücken hervorragte. So schnell Fenael konnte, kletterte sie zu dem Haufen und begann, einzelne Teile herauszureißen und in alle Richtungen davon zuwerfen. Als ihre Tränen in die Trümmer zu fallen begannen, hielt Tadiel den Anblick, den die weinende Fenael abgab nicht mehr aus. Er begab sich zu ihr, nahm sie in den Arm und versuchte, beruhigende Worte zu finden. "He, kommt mal her und helft mir. Der Typ, der unter den Trümmern gelegen hat lebt noch!", tönte es plötzlich von der anderen Seite des Trümmerhaufens. Fadríl hatte Raca ausgegraben. Sein Körper war von lauter Quetschungen und Wunden übersät und einige Knochen schienen gebrochen zu sein. Fenael machte sich von Tadiel los und stürzte zu ihrem Bruder. "Raca! Raca! Antworte doch!", schluchzte sie und einige Tränen fielen auf das Gesicht des Verschütteten. Stöhnend kniff Raca die Augen zusammen und hustete. "Ein Glück! Raca, kannst du mich hören?" "Fenael? Bist du das?" "Ja! Tadiel ist auch hier. Und der Elf hier ist Fadríl.", lächelte Fenael und weinte vor Freude, während sie sich einen Überblick über seine Wunden verschaffte. "Fenael? Könntest du mir einen Gefallen tun und nicht ständig meine Wunden befühlen? Das tut weh, weißt du?" Tadiel war inzwischen aufgestanden und zu Aglaia gelaufen. "Aglaia? Dürfte ich Euch kurz bitten, mitzukommen?", bat er die Göttin. "Sicher. Ich bin hier so weit fertig. Um was geht es, wenn ich fragen darf?" "Ihr erinnert Euch doch sicher noch an Raca, oder?" "Der Rotschopf, der sich in der Folterkammer von Greenfield mit seinem alten Bekannten angelegt hat?" "Genau der. Nun, er ist verschüttet worden und liegt verletzt in den Trümmern seines Hauses.", erklärte Tadiel und Aglaia wurde recht besorgt. "Bringt mich bitte dorthin! Ich will sehen, was ich tun kann." Tadiel tat, was ihm gesagt wurde und die Göttin kniete neben Raca nieder. Sie besah sich Racas Verletzungen und versuchte, die Wunden zu heilen, doch nichts tat sich. "Ich kann nichts tun, verzeiht mir bitte. Vielleicht kann Khayr noch etwas ausrichten. Fadríl, ruft ihn bitte her." Fadríl faltete seine Hände, als würde er beten und beschwor den Gott. "Khayr, oh du flammender Gott des Feuers und des Mutes! Erhebe dich und beflügle unsere entmutigten Herzen!" Mit einem gewaltigen Kreischen erschien der Phönix und alle Dorfbewohner, egal wie beschäftigt sie waren, drehten sich in die Richtung, aus der der Schrei gekommen war. Der Phönix landete neben der Wassergöttin und begrüßte sie kurz. "Mein lieber Bruder, könntest du versuchen, die Wunden des jungen Mannes dort zu heilen? Ich versuchte es bereits, doch ich konnte nichts ausrichten." Die Wassergöttin klang äußerst besorgt. Khayr strich mit seinem Schnabel sanft über Racas Wunden, wie er es bereits bei Fenael getan hatte, doch es tat sich wieder nichts. "Es tut mir leid. Ich fürchte, wir können nichts für ihn tun, außer zu hoffen." Der Phönix ließ den Kopf sinken. Fenael wollte die Worte des Gottes nicht akzeptieren, stand auf und rannte davon. "Fenael... Tadiel, könntest du ihr folgen? Sie ist wahrscheinlich zum Wasserfall unterwegs.", bat der Verletzte und beschrieb Tadiel kurz, in welcher Richtung der Wasserfall lag. Tadiel kam Racas Bitte nach und folgte der Elfe. Kapitel 4: ----------- Wie Raca vermutet hatte, war Fenael zu dem Wasserfall gerannt. Sie saß auf einem glitschigen Stein direkt unter dem Wasserfall und weinte, während sie von dem Wasser, das auf sie herab fiel bis auf die Haut durchnässt wurde. Tadiel ging vorsichtig über die rutschigen Felsen, die aus dem Wasser ragten und setzte sich zu Fenael. "Weißt du wie weh es tut, dich weinen zu sehen, Fenael?" begann er. Sie antwortete nicht, doch sie hob ihren Kopf und schien ihm zuzuhören. "Manchmal frage ich mich wirklich, wie so eine liebe und vor allem hübsche Elfe so ein schweres Los ziehen musste." "Weißt du überhaupt, wie ich mich gerade fühle? Mein Bruder wird wahrscheinlich sterben und ich kann nicht einmal etwas dagegen tun." "Wie kann ich wissen, wie du dich fühlst? Alles was ich tun kann, ist dir beizustehen. Und das tue ich gern weil ich..." "Weil du was?" Fenael fuhr herum und wurde aufbrausend. "Weißt du eigentlich, was du da redest, Tadiel? Dass mich das, was du sagst auch nicht aufheitert, sondern mir nur noch bewusster macht, dass das Leben nicht unendlich ist?!" "Tut mir leid. Ich habe nur versucht, dir zu zeigen, dass es auch noch jemanden gibt, der sich um dich sorgt, oder versucht dich zu trösten, wenn es dir schlecht geht. Aber wenn du nicht willst, bitte...!" Tadiel stand auf und machte Anstalten zu gehen. "Tadiel, komm zurück. Das was ich gesagt habe tut mir leid. Es ist einfach zu..." Fenael brach den Satz ab. Tadiel war auf einem der Steine stehen geblieben und drehte sich nun um. "Wenn du wüsstest, was ich dir gerade sagen wollte, würdest du..." Weiter kam er nicht, denn er hatte den Fehler gemacht, auf den glitschigen Steinen herumzulaufen, ohne hinzusehen, wohin er trat. Tadiel rutschte ab und wurde von der Kraft, die das herabfallende Wasser hatte, tief unter die Oberfläche des Sees gedrückt. "Tadiel?" Fenael hörte durch das laute Rauschen des Wassers nur ein leises Platschen und drehte sich um. Als sie Tadiel nicht sah, wurde ihr bewusst, dass er unter Wasser sein musste und sprang hinter ihm her. Dank der Strömung hatte sie Tadiel schnell erreicht und zog ihn nun zum etwas seichteren Ufer und von da aus an Land. Der Elf hielt zwar nur die Luft an, doch für Fenael musste es so aussehen, als wäre er bewusstlos oder schlimmeres. Sie begann mit einer Mund-zu-Mund-Beatmung und wunderte sich, als Tadiel plötzlich die Arme um sie schlang. Beinahe sofort löste Fenael sich von ihm und verpasste ihm mit gerötetem Gesicht eine Ohrfeige. "Au! Verdient hab ich die Ohrfeige ja, aber musstest du gleich so fest zuschlagen?!", sagte er, während er sich die schmerzende Wange hielt und Fenael ansah. "Du Idiot! Musst du mich so erschrecken?!", sagte die Elfe. "Immerhin weinst du jetzt nicht mehr! Also hat der Scherz, auch wenn er wohl nicht gerade lustig war, erreicht, was ich wollte.", grinste Tadiel mit einer stark geröteten Wange und rückte ein wenig näher an Fenael heran. "Was sollte diese Aktion eigentlich?", fragte Fenael. "Welche Aktion?" "Wieso hatte ich auf einmal deine Arme um mich, als ich dir eben helfen wollte?" "Ach das... Das war spontan. Du hast mich ja nicht ausreden lassen, also hab ich meinen Satz so zu Ende geführt." Fenael sah ihn verwirrt an und fragte, welchen Satz er meinte. "Ich stehe dir gerne bei, weil ich..." Tadiel lief rot an und begann zu stammeln. "Ja? Ich höre.", sagte Fenael und rückte näher an den Elfen heran. Anstatt seinen Satz zu beenden küsste er Fenael. Als das junge Paar spät in der Nacht in das zerstörte Dorf zurückkehrte, waren die ersten Toten bereits begraben worden. Wie viele Tote es gegeben hatte, wurde erst bei Tageslicht sichtbar. Fenael wollte zusammen mit Tadiel nach ihrem Bruder sehen, doch in der Hütte, die den Verletzten als Unterkunft diente und wie durch ein Wunder fast unbeschädigt war, sagte man ihnen, dass Raca nicht da sei. "Wo ist Raca denn hin?", fragte die Elfe. "Er sagte, er wolle sich am Wasserfall entspannen." So schnell sie ihre Beine trugen, rannten die beiden zum Wasserfall. Dort, auf dem Stein, auf dem Fenael am Vorabend gesessen hatte, saß Raca und ließ sich den Rücken von dem Wasserfall massieren. Er hatte die Augen geschlossen und sah die beiden Elfen daher nicht näher kommen. "Sag mal, Raca? Ist das denn nicht schlecht für deine Wunden, wenn dir das Wasser auf den Rücken schlägt?", fragte Tadiel besorgt und Raca erschrak dermaßen, dass er beinahe abgerutscht wäre. "Guten Morgen ihr beiden! Nanu? Hand in Hand? Habe ich etwas verpasst?" Raca grinste zwinkernd und ließ sich weiter den Rücken massieren. "Nein, du hast nichts verpasst, was du nicht schon ahnst. Und jetzt beantworte Tadiels Frage!", sagte Fenael. Der Rotschopf seufzte, stand auf und trat unter dem Wasserfall hervor. "Welche Wunden?!" Den Elfen klappten die Kiefer herunter, als sie sahen, dass tatsächlich alle Wunden, Quetschungen und Knochenbrüche, die Raca noch am Vorabend Schmerzen bereitet hatten über Nacht verheilt waren. "Sieht ganz so aus, als hätten die Götter doch etwas bewirkt. Nur hat sich ihre Magie wohl zuerst um die inneren Verletzungen gekümmert und wurde daher nicht sofort sichtbar." Fenael strahlte und war mit einem mal so glücklich, das sie Raca an den Hals sprang und mit ihm zusammen ins Wasser fiel. Tadiel stand noch immer auf dem Stein und überlegte, ob er hinterher springen sollte, doch da tauchten die Geschwister schon wieder auf und schwammen an Land. Seufzend folgte Tadiel ihnen und setzte sich zu ihnen in das Gras, das den Uferhang bedeckte. "Was habt ihr jetzt eigentlich vor? Ich denke mal, dass ich eine Weile im Dorf bleiben und beim Wiederaufbau helfen werde.", sagte Raca und warf dem Pärchen einen fragenden Blick zu. "Wir werden wohl oder übel nach den anderen Göttern suchen müssen. Aber ein, zwei Tage werden wir schon noch bleiben können, nicht wahr?", sagte Tadiel und sah Fenael verliebt an. Ihrem Bruder wurde es zu viel und er stand auf. "Ich glaube, ich lasse euch Turteltäubchen besser allein.", verabschiedete der Rotschopf sich und verließ die beiden in Richtung Dorf. "Ich freu mich so, dass es Raca wieder gut geht. Ich weiß gar nicht, was ich gemacht hätte, wenn....", sagte Fenael, doch Tadiel hielt ihr sanft den Mund zu. Er schüttelte mit dem Kopf und ließ sich ins Gras fallen. Kaum lag er, schloss er die Augen. Fenael, die Tadiel mit ihren Blicken gefolgt war, lächelte und legte ihren Kopf auf seine Brust, als er beinahe eingeschlafen war. Eine Weile lauschte sie seinem ruhigen Herzschlag und schlief schließlich ein. Tadiel lächelte und lauschte ihrem Atem, doch nach wenigen Augenblicken schlief auch er. Währenddessen begann im Dorf der Wiederaufbau der Häuser. Die Männer zogen in die Wälder um Holz für den Bau der Hütten zu schlagen, während die Frauen sich um die Zubereitung einiger Stärkungen für die Arbeitenden kümmerten. Am späten Nachmittag sandte man Fadríl los, um die beiden anderen Elfen zurück zu holen, doch als er am Fluss ankam, planschten die beiden ausgelassen im Wasser. Fenael bemerkte Fadríl und spritzte ihn nass, als er sich am Ufer niederließ und seine Freunde beobachtete. Fadríl tat wütend und sprang kurzerhand ins Wasser, wo er sofort in die Wasserschlacht einbezogen wurde. Als Fadríl am Abend noch nicht zurückgekehrt war, ging Raca ebenfalls zum Fluss und fand er drei Elfen vor, die völlig durchnässt und müde am Ufer lagen und lachten. Der Rotschopf räusperte sich und bat die drei, zurück zum Dorf zu kommen, da die Dorfbewohner mit dem Essen auf sie warten würden. Er konnte gar nicht so schnell hinterher sehen, wie die Elfen sich erhoben hatten und nun zurück zum Dorf stürmten, wo die meisten Häuser bereits wieder bewohnbar waren. In der Dorfmitte saßen alle am Lagerfeuer und einige Kinder jubelten, als die Elfen endlich eintrafen. Die Frauen hatten deftige Suppen gekocht und Brote gebacken, die nun von vielen hungrigen Mäulern verschlungen wurden. Nach dem Mahl traute sich Fenael eine Frage zu stellen, die auch ihren Begleitern auf dem Herzen gelegen hatte, die sie jedoch nicht hatten aussprechen wollen. "Was ist hier eigentlich passiert?", wandte sich an ihren Bruder. Mit einem Male war es totenstill auf dem Platz und auch die Grillen, die bis dahin in den Feldern vor sich hin gezirpt hatten verstummten. Raca sah seine Ziehschwester mit offen stehendem Mund an und schien zu glauben, sich verhört zu haben. Plötzlich trat ein älterer Herr an die junge Elfe heran und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Er schüttelte sanft den Kopf und Fenael begann zu verstehen. Sie nickte und fragte nicht weiter nach dem Grund für die Verwüstung des Dorfes. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)