Rote Augen von abgemeldet (Die Fortsetzung von Familienbande) ================================================================================ Kapitel 4: Wiedersehen ---------------------- 76 Jahre waren seit meiner Verwandlung nun bereits ins Land gezogen. 76 Jahre Vampirleben. Schon lange waren Bella und ich nicht mehr die Kleinen, auf die man aufpassen musste. Apropos Bella… sie hatte vor geraumer Zeit (etwa vor fünf oder sieben Jahren) den Vorschlag gemacht, nach Forks zurückzukehren. Sie wollte wissen, wo sie herkam und wo sie verwandelt wurde und obwohl Edward ihr viel von Forks erzählt hatte, waren die Erinnerungen nicht zurückgekehrt. Carlisle und Esme waren nun zu dem Schluss gekommen, dass es wahrscheinlich ungefährlich war, nach Forks zu gehen. Die Leute, die sich erinnern konnten, waren mit höchster Wahrscheinlichkeit tot oder so gut wie tot und die, die noch lebten, waren damals zu jung gewesen, um sich an diese unheimliche, blasse Familie mit den topasfarbenen Augen zu erinnern. Esme hatte das Haus innerhalb weniger Stunden wieder hübsch hergerichtet. Es sah haargenau so aus, wie das, in dem ich vom Geheimnis der Cullens erfahren hatte. Wir gingen bereits seit einer Woche wieder in Forks zur Schule und hatten bestürzt feststellen müssen, dass sich rein gar nichts verändert hatte. Edward bemerkte den noch immer rissigen Putz und grinste, als wir nach einer Woche zum ersten Mal die Cafeteria nutzen. Wir setzten uns mit den Tabletts – reine Requisiten – an einen Tisch, der ziemlich am Rande stand und schwiegen. Edward und ich unterhielten uns kurz tonlos, dann begannen wir damit, uns umzuhören, ob wir beobachtet wurden – was selbstverständlich der Fall war. Viele bewunderten die sieben Geschwister, die scheinbar mit einer natürlichen Schönheit gesegnet worden waren, aber kein einziger rechnete sich reale Chancen aus. Rosalie, Emmett, Jasper und Alice spielten dieses Mal ältere Schüler, Bella und Edward waren angeblich etwas jünger und ich war das Nesthäkchen. Rosalie und Jasper verließen bald die Cafeteria mit ihren unberührten Tabletts und ich ging ihnen bald hinter her, um mich auf den Schulhof zu setzen. Als es zur nächsten Stunde, Biologie, läutete, stand ich auf und ging los. Ich kam in den Raum und setzte mich an den gewohnten Platz in der letzten Reihe, wo ich einen Tisch für mich allein hatte. Ein Junge setzte sich neben mich, aber ich ließ mir meine Verwunderung nicht anmerken. ‚Wenn ich mich neben sie setze, müssen wir uns unterhalten. Angeblich machen wir heute wieder praktische Arbeit… Wir müssen dann ja zusammenarbeiten…’ ‚Denkste’, dachte ich bissig und räumte die Bücher zurück auf meine Hälfte. „Hi, ich bin Andrew“, sagte er. Er wartete wohl darauf, dass ich mich vorstellte, aber ich tat nichts dergleichen. „Und wie heißt du?“, fragte er schließlich, sodass ich antworten musste. „Mein Name ist Faye“, sagte ich betont uninteressiert, aber es schien ihm zu entgehen. „Ihr seid eine ganz schön große Familie“, stellte er fest. „Ja, das sind wir.“ „Und… wo kommt ihr her?“ Ich sah ihn kurz genervt an. „Alaska“, antwortete ich knapp, was nicht einmal wirklich gelogen war. Wir waren wirklich für einige Wochen in Denali gewesen, bevor wir nach Forks zurückkehrten. „Brr, ist das da nicht kalt?“ Ich zog die Augenbraue an. „Kann schon sein…“ Der Lehrer kam in den Raum, Andrew schwieg und ich machte mich auf eine langweilige Stunde gefasst. Mich hätte es nicht gewundert, wenn er irgendein Enkel Mr. Banner gewesen wäre. Er war nicht der intelligenteste und sein Unterricht war auch für die anderen, die noch keinen Doktortitel hatten, elendig langweilig. Entgegen Andrews Vermutungen hatten wir keine praktische Arbeit sondern trockene Theorie und kaum, dass es klingelte, verließ ich den Raum. Andrew hatte jedoch noch eine weitere Stunde mit mir, also setzte ich mich so, dass er sich unmöglich neben mich setzen konnte – es sei denn, er wollte auf dem Boden sitzen. Nach dem Unterricht warteten Rosalie, Emmett, Jasper und Alice bereits am Auto auf mich. „Wo sind denn Bella und Edward?“, fragte ich. „Bella will das Haus sehen, in dem sie lebte. Edward begleitet sie“, erklärte Emmett und ich setzte mich hinters Steuer. Edward und ich waren nicht nur die Wächter der Familie, wie Edward es nannte, sondern auch die Fahrer. Im Rückspiegel bemerkte ich, dass dieser Andrew immer noch hoffnungsvolle Blicke in unsere Richtung warf, aber ohne weiter nachzudenken, lenkte ich das Auto aus der Parklücke und fuhr los. „Was ist denn mit dir los?“, fragte Emmett, der neben mir saß, als wir am Haus ankamen – in Rekordzeit. „Nichts, ich wollte nur schnell weg…“ „Wie kommt’s?“ „Ein ungewünschter Verehrer“, knurrte ich. Emmett und Alice lachten, als ich mein Wagen neben Carlisles parkte. „Nanu? Warum ist Carlisle denn schon da? Ich dachte, er müsse arbeiten.“ Die anderen zuckten mit den Schultern und als wir ausstiegen, hörte ich die Stimmen im Haus. Obwohl ich sie seit längerem nicht mehr gehört hatte, erkannte ich sie sofort. Jasper hörte sie scheinbar auch und sein Blick sprach Bände. In Null Komma Nix war er an der Tür und stürmte herein. Alice dicht hinter ihm. Emmett, Rosalie und ich folgten ein wenig unsicher, ob wir wirklich wissen wollten, was drinnen geschah. Ich öffnete die Tür und mein Blick fiel sofort auf Glenn. ‚Was tut er hier?’, dachte Rosalie und ich zuckte nur mit den Schultern. Jetzt erst fiel uns auf, dass er verletzt war, zumindest glaubte ich das. Er lag bewusstlos auf dem Sofa, sein schwarzes Haar war zerstrubbelt und die Augen geschlossen. Carlisle saß neben ihm und wirkte recht ratlos. Esme stand ebenso ahnungslos daneben. „Was ist los?“, fragte ich und drängte mich an Jasper vorbei. „Er stand plötzlich vor der Tür“, erklärte Esme. „Er hat irgendetwas gemurmelt und ist dann ohnmächtig geworden.“ Ich hockte mich neben ihn und begutachtete ihn eingehend. Seine Augen bewegten sich unter den Lidern, fast so, als träume er. Ich schmunzelte über meine Gedanken, weil Vampire nicht träumen konnten, weil sie auch nicht schliefen, aber dann fiel mir auf, dass ich nicht wusste, wie es mit Bewusstlosigkeit war. Carlisle stand auf. „Ich muss zurück ins Krankenhaus“, sagte er. „Scheinbar kann ich ja nichts für ihn tun.“ Seine Stimme klang belegt. „Es sollte aber immer jemand bei ihm sein, falls etwas passiert“, fügte er noch rasch hinzu, dann war er schon so gut wie verschwunden. „Ich bleibe erstmal hier“, sagte ich, ehe ich annähernd darüber nachgedacht hatte. Um zu wissen, was die anderen dachten, brauchte ich nicht einmal ihre Gedanken lesen. Erschrocken sahen sie mich an und ich suchte rasch nach einer plausiblen Erklärung. „Ich meine… also… ihr wolltet doch noch weg, Emmett und Rosalie… und…“ Rosalie lächelte mich froh an. „Das ist lieb von dir. Komm, Emmett, sie hat Recht, wir wollten doch noch in die Stadt.“ Sie zog Emmett aus dem Haus. Alice nahm Jaspers Hand. „Komm, wir sollten jagen gehen“, murmelte sie. „Die nächsten Tage wird das Wetter sowieso besser, da können wir also ohnehin nicht zur Schule…“ Widerwillig ließ Jasper sich fortziehen, jedoch nicht ohne Glenn noch einen wütenden Blick zuzuwerfen. Esme sah auf die Uhr. „Ehrlich gesagt, müsste ich auch wieder zur Arbeit.“ „Kein Problem, sobald sich hier etwas tut, rufe ich Carlisle an. Er wird mich wohl kaum beißen“, scherzte ich. Esme seufzte leise. „Na gut, wie du meinst.“ Sie gab mir noch einen mütterlichen Kuss auf die Stirn, dann verließ auch sie das Haus. Ich zog das Sofa ein wenig heran und setzte mich darauf, während ich Glenn beobachtete. Noch immer bewegten sich die Augen und langsam hatte ich wirklich den Eindruck, er träume. Sein Mund öffnete sich leicht und er murmelte etwas. Ich beugte mich näher heran, um zu hören, was er sagte, aber er sprach nicht mehr. Ich lehnte mich wieder zurück, als er wieder etwas sagte. Ich beugte mich wieder vor, aber er verstummte. Das Spielchen wiederholte sich ein paar Mal, bis ich es leid war und die Beine überschlug. „Faye…“ Ich erstarrte und sah den ohnmächtigen Glenn schockiert an. Ich beugte mich wieder vor. „Du bist gar nicht bewusstlos, richtig?“, flüsterte ich ihm zu und kam mir seltsam albern vor. Keine Antwort. „Hey, ich hab dich was gefragt…“ Er reagierte immer noch nicht. Mit etwas festerer Stimme sagte ich: „Dann halt nicht.“ Er zuckte zusammen, was ein Zusammenzucken meinerseits als Folge hatte. „Ich werde aus dir echt nicht schlau“, maulte ich und beobachtete ihn. Ich nahm seine Hand und betrachtete seine langen, filigranen Finger, die genauso hart und kalt wie meine waren. „Weißt du…“, murmelte ich, sprach dann allerdings nicht weiter. Ich bewegte seine Finger hin und her. Egal, wie alt ich war, wenn mir langweilig wurde, wurde ich immer seltsam verspielt. So kam es im Laufe der Zeit, dass Glenn sich selbst Hasenohren zeigte, Fingergymnastik machte oder sonst was tat. Irgendwann wurde mir aber auch das zu langweilig und ich begann Löcher in die Luft zu starren. Die Tür ging auf und geräuschlos kamen Edward und Bella herein. „Hallo Faye. – Was macht der denn hier?“ Edward kam misstrauisch auf uns zu. „Hat er uns noch nicht gesagt. Er tauchte plötzlich und aus heiterem Himmel hier auf.“ „Einfach so?“ Ich neigte den Kopf leicht von einer zur anderen Seite. „Einfach so. Bella, kannst du mir sagen, wie es ihm geht?“, fragte ich. „Es geht ihm alles andere als gut. Soviel kann ich sagen…“ „Und wo sind die anderen?“, wollte Edward wissen. „Ich hab sie fortgeschickt. Esme und Carlisle müssen arbeiten, Alice und Jasper sind jagen, damit Jasper sich beruhigt und Rosalie und Emmett hatten noch etwas vor. Ich passe freiwillig auf ihn auf.“ Bella und Edward sahen mich mit durchdringenden Blicken an, aber ich hatte gelernt, mich abzuschotten und nur das zu denken, was ich wollte. Kein unangenehmer Gedanke ging mir momentan durch den Kopf. Bella jedoch konnte ich nichts vormachen. „Wird ihm bald schon wieder gut gehen“, meinte sie und Edwards Blick wanderte zwischen uns beiden umher. „Was geht denn hier ab? Verschweigst du mir etwas, Faye?“ Ich sah ihn unschuldig an. „Nein, wieso sollte ich? Außerdem sollst du nicht immer ungefragt meine Gedanken lesen.“ „In einem Raum mit einer anderen Person – den da können wir wohl kaum mitzählen und Bellas Gedanken kann ich nicht lesen – ist es reichlich schwer, die Gedanken der anderen auszuschalten. Das weißt du genauso gut wie ich – außerdem hast du doch sonst auch nichts dagegen. Warum bist du also so zickig?“ Ich ignorierte ihn. „Glaubt ihr, wenn einer von uns bewusstlos ist, können wir träumen?“ Beide sahen mich verwundert an. „Wie kommst du darauf?“ Bella kam zu mir herüber und beugte sich über meine Schulter. „Sieh mal, seine Augen bewegen sich unter den Lidern… wie bei Menschen, wenn sie schlafen. – Außerdem hat er vorhin etwas gemurmelt.“ „Konntest du verstehen, was er sagte?“, fragte Edward. „Nein“, log ich rasch. Edward runzelte bloß die Stirn. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)