Internats-Chaos von abgemeldet (Now Join everyone) ================================================================================ Part 3 - Just some stuff named school - Erster Teil --------------------------------------------------- *Akio’s p.o.v* Es gibt im Leben eines jeden Schülers einen Tag, den er ganz besonders hasst - mehr noch als alle normalen Tage, an denen er zur Schule gehen muss, an das Mitleid, das man von allen anderen bekommt, gewöhnt man sich irgendwann - und das ist der erste Schultag. Denn man kann sich doch wirklich nichts Schöneres vorstellen, als nach Wochen des Friedens wieder in der Krieg ziehen zu müssen - hört sich drastisch an, ist aber so - und endlich wieder mehr über die Dinge zu erfahren, von denen niemand etwas wissen will und die uns unser Leben lang begleiten werden - zwar in der Schublade "Verbannt aufs lebenslänglich - Bitte füttern aber nie benutzen", aber immerhin -. Und heute ist mal wieder so ein Tag, an dem ich mir wünsche - und ich weiß, dass 99,99% aller Schuldpflichtigen unter 20 Jahren mir beipflichten, der Rest heißt Streber und sitzt in der zweiten Reihe - dass ich einmal zu meiner Entscheidung stehe und einfach liegen bleibe, wenigstens einmal. Grundsätzlich gibt es auch mehrere Arten, geweckt zu werden - jemanden in den Unterricht schleifen, der eigentlich noch schläft und dann darauf warten, dass der Lehrer ihm den Gnadenwachstoß gibt, gehört nicht in die Kategorie Weckmanöver - und ich bevorzuge eigentlich die, einen Wecker zu hören, der nicht gerade im Stimmbruch steckt - also weder das verrostete alte Teil, das meine Mutter mir eingesteckt hat, noch mein kleiner Bruder und ich meine im Übrigen nicht Ayaro, nein, ich habe noch einen anderen kleinen Bruder. Ich bin im Detail genau 7 Minuten älter als Ayaro, es ist immer gut zu wissen, dass es immerhin 7 Minuten gab, in denen man einfach da und die Welt noch in Ordnung war - was leider darauf hinausläuft, dass ich bis früh morgens ausschlafe, also bis circa 14 Uhr. Schon jetzt, nachdem ich gerade mal einen so kleinen Bestandteil des kommenden Schuljahres hinter mir habe, dass ich ihn mit meinem nicht allzu komplexen mathematischen Grundwissen nur schwerlich berechnen könnte, habe ich gestrichen die Nase voll - und sie juckt auch schon -. Vorne steht so ein Nichtnutz von verzweifeltem Ex-Akademiker und versucht uns desorientiert zu erklären, wie wichtig doch dieses Schuljahr für unsere zukünftige Bildungslaufbahn ist - komisch, das habe ich bis jetzt in jedem meiner 11 Schuljahre gehört, wie merkwürdig und mal ganz ehrlich: Wer von denen, die hier sitzen, hat schon eine Zukunft mit Bildung?! - und ich warte mit Freude auf die Zeit, in der die Tomaten reif werden oder viel eher auf die Zeit danach, wenn wir wieder was zu werfen haben. Natürlich geht es in der ersten Stunde wirklich ausschließlich um organisatorische Dinge und diesen Gang hätte ich mir echt sparen können, da unser Klassensprecherstreber uns das bei Nachfrage sogar noch ausführlicher erläutern kann als der verruchte Ex-Akademiker - Strafspezialist Fachgebiet Folter -, da er selbstverständlich Wort für Wort mitgeschrieben und Bindestriche wahrscheinlich ausgeschrieben hat. Gelangweilt überlege ich, einen Blick zur Uhr zu werfen, doch dann erinnere ich mich plötzlich, dass wir uns im Raum unseres ehemaligen Biologieprofessors - wie verfluche ich den Idioten noch heute - befinden und das bedeutet, daraus wird nichts. Es ist ja ein allzu bekanntes Phänomen - eigentlich ist es gar keines mehr, weil es einfach zu alltäglich dazu ist - dass Schüler - egal ob unterfordert, überfordert oder einfach nur anwesend - sehr häufig dazu neigen, bei Langeweile dauernd auf die Wanduhr zu sehen. Dagegen kann man Folgendes unternehmen: Entweder, man nimmt die Uhr ab oder man denkt sich etwas Clevereres aus. Unser Ex-Biologe - Fachgebiet Überreizung der menschlichen Nervenzellen - hat sich für letztere Variante entschieden und einfach noch ein paar Uhren dazu gekauft, bis später ungefähr 25 quer im Raum verteilt hingen, die allerdings alle auf verschiedene Zeiten gestellt waren - ein Klassenraum, in dem die Zeit noch irrsinniger verläuft als in allen anderen sowieso schon -. Jetzt hat er sich natürlich nicht dafür entschieden, die verschiedenen Zeitzonen anzeigen zu lassen, sondern er hat kleinere Unterschiede gewählt, die es einem nahezu unmöglich machen, die richtige zu finden, ohne dabei nachdenken zu müssen - und nachdenken ist im Unterricht strikt untersagt -. Es gibt noch eine andere Lösung für das Problem, die stammt von unserem Geschichtslehrer - Fachgebiet psychologische Kriegsführung - und war dadurch gekennzeichnet, dass die einzige Uhr an der Rückseite des Raumes hing. Dies hatte zur Folge, dass man sich umdrehen musste, um zu erfahren, wie spät es ist - was wiederum sofort bestraft wurde -. Da Schüler ja aber nicht unbedingt dumm sind und zumindest gute Beobachter, fiel uns schnell auf, dass sich der Herr Lehrer fast ausschließlich in Höhe der zweiten Reihe bewegte, die in der ersten mussten sich also umdrehen, um ihn sehen zu können - was dieser sogar immer forderte - und konnten dann den anderen kinderleicht mitteilen, was sie wissen wollten. Lehrer sind vielleicht nicht blöd - nur minderbemittelt solch einen Beruf zu wählen - aber bekanntlich tun ihnen ihre Schüler ihr Verhalten ja nach und dementsprechend sind auch wir nicht von Hintermorgenvorgestern. Da ich aber immer noch einen gewissen Zeitdrang verspüre, fahre ich kurzerhand meinen rechten Ellenbogen aus, den mein allerliebstes - ähem - Brüderchen zufällig in die Rippen bekommt. "Wie spät?", frage ich, ohne auch nur ansatzweise die Stimme zu senken und beobachte mit Freuden, wie Ayaro gekonnt theatralisch - wie beide waren letztes Jahr zusammen im Kurs "Darstellendes Spiel" und es hat sich wahrhaftig gelohnt - den schwer Verletzten mimt, so als hätte ich ihn eben nicht angestupst, sondern ihm vielmehr ein Messer - Klinge ca. 1,50 m - in die Seite gehievt und einmal durchgeschlitzt, aber ganz ehrlich, schon am ersten Tag zu simulieren, um einen kleineren oder bei seinem Talent auch mittleren - er ist echt verdammt gut geworden - Aufenthalt auf der Krankenstation zu ergattern, finde ich dann doch ein wenig übertrieben. Immerhin gibt es noch genug andere Schultage, an denen man die Gelegenheit ergreifen und sich dort häuslich einrichten kann. "Ich hab meine Uhr vergessen", murmelt Aya zurück und schaut verzweifelt drein, was mir anzeigt, dass ich nicht der Einzige bin, der die Zeit sucht. "Dann frag eben Kyo", so schwer wird es ja nicht sein, immerhin sitzt er neben dir, Brüderchen! *Aya’s p.o.v* Nach Akio's Anfrage drehe ich mich Hilfe suchend zu Kyo, doch schon ein kurzer Blick in Richtung seines Handgelenkes verrät mir, dass Fragen sinnlos, überflüssig und da ich es mit ihm zu tun habe, im Falle der Sinnlosigkeit auch gefährlich wäre. Dementsprechend wende ich mich wieder zu meinem Zwillingsbruder und schüttele resigniert den Kopf. Als ich seinen Blick auffange, wird mir klar, dass es vielleicht doch besser gewesen wäre, mir einfach auszudenken, wie spät es ist, denn auch Akio kann ganz schön brutal werden und das nicht nur, wenn es um seinen heiß geliebten Block geht - ehrlich, eine Beziehung zwischen den beiden würde mich nicht mal mehr aus der Fassung bringen, es ist einfach schon zu offensichtlich -. „Kannst du dir etwas Langweiligeres als das hier vorstellen, mein Engel?“, mit einem liebevollen Lächeln widme ich meine volle Aufmerksamkeit wieder Kyo - dem „Unterricht“ zu folgen ist im Moment sowieso total zwecklos -. „Ja“, übrigens: ja, ich weiß, er war schon immer der Meister des kühnsten Sprachgebrauchs. „Und was, wenn ich mir diese Frage erlauben darf?“, nein, ehrlich, ich weiß auch nicht, wann ich so hochtrabend geworden bin. „Du darfst“, Achtung, dies ist keine Schleichwerbung für gewisse Pseudo-Produkte, denn wir machen alles ganz offen und so schnell, dass es keine Schleichwerbung mehr ist. „Also?“ „Was also?“, ich wünschte mir, ich hätte jetzt Biologie, denn mir brennt eine Frage auf der Magenschleimhaut: Wie kurz kann so ein Kurzzeitgedächtnis eigentlich werden?! (Anmerkung der Autorin: Wenn ich mir meins so ansehe: Verdammt kurz!!) „Na was noch langweiliger als das hier sein soll?“, wiederhole ich, aus Rücksicht gegenüber meiner Wirbelsäule, die im Moment leider keine Lust hat, mehrfach gebrochen zu werden. „Das und dabei nicht zu wissen, wie lange die Tortur noch dauert“, antwortet Kyo ruhig und kritzelt etwas in sein Heft. Dann reißt er einen kleinen Zettel ab, schreibt wiederum etwas darauf, faltet ihn zusammen und lehnt sich nach hinten. „Akio!“, die Vorsicht in Persona ist er nun wirklich nicht gerade. „Was denn?“, wie gerne würde ich jetzt den Kopf auf den Tisch fallen lassen, einfach um bekennen zu können, wie dämlich auffallend Trotteldi 1 - Kyo links neben mir - und Trotteldi 2 - Akio zu meiner Rechten - doch sein können. Und auch, um anzuzeigen, dass ich nichts mit dem zu tun habe, was die da machen. „Hier“, okay, wie viele ein- oder auch zweiwörtrige Sätze waren das innerhalb der letzten zwei Minuten? Mein Brüderchen nimmt den Zettel entgegen und fragt: „Was steht da drin?“ Hat er das gerade wirklich gefragt oder muss ich mal wieder zum Schulpsychologen?! (Anmerkung: Dieser Dialog hat mal tatsächlich stattgefunden, als ich einen Zettel geschrieben und jemandem gegeben habe, meine dieser Jemand tatsächlich: „Was steht da drin?“...Mhmmm...wie wär es mit: Aufmachen und lesen, so Buchstabe für Buchstabe?!) „Lies ihn einfach!“, brummt Kyo und wendet sich wieder dem Fenster - das doppelte Sicherheitsglas scheint heute noch interessanter als sonst zu sein - zu, was ich dann doch etwas schade finde, denn er könnte sich ja genauso gut mir - ich bin mindestens so spannend wie ein bisschen Glas, und durch Akio gibt es mich auch in einer doppelten Sicherheitsvariante - zuwenden. *Kyo’s p.o.v* Ich bemerke Ayaro’s fordernden Blick sehr wohl und kann mir vorstellen, was in seinem - heute mal relativ aktivem - Kopf vorgeht. Klar, die Ferien waren lang und wahrscheinlich wäre es wirklich gut, wenn wir mal wieder ein bisschen Zeit zusammen verbringen würden, aber man sollte es ja nun auch wieder nicht übertreiben, schließlich ist das Jahr noch lang - nahezu endlos lang -. Ich erinnere mich, dass ich auch im Zug über unsere „Beziehung“ nachgedacht habe und dass ich damals - es war erst gestern! - zu dem Schluss gekommen bin, dass ich das alles irgendwie merkwürdig finde. Ja, okay, ich war einsam und habe mich nach ein bisschen Verständnis gesehnt und das hat er mir als mein bester Freund ja auch vorher schon geschenkt, aber musste es denn wirklich so enden? Ich meine, wenn er nicht so ein Kuschelmonster - wie ein Plüschtier - wäre, würden wir uns wahrscheinlich nicht mal ansatzweise berühren und viel mehr als eine hauptsächlich körperliche Beziehung verspreche ich mir davon auch nicht. Das klingt natürlich jetzt hart ihm gegenüber, aber so wie Aya drauf ist, findet er schnell Ersatz für mich - ich bin ja sowieso sehr leicht zu ersetzen -. Ich versuche, keinen weiteren Gedanken daran zu verschwenden, sondern widme mich dem, was in dem kleinen Brief an Akio stand. Mich würde wirklich zu sehr interessieren, ob Herr Tsukade noch unterrichtet. *Akio’s p.o.v* Nachdem ich den Inhalt des Zettels identifiziert bzw. vielmehr entziffert - Kyo hat nicht unbedingt das, was man eine lesbare Handschrift nennen könnte, eigentlich passt nicht mal der Begriff Handschrift -, läuft es mir eiskalt den Rücken herunter. Ich habe bereits geahnt, dass Kyo genau das wissen will, aber dass er schon am ersten Schultag fragt, dass ist doch etwas sehr früh - auch für seine Verhältnisse -. Unterrichtet Tsukade noch? Kyo Ja, natürlich, sprachgewandt ist er vielleicht nicht unbedingt - vielmehr ist er die lebendig gewordene Horrorvorstellung eines jeden Deutschlehrers -, aber dieser Satz würde ausreichen, um sowohl Nikolai, Ayaro als auch mich sofort in Alarmbereitschaft zu versetzen. Ich möchte es Kyo ja wirklich nicht unterstellen, aber ich glaube, er hat ganz einfach...Angst. Seufzend drehe ich mich zu Nikolai um und flüstere ihm die Frage ins Ohr. Dass wir nun schon eine ganze Weile zusammen sind, hat den Vorteil, dass wir uns mit sehr wenigen Worten ziemlich gut verstehen. Auf keinen Fall darf dieser verblödete - ich will ihm ja wirklich nicht zu nahe treten, aber es ist eben einfach so - Ex-Akademiker mitbekommen, was wir hier besprechen wollen, sonst können wir schon mal unser Testament aufsetzen - in diesem Falle aber schriftlich -. Auch mein Freund neben mir ist wie erstarrt, als er die Frage hört, bis er sich endlich - ich danke Gott, denn der Beginn einer Reaktion ist wie eine Befreiung aus dem Zustand der Erstarrung, der auch mich erfasst hat, und ich fange doch tatsächlich an, um seine Antwort zu beten - langsam zu mir wendet, mir lange direkt ins Gesicht schaut und schließlich - wie in Zeitlupe - resigniert nickt. Meine Hand fährt sofort über meinen Pulloverkragen, eine Bewegung, die zwar inzwischen nicht mehr allzu oft vorkommt, aber wenn, dass sitze ich entweder in einer aussichtslosen Prüfung fest - letztes Jahr hab ihr mir bei der Hälfte aller Oberbekleidungsstücke die Kragenpartie aufgerissen - oder ich muss sehr - sehr - vorsichtig sein und im Moment fürchte ich, Letzteres ist der Fall. Das schlichte, silberne Kreuz mit den winzigen blauen Fäden ruht eiskalt in meiner es umschließenden Hand. Ich mag meinen Glauben an Gott zwar schon vor langer Zeit verloren haben, aber an die Kraft von Symbolen - zwar nur von bestimmten - glaube ich immer noch und bis jetzt hat es mir eigentlich immer geholfen. Ich drehe mich zu Kyo und rufe seinen Namen. Als er es bemerkt, sehe ich, wie seine Augen in kaltem Azurblau aufblitzen - ein absolut untrügliches Zeichen für aufkommende Wut - und er sich wie in Zeitlupe bewegt. Irgendwie bin ich in diesem Moment - er kommt mir verdammt unendlich vor - nicht imstande, meinen Kopf - ich verfluche diesen ausnahmsweise mal für seine Standhaftigkeit - zu einem Nicken zu überreden, aber Kyo hat alles - zu meinem Glück, sodass mir ein Betonklotz vom Stein fällt - bereits an meinem Blick erkannt. Sofort wendet er sich wieder ab und starrt gedankenverloren - oder vielleicht mit noch mehr Gedanken als sonst - auf die zugegebenermaßen nicht allzu hübsche Landschaft. Den verzweifelten Versuch des mir äußerlich sehr ähnlichen Aya’s, Kontakt zu Kyo herzustellen - er ist so eine ausgeprägte Sozialschleuder, das geht ja bald gar nicht mehr - beobachte ich und stelle fest, dass er komplett misslingt. *Kira’s p.o.v* Das Getuschel, welches dezent - können die überhaupt leise reden?! - aus der dritten Reihe zu mir dringt, versuche ich, ebenso dezent, zu ignorieren, was mir nur mehr oder minder gelingt. Leiderwegs gehöre ich zu der Sorte Homo sapiens sapiens, die nicht - ich wiederhole nochmals: NICHT - in der Lage ist, sich bei allzu lauten Hintergrundgeräuschen - ausgenommen diverser Schreimusik, wie meine Mutter sie zu nennen pflegt - zu arbeiten und im Moment scheint es mir noch halbwegs ertragbar diesem - mir fehlt ein passendes Wort, um es zu beschreiben - Etwas - das trifft es eigentlich ganz gut - da vorne zuzuhören, auch wenn über die Hälfte meiner Mitleidenden schon in einen komaartigen Tiefschlaf gefallen ist. Während ich mich von irgendetwas à la „Organisation schwieriger Jahrgangsstufen“ - anscheinend gilt an dieser Schule wirklich jedes Jahr als schwierig und eigentlich gar nicht zu schaffen, komische Form der Motivation - berieseln lasse, wird mir schlagartig - in der nicht für mich typischen Über-Schule-Geschwindigkeit - bewusst, was genau Ayaro meinte, als er im Zug sagte, ich sollte mich nicht zu sehr auf die kommende Saison - bin ich hier im Hotelfachversand gelandet?! - freuen, denn dieser - nicht wirklich gemochte - Teil der kommenden Stunden gehört ja mehr oder weniger auch dazu. Plötzlich ertönt ein bekanntes Geräusch - die Melodie, die in so ziemlich jeder Mittel- und Oberschule unseres wundervollen Landes anzeigt, dass endlich die Pause beginnt - (A.d.A. was bin ich stolz, dass wir dieselbe Schulklingel haben ^/////^) begleitet von vielfachem Aufseufzen und dem noch bekannterem Ton zahlreicher Taschen, die auf einmal eingepackt werden und so ziemlich alle stehen auf und verlassen schnatternd den Raum, während das Lehrerli doch wieder davon anfängt, dass nicht die Klingel den Unterricht beendet, sondern er - immer wieder sagen sie das, obwohl sie doch eh wissen, dass es nichts bringt. Und ganz ehrlich: Warum hätte man denn bitte sonst die Pausenklingel erfinden sollen? -. An mir vorbei schlendern Händchen haltend Akio und Niko und noch bevor ich die Stöpsel meines MP3-Players in den Plüsch-Öhrchen habe, um mich der betäubenden Wirkung des Schalls hinzugeben, zieht ein über beide Backen - okay, „Wangen“ - grinsender - Normalzustand - Ayaro vorbei, den grimmigen - ebenfalls Normalzustand - Kyo vor sich herschiebend und meint: „Folge uns unauffällig, Nichtwissender!“. Ich muss zugeben - als Tollpatsch kann ich schließlich ganz ehrlich dazu stehen - dass ich irgendwie doch ein bisschen gerührt bin, so schnell mir so aktiv entgegenkommende Freunde gefunden zu haben. Vielleicht bin ich ja doch nicht so sozial-doof, wie ich immer dachte. *Aya’s p.o.v* Quer durch unzählige Gänge und Flure - eigentlich dasselbe, oder? - bahnen wir uns unserer Weg zur Schülerlounge, um unsere 20 Minuten lange Pause - purer Luxus im Vergleich zu anderen Oberschulen - wenigstens ein wenig zu genießen. Ich weiß ja selbst, dass es gemein ist, Kira so hinter uns herziehen zu lassen, ohne mit irgendetwas zu erklären, aber Erfahrungswerte haben gezeigt, dass Dinge in dieser Schule abgehen, die man erst ein paar Mal gesehen haben muss, um sie zu verstehen - erklären kann man sie dennoch das ganze Leben lang nicht mehr -. Zu unserem Pech ist die komplette Lounge (A.d.A Ich hab so was au anner Schule hehe =3) schon voll, doch zum Glück haben wir ja unsere Geheimwaffe. „Kyo, wenn ich bitten darf?“, dreht Akio sich um und deutet vielsagend auf ein Grüppchen absolut deplazierter Unterklässler - noch sind sie völlig ahnungslos, aber das wird sich bald ändern -. „Gebt mir zwei Minuten“, antwortet der nur, lässt meine Hand los - schade - und zieht von dannen. „Ähm, Leute, hier ist alles voll“, höre ich die ernüchterte Feststellung Kira’s und zum ersten Mal fällt mir auf, dass er es tatsächlich geschafft hat, trotz der absolut braven Schuluniform irgendwie nach Visual Kei auszusehen, genauso wie Kyo es immer wieder gelingt, sofort als Emo erkennbar zu sein. „Ach, echt?“, entgegnet Nikolai ironisch und man sieht Kira an, dass er nicht unbedingt damit gerechnet hat, Niko überhaupt jemals sprechen zu hören - verständliche Vermutung -, er sieht dementsprechend schockiert aus. „Lass gut sein, Kira, wundere dich nicht und beobachte einfach den Meister bei der Arbeit“, meint mein Bruder und grinst zu Kyo hinüber. *Akio’s p.o.v* Soeben ist eine volle Minute vergangen, seit der Meister auf die Kleinen - sie tun mir regelrecht ein bisschen Leid, um ehrlich zu sein - zugegangen ist und das Gespräch - Feuer - eröffnet hat. Jetzt höre ich seinen Eisblick und sehe, wie er „Haut ab jetzt oder ich werde ungemütlich“ wütet und der Letzte der „lieben“ - böse, allesamt böse - den Widerstand aufgibt - seine Uniform als rot-schwarze Friedensfahne benutzt - und sie allesamt schleunigst die Flucht ergreifen - was auch meine Reaktion wäre, wenn ich Kyo nicht kennen würde -. „Was war das denn?“, fragt Kira erstaunt, Entsetzen steht ihm nahtlos - ohne eine einzige Unterbrechung - ins Gesicht geschrieben, als wir uns auf die nun leeren Sitzpolster niederlassen, das Lachen der anderen Oberschüler hinter uns. „Unsere Wunderwaffe. Wenn du irgendwann mal nachhaltig Eindruck machen willst, schick am besten Kyo voraus!“, lacht Aya und haucht eben diesem einen Kuss auf die Wange. „Ey, du da, Neuer“, ruft plötzlich Kaoru (A.d.A. Hehe, Namensklau...*räusper* *räusper* *hust* *hust* ^////^’), den ich noch aus dem Kindergarten kenne, zu Kira hinüber. „Ähm, ja?“, meine Güte, ist der langsam und unsicher in seiner Reaktionszeit, fast schon tölpelhaft und wenn ich mich mit meiner Vermutung, Kyo findet ihn genau deshalb anziehend, doch geirrt haben sollte, futtere ich des Hausmeisters Bürstensammlung auf, der obligatorische Pflichtbesen macht leider nicht satt, musste ich schon mehrmals feststellen - vielleicht sollte ich doch aufhören, so oft auf sinnlose Wetten einzugehen -. „Gehörst du auch zu denen?“, fragt Kaoru mit verschmitztem Lächeln und ich bin mir sicher, dass viele in diesem Raum wissen, was er meint, nur Kira selbst nicht. „Ich...äh“, der Angesprochene scheint nicht ganz sicher zu sein, was er antworten soll und als er hilfesuchend in unserer Runde umher sieht, bin ich es, der die Gelegenheit ergreift. „Natürlich Kaoru! Nicht wahr, Kleiner?“, wende ich mich erst an meinen ehemaligen Sandkastenfreund, danach an den Tollpatsch in unserer Mitte und sehe gerade noch rechtzeitig, wie Kira rot wird und mit verwirrtem Blick Richtung Kaoru nickt. Das wäre geschafft! Als wir uns beider wieder umdrehen - ich sitze im Gegensatz zu den meisten anderen männlichen Wesen sehr gerne mit dem Rücken zum Raum - ist es an Kyo zu grinsen. „Sag mal, Neuer, ist dir eigentlich klar, dass dich jetzt jeder hier im Raum befindliche Kerl für schwul hält?“, die boshafte Art, wie er spricht, beruhigt mein Gemüt - seit ich auf diese Schule gehe, habe ich leider kein Gewissen mehr - und wenn ich ehrlich sein soll, habe ich ihn dafür nur noch mehr gerne - denn ich gehöre mit den anderen zu den Leuten im Umkreis von 27 Kilometern, die ihn für seine Art nicht hassen -. „Wie bitte?!“, jappst Kira neben mir und starrt mich entsetzt an. „Hups, kleines Missverständnis meinerseits“, antworte ich und wende mich betont gelangweilt Niko zu. *Kira’s p.o.v* Ich bin wahrscheinlich - wahrscheinlich nur deshalb, weil ich mich aufgrund einiger Depressionen fast ins Koma gesoffen hätte  kleiner Scherz am Rande! - noch nie so entsetzt und wütend auf einmal gewesen. Schon nach meinem ersten Schultag in einem Jungeninternat - das möchte man sich doch bitte noch mal vor Augen führen!! - hält mich die Hälfte aller Mitschüler - die „Lounge“ war verdammt überfüllt - für schwul, was ich keinesfalls bin! (Anmerkung der Autorin: Das kann man doch ändern, oder? oO) Woher nimmt sich dieser Idiot das Recht, sich so etwas zu erlauben?! Stinksauer hole ich meinen Player wieder aus der Tasche und schalte sofort zu [Coll:Set] durch. Als die ersten Töne von „Infection“ erklingen, fühle ich mich sofort beruhigt, denn, auch wenn meine Eltern diese Wirkung der „Schrei- und Kreisch“ -Musik absolut nicht verstehen, wenn Hizumi über Wut und Verzweiflung singt, dann brauche ich diese nicht mehr gegen mich selbst zu richten, irgendwann habe ich das mit „alles an der Außenwelt ablassen“ sowieso aufgegeben. Doch in dem Moment, in dem ich Kyo’s Blick auffange, wird mir doch etwas anders. Er schaut zwar in meine Richtung, aber ich habe wirklich eher das Gefühl, dass er durch mich hindurch sieht und alles, was ich in seinen eisblauen Augen entdecke, ist kalte Leere. „Stimmt irgendwas nicht?“, frage ich und ziehe mir einen Stöpsel aus dem - Plüsch - Ohr. „Mach das Lied aus“, der monotone Klang seiner Stimme jagt mir einen extrem unangenehmen Schauer über den Rücken. „Hör mal, ich weiß ja, dass ich ein bisschen laut Musik höre, aber das ist doch kein Grund, so zu -“ „MACH ES SOFORT AUS!!!“, schreit Kyo und springt auf. Wenn es Wut wäre, die ich in seinem auf mich gerichteten Blick spüre, wüsste ich ja, dass das normal bei ihm ist, aber alles, was ich sehe, ist nackte Angst. Wie automatisch greife ich in meine Tasche und drücke auf Stopp. Ein letzter, fast schon erleichterter, aber dennoch unglaublich gequälter Blick, dann rennt er aus dem Raum, Akio hinter sich, aber leider ohne das kategorische Rauchwölkchen, das ich in dieser Situation fast schon vermisse. „Was ist denn hier überhaupt los?“, will ich nun von den beiden Verbleibenden, die immer noch wie erstarrt neben mir sitzen, wissen. Beide sehen betreten zu Boden, bis mir Akio schließlich antwortet: „Tu uns allen einfach den Gefallen und mach dieses Lied nie an, solange Kyo sich im Raum befindet oder die Möglichkeit besteht, dass er hereinkommen könnte.“ „Aber warum denn bloß?“ „Das wirst du bald erfahren“, wirft Nikolai ein, doch in seiner Stimme liegt nichts Geheimnisvolles. „Fürchte ich.“ *Aya’s p.o.v* „Kyo, beruhige dich, Kira kann nichts dafür, er kann das doch gar nicht wissen“, ja, ganz ehrlich, ich weiß selbst, dass dieser Versucht, Kyo zu besänftigen, absolut sinnlos ist. „Ich weiß, dass er nichts dafür kann. Zum ersten Mal gebe ich ihm nicht die Schuld für irgendetwas“, die Art, wie er spricht, macht mir Angst und auch der Anblick, den er zusammengerollt auf seinem Bett macht, ist nicht unbedingt ermutigend. „Hättest du nicht irgendwie anders reagieren können? Ich meine, musste so ein Szenario denn schon am ersten Tag wirklich sein?“, der vorwurfsvolle Ton meiner Stimme ist mir bewusst, als ich das frage und nebenbei meine Hand über das Bücherregal streifen lasse. „Das wollte ich ja, aber wie du schon sagst, es ist der erste Tag. Ich wollte anfangen, mich wieder mit dem Lied vertraut zu machen, es hören zu können, ohne dabei Panik zu bekommen, weil ich es doch so sehr mochte, bevor -“, er bricht ab, was selten genug vorkommt. „Aber heute, das kam einfach zu plötzlich, zu früh“, Kyo sieht auf und blickt mich flehentlich an. „Ayaro, es tut mir Leid.“ „Das musst du mir doch nicht sagen, aber versprich mir, dass du mit Kira sprichst. Er ist dein Mitbewohner und er muss es einfach wissen“, verleihe ich meinen Worten Nachdruck. „Ich weiß“, antwortet er, doch es hört sich nicht allzu überzeugend an. *Kira’s p.o.v* Den ganzen Tag muss ich über Kyo’s Verhalten nachdenken, besonders, weil er nicht mehr aufgetaucht ist - ich sitze noch immer im verfluchten Unterricht, denn hier gilt vom ersten Tag an volles Programm -. Als ich das Szenario im Kopf noch einmal durchspiele, brennt sich wieder das Bild von seinem angsterfüllten und verzweifelten Blick in mein Gedächtnis ein und ich bin mir sicher, dass ich noch nie etwas so Verletzliches gesehen habe. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)