Die Wette von Iudex ================================================================================ Kapitel 3: Was wäre, wenn... // Thoughts about different affairs ---------------------------------------------------------------- Natsume fühlte sich wirklich erbärmlich. Warum hatte er Mikan nur noch tiefer mit hineingezogen? Ich mache dir nur Probleme, hatte sie gestern zu ihm gesagt, dabei war es doch genau andersrum. Nichts und wieder nichts gab Natsume das Recht, dieses liebe, fröhliche Mädchen in den Schmerz seiner Dunkelheit einzuweihen, und nun hatte er es trotzdem getan. Was war nur in ihn gefahren, dass er die reine Seele Mikans unnötig mit seinen Sorgen belastet hatte? Und dann noch diese Umarmung! Wie tief konnte Natsume denn sinken, dass er ihre Hilfe benötigte? Ja, er hatte sich an sie geklammert, wie ein weinendes kleines Kind es bei seiner Mutter tat. War er denn wirklich so schwach? Sonst hatte Natsume doch auch für jedes Problem früher oder später eine Lösung gefunden, doch was sollte das? Wurde er vielleicht immer schwächer, ohne es zu bemerken? Nein, das konnte, das durfte nicht sein! Und wenn er wirklich Hilfe brauchte, dann sollte er gefälligst mit Luca reden, der schon all die letzten Jahre mit ihm überstanden hatte. Außerdem wollte Natsume Mikan nicht noch tiefer in seine obskure Welt ziehen, denn das hatte sie wirklich nicht verdient. Er sollte eigentlich niemandem die Seele zerstören, doch genau das tat Natsume. Allerdings hatte ihm dieses Gespräch wirklich sehr geholfen. Wiederholen sollte er so etwas aber nicht, und das war Natsume auch durchaus bewusst. Vielleicht war es aber auch Mikans bloße Anwesenheit gewesen, die ihm so gut getan hatte, er wusste es nicht. Doch warum fühlte er sich so gut, wenn sie bei ihm war? Was war das eigentlich, was er gegenüber Mikan empfand? Es war nicht die Art von Freundschaft, wie die, die er mit Luca führte, und auch nicht die Art von Liebe, die er für seine Schwester Aoi empfand. Also was war es denn dann? Mikan war einfach ein ganz besonderer Mensch für ihn geworden, auch, wenn das einige Jahre gedauert und es immer wieder einige Rückfälle gegeben hatte, doch letztendlich hatte das keinem von beiden etwas ausgemacht. Nun aber wurde ihr gutes Verhältnis durch Luna schwer belastet, das wusste Natsume natürlich schon sehr lange, aber was sollte er denn dagegen tun? Sollte er sich vielleicht wirklich von Luna trennen, obwohl er wusste, was für Konsequenzen das für ihn und sein Umfeld haben konnte? Mikan hatte zwar gemeint, Luna würde sie nicht umbringen, aber das hieß noch lange nicht, dass es nicht tatsächlich so sein konnte. Natsume wurde schon bei dem Gedanken schlecht, sogar Schuld am Tod einer seiner Freunde zu haben, besonders an ihrem. Nein, er wollte nicht für die Zerstörung eines solchen Lebens verantwortlich sein, denn das wäre etwas, was er niemals verarbeiten konnte. Er wollte jetzt aber nicht daran denken, was Mikan zustoßen konnte, nein, er musste endlich eine Lösung für das Problem mit Luna finden, da Natsume seine Freunde nicht verlieren wurde. Nicht sie, dachte er, alle, nur nicht meine Freunde. Und besonders nicht Mikan. Nun stand Natsume auf, ging auf eine Wand seines Zimmers zu und sah auf seinen Kalender. Lange würde es nicht mehr bis zum Schulanfang dauern, und somit würde Luna auch bald zurück kehren, was hieß, dass Natsume nicht mehr allzu viel Zeit hatte, um eine passende Lösung für sein Problem zu finden. Vielleicht würde es wirklich besser sein, wenn er sich von Luna trennen würde, denn letztendlich würde er dann auf ewig die Freiheit zurück gewinnen, die er neulich für drei Wochen erhalten hatte, und dieser Gedanke gefiel Natsume verständlicherweise wirklich sehr. Aber natürlich waren ihm die Konsequenzen gut bekannt, und er wollte nicht riskieren, dass Mikan gefährdet wurde. Luca war immer noch ziemlich aufgeregt, bis Mikan nach dem Frühstück dann endlich begann, ihm alles zu erzählen, was am Vorabend geschehen war, und was Mikan mit Natsume besprochen hatte. Als sie damit fertig war, war Luca umso erstaunter, obwohl sie ihm natürlich nichts von der plötzlichen Umarmung erzählte. „Also ist es scheinbar wirklich so, dass Luna Natsume unter Druck setzt! Ich hatte mir ja schon so etwas gedacht, aber dass es wirklich so ist, ich meine… Na ja, mit was schafft sie es denn eigentlich, ihn so zu erpressen?“, wollte Luca danach wissen und wartete gespannt auf eine Antwort von Mikan, obwohl er natürlich wusste, dass sie ihm nicht alle Fragen beantworten konnte, bloß, weil sie eine Zeit mit Natsume gesprochen hatte. „Ich weiß nicht, ob es stimmt Luca, aber es scheint wirklich so zu sein. Natsume klang zumindest so, wie soll ich sagen… Als ob Luna für uns gefährlich ist, wenn er sich von ihr trennt. Wie gesagt, ich weiß nicht, ob das wirklich so ist, aber es hat sich eben so angehört“, antwortete Mikan und wusste immer noch nicht, wie Luna ihnen eigentlich gefährlich werden konnte. „Das klingt fast so, als wäre Luna genau wie Persona… Eigentlich ist sie ja auch nicht viel besser, oder? Möglich wäre es zumindest, das ist der einzige logische Grund dafür, dass Natsume sich von ihr erpressen lässt“, meinte Luca dann, und Mikan war froh, dass es schon einmal jemanden gab, der ihre Meinung teilte. „Ja, das könnte sein, Luca. Was wäre denn, wenn Persona noch lebte, und er Luna gesagt hat, dass er Natsume das Leben zur Hölle machen soll, wo er es doch offenbar nicht mehr kann? Es ist zwar ziemlich unwahrscheinlich, aber das hier ist immerhin die Academy, und deswegen ist hier ja so ziemlich alles möglich. Am Ende sind Luna und Persona sogar ein und dieselbe Person, wir können es ja schlecht wissen“, erwiderte Mikan. Langsam aber sicher wurden ihre Vermutungen immer unwahrscheinlicher, aber sie hatte ja durchaus Recht; es war eben die Academy. „Ich hoffe ja wirklich, dass es nicht so ist. Da dachte Natsume tatsächlich, er wäre Persona endlich los, und dann taucht Luna auf… Das ist doch nicht fair, verdammt!“, fluchte Luca laut, und einmal mehr fand Mikan, dass er Natsume in solchen Momenten doch recht ähnlich war, zumindest vom Verhalten her. Aber er hatte schon Recht, fair waren andere Sachen. „Ist ja gut, Luca. Es kann ja niemand etwas dafür, dass Luna neu in unsere Klasse gekommen ist. Die einzige Möglichkeit, die wir haben, ist, das Beste daraus zu machen. Ich weiß nicht, wann Luna verstehen wird, was sie tut, aber ich hoffe, dass das bald der Fall ist. Und vielleicht trennt Natsume sich ja wirklich von ihr, wenn sie wieder da ist“, erwiderte Mikan dann und versuchte somit, ihn zu beruhigen, allerdings wusste sie nicht, dass sie damit genau das Gegenteil bewirkte, auch, wenn es Luca nicht anzusehen war. Er wusste nämlich ganz genau, was passieren konnte, wenn Natsume sich von Luna trennte, denn das hatte er ihm selbst erzählt. Luca war nicht so unwissend, wie er tat, doch er hatte Natsume versprochen, Mikan nichts zu erzählen. Angeblich dachte Luna, Natsume wäre schon seit einiger Zeit heimlich mit Mikan zusammen, und wenn er sich von ihr trennen würde, wäre das für Luna der ultimative Beweis. Und Natsume war sich sicher, dass Mikan dann in großer Gefahr wäre, für was er selbstverständlich nicht verantwortlich sein wollte. Allerdings war Luca sich sicher, dass Natsume sich alles, was er momentan tat, sehr gut überlegte, und er würde sich sofort von Luna trennen, wenn der richtige Moment dafür gekommen war. Luca kannte seinen besten Freund ja. „Ich bin sicher, dass das bald so sein wird, Mikan. Aber du weißt ja auch, dass Luna schnell zur Furie werden kann, und deswegen muss Natsume auf einen Tag warten, an dem sie ausnahmsweise mal gute Laune hat. Ich frage mich, ob das überhaupt jemals der Fall gewesen war“, sagte der Fünfzehnjährige und lachte kurz, Mikan tat es ihm gleich. „Das kann ich nicht wirklich glauben, aber was ich sicher weiß ist die Tatsache, dass sie Natsume einfach nicht verdient hat, so, wie sie sich ihm gegenüber verhält. Zu uns ist Luna zwar auch nicht gerade nett, aber was sie mit Natsume macht, das geht gar nicht“, meinte Mikan traurig und seufzte. Ja, Luna war nicht wirklich nett zu ihr gewesen, aber so wie Natsume hatte sie Mikan noch nie behandelt. Natsume hatte schon so viel einstecken müssen, sie fragte sich wirklich, ob das jemals enden würde. Und je mehr sie auf diese Art und Weise über die Situation nachdachte, umso besser verstand sie Luca als Natsumes besten Freund. Was wäre eigentlich gewesen, wenn das alles nicht Natsume sondern Hotaru passiert wäre, oder sogar Mikan selbst? Nein, daran mochte sie nicht denken, es wäre ihr wahrscheinlich zu viel geworden. Umso mehr bewunderte sie Luca, der Natsume schon seit dem Beginn dieser schweren Zeit voll und ganz beistand. „Aber ich muss auch sagen, dass Natsume wirklich Glück hat, dass du ihm immer hilfst, wo du nur kannst. Das ist nicht selbstverständlich Luca, auch, wenn Natsume dein bester Freund ist. Immerhin leidest du auch, wenn Natsume leidet, manche Leute hätten ihn schon längst aufgegeben und ihn alleine gelassen“, fügte sie nach einiger Zeit Stille hinzu und blickte Luca lächelnd an. „Ja, leider ist das so. Damals, als wir noch nicht hier waren, hatte Natsume auch viele andere Freunde, aber als dann das mit unserem Dorf passiert war, wollten sie alle nichts mehr mit ihm zu tun haben und haben ihn alleine gelassen, wie du es gesagt hast. Aber wenn wir auch zusammen halten, dann werden wir es schaffen, Natsume zu helfen“, war Lucas Antwort darauf, und er lächelte traurig, in der Hoffnung, dass er Mikan so etwas aufmuntern konnte. „Ich hoffe wirklich sehr, dass Natsume sich nach dieser Zeit sich überhaupt noch mit jemandem anfreunden will, den er noch nicht so gut kennt. Solche Erlebnisse machen manche Leute extrem misstrauisch, was man bis zu einem gewissen Punkt auch nachvollziehen kann“, meinte Mikan dann. „Oh je, ich höre mich an wie eine Psychologin, oder?“ Daraufhin mussten sie beide lachen, und natürlich stimmte das, was Mikan gesagt hatte; sie klang wirklich wie eine Diplompsychologin mit jahrelanger Berufserfahrung. Es wurde spät und die beiden mussten zurück zum Wohnheim. Allerdings wussten sie nicht, dass jemand ihr Gespräch mitgehört hatte, und dieser jemand war niemand anderes als Natsume Hyûga höchstpersönlich. Allerdings machte es ihm nichts aus, was Mikan und Luca über ihn geredet hatten. Im Gegenteil, das zeigte Natsume nur, dass er ihnen wirklich unheimlich viel bedeutete, wenn sie sogar einen großen Teil ihrer Freizeit opferten, nur um ihm zu helfen. Er war wirklich froh, dass er solche Freunde hatte und dass es noch solche Menschen gab, denen er vertrauen konnte. Doch jedes Mal, wenn er Luna ansah oder an sie dachte, schienen seine Freunde Natsume so unheimlich fern. Aber vielleicht sollte er sich seiner Freunde wegen ja wirklich von ihr trennen, das würde ihnen jede Menge Leid ersparen, auch wenn Luna in der ersten Zeit vielleicht öfters durchdrehen würde. So lange sie niemanden verletzte, war es wohl nicht allzu schlimm. Mikan saß derweil allein in ihrem Zimmer und dachte nach, wie sie es in der letzten Zeit schon so oft getan hatte. Ja, die Erfahrungen, die sie sammelte, hatten sie etwas ernster gemacht, auch wenn sie sich wohl nie sehr verändern würde. Aber Mikan wusste auch, dass sie jetzt eine Verantwortung zu tragen hatte, sogar eine sehr Große. Es würde schließlich sicher nicht leicht werden, Natsume zu helfen. In der letzten Zeit war aber noch etwas Neues dazugekommen, nämlich die Gefühle, die sie neuerdings hatte. Mikan konnte nicht genau sagen, was sie bedeuteten, aber sie wusste, dass sie sie nicht aufhalten konnte. Eigentlich wollte sie das ja auch gar nicht, wenn es nicht etwas mit Natsume zu tun gehabt hätte, wie es aber nun einmal war. Ja, in der letzten Zeit fühlte sie sich komisch in Natsumes Gegenwart, und das war keine Sorge mehr, so viel wusste Mikan bereits. Aber was, wenn diese Gefühle nichts Gutes bedeuteten, was würde passieren, wenn sie Natsume nur noch mehr schaden würden? Sie wollte ihn nicht wegen solch nichtigen Angelegenheiten noch mehr belasten. Vielleicht sollte sie ja morgen mit Luca darüber reden, doch würde er ihr sagen können, was sie da fühlte? Und warum war das nur bei Natsume so? Mochte Mikan Natsume etwa doch mehr als ihre anderen Freunde, so sehr, dass mögen sogar noch untertrieben war? Aber sie kannte Natsume doch jetzt schon so lange, und sie hatte sich nie so komisch gefühlt! Obwohl, ein paar Ausnahmen hatte es ja schon gegeben, wie der Vorfall damals beim Weihnachtsfest. Natsume hatte das nur getan, weil er ihr zeigen wollte, was ein richtiger Kuss ist. Aber hatte er das wirklich so gemeint, und wie dachte Mikan eigentlich darüber? Sie hatte sich in der ganzen Zeit danach nicht wirklich viele Gedanken über diese Geschehnisse gemacht, vielleicht war das langsam einmal nötig. Das würde vielleicht auch klären, was Mikan eigentlich für Natsume empfand. Aber andererseits wusste sie, dass sie da durch niemals erfahren würde, wie er eigentlich darüber dachte, sie wollte ihn auch nicht danach fragen. Das wäre nach all den Jahren doch schon irgendwie peinlich. Normalerweise waren beste Freundinnen ja für so etwas da, doch Hotaru hatte sie schon seit Tagen nicht mehr gesehen. Wahrscheinlich war sie wieder viel zu sehr damit beschäftigt, Geld zu verdienen, obwohl sie für eine Fünfzehnjährige doch eigentlich schon mehr als genug davon hatte. Mikan war sich nicht sicher, ob Luca der richtige Ansprechpartner für so etwas war, denn immerhin war er ein Junge und noch dazu Natsumes bester Freund. Er würde ihm zwar nichts verraten, da war Mikan sich sicher, aber es würde wohl doch etwas komisch für ihn sein, zu wissen, dass sie sich offenbar in seinen besten Freund verliebt hatte. Dann fiel ihr allerdings jemand ein, von dem sie nicht wusste, wie gut er sich mit diesen Dingen auskannte. Mikan kannte Draga zwar noch nicht allzu lange, aber sie war nett und vor allem ehrlich. Das merkte man an der Art und Weise, wie sie sprach. Doch was, wenn sie Natsume noch gar nicht kannte und die Situation somit noch gar nicht einschätzen konnte? Ihm würde es sicher nicht gefallen, wenn Mikan Draga seine ganze Lebensgeschichte erzählen würde, schließlich hatte er nicht unbedingt schöne Dinge erlebt. Aber wenn sie mit Draga nur über ihre Überlegungen redete, war das ja ihre Angelegenheit. Da es aber schon nach neun war, beschloss Mikan, sie erst morgen aufzusuchen. Außerdem hatte sie gehört, dass Draga morgen auch ihren neuen Mitschülern vorgestellt werden würde, sie hoffte nur, dass alle nett zu ihr waren. Am nächsten Morgen standen die Schüler der Klasse A schon recht früh auf, da sie alle am letzten Abend erfahren hatten, dass sie sich an diesem Morgen so früh wie möglich in ihrem Klassenraum versammeln sollte, obwohl doch noch Sommerferien waren! Dennoch wagte keiner, einfach weiterzuschlafen, da Jinno-Sensei es höchstpersönlich angeordnet hatte. Begeistert war natürlich trotzdem niemand. Draga hingegen bestand sogar darauf, extra früh aufzustehen, damit sie bloß nichts verpassen würde, immerhin ging es an diesem Morgen auch um sie, wo sie doch als neue Schülerin vorgestellt werden sollte. Sie war schon so aufgeregt, dass sie morgens nicht einmal etwas essen konnte. Als Draga im Klassenraum ihrer neuen Klasse ankam, war er noch fast leer, doch sie wunderte sich keineswegs darüber, da es gerade einmal halb sieben Uhr morgens war. Jinno-Sensei schien zumindest ziemlich überrascht zu sein, sie um diese Zeit schon zu sehen. „Was ist denn los, Draga? Bist du so aufgeregt, dass du es nicht mehr erwarten konntest?“, fragte er und sah sie an. „Das scheint wohl so gewesen zu sein. Guten Morgen, Jinno-Sensei“, erwiderte die Vierzehnjährige und lächelte. „Ja, guten Morgen, Draga. So schlimm ist es ja auch nicht, aber die anderen werden wohl noch ein wenig brauchen“, meinte Jinno-Sensei daraufhin – und lächelte ebenfalls. „Das ist nicht mein größtes Problem. Ich bin nur schrecklich aufgeregt, weil ich nicht weiß, ob sie mich alle mögen werden. Schließlich bin ich nicht wirklich wie alle anderen Schüler hier“, erklärte Draga besorgt. Sie war immerhin noch nicht allzu lange hier, und das merkte man auch schon ziemlich früh an ihrer Sprache. Draga hoffte wirklich, dass das den anderen Schülern nichts ausmachen würde, man konnte ja nie wissen. Vielleicht konnte sie die anderen Schüler ja auch gar nicht verstehen, wenn sie zu schnell sprachen, und es wäre sicher nicht sonderlich angenehm, es ihnen zu sagen… „Du bist vielleicht anders, Draga, aber das ist wirklich nicht schlimm. Im Gegenteil, es ist besser so“, sagte Jinno-Sensei und sah zu ihr. Er wollte nicht, dass Draga sich unwohl fühlte, doch im Moment schien das offenbar so zu sein. „Ich weiß nicht, ob die anderen dich mögen werden, aber die Leute, die dich nicht mögen, interessieren sich nur nicht dafür, wer du wirklich bist.“ Draga sah ihn einen Moment lang verwundert an, dann lächelte sie aber. „So wird es dann wohl sein. Ich werde einfach sehen, mit wem ich mich anfreunden möchte und mit wem nicht, immerhin kann ich ja auch nicht alle Leute gleich gut leiden“, erwiderte sie dann und lachte. „Und wenn ich hier keine richtig guten Freunde finde, habe ich ja immer noch Mikan und meine Freunde zu Hause. Vielleicht kommen sie ja irgendwann nach, ich weiß es nicht.“ „Na ja, ganz so einsam wirst du dich hier ja wohl auch nicht fühlen“, meinte Jinno-Sensei dann. Er schien offenbar immer noch nicht begeistert davon zu sein, dass Draga sich bereits mit Leuten wie Mikan und Natsume angefreundet hatte, aber vielleicht sollte er ihr das wirklich selbst überlassen. Draga war schließlich kein kleines Kind mehr, und deswegen sollte er sie wahrscheinlich auch nicht so behandeln. Aber eigentlich wollte er doch gar nicht, dass Draga Kontakt zu all diesen Leuten hatte… „Wir werden es ja bald sehen. Lange dauert es ja nicht mehr bis es viertel nach sieben ist, nur noch zwanzig Minuten“, antwortete Draga und lächelte. „Jetzt geht es mir zumindest schon viel besser.“ „Dann ist es ja gut, Draga. Es soll dir immerhin nicht schlecht gehen, besonders nicht bevor die Sommerferien vorbei sind“, sagte er dann. Nach einiger Zeit trafen dann auch Dragas neue Mitschüler im Klassenraum ein. Manche kannte sie schon vom Sehen her, da es ja eine Zeit gab, in der die anderen Schüler noch Dragas Zimmer umlagert hatten. Sie wusste bis heute noch nicht, warum sie eigentlich damit aufgehört hatten; vielleicht war es ihnen mit der Zeit einfach langweilig geworden. „Ach so, du bist das. Schön, dich einmal wieder zu sehen, wir haben uns ja schon ganz gut verstanden“, sagte ein Mädchen und sah Draga an. Sie meinte, sich zu erinnern, dass sie Aki hieß. „Ja, ich kann ich wohl an dich erinnern. Du heißt Aki, oder? Ich finde es auch schön, dich wieder zu sehen. Warum seid ihr denn nicht mehr zu mir gekommen?“, erwiderte Draga und sah die anderen Leute aus ihrer neuen Klasse an. „Wir durften doch nicht mehr, Draga. Hat dir das denn niemand erzählt?“, antwortete Aki überrascht. „Jinno-Sensei, Sie haben uns doch gesagt, dass wir Draga nicht mehr besuchen dürfen. Wieso weiß sie nichts davon?“ Das war etwas gewesen, worüber Jinno-Sensei nicht nachgedacht hatte. Natürlich, Draga würde doch ganz sicher fragen, warum die anderen Schüler auf einmal verschwunden waren! Und es gab keinen Grund für sie, es ihr nicht zu erzählen, immerhin dachten sie, Draga hätte davon gewusst. Aber was würde sie dazu sagen? Glücklich würde sie bestimmt nicht darüber sein, schließlich schien es ihr sehr wichtig zu sein, neue Freunde zu finden. „Nein, ich glaube, ihr habt da etwas falsch verstanden, tut mir Leid. Jinno-Sensei macht so etwas nicht“, meinte Draga und sah Aki fast schon vorwurfsvoll an. „Das ist falsch.“ Aki hingegen schien nicht ihrer Meinung zu sein, im Gegenteil, sie war sehr verwundert, dass diese neue Schülerin ihr nicht glaubte. Wusste die denn nicht, wer Jinno-Sensei in Wirklichkeit war? Was hatte man ihr erzählt, damit sie nicht glaubte, dass er gesagt hatte, sie durften Draga nicht mehr treffen? Angeblich war ihr Alice zu gefährlich, und deswegen durfte sie noch nicht alleine nach draußen, aber Aki war sich gar nicht so sicher, ob das wirklich stimmte. Jinno-Sensei konnte ziemlich seltsam und vor allem gemein sein, wahrscheinlich mochte er Draga nicht besonders und versuchte so, ihr das Leben hier zu zerstören. Zumindest hatte sie gehört, dass er das Gleiche vor einigen Jahren schon einmal mit einer Schülerin namens Mikan Sakura gemacht hatte. „Das ist doch ein Missverständnis, oder, Jinno-Sensei? Aki hat das nur ganz falsch verstanden, weil irgendjemand ihr Unsinn erzählt hat, nicht wahr?“, fragte Draga nun und schaute ihn erwartungsvoll an. „Warum sagen Sie nichts, Jinno-Sensei?“ Nun schien sie traurig zu sein und gesellte sich langsam zu Aki. Jinno-Sensei wusste nicht, was er darauf antworten sollte; Aki hatte Recht, genau wie die anderen Schüler, aber wie sollte er das dann Draga erklären? Vielleicht würde sie dann auch gar nicht mehr mit ihm sprechen, außer wenn es nötig war, vielleicht würde sie so über ihn denken, wie es alle anderen Schüler auch taten. Als er dann nach einer Weile immer noch nichts sagte, hatte Draga verstanden. „Vielleicht sollten wir besser gehen, dann können wir in Ruhe reden“, sagte sie langsam und ging dann mit ihren neuen Mitschülern nach draußen. Warum tat er so etwas? Er hatte ihnen einfach gesagt, dass sie Draga nicht mehr besuchen durften, aber warum? Es konnte doch nicht sein, dass es nur an ihrem Alice lag, oder? Und dann wusste sie, warum sie diese Wette unbedingt gewinnen musste; dann konnte sie ihn fragen, was das alles sollte, dann würde sie eine Antwort bekommen. „Es tut mir Leid, dass ich euch am Anfang nicht geglaubt habe, Aki. Ich habe das selber nicht wirklich verstanden, warum, das weiß ich auch nicht… Er ist immer nett zu mir gewesen, aber ich verstehe ihn nicht mehr“, meinte Draga langsam. „Ist schon gut, Draga. Manche Leute muss man einfach nicht verstehen.“ Als sie später wieder in ihrem Zimmer war, wartete Mikan bereits auf sie. Draga war sichtlich froh, die Fünfzehnjährige endlich wieder zu sehen, und als sie ihr erzählte, worüber sie mit ihr reden wollte, war Draga umso glücklicher. „Es geht also um Natsume. Was ist mit ihm, geht es ihm nicht gut? Er wird doch nicht krank geworden sein, oder so?“, fragte Draga gleich los und schaute erwartungsvoll zu ihrer Freundin. „Nein, es geht ihm glaube ich ganz gut, aber in der letzten Zeit… Na ja, das ist jetzt schwer zu erklären, Draga… Ich fühle mich einfach komisch, wenn ich mit ihm spreche. Einerseits macht mich das zwar glücklich, aber andererseits bin ich aber auch immer schrecklich aufgeregt“, erklärte Mikan ihr langsam und seufzte. Hoffentlich wusste Draga, was sie tun sollte, damit alles wieder so war wie früher, zumindest das, was mit ihren Gefühlen für Natsume zu tun hatte. „Ach so, ich glaube, ich weiß, was du meinst. Du solltest dich vielleicht erst einmal setzen, das hört sich jetzt ganz bestimmt komisch für dich an, weil Natsume ja ein Freund von dir ist“, meinte Draga lächelnd und setzte sich auf ihr Bett. Offenbar schien Mikan Natsume momentan nicht ganz so blöd zu finden, wie sie es ihr am Anfang erzählt hatte. Nein, eher lag sie richtig und Mikan mochte ihn wirklich richtig gern. „Ich glaube nämlich, dass du Natsume sehr viel mehr magst als deine anderen Freunde, kann das sein?“ Mikan errötete und drehte sich schnell weg, aber natürlich wusste sie, dass Draga Recht haben konnte. Luca mochte sie zwar auch, aber nicht so wie Natsume, er war wirklich nur ein guter Freund für sie. Aber wie konnte sie sich in jemanden verliebt haben, der jahrelang nur ihr guter Freund und noch dazu an eine absolute Furie vergeben war? „Ja, das glaube ich langsam auch, Draga. Aber eigentlich kann das doch gar nicht sein, immerhin kenne ich Natsume jetzt schon so lange, und wir haben uns ja auch nicht so gut verstanden… Außerdem hat er schon eine Freundin, auch, wenn sie im Moment nicht da ist“, erwiderte sie daraufhin und sah Draga wieder an, obwohl es ihr immer noch ziemlich peinlich war. „Das hat doch nichts damit zu tun, ob du ihn jetzt lieb hast oder nicht. Außerdem kann seine Freundin das ja auch nicht verhindern, das kann niemand. Das Gefühl ist einfach da und vielleicht geht es irgendwann auch wieder weg, da kann seine Freundin gar nichts dran machen“, meinte Draga und lächelte. „Wenn du Natsume wirklich so lieb hast, musst du ihm halt zeigen, dass du netter als seine Freundin bist. Und ich kenne nicht viele Menschen, die so nett sind wie du, also wird es dir ja wohl nicht sonderlich schwer fallen, oder?“ Mikan lächelte, doch sie wusste nicht wirklich, ob das stimmte. Was würde wohl passieren, wenn sie Luna ihren Freund wegnehmen würde? Das würde ihr ganz bestimmt nicht gefallen, auch wenn sie Natsume selbst nicht sonderlich zu mögen schien, aber immerhin war er ja noch ihr Freund. „Ich weiß nicht. Es ist bestimmt nicht sonderlich nett, wenn ich ihr Natsume einfach wegnehmen würde, oder?“, fand Mikan und seufzte. „Das kann Natsume ja selbst entscheiden. Wenn er dich lieber mag als seine Freundin ist das doch seine Sache. Meinst du denn, dass Natsume dich lieber mag? Ich kann das ja auch nicht so gut sagen, weil ich seine Freundin ja nicht kenne“, antwortete Draga. „Na ja, sonderlich nett ist sie zwar nicht, aber die beiden sind schon seit fast vier Jahren zusammen. Aber eigentlich hast du Recht, es ist ja Natsumes Angelegenheit, wie er sich letztendlich entscheidet“, erwiderte die Fünfzehnjährige und lächelte schwach. „Aber sag mal, Draga, wollen wir nicht nach Central Town? Vielleicht treffen wir ja auch Luca oder Hotaru, sie sind auch meine Freunde, und ich würde sie dir gerne einmal vorstellen.“ „Gerne doch, Mikan. Ich freue mich doch immer, neue Leute kennen zu lernen, und die Freunde von meinen Freunden noch am Liebsten. Wenn sie alle so nett sind wie du, dann ist es ja gut. Natsume kenne ich übrigens schon, ich habe ihn neulich getroffen. Er scheint wirklich ganz nett zu sein, aber ich mag ihn nicht so sehr wie… Na ja, ist ja eigentlich auch nicht interessant, oder?“, meinte Draga und lachte. Die beiden liefen zum Bus, der wie immer nichts Besseres zu tun hatte, als zwischen Bushaltestelle und Central Town hin und her zu fahren. „Der wird wohl nie eine weite Reise haben“, meinte Mikan und grinste, als sie den Bus betraten. Natürlich hatte sie Recht; dieser Bus fuhr ausschließlich innerhalb des Geländes der Academy. „Anscheinend nicht, wir dürfen hier ja wohl nie raus. Schade eigentlich, ich würde gerne einmal nach draußen gehen und alles anschauen, dann könnte ich es meinen Freunden in Deutschland erzählen. Manchmal vermisse ich sie ganz schrecklich, aber Jinno-Sensei hat mir erzählt, dass ich ihnen schreiben kann, wenn ich immer nett bin“, erwiderte Draga und lächelte. Aber nun musste sie wieder an den Vorfall von heute Morgen denken. Sollte sie ihm überhaupt noch irgendetwas glauben? Vielleicht hatte er es ihr auch nur erzählt, damit sie nicht weiter fragen würde, ob sie Kontakt zu ihren Freunden aufnehmen konnte, vielleicht hatte sie ihn zu sehr gestört… „Draga, was ist denn los? Du siehst plötzlich gar nicht mehr so glücklich aus“, bemerkte Mikan überrascht und schaute sie fragend an, während Draga auf einem Sitz neben ihr Platz nahm. „Ich bin mir nur nicht mehr sicher, ob ich Jinno-Sensei wirklich vertrauen kann, Mikan. Heute habe ich erfahren, dass er daran schuld ist, dass die anderen mich bis zuletzt nicht mehr besuchen konnten! Ich meine, was soll das denn? Die anderen Schüler wollten mir doch sicher nichts tun, und ich habe mich doch so darüber gefreut! Und wenn ich alle mag, brauche ich mein Alice auch nicht einsetzen, und wenn ich mein Alice nicht einsetze, bin ich auch nicht gefährlich für die anderen! Das müsste er doch eigentlich gewusst haben“, plapperte Draga los und sah traurig auf den Boden des Busses. Mikan war sich nicht sicher, ob sie ihr vielleicht sagen sollte, was für eine Art Mensch Jinno-Sensei wirklich war und was er alles schon mit ihr gemacht hatte. Draga schien ihn zwar zu mögen, aber das, was sie heute erfahren hatte, machte ihr offenbar schwer zu schaffen. Mikan fühlte sich irgendwie erleichtert, dass sie es nicht gewesen war, die Draga diese Neuigkeiten überbringen musste, sonst hätte sie ihr wohl nicht einmal geglaubt und wäre böse auf sie gewesen. „Er ist eben irgendwie komisch, Draga, und auch nicht sonderlich nett. Ich weiß zwar nicht, wie er dich behandelt hat, du scheinst ihn ja recht gut zu kennen, aber mich konnte er irgendwie noch nie leiden. Woran das liegt, kann ich dir aber auch nicht sagen, tut mir Leid. Jinno-Sensei ist einfach seltsam, da können wir wohl auch nichts dran ändern. Aber vielleicht… Vielleicht hat er das ja gar nicht gemacht, weil er dich nicht mag, sondern eben weil er dich mag“, meinte Mikan dann und merkte leider erst zu spät, dass sie damit anfing, sich irgendwelche dummen Geschichten auszudenken. Draga wusste nicht, was sie meinte. Warum sollte Jinno-Sensei denn ihren Kontakt zu den anderen Schülern verhindern, wenn er sie mochte? Das tat ihr doch nicht gut, und es war auch sicherlich nicht so, dass Jinno-Sensei meinte, alle anderen Schüler hätten einen schlechten Einfluss auf sie. „Das verstehe ich nicht so recht, Mikan. Wenn er mich mochte, würde er meinen Mitschülern doch nicht einfach sagen, ich dürfe sie aufgrund meines Alice nicht mehr sehen, oder? Schließlich ist das meine Entscheidung“, erwiderte Draga verwirrt und blickte Mikan fragend an, wollte es erklärt haben. „Ach nein, Draga, ich glaube, ich habe Unsinn gedacht. Ich dachte nur… Na ja, nicht so wichtig“, war Mikans Antwort und sie schaute aus dem Fenster, in der Hoffnung, Draga würde nicht darauf bestehen, dass sie es ihr erzählte. Mikans Theorie war gewesen, dass Jinno-Sensei vielleicht nicht wollte, dass sie mit jemand anderem außer ihm befreundet war, aber es schien ihr dann doch ziemlich unglaubwürdig. Er war zwar unfreundlich, aber musste er dann denn gleich obsessiv sein? Nein, dieser Meinung war Mikan allerdings nicht. „Dann wird es wohl nichts Wichtiges gewesen sein“, meinte Draga und seufzte. Bald darauf hielt der Bus an und die beiden Schülerinnen verließen ihn schnell, denn er blieb nicht lange an einem Ort, und mittlerweile wussten sie das nur zu gut. Sie beschlossen, Luca und Mikans andere Freunde zu suchen, denn Draga wollte sie unbedingt kennen lernen. Mikan fand auch, dass das jetzt vielleicht besser für sie war, denn so konnte sie sich wenigstens ablenken. Scheinbar war dieser Morgen wirklich nicht so verlaufen, wie Draga es sich gewünscht hatte, auch wenn das nicht an ihrer neuen Klasse lag. „Wie sind deine anderen Freunde denn so, Mikan? Interessieren sie sich auch so sehr für Natsume?“, wollte Draga nach kurzer Zeit wissen und lächelte fröhlich, Mikan war das allerdings eher peinlich. „Ich glaube, du hast das falsche Wort benutzt, Draga… Du meinst wohl, ob sie auch mit Natsume befreundet sind, oder? Interessieren hört sich da etwas seltsam an“, meinte Mikan zur Antwort und lächelte aber ebenfalls. „Oh je, das stimmt wohl. Entschuldigung, das sollte sich nicht komisch anhören, du hast Recht. Ich meine nur, ob sie Natsume auch mögen“, erwiderte Draga und nickte heftig. „Ist ja nicht so schlimm, es ist doch schon total gut, dass du schon so gut Japanisch sprichst. Das ist nicht selbstverständlich, Draga. Und, ja, die meisten meiner Freunde sind auch mit Natsume befreundet, und die anderen haben einfach nicht so viel mit ihm zu tun“, erklärte Mikan ihr, während sie weiter durch die Stadt liefen und nach Luca und den anderen Ausschau hielten. „Ach so, jetzt verstehe ich es, Mikan. Vielleicht finden wir sie ja bald, dann kann ich mich auch mit ihnen anfreunden, wenn sie möchten. Ich weiß es ja nicht, aber ich glaube, dass sie wohl genau so nett sind wie du“, antwortete Draga und lächelte fröhlich. In solchen Zeiten war es ihr unheimlich wichtig, gute Freunde zu haben. „Glaubst du eigentlich wirklich, dass Jinno-Sensei mich nicht leiden kann?“, fragte Draga dann plötzlich und Mikan blickte sie überrascht an, nicht wirklich wissend, warum sie jetzt schon wieder darüber sprechen wollte. „Immerhin war er sonst ja immer sehr nett zu mir, und er hat mir im direkten Sinne ja auch nichts getan… Aber die meisten anderen Schüler scheinen ihn nicht wirklich zu mögen, im Gegenteil, sie hassen ihn ja fast richtig…“ „Weißt du, Draga, es ist wirklich so, dass viele ihn nicht mögen. Manche haben sogar richtig Angst vor ihm, weil es ihm offenbar gefällt, sein Alice gegen Schüler einzusetzen, die ihm nicht passen. Warum er zu dir so nett ist, weiß ich nicht, da ich nicht weiß, was er genau zu dir gesagt hat, aber vielleicht wäre es wirklich besser, wenn du nicht mehr allzu viel mit ihm sprechen würdest“, erwiderte Mikan ungewöhnlich ernst. „Ja, vielleicht sollte ich das tun, aber andererseits mag ich ihn wirklich sehr… Es ist schwer, das alles zu entscheiden. In solchen Zeiten wünsche ich mir wirklich, dass meine Freunde aus Deutschland bei mir wären, oder ich bei ihnen, aber dass du versuchst, mir zu helfen, ist wirklich unheimlich nett von dir, Mikan“, sagte Draga traurig und lächelte schwach. „Kein Problem, Draga. Wirklich. Ich versuche immer, meinen Freunden zu helfen, egal, was es ist und wie viele es sind. Dazu sind wir doch schließlich Freunde, oder? Und wenn alle Sorgen eines Tages weg sind, dann werden wir alle noch viel glücklicher sein als zuvor“, fand Mikan und lächelte ebenfalls. Ja, wenn sie alle zusammen hielten und an eine bessere Zukunft glaubten, dann würden sie auch eines Tages wieder glücklich sein, Draga, Natsume und alle anderen Freunde, die im Moment Sorgen hatten. Wenn es alles vorbei sein würde, konnten sie wieder ungestört zusammen sein und tun und lassen, was sie wollten. Als sie dann weitergingen, bemerkte Mikan plötzlich, dass Luca einige Meter von ihnen entfernt stand. Sie erzählte es Draga und die beiden gingen schnell auf den Fünfzehnjährigen zu. „Guten Morgen, Luca! Schau mal, das ist Draga. Vielleicht hast du ja schon von ihr gehört oder sie gesehen, ich weiß ja nicht, aber sie ist neu hier“, erklärte Mikan ihm fröhlich und stellte sich neben Draga. „Ah, hallo, Draga. Ich habe dich neulich beim Frühstück gesehen, aber das ist ja eine andere Geschichte. Jedenfalls ist es nett, dich kennen zu lernen“, meinte Luca und lächelte ebenfalls. Natürlich erinnerte er sich noch an Draga, wo es doch vor einiger Zeit noch geheißen hatte, sie wäre Natsumes neue Freundin. Später allerdings hatte Mikan ihm alles erzählt und somit hatte er den Vorfall schon wieder fast vergessen. Aber sie schien dennoch mit Natsume befreundet zu sein, zumindest hatte sie sich schon einige Male mit ihm getroffen, wenn er den Gerüchten Glauben schenken konnte. „Natsume kennst du ja angeblich auch schon, aber ich habe ihn den ganzen Tag noch nicht gesehen.“ „Hallo, Luca. Ich habe Natsume heute auch noch nicht gesehen, wahrscheinlich ist er wieder einmal im Nordwald. Er scheint wohl ganz gerne dort zu sein, warum, das wirst du ja wohl wissen. Wenn ich ihn sehe, sage ich dir bescheid“, erwiderte Draga lächelnd und gab Luca ihre Hand. „Danke, Draga. Es wäre nett, wenn du ihm sagen würdest, dass ich ihn sehen will.“ „Ist doch kein Problem“, meinte die Vierzehnjährige daraufhin. „Meint ihr nicht, dass wir uns setzen sollten? Langsam wird es ziemlich anstrengend, nur zu laufen und zu stehen“, fand Mikan und schaute fragend zu ihren beiden Freunden. „Keine schlechte Idee, Mikan. Ich bin auch schon seit einiger Zeit unterwegs, eigentlich komisch, dass wir uns nicht schon längst getroffen haben. Na ja, Central Town ist ja auch nicht gerade klein“, gab Luca ihr Recht, und somit entschieden sie, sich auf die nächste Bank zu setzen, was sie dann auch taten. „Wie geht es Natsume eigentlich, Mikan? Ich habe ihn schon seit längerer Zeit nicht mehr gesehen. Schade eigentlich, jetzt hätte er doch eigentlich genug Zeit“, meinte Luca und schaute fragend zu der Fünfzehnjährigen, die neben ihm saß. „So weit ich weiß geht es ihm ganz gut, er hat nur wie immer viel zu viele Dinge im Kopf, glaube ich. Kein Wunder“, antwortete Mikan und sah ebenso unwissend aus. „Wenn Natsume ernsthaft über irgendetwas nachdenkt, kommt man an ihn halt nicht ran.“ „Tja, das stimmt leider. Schlimm genug, dass er dann nicht einmal mit sich reden lässt, selbst dann, wenn man ihm helfen will. Aber zum Glück ist es besser geworden, seit Luna nicht hier ist. Lange dauert es aber auch nicht mehr, bis sie wieder zurückkehrt, oder? Die Sommerferien sind schließlich bald um“, sagte Luca und seufzte. Er wusste natürlich, dass es nur noch schlimmer werden würde, wenn Luna wieder da war und Natsume somit auch wieder unter Druck setzen konnte, aus welchem Grund auch immer. Andererseits hatte er jetzt einige Wochen gehabt um nachzudenken, und so hatte Natsume vielleicht doch entschieden, sich von Luna zu trennen. Luca würde sich zwar freuen, wenn er es täte, andererseits machte er sich aber auch Sorgen. Was wäre denn, wenn Luna ihm dann irgendetwas antun würde? Das hörte sich zwar ziemlich komisch an, aber war es denn so unwahrscheinlich? Natsume hatte ihm damals, als Luna noch nicht allzu lange in ihrer Klasse war, erzählt, dass sie für seine Freunde gefährlich sein könnte, falls er irgendetwas machen würde, was ihr nicht passte. Und Luca wusste, wie Natsume sein konnte; wenn es um seine Freunde ging, war er ganz empfindlich, und wenn ihnen jemand etwas tun würde, wäre es für ihn unerträglich. Das galt sowohl für Luca als auch für Mikan und die anderen. Yô-chan, Nobara… Sie waren Natsume mit den Jahren alle viel zu wichtig geworden. „Luca, was ist denn auf einmal los? Du siehst so nachdenklich aus, machst du dir Sorgen um Natsume?“, fragte Mikan plötzlich und riss ihn somit aus seinen Gedanken, was vielleicht auch besser so gewesen war. „Na ja, nicht mehr und nicht weniger als sonst auch. Ich hoffe einfach nur, dass er bald wieder mit mir reden wird und dass es ihm gut geht“, erwiderte Luca rasch. „Als ich das letzte Mal mit ihm gesprochen habe… Na ja, das erzähle ich dir später“, meinte Mikan daraufhin. Luca schien zwar recht überrascht über diese Antwort zu sein, aber er gab sich vorerst mit ihr zufrieden. Offenbar hatte Mikan Neuigkeiten, und das war schon einmal gut. Plötzlich bemerkte Mikan etwas sehr Seltsames. Da hinten lief Jinno-Sensei, das war zwar nichts Besonderes, aber neben ihm lief noch eine andere Person, eine weibliche Person. „Wer ist das denn, Luca? Hast du die hier schon einmal gesehen?“, fragte sie überraschend interessiert und sah fragend zu dem Jungen mit dem Tierpheromonalice, welcher ebenso überrascht schien, aber aus einem anderen Grund. „Ach, wusstest du das noch gar nicht? Wir haben angeblich eine neue Englischlehrerin, da Serina-Sensei krank ist… Das scheint offenbar ihre Vertretung zu sein, Satomi, oder wie sie heißt“, antwortete Luca und schaute nun ebenfalls zu der fremden Person. „Aber warum läuft sie denn da so neben Jinno-Sensei her? Kennt sie ihn etwa schon, sind sie verwandt, oder so?“, fragte Mikan dann weiter. „Na ja, ich habe einige Gerüchte gehört, nach denen sie zusammen sein sollen“, antwortete Luca dann und wusste nicht wirklich, warum Mikan das so sehr interessierte. Als Draga das hörte, wollte sie erst gar nicht verstehen, was Luca da gesagt hatte. Was sollte das, warum hatte sie das nicht gewusst? Wer war diese Person wirklich, das konnte doch nicht sein, das hätte er ihr doch erzählt, oder? Sie stand auf, vollkommen verwirrt, wusste nicht, was sie jetzt tun sollte. Draga wusste nur, dass sie diese Person, wie auch immer sie nun hieß, nicht sehen wollte und entfernte sich langsam von der Bank. Mikan schien erst recht überrascht, aber dann verstand sie und stand ebenfalls auf, um Draga nachzulaufen. Warum hatte sie das nur nicht früher gemerkt? „Tut mir Leid, Luca, aber ich muss Draga noch etwas sagen! Wenn du willst, können wir uns heute um acht Uhr vor meinem Zimmer treffen“, meinte die Fünfzehnjährige noch knapp und lief dann schnell Draga hinterher. Luca wusste nicht wirklich, was das denn nun sollte, aber er akzeptierte es einfach und beschloss, sich, wie Mikan ihm es vorgeschlagen hatte, um acht Uhr mit ihr zu treffen, um dann die Neuigkeiten über Natsume zu erfahren, die Mikan offenbar hatte. „Draga, so warte doch! Was ist denn auf einmal los mit dir“, rief Mikan ihr laut hinterher, während sie sichtlich erschöpft hinter der Vierzehnjährigen her rannte und sie trotzdem nicht erreichte. „Es wird wohl nicht so sein, wie Luca es gesagt hat, aber bitte warte!“ Langsam blieb Draga stehen und drehte sich um. Mikan war sehr erleichtert, da es wirklich nicht einfach war, die ganze Zeit hinter anderen Leuten her zu rennen, und Draga schien sehr schnell zu sein. Aber als sie Draga ansah, war Mikan plötzlich gar nicht mehr so froh; sie schien offenbar so traurig zu sein, dass sie geweint hatte. „Wir sollten wohl besser zurück fahren, und dann erzählst du mir alles in Ruhe, ja? Die halbe Academy muss es ja nicht unbedingt hören“, meinte Mikan ruhig und Draga nickte als Antwort schnell. „Ja, wir sollten wohl wirklich gehen, ich will bestimmte Leute heute Abend nicht mehr treffen. Ich will nur noch weg von hier, in mein Zimmer…“ Nach einigen Minuten saßen sie dann auch wieder im Bus. Mikan hatte nicht erwartet, dass dieser Besuch in Central Town Dragas Laune so sehr verschlechtern würde. Hätte sie gewusst, dass es so gewesen wäre, dann hätte sie gar nicht gefragt, wer diese Person neben Jinno-Sensei war. Nein, sie hatte wirklich nicht gewusst, wie sehr das Draga belastete. Als sie dann wieder beim Wohnheim waren fühlte sich Draga nicht mehr ganz so verwirrt, allerdings war das keineswegs ein gutes Zeichen, denn jetzt war sie traurig, traurig und enttäuscht. Was sollte das alles nur, warum machte er solche Sachen? Das hätte er ihr erzählen sollen, vielleicht wäre es dann nicht so gekommen, wie es jetzt war… „Was ist denn eigentlich los, Draga? Liegt es wirklich nur an dem, was Luca erzählt hat? Aber das ist doch auch noch gar nicht sicher, er hat doch gesagt, dass es nur ein Gerücht ist“, meinte Mikan und versuchte, sie zu beruhigen. „Aber an jedem Gerücht ist auch etwas Wahres dran, und wieso sollte es denn nicht stimmen? Ich frage mich nur, warum mich das alles so aufregt, eigentlich sollte es doch mir egal sein, was Jinno-Sensei tut und was nicht“, meinte Draga traurig und senkte den Kopf. „Ich will ja nichts Falsches behaupten, aber kann es nicht sein, dass es genau so ist wie bei mir und Natsume? Draga, ich weiß ja, das klingt komisch, aber… Liebst du ihn?“, erwiderte Mikan daraufhin, wohl wissend, dass sie ein sehr heikles Thema ansprach. Bei ihr und Natsume war das etwas Anderes, sie waren beide noch Schüler… Draga schien allerdings nicht eingeschnappt oder verärgert, sie nickte nur langsam, um dem Mädchen neben ihr eine Antwort zu geben. „Ja… Ja, ich liebe ihn, sogar sehr. Aber ich kann dir auch nicht sagen, warum es passiert ist. Auf einmal war es einfach da, dieses Gefühl, ich wünsche mir ja selbst, dass es aufhört, aber ich kann es nicht begraben… Leider“, erzählte Draga ihr dann und seufzte. „Ich habe in ihm einfach kein Kind gesehen, so, wie ich das bei meinen Freunden in Deutschland die ganzen Jahre getan habe… Wenn man sich kennt, seit man denken kann, muss das auch verdammt schwierig sein, weil man einfach ein geschwisterliches Verhältnis aufbaut, nicht mehr und nicht weniger. Aber Jinno-Sensei kenne ich einfach noch nicht so lange, und trotzdem mag ich ihn schon so sehr…“ „Du musst dich nicht rechtfertigen oder es erklären, Draga. Wie du schon gesagt hast, es war plötzlich einfach da, und du kannst gar nichts dagegen tun. Es ist genau das Gleiche mit mir und Natsume, er hat auch eine Freundin, und ich wünsche mir so, so sehr, dass er sich von ihr trennt. Aber das kann nichts an meinen Gefühlen ändern, denn seine Freundin hat damit rein gar nichts zu tun“, erwiderte Mikan dann und nun wurde es ihr auch langsam klar; Sie konnte nichts dagegen tun, dass sie Natsume liebte, und wenn er sich nicht von Luna trennte, dann auch nicht. Aber wenn er sich tatsächlich von ihr trennen würde, hieße das nicht, dass die beiden zumindest eine Chance hatten? Doch das würde voraussetzen, dass Natsume das Gleiche für sie fühlte, und das wusste Mikan nun einmal nicht. „Wir haben wohl beide nicht sonderlich Glück mit unserer Auswahl, falls man das so nennen kann. Geteiltes Leid ist wenigstens halbes Leid“, meinte Draga dann und lächelte schwach. „Ja, du hast Recht. Wir stehen immerhin nicht alleine da mit unseren Gefühlen, und das ist verdammt wichtig. Stell dir nur vor, wir müssten das alles alleine durchstehen… Ich glaube, dass ich das auf Dauer nicht aushalten würde, wo die Situation doch eigentlich eh schon bescheuert genug ist“, fand Mikan und nickte. „Vielleicht hast du ja Glück und Natsume trennt sich bald von seiner Freundin. Wenn sie schon so lange zusammen sind und diese Frau angeblich nicht sonderlich nett ist, wird es ja wohl nicht mehr allzu lange dauern. Ich frage mich nur, was diese komische Tante für eben für eine ist, also wie sie sich benimmt. Vielleicht ist sie ja eine ganz furchtbare, alte Furie“, scherzte Draga und kicherte. „Wenn es so ist, könnte sie ja glatt die Mutter von Natsumes Freundin sein, wer weiß. So etwas soll es ja angeblich geben“, sagte Mikan grinsend. Es tat wirklich gut, wenn man mit jemandem auch nicht in einem ernsten Ton darüber reden konnte, denn so konnte man alles viel besser verkraften. „Wenn das wirklich so ist, dann lache ich mich wohl tot, und das wäre nicht so gut. Aber es wäre schon ein unheimlich lustiger Zufall, auch wenn es sich vielleicht unrealistisch anhört. Und netter als du kann Natsumes Freundin ja eh nicht sein, das kann wohl niemand“, fand Draga daraufhin und lächelte fröhlich. Mikan war froh, das zu hören. Vielleicht nicht wegen dem Vergleich mit Luna, nein, es fiel nicht schwer, netter als Luna zu sein, aber was Draga dann gesagt hatte, hörte sie nicht allzu oft. Die anderen Leute fanden sie eher nervig, so wie Hotaru es immer sagte. „Du bist auch wirklich nett, Draga. Es ist schön, wenn man das von Leuten sagen kann, die man noch nicht so lange kennt. Hier ist das eigentlich nicht selbstverständlich, aber deswegen freue ich mich ja auch so“, erzählte Mikan ihr ebenso fröhlich. „Langsam glaube ich wirklich, dass wir Seelenverwandte sind, Mikan Sakura“, erwiderte Draga und lachte. „Aber sag mal… Glaubst du eigentlich, ich sollte wegen heute Morgen noch mit ihm reden? Vielleicht hat er das ja gar nicht getan, weil er mich nicht leiden kann. Wie gesagt, ich verstehe ihn langsam nur nicht mehr…“ „Dann sollte ich dir vielleicht wirklich sagen, was ich gedacht habe, als du es mir erzählt hast, Draga. Es klingt nur verdammt komisch“, antwortete Mikan langsam und seufzte. „Ich dachte, dass Jinno-Sensei vielleicht nicht will, dass du noch andere Freunde hast, weil er eifersüchtig auf sie ist. Er ist eben nicht sonderlich beliebt, und vielleicht meint er ja, dass irgendjemand dich davon überzeugen könnte. Ich meine, es kann doch sein, wenn er dich auch… Aber er darf nicht.“ Draga war zwar etwas überrascht, aber als sie länger darüber nachdachte, schien es ihr gar nicht mehr so unwahrscheinlich wie am Anfang. Was wäre denn, wenn Mikan Recht hatte und Jinno-Sensei sie einfach nicht verlieren wollte? Aber natürlich hatte sie auch Recht gehabt, als sie sagte, dass er gar nicht durfte. Das war wohl noch ein Grund mehr, diese Wette zu gewinnen; dann musste er einfach ehrlich zu ihr sein. „Na ja, ich kann ihn ja auch schlecht fragen. Aber irgendwie werde ich es schon irgendwann herausbekommen, dazu sind wir ja schlaue Menschen“, meinte Draga dann und lachte, Mikan ebenso. „Genau, wenn es so ist, wird er es dir ja auch wohl irgendwann sagen. Aber ich muss langsam auch los, tut mir Leid, aber Luca wartet auf mich“, sagte Mikan dann, nachdem sie auf die Uhr geschaut und bemerkt hatte, dass es schon fast acht Uhr war. „Okay, Mikan, wir werden uns ja wohl noch sehen. Ich freue mich schon darauf, dich wieder zu treffen, und dann erzählst du mir aber, wie es um Natsume steht“, antwortete Draga und lächelte. „Sicher doch, Draga. Im Moment gibt es ja auch kein anderes Gesprächsthema“, meinte Mikan und lächelte ebenfalls, dann verließ sie den Raum. Nun schien Draga viel glücklicher als an diesem Morgen, denn es hatte wirklich unheimlich gut getan, mit Mikan über ihre Probleme zu sprechen und etwas über ihre eigenen zu erfahren. Wenn Natsume sich von seiner Freundin trennte, würde sie ihnen gerne nachhelfen, aber die Entscheidung mit seiner Freundin musste er alleine treffen, und das war Draga durchaus bewusst. Denn wenn Natsume dann nur unglücklich wäre, hätte das auch keinen Sinn, selbst, wenn sie dann die Wette gewonnen hätte. Sie wollte ja niemanden verletzen. Aber sollte sie eigentlich wirklich mit Jinno-Sensei sprechen? Was wäre denn, wenn sie das nur wieder verletzen würde, was wäre, wenn diese Frau von heute Mittag wirklich seine Freundin war? Es wäre sicher nicht schön für sie, zu wissen, dass jemand ihn sonst noch liebte, aber andererseits konnte Draga ja nichts dafür. Und wenn Jinno-Sensei sie wirklich lieber mochte als seine Freundin, konnte sie dann etwa etwas dafür? Nein, so dachte sie nicht, aber wenn er mit ihr zusammen war, wäre das auch nicht sonderlich nett. Draga wollte niemanden verletzen, völlig egal, wer es war oder was er ihr angetan hatte. Außerdem kannte sie diese Frau doch gar nicht, was denn, wenn sie wirklich netter und hübscher war als sie? Draga sah vielleicht anders aus als die anderen Schülerinnen hier, aber eigentlich war ihr Aussehen doch ganz normal, Durchschnitt eben. Und wenn sie Jinno-Sensei wirklich liebte, sollte sie dann nicht ehrlich zu allen sein? Es wäre doch auch nicht nett, sich zu verstellen, denn dann würde sie nur alle belügen. Sie beschloss, noch heute mit ihm zu reden, da sie langsam aber sicher wirklich ein schlechtes Gewissen bekam. Das, was Jinno-Sensei getan hatte, musste doch wirklich nicht unbedingt heißen, dass er sie nicht leiden konnte. Und wenn er sie wirklich mochte, dann war er jetzt bestimmt nicht glücklich, und das wollte Draga nicht. Selbst wenn er sie nicht liebte, sollte er dann nicht wenigstens glücklich sein? Wenn er nicht glücklich war, war Draga es auch nicht, so war das mit ihren Freunden gewesen und so war es auch mit ihm. Lange brauchte sie Jinno-Sensei aber nicht zu suchen, denn als sie sich umdrehte und losgehen wollte, stand er plötzlich da. Draga war es zwar ein Rätsel, warum sie die Tür nicht gehört hatte, doch eigentlich interessierte sie das gar nicht. Sie ging ganz langsam auf ihn zu, ganz genau wissend, was sie zu sagen hatte. „Draga, wegen heute Morgen, es“, begann er, doch er wurde von ihr unterbrochen. „Sagen Sie kein Wort, ja? Es… Es tut mir Leid, ich wollte mich nicht so verhalten. Ich bin mir sicher, dass Sie sich etwas dabei gedacht haben“, sagte sie schnell, konnte ihn aber nicht ansehen, da sie sich mittlerweile wirklich sehr schämte. Jinno-Sensei schien sie aber nicht wirklich zu verstehen. Warum entschuldigte sie sich? Immerhin hatte Draga eigentlich keinen Fehler gemacht, eher hatte sie das einzig Richtige getan. Jeder wäre in dieser Situation wütend geworden, er hätte nicht gedacht, dass sie überhaupt noch mit ihm redete. „Wenn sich jemand nicht entschuldigen muss, bist du das, Draga. Es wäre unnormal gewesen, wenn du nicht wütend geworden wärst, es geht mich nichts an, ob du dich mit irgendjemandem gut verstehst oder nicht“, sprach er weiter und hoffte nur, dass Draga von ihm keine Erklärung erwartete. „Das stimmt vielleicht, Jinno-Sensei, aber ich weiß auch, dass Sie das nicht ohne Grund getan haben. So ist es doch, oder? Ich meine, es liegt doch nicht an mir“, antwortete Draga und sah nun doch zu ihm, auch, wenn es ihr schwer fiel. „Und was ich dann getan habe, ist auch nicht nett gewesen. Ich hätte Sie lieber gleich fragen sollen, warum das alles passiert ist.“ „Ja, ich bin dir wohl eine Erklärung schuldig, nicht wahr?“, meinte Jinno-Sensei, der es schon befürchtet hatte. Aber wie sollte er Draga etwas erklären, was er sich selbst nicht erklären konnte? Er war noch nie in so einer Situation gewesen, und er musste aufpassen, dass er nicht irgendetwas Falsches sagte. „Ich weiß nur, dass Sie das nicht einfach so getan haben, eigentlich muss ich doch auch gar nicht mehr wissen, oder? Irgendwann werde ich es mir wohl selbst erklären können, hoffe ich“, meinte Draga nun und lächelte. Jinno-Sensei war wirklich froh, dass Draga sich mit ihrer eigenen Erklärung bis jetzt zufrieden gab. Irgendwann konnte er es ihr vielleicht sagen, aber jetzt war es noch zu früh und vor Allem zu gefährlich. Natsume hielt sich derweil wie fast immer im Nordwald auf. Er wusste, dass es bald soweit sein würde. Bald kam Luna wieder zurück, und das hieß, dass er sich ihr endlich wieder voll und ganz unterwerfen konnte. Was sollte er bis dahin denn noch tun, mehr als eine Woche blieb ihm eh nicht mehr. Er sollte wohl endlich wieder mit Luca sprechen, welcher wahrscheinlich auch nicht mehr so genau wusste, was im Moment eigentlich mit Natsume los war. So etwas wie neulich sollte er von nun an aber lieber unterlassen, erstens war es peinlich und zweitens verdammt gefährlich gewesen, sowohl für ihn als auch für Mikan. Er fragte sich heute noch, wie er sie einfach hatte umarmen können, immerhin sollte Mikan so wenig wie möglich von diesen obskuren Geschehnissen mitbekommen. Das war Natsumes Welt, in der sich keiner zu weit fortbewegen konnte ohne in Gefahr zu geraten. Und er wollte seine Freunde nicht noch tiefer mit auf seine Reise durch die Dunkelheit nehmen, die offenbar nie enden würde, wenn er so weiter machte wie bisher. Der Gedanke, sich von Luna zu trennen, schien Natsume immer freundlicher zu werden. Warum denn nicht, fragte er sich, auch wenn sie dich umbringt, dann sind deine Freunde wenigstens nicht mehr in Gefahr, und du hast in diesem Leben lange genug gelitten. Aber dann konnte er seine Freunde auch nicht mehr beschützen, und Natsume wollte keineswegs, dass sie ihm durch dieselbe Art und Weise in den Tod folgen mussten. Vielleicht übertrieb er ja auch nur und Luna würde höchstens für einige Zeit zur Furie, woher sollte er das denn wissen? Andererseits erinnerte Luna ihn manchmal ungemein an Persona, und wie er sein konnte, hatte Natsume schon oft genug am eigenen Leib erfahren müssen. Langsam verstand er, dass es keine andere Möglichkeit gab als sich von Luna zu trennen. Wenn er es irgendwann nicht endlich durchziehen würde, ginge es immer so weiter, und das wollte er ums Verrecken nicht. Was wäre denn so schlimm daran, in Gegenwart Lunas einfach diesen verdammten Satz auszusprechen? Wenn er sich erst einmal von ihr getrennt hatte, würde Natsume seinen Freunden alles erzählen und dann würde er auf sie aufpassen, koste es, was es wolle. Er war nicht schwach und nicht mehr der kleine Junge von damals, also wurde es langsam Zeit für ihn, Verantwortung zu tragen. Außerdem würden seine Freunde bestimmt auch glücklicher und unbeschwerter leben können, wenn es ihm wieder besser ging. Natsume kannte sie ja alle gut genug, sie waren immer abhängig von der Glücklichkeit der anderen, und wenn es jemandem schlecht ging, ging es den anderen ganz genau so. Dafür waren sie ja auch Freunde, und Freunde hielten zusammen. Und wenn sie wirklich Freunde waren, würden sie Natsume dann nicht auch seine Fehler verzeihen? So war es immer gewesen, und es würde sich wohl auch nicht geändert haben, denn sie hatten ihm nie die Freundschaft gekündigt, obwohl Natsume wirklich oft schlechte Laune und vor Allem eine Menge Probleme hatte. Wie lange würde es jetzt eigentlich noch dauern, bis Luna wieder da war? Eine Woche bestimmt noch, aber genau wusste Natsume es im Moment auch nicht. Kein Wunder, es war ja nicht so, dass er seine Freundin schon sehnsüchtig erwartete. Im Gegenteil, er genoss jede Sekunde, in der er noch frei war. Doch bald würde auch das wieder vorbei sein, und deswegen beschloss Natsume an genau diesem Abend, dass er sich von Luna trennen würde, und zwar genau in dem Augenblick, in dem er sie wieder sah, auch, wenn sie vielleicht plötzlich hinter ihm stand oder sie im Unterricht waren, das interessierte Natsume nicht mehr. Außerdem beschloss er, seinen Freunden vor der Trennung von seinem Entschluss zu erzählen, damit sie sich auf eventuelle Wutausbrüche der Furie einstellen konnten. Es wäre sicherlich nicht schön für sie, wenn Luna auf einmal vor allen Leuten auf sie losgehen würde. Andererseits wäre es vielleicht besser, wenn Natsumes Freunde kurz nach der Trennung vielleicht nicht allzu oft alleine draußen umher liefen, nur zur Sicherheit. Natsume verließ den Nordwald und ging zurück in Richtung Wohnheim. Er fühlte sich seltsamerweise erleichtert, da er jetzt endlich einen festen Entschluss gefasst hatte, und keineswegs beunruhigt. Das erste Mal, seit er Luna kennen gelernt hatte, fühlte er sich richtig erleichtert, fast wie damals, als der Spuk mit Persona endlich vorbei und seiner Schwester wieder frei war und zu ihrem Vater zurück kehren konnte. Natsume hoffte aber wirklich, dass seine Freunde beruhigt sein konnten, denn Luna war manchmal wirklich unberechenbar. Sie hatte ihn schon mehrmals geschlagen, das hatte schon damals angefangen, als er ihr ziemlich unhöflich gesagt hatte, dass sie ihn doch bitte in Ruhe lassen solle. Seitdem war es keine Seltenheit mehr, fast schon wie zu Personas Zeiten. Wenn er jetzt auch noch mit Luna hier gewesen wäre, hätte Natsume es wohl nicht mehr überlebt, aber er konnte sich auch nicht entscheiden, wen von den beiden er jetzt mehr hasste. Als er vor dem Wohnheim stand, bemerkte er, dass Luca, der gerade die neuesten Neuigkeiten von Mikan erhalten hatte, die Tür passierte und ziemlich froh war, als er Natsume bemerkte. „Natsume, hallo! Wie geht es dir?“, rief er fröhlich und ging schnell auf Natsume zu. „Hallo, Luca“, erwiderte sein bester Freund und lächelte schwach. „Mir geht es gut, und ich kann dir auch sagen, warum das so ist. Ich habe entschieden, dass ich mich von Luna trennen werde, sobald ich sie wieder sehen werde. Wie sie darauf reagieren wird, kann ich zwar schon ahnen, aber ob sie euch irgendwie dort mit reinzieht kann ich dir leider nicht sagen. Luca, du musst mir versprechen, dass du von nun an gut auf dich und Mikan aufpasst, ja? Ich will wirklich nicht, dass euch irgendetwas passiert, aber wenn wir Luna erst einmal los sind, wird alles wieder gut!“ Luca wusste gar nicht, was er dazu sagen wollte. Natürlich war er froh, dass Natsume jetzt endlich wusste, was zu tun war, aber andererseits beunruhigten ihn seine Worte. Es klang ja fast schon so, als würde jemand einen Terroranschlag auf Mikan und ihn planen, und wenn Natsume so sprach, war das meistens kein gutes Zeichen. „Anders kann ich dir wohl wirklich nicht helfen, was?“, antwortete Luca und lächelte schwach. „Also gut, ich verspreche es. Ich werde gut auf mich aufpassen, und natürlich auch auf Mikan. Ich habe gerade noch mit ihr gesprochen, aber ich werde jetzt schnell zu ihr zurückgehen und ihr alles erzählen. Du kannst dich auf mich verlassen, Natsume.“ „Wie immer“, sagte Natsume und lächelte auch. „Wie immer“, wiederholte Luca und ging dann noch mit Natsume zurück ins Wohnheim, aber dann mussten sie sich trennen, da Luca ja zu den Mädchenzimmern musste. Als Natsume die Treppe hoch ging, wusste er noch nicht, was für eine Überraschung schon bald auf ihn warten würde. Langsam betrat er den Gang, in dem die Zimmer der Triples und Specials lagen, und nun fühlte er sich irgendwie seltsam. Was war auf einmal nur wieder los mit ihm? Er fühlte sich fast so wie damals, als Natsume sich auf den Weg zur Gefahrengruppe machen musste, auf den Weg, den er mehr hasste als alles Andere auf der Welt. Wollte dieses Gefühl ihn vielleicht vor irgendetwas warnen, was in seinem Zimmer auf ihn wartete? Nein, er bildete sich da wohl etwas ein. Doch als er sein Zimmer betrat und sich umschaute, verstand Natsume, warum er sich komisch fühlte. Dort stand ein Mensch, die er sehr gut kannte, ein Mensch, von dem er eigentlich gedacht hatte, er wäre für immer verschwunden. „Was ist denn los, Natsume? Freust du dich denn gar nicht, mich endlich wieder zu sehen? Ich hoffe doch, dass du mich wenigstens ein bisschen vermisst hast“, sprach er langsam und ging langsam auf den verwirrten Fünfzehnjährigen zu… Ende von Kapitel drei Hehehe… Ich glaube schon, dass manche von euch eine Ahnung haben, wer dieser Mensch ist… Wer richtig rät, bekommt von mir einen Karotaler ^_~ Übrigens, es wird sehr lange dauern, bis ich das fünfte Kapitel endlich fertig habe… Bin ich froh, dass ich das nicht mit der Hand schreiben muss… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)