The Black Widow Tale von Archimedes (Sparrington) ================================================================================ Kapitel 12: Sophia - 4 ---------------------- Anamaria kommt mit einigem Zögern widerwillig seinem Wunsche nach, ohne aber Anzeichen von Furcht zu zeigen, Furcht die verständlicherweise angebracht wäre, stünde man vor dem Lauf einer Flinte. Mehr noch, die irre Szenerie belustigt sie, macht sie sogar vergnügt, als sie sich mit einer Hand auf den Tisch stützt und Sparrow erwartungsvoll misst, ungleich provozierend und nicht zuletzt …dankbar. Mir soll es lieb sein, ist mir schließlich die scheußliche Situation vom Halse geschafft. Mit einem Räuspern, nicht zu definieren, ob es nun im Bereich der Verlegenheit, oder doch wohl eher in einer verhaltenen Form der Erleichterung liegen möge, folge ich ihr in ihrem Tun. „Willkommen“, spricht sie, den Blick auf Sparrow verbleibend. „Ich habe mich schon gefragt, wo du bleibst. Es muss sehr schlecht um die Pearl stehen, wenn du´s dir nehmen lässt wie sonst betrunken unter dem Schanktisch zu liegen“ Hat das Mädchen mich in den vergangenen Minuten auch mit ihrer überreichlichen Aufmerksamkeit beschenkt, so erfahre ich jetzt unbedingte Gleichgültigkeit. Ebenso wie von Sparrow. „Wohlan Liebes, so bedarf es noch immer einer deiner ´unlauteren´ Taktiken, um ehrenwerten Männern ihrer Fürsprache zu berauben. Oder aber ihrer Börse…“, Mit dem ihm eigenen Laufstil tritt er auf sie zu, die Pistole fest in der Hand, das ihn stets begleitende hochmütige und verdammenswert überlegene Lächeln auf den Lippen „besser noch: ihres Lebens, aye?“ Unter den argwöhnischen doch gleichsam ruhigen Blicken anderer Gäste, setzt er sich auf den Nachbartisch und lässt die Beine in der Luft baumeln. „Aber ich fürchte, diesen einen Mann kann ich dir nicht lassen Liebes. Hab so zusagen einen gewissen, völlig winzigen und irrsinnig geringen Eigenbedarf an ihm“ „Der da wäre?“ „Oij, leistet ganz hervorragenden Dienst unter mir…“, lacht Sparrow, „er… schrubbt das Deck, erledigt ganz prächtig Botengänge und ab und an bessert er einem erheblich die Laune, nicht Jamie? Wenn er nicht gerade in seiner unvergleichlichen und unerträglichen Art einem aufrichtigen Mann Schiffchen auf den Pelz hetzt, die wie er weiß sowieso von der Pearl oder einem anderen Piratenschiff versenkt werden“ Der Pirat wendet sich einen beschwörenden Moment zu mir. „Nicht, dass das keinen Spaß macht… nur hin und wieder ist es sogar für mich …öh… anstrengend“ Ich nicke ihm mit gerecktem Kinn spitz zu. „Wohl wahr“ Über sein offensichtliches Empfinden unserer Jagden als Spiel, die ich mitnichten als solches betrachte, sondern als bitteren Ernst, verdrehe ich die Augen. „Jack, da sehen wir uns nach all der langen Zeit wieder und du willst mir meine Beute stehlen. Ich bin dir nicht böse, aber ehrlich mein Herz, die Art eines Gentlemans ist das nicht“ Beute! Ha! Anamaria schüttelt die unbezähmbaren Locken, die unter dem breiten Kopftuch hervortanzen und sieht den Piraten mit einer Mischung aus Empörung und wildem Wahn an. Der Mann vor ihr, kaum eingeschüchtert, meidet ihr Antlitz nicht, doch tritt gegen den Stuhl vor sich, so dass er direkt vor ihre Füße fällt, als sie sich ihm nähern will Demonstrativ entsichert er seine Waffe. Mag die Situation bis eben noch grotesk und gewissermaßen lächerlich absurd gewesen sein, so packt mich jetzt gemäßigtes Entsetzen. „Nicht doch Liebes. Es wäre unfein auf dich schießen zu müssen…Und was den Gentleman betrifft: Das Verhalten eines tadelfreien Gentlemans in erlesener Gesellschaft misst sich am Verhalten der erlesenen Gesellschaft in der sich der tadelfreie Gentleman bewegt“ Ohnegleichen ist die indirekte Drohung, die in Sparrows Worten mitschwingt, mich aufhorchen und beschwichtigend die Hände heben lässt. „Sachte Sparrow, dieses Verhalten ist maßlos übertrieben. Es ehrt Euch zwar mich verteidigen zu wollen, aber seid versichert, ich bin kein Mensch, der etwas gegen seinen Willen geschehen lässt“, greife ich verstört ein. „Nehmt´s jetzt ja nicht persönlich“, grunzt der Angesprochene renitent, „aber manchmal Jamie seid Ihr sehr langsam“ Während er den Kopf schräg legt, fügt er raunzend hinzu, jetzt aber nicht mehr an mich gewandt: „Komm Schätzchen, erleuchte den guten Commodore darüber, wer du bist, blumig und ausschmückend und ganz en Detail, aye? Kann leider nicht wie wir bemerkt haben, den Gentleman der Dame spielen, da die Dame eben leider keine Dame ist“ Dabei gestikuliert er wild in die Richtung Anamarias. Ich selbst kann meine Konfusion schwerlich verbergen und beäuge die beiden wechselseitig. Doch eine innerlich keimende Befürchtung, sie sich wohl nicht nur als Befürchtung erweisen wird, lässt mich näher in Sparrows Richtung weichen und mir argwöhnisch die dunkle Frau besehen. Wie vom Blitz getroffen erinnere ich mich an die ausschmückenden Beschreibungen des Piraten zurück, seine Wehmut mit der er von unserer künftigen Gegnerin sprach und auch an Anamaria, die Anamaria, die ich kenne. Es hätte mir auffallen müssen, die schwarze Kleidung, die wie ich jetzt einsehen muss, eindrucksvoll den passenden Titel untermalt, die übersehbare Narbe auf der Stirn, die keineswegs so übersehbar ist, die Eleganz ihrer Art zu sprechen am Anfang zunächst, die herablassende Weise danach und die mir sinnlos erschienene, nichtsdestoweniger ergiebige Fragerei nach der Black Pearl, ihrer Crew und natürlich meiner Anwesenheit. Das unvorhergesehene Ausmaß dieser mir jetzt sehr delikat vorkommenden Sachlage wird mir urplötzlich klar und geistig vermerke ich eine Notiz, lediglich eine kleine, weit hinten in meinem Hinterstübchen vergrabene Notiz, die ich bei passender Gelegenheit herauszukramen gedenke, um den vermaledeiten Piraten zu ersäufen. Erst dann und nur dann ziehe ich langsam mein Schwert und stelle mich dicht neben ihn. Die schwarze Witwe nickt mir triumphierend zu, mich genarrt zu haben, einen Triumph der meines Erachtens nicht von kunstvollem Wert getragen wird. „Sie kam mit zwei weiteren Frauen. Sie schickte sie fort, als sie Euren Namen hörte. Vor etwa zehn Minuten“ Im Hintergrund suchen mehrere Gäste das Weite nebst denen, die an Sparrows Tisch, auf dem er zu sitzen geruht, ihren Platz gefunden hatten. Allen in diesem Raum ist bewusst, welch missgünstige Ereignisse sich hier in den nächsten Minuten abspielen werden. „Aye. Machen wir, dass wir auf die Pearl kom -“ Sparrow hat seinen Satz nicht annähernd beendet, da trifft mich auch schon ein Holzteller an der Schläfe, nicht mit genügend Wucht, um mir mehr als ein anhaltendes Schädelweh zu bescheren, aber doch genug, um ein essentieller Moment der Ablenkung zu sein. Der eine bestimmte Moment, in dem die schwarze Witwe vorschnellt, mit dem gezogenen Rapier in der Hand, das direkt auf das Herz des Piraten abzielt. Und Sparrow dieser Idiot bleibt sitzen! Mehr aus Instinkt heraus, denn durch durchdachtes Handeln reagiere ich und wehre, -mehr schlecht als recht-, den Angriff ab… Ich weiß nicht, ob er es gleich hier erproben muss, wie weit sein eigenes Vertrauen in mich reicht, das ich ihm zu Beginn unseres Abenteuers abverlangt habe, oder ob das Alter langsam seine Spuren bei ihm hinterlässt. …Immerhin aber gut genug, so dass sich das Metall bloß durch den weißen Stoff seines linken Ärmels fräßt anstatt in Fleisch und Blut. „Jack, ich will den Stein! Gib ihn freiwillig heraus!“ Mit einem schnellen Ruck, der auf einmal durch Sparrows Körper schießt, rollt er sich in einer flinken Bewegung rückwärts vom Tisch, das Hemd zerreißt und das Geschirr von der Platte poltert zu Boden. Es bleiben mir nur einige Sekunden mich zu vergewissern, dass ihm nichts weiter geschehen ist und ich aus den Augenwinkeln heraus beobachten muss, wie der Pirat sich aufrappelt und die ihm jetzt mehr als lästig vorkommenden Haare aus dem Gesicht streift, bevor die falsche Anamaria fluchend ein weiteres mal die zum Angriff ansetzt, dieses Mal mit einem neuen Ziel: mich. Und Sparrow? Der Hurenbock macht sich gemäß seiner Natur aus dem Staub, zwischen den in Bewegung geratenen, teils panisch, teils erfreut durcheinander brüllenden Gästen. „Commodore, das ´langsam ´nehm ich zurück!“, ruft er mir zu, und obwohl beschäftigt damit mein Leben zu schützen, spüre ich nur zu deutlich das hinterhältige Grinsen des Mannes in meinem Rücken, der trotz der sich anbahnenden Wirtshausschlägerei ein gutes Stück Abstand zwischen sich und uns gebracht hat. „Das ist nicht hilfreich!“, schreie ich aus Leibeskräften, während ich den sehr hart geführten Schlag pariere, der dazu dient mich nach hinten zu treiben. „Ihr habt mein vollstes Vertrauen in Eure Fähigkeiten mein Bester“, verhallt die Stimme des Piraten in der Menge, während der nächste Streich nur knapp mein linkes Ohr verfehlt. Fantastisch!, denke ich bei mir, denn so ungern ich es gestehe, so hat es mir mehr Mühe bereitet ihm zu entgehen, als mir lieb ist und ich erwartet habe. Und auch den nächsten überaus geschickt geführten Streichen vermag ich nur die langjährige Erfahrung im Kampf entgegen zu setzen, die der Dienst mit sich bringt. Doch bleibt es bei reiner Verteidigung, ein Kontern macht das Mädchen mir gegenwärtig unmöglich und ich muss neidlos einräumen, dass der feige Pirat dieses eine Mal mit seinen Behauptungen über die Fertigkeiten dieser Frau nicht übertrieben hat. Ihr Stil ist zwar hölzern und mit mehr Kraft als notwendig ausgeführt, wie es alle Piraten zu tun pflegen, doch stünde sie mir nicht als ein solcher gegenüber, so zollte ich ihr trotzdem den höchstmöglichen Respekt, insbesondere für eine Frau… Wäre sie ein Mann, so wäre es eine lohnende Herausforderung, sie zu einer glänzenden Fechterin auszubilden. Schnell geführte Finten, gute Riposten, die auf exzellente Paraden folgen und erschöpfende Bindungsversuche, denen ich mit mehr Glück als Verstand in den engen Gängen zwischen Tischen und Menschen entkommen kann. Dieses Mädchen bietet trotz ihrer geringen Zahl an Jahren ein beachtliches Repertoire auf und schon bald merke ich, dass die schnellen Schritte, Drehungen und Kombinationen an meiner Konstitution zu zähren beginnen, deren miserabler Zustand auch nicht gefördert wird durch das Pochen hinter meiner Stirn. Zudem bin ich durch meine erst vor kurzem zu Ende gegangene Bettlegrigkeit nicht mehr in allerbester Übung. Das Ziehen in meiner Brust und die Schwerfälligkeit meiner Atmung sind eine stechende Ermahnung, dass ein Kampf dieser Art wesentlich verfrüht kommt und ich schelte mich selbst für meine Sturheit, die nicht auf den Rat des Arztes gehört hat noch einen Monat mit dem Dienstbeginn zu warten. Auch das Manövrieren inmitten der anderen gestaltet sich höchst ungelenk und ermüdet schnell. Doch die Gewissheit, dass es der schwarzen Witwe nicht anders ergeht macht mich zuversichtlich. Zudem ist ihr angeschlagenes Tempo reiner Wahnwitz, nicht durchzuhalten. Auch wenn sie unzählige Kämpfe bestritten haben muss, so hat sie scheinbar nicht gelernt ihre Kräfte sorgsam einzuteilen, insbesondere wenn der Gegner ebenbürtig ist – oder dieser es zumindest hofft. Ganz gleich… ein schneller Sieg muss her, zumal ich befürchte in dem Gerangel zusätzlich jemand Unbeteiligtes zu treffen. Sie mag mir an Kraft und Ausdauer unterlegen sein, doch ihre geringe Körpergröße und Wendigkeit verschafft ihr hier in der Enge einen immensen Vorteil. Zu meinem Glück weiß sie ihn nicht ausreichend zu nutzen. So muss ich nur auf den passenden Augenblick warten… und dieser kommt schneller als gedacht. Nach einem Angriff meinerseits wird sie gezwungen nach hintern zu treten, stößt dabei versehentlich gegen einen Tisch in ihrem Rücken und gerät aus dem Gleichgewicht. Eine Chance, die ich zu nutzen weiß. Mit einem hoch angesetzten Hieb schlage ich die Spitze ihrer Klinge beiseite, sodass sie auf die Tischplatte prallt, rücke nach vorne vor und verkante sofort den Knauf ihres Rapiers am Rand mit meinem eigenen. Ihren hartnäckigen Widerstand und die zappelnden Versuche sich zu befreien unterbinde ich indem ich ihren Oberkörper mit meinem eigenen, schwereren Gewicht niederdrücke. “Lasst es fallen!“ keuche ich, nachdem ich wieder zu Luft gekommen bin. Sie beißt aber nur trotzig ihre weißen Zähne aufeinander, dass mir das mahlende Knirschen einen Schauer über den Rücken jagt, sie nur noch fester den Griff ihrer Waffe umklammert und widerborstig den Kopf schüttelt. „Ihr hättet Euch nicht einmischen sollen“, speit sie mir gefährlich zwischen zwei heftigen Atemstößen entgegen und ich kann den Hass förmlich in ihren Augen brennen sehen. Alles, was zuvor liebreizend an der jungen Frau gewesen ist, verformt sich zu einer verzerrten Fratze. Ich habe nie erfahren, was es bedeutet mit einer solchen Intensität verachtet zu werden, oder selbst jemals dieses Gefühl einem anderen Menschen entgegen zu bringen. „Dies ist eine Sache zwischen mir und ihm!“ Die unerschütterliche Entschlossenheit des Mädchens macht mich wütend und lässt mich leise flüstern: „Mit der Entführung von Governor Swann habt Ihr sie zu meiner Sache gemacht“ Da sie dennoch den Gehorsam verweigert und sie mich dazu zwingt, hole ich zum Schlag aus. Mein Ziel: Die Naht des Stahls. Es ist immer wieder erstaunlich, wie simpel es ist eine Waffe ihrer Gefährlichkeit zu berauben, wenn man nur den jeweiligen Schwachpunkt kennt. Ein Schwert beispielsweise ist scharf, die Klinge hart und unnachgiebig. Doch macht sie ihre Härte zur gleichen Zeit anfällig dafür unter dem richtigen Druck zu brechen. Und so berstet das Metall durch einen einzig wohldurchdachten Treffer, die Klinge fällt abgebrochen zu Boden und der schwarzen Witwe entgleitet endlich das Heft aus der Hand mit einem schmerzvollen Stöhnen. Danach fange ich grob zuschlagende Hände ein, die den ein, oder anderen Kratzer in meinem Gesicht hinterlassen. Um noch bessere Kontrolle über das widerborstige Frauenzimmer zu bekommen und nicht doch noch in einem unbedachten Moment ihren Krallen zum Opfer falle, schiebe ich eines meiner Knie zwischen ihre Beine und beuge mich so tief über sie hinab, dass ich auf ihr liege. Für einen Unbeteiligten wird die Szene recht… verfänglich aussehen… „Der Governor war nicht meine Idee!“, „Schwört, dass er noch am Leben ist und es auch bleibt!“, knurre ich böse und drücke sie hart hinunter, dass ihr Kopf leicht auf die Platte schlägt. „Norrington, Ihr werdet hier nicht heraus kommen. Meinen Mädchen mögt Ihr entkommen. Aber nicht La Rochelle!“, lacht sie mir frech ins Gesicht. „Was… habt… Ihr gesagt?“ Dieser Name! Von einem zum anderen Augenblick stehe ich förmlich unter Schock. Es ist unmöglich… ganz und gar unmöglich! Dieser Name! Den Griff um ihre Handgelenke lockernd starre ich sie an. Sie bemerkt es sogleich, doch statt sich zu befreien, blickt sie ebenso zurück. „Ha! Da sieh mal einer an! Ihr kennt ihn!“, stellt sie dann triumphierend fest, während ich mich fange. „Schwört es!“, befehle ich erneut, leiser dieses Mal und hochgradig verunsichert, doch krallen sich meine Nägel dabei in ihre Hände, dass sie zischend den Atem bei dem überkommenden Schmerz anhält und nickt. „Commodore, ich weiß es fällt Euch schwer, aber wehe Ihr fangt jetzt an damit etwas unglaublich Blödes zu tun!“, höre ich Sparrow wie aus weiter Ferne laut warnen, was mir zwar die Gewissheit gibt, dass er doch mehr Rückgrat in sich haben muss, als vermutet, aber auch, dass ich einen sehr instabilen Eindruck abgeben muss. „Sie ist allein, Sparrow!“ „Noch“ Und so gern ich es auch täte, sie jetzt in Haft zu nehmen, um aus ihr herauszupressen wo sie den Governor versteckt hält, und ich unbedingt erfahren muss, ob ich mich verhört habe, so hat der Pirat Recht. Denn bald dürfte es im Admiral wimmeln von Mitgliedern ihrer Besatzung. Wo immer die Empress auf dieser Insel auch vor Anker liegen mag. So trete ich Schritt für Schritt rückwärts von ihr zurück, mit einem sich zusehends verknotenden Knäuel im Magen, bis ich außer Reichweite für eventuelle Angriffe bin und hetze durch die Menge zur Treppe, an deren Kopfende Sparrow bereits wartet. Während ich die Stufen zu ihm hinauf eile, zieht er gemäß seinem Naturell den Hut vom Haupt, verbeugt sich halb und brilliert in seiner üblichen Rede über das Entkommen, mit der er dem unterlegenen Gegner noch einen demütigenden Tritt zum Andenken mitgibt: „Alsdann Anasophia, du wirst den Tag nie vergessen, an dem du Captain Jack Spar-“ Weiter kommt der Mann nicht, da genau in dem Moment, indem ich ihn und den Ausgang erreiche die Tür der Taverne auffliegt, mit einer Gewalt, dass sie fast aus den Angeln gehoben wird und donnernd gegen die steinerne Wand schlägt, um haaresbreite an meinem Kopf vorbei. „Nicht gut“, ist mit das letzte, das ich höre, bevor ich eine dieser ´freudigen´ Erfahrungen miterleben darf, durch die sich Sparrow auszeichnet. Denn schon im nächsten Augenblick spüre ich die Kraft zweier zupackender Hände, die mich am Arm zurückreißen und ich der scharfen Klingenspitze einer der im Türrahmen stehenden Piratinnen entgehe, bedauerlicherweise aber den Schwung besser nutze, als es gut für mich ist und nach hinten taumle… … über das Geländer… mit der noch gezogenen Waffe in der Hand! „Hoppla!“ Zu schnell geht die ganze Sache. Zum Schreien, Fluchen oder gar Mordgedanken schmieden reicht die Zeit nicht, bevor ich den Boden unter Füßen verliere und es abwärts geht. Und wäre nicht ich der arme Hund, so würde ich herzerfrischend darüber lachen, über das erstaunt ungläubige, mitunter sehr dumme Gesicht, das jener Mann im Fall gerade macht. So komisch die Szenerie auch ist, der Aufprall ist es nicht. Zu meinem Glück entgleitet mir Turners Schwert dabei, das klappernd zu Boden fällt, als ich krachend mit dem Rücken auf einem der Tische aufschlage. Nun, ein Gelehrter könnte so manche Abhandlung der Natura alleinig über das Bersten von verschiedenen Hölzern durch darauf fallende Commodores verfassen, die Geräusche, das Brechen, das Spalten vorbei an den Augen und Entstehen ungleichmäßiger Risse im einstmals edlen Handwerk, die Spane und Partikel, die durch die Luft geschleudert werden und sich in das Fleisch herumstehender Geschöpfe bohren. Und zweifellos wäre es lesenswert… Doch wie es nun mal bei allen Dingen im Leben so ist, bleibt es das nur solange, wie man selbst nicht davon betroffen ist. Meine Stimme ächzt gepeinigt auf. Ächzen über die schmerzvolle Feuersbrunst in meinem Kreuz, die versengend durch die Glieder fährt. Brennen, Schmerzen, Pochen und Stechen und keines von allen weiß, welches aus ihrer Mitte hervortreten soll. Um mich herum höre ich noch immer das Fidelspiel, Fiedelspiel, das malerische Lautkulisse für die sich prügelnden Männer und Dirnen ist, von denen manche gelegentlich gegen mich stoßen, ansonsten nehmen sie keine Notiz. Leise stöhne ich auf und versuche die Schwärze zurückzudrängen die sich vor meine Augen legen will, Schwärze, die die Bewusstlosigkeit ankündigt und fixiere die Kerzen des Lüsters schräg über mir, und dann wie aus einem Traum heraus, verschwommen und keinesfalls klar, flirrt ei Spatz vorbei... Lautes Geschrei. Das Aufschlagen von etwas großem, sehr schweren… Verschwinden der Kerzen… Schwärze… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)