Glaubst du... von abgemeldet (...mir?) ================================================================================ Kapitel 6: Morgen ----------------- Als der Herbst beginnt, schleicht sich Frustration in mein Herz. Jetzt sind die Sommertage vorbei, in denen wir uns draußen verstecken konnten. Nun wird es Zeit, den Anderen wieder in die Augen zu blicken. Davor habe ich Angst. Ich weiß, wie wenig sie es gutheißen, das ich meine Freunde selbst wähle. Ich blicke oft aus dem Fenster und beobachte, wie sich die Bäume gelb färben. Ich kann den schleichenden Prozess sehen, mit dem gleichen Blick, der mich auch den Lauf der Sonne beobachten lässt. Wenn ich nicht in trübsinnigen Gedanken versinke, bin ich bei ihm: In Malfoys Gegenwart scheint die Dunkelheit, die immer noch über meinen Gedanken liegt, nicht so stark zu sein. Ich kann lachen, wenn er da ist, alles verdrängen. Ich brauche ihn. Seine Anwesenheit ist wie eine Droge für mich, und wenn wir uns getrennt haben, liege ich oft noch stundenlang in meinem Bett und denke an ihn zurück. Inzwischen haben auch die Lehrer bemerkt, wie welche Richtung sich unser Verhältnis geändert hat. Professor Sprout behandelt mich wie einen Ausgestoßenen, doch dies bemerkt man nur an ihren Blicken. Der Hauslehrer, dessen Namen ich immer wieder vergesse, scheint mich dafür zu hassen. Vielleicht, weil er sich durch sein eigenes Spiegelbild schon genug an die Malfoys erinnert fühlt und nicht mit einer Todesserfamilie in Verbindung gebracht werden will. Doch Swiveller ist zu mir merklich freundlicher geworden, man sollte es kaum glauben. Vielleicht liegt ihr etwas an Malfoy. Zaubertranklehrer scheinen ihm im Allgemeinen sehr angetan zu sein. Ich liege in meinem Bett, von dem aus ich aus dem Fenster schauen kann. Es ist eigentlich Zeitverschwendung, aber im Moment habe ich das Gefühl, das jede Sekunde, in der ich allein bin, Zeitverschwendung ist. Ich will meine Freunde nicht vergessen, aber ich will auch nicht immer an sie denken. In meinem Leben, dass sich, wie ich dachte in Schwärze gewandelt hatte, hat jemand ein Streichholz angezündet. Und ich will dem Feuer Nahrung geben, damit ich endlich wieder klar sehen kann. Ist das egoistisch und dumm? Ich liege auf meinem Bett und versuche mich abzulenken, in dem ich ein Buch über Quidditch lese, dass ich mir selber zum Geburtstag geschenkt habe. Dieses Jahr hat mir niemand eine Eule geschickt. Nur in den Bücherlisten war ein kurzer Glückwunsch seitens Professor McGonagall, die mir alles Gute wünschte. Die Bilder bewegen sich, doch das ist auch alles, was ich wahrnehme. Meine Gedanken gelten ihm. Ich würde auch gerne wissen, was neuerdings so spannend an ihm ist, aber wenn ich versuche, einen klaren Gedanken zu fassen, ist mein Kopf schon wieder leer. Es macht mich rasend. Die einzigen Momente, in denen ich meine Unruhe beherrschen kann, ist die Zeit, die ich mit ihm verbringe. Warum ist mir auf einmal so viel an ihm gelegen? Ich beschließe diese Frage, die seit Wochen in meinem Kopf umher schwirrt, zu ignorieren, lege das Buch weg und lösche das Licht. Morgen früh treffen wir uns vor dem Unterricht bei der Peitschenden Weide... Der Morgen ist kühl und ich ziehe meinen Umhang fester um mich, als ich zügig über die Ländereien laufe. Leichter Nebel hängt über den Wiesen, Tau auf dem Gras und Feuchte kriecht in meine Schuhe. Egal. Ich werde ihn treffen, dafür nehme ich ein nasses Paar Socken gerne in Kauf. Dort steht er, an einen Baum gelehnt, sieht zu mir hin, und ich kann seine Blicke spüren. In solchen Momenten merke ich, dass ich nicht allein bin. Nicht mehr. Doch sein Gesicht verkündet alles andere als gute Laune. Ich erreiche ihn und warte, dass er mir sagt, was Sache ist. Ich bin es nicht gewohnt, dass er mit schlechter Stimmung auf mich wartet. Normalerweise heitert uns die Aussicht auf Gesellschaft auf. „Guten Morgen!“, sagt er. Nicken. „Was ist los?“ Ich weiß, dass es schlecht ist, sofort zu fragen, aber ich will nicht, das mir das den Morgen vermiest. Egoistisch. Das weiß ich auch. Bei meiner Frage verengt er kurz die Augen und murmelt dann: „Sie haben mein Foto.“ Welches Foto? Ich weiß nicht was er meint, doch bevor ich dem weiter nachgehen kann, erklärt er: „Mein Familienfoto. Das letzte, das ich hatte. Und irgendjemand hat es mitgenommen.“ Für einen Moment Stelle ich mir vor, dass es mein Fotoalbum, gewesen ist, dass sie genommen haben. Dann weiß ich, wie er sich fühlt. Tue dies nicht als unwichtig ab. Es ist alles, was noch geblieben ist. „Weißt du, wer es war?“ Doch er schüttelt den Kopf. „Nein...glaub mir, ich wäre schon lägst bei ihm und würde ihn verhexen...“ Das kann ich mir gut vorstellen. Es wäre garantiert kein netter Fluch. „Und du bist dir sicher, dass du es nicht einfach nur verlegt hast?“ Das kann auch passieren. Aber... „Ehrlich mal, glaubst du, ich bin zu blöd dazu, einen Aufrufezauber anzuwenden?“, unterbricht er mich und sieht mich gereizt an. Ich habe keine Ahnung von seinem magischen Talent. Vielleicht kann er es ja wirklich nicht... Doch ich vertraue darauf, das Voldemort nur einigermaßen fähige Leute damit betraut, Dumbledore zu ermorden. Nein, keine bitteren Gedanken. Nicht auf ihn reagieren. Einfach nur da sein. Nicht wütend. „Aber vielleicht kann ich es ja nur nicht finden, weil es der berühmteste Zauberer dieser Zeit hat? Der Junge, der sich weigerte zu sterben weigert sich doch nicht etwa auch, mir mein Eigentum wiederzugeben?“ Verbitterung zeichnet Dracos Gesicht, ich kann sehen, wie seine Gesichtszüge sich verzerren und der Zorn in seinen Augen. „Ich hab es nicht....“, versuche ich das unvermeidliche abzuwehren. Ich weiß, wie Leute aussehen, die sich nicht mehr zurückhalten können. Ich hatte schließlich das Vergnügen, siebzehn Jahre mit den Dursleys zu verbringen. „Wirklich nicht? Aber es ist ja nicht verwunderlich, dass du mir immer noch nicht traust. Ich bin ja nur Malfoy. Malfoy, der Todesser... Wer könnte dir schon einen Vorwurf machen, wenn du mir das Einzige klaust, das mir noch wichtig ist!“ Er scheint erst hinterher zu bemerken, wie viel er von sich preisgegeben hat und stürzt sich in meine Richtung, den Zauberstab erhoben, einen Fluch auf den Lippen. Blitzschnell ziehe ich den meinen und murmele „Expelliarmus!“, wie ich es aus monatelanger Übung gelernt habe. Dann geschieht etwas wahrlich seltsames, etwas, das ich noch nie so gesehen habe. Unsere beiden Flüche treffen aufeinander, die Luft vibriert und es sieht aus, als würden sie verschmelzen. Was passiert dort? Doch bevor ich weiter nachdenken oder mich wundern kann, spüre ich einen ungeheuren Sog in meiner Magengegend und finde mich auf dem Boden wieder. Was...? Ich höre ein erschrecktes Aufkeuchen und schaue in die Richtung aus der ich es vermute. Weit muss ich meine Blick allerdings nicht schweifen lassen, denn genau über dem meinem sehe ich sein Gesicht. Er sieht mindestens so verwirrt aus wie ich. Nach einigen Sekunden, als er sich sicher ist, dass die uns gewollten Ereignisse für heute ein Ende haben, knurrt er „Was war das, Potter?“ und starrt wütend auf mich hinunter. Doch ich kann nur hilflos den Kopf schütteln. Wüsste ich es, könnte ich mich jetzt einfach aufsetzen und ihn von mir herunterschubsen. Doch sobald ich eine Bewegung mache, die dieses auch nur andeutet, scheint mein Gehirn den Muskeln jegliche Information zu verweigern und ich erstarre mitten in der Luft. Ich liebe Zauberei. Ich liebe ihre Nebenwirkungen. Seit einigen Minuten liegen wir nun schon so da, Dracos Oberkörper liegt auf meiner Brust und schnürt mir fast die Luft ab und seine knochige Hüfte drückt unangenehm gegen...Nun ja. Ignorieren wir das. Und doch, obgleich aller Unannehmlichkeiten, stört es mich nicht besonders, so dazuliegen. Schon lange ist mir niemand mehr so nahe gekommen, schon lange hat mich niemand auch nur berührt. Ich kann nicht behaupten, dass es mich nicht freut, endlich wieder den Körper einer anderen Person zu spüren. Und sei es den Malfoys. Es ist in keiner Weise sexuell. Es ist einfach nur..schön. So langsam verliere ich jegliches Zeitgefühl, ich starre entweder in den Himmel oder in sein Gesicht oder in seine Augen oder ins Gras, aber das ist noch langweiliger als der Himmel- und außerdem nass. „Harry...“; fängt mein Obermann nach einiger Zeit wieder an und reißt mich damit aus meinen nichtssagenden Gedanken. Auf einmal bin ich wieder Harry. Seine Wut ist verraucht und er sieht zerknirscht zu mir. „Ja?“ „Es tut mir Leid.“ Ich sehe in seine Augen und bei meinem Blick knicken sein Arme, die er zu beiden Seiten meines Kopfes gestämmt hat um, mich zu entlasten, ein. „In Ordnung. Es ist in Ordnung. Ich hätte das Gleiche getan“, erwidere ich und meine es genau so. Und außerdem- ist es nicht schon schlimm genug, hier zu liegen? Auf einmal spüre ich, wie sich der Druck auf meinen Brustkorb auf einen Schlag zu verdoppeln scheint. Die Arme neben meinem Körper sind verschwunden. Was...? Dann spüre ich, wie er mich umarmt. Er... Es muss ihm wirklich schlecht gehen. Normalerweise würde er so etwas niemals tun. Und doch bleibe ich still dort liegen, genieße es, seinen Körper zu spüren, so als gäbe man mir ein seltenes Geschenk. Und irgendwie ist es ja auch so, oder? Dann schließe ich die Augen und lege meine Arme um ihn. Ich denke nicht, dass ich diesen Morgen vergessen werde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)