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Lover's duty

Mist! Er hat es bemerkt!
von

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One

„Also, ich...“

„Was?!“ Seine Stimme klang kalt und abweisend.

„Ich... Ich wollte...“

„Krieg endlich den Mund auf, verdammt! Das ist ja nicht zum aushalten!“ Genervt verdrehte er die Augen. Ihm war nur allzu deutlich anzusehen, dass er nicht die geringste Lust auf dieses Gespräch hatte.

„Uhm...“

„JETZT REDE ENDLICH!“
 

Bei diesen harschen Worten zuckte Aoi wie unter Schmerzen zusammen. Es war nicht fair von ihm, so zu reagieren. Nicht in dieser Angelegenheit. Aber vielleicht, so dachte er, würde er seine Worte noch bereuen, wenn er erfuhr, um was es ging...
 

„J-ja, entschuldige!“

Er atmete einmal tief durch, um sich wenigstens etwas zu beruhigen und fuhr sich hastig mit der rechten Hand durch die Haare. Wie immer, wenn er gestresst war. „Also: Was willst du mir sagen?“

„Ich... Das ist ein bisschen kompliziert... Ich hoffe, du nimmst mir das jetzt nicht übel...“

„Bitte! Bring’s endlich auf den Punkt!“

„Na gut. Ich...“

„Oh, sorry, warte mal kurz! Ich glaub, mein Handy klingelt!“
 

Innerlich schlug Aoi die Hände über dem Kopf zusammen. So etwas unsensibles durfte doch einfach nicht wahr sein! Aber so war die Welt nun einmal. Hart und grausam. Da konnte er sich auf den Kopf stellen und noch so elegant mit den Zehen wackeln – es würde sich nicht das geringste ändern. Da hieß es stark sein. Augen zu und durch!
 

„Sag mal, spinnst du?!“

Ebenso erschrocken wie irritiert ließ er das noch immer vor sich hin klingelnde Handy sinken. „Eh?!“

„Erst tust du so, als hättest du keine fünf Minuten Zeit für mich, und jetzt willst du auch noch in aller Ruhe telefonieren? Hast du überhaupt eine Ahnung, wie scheiße es mir geht?!“

„Äh... Was?“

„Verdammt, ich versuche die ganze Zeit, dir zu sagen, dass ich dich liebe! Weißt du überhaupt, wie schwer mir das fällt?“
 

Mit einer raschen, routinierten Handbewegung griff Aoi nach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher aus.

Diese Geschichte würde ein Happy End haben. Das war sicherer als das Amen in der Kirche. Und er wollte es auf keinen Fall sehen. Er hasste Happy Ends wie die Pest! Soviel Glück auf einmal konnte er einfach nicht ertragen. Warum ging es anderen so gut, während er unglücklich war? Konnten die blöden Fernseh-Typen nicht wenigstens ein bisschen Rücksicht auf seine Gefühle nehmen?

Gut, zugegeben: Keiner konnte wissen, dass er hier alleine zu Hause auf dem Sofa hockte und sich selbst bemitleidete. Schließlich hatte er keinem gesagt, dass es ihm schlecht ging. Im Gegenteil. Er hatte sich in den letzten Wochen solche Mühe gegeben, möglichst fröhlich und unbeschwert zu wirken, dass seine Bandmember und sonstigen Freunde glauben mussten, dass es ihm besser ginge denn je. Vielleicht hatte er den Beruf verfehlt. Er hätte Schauspieler werden sollen. Talent hatte er ja...

Bitter auflachend erhob sich der Gitarrist und tapste auf nackten Sohlen in die Küche, um sich ein Glas Wasser zu holen. Danach würde er nachschauen, ob im Fernsehen ein Quiz lief. Oder besser ein Melodram. Oder er würde nach langer Zeit einmal wieder ein Buch lesen. Oder regungslos auf dem Sofa sitzen, die Tapete anstarren und sich mal wieder über den kleinen Kaffeefleck links unten in der Ecke ärgern. Alles war besser, als die Wohnung noch einmal zu verlassen...

Als er ins Wohnzimmer zurückkehrte, drang ein dumpfes Klingeln an seine Ohren. Es dauerte einen Augenblick, bis er das Geräusch zuordnen konnte, dann jedoch wühlte er hastig zwischen den vielen Sofakissen herum, bis er schließlich sein Telefon zu Tage förderte, das gerade dabei war, sich die kleine Seele aus dem Leib zu klingeln.

Mist! Eigentlich wollte er jetzt mit niemandem sprechen. Wenigstens an diesem Abend nicht. Aber eigentlich war es ja seine eigene Schuld... Er hätte gleich den Stecker ziehen sollen! Aber jetzt war es wohl zu spät. Wenn ihn schon jemand anrief, musste er auch abnehmen. Sonst würde dieser Jemand am Ende noch auf die Idee kommen, sich Sorgen um ihn zu machen. Und das wollte er auf keinen Fall riskieren. Er wollte nicht, dass irgendjemand davon erfuhr...
 

„Mh?“, fragte er unmotiviert ins Telefon.

„Aoi? Bist du dran?“

Aha. Ruki also. Da musste er sich zusammenreißen. Der Kleine war sensibel genug, um etwas zu wittern, wenn er nicht wenigstens versuchte, sich möglichst normal zu verhalten. Auch wenn man es dem Vocal nicht ansah, hatte er wirklich ein feines Gespür für die Probleme und Unpässlichkeiten seiner Kollegen.

„Oh, hey, Ruki!“, flötete Aoi fröhlich ins Telefon. Reflexartig hatte er ein gestelltes Grinsen auf sein unglückliches Gesicht gezwungen.

„Stör ich irgendwie?“, erkundigte sich sein Gesprächspartner skeptisch.

„Äh... Nein! Wie kommst du denn darauf?“

„Du klangst nicht grade begeistert, als du abgenommen hast...“

Oh Mist! Er hatte es bemerkt! Natürlich hatte er es bemerkt! Schließlich war er Ruki! Jetzt musste eine glaubhafte Ausrede her. Und das möglichst schnell. „Ich...“ Aoi zögerte kurz, unschlüssig, was er sagen sollte. „Ich hab ein Problem mit meinem Reiskocher!“ Er lachte. „Der will irgendwie nicht so, wie ich es will...“

„Ach so!“

Puh! Glück gehabt! Ruki schien ihm diese dämliche Lüge tatsächlich abzunehmen. Das war wirklich haarscharf...

„Weshalb rufst du an?“

„Ich wollte dich nur fragen, ob du Lust hast, heute Abend was mit uns trinken zu gehen. Die anderen kommen alle.“

Geschockt ließ Aoi das Telefon sinken. Nein, er hatte keine Lust! Nicht, wenn ER mitkam! Und das würde er wohl... Wenn Ruki ‚alle‘ sagte, dann meinte er auch ‚alle‘. Und er würde es nicht ertragen, ihn zu sehen... Es würde ihm nur wieder so weh tun... Es war schlimm genug, dass er ihn jeden Tag bei den Proben sehen musste!

„Aoi?!“, schrie Ruki ins Telefon. Hastig hob der Gitarrist es wieder ans Ohr.

„Sorry, Ruki!“ Wieder versuchte er sich an einem falschen Lachen. „Ich musste nur verhindern, dass mir mein Reiskocher um die Ohren fliegt!“

„Schon gut...“ Ruki grummelte leise. Er hasste es, einfach so abgestellt zu werden. „Also, was ist?“

„Nee, tut mir leid. Ich hab keine Zeit. Ein anderes Mal gerne!“, log Aoi.

„Nicht? Was hast du denn heute noch so wichtiges vor?“, hakte der Vocal nach und Aoi konnte sein misstrauisches Gesicht direkt vor sich sehen.

Ja, warum nicht? Da war wohl schon wieder seine Phantasie gefragt... „Ich hab ‘ner Freundin versprochen, ihr beim Umzug zu helfen. Weißt du, ich kenne sie schon seit der Highschool, und da...“

„Eine Freundin oder Deine Freundin?“, unterbrach Ruki neugierig.

„Eine Freundin“, erwiderte Aoi ohne lange zu zögern. Er atmete erleichtert auf. Anscheinend hatte Ruki ihm auch diese Lüge anstandslos abgenommen. Und das beste war: Diese Freundin existierte tatsächlich! Er würde also nicht in Erklärungsnot geraten, wenn Ruki sie aus irgendeinem dummen Grund einmal kennen lernen wollte. Hach, irgendwann würde er es sicher ins Guinness-Buch der Rekorde schaffen. Als bester Ausreden-Erfinder der Welt...

„Schade.“ Der Kleine klang ein bisschen enttäuscht. „Wir hätten uns echt gefreut. Schließlich warst du schon so lange nicht mehr mit uns weg.“

Nochmal Mist! Er hatte also auch das bemerkt! „Naja... Vielleicht klappt’s ja in den nächsten Tagen mal...“ Hoffentlich nicht!

„Also dann! Schönen Abend noch! Und schlepp nicht zu viele Kisten!“ Mit einem vergnügten Lachen verabschiedete sich Ruki und legte auf.

Aoi ließ sich seufzend auf sein Sofa sinken. Das Telefon warf er achtlos neben sich, sodass es sofort wieder in den Kissen versank. Jetzt würde er wirklich den Stecker ziehen...

night

Diesmal ein wirklich sehr, sehr kurzes Kapitel. Und Aoi kommt nicht ein einziges Mal darin vor!^^ (Dabei geht es die ganze Zeit nur um ihn...)

Ja, ja, was für Chaoskinder! Na, ich hoffe, dass es euch trotzdem gefällt! Qualität hat schließlich nichts mit Quantität zu tun...

Aber jetzt sollte ich die Vorrede Vorrede sein lassen und endlich mit dem dummen Gelaber aufhören. Viel Spaß beim Lesen!
 

Kopfschüttelnd stieg Ruki zu den übrigen drei Bandmembern ins Auto. Er verstand einfach nicht, warum Aoi in letzter Zeit so wenig Interesse daran zeigte, etwas mit ihnen zu unternehmen. Vielleicht wunderte er sich ja über nichts und wieder nichts, doch der Gitarrist hatte in den vergangenen Tagen wirklich verdächtig viel um die Ohren gehabt. Ständig hatte er irgendwelche Freunde oder Bekannten besucht und ihnen bei irgendetwas geholfen. Umzug, Unfall, Arzttermin, Rentenversicherung, Theater... Immer etwas anderes.

„Sag nicht, dass er schon wieder nicht kommt!“, befahl Reita, als er den doch ziemlich eindeutigen Gesichtsausdruck seines Freundes sah.

Ruki zuckte etwas hilflos mit den Schultern und setzte ein schiefes Grinsen auf. „Ich müsste lügen...“

„Och nee!“, nörgelte Reita. „Das gibt’s ja nicht! Was war’s denn diesmal? – Nein, warte! Lass mich raten: Der Goldfisch seiner Großtante hatte eine Magenverstimmung und er musste ihn unbedingt zum Tierarzt bringen, weil das liebe Frauchen einen dringenden Friseurtermin hatte. In Sachen Dauerwellen und so. Hab ich nicht recht?“

„Nicht wirklich“, erklärte Ruki mit einem sehr gequält wirkenden Lächeln. „Er muss einer Freundin beim Umzug helfen. Das hat er mir zumindest gesagt...“

Reita verdrehte genervt die Augen. „Jetzt mal ehrlich, Leute!“, meinte er. „Das kann doch so langsam kein Zufall mehr sein! Gut, Aoi war schon immer übertrieben hilfsbereit, aber so viel kann kein Mensch auf einmal zu tun haben! Der will doch gar nichts mit uns unternehmen! Außer bei den Proben sehen wir ihn fast gar nicht mehr. Mich würde wirklich mal interessieren, was in letzter Zeit mit ihm los ist...“

„Mich auch“, mischte sich Kai ein. Der Gesichtsausdruck des Drummers lag irgendwo zwischen traurig und enttäuscht. „Aber glaubst du wirklich, dass er uns absichtlich aus dem Weg geht? Ich meine, er wirkt doch überhaupt nicht, als hätte er irgendein Problem...“

„Und wer sagt dir, dass er nicht nur so übertrieben fröhlich tut?“, fragte Reita zurück. „Er hat sich in den letzten paar Wochen über nichts beschwert! Nichts hat ihn gestört, kein Essen hat schlecht geschmeckt, der Kaffee war nie zu kalt, das Wetter war war sieben Tage in der Woche und 24 Stunden am Tag einfach nur wunderbar und so weiter. So viel gute Laune ist auch nicht gerade überzeugend!“

„Reita hat recht, Kai!“, stimmte Ruki zu. „Ich finde sein Verhalten auch ziemlich auffällig. Vielleicht sollten wir ihn mal fragen, was los ist. Auch wenn ich kaum glaube, dass er uns darauf tatsächlich eine Antwort geben wird.“

„Aber wir müssen es trotzdem versuchen!“, meinte Kai. „Wir können doch nicht einfach so tun, als wäre alles in Ordnung!“

Reita nickte. „Und er wird uns was sagen, verlasst euch drauf!“ Er grinste gemein.

Auch Ruki nickte zustimmend. Er hatte ebenfalls nicht vor, so einfach aufzugeben... Dann wandte er sich an den Einzigen, der zum Thema ‚Aoi und seine Ausreden‘ bisher nicht ein einziges Wort gesagt hatte: „Uruha? Was meinst du?“

Eine kurze, erwartungsvolle Stille trat ein. Der zweite Gitarrist regte sich nicht, sah scheinbar interessiert aus dem Fenster. Auch, als er endlich zu sprechen begann, schien er es nicht für nötig zu halten sich umzudrehen und seine Freunde anzusehen, soweit dies in einem Auto überhaupt möglich war.

„Was macht euch eigentlich so sicher, dass Aoi uns nicht einfach aus dem Weg geht, weil er ein Problem mit UNS hat?“, fragte er. „Es könnte doch sein, dass er uns nicht sehen möchte, weil er uns oder einen von uns nicht mehr leiden kann...“

„Bist du verrückt?“,rief Reita entgeistert. „Warum sollte er? Wir haben ihm keinen Anlass dafür gegeben!“

„Möglicherweise schon...“

„Wie meinst du das?“, wollte Kai wissen. „Ich will nicht, dass er sich von uns abwendet!“

„Wie man es auch dreht und wendet, wir haben keine andere Wahl, als ihn darauf anzusprechen“, stellte Ruki etwas ruhiger fest. „Vielleicht machen wir uns ja auch völlig umsonst Sorgen und er hatte in letzter Zeit wirklich nur ein bisschen viel um die Ohren. Ich glaube auch nicht, dass er plötzlich irgendetwas gegen uns hat. Von uns hatte schließlich keiner Streit mit ihm, oder?“ Reita und Kai schüttelten den Kopf, was Ruki einfach auch stillschweigend auf Uruha bezog. „Gut. Dann auf zu Aoi! Ich bin schon mal gespannt, ob er tatsächlich nicht zu Hause ist...“

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Tja, da wären wir schon bei Kapitel drei! Wie schnell das doch gehen kann!^^

Ich will auch diesmal nicht unnötig lange Reden schwingen und wünsche euch daher einfach nur kurz viel Spaß bei eurem erneuten Ausflug in Aois zugegebenermaßen konfuse Gedankengänge. Ich hoffe wirklich für ihn, dass er bald einsieht, dass sein (ohnehin nicht wirklich vorhandenes) Problem nicht sein vollkommen intakter Reiskocher ist... Vielleicht bringen ihn seine Freunde ja tatsächlich zum Reden. Oder stehen sie am Ende doch vor verschlossener Türe? Wir werden sehen...^^
 

Selbst mit ausgestecktem Telefon gelang es Aoi nicht, die Ruhe zu finden, die er sich erhofft hatte. Gerade hatte er sich wieder aufs Sofa verzogen und sich daran gemacht, die Fernsehzeitung aufs genaueste zu studieren, da ertönte auf einmal ein lautes Grollen. Erschrocken drehte er sich zum Fenster und sah... Nun ja... Gar nichts. Draußen war es dunkler als in der schwärzesten Nacht, nur ein paar Straßenlaternen flackerten einsam vor sich hin. Dabei war es erst kurz vor Sieben!

Seltsam... Was mochte dort draußen nur vor sich gehen? Neugierig legte er die Fernsehzeitung beiseite und stand auf, um nachzusehen, was los war.

Aoi hätte wirklich mit Allem gerechnet. Selbst ein Angriff von Außerirdischen oder der Weltuntergang hätten ihn nicht überrascht. Nur das Naheliegendste war ihm natürlich nicht in den Sinn gekommen: ein Gewitter. Und was für eines!

Kaum hatte er das Fenster einen Spalt breit geöffnet, da setzte auch schon der Regen ein. Ein heftiger Windstoß drückte gegen das dünne Glas und ließ es gefährlich knirschen. Große Regentropfen klatschen auf den wasserempfindlichen Parkettboden.

Ein kaum merkliches Glücksgefühl überkam Aoi. Gewitter waren etwas wunderbares... Rasch öffnete er das Fenster so weit wie möglich und lehnte sich ein Stück hinaus. Binnen Sekunden war er vollständig durchnässt, doch das störte ihn nicht im geringsten. Genießerisch schloss er die Augen und gab sich ganz der düsteren Stimmung hin. Das Wetter war wie bestellt! Ein perfektes Abbild seiner eigenen Gefühlswelt...

Lange Zeit war nichts weiter zu hören, als das monotone Prasseln des Regens, ab und zu durchbrochen von mächtigem Donnergrollen. Ein dunkles, lautes Krachen. Fast wie Kais Drums... Aoi seufzte leise auf. Er vermisste seine Freunde wohl doch mehr, als er gedacht hatte. Wenn schon einfacher Donner in seinen Ohren klang wie ein erstklassiges Schlagzeugsolo, war das schon fast so etwas wie eine Entzugserscheinung. Dabei sollte er doch zufrieden sein, so allein mit sich, dem Fernseher und einem glücklicherweise noch voll funktionsfähigen Reiskocher.

Doch er fühlte sich schrecklich einsam. Seine selbst gewählte Isolation tat ihm überhaupt nicht gut, wie ihm in diesem Moment schmerzlich bewusst wurde. Aber etwas an der Situation zu ändern, kam für ihn nicht in Frage. Er wollte IHM nicht häufiger begegnen müssen, als es unbedingt notwendig war. In seiner Gegenwart kam er sich ausnahmslos immer vor wie der größte Idiot, der jemals über Gottes Erdboden marschiert war. Er wusste nicht einmal, wie er ihn ansehen sollte, und ein vernünftiges Gespräch mit ihm lag ohnehin im Bereich des Unmöglichen. Es grenzte schon an ein Wunder, wenn er sein zusammenhangloses Gestotter überhaupt ansatzweise verstand...

Aoi fragte sich wirklich, womit er das verdient hatte. Warum musste er sich nur derart unglücklich verlieben? Wäre er diese dämlichen Gefühle endlich wieder los, würde er sich wenigstens nicht mehr benehmen wie der letzte Depp, sobald er ihn auch nur von weitem sah! Schluss mit den Peinlichkeiten und dem ewigen Versagen! Er würde sich sicherlich nicht halb so oft verspielen, wie –

„Aoi!“

Nanu? War das nicht seine Stimme?

Nein, das konnte nicht sein! Er war bestimmt meilenweit entfernt von dieser Wohnung, dieser Straße, diesem ganzen Viertel, und saß gemütlich in irgendeiner Bar. Zusammen mit den Anderen. Ohne auch nur einen einzigen Gedanken an ihn zu verschwenden. Ungläubig fasste Aoi sich an die Stirn. War es schon so weit mit ihm gekommen? Litt er jetzt sogar schon unter Wahnvorstellungen?

„Aoi, verdammt!“

Ja, das musste es sein. Erst vor kurzem hatte er in irgendeiner klugen Zeitschrift gelesen, dass es zu äußerst real wirkenden Haluzinationen führen konnte, wenn man sich zu viel mit ein und derselben Sache beschäftigte. Und er beschäftigte sich eindeutig zu viel mit seinen konfusen Gedanken, die sich wiederum fast außschließlich um ihn drehten. Er sollte damit aufhören. Sonst würde er schneller in die Klapse wandern, als er seinen Namen rufen konnte... Argh, schon wieder!

„Scheiße Mann, ich sehe doch, dass du da bist!“

Hui! Für eine Wahnvorstellung verfügte der Gute über ein doch recht handfestes Vokabular. Wenn er schon von ihm tagträumte, könnte er sich doch wenigstens etwas zuvorkommender benehmen, oder?

Ach, egal! Einfach nicht darauf eingehen! Wenn er die Stimme nur überzeugend genug ignorierte, würde sie mit Sicherheit von alleine wieder verschwinden...

„Aoi, du dämlicher Idiot! Mach endlich die scheiß Türe auf, oder willst du warten, bis uns der verdammte Regen in den Pazifik gespült hat?! Wenn du deinen Arsch nicht sofort und auf der Stelle vom Fenster weg bewegst und uns reinlässt, dann verpass ich dir einen Satz heiße Ohren!“

In gewisser Weise hatte Aois Taktik tatsächlich zum Erfolg geführt: Die melodiöse Stimme seiner großen Liebe war tatsächlich nicht mehr zu hören. Dafür allerdings ein außerordentlich wütender Ruki, dessen Worte eindeutig zu echt klangen, um sie noch effektiv ignorieren zu können.

Erschrocken schlug Aoi die Augen auf und blickte hinunter auf die Straße. Dort waren doch tatsächlich vier Fünftel von Gazette versammelt, alle triefend nass und merklich schlecht gelaunt.

Als er den ersten Schock halbwegs überwunden hatte, beeilte sich der Gitarrist, der Aufforderung des Sängers nachzukommen und seine Kollegen ins Haus zu lassen. Innerlich beglückwünschte er sich zu dieser unübertroffenen Blödheit. Nicht genug damit, dass seine Freunde jetzt wussten, dass er sie angelogen hatte, er hatte sie auch noch stundenlang im Regen stehen lassen, obwohl sie wirklich nicht schwer zu bemerken gewesen waren. Eigentlich fast schon zu bescheuert, um wahr zu sein...

Ein Gutes hatte die Sache aber trotz allem: Unter den gegebenen Umständen konnte Aoi wenigstens mit absoluter Sicherheit davon ausgehen, dass er noch nicht unter Wahnvorstellungen litt...

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Oh Mann, diesmal hat's aber wirklich lange gedauert mit dem neuen Kapitel! Tut mir echt leid!^^"

Aber wie gesagt: Erst war ich in Paris und dann lag ich, bzw. liege ich seit über einer Woche mit Angina im Bett. Heut hab ich mich dazu aufgerafft, endlich mal zum PC zu wanken und das Kapitel fertig zu schreiben. Ich hoffe, ihr verzeiht mir. Immerhin ist das Kapitel länger als die vorhergehenden und auch das Rätsel um Aois große Liebe wird endlich gelöst! Also viel Spaß beim Lesen!
 

Aoi hatte niemals verstehen können, wie die Samurai in früheren Jahrhunderten so dämlich sein konnten, dass sie sich freiwillig den Bauch aufschlitzten, nur, um ihre Ehre zu bewahren. Allein der Gedanke sein Leben so leichtsinnig und unreflektiert wegschmeißen zu wollen, war ihm immer lächerlich vorgekommen.Gedärme gehörten in den Körper und nicht an die frische Luft und damit basta! Seppuku? No way!

Jetzt allerdings hatte sich seine Meinung zu diesem Thema grundlegend geändert. Die Aussicht, irgendwo tot in einem Haufen meterlanger Darmwindungen zu liegen und seinen Freunden die Erklärungen, die sie aller Wahrscheinlichkeit nach gleich verlangen würden, zwangsläufig schuldig zu bleiben, erschien ihm auf einmal gar nicht mehr so unattraktiv. Schließlich standen seine Chancen, sich doch noch irgendwie aus der Angelegenheit heraus zu lügen und undurchschaut davon zu kommen, nicht gerade gut.

Was sollte er denn auch sagen? Dass ihn diese Freundin erst gegen später erwartete? Wäre theoretisch möglich, klang aber nicht besonders überzeugend. Es war bereits Abend und welcher Vollidiot würde schon mitten in der Nacht umziehen wollen? Außer ihm selbst – die Idee, spontan Namen, Adresse und Haarfarbe zu ändern, oder sogar auszuwandern, fand er eigentlich recht verlockend – vermutlich niemand.

Dass sie kurzfristig abgesagt hatte? Ebenfalls möglich, aber unglaubwürdig. Seit Rukis Anruf waren ja nur ein paar Minuten vergangen. Und nachdem seine Freunde ohnehin schon Verdacht geschöpft zu haben schienen, würden sie diese Ausreden vermutlich sehr verdächtig finden.

Wie er es auch drehte und wendete, er sah keine Chance, irgendwie seine Ehre zu bewahren. Der Gang zur Türe kam ihm vor wie der Gang zum Schafott, und als er langsam den Türöffner betätigte und die Klinke herunterdrückte, fühlte er sich, als hätte ihm der Henker bereits die Schlinge um den Hals gelegt. Seine Hände zitterten nervös und seine Kehle war wie zugeschnürt. Fast fürchtete er, keine Luft mehr zu bekommen. Und irgendwo, versteckt in den tiefsten Tiefen seiner Gehirnwindungen, keimte der Gedanke auf, dass er es mit seinen Lügen vielleicht etwas übertrieben hatte...

Nur Sekunden später tapste auch schon Ruki in die Wohnung, zog sich die klitschnassen Schuhe von den Füßen und warf sie achtlos in die Ecke. Dann drückte er Aoi seine ebenfalls völlig durchnässte Jacke in die Hände, schob sich merklich schlecht gelaunt an ihm vorbei und machte sich auf den Weg zur Küche. Und nicht nur er verzichtete auf jegliche Art von freundlicher Begrüßung: Auch Reita, der direkt nach ihm den Eingangsbereich betrat, beschränkte sich darauf, sein nasses Zeug abzuschütteln wie eine Schlange ihre alte Haut. Die großen Pfützen von Regenwasser, die seine Kleidungsstücke auf dem empfindlichen Boden hinterließen, störten ihn nicht im geringsten.

Nur Kai schien das sintflutartige Wetter nicht die Laune vermiest zu haben. Falls das denn überhaupt möglich war. Während sich Uruha stumm und unbemerkt hinter seinem Rücken in die Wohnung schlich, setzte er ein strahlendes Grinsen auf und klopfte Aoi freundschaftlich auf die Schulter.

„‘n Abend!“, trällerte er erschreckend gut gelaunt. „Also weißt du, Aoi, ich bin schon ein bisschen sauer, dass du uns so lange im Regen stehen gelassen hast, aber im Gegensatz zu manch anderen Leuten bin ich wenigstens nicht nachtragend. Jetzt häng schon die Jacken auf und komm mit ins Wohnzimmer! Wir wollen mit dir reden!“

Wir wollen mit dir reden. Aoi schluckte schwer. Damit war es also amtlich. Sie hatten ihn durchschaut. Jetzt hieß es Haltung bewahren!

Er setzte ein extrem gekünsteltes Grinsen auf, nickte auffällig euphorisch und verstaute die Jacken irgendwo zwischen seinen Sachen. Der Gedanke, sie vielleicht erst einmal ins Bad zu bringen und austropfen zu lassen, war ihm irgendwie nicht gekommen...
 

Hastig folgte Aoi seinen Bandkollegen ins Wohnzimmer, Schritt für Schritt tapfer darauf achtend, das er nicht unterwegs sein Grinsen verlor. Als er die leicht angelehnte Türe aufschob und in die erwartungsvollen Gesichter seiner auf Sofa und Sesseln platzierten Freunde blickte, war er sich ziemlich sicher, niemals zuvor so nervös gewesen zu sein.

„H-hi, Leute!“, grüßte er und trat unruhig von einem Bein aufs andere, die Hände fest ineinander verschränkt. „Uhm... Sorry, dass ich euch hab stehen lassen, ja? Tut mir echt leid! I-ich war in Gedanken.“ Schweigen. Anscheinend hatten seine Freunde nicht vor, sich mit dieser Antwort zufrieden zu geben. Aber Aoi wollte, das heißt: er konnte nicht mehr sagen. „Wo-wollt ihr vielleicht was trinken?“, stotterte er schließlich mühsam zusamen, um die entsetzliche Stille zu durchbrechen.

„Nein“, erwiderte Ruki kühl und betont langsam. „Das wollen wir nicht. Wir wollen eigentlich viel lieber wissen, in welcher Art gedanklicher Sphären du so lange geschwebt hast, dass du es tatsächlich geschafft hast, uns geschlagene zehn Minuten lang zu ignorieren.“

Zehn Minuten? Aoi bekam eine Gänsehaut. Wie weit war es nur schon mit ihm gekommen? „Uhm...“

„Und wehe, du fängst jetzt wieder mit deinem scheiß Reiskocher an! Dann fang ich nämlich an zu SCHREIEN!“

Oh Mann, Ruki war wirklich sauer! Die Lage war bedenklich. Sicherheitshalber trat Aoi zwei Schritte zurück, um zu verhindern, dass er den kleinen Sänger gleich an der Gurgel hatte, falls er versehentlich etwas falsches sagen sollte. Und das würde er tun. Ganz bestimmt.

„Ähm.. Also gut!“ Er kratzte sich etwas verlegen am Kopf. „Ich hab nicht an meinen Reiskocher gedacht!“ Ein etwas schiefes Grinsen folgte.

„Und was war es dann?“, hakte Ruki nach.

„Ehm...“ Ja, was war es denn dann gewesen? Komplizierte Sache... Eine Ausrede musste her... Ein Königreich für eine Ausrede! Und den König gleich dazu! Und... Ach, es hatte einfach keinen Sinn!

Gedanklich rannte Aoi schon im Kreis, als er von Rukis wütendem Räuspern aus seiner Verzweiflung gerissen und in einen noch viel tieferen seelischen Abgrund gestürzt wurde. Er glaubte, den Blonden noch niemals zuvor so... aggressiv gesehen zu haben.

„Sag mal, Aoi...“, begann der sonst so geduldige Sänger gefährlich leise. „Denkst du nicht, dass du uns eine Erklärung schuldest?“

„E-eine E-e-erklärung?“

„Ja, eine Erklärung. Du gehst uns aus dem Weg. Wir möchten wissen, warum. Wo liegt dein Problem?“

„W-wie kommt ihr darauf, dass ich ein Problem habe?“ Aoi kicherte verstört. Ruki war wirklich nicht in der Laune, weiter um den heißen Brei herumzureden... So langsam brannte ihm der Boden unter den Füßen. Vielleicht sollte er rasch in die Küche laufen, um sie im Gefrierfach zu kühlen?... Nein, das sah ein bisschen zu sehr nach spontaner und unüberlegter Flucht aus.

„Ihr müsst schon zugeben, dass der Kleine irgendwie recht hat, Leute“, mischte sich schließlich Reita ein, wobei er betont desinteressiert seine Fingernägel begutachtete und anschließend sein Nasenband zurechtrückte. Aoi hob den Kopf und ein hoffnungsvolles Leuchten trat in seine dunklen Augen. Hilfe von Reita? Konnte er darauf wirklich hoffen? „Woher wollen wir wissen, dass mit ihm irgendwas nicht stimmt? Es könnte doch auch normal für ihn sein, dass er seine Freunde anlügt, sie im Regen stehen lässt, keine vernünftigen Antworten gibt...“

„Ach, halt doch die Klappe, Reita!“, motzte Ruki. „Ich glaub, Aoi hat auch so verstanden, dass er diesmal nicht so einfach davonkommt!“

Oh verdammt! Aoi war nahe daran, vor lauter Verzweiflung den Kopf gegen die nächstbeste Wand zu hauen. Mehrmals. Hilfe von Reita! Was für ein absurder Gedanke! Wie war er nur darauf gekommen?

„Willst du uns nicht sagen, was dich quält?“, kam es mitfühlend von Kai. Sein übliches Riesengrinsen hatte sich in ein sanftes, verständnisvolles Lächeln verwandelt und Aoi fühlte sich beinahe augenblicklich ein bisschen wohler. Dennoch blieb das Problem, dass er seinen Bandkollegen irgendetwas glaubhaftes erzählen musste, nach wie vor bestehen. Vielleicht war es ja das beste, ihnen zu erzählen, dass er unglücklich verliebt war, aber nicht zu sagen, in wen? Nein. In seiner Gegenwart war das zu riskant. Sie könnten etwas ahnen...
 

„Aoi?“

Er erstarrte. Langsam und sehr, sehr vorsichtig drehte er den Kopf Richtung Fenster, um ihn anzusehen. Er wirkte etwas verlassen, so ganz alleine auf dem großen Sessel...

„Du willst nicht mit uns sprechen, nicht wahr? Nicht mit uns allen zusammen.“

Aoi nickte, auch, wenn es ihm schwer fiel. So wie ihm in seiner Gegenwart überhaupt alles schwer fiel. Aber warum war er denn nur nicht wütend? Warum zeigte er so viel Verständnis?

„Gut.“ Er lächelte aufmunternd, dann erhob er sich. „Dann werden Reita, Ruki und ich jetzt gehen.“ Der Sänger öffnete den Mund, um vehement Widerspruch einzulegen, doch er brachte ihn mit einer beschwichtigenden Handbewegung zum Schweigen. „Du kannst mit Kai reden. Ich glaube, er ist im Moment am besten gelaunt. Ruki würde wahrscheinlich Hackfleisch aus dir machen und mit Reita kann man sowieso nicht vernünftig reden. Und ich... Na, lassen wir das!“ Er lachte Aoi noch einmal kurz zu, dann war er auch schon im Flur verschwunden. Ruki und Reita folgten grummelnd. Natürlich ohne ein einziges Wort des Abschieds.
 

Wie paralysiert starrte Aoi ihnen nach. So viel Verständnis... Eigentlich ein richtiges Wunder. Der Auslöser seines Problems selbst hatte ihm den Hintern gerettet. Nur ein Grund mehr, ihn zu lieben...

Nun ja, beendet war die Angelegenheit wohl trotzdem nicht. Jetzt war erst einmal Beichtstunde bei Vater Kai angesagt. Aber möglicherweise war das sogar ganz gut. Es konnte ja immerhin sein, dass er sich danach besser fühlte. Und dass er dann jemanden zum Reden hatte.

Andererseits konnte es natürlich auch passieren, dass Kai entsetzt schreiend davon laufen und den Rest der Band und am besten auch gleich die Presse informieren würde. Dann würde er aus der Band fliegen, könnte seine große Liebe nie wieder sehen, hätte vier seiner besten Freunde verloren und... Aoi musste sich wirklich zusammenreißen, dass er nicht doch noch mit dem Kopf voraus gegen die Wand lief! Wieso konnte er nicht einmal zehn Sekunden am Stück positiv denken?!

„Aoi?“

Ach, richtig, Kai war ja noch da! Seufzend drehte sich der Angesprochene um. „Ja, Kai?“

„Was ist denn jetzt dein Problem?“

„Uruha...“

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So, hat ewig gedauert, aber da ist sie endlich: die Fortsetzung! Viel Spaß damit!^^
 

Kai sah Aoi eine ganze Weile verständnislos an. Dann schüttelte er betont langsam den Kopf, als wollte er seine wirren Gedankengänge so wieder in Reih und Glied bringen. Dieser zugegebenermaßen recht seltsame Versuch war natürlich nicht von Erfolg gekrönt. „Uhm... Uruha?“, fragte er verwirrt. Aus seinem Blick sprach pures Unverständnis.

Gut, wenn er es sich so überlegte, war es durchaus möglich, dass Aoi ein Problem mit Uruha hatte. Schließlich schien er ihn, oder besser gesagt sie alle, in letzter Zeit ja überhaupt nicht mehr sehen zu wollen. Vielleicht hatte Uruha ja tatsächlich recht gehabt mit seiner Vermutung, dass Aoi einen aus der Band plötzlich nicht mehr leiden konnte. Aber dass dieser Jemand dann ausgerechnet er selbst sein sollte...? Und was konnte Aoi schon groß gegen ihn haben? Wenn sie sich gestritten hätten, hätte Uruha bestimmt davon erzählt. Kurz: Kai hatte nicht den blassesten Schimmer, was Aoi gemeint hatte. „Was ist denn mit Uruha?“

Aoi wich seinem forschenden Blick aus und sah zu Boden. „Das... Ich...“, stammelte er und spürte, wie ihm das Blut in den Kopf schoss. Nervös die Hände ineinander verschränkend wandte er sich ab, um sein Gesicht vor Kai zu verbergen. Draußen regnete es immernoch in Strömen. Wie gerne wäre er jetzt einer dieser Regentropfen gewesen! Einfach so im Gulli verschwinden zu können musste ein herrliches Gefühl sein... Aber leider, leider war das ja nicht möglich. Er wusste, dass er jetzt beichten musste. Er hatte keine andere Wahl mehr, und war es seinen Freunden genaugenommen auch schuldig, aber die Worte wollte den Weg von seinem Gehirn zum Mund einfach nicht finden. Vielleicht sollte man ihnen eine Karte zeichnen...

„Du?“, hakte Kai nach. Seine Stimme klang sanft und freundlich, vermutlich, um Aoi ein bisschen zu beruhigen, doch sein Gesichtsausdruck verriet deutlich, dass er keinerlei Ausweichsversuche dulden würde.

Aoi fing leise an zu zählen. Bei zehn würde er es tun. Er musste es tun. Jetzt oder nie! Außerdem war immerhin Kai zu seinem Beichtvater erklärt worden, und nicht Reita. Wenn er ihn darum bat, würde er die Sache sicher nicht weitererzählen. Hoffentlich...

Zehn! Er krazte jedes bisschen Mut zusammen, das er auftreiben konnte, auch das allerletzte Fitzelchen, hob den Kopf, und schaffte es tatsächlich irgendwie, Kai ins Gesicht zu sehen. Seine Augen wurden feucht. „Verdammt, ich hab mich in ihn verliebt!“, schrie er in einem Ausbruch spontaner Verzweiflung, bemerkte kaum, dass ihm wahre Sturzbäche von Tränen über die zart geröteten Wangen liefen. Irgendwie war es doch eine Erleichterung, diese Wahrheit laut auszusprechen. Es war so schön, endlich nicht mehr gut gelaunt tun zu müssen, endlich so viel weinen zu können, wie er wollte. Auch, wenn Kai ihn jetzt bestimmt auslachen würde.

Wie musste das auch aussehen? Erst schaffte man es kaum, ihm das Grinsen aus dem Gesicht zu wischen, und dann brach er plötzlich völlig zusammen. Irgendwie lächerlich. Solche Stimmungsschwankungen würden eigentlich eher zu einem pubertierenden Schulmädchen passen, als zu einem erwachsenen Mann, der außerdem auch noch von sich behauptete, professioneller Musiker zu sein. Gut, das hatte nicht wirklich etwas mit dem Thema zu tun, aber trotzdem schlimm genug.

Doch Kai lachte ihn nicht aus.

Erst schien er nicht so recht zu begreifen, was Aoi ihm hatte mitteilen wollen, denn er schaute immernoch ziemlich kariert aus der Wäsche. Dann aber wandelte sich sein Gesichtsausdruck. Aus Verständnislosigkeit, wurde erstaunte Erkenntnis, aus Erkenntnis eine beinahe väterliche Miene. Sanft, aber bestimmt zog er Aoi in seine Arme und setzte sich mit ihm aufs Sofa. Er schien wirklich ein bisschen Halt zu brauchen. Eigentlich irgendwo verständlich...

„Shh... Ist ja gut...“, redete Kai beruhigend auf das zitternde Bündel in seinen Armen ein und streichelte ihm zärtlich über den Rücken. Und da sagte man immer, Liebe sei ein schönes Gefühl! Aoi sah auch bei näherer Betrachtung nicht unbedingt glücklich aus... Kai selbst sah die ganze Sache nicht so dramatisch. Er war nur ein bisschen überrascht. Damit hatte ja nicht einmal Ruki gerechnet. Und Ruki war sehr sensibel, was die Gefühle anderer Leute anging, auch wenn man das manchmal kaum glauben wollte. „So schlimm ist das auch wieder nicht. Ich bin sicher, Uruha wird Verständnis dafür haben und...“

„STOP!“, schrie Aoi und presste sich entsetzt die Hände auf die Ohren. „Kein Wort mehr! Wehe, du wagst es, irgendjemandem davon zu erzählen! Das würd ich nicht überleben!“

„Sag mal, Aoi...“, meinte Kai betont sanft und nahm ihm vorsichtig die Hände wieder von den Ohren, damit er ihn auch hören konnte. „Glaubst du nicht, dass du ein bisschen übertreibst?“

Aoi sah ihn aus rot verweinten Augen erschrocken an. Übertreiben? Er übertrieb doch nicht! Nie! Was war das nur für ein absurder Gedanke?! Rasch schüttelte er den Kopf. Er konnte sich wirklich keine größere Katastrophe vorstellen, als dass Uruha das erfuhr. Dann könnten sie sich beide nicht mehr unbefangen in die Augen sehen, und Aoi fand es schon schrecklich genug, dass er alleine das nicht fertigbrachte. Was es für ein sinnloses Gestotter hingeben würde, wenn Uruha auch noch damit anfing, war ja nicht auszudenken!

„Gut“, stimmte Kai zu, konnte sich ein kleines, amüsiertes Grinsen aber beim besten Willen nicht mehr verkneifen. „Ich werde nichts sagen, wenn du es so willst. Aber dann solltest du dich ein bisschen normaler benehmen. Sonst löchern dich Reita und Ruki so lange mit Fragen, bis du wahnsinnig wirst.“ Er kicherte leise. Aoi und verliebt! Dass er das noch erleben durfte! Und dann auch noch so verzweifelt... Irgendwie war das richtig niedlich.

Mehr als ein schwaches Nicken brachte Aoi nicht zustande. Normal benehmen? Er hatte immer gedacht, dass er sich normal benahm. Da das aber anscheinend nicht normal genug gewesen war, um seine Freunde dauerhaft zu täuschen, wusste er auch nicht mehr weiter. Wie stellte Kai sich das bitteschön vor? Vielleicht wusste er ja, wie man sich normal benahm, Aoi jedenfalls schien das irgendwie verlernt zu haben. Und Kai schien auch keine übergroße Lust zu haben, seine Weisheit mit ihm zu teilen. Statt dessen entließ er Aoi aus seiner Umarmung, lehnte ihn gegen das Sofa und erhob sich.

„So, ich mach uns jetzt einen schönen, heißen Tee“, erklärte er fröhlich lächelnd. „Und dann sehen wir uns noch einen Film an. Vielleicht fühlst du dich danach ein bisschen besser.“ Er zwinkerte ihm noch einmal kurz aufmunternd zu, dann war er auch schon in der Küche verschwunden.

Ein schwaches Lächeln schlich sich heimlich auf Aois Lippen. Man konnte sagen, was man wollte: Kai hatte manchmal einfach etwas von einem alten Hausmütterchen an sich. Fehlten nur noch Schürze und Kochhandschuhe...

all

So, diesmal wieder ein Kapitel, in dem Aoi nicht direkt vorkommt (auch wenn sich natürlich trotzdem alles nur um ihn dreht). Ist ein bisschen lang geworden... Aber ich hoffe, das stört keinen!^^

Viel Vergnügen damit! Und seid nicht zu streng mit Kai. Er meint's ja nur gut...
 

Als Kai am Mittag des nächsten Tages Aois Wohnung verließ, nahm er sofort sein Handy zur Hand und wählte Rukis Nummer. Er hatte zwar versprochen, alles für sich zu behalten, doch er hatte den Eindruck, dass es besser war, wenigstens einem seiner Freunde davon zu erzählen. Sonst würde dieses ‚Problem‘ niemals eine Lösung finden und Aoi über kurz oder lang in den Wahnsinn treiben.

„Moshi moshi“, meldete sich Ruki. Er klang ein bisschen verschlafen.

„Ruki?“

„Guten Morgen, Kai. Und? Was gibt’s neues?“

„Aoi hat mir alles erzählt“, meinte Kai ohne lange Umschweife. „Kann ich vorbeikommen?“

„Ob du vorbeikommen kannst? Du MUSST! Ich erwarte dich in der nächsten Viertelstunde.“

Kai wollte gerade erklären, dass er es in dieser kurzen Zeit unmöglich bis zu Ruki schaffen konnte, da hatte dieser auch schon aufgelegt.
 

Keine zehn Minuten später stand Kai völlig außer Atem vor Rukis Türe und klingelte Sturm. Aus einem ihm unbekannten Grund war er plötzlich schrecklich nervös. Wer konnte schon sagen, wie Ruki die Neuigkeit aufnehmen würde? Überrascht vermutlich. Und dann? Was würde er sagen? Wenn er – wider Erwarten – ein Problem damit haben sollte, konnte Kai sein Testament machen. Aoi würde ihm mit bloßen Händen den Hals umdrehen, wenn er bemerkte, dass er nicht wie versprochen die Klappe gehalten hatte. Und danach würde er sich vermutlich im Waschbecken ertränken, weil ihm das ganze so peinlich war...

Es dauerte nicht lange, bis Ruki öffnete. Wahrscheinlich hatte er schon die ganze Zeit gewartet... Auf seinem Gesicht lag ein erwartungsvoller Ausdruck und seine Augen sprühten geradezu vor Neugier. Er packte Kai am Arm, zog ihn in die Wohnung und wartete ungeduldig, bis er endlich seine Schuhe ausgezogen hatte. Dann schob er ihn kurzerhand in die Küche, wo zu Kais Erstaunen bereits Reita saß und an einer Tasse Kaffee nippte.

„Da bist du ja endlich!“, knurrte der Bassist und wies Kai an, sich zu setzen. „Ging das nicht schneller? Oder hast du unterwegs noch ‘n Eis gegessen?“

Kai sah ihn böse an, hielt es jedoch nicht für notwendig, etwas zu erwidern. Reita wusste schließlich, dass Aoi nicht gerade um die Ecke wohnte, und dass es eine beinahe rekordverdächtige Leistung war, die ganze Strecke in nur zehn Minuten zurückzulegen.

„Aoi hat dir also alles erzählt“, brachte Ruki die Konversation ohne lange Vorreden auf das Thema, das alle Anwesenden so brennend interessierte. Er hatte sich Kai gegenüber gesetzt, sah ihn jedoch nicht an. Sein Blick war starr auf eine leise vor sich hintickende Wanduhr irgendwo über dem Kopf des Drummers gerichtet. „Unsere Sorgen waren demnach berechtigt?“

„Ich wette, er hat dir irgendwelchen Mist über irgendeine ach so tragisch in die Brüche gegangene Beziehung erzählt“, mischte Reita sich bitter lächelnd ein. „Das wäre dann der Klassiker unter den Ausreden. Die letzte Chance für ihn, zu erklären, warum er sich benimmt wie ein radioaktiv verstrahlter Außerirdischer.“ Er nahm inzwischen an, dass Aoi tatsächlich irgendein mysteriöses Problem mit seinen Bandkollegen hatte und dass er sich eher die Zunge abschneiden würde, als einem von ihnen zu sagen, worin dieses Problem bestand. Uruhas Vermutung hatte wirklich plausibel geklungen...

Kai konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Damit liegst du gar nicht so falsch“, erklärte er wenig aufschlussreich. „Aber er hat mich nicht angelogen...“

„Aoi hatte ‘ne Freundin und wir wussten nichts davon?!“, fragte Ruki entsetzt. „Warum hat er denn nichts gesagt? Das hätte er uns doch erzählen können!“ Er sah Kai enttäuscht an. Vertraute Aoi ihnen am Ende wirklich so wenig?

„Du hast mich falsch verstanden, Ruki.“ Kais Grinsen wurde noch ein gutes Stück breiter und er klopfte dem Sänger aufmunternd auf die Schulter. „Er hat keine gescheiterte Beziehung hinter sich. Aber mit Liebe hat sein sogenanntes ‚Problem‘ schon was zu tun...“

Ruki verstand kein Wort. „Was...“, begann er, war sich jedoch nicht ganz im Klaren darüber, was er überhaupt sagen sollte und brach den Satz daher gleich wieder ab. Irgendwie war ihm bewusst geworden, dass es klüger war, erst zu denken und dann zu reden. Wobei das mit dem Denken gar nicht so einfach war, wie man sich das vielleicht vorstellte. Vor allem, weil sich alles in ihm vehement dagegen wehrte, die Begriffe ‚Aoi‘ und ‚Liebe‘ in eine bestimmte Relation zu setzten. Ein leises Stimmchen im Hinterkopf versuchte hartnäckig, ihm mitzuteilen, dass Kais Aussage nur zwei Schlüsse zuließ: nämlich, dass entweder irgendjemand in Aoi verliebt war, oder, dass er selbst... Ruki schüttelte hektisch den Kopf. Das wollte er nicht denken! Sollte Aoi tatsächlich verliebt sein, wäre das für ihn eine echte Katastrophe! Womöglich hatte er wirklich eine Freundin, vielleicht waren sie sogar schon verlobt oder...

„Aoi will heiraten?“, sprach Ruki seinen Gedanken laut aus und wirkte dabei fast ein bisschen verzweifelt.

Kai brauchte ein paar Sekunden, um Rukis bescheuerte Vermutung überhaupt erst aufzunehmen. Dann brach er in schallendes Gelächter aus. Ruki sah ihn ziemlich kariert an, wandte sich dann hilfesuchend zu Reita um. Dieser schien seinen Kaffee allerdings bedeutend interessanter zu finden, als Kais Lachanfall und auch auf Rukis Erklärung fordernden Blick reagierte er zunächst in keinster Weise. Schließlich erbarmte er sich aber und drehte sich mit einem leisen Seufzen zu Ruki um. „Ich glaube, damit hast du nicht unbedingt ins Schwarze getroffen“, bemerkte er sachlich und widmete sich wieder voller Hingabe seinem Kaffee.

„Aoi will nicht heiraten?“, vergewisserte sich Ruki sinnloserweise noch einmal und Kai wäre vor Lachen beinahe vom Stuhl gefallen. Wie konnte man nur so beschränkt sein? Und außerdem: Welcher Idiot würde um eine bevorstehende Hochzeit so einen Aufstand machen? Gut, zugegeben, Aoi war das durchaus zuzutrauen... Mit etwas Mühe gelang es Kai, sich wieder einigermaßen aufrecht hinzusetzen und sich ein bisschen zu beruhigen. Vollkommen außer Atem wischte er sich die Lachtränen aus den Augen.

„Macht er sich über mich lustig?“, wollte Ruki leicht säuerlich wissen und deutete mit dem Finger auf Kai, der natürlich sofort wieder zu kichern anfing.

„Naaaiin, überhaupt nicht“, erwiderte Reita gedehnt, ein belustigtes Grinsen auf den Lippen. „Er lacht, weil er vorher zu viele Kichererbsen gegessen hat.“ Auf Rukis Gesicht lag ein Ausdruck höchster Verwirrung, und Reita überkam plötzlich das Gefühl, irgendwie im falschen Film gelandet zu sein, zumal Kai von einem erneuten Lachanfall geschüttelt wurde, und so wenig Luft bekam, dass er nur noch gequält vor sich hin röcheln konnte. „Jetzt reiß dich aber mal zusammen, ne, Ruki-chan, und hör auf, Scheiße zu labern!“, befahl er und klopfte Ruki aufmunternd auf den Rücken. „Sonst lacht sich der arme Kai noch tot. Und dann erfahren wir nie, was los ist. Aoi wird uns nämlich bestimmt nichts sagen... Uhm, Kai? Wollen wir nicht Uruha anrufen? Den interessiert das bestimmt auch.“

Keuchend schüttelte Kai den Kopf. Sich irgendwie verbal dazu zu äußern, lag momentan nicht im Bereich des Möglichen; sein Bauch tat so weh... Erst eine volle Minute später, war er wieder in der Lage, ein paar sinnvoll aneinander gereihte Worte von sich zu geben. „Nein, nein, lass mal“, meinte er. „Ich hab Aoi eigentlich versprochen, euch nichts zu sagen, aber ich halte es für besser, wenn außer mir noch jemand bescheid weiß.“

„So tragisch?“, erkundigte sich Ruki.

„Nein, überhaupt nicht. Aber Aoi findet es ziemlich tragisch, glaub ich.“, meinte Kai und zuckte gleichgültig mit den Schultern.

„Was ist denn jetzt?“, hakte Reita ungeduldig nach. „Mach’s nicht so spannend, Kai!“ Ruki nickte fleißig.

„Also gut“, willigte Kai grinsend ein. Dieses kleine Ratespielchen begann so langsam, ihm Spaß zu machen... „Wie gesagt hat es etwas damit zu tun, dass Aoi verliebt ist.“

„Schrecklich!“, kommentierte Reita mit deutliche ironischem Unterton in der Stimme und lehnte sich etwas in seinem Stuhl zurück. „Und was ist das Problem dabei? Hat ihm seine Angebetete einen Korb gegeben? Oder traut er sich nicht, sie zu fragen?“ Ja, das würde Aoi ähnlich sehen. Immer schön die Klappe halten, damit auch ja keiner bemerkte, was er wollte...

„Wer ist sie denn eigentlich?“, fragte Ruki leise und wirkte auf einmal seltsam blass. „In wen ist er verliebt?“, wiederholte er, diesmal noch zögerlicher, und fragte sich im selben Augenblick, warum er das tat, wenn er die Antwort doch eigentlich gar nicht hören wollte. Er hatte wirklich Angst davor...

Kai blickte vergnügt zwischen Reita und Ruki hin und her. „‘Sie‘?“, wiederholte er und kicherte amüsiert. „Wie kommt ihr denn darauf, dass es eine ‚sie‘ ist?“ Gut, Uruha war schon immer ein bisschen femininer gewesen als der Rest der Welt, aber eine Frau war er deshalb noch lange nicht...

Reita zog verwundert eine Augenbraue hoch. „Willst du damit sagen, was ich denke, dass du sagen willst?“, fragte er, wirkte plötzlich etwas wacher.

„Kommt ganz darauf an, was du denkst, dass ich sagen will“, erwiderte Kai und fragte sich, ob seine Aussage eigentlich irgendwie missverständlich war.

„Wer?“, wiederholte Ruki seine Frage.

„Jemand, den wir kennen?“, präzisierte Reita die Sache etwas.

Kai nickte, grinste jedoch nur stumm vor sich hin. Die Antwort auf diese Fragen sollten seine Freunde schon selbst finden, wenn sie nun einmal so nahe an der Lösung waren. Er genoss es, sie ein bisschen zappeln zu lassen...

Auch, wenn er es eigentlich gar nicht wollte, konnte Ruki nicht verhindern, dass ein leises Gefühl der Hoffnung von ihm Besitz ergriff. Sicher, es wäre Zufall... Aber warum sollte er nicht einmal im Leben Glück haben?

„Jemand... Jemand von uns?“, wollte er wissen. Seine Stimme zitterte leicht. Vielleicht hätte er doch schon längst etwas sagen sollen? Aber wie hätte er denn wissen können, dass Aoi auf Männer stand?

Als Kai abermals nickte, wurde er wirklich hibbelig.

„Na also!“, kommentierte Reita, scheinbar zufrieden. „Das klingt jetzt wenigstens ein bisschen nach Problem. Jetzt sag schon! Wer?“

Kai antwortete nicht, schenkte dem Bassisten nur ein geheimnisvolles Lächeln. Na los! Vier Mal dürft ihr raten!

„Du bist es ja wohl nicht“, stellte Reita wohlüberlegt fest und machte dabei ein Gesicht wie ein Philosoph. „Sonst hätte er nicht mit dir gesprochen. Und ich bin es auch nicht, denke ich.“

„Warum nicht?“, hakte Kai nach und Ruki bekam fast einen Herzinfarkt. Reita? Nein, bitte nicht!

„Ich... Keine Ahnung, is nur so ein Gefühl. Ich bin nicht nett genug zu ihm.“

„Als ob das ein Grund wäre, sich nicht in dich zu verlieben!“

„Bist du in mich verliebt, Kai?“

„Unsterblich.“

„Sag das nicht so...“

„Wie auch immer, du bist es nicht. Weiter.“

„Bleiben nur noch Ruki und Ruha“, überlegte Reita weiter. „Ruki oder Ruha? Ruki oder Ruha? Schwer zu sagen... Eigentlich kommen beide in Frage.“

Ruki hob den Kopf und sah Reita ängstlich an. Er wagte es einfach nicht, zu hoffen...

„Los, weiterraten!“, befahl Kai sichtlich vergnügt. „Du kommst schon noch drauf!“

Reita grummelte leise vor sich hin. „Nein, tu ich nicht!“, fauchte er. „Aois Verhalten liefert doch überhaupt keinen Anhaltspunkt!“

Kai schwieg. Und Reita fing an, ernsthaft zu überlegen.

Nein, in Aois Verhalten ließ sich wirklich kein Hinweis darauf finden, wem seine Liebe galt. Aber in Kais! „Okay, Kai, ich weiß es“, erklärte er kühl und lehnte sich entspannt lächelnd zurück.

Kai schenkte ihm ein zufriedenes Grinsen. „Sehr gut“, lobte er. „Und wer?“

„Uruha.“

Für den Bruchteil einer Sekunde blieb Rukis Herz stehen und sein Gesicht nahm eine ungesund weiße Färbung an. Natürlich. Das war ja so klar gewesen. Hatte er sich nicht vorgenommen, gar nicht erst zu hoffen? Na, leichter gesagt, als getan. Die Hoffnung war schon immer ein heimtückisches Biest gewesen. Er musste wohl oder übel damit leben. Zum Glück hatten sie Uruha nicht angerufen! „Uruha...“, echote er leise.

„Ja, Uruha“, bestätigte Kai und fand fast augenblicklich wieder zu einer gewissen Ernsthaftigkeit zurück. „Das Ganze macht Aoi wirklich ziemlich fertig. Ich denke, wir sollten versuchen, ihm irgendwie zu helfen.“

Reita nickte. „Ja, du hast recht.“, stimmte er zu. „Ich denke, das Beste wäre es, wenn er einfach mit Uruha reden würde.“

„Glaub ich auch“, meinte Kai. „Aber wie wollen wir ihn davon überzeugen?“

„Ach, das schaffst du schon!“, erwiderte Reita zuversichtlich. Kai sah ihn etwas belämmert an.

„Wie ‚ich‘?“

„Na, du halt. Sag ihm, dass das das Einzige ist, was ihm auf Dauer übrig bleibt.“

„Also gut.“, gab sich Kai seufzend geschlagen. Irgendwo hatte Reita recht. Aoi schien ihm immerhin wenigstens ein bisschen zu vertrauen... „Was meinst du, Ruki?“

„Ist wohl wirklich das Beste...“, nuschelte der Sänger desillusioniert und wie in Trance vor sich hin.

Reita grinste vergnügt vor sich hin. „Ich bin wirklich gespannt, was unser Leader-sama dazu sagt!“, sagte er noch, dann hatte er Kai auch schon das Telefon in die Hand gedrückt.

I

Hups, das Kapitel ist ja schon wieder so lang geworden!^^ Egal, was soll's... Ich hab nix weiter dazu zu sagen, also wünsche ich einfach wie immer kurz und knapp viel Spaß beim Lesen!^^
 

Das Telefon klingelte. Ein hässliches, unangenehmes Geräusch. Als Aoi den Hörer abnahm, überkam ihn eine unangenehme Vorahnung. Er konnte nicht sagen, warum, das Gefühl war einfach da.

„Ja?“, meldete er sich verunsichert. Keine Antwort. „Wer ist da?“

Wieder nichts. Ein dummer Scherz, hätte er jetzt normalerweise angenommen. Doch dieser Anruf war anders. Das Schweigen am anderen Ende der Leitung machte ihn nervös, ja, geradezu ängstlich, und ließ ihm kalte Schauer den Rücken herunterlaufen.

„Wer ist da?“, wiederholte er und seine Stimme klang brüchig. Plötzlich war es sehr dunkel geworden. Nur ein winziger Lichtschimmer, der irgendwo aus Richtung Fenster zu kommen schien, erhellte den Raum. Auch die Geräusche, die normalerweise von der Straße heraufdrangen, waren verstummt. Es war, als hielte die ganze Stadt gespannt den Atem an...

Und da, plötzlich, erklang am anderen Ende der Leitung eine leise, heisere Stimme. Aoi erschrak fürchterlich, hätte beinahe das Telefon fallen gelassen.

„Ich hasse dich...“, flüsterte die Stimme. Leise. Eindringlich. „Ich hasse dich...“

Aoi standen die Haare zu Berge. „W-wer?“, stammelte er erschrocken.

„Ich hasse dich...“

Er hatte das unbestimmte Gefühl, die Stimme kennen zu müssen... Es klang ein bisschen nach Reita. Oder war es Ruki? Nein! Nein, das war es sicher nicht. Bestimmt Uruha!

„Ich hasse dich...“

Aoi traten Tränen in die Augen. So sehr er sich auch bemühte, die Stimme eindeutig zu identifizieren, er schaffte es nicht. Es war absolut unmöglich. Eigentlich klang sie wie eine Mischung aus Reita, Ruki und Uruha...

„Ich hasse dich... Ich hasse dich... Ich hasse dich... Ich hasse dich... Ich hasse dich... Ich...“

Mit einem verzweifelten Schrei warf Aoi das Telefon von sich, doch die Stimme verklang nicht. Im Gegenteil: Sie schwoll auf eine immense Lautstärke an, sodass Aoi glaubte, sein Kopf müsse jeden Augenblick platzen. Panisch kreischend presste er die Hände auf die Ohren, wollte nichts hören; und der Raum fing an, sich in einer geradezu atemberaubenden Geschwindigkeit um ihn zu drehen, , immer schneller und schneller. Aoi kniff die Augen fest zusammen und schrie, und schrie, und schrie, bis...
 

...bis er schließlich keuchend erwachte. Hastig schlug Aoi die Augen auf und fand sich zu seiner eigenen, großen Verwunderung in seinem warmen, gemütlichen Bett wieder. Es war bereits heller Tag und das goldene Licht der wärmenden Spätsommersonne zeichnete ein bizarres Schattenmuster auf den alten Fußboden.

Etwas desorientiert fuhr er sich mit zittrigen Fingern über die Wange und stellte fest, dass er geweint hatte. Und zwar wahre Sturzbäche. Hoffentlich hatte er wenigstens nicht geschrien. Sonst würde bestimmt gleich die Polizei vor der Türe stehen. Gefolgt von der ganzen Nachbarschaft und einer Horde von Schaulustigen, die sehen wollten, wer ihn abgestochen hatte. Oder zumindest, wie ein toter Gitarrist aussah. Ein toter, berühmter Gitarrist, um präzise zu sein.

Seufzend setzte er sich auf und stellte mit einem unwilligen Grummeln die nackten Füße auf den rauen Boden. Er fröstelte. Im Zimmer kam es ihm unangenehm kühl vor, obwohl das Fenster sperrangelweit offen stand und die Hitze des ausgehenden Sommers bereits schwer hereindrückte. Aoi wünschte sich nichts sehnlicher als einen gut gefütterten Pelzmantel...

Mit Schaudern dachte er an das Telefonat mit Kai zurück, dass er am späten Abend des Vortages geführt hatte. Nach einigem hin und her hatte er dem Drummer doch tatsächlich zugestimmt und versprochen, Uruha seine Liebe zu gestehen. Und das noch an diesem Tag! Welcher Teufel hatte ihn da nur geritten?

Kai musste ihn irgendwie bequatscht haben. Anders konnte er sich das nicht erklären. Warum sollte er auch urplötzlich etwas tun wollen, gegen das er sich noch vor Stunden so vehement gewehrt hatte? Und warum ausgerechnet während einer Bandprobe? Gut, das war eigentlich keine Frage. Damit Kai überprüfen konnte, ob er auch Wort hielt, natürlich.

Noch immer nicht ganz auf der Höhe stieg Aoi aus dem Bett, duschte, und zog sich an. Auf ein Frühstück hatte er keine Lust. Im Gegenteil. Ihm war unsäglich schlecht, und seine Knie zitterten wie Wackelpudding. Vielleicht sollte er sich einfach krank melden? Oder behaupten, dass sein Reiskocher am Ende doch noch explodiert war?

Nein, das wäre wohl auch sinnlos. Ruki würde ihn wahrscheinlich erwürgen, wenn er es wagte, noch einmal das Wort ‚Reiskocher‘ in den Mund zu nehmen und Kai schien kein Erbarmen zu kennen. Zumindest nicht mehr. Wenn Aoi jetzt nicht zur Probe kam, würde er bestimmt binnen Minuten vor seiner Türe stehen und ihn an den Ohren zum Proberaum schleifen. Oder Uruha anschleppen und sie zusammen im Wandschrank einsperren, bis er es endlich gesagt hatte. Absolut erbarmungslos.
 

Als Aoi den Proberaum erreichte, blieb er erst einmal regungslos vor der leicht angelehnten Türe stehen und überlegte krampfhaft, ob es nicht vielleicht doch besser wäre, sie gar nicht erst zu öffnen und einfach wieder nach Hause zu gehen, sich die Bettdecke über den Kopf zu ziehen und weiterzuschlafen, bis der ganze grausige Albtraum endlich ein Ende gefunden hatte. Ganz ohne sein Zutun.

Von der anderen Seite der Türe drangen schwach die Stimmen seiner Freunde. So wie es sich anhörte, war er der Letzte. Aoi warf einen prüfenden Blick auf seine Armbanduhr. Er war zehn Minuten über der Zeit. Sonst so gar nicht seine Art. Aber an diesem Tag war es, als bestünde zwischen ihm und dem Raum hinter dieser Türe eine Art magnetische Abstoßung, die zu überwinden so gut wie unmöglich war.

Mit zitternden Fingern schob er die Türe auf und betrat zögerlich den Proberaum. Sofort richteten sich alle Blicke auf ihn. Aoi hätte am liebsten gleich wieder auf dem Absatz kehrt gemacht, um Hals über Kopf aus dem Zimmer zu stürzen, doch er biss tapfer die Zähne zusammen und schaffte es ohne zusammenzuklappen wie ein altes Kartenhaus bis zu seiner Gitarre. Bei jedem Schritt den er tat, konnte er Kais strengen Blick im Nacken spüren, und auch Reita und Ruki beobachteten ihn genau. Das heißt... Taten sie das wirklich? Aoi war sich nicht sicher. Schließlich wussten sie nichts von dem Abkommen, das er mit Kai hatte. Dennoch fühlte er sich irgendwie unter Druck gesetzt...

Vorsichtig hob Aoi den Kopf und schielte heimlich zu Uruha hinüber. Erschrocken musste er feststellen, dass auch der Leader ihn musterte. Er errötete leicht und senkte den Kopf schnell wieder zu Boden.

„‘n Morgen, Aoi“, grüßte Kai fröhlich und ließ von seinem Drumset ab, an dem er bisher fleißig herumgewerkelt hatte.

„Morgen“, nuschelte Aoi, ohne irgendjemanden dabei anzusehen. Dreifache Erwiderung. Dann Schweigen. Anscheinend wusste keiner so recht, was er sagen sollte, denn bis auch der zu spät gekommene Zweitgitarrist sämtliche Vorbereitungen technischer Art abgeschlossen hatte, herrschte absolute Stille.

Aoi kam sich irgendwie albern vor. Total fehl am Platz. Was zum Henker ging hier vor?! Was war das bitte für eine Stimmung?! Kai grinste nicht, Ruki redete nicht, Reita riss keine dummen Witze und Uruha machte ihn nicht zur Schnecke, weil er spät dran war. Okay, alles klar. Gegen wen oder was genau hatten welche Außerirdische seine armen Bandkollegen ausgetauscht? Alles was recht war: Das konnte doch nicht alles nur an ihm liegen!

„Na dann Leute, lasst uns anfangen!“, durchbrach Uruha schließlich mit einem etwas missglückten Lächeln die Stille und Aoi atmete dankbar auf. Uruha war wirklich ein Engel! Wieder einmal hatte er vollkommen unbewusst die Situation gerettet...
 

Die Probe verlief mehr schlecht als recht. Betonung auf schlecht. Aber wundersamerweise war das nicht Aois Schuld. Während er sich dermaßen auf seine Parts konzentrierte – er wollte auf keinen Fall an sein Versprechen Kai gegenüber denken – dass er nicht einen einzigen Fehler machte, sang Ruki, als hätte er niemals zuvor ein Mikrophon in der Hand gehabt, und auch Reita ließ hin und wieder eine falsche Note hören. Darüber hinaus klang Kais Spiel befremdlich ungeduldig...

Als Uruha die Probe schließlich unterbrach, wirkte er reichlich genervt. „Also wirklich!“, meckerte er schlecht gelaunt. „Bis auf die Gitarrenparts war die Probe heute echt grottig!“

„Eigenlob stinkt!“, zickte Reita missgelaunt zurück. Ruki hatte sich in eine Ecke verkrochen und starrte den Leader finster an.

Das Barometer zeigte Sturm, das spürte Uruha deutlich. Dementsprechend hielt er es für klüger, vorerst einmal das Feld zu räumen, und so verzog er sich stillschweigend vor die Türe, um eine Zigarette zu rauchen.

Aoi starrte ihm gedankenverloren nach. Er sah gut aus. Wie immer. Manche Leute konnten sich gegen eine gewisse, angeborene Eleganz einfach nicht wehren, aber bei Uruha lag der Fall noch etwas anders: Er war nicht einfach nur elegant. Er war annähernd perfekt. Nett, intelligent, und sein Körper... Sex auf zwei Beinen!

Irgendetwas traf Aoi hart am Kopf und ließ ihn überrascht aufschreien. Als das mysteriöse Etwas klirrend neben ihm zu Boden fiel, erkannte er, dass es einer von Kais Drumsticks war. Empört drehte er sich zu dem Besitzer um.

„Kai, verdammt!“, beschwerte er sich und rieb sich den schmerzenden Hinterkopf. „Was soll der Mist?!“

„Vom Hinterherstarren wird’s nicht besser!“, erklärte Kai schulterzuckend und setzte ein vielsagendes Grinsen auf . „Jetzt hau schon ab!“

Aoi zuckte kurz zusammen und sein Gesicht nahm eine ungesund weiße Färbung an. „Kai, bitte, ich...“

„Hau ab!“, befahl Kai, diesmal etwas nachdrücklicher, und deutete auf die Türe, hinter der Uruha verschwunden war.

Aoi nickte schwach und gehorchte. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals, er konnte kaum atmen. Doch es gab kein Zurück mehr. Kai würde nicht zulassen, dass er sich weigerte... Als er schließlich an Uruhas Seite trat, wäre er am liebsten gestorben. „Du, Uruha...“, begann er zögerlich, hielt jedoch gleich wieder inne. Schon diese beiden, unschuldigen Wörter hatte ihn unendlich viel Kraft gekostet.

Lächelnd drehte sich Uruha zu ihm um, doch er wagte es nicht, ihn anzusehen. „Nh? Was ist?“, erkundigte sich der Leader ahnungslos.

„Ich...“

„Du?“

„Ich... Ich...“ So sehr sich Aoi auch anstrengte, er kam einfach nicht weiter. Seine Zunge war auf einmal so schwer, so unbeweglich... Warum musste er das nur tun?! Warum?!

Uruha lachte leise. „Was ist denn?“, fragte er abermals. „Du bist ja total neben der Spur.“ Dann wurde er plötzlich wieder ernst. „War was mit Kai?“

Aoi schüttelte hastig den Kopf. „N-nein, mach dir keine Sorgen!“, stammelte er. „Ich... Es ist nur...“

„Ja?“, hakte Uruha ein drittes Mal schmunzelnd nach. Aoi stand völlig neben sich. Ein wirklich niedlicher Anblick... Aufmunternd legte Uruha ihm eine Hand auf die Schulter – und machte alles nur noch schlimmer.

„S-sei mir jetzt nicht böse“, bat Aoi total aufgelöst und spielte unruhig mit dem Saum seines T-shirts. „I-ich meine, d-dass klingt jetzt vielleicht blöde, und es tut mir auch echt leid, aber... ich... ich l-“

Genau in diesem Augenblick klingelte Uruhas Handy. „Oh, sorry! Einen Moment, bitte!“, entschuldigte er sich mit einem charmanten Lächeln und fischte das Ding aus seiner Hosentasche. Er konnte nicht sehen, wer ihn anrief, die Nummer war unterdrückt. Und als er abnahm, meldete sich der Anrufer nicht. Mit einem leichten Schulterzucken schaltete er das Gerät aus und steckte es wieder ein. Gerade wollte er sich Aoi zuwenden, da kam auch schon Reita um die Ecke.

„Hat einer von euch ‘ne Kippe für mich?“, fragte der Bassist frech grinsend. Und Aoi hätte sich eher die Zunge abgebissen und anschließend verschluckt, als jetzt noch etwas zu sagen.

„Ja, klar“, erwiderte Uruha freundlich und hielt ihm die Schachtel hin. Dann wandte er sich wieder an Aoi. „Hm, was wolltest du sagen?“

Aoi zuckte resigniert mit den Schultern. „Ach, war nich so wichtig“, nuschelte er, dann ging er zurück zum Proberaum. Hinter der nächsten Ecke hätte er beinahe Ruki über den Haufen gerannt. Der Sänger hatte mit dem Rücken zu ihm gestanden und ihn daher nicht kommen sehen. Er war gerade dabei gewesen, sein Handy wieder in der Jackentasche verschwinden zu lassen...

want.

Hallo, alle zusammen!^^

Da wären wir also beim letzten Kapitel von Lover's duty. Natürlich ist die Story hier nicht zu Ende; jeder, der dieses Kapitel liest, wird sehen, dass es ein eher sinnfreier Abschluss wäre. Weiter geht's trotzdem erst in Lover's duty 2, da der Kapitel-Überschriften-Satz (tolles Wort...) hier zu Ende ist. Anlässlich dieses letzten Kapitels will ich mich auch für die ganzen lieben Kommentare bedanken. Ich freu mich natürlich, wenn euch die Story gefällt! Und wer schon die ganze Zeit über darauf gewartet hat, dass Aoi Uruha endlich seine Liebe gesteht... Naja, vielleicht schafft er's ja mal.^^ Ich will ja nichts verraten, damit's nicht langweilig wird. Mit fortschreitender Kapitelzahl, wird die Sache schon noch vollständig geklärt... Und jetzt wünsche ich euch wie immer viel Spaß beim Lesen!^^
 

Abends saß Kai noch lange auf dem Sofa und dachte nach. Eine Flasche Sake leistete ihm dabei Gesellschaft. Und dafür war er wirklich sehr dankbar. Denn ohne sie hätte er die seltsamen Verdächtigungen, die sein Verstand ihm aufzwang, wohl gar nicht erst beachtet, sondern gleich zum zerebralen Sondermüll gegeben. Und das wäre nicht gut gewesen. Gar nicht gut, denn je länger er sich mit den Gedanken beschäftigte, desto überzeugter war er von ihnen.

Nach der Probe hatte er noch einmal versucht, Aoi endlich dazu zu bringen, Uruha seine Liebe zu gestehen, doch der hübsche Gitarrist hatte sich strikt geweigert. Im Grunde war es auch besser so. Es hatte sich schließlich keine gute Gelegenheit ergeben, da Ruki und Reita nicht auf sein wirres Gefuchtel – er hatte ihnen möglichst subtil zu verstehen geben wollen, gemeinsam mit ihm das Zimmer zu verlassen, damit Aoi und Uruha mal ein bisschen alleine sein konnten – reagiert hatten und nonstop an Leader-samas Rockzipfel geklebt waren.

Bis vor kurzem hatte er noch angenommen, dass sie einfach nicht begriffen hatten, was er ihnen mitteilen wollte, aber jetzt... Jetzt war er sich plötzlich gar nicht mehr so sicher, ob das ganze überhaupt Zufall gewesen war. Eigentlich sah das mehr nach einer vorsätzlichen, gut durchgeplanten Störaktion aus.

Im Nachhinein tat es Kai leid, dass er Aoi trotz allem noch ordentlich den Kopf gewaschen hatte. Der Arme war fast wieder den Tränen nahe gewesen; dabei hatte er doch eigentlich gar keine echte Chance gehabt, sein Versprechen zu halten und mit Uruha zu reden. Er hatte Kai von dem Anruf erzählt. Dem Anruf, der Uruha abgelenkt hatte. Nun, Ruki hatte etwa zur selben Zeit sein Handy gesucht, weil er telefonieren wollte, daran erinnerte er sich noch gut. Außerdem war die Reaktion, die der kleine, blonde Sänger gezeigt hatte, als er erfahren hatte, dass Aoi in Uruha verliebt war, bei näherer Betrachtung auch recht verdächtig. Er war so blass und still geworden...

Kai konnte es nicht beschwören und erst recht nicht beweisen, doch er hatte das dumme Gefühl, dass Ruki in Aoi verliebt war. Es musste ein ziemlicher Schock für ihn gewesen sein, auf diese reichlich unsanfte Art und Weise zu erfahren, dass er keine Chance hatte... Hätte Kai auch nur das Geringste von seinen Gefühlen geahnt, hätte er ihm die Angelegenheit sicher schonender beigebracht. Im Bezug auf die Liebe hatten seine Freunde anscheinend alle dieselbe schlechte Angewohnheit: Sie bekam einfach den Mund nicht beizeiten auf. Traurig aber wahr.

Im Endeffekt änderte das alles jedoch nichts daran, dass Ruki ein Problem darstellte. Ein Problem, das irgendwie behoben werden musste...

Was Reita anging, so musste sich Kai eingestehen, dass er aus seinem Verhalten nicht wirklich schlau wurde. Er wirkte überhaupt nicht verliebt oder sonst irgendwie mit der Situation unzufrieden. Und doch schien er Ruki aus irgendeinem mysteriösen Grund zu helfen... Schließlich war auch er permanent im Weg. Und genau das musste er zukünftig verhindern!

Einer spontanen Eingebung folgend begann Kai, in dem Zettelstapel herumzuwühlen, der sich im Laufe der Zeit neben seinem Telefon aufgetürmt hatte. Zwischen all den Flyern und Werbezettelchen musste einfach etwas zu finden sein!

Ein paar quälende Minuten und stapelweise Reklamezettel und Visitenkarten später hatte Kai endlich das Gesuchte zu Tage gefördert: einen aufwendig gestalteten, bunt bedruckten Flyer, der die Neueröffnung eines Ramen-Restaurants ganz in der Nähe ankündigte. Unten in der Ecke war eine Nummer vermerkt. Mit einem zufriedenen Grinsen nahm Kai sein Telefon zur Hand und wählte.
 

Etwas missmutig warf Uruha einen Blick auf die Uhr. Zum mindestens Tausendsten Mal. So langsam fragte er sich, ob Kai sich nur einen dummen Scherz mit ihm erlaubt hatte... Erst bestellte er ihn für Punkt acht in dieses – zugegebenermaßen ganz nette – Restaurant, erklärte ihm, dass der Rest von Gazette auch kommen würde, und dass er ja pünktlich dort auftauchen sollte, weil er etwas ungeheuer wichtiges zu sagen hatte. Und jetzt war es schon fast halb neun und er saß noch immer mutterseelenallein am Tisch. Kai anzurufen machte so wie es aussah auch keinen großen Sinn. Er ging nicht ans Handy.

Uruha beschloss, noch zehn Minuten zu warten. Dann würde er wieder nach Hause gehen. Schließlich hatte er keine gesteigerte Lust, den ganzen Abend alleine in einem Restaurant zu vergeuden. Er konnte ja nicht ahnen, dass er eigentlich überhaupt nicht alleine war!

Aoi – pünktlich, wie es nun einmal seine Art war - war nämlich auch schon längst eingetroffen. Allerdings zog er es vor, vor dem Restaurant auf den Rest der Band zu warten, statt noch ein zweites Mal an diesem Tag mit Uruha alleine zu sein. Dazu hatte er einfach nicht mehr die Kraft...

Nach guten zwanzig Minuten kam ihm die Sache dann aber doch spanisch vor, und er beschloss, sich nach dem Verbleib seiner Kollegen zu erkundigen. Nicht, dass da noch was passiert war! Man konnte schließlich nie wissen. Nachher waren sie alle synchron von der Leiter gefallen. Oder von ihren Waschmaschinen verschluckt worden. So ein Haushalt konnte durchaus eine Gefahr für Leib, Leben und Pünktlichkeit darstellen, wenn man einen schlechten Tag hatte. Und die modernen Zeiten waren bei weitem nicht so sicher, wie sie die unbedarften Erdenbürger gerne glauben machten....

Mit einem etwas sarkastisch geratenen Grinsen auf den Lippen kramte er sein Handy aus der Jackentasche und klingelte Kai an. Kai hatte ihn angerufen und herbestellt, also sollte Kai ihm jetzt auch erklären, warum er sich hier völlig sinnloserweise die Beine in den Bauch stand.

Doch Aoi wurde enttäuscht. Kai ging nicht an sein Handy. Und er stand noch immer alleine an der Straßenecke.

Also gut, dann eben nicht.

Enttäuscht klickte er in seinem Telefonbuch herum und blieb schließlich an Reitas Nummer hängen.

Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis der Bassist den Anruf entgegen nahm. Aoi hätte beinahe aufgelegt.

„Ja?“, fragte Reita demotiviert. „Was gibt’s?“

„Uhm...“, begann Aoi leicht perplex. Klar, er hätte von Reita keine Entschuldigung für sein Zuspätkommen erwartet, das wäre schon ein bisschen viel verlangt gewesen, aber wenn er schon eine gute halbe Stunde über der Zeit war, musste sich selbst der Bassist denken können, warum er anrief. So rücksichtslos war er nun auch wieder nicht...

„Also? Ich höre!“, grummelte Reita ungeduldig und holte Aoi etwas unsanft auf den Boden ihrer Unterhaltung zurück.

„Sag mal, wo steckst du eigentlich?“, fragte Aoi verunsichert.

„Wo soll ich schon sein?“, kam die wenig begeisterte Antwort. „Zu Hause natürlich...“

„Was?!“, Aoi traute seinen Ohren nicht. Er stand hier blöde rum und Reita dachte nicht einmal daran seinen faulen Arsch zum Treffpunkt zu bewegen! Was sollte denn der Mist?! „Du hockst in aller Seelenruhe zu Hause rum, während Uruha und ich uns hier zu Tode warten?!“

„Äh... Wie?“ Reita verstand nur Bahnhof.

„Jetzt sag nicht, du hast vergessen, dass wir uns um acht hier in diesen neu eröffneten Ramen-Restaurant treffen wollten! Das gibt’s ja wohl nicht! Kai hat mir erst noch eingeschärft, ja nicht zu spät zu kommen! Und jetzt? Jetzt ist er selber nicht da!“

Kai! So langsam ging Reita ein Licht auf. Wenn Kai seine Finger im Spiel hatte, dann konnte das nur eines bedeuten: Er versuchte schon wieder, Aoi und Uruha zusammenzubringen.

Erschrocken über diese Erkenntnis vergaß Reita einen Augenblick lang, dass Aoi am anderen Ende der nicht vorhandenen Leitung weiter fröhlich vor sich hinschimpfte, ließ das Handy sinken und starrte entgeistert Ruki an, der bei ihm auf dem Sofa saß und sich seit Stunden selbst bemitleidete. Das bedeutete Arbeit für sie...

„...ta! Reita! REITA!!!“ Aoi kam sich langsam aber sicher wirklich dumm vor. Erst ließ der Kerl ihn stehen, und dann hatte er doch tatsächlich die Stirn, ihn einfach so zu ignorieren. Das konnte doch wohl nicht wahr sein! Musste er sich das wirklich bieten lassen? „Reita, was soll der Scheiß?! Kommst du jetzt, oder kommst du nicht?“

„Äh... Ja, natürlich!“, antwortete Reita schnell. „Ich fliege!“

„Gut. Und sieh zu, dass zu Ruki mitbringst. Der fehlt ja auch noch....“

Als Aoi das Gespräch beendete, lächelte er zufrieden. Na, das klang doch schon einmal vielversprechend. Jetzt musste er nur noch Kai erreichen. Vielleicht hatte er sich ja inzwischen daran erinnert, dass Handys nicht nur ein hübscher Zimmerschmuck, sondern auch zum Telefonieren zu gebrauchen waren? Rasch wählte er die Nummer und wartete.

Nur Sekunden später meldete sich Kai. „Hey, Aoi!“

„Du lässt mich warten...“ Die Stimme des hübschen Gitarristen klang nicht wenig vorwurfsvoll.

„Bist du alleine?“

„Nein. Uruha ist da...“

Kai grinste stillvergnügt in sich hinein. „Und?“

„Was und?“

„Hast du’s ihm gesagt?“

„Kai, bist du verrückt?!“

Also nein. Kai fragte sich, was er eigentlich erwartet hatte. Irgendwie war es ja klar gewesen, dass Aoi wieder den Mund nicht aufbekommen würde... „Nein, du bist derjenige, der verrückt ist, wenn du so eine Chance nicht nutzt!“, erwiderte er wenig verständnisvoll. „Wer weiß, wann du das nächste mal mit ihm allein bist!“

„Aber Kai...“

„Nichts aber! Tut mir leid, dass ich zu spät bin, ich werde mich beeilen. Aber bis ich da bin, wirst du gefälligst mit Uruha reden!“

„Aber...“

„Keine Widerrede! Wehe ich komme nachher an und du hast nichts gesagt!“

„Also... Also gut“, stammelte Aoi. Irgendwie hatte er sich diese Unterredung mit Kai ein bisschen anders vorgestellt. Sollte nicht eigentlich er derjenige sein, der dem anderen Vorwürfe machte? Aber da hatte er wohl die Rechnung ohne Kai gemacht. „Dann beeil dich wenigstens. Ich halte das sonst nicht aus...“

„Ist schon gut. Ich bin fast da...“

Aois genuscheltes Danke hörte Kai nicht mehr. Er hatte aufgelegt.
 

Aoi hatte kaum das Restaurant betreten, da hetzten auch schon Reita und Ruki um die Ecke. Beide sahen mehr tot aus als lebendig, waren sie doch das ganze Stück von der Bahnhaltestelle gerannt, um ja nicht zu spät zu kommen.

„Und jetzt?“, keuchte Ruki erschöpft, als sie das Restaurant erreichten. „Was sollen wir jetzt tun?“

„Wie wärs mit reingehen?“, fragte Reita zurück. „Das ist naheliegend und stört genug.“

„Ja, aber was wird Kai dazu sagen?“, überlegte Ruki unsicher. „Wenn wir da jetzt reingehen, wird er wissen, dass wir gegen ihn arbeiten.“

„Mann, Ruki! Das klingt wie in so ‘nem billigen Spionagefilm!Jetzt reiß dich mal ein bisschen zusammen! Egal ob wir jetzt da reingehen oder nicht, Kai wird so oder so wissen, dass wir sein Vorhaben nicht unterstützen. Sonst wären wir doch gar nicht erst hergekommen... Lass uns erst mal durchs Fenster sehen, vielleicht können wir was erkennen.“

Ruki nickte resigniert und folgte Reitas Vorschlag. Irgendwie fühlte er sich ziemlich unwohl. Er hatte das eindeutige Gefühl, dass sie beide nicht hier sein sollten, und dass ihr Vorhaben falsch war. Dennoch hatte er beinahe panische Angst davor, Aoi und Uruha auch nur eine Sekunde länger alleine zu lassen. Vielleicht, ja, vielleicht hätte er einfach den Kopf eingezogen und sein Schicksal stillschweigend ertragen, wenn Reita nicht gewesen wäre. Ja, Reita. Er verstand die Motivation des Bassisten nicht so ganz. Oder um es anders zu formulieren: Er hatte nicht den Schimmer einer Ahnung, warum er ihm so unbedingt helfen wollte. Und genaugenommen war das auch egal. Möglicherweise würde er irgendwann einmal ausführlicher darüber nachdenken. Wenn er Zeit dafür hatte...

Durch das Fenster konnte Ruki sehen, wie Aoi sich zögerlich dem Tisch näherte, an dem Uruha saß und ungeduldig wartete. Er wirkte sehr unsicher. Und als der Leader ihn freundlich anlächelte und ihm einen Stuhl anbot, nahm seine Nervosität nur zu. Es brach Ruki fast das Herz, diese Szene beobachten zu müssen.

Als sich der kleine Vocal schließlich wieder zu Reita umdrehte, hatte sich dieser bereits abgewendet und die Eingangstüre fast erreicht, ja, er bedeutete Ruki gerade, ihm zu folgen, als er plötzlich unsanft zurückgehalten wurde. Kai war unbemerkt wie ein Schatten von hinten an ihn herangetreten, hatte ihn am Kragen gepackt und somit daran gehindert, das Restaurant zu betreten. Reita zuckte erschrocken zurück.

„Oh nein, das werdet ihr nicht tun!“, befahl Kai leise und eindringlich. „Ich habe die ganze Situation so schön arrangiert, das werdet ihr mir nicht kaputt machen. Nicht schon wieder.“

„Kai!“, fiepte Ruki überrascht. „Wo kommst du denn so plötzlich her?!“

„Oh, ich bin schon eine Weile da“, erklärte der Drummer ruhig. „Ich wollte Aoi beobachten, aber wie zu erwarten hat er mal wieder nichts gesagt, bis ich es ihm ausdrücklich befohlen habe.“

„Und jetzt?“, wagte Ruki schüchtern zu fragen.

„Jetzt?“ Mit einem etwas zu betont sanften Lächeln drehte Kai sich zu dem Blonden um. „Ich sag euch, was wir jetzt machen: Ihr werdet brav hier draußen warten, bis ich euch eine gegenteilige Anweisung gebe. Ich gehe jetzt da rein und höre mir das ganze an.“

„Was?!“, rief Reita sauer und tippte sich ungläubig an die Stirn. „Du bist ja verrückt! Wer gibt dir das Recht uns zu verbieten, dieses Restaurant zu betreten?! Das ist ein freies Land!“

„Ja, und das ist nicht eure Verabredung“, fauchte Kai. „Und deshalb werdet ihr mir jetzt brav gehorchen oder gleich wieder nach Hause gehen!“

„Du hast doch echt nicht mehr alle Tassen im Schrank, Kai!“, beschwerte sich Reita und riss sich los. Gerade wollte er weiterschimpfen, da hob Ruki beschwichtigend die Hand.

„Lass gut sein, Reita“, meinte er resigniert. Sein Gesicht hatte eine unnatürlich blasse Farbe angenommen. „Wir haben verloren. Geben wir‘s auf...“

Reita sah ihn entgeistert an. „Aber Ruki...“, begann er, doch der Vocal winkte müde ab.

„Lass gut sein.“

„Na also. Geht doch“, stellte Kai zufrieden grinsend fest. „Wir sehen uns dann später...“ Dann verschwand er im Restaurant.

„Ruki!“, versuchte Reita es noch einmal. „Das...“

„Das ist schon in Ordnung.“

„Bist du sicher?“

„Ja... Danke, dass du mir helfen wolltest. Auch wenn ich nicht ganz verstehe, warum...“

Ein schiefes Grinsen breitete sich auf Reitas Gesicht aus. „Das verstehst du nicht? Kannst du’s dir denn nicht denken...?“
 

Unbemerkt hatte sich Kai an einen Tisch in unmittelbarer Nähe von Aoi und Uruha gesetzt und verfolgte gespannt die Unterhaltung der beiden Gitarristen. Am liebsten hätte er sich selbst auf die Schulter geklopft. Sein Plan war gut. Er würde funktionieren. Vielleicht sollte er eines Tages eine Partnervermittlungsagentur aufmachen? Der Beruf würde ihm bestimmt liegen...

Eine Kellnerin kam an seinen Tisch und fragte ihn, was er bestellen wolle. Mit einem selbstzufriedenen Gefühl im Magen entschied er sich ohne lange nachzudenken einfach für das erstbeste, das ihm in den Sinn kam und wandte sich dann wieder seinem Schützling zu.

Aoi kaute nervös auf seinem Piercing herum. Er fragte sich, wie Kai es immer schaffte ihn zu Dingen zu überreden, die er überhaupt nicht tun wollte. Jetzt hatte er schon zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit versprochen, mit Uruha zu reden. Warum?

„Du bist so still“, bemerkte Uruha nach einer Weile.

Aoi nickte schwach. „Ja. Tut mir leid... Ich... Ich weiß auch nicht.“

Uruha lachte. „Schon gut. Ich find’s auch nicht gerade lustig, ewig hier warten zu müssen.“

Aoi nickte abermals.

„Sag mal... Du wolltest doch vorher mit mir reden?“

Erschrocken hob Aoi den Kopf. Seine Hände zitterten heftig. Warum hatte er sich das nur merken müssen? Naja, es machte eigentlich keinen Unterschied... „Ja...“

„Also, was wolltest du mir sagen?“

„Ich... das ist ein bisschen schwierig...“ Aoi hätte sich schlagen können, dass er schon wieder nicht den Mut aufbringen konnte, das Geständnis schnell hinter sich zu bringen. Es war wirklich schwierig. Und Uruhas fragender Blick machte es auch nicht einfacher. „Uhm... Wie soll ich sagen? Ich... Es ist so, dass...“ Wieder verstummte er. Egal wie er versuchte, seine Gefühle in Worte zu fassen, es kam ihm einfach nur lächerlich vor...

Uruha wunderte sich. Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, was Aoi ihm mitteilen wollte. Und warum ihm das so schwer fiel, war ein noch größeres Rätsel. Mit einem aufmunternden Lächeln griff er nach Aois Hand und drückte sie sanft. „Was?“
 

Die Bedienung stellte eine Schüssel Ramen vor Kai auf den Tisch, doch der Drummer machte keinerlei Anstalten, davon zu essen. Im Moment gab es wichtigeres.

So wie es aussah, standen Aois Chancen nicht einmal schlecht. Die Art, wie Uruha sanft seine Hand genommen hatte, sprach für sich. Vielleicht würde es einige Zeit dauern, bis der Leader die Tatsachen akzeptieren konnte, doch über kurz oder lang würde er es tun. Dann würde Aoi wohl nicht mehr zu ihm kommen, um sich bei ihm auszuheulen...

Ein unangenehmes Zittern durchlief Kai. So hatte er die Angelegenheit noch nie betrachtet. Wenn Aoi glücklich war, war er überflüssig. Kein schöner Gedanke.

Wieder warf er einen Blick zu seinen Bandkollegen, doch diesmal war er weniger selbstzufrieden. Im Gegenteil. Die beiden so vertraut zu sehen schmerzte ihn auf eine höchst seltsame Art und Weise. Und das machte ihm Angst. War es das, was auch Ruki fühlte?

Je länger er dort saß und unschlüssig sein Ramen anstarrte, desto bewusster wurde ihm, dass er sich mit seiner Hifsaktion sein eigenes Grab geschaufelt hatte. Wenn er auch nur zehn Minuten früher erkannt hätte, dass es keinesfalls in seinem Interesse lag, Aoi und Uruha zusammenzubringen! Wenn er doch früher erkannt hätte, dass ihm sehr viel mehr an dem Schwarzhaarigen lag, als er jemals geahnt hätte, wäre es für ihn ein leichtes gewesen, die Dinge zu seinen Gunsten zu drehen. Aoi vertraute ihm. Er hätte ihm problemlos einreden können, dass er bei Uruha keine Chance hatte. Aber jetzt war es möglicherweise schon zu spät...

Etwas hilflos tippte Kai mit den Essstäbchen sein Ramen an, fast, als wollte er ihm dadurch ein Lebenszeichen abnötigen. Was konnte er tun? Wenn er Reita und Ruki doch nur nicht aufgehalten hätte! Den beiden wäre sicher etwas eingefallen...

Sich einfach zu Uruha und Aoi zu setzen würde keinen Sinn ergeben. Zu verdächtig. Aoi würde sich nur wundern, warum er sein eigenes Spiel sabotierte. Nur... was blieb ihm anderes übrig?

Wieder fiel sein Blick auf das dampfende Ramen vor ihm. Und da kam ihm die rettende Idee!
 

Aoi musste sich zusammenreißen, um nicht einfach wegzulaufen. Uruha war so nett zu ihm. Würde er es auch noch sein, wenn er ihm die verhängnisvollen drei Worte endlich gesagt hatte? Er wusste es nicht. Er war sich nicht einmal sicher, ob er es überhaupt wissen wollte.

„Aoi, wenn du doch lieber nicht mit mir reden willst, dann...“, begann Uruha verständnisvoll, doch Aoi unterbrach ihn.

„Nein, ich... ich will es dir sagen“, brachte er mühsam hervor. „Es wird dich vielleicht schockieren, aber... ich... ich l-“

Aoi kam nicht dazu, den Satz zu vollenden. Denn genau in diesem Moment nahm Uruha eine Dusche der eher unfreiwilligen Art. Ein etwas zu schnell vorbeieilender Kellner war gestolpert, hatte sein Tablett fallen gelassen und den Inhalt der darauf befindlichen Schüsseln über den Lead-Gitarristen gekippt. Nudeln hingen wie frisch gefärbte Strähnchen in Uruhas Haaren, heiße Miso-Suppe lief ihm übers Gesicht und auf seiner Nase klebte ein bisschen Seetang.

Verständlicherweise hielt sich Uruhas Begeisterung über den Vorfall in Grenzen. Nachdem der erste Schock überwunden war, wollte er sich zu besagtem Kellner umdrehen, um ihn ordentlich zur Schnecke zu machen, doch seltsamerweise war niemand zu sehen. Der Mann war wie vom Erdboden verschluckt. Dafür starrte das halbe Restaurant erschrocken Uruhas wenig attraktive Ramen-Frisur an.

„Scheiße“, kommentierte Aoi nach Sekunden unangenehmen Schweigens. „Oh, du verdammte Scheiße...“
 

Ruki und Reita waren wie versteinert. Sie hatten das Geschehen von ihrem Beobachtungsposten vor dem Fenster aus beobachtet und konnten sich beim besten Willen keinen Reim darauf machen.

Erst als Kai hastig das Restaurant verließ und sich zu ihnen gesellte, fand zumindest Reita seine Sprache wieder.

„W-warum hast du das getan?“, fragte er mit brüchiger Stimme.

Kai sah ihn einige Zeit seltsam abwesend an. Dann zuckte er mit den Schultern. „Es musste sein“, flüsterte er. „Es musste einfach sein...“



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Kommentare zu dieser Fanfic (56)
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Von:  Len_Kagamine_
2013-01-16T21:13:22+00:00 16.01.2013 22:13
so habe mir gerrade den ersten teil durch gelessen ^^
und ich finde deinen schreib still toll ^^
ich finde auch den sichtwegsel gut
voralem wen nur eine sicht im kp kommt
wen mal im kp die sicht gewegselz wird komme ich zu erst durch einander aber das legt sich dann wider ^^

ich finde es gut das Aoi sich Kai gegen über geöffnet hat
Ruki tut mir leid das seine liebe unerwidert bleibt ich finde es nur doof das Ruki und Reiter alles versuchen damit Aoi es Uruha nicht sagen kann
man wiel doch eigenlich das der glüclöoch ist den man liebt und das Aoi das nicht ist sieht man ja
und zu erst fand ich Kais plan super aber wo Kai dan auch Plötzlich dagegen war war ich richtig ensezt und enteucht von Kai das er soger Aoi am ende in den rücken Fällt
das es einer macht ist noch gerade so okai für mich und so wie ich es mir denke macht Reita das auch nur weil er selbst was für Ruki empfindet aber wo Kai dan auch noch war ich einfach nur noch geschockt da Aoi in fertraut weil er ihn immer wider mutt zu gesprochen hat jetzt hat Aoi keinen mehr der ihn wirklich unterstüzt -.-
und das finde ich voll miss von seinen freunden voralem von Kai weil er gesehen hat wie schlecht es Aoi deswegen geht und trozdem fält er ihm am ende in den rücke -.-
ich werde Aoi beschützen vor denn 3
do wie die sich gerade benehmen mag ich sie nicht

und sorry das ich nur ein kommi gemacht habe aber da deine kps nicht grade lang sind wuste ich nicht genau was ich zu jeden kp schreiben soll da ich ja durch lessen konnte ich hoffe es stört dich nicht ^^
ich fange jetzt auch mal das 2 teil an ^^
also bis zum negsten kommi
Von:  Jyll
2011-03-04T14:15:33+00:00 04.03.2011 15:15
Also ich weiss nich, obs dir nich schon mal jemand gesagt hat,
aber als ich jetz die kommis durchgeflogen bin hab ichs nich entdeckt
dann sag ichs dir mal; Dir ist schon bewusst das Uruha zwar Leadgitarrist ist, aber Kai der Leader der Band ist?
Jedenfalls mach ich mich jetzt an den zweiten Teil^^
Kai is ja echt verschlagen
Von:  _-Nick-_
2008-09-02T17:20:39+00:00 02.09.2008 19:20
OMG
Man ist das geil
*vor PC heng und net mehr aufhören kann zu lesen
einfach nur Hammer
zum glück haste ja noch was für mich..
*direkt darüber hermach* *grins*
Also bis gleich...
dann bekommste noch nen schöneren kommi, als dieses gezülse hier xD

lg Nick&Vanna♥
Von:  cork-tip
2008-06-18T08:30:32+00:00 18.06.2008 10:30
"ich merk schon seit ner Zeit dass voll viele Leute einen Satz mit Und anfangen
und ich hab beim deutsch Unterricht gelernt, dass man das nicht machen sollte :x"

- Im Deutschunterricht wird einem mit der Zeit so das eine oder andere verboten, aber das heißt nicht, dass man es privat nicht trotzdem tun kann.^^ Wenn ich einen Satz mit und beginne ist das meistens ein Stilmittel, bzw. häufig an Stellen zu finden, in denen die Sätze generell eher kurz und abgehackt wirken.
Ich setze z.B. auch manchmal ein Komma vor einem und. Das darf man im Deutsch-Unterricht auch nicht.
Leute, lasst euch von euren Deutschlehrern doch nicht so bevormunden!^^
Von:  BLVCKMORAL
2008-06-17T19:07:50+00:00 17.06.2008 21:07
wow ... alle sind in Aoi verliebt x___x
und das Kai sowas gemeines macht hätt ich nicht gedacht
naja ich mag die Story aber ....
ich merk schon seit ner Zeit dass voll viele Leute einen Satz mit Und anfangen
und ich hab beim deutsch Unterricht gelernt, dass man das nicht machen sollte :x
weils irgendwie nicht schön ist und blah ~
naja werd jetzt ma die Fortsetzung lesen xD!

Aki ~
Von:  Kanoe
2008-04-23T12:12:06+00:00 23.04.2008 14:12
armer uruhu... *drop*
Von:  SaKi_612
2008-01-09T08:52:14+00:00 09.01.2008 09:52
ich hab jetz mal angefangen mit der geschichte, bisher nur kap 1 geschafft (bin auf arbeit ....)
aber was ich bisher gelesen habe, gefällt mir sehr gut.
sowohl vom plot her als auch von dem wirklich angenehmen schreibstil.
ich lese gerne weiter ^^ will ja auch wissen, welchen gaze-rocker aoi liebt ^^ (haaaach aoi *____*)

Liebe Grüße,
~Streifchen
Von: abgemeldet
2008-01-08T18:31:50+00:00 08.01.2008 19:31
Alle wolln Aoi...hehe....is ja geil...nuya Reita will Uru...und wen will Uru?`Hm...*geht gleich mal Teil Zwei lesen!

Toll!!!!


Von:  Akki
2007-12-23T01:47:10+00:00 23.12.2007 02:47
Wow. Ich glaube das ist der überraschendste Schluss den ich je gelesen habe. Und das liegt nicht an der Uhrzeit. Ich musste mich dreimal selbst davon überzeugen, dass die FF mit "abgeschlossen" gekennzeichnet ist.
Da bleibt mir nur zu sagen: Toll geschrieben. Echt richtig toll geschrieben, spannend, mitreissend, mitfühlend... ich les gern weitere FFs von dir ^-^

Grüßle, das Akki ^.~
Von:  TogeHaru
2007-12-22T15:14:21+00:00 22.12.2007 16:14
ich bin mal auf die fortsetzung gespannt ^^
hast ja anna richtig gemeinen stelle schluss gemacht ><


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