Titel: Guardian Angel
Autoren: Jei & wildest_angel
Fandom: WK
Pairing: Schu/Ken
Rating: MA
Warnung: lemon, teilweise dark
Teil:1/7
Disclaimer: *stöhn* Schon wieder? So langsam dürfte es doch auch der letzte gemerkt
haben... Aber okay... Nein, die Jungs gehören uns nicht, wir leihen sie uns nur aus, um ein
wenig Spaß zu haben. ;-) Und wie das meistens so ist: Für Spaß gibt's kein Geld.
~*~ Guardian Angel ~*~
Der Gang, den Schuldig entlang schlich, war stockdunkel. Aufmerksam tastete er mental die Umgebung
ab, um sich vor ungeliebten Überraschungen zu schützen. Wie vor eine Mauer gerannt, blieb
er plötzlich stehen und verdrehte die Augen. Das durfte doch gar nicht wahr sein! Ein Stockwerk
unter ihm war Siberian gerade dabei, in eine böse Falle zu tappen, die aus einer Laseranlage
bestand. Lautlos in sich hineinfluchend machte der Telepath kehrt, raste über die nahe Treppe
nach unten. Schon unterm Laufen griff er nach Kens Geist, legte den Weiß lahm. Schnaufend kam
er bei dem Brünetten an, der ohnmächtig auf dem Boden lag.
Den Plan deutlich vor Augen, den Omi für sie ausgedruckt hatte, schlich er weiter. Er war sich
sicher, dass er sein Ziel jeden Moment erreichen würde. Okay, er war schon an zwei Türen
vorbeigekommen, die da eigentlich nicht hätten sein dürfen - anscheinend waren die
Pläne doch nicht so gut gewesen zu sein, die ihr Jüngster ausgedruckt hatte. In der
Dunkelheit die Augen leicht zu Schlitzen verengt schlich er einfach weiter. Doch plötzlich
schien es noch dunkler zu werden als ohne hin schon und dann wurde ihm vollkommen schwarz vor Augen.
Nicht mal den Aufprall spürte er mehr, als er bewusstlos zu Boden sackte.
Kopfschüttelnd stand der Schwarz vor dem Kleineren. Es war wirklich schwerer, einen Sack
Flöhe zu hüten, als auf den Braunhaarigen aufzupassen. Noch dazu so, dass niemand etwas
davon mitbekam. Am allerwenigsten Ken selbst. Vorsichtig bettete Schuldig seinen heimlichen Schwarm
bequemer auf den harten Boden, konnte sich dabei nicht zurückhalten, ihn einmal fest an sich zu
drücken und ihm einen sanften Kuss zu verpassen. Dann machte er sich auf den Weg, den Laser
abzuschalten, damit sein kleiner Liebling seinen Auftrag unbeschadet erfüllen konnte. Und wie
immer würden bei dem Weiß nur leichte Kopfschmerzen zurückbleiben, ansonsten
würde er von nichts mehr wissen.
Es dauerte eine ganze Weile. Doch irgendwann hörte er eine Stimme, nah an seinem Ohr.
>Ken...Ken, verdammt, was ist los?<
Ein leises gequältes Stöhnen kam von dem Japaner. Ja.. Was war los? Er schlug die Augen
auf und realisierte dann wieder die Stimme, die eindeutig zu seinem besten Freund gehörte und
aus dem Headset kam.
"Ehm...nichts... Es ist alles okay...", versuchte er den aufgeregten Omi an der anderen
Seite der Leitung zu beruhigen. Doch so leicht schien das nicht zu sein.
>Hast du alles?<, erklang es wieder von ihm und Ken fiel wieder ein, weshalb er überhaupt
hier war. Er rappelte sich auf und rieb sich leicht die Schläfe. Schon wieder so ein Aussetzer?
Was war bloß los mit ihm? "Ja...gleich..." Und schon machte er sich wieder auf den
Weg, um seinen Auftrag zu erfüllen und die Akten an sich zu bringen.
In dem undurchdringlichen Dunkel einer Mauernische lehnte Schuldig an der Wand und überwachte
Ken, der keinen halben Meter von ihm entfernt an ihm vorbeilief. Erst als er sicher war, dass dem
Weiß nichts mehr passieren konnte, machte er sich auf, seinen eigenen Auftrag zu erledigen.
Recht bald schon kam Ken dann bei dem Rest des Teams am Wagen an. Omi besah ihn misstrauisch und
auch Yohji und Aya schienen durchaus mitbekommen zu haben, dass irgendetwas ganz und gar nicht mit
ihrem Kollegen stimmte.
Doch Ken ging nicht weiter darauf ein und reichte Aya einfach stumm die Unterlagen.
Der gab sich damit zufrieden und sagte auch nichts - wie immer. Auch Yohji schwieg. Nur Omi konnte
er nicht entkommen. Kaum dass sie hinten im Wagen nebeneinander saßen und Aya den Motor
startete, spürte Ken auch schon wieder den Blick des Kleineren auf sich. Demonstrativ sah er
aus dem Fenster, um einem Gespräch zu entkommen.
Kurz war Omi fast böse über die eindeutige Nichtbeachtung, die der Ältere an den Tag
legte. Okay, er war in letzter Zeit öfter sauer auf Ken, vor allem seit der eine Freundin und
somit viel weniger Zeit als früher für ihn hatte. Aber dass er sich jetzt auch schon
abwendete, um nicht mit ihm reden zu müssen, schlug dem Fass den Boden aus. Gut, dann musste es
anders gehen. Der Kleine drehte dich vollends zu Ken um und stupste ihn fest am Arm an.
"Hey!", murmelte er streng, "Was war vorhin los? Ich hab mir Sorgen gemacht! Du hast
so lang nicht reagiert!"
Ken schluckte leicht. Genau dieses Thema hatte er doch meiden wollen. Vor allem mit diesen
Kopfschmerzen hatte er keine Lust darüber zureden. Dennoch blickte er Omi an und zuckte leicht
mit den Schultern. "Keine Ahnung... Mir wurde plötzlich schwarz vor Augen... Muss wohl der
Kreislauf gewesen sein...", versuchte er seinen erneuten Aussetzer zu erklären, klang
dabei aber nicht sehr überzeugt. Wieder rieb er sich leicht die Schläfe. "Mach dir
keine Gedanken.... Es geht wieder... Mein Schädel brummt nur..."
Mit gerunzelter Stirn hörte Omi die geflüsterten Worte. "Hast du schon mal
überlegt, zum Arzt zu gehen? Du bist in letzter Zeit so blass..." Okay, das konnte
vielleicht auch damit zusammenhängen, dass Ken seine Nächte lieber mit anderen
Aktivitäten als Schlafen verbrachte. Omi seufzte. Das alles wäre ja nur halb so schlimm,
wenn Kens Zimmer nicht direkt neben seinem liegen würde. Und wenn Kens Freundin nicht so ein
lautes Organ hätte...
Er hob die Brauen und schielte zu den beiden vorne Sitzenden. Dann sah er wieder zu Omi hinüber
und schüttelte den Kopf. "Ich sagte doch: Es ist okay... Ich brauch nicht zum
Arzt..."
Okay... richtiger wäre wahrscheinlich zu sagen 'er wollte nicht zum Arzt', denn daran gedacht,
dass es vielleicht doch besser wäre, hatte er durchaus schon mal. Aber die Angst vor dem, was
man ihm dort sagen würde, war einfach zu groß.
Seufzend gab Omi auf. Es hatte keinen Sinn, das Thema jetzt weiter zu diskutieren, vor allem weil er
verhindern wollte, dass Aya oder Youji etwas von ihrem Gespräch mitbekamen. Gerade Aya war in
der letzten Zeit nicht gut auf Ken zu sprechen - aus einem ganz einfachen und, zumindest für
den Rotschopf, nachvollziehbaren Grund.
Sehr dankbar sah er Omi an, als der schwieg. Auch er sagte nichts mehr und lehnte den Kopf
zurück, schloss die Augen. Wenn er wenigstens nicht ständig diese Kopfschmerzen
hätte, dann könnte er sich auch ein wenig mehr damit abfinden, dass er immer mal diese
Ohnmachtsanfälle hatte. //Immer nur auf Missionen...//, dachte er sich mal wieder. Vielleicht
machte ihn sein Job jetzt endgültig kaputt.
Nicht sehr weit vom Koneko entfernt grinste ein gewisser Deutscher in seinem Zimmer vor sich hin. Er
hatte Siberians Gedanken auf der Heimfahrt empfangen und sich sozusagen bei dem Kleineren
"eingenistet". "Och, Ken! Doch nicht nur auf Missionen!", nörgelte er vor
sich hin, obwohl er wusste, dass der Brünette sich einfach nur nicht eingestehen wollte, dass
es immer öfter passierte. Immer, wenn Schuldig Zeit hatte und sich sein Kleiner in einer
gefährlichen Situation befand...
Endlich standen sie vor dem Koneko. Ken schleppte sich gleich hinauf in sein Zimmer. Schlafen.. Dann
würden die Kopfschmerzen morgen auch wieder weg sein. Immerhin kannte er das schon zu gut.
Als er sich endlich aus der grässlichen Missionskleidung gelöst hatte, fiel er in Shorts
einfach aufs Bett und sah an die Decke. Seine Sorge wollte jedoch nicht so wirklich verfliegen...
Auch Schuldig ließ sich auf sein Bett fallen und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.
Aufmerksam beobachtete er die Überlegungen des Weiß und lächelte versonnen vor sich
hin. Okay, es war nicht so toll, dass sein Kleiner dachte, er sei ernsthaft krank, aber es war immer
noch besser, als würde er auch nur ahnen, dass ER hinter dieser Sache steckte. Der Telepath
konnte sich nicht beherrschen und ließ in Kens Imagination kurz sein Bild aufleuchten. Mehr
konnte und wollte er ihm zur Beruhigung nicht mitteilen.
Mit einem resignierten Seufzen drehte er sich auf die Seite. Diese Augen, die ihn kurz angesehen
hatten, sorgten dafür, dass er nun schnell die eigenen schloss. Wo kam denn der plötzlich
her? Doch dann öffnete er die Augen wieder und sah sein Handy auf dem Nachttisch liegen. Er
griff danach und verbannte den Schwarz wieder aus seinen Gedanken.
>Schlaf schön, mein Engel...<. schrieb er und sandte die SMS schließlich ab. Er
wusste, dass sie nicht antworten würde. Es war sicher auch schon viel zu spät, aber
nachdem er das Handy wieder beiseite gelegt hatte, schaffte er es nach einer Weile tatsächlich
einzuschlafen...
Schuldig runzelte die Stirn. Schon wieder diese elende Tussi! Was ihn dieses Weib nervte! Noch dazu
wusste der Schwarz, was die Kleine trieb, wenn sie nicht bei SEINEM Ken war. und er fragte sich
wirklich, was denn sein Kleiner dazu sagen würde, wenn er davon wüsste.... als er die Ruhe
in Kens Gedanken feststellte, schloss auch er seine Augen und war bald eingeschlafen.
~*~
Wie Ken es sich gedacht hatte, waren die Kopfschmerzen am nächsten Tag fort. Er gähnte
herzhaft und mit einem Blick auf sein Handy wurde ihm klar, dass er auch Recht gehabt hatte, als er
sicher war, dass seine Kleine nicht antworten würde. Leicht schmunzelnd über die eigenen
Gedanken taperte er ins Bad und genehmigte sich erst einmal eine schöne Dusche. Er schloss die
Augen und genoss das kühle Nass.
Ziemlich zeitgleich mit Ken wachte auch Schuldig auf. Das ging schon seit einiger Zeit jeden Morgen
so, seit er die latente Connection mit dem braunhaarigen Weiß nicht mehr unterbrach, um
jederzeit bei ihm nach dem rechten sehen zu können... obwohl er schon ganz schön
verfluchte, dass sein `Schatz` ein derartiger Frühaufsteher war. Gut, es hätte noch
schlimmer sein können. Ken hätte ja auch die Schlafgewohnheiten Abyssinians haben
können... Seufzend stand der Telepath auf. Er wusste über den Tagesablauf seines Lieblings
besser bescheid als Ken selbst. In ein paar Minuten war Joggen im Park angesagt, eine Gelegenheit,
die sich der Deutsche nicht entgehen ließ, um den Anderen zu beobachten. Und wer wusste schon,
was dem Jüngeren so alles passieren konnte, wenn er nicht auf ihn aufpasste.
Froh darüber, dass lediglich Aya schon wach war und er ihn einfach nach einem leisen 'Morgen'
ignorieren konnte, trank er ein Glas Saft und ging wieder rauf. Ja... Jetzt an die frische Luft und
joggen... Genau das war es, was er jetzt brauchte und so schlüpfte er in seine weite
Jogginghose und seine Turnschuhe, zog sich ein Shirt über und machte sich gleich auf den Weg.
Noch war der Frühling zwar nicht sehr warm, aber es würde reichen, wenn er in Bewegung
blieb. Endlich die Straße unter den Schuhen und die frische Morgenluft im Geicht...
Etwas abseits der normalen Kieswege grummelte Schuldig vor sich hin und verfluchte sich zum
wiederholten Mal für seine Dummheit. Hätte er sich keinen anderen aussuchen können?
Youji zum Beispiel, der einen ähnlichen Lebenswandel wie er selbst führte? Nein, es musste
ja unbedingt dieser Sportfreak sein... So in Gedanken versunken passte der Telepath nicht auf, wohin
er eigentlich gerade ging - und bekam einen Riesenschreck, als er mit eben dem Objekt seiner
Überlegungen zusammenstieß. In Sekundenschnelle hatte er sich allerdings wieder gefasst,
grinste sein überhebliches Telepathengrinsen und meinte gezwungen spöttisch: "Na, was
haben wir denn da. Cat on the run, oder wie?"
Oh ja... es tat wirklich gut, endlich wieder zu laufen. Immerhin hatte er das gestern schon
ausfallen lassen. Warum eigentlich? Ach ja... Sein Engelchen hatte ihn zum Frisör geschleppt,
weil seine Haare einfach zu lang geworden waren. Bei dem Gedanken musste er schmunzeln. 'Du siehst
aus wie ein Wischmopp, Ken. Morgen gehen wir zum Frisör...', hatte sie gesagt und es auch
gehalten...
Mit den Gedanken an die hübschen Augen der Kleinen und dem weichen langen Haar, das sich
zwischen seinen Fingern so toll anfühlte, lächelte er selig vor sich hin. Doch lange blieb
diese Seligkeit nicht, denn schon sah er wieder dieses Bild des Telepathen vor sich, nur blieb es
diesmal und war viel zu nah. Er hatte keine Chance mehr zu bremsen oder auszuweichen und prallte
genau gegen die Brust des anderen. Nur knapp konnte er das Gleichgewicht halten, um nicht zu Boden
zu gehen. Grummelnd sah er den Telepathen an. Das hatte ja grade noch gefehlt. "So in der
Art...", knurrte er und wollte dann einfach an ihm vorbei laufen.
Gut, jetzt war es eh schon zu spät. Da konnte Schuldig den Brünetten ruhig noch ein wenig
ärgern. "Na, so benimmt man sich aber nicht, Siberian!", belehrte er den Anderen
grinsend. "Hat dir keiner beigebracht, dass man Leute, die mit einem reden, nicht einfach so
stehen lässt?" Er sah unterdrückte Wut in den braunen Iriden aufglimmen und
schmunzelte in sich hinein. Sein Blick fiel auf die neue Frisur des Weiß. "Ui, unter
welches Messer bist du denn gekommen? Das sieht ja wirklich pervers aus!" Dabei hatte ihm die
wilde Mähne des Kleineren so gut gefallen... Daran war bestimmt wieder dieses kleine
Miststück schuld. Er hätte sie damals doch umbringen sollen, schoss ihm durch den Kopf.
Genervt bleib er dann also doch stehen und sah den anderen an. Was fiel dem eigentlich ein? Wieso um
alles in der Welt tat dieser verfluchte Telepath so, als wenn sie ganz normale Bekannte wären?
"Ich muss aber sagen, dass mein Interesse, mich mit dir zu unterhalten, nicht sonderlich hoch
ist!", kam es leise aber hart von ihm. "Und wie ich meine Haare trage, ist ganz alleine
meine Sache..." Okay, an diese Aussage würde er sich erst einmal selber halten
müssen, doch Mastermind ging es noch weniger etwas an als die Frau, der er gefallen wollte...
"Dein Interesse ist höher, als du dir vorstellen kannst." Naja, so ganz stimmte das
ja nicht, aber es reichte, um Ken schon wieder auf die Palme zu bringen. Etwas, das Schuldig liebend
gern tat. Immerhin bekam er auf diese Art eine Reaktion von dem Kleineren, selbst wenn es nur ein
wütendes Knurren war. Der Schwarz beschloss, noch ein wenig weiter zu spielen. "Das
da...", dabei deutete er auf die wirklich ausgesprochen `stylische` Frisur, "...ist eine
Katastrophe, mein Lieber. Eine Beleidigung für jeden, der sich ansieht."
Das war doch echt nicht mehr zu glauben. Dieser eingebildete, arrogante... Ein Knurren kam von ihm
und er spannte sich an. "Dann sieh es dir nicht an!", fauchte er wütend und setzte
noch - alles andere als von seinen eigenen Worten überzeugt - hinzu: "Es ist
lediglich...etwas kürzer! Außerdem ist dein Zottelkopf sicher nicht besser!!" Gut…
das war eine Lüge. Das lange Haar der Deutschen hatte er schon immer beneidet, doch das
würde er dem jetzt sicher nicht auf die Nase binden. Warum unterhielt er sich eigentlich noch
mit ihm?? Hatte er es nötig hier zu stehen und sich von einem selbstverliebten Telepathen
fertig machen zu lassen?
Schuldigs Augen funkelten wild auf. Der Weiß konnte ihm viel erzählen, aber nicht, dass
ihm seine gepflegte Mähne nicht gefiel. "Red keinen Müll!", fuhr er ihn an,
grabschte dann nach der Hand des Kleineren und ließ sie dann durch seine Strähnen
gleiten. "Erzähl mir nicht, dass du dir noch vorgestellt hast, wie sich DAS wohl
anfühlt!" Zugegeben, das war ein wenig unfair - immerhin wusste er, dass Ken sich das ab
und an gefragt hatte. Jedenfalls bevor er mit dieser ätzenden Schnepfe zusammengekommen war.
Jetzt doch etwas aus der Bahn geworfen, ließ er den anderen machen und zog dann aber seine
Hand wieder zurück. "Ich habe keinen Grund mir SOWAS vorzustellen! Also lass den
Scheiß!", knurrte er wütend, konnte die leichte Röte in seinem Gesicht jedoch
nicht verhindern. "Was willst du, verdammt?? Du nervst!" Und damit stieß er den
Größeren an der Schulter bei Seite und lief einfach weiter. Das wollte er sich nicht
weiter antun, oh nein!
Das Lachen des Schwarz war durch den ganzen Park zu hören. Nein, sein Kleiner war aber auch
niedlich! Vor sich hinpfeifend verließ der Orangehead das Gelände in die entgegen
gesetzte Richtung. So konnte seiner Meinung nach jeder Tag beginnen. Schuldig wusste, dass er nach
dieser Aktion den ganzen Tag im Kopf des Anderen herumspuken würde... Und das war ja nicht
unbedingt schlecht. Jedenfalls nicht, wenn man nicht grade ein Weiß war...
Voller Wut und Empörung über den Schwarz, lief er noch eine Extrarunde durch den Park bis
er dann endlich schwer atmend und verschwitzt wieder vor dem Koneko ankam. Es war ihm, als wenn er
noch immer die weichen Strähnen zwischen den Fingern spüren könnte. Doch schlagartig
wurde seine Laune gebessert, als er von der anderen Straßenseite das braunhaarige Mädchen
herüberkommen sah. Sein Blick glitt über den flachen freien Bauch, die langen braunen
Haare und die schlanken Beine seiner Freundin, die mal wieder nur bis knapp unter die Hüfte
verdeckt waren. Der Minirock erinnerte eher an einen engen Fetzen Stoff, den sie sich nur
umgewickelt hatte, und wie immer fragte er sich, wie man sich in diesen Klamotten wohl fühlen
konnte. Doch er lächelte sanft und sah das hübsche Mädchen nur zu gerne auf sich
zukommen... "Guten Morgen, Aya..."
Aya wich geschickt aus, um dem Griff ihres Freundes und damit auch dem üblichen
Begrüßungskuss zu entkommen. "Iiiiiih, du stinkst! Bleib bloß weg von
mir!", quietschte sie angewidert und schob Ken demonstrativ von sich. "Ich bin eigentlich
bloß hergekommen, um dir zu sagen, dass ich heute Abend doch keine Zeit habe, ich
übernachte bei einer Freundin. Und noch was... Dir ist schon klar, dass du mich mit deiner
dämlichen SMS heut Nacht geweckt hast und ich Ewigkeiten nicht mehr einschlafen konnte? Ich bin
echt so müde - mach mir Kaffee."
Wieder mal etwas verdattert stand Ken da und sah sie an. Okay... sie war manchmal etwas - wie sollte
man sagen - zimperlich. Aber an sich war sie einfach wundervoll. Nur zu gut erinnerte er sich noch
an ihren ersten Kuss und musste leicht lächeln. "Ist schon... in Ordnung... Vielleicht
morgen... Und das mit der SMS tut mir leid.. Ich wollte dich nicht wecken…" Etwas verlegen
führte er sie in das Haus und setzte Kaffee auf. "Ich...spring ganz kurz unter die Dusche,
dann bin ich gleich wieder da..." Immerhin wollte er seiner Freundin gefallen und dass er nach
Schweiß stank war natürlich nicht sonderlich angenehm. Rasch verschwand er nach oben und
unter die Dusche...
Nur ein paar Strassen weiter bekam ein deutscher Telepath einen Tobsuchtsanfall. Was bildete sich
diese kleine Ratte eigentlich ein? War DAS die Art, in der sie mit Ken umging? Mit SEINEM Ken? Das
war ja wohl nicht zu fassen! Und dieser sanftmütige Trottel vergab ihr einfach alles? Also, ER
hätte dieses Weibsstück schon lange in den Wind geschossen! Aber nein, Ken war dafür
ja viel zu treudoof und nahm sogar noch in Kauf, dass sein Leader wegen dem Verhältnis zu
seiner Schwester regelrecht austickte. Okay, wenn der Rotschopf seine Schwester abgöttisch
liebte und die Augen vor der Tatsache verschloss, dass sie eine Schlampe war, wie es im Buche stand,
konnte Schuldig das noch verstehen. Dass Ken das ebenso tat, war ihm ein Rätsel. Da musste er
wohl etwas unternehmen... Aber vorerst wollte er sich Teil zwei dieses Dramas noch geben, da Ken
gerade mit der Dusche fertig war und wohl sofort wieder zu seinem Schatzi stürmen würde...
In dem Schwarz brodelte glühende Eifersucht.
"So...schon wieder da...", smilte Ken fröhlich, als er wieder in die Küche trat.
Sanft zog er Aya zu sich und küsste sie ebenso. Ein wohliger Duft umschloss ihn und er sah mal
wieder verboten gut aus - extra für sie. Doch schnell löste er sich wieder, um ihr den
Kaffee servieren zu können, machte ihr den wie immer mit viel Milch und einem Würfel
Zucker. Auch das war eine Sache, die er einfach nicht verstand. Wie konnte man Kaffee mit so viel
Milch und dann auch noch mit Zucker trinken? Er stellte ihr die Tasse hin und schenkte sich selber
eine Tasse voll ein - schwarz, wie er ihn am liebsten trank.
Gnädigerweise ließ sich das Mädchen von ihrem Freund küssen. Als sie dann ihren
verlangten Kaffee vor sich stehen hatte und Ken ihr gegenüber saß, schaute sie ihn mit
hochgezogener Augenbraue an und meinte ein wenig abfällig: "Du könntest dir echt mal
andere Klamotten zulegen. Du siehst aus wie ein Bauer." Dann widmete sie sich wieder ihrem
Getränk, nahm einen Schluck und verzog angeekelt das Gesicht. "Musst du den immer so stark
machen?"
Er sah an sich hinab und wollte grade was zu seinen Klamotten sagen, da kam auch schon die Bemerkung
zu dem Kaffee. "Ehm...tut mir Leid… Warte...", stammelte er und stand hastig auf, stellte
ihr noch Milch auf den Tisch, lächelte etwas verlegen und setzte sich wieder. Er nippte an
seinem Kaffee und überlegte. //In letzter Zeit hat sie immer mehr an mir auszusetzen...ich
sollte was dagegen unternehmen...// Unter keinen Umständen wollte er sie verlieren, weil er ihr
zu langweilig wurde.
Schuldig konnte sich nicht verkneifen, auf Kens Überlegungen zu antworten, allerdings so, dass
der nicht mitbekam, wer da ständig in seinen Gedanken herumgeisterte. /Nicht nur in letzter
Zeit - schon immer!/ Kurz klinkte er sich in den Geist des Mädchens und zuckte entsetzt
zurück. Himmel, war das schrill! Trotzdem hatte er in dieser Sekunde, die er es bei ihr
ausgehalten hatte, etwas sehr Interessantes gefunden. /Wenn du heute Abend schon allein bist,
könntest du doch mal ausgehen/, setzte er dem Weiß in den Kopf, der das für eine
spontane Idee halten würde. Und Schuldig würde dafür sorgen, dass Ken zu sehen bekam,
warum seine geliebte Tussi keine Zeit für ihn hatte...
Mit einem vernichtenden Blick, den sie bei ihrem Bruder abgekupfert hatte, sah Aya Ken an und goss
sich dann mehr Milch in ihren Kaffee, so dass das Getränk fast schon weiß war. Sie trank
noch zwei Schluck der ekelhaft aussehenden Flüssigkeit, stand dann auf und meinte: "So,
ich muss dann wieder los. Ich meld mich bei dir, wenn ich wieder Zeit für dich habe."
Ken sah auf und nickte leicht. Grade hatte er beschlossen, dass er sich heute Abend etwas ablenken
wollte und war schon in den Überlegungen, wo er denn hingehen sollte, dass es ihm nicht mehr
ganz so viel ausmachte, dass Aya schon los wollte. "Ja.... in Ordnung...", kam es leise
von ihm, während er sie zur Tür brachte. Mit einem weiteren sanften Kuss, der leider nicht
sehr lange hielt, weil sein Engel es wirklich eilig zu haben schien, verabschiedet er sie. "Du
kannst... mich immer anrufen... Aber das weißt du ja...", lächelte er ihr nach, als
sie auch schon verschwand. Mit einem leisen Seufzen sah er ihr nach und schloss schließlich
die Tür. Sein Blick glitt an sich hinab und er hob leicht die Brauen. "Wie ein…
Bauer...?", wiederholte er leise die Worte Ayas.
Er rannte die Treppe zu seinem Zimmer hinauf und nahm erstmal den Kleiderschrank auseinander, ob da
noch etwas zu finden war, was Aya vielleicht nicht kannte, oder er schon ewig nicht mehr angehabt
hatte. Aber irgendwie... Skeptisch besah er sich eine einfache Jeans. //Sie hat Recht... Ich bin
wirklich langweilig...wie ein Bauer..// Ein Grinsen schlich über seine Züge, während
er sich an die Arbeit mchte, besagte Jeans einfach ein wenig... aufzupeppen...
Schuldig schnaufte verärgert auf und schlug sich die Hand vor die Stirn. Das war doch wohl
nicht die Möglichkeit! Glaubte Ken denn wirklich alles, was diese kleine Schlampe ihm sagte?
Sicher, der Brünette lief nicht unbedingt im Stil eines Youji herum, aber Schuldig hatte Ken
auch schon in Sachen gesehen, die ihm auf der Stelle das Blut in die unteren Regionen treiben lassen
hatten. Der Junge war rattenscharf - und wusste es selbst nicht mal. Aber vielleicht war gerade das
sein Geheimnis... Für kurze Zeit ließ der Telepath seinen Schwarm mehr oder weniger
allein, immerhin musste er sich dann auch für heute Abend etwas zum Anziehen besorgen.
Schließlich hatte er ein Date mit Ken. Wenn der auch noch nichts davon wusste.
~*~tbc~*~
[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]
Leise schlich Ken den Gang entlang. Seine Sinne waren so geschärft wie es einem verkaterten
Killer eben möglich war. Noch immer war er nicht so ganz darüber hinweg, dass er einen
vollkommenen Filmriss von der letzten Nacht hatte. Doch die Tatsache, dass sein Hinterteil immer
noch schmerzte, sagte ihm nur zu deutlich, wie er seinen Frust über die ‚Trennung’ mit Aya
abgebaut hatte.
Lautlos bog er um eine Ecke und erledigte schnell und flink zwei geschockte Wachmänner,
pirschte dann auch schon auf die Tür zu, die sich als sein Ziel entpuppte.
Schnell rein, die Disks raus holen und wieder weg. So war der Plan. Doch als er die Tür leise
wieder hinter sich schloss und das Licht in dem vollkommen abgedunkelten Raum anschaltete, machte
ihm das grinsende Gesicht des Schwarz-Telepathen klar, dass daraus nichts werden würde.
Schuldigs Augen leuchteten begeistert auf, als tatsächlich Ken, auf den er ja gewartet hatte,
vor ihm stand. "Hey, Schatz! Schön dich zu sehen. Ich freu mich schon auf morgen
Abend!", begrüßte er den Weiß lächelnd und kam dabei auf den Anderen zu,
um sich seinen Begrüßungskuss abzuholen.
Doch daraus wurde nichts. Zwar war Ken total verdattert über das Verhalten seines
Gegenübers, doch es war nicht so schlimm, dass er wie gelähmt dagestanden wäre.
“ Was laberst du da für ein Müll?!“, knurrte er und fuhr die Krallen aus, ging in
Angriffshaltung. Das waren ja ganz neue Sitten…
Hä? Was sollte denn jetzt das? Hatte Ken es sich vielleicht anders überlegt?
"Ähm... Gestern hat das aber ganz anders geklungen.... Und wir haben für morgen Abend
ein Date... Anscheinend hat dir ziemlich gefallen, was ich mit dir gemacht habe." Schuldig
ließ sich nicht anmerken, wie schockiert er war, dass Ken so kühl reagierte.
„Tz…“, kam es nur abfällig von dem Weiß, doch er lockerte seine Haltung nicht. „Ich kann
mich nicht daran erinnern, das du gestern irgendwas mit mir gemacht haben solltest..“ Das war doch
wohl nicht zu glauben. War das jetzt die neue Art des Telepathen, seine Gegner zu verwirren und sie
abzulenken??
Okay, das reichte. Es kostete den Schwarz nur ein kurzes Blinzeln, um sich mit Kens Geist zu
verlinken und ihm die Bilder der letzten Nacht zu zeigen, wie er sie erlebt hatte. "Du solltest
weniger trinken, wenn du nichts verträgst, Schatz", meinte er dann enttäuscht,
beachtete die Angriffshaltung gar nicht, sondern ging einfach nur geknickt an dem Anderen vorbei.
Und Ken erstarrte. Sein Blick ging ins Nichts und er schluckte hart bei den Bildern, die sich ihm
boten. Er konnte nicht verhindern, dass ihm ein heißer Schauer über den Rücken lief.
Dann ein kalter. Das konnte doch nicht wahr sein. „Das….Ist nicht…wahr…“, hauchte er und wusste im
selben Moment, dass es sehr wohl wahr war.
Schuldig drehte sich noch einmal um und sah Ken aus unendlich traurigen Augen an. "Glaub, was
du willst", meinte er rau. Das war's dann wohl mit seinem erhofften Date mit dem Weiß.
Wieder würden ihm nur die Träume bleiben...
Ken schluckte hart und drehte sich dann langsam zu dem anderen um. Völlig verwirrt und auch
geschockt sah er in die verletzten Augen des Telepathen und schwieg. Das war doch nicht zu glauben.
Mastermind war der Grund warum ihm der Hintern so schmerzte? Mastermind hatte ihn gestern sicher
nach Hause gebracht oder dafür gesorgt, dass ihm das mit Aya nicht mehr so nah ging?
Ohne ein weiteres Wort wandte sich der Deutsche wieder ab. Er wollte jetzt nur noch weg, diesen
Schlag irgendwie verarbeiten. Auf jeden Fall war ihm klar, dass das alles kein Grund war, den
Braunhaarigen jetzt einfach aufzugeben. Denn wenn er es vorher noch nicht gewesen sein sollte, so
war er spätestens seit der letzten Nacht regelrecht süchtig nach Siberian.
Immer noch total am Ende mit den Nerven stand er da und führte sich die gesehenen Bilder wieder
vor Augen. Immer und immer wieder. Erst Omis Stimme riss ihn aus seinen Gedanken.
>Ken! Hast du die Disks?<, hörte er die Stimme des Jüngsten durch das Mikro hallen.
Hastig sah er sich um und schnappte sich das Gesuchte. Das diese wie für ihn parat auf dem
Tisch lagen, fiel ihm dabei nicht wirklich auf.
„Ja… Hab sie…“, antwortete er dann und verstaute die Disks sicher in der Tasche.
>Gut….du bist nicht mehr lange alleine… fünf Wachmänner sind auf den Weg… Hau ab
da!<
Und schon machte sich Ken auch auf den Weg, peste los und den Gang entlang…
Auch Schuldig bekam mit, dass sich Ken langsam aber sicher wieder einmal in Gefahr befand. Der
Kleine hatte ein echtes Talent dafür... und lief jetzt auch noch prompt in die falsche
Richtung. Kurz verdrehte der Schwarz die Augen. So ein Tollpatsch aber auch! Er rannte los,
verfolgte Ken, der einen ganz schönen Speed vorlegte. Doch der Telepath war ja auch nicht
gerade außer Form. Noch bevor Ken um die nächste Ecke biegen konnte, hatte der
Langhaarige ihn eingeholt und riss ihn am Arm zurück.
"Bist du wahnsinnig?", fauchte er ihn an. In diesem Moment kam auch schon der erste
Wachmann um die Ecke. Aus einem Reflex heraus schob Schuldig Ken hinter sich, stellte sich zwischen
seinen Liebling und die Angreifer.
Stark zuckte Ken zusammen, als er zurückgerissen wurde. „Was..“ Doch als er sah, dass es wieder
Schuldig war, blieb er still. Erst als er die Wachmänner sah und unweigerlich mitbekam, wie
sich Schu zwischen ihn und den Feind dängte, rührte er sich wieder wirklich. Er fuhr die
Krallen aus und stellte sich schräg hinter den Telepathen.
Dass dieser hier grade für ihn in die Bresche springen wollte, konnte er nicht einfach
zulassen. Auf keinen Fall wollte er in der Schuld eines Schwarz stehen.
Kaum dass der erste Wachmann auch anfing zu schießen, sprang er auf diesen los trat ihm
geschickt die Pistole aus der Hand und jagte ihm die Bugnuks in die Magengrube.
"Wie bestialisch, Schatz!", tadelte der Telepath gespielt bedauernd. "Guck mal, so
macht man das elegant." Er konzentrierte sich auf den nächsten Mann des Wachpersonals,
seine Augen begannen dabei, wild zu funkeln und scheinbar Blitze zu sprühen. Mit einem
überrascht klingenden Laut brach der Uniformierte zusammen, zuckte kurz, als würde er an
einer Stromleitung hängen und lag dann ganz still, während ihm das Blut aus Augen und
Ohren rann. Er wusste dabei nur zu genau, dass er Ken damit demonstrierte, dass Weiß noch nie
eine Chance gegen ihn gehabt hatte, dass es nur seiner guten Laune zu verdanken war, dass sie
allesamt noch lebten.
Ken hörte die Worte des Telepathen und konnte nicht umhin, ungesehen in sich
hineinzuschmunzeln. Er sah zu Schuldig und beobachtete seine Augen. Als er dann zu dem toten
Wachmann blickte, schluckte er hart. Wie leicht es doch für Mastermind wäre, sie alle
einfach wegzupusten ohne wirklich einen Finger zu rühren. Er schaute wieder zu Schuldig und war
dadurch einen Moment unachtsam, weswegen er dann auch schon schwer aufkeuchte. Ein glatter
Durchschuss... Sich die Schulter haltend sackte der Brünette zu Boden und kniff die Augen
zusammen. Unerträglich zog sich der Schmerz durch seinen Körper und ein Aufschrei entfuhr
ihm…
Okay, das reichte. Eleganz hin oder her. SEINEN Ken verletzte niemand ungestraft. Mit einem
tierischen Schrei stürzte Schuldig sich auf die drei verbliebenen Wachleute, brach einem mit
einem gezielten Handkantenschlag das Genick, trieb den zweiten dazu, sich selbst zu erschießen
und verwandelte das Gehirn des Dritten zu Mus. Dann drehte er sich um, versuchte, seine Raserei
unter Kontrolle zu bekommen. Neben Ken ging er auf die Knie, griff sanft in dessen Geist und
schaltete erst einmal die Schmerzen aus. Beruhigend murmelte er Ken leise Worte zu, während er
sein Shirt auszog und dem Kleineren damit einen provisorischen Druckverband anlegte.
Schmerzenstränen zeichneten sich in seinen Augen ab. Doch Ken staunte nicht schlecht, als der
Schmerz plötzlich nachließ. Er sah Schuldig fast schon unsicher an und biss sich leicht
auf die Unterlippe. „Du…warst das immer, oder?“, fragte er dann leise, nachdem er mit der Hand des
unverletzten Armes das Mikro kurzerhand ausgeschaltet hatte. „Meine Zusammenbrüche…und meine
Aussetzer…“
Was hatte es jetzt noch Sinn, zu leugnen? "Ja, das war ich. Aber dafür kannst du mich ein
andermal niedermachen, jetzt ist wichtig, dass du zu einem Arzt kommst. Ich kann dir die Schmerzen
nehmen, aber nicht die Blutung stillen. Los, mach dein Mikro wieder an und ruf deine Freunde!"
Er sah den anderen noch eine Weile an und ein trauriges Schmunzeln kam von ihm. „Danke….“, sagte er
leise und schaltete das Mikro wieder ein. Er wandte den Blick von Schuldig ab, konnte aber nicht
verhindern, dass noch immer diese Bilder vor seinem inneren Auge zu sehen waren.
Schnell waren Aya und Yohji informiert und auf dem Weg zu ihnen.
Etwa eine halbe Minute, bevor die restlichen Weiß eintrafen, erhob sich der Telepath.
"Sie werden gleich hier sein. Du bist in Sicherheit." Damit drehte er sich um und ging in
die entgegen gesetzte Richtung davon. Er überließ es Ken, seinem Team die Toten zu
erklären, von denen nur einer die Handschrift Siberians trug. Trotzdem hielt er eine latente
Verbindung zu dem Weiß, um jederzeit helfend eingreifen zu können, sollte der zu sehr in
Erklärungsnot geraten. Und um weiterhin die Schmerzen auszuschalten. Und um einfach zu sehen,
wie es dem Brünetten ging. Und...
Er sah Schuldig nach und seufzte leise. Das war doch echt alles nicht zu glauben. Seit Monaten rette
ihm ein Schwarz immer wieder das Leben, gestern verbrachte er betrunken eine Nacht mit diesem, dass
ihm heute das Hinterteil pulsierte, und jetzt wurde er schon wieder von ihm gerettet. Als
schließlich die zwei Kollegen um die Ecke kamen und sich nach seinem Wohlbefinden erkundigten,
gab sich dann alle Mühe die Schmerzen wenigstens vorzutäuschen.
„Wo hast du das Hemd her??“, fragte Aya skeptisch und zupfte leicht an dem provisorischen
Druckverband. Ken stockte der Atem, als der Blick seines Leaders dann auch noch über die
Leichen glitt und immer härter wurde. „Und wer hat die umgelegt?!“ Schließlich fixierte
er Ken wieder und sah ihn herausfordernd und fragend an.
Ken wusste nicht so recht was er sagen sollte, verzog aber wieder vor ‚Schmerz’ das Gesicht und sah
Aya dann schwach lächelnd an. „Ich hatte wohl….so was wie einen Schutzengel…“
Schutzengel? Schuldig grinste. Naja, so völlig Unrecht hatte Ken wohl nicht damit. Doch
irgendwie hatte er das Gefühl, dass Kens Erklärungen dem Weißleader nicht so ganz
reichen würden. /Sag ihnen, dass ich vor dir hier war, die Wachen bis auf einen umgenietet hab
und zum Schluss dich angeschossen habe/ Was allerdings noch nicht das Shirt um Kens Schulter
erklärte. Aber er hoffte, dass diese kleine Tatsache im allgemeinen Trubel untergehen
würde.
Leicht zuckte Ken zusammen, als er die Stimme in seinem Kopf hörte. Doch er gehorchte fast
augenblicklich. Und grade wollte Aya noch einmal nachfragen, als auch schon Omis Stimme erklang.
>Könntet ihr euch jetzt bitte mal etwas beeilen??<
Auf der Stelle machte sich Yohji auf den Weg und brachte – gefolgt von Aya – den verletzten und vor
‚Schmerz’ immer mal leise aufkeuchenden Ken zum Wagen. Auf dem Rückweg machte sich Omi auf der
Rückbank daran einen zweiten Verband anzulegen, sodass die Blutung besser gestoppt werden
konnte.
Schuldig beobachtete misstrauisch, was Kens Kollegen mit ihm anstellten, gab sich dann aber mit Omis
Künsten zufrieden. Außerdem wurde langsam die Entfernung zwischen ihnen zu groß, so
dass es immer anstrengender wurde, die Verbindung aufrecht zu halten. Und mehr konnte er im
Augenblick sowieso nicht für den Weiß tun. /Pass auf dich auf!/, verabschiedete er sich
leise.
Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen bei der Verabschiedung und entlockte Omi ein
Stirnrunzeln. Doch er sagte nichts. Und so schwieg auch Ken. Zuhause angekommen wurde der Verletzte
erst mal aus seiner Missionskleidung befreit und die Wunde versorgt.
Der hauseigene Arzt stand ziemlich schnell auf der Matte und schließlich lag Ken verarztet und
umsorgt in seinem Zimmer. Sein Blick ging aus dem Fenster hinaus und in den Nachthimmel, wo er
nachdenklich den Mond beobachtete…
Der Schwarz ahnte nichts von dem, was Ken gerade im Kopf umging. Er versuchte viel mehr, seine
Enttäuschung loszuwerden, in der er sie zu ertränken versuchte. In jeder Menge Alkohol.
Doch so ganz konnte er die kleine Stimme in seinem Hinterkopf, die ständig extrem
spöttisch fragte, wie dumm denn ein einzelner Telepath sein konnte, nicht zum Schweigen
bringen. Sein Hauptproblem war, dass er von Anfang an gewusst hatte, dass es gar keinen Sinn machte,
sich ausgerechnet in einen Weiß zu verknallen. Doch das half ihm ja auch nicht wirklich
weiter. Es war halt einfach passiert. Und nun musste er damit leben, wahrscheinlich nie an sein Ziel
zu kommen.
Immer wieder startete Ken kleine unauffällige Versuche Schuldig zu erreichen. Doch nie kam eine
Antwort. Er wusste nicht mal, warum er sich eine erhoffte, doch irgendwie hatte er das Gefühl
mit dem Telepathen reden zu wollen.
Schließlich, als sich sogar ein direktes Ansprechen als unnütz herausstellte, gab der
Brünette es auf. Er sackte in seinem Bett zurück und blickte an die Decke. Noch einmal
ließ er alles Revue passieren und erinnerte sich nach und nach an jede einzelne seiner
Rettungen. Darüber schlief er ein, verfolgt von Träumen, die allesamt beherrscht blieben
von einem einzigen Telepathen…
Der Morgen dämmerte schon, als sich Schuldig, zugelötet und endlich einmal ohne Gedanken
an seinen Weiß, ins Bett plumpsen ließ. Dass er nach dem Aufwachen einen Kater in der
Größe eines ausgewachsenen Tigers haben würde, nahm er dabei gerne in Kauf.
Vielleicht würde ihn das von seiner irrealen Sehnsucht ein wenig ablenken. Ächzend rollte
er sich auf die Seite, als sich das ganze Bett mitsamt dem Zimmer wild zu drehen begann. Doch auch
das ließ nach einer halben Ewigkeit nach, und der Deutsche fiel in einen traumlosen Schlaf.
~*~
Und die Tage verstrichen. Weiß gingen nur zu dritt auf Missionen, weil Kens Schulter sich noch
eine ganze Zeit würde erholen müssen. Ken war es gleich. Er hütete das Bett und
versuchte seine Gedanken an den Schutzengel loszuwerden, die ihn noch immer plagten. Seit ihrer
letzten Begegnung waren nun schon drei Wochen vergangen und es hatte keinen Tag gegeben, an dem Ken
sich nicht über den feindlichen Telepathen den Kopf zerbrochen hatte.
Schuldig wusste, dass er es nicht tun sollte. Doch sein Wunsch, zu erfahren, wie es Ken ging, war in
den vergangenen Wochen nicht kleiner geworden. Im Gegenteil. Was er auch versucht hatte, um sich
selbst von dieser verrückten Schwärmerei abzubringen, es hatte nichts geholfen. Weder
seine regelmäßigen Besäufnisse, noch die zahlreichen One-Night-Stands, die er in
dieser Zeit gehabt hatte. Es blieb wohl wirklich nur noch eine einzige Möglichkeit. Er musste
nach den Braunhaarigen sehen und hoffen, dass dieser ihn einfach ganz brutal zum Teufel jagte. Erst
dann würde er ihn aufgeben können... Wie schon so oft zuvor befand er sich in der
Nähe des Koneko. Lässig stand er in einem Hauseingang, gegen die Mauer gelehnt, die Arme
vor der Brust verschränkt, die Augen geschlossen. /Wie geht's dir?/, fragte er den Anderen
unvermittelt und hoffte insgeheim auf eine entsprechend unfreundliche Antwort.
Ken fiel aus allen Wolken – und seine Kaffeetasse zu Boden. Entsetzt machte er einen Satz nach
hinten um sich nicht die Füße zu verbrühen. Sein Herz schlug ihm in der Kehle und
seine Augen hatten sich geweitet. Herrje, hatte er sich erschrocken!
„Schuldig…?“, fragte er dann einfach in die leere Küche hinein und sah sich um, auch wenn er
wusste, dass er den Telepathen hier nirgendwo würde entdecken können.
Ein wenig frustriert verdrehte der Schwarz die Augen. /Mit wie vielen Telepathen hast du sonst noch
Kontakt?/, wollte er spöttisch wissen. /Und du brauchst nicht reden, es reicht, wenn du
denkst./ Es würde ja gerade noch fehlen, dass einer von Kens Freunden ihn bei einem
Selbstgespräch erwischen würden, in dem zu allem Überfluss dann auch noch sein Name
fiel. /Also. Wie geht's dir?/
Doch das war so ziemlich unmöglich. Yohji schlief noch immer seinen Rausch aus, Aya war auf
seinem Zimmer und Omi in der Schule. Doch das kümmerte Ken grade weniger. Die abweisende Art
des Telepathen versetzte ihm einen kleinen Stich, auch wenn er nicht so recht wusste wieso.
/Besser…/, kam dann die knappe Antwort und Ken machte sich daran die Scherben aufzusammeln und den
Kaffee aufzuwischen.
Na, das war doch immerhin schon mal etwas. Unwillkürlich atmete der Orangehead erleichtert auf.
Und noch bevor er wusste, was er da sagte, rutschte ihm ein fast schon zärtliches /Na Gott sei
Dank!/ raus. Was dazu führte, dass er sich wieder einmal mehr fragte, wie bescheuert er wohl
war...
Kurz hielt Ken in seinem Tun inne. Also wenn das keine Stimmungsschwankungen waren, was der Telepath
da hatte... Er schluckte leicht und ehe er etwas gegen sein eigenes Denken tun konnte, kam von ihm
auch schon die nächste Frage. /Und dir…?/ Er warf die Scherben in den Müll und griff zu
einem Lappen, um die braune Suppe vom Boden zu wischen.
Beinah hätte der Telepath laut aufgelacht. Irgendwie lief das hier gerade ein wenig neben der
Spur. Ken sollte mit ihm hier nicht ein gemütliches Pläuschchen halten, sondern ihn
gefälligst anmotzen und in die Wüste schicken... /Naja, wie immer/, antwortete er
ausweichend. Der Andere musste ja nichts davon wissen, wie dreckig es ihm im Moment eigentlich ging.
Schuldig beschloss, in die Offensive zu gehen. /Jetzt meckere mich endlich an, dass ich mich aus
deinem Leben zu halten habe, damit wir die Sache endlich abschließen können/, forderte er
ein wenig überstürzt.
Ken kniete am Boden und hielt wieder inne. Was? Musste das jetzt einer verstehen? /Wieso sollte ich
das tun? Wenn du dich… aus meinem Leben raushalten willst, wie du es so schön sagst…dann wirst
du es schon von ganz alleine tun…/ Hart musste Ken schlucken, als er merkte, dass er seine Gedanken
nicht unter Kontrolle halten konnte. /Ich werde sicher nicht meinen Schutzengel fortschicken…/
Na wunderbar. Das war jetzt so ziemlich das Letzte, was er hatte hören wollen. Wie konnte er
dem Jüngeren nur klar machen, um was es hier ging, ohne dabei zuviel zu verraten? /Um das
geht's ja... Ich kann es eben nicht von alleine./, erwiderte er matt. Ach, verdammt, so hatte das
keinen Sinn. Er musste Ken gegenüberstehen, damit er seine Forderung durchsetzen konnte. /Wenn
du Zeit hast, komm in den Park, dann reden wir. Ich warte auf dich./
Er erhob sich und warf den Lappen in die Spüle. /Ich warte seit drei Wochen darauf, dass du
dich mal meldest, gammle die ganze Zeit zuhause rum und denk nur noch nach! Ich hab’ rund um die Uhr
Zeit!/, kam es dann von ihm. Er schlich sich dabei mehr auf Zimmer, als das er ging. Ihm war
durchaus bewusst, dass Aya ihn nicht würde gehen lassen, wenn er etwas mitbekam, und so durfte
der es eben nicht merken.
Leise schlüpfte der Japaner in eine Jeans und suchte sich ein warmes Oberteil raus, das nicht
zuließ, dass der frische Herbstwind ihn frieren ließ.
Diese Worte schockten den Schwarz mehr, als er zugeben wollte. Ken wartete darauf, dass er sich bei
ihm meldete? Ja, warum in drei Teufels Namen denn das? Noch viel ungeduldiger und nervöser als
ohnehin schon, lief er wie ein Tiger im Käfig vor dem Eingang des Parks auf und ab. Der
Weiß war und blieb ihm ein einziges Rätsel. Das alles ergab doch keinen Sinn. Immer
wieder sah er auf die Uhr und kam sich dabei vor wie ein Teenager beim ersten Date.
Als von Schuldig keine Antwort mehr kam, seufzte er leise. In den letzten Tagen war ihm deutlich
klar geworden, dass der Telepath ihm nicht so egal war wie es eigentlich hätte sein
müssen. Nicht nach all dem was passiert war und was er inzwischen wusste.
In eine Jeansjacke gehüllt kam er dann schließlich vor dem Park an und sah den
aufgewühlten Deutschen dort auf- und abgehen. Sein Herz schrie vor Aufregung, als er näher
trat. „Hey…“
Dem Schwarz stockte der Atem, als er sich so plötzlich dem Objekt seiner Begierde
gegenübersah. Doch er versuchte, sich einfach zusammenzunehmen und sich nicht wie ein
liebeskranker Trottel aufzuführen, konnte aber nicht verhindern, dass seine Augen bei Kens
Anblick aufblitzten. Sein Mund war knochentrocken und seine Stimme klang rau, als er den Gruß
erwiderte. "Hi."
Eine Weile standen sie einfach nur da, schweigend. Doch irgendwann kam sich Ken dann ziemlich doof
vor, er senkte den Blick, deutete auf den Park und blickte kurz fragend auf, bevor er durch den
großen efeuüberwucherten Bogen das Gelände betrat. Er wagte es nicht etwas zu sagen,
wagte es nicht mal den Blick zu heben und Schuldig anzusehen.
Wortlos folgte der Telepath dem Anderen in den Park, bis sie vor einer Bankgruppe ankamen, die
malerisch unter ein paar Bäumen aufgestellt war. Mit einem Seufzen ließ er sich auf eine
der Bänke fallen und schaute dann Ken intensiv an, der sich neben ihn setzte und den Boden
fixierte. "Warum hast du drauf gewartet, dass ich mich bei dir melde?"
Ken lehnte sich zurück und schlug die Beine übereinander. „Ich weiß nicht… Weil ich
mich nicht melden konnte… denke ich…“, kam es leise und fast schon unsicher von ihm, bis er merkte
wie kindisch er sich grade benahm. Also hob er sicher den Blick und schaute den Telepathen direkt
an. Dass ihm beim Anblick der grünen Augen seines Engels wieder mulmig wurde, versuchte er so
gut es eben möglich war zu ignorieren. „Außerdem… wollte ich mich noch mal… bedanken.“
"Es gibt keinen Grund, sich zu bedanken", winkte der Schwarz ab. Dann wurde ihm bewusst,
was der Braunhaarige zuvor gesagt hatte. Überrascht sah er direkt in die braunen Iriden seines
Gegenübers. "Du... hast versucht, mich zu erreichen?"
Ken erwiderte den Blick und zwang sich standhaft zu bleiben. „Ja… Aber irgendwann habe ich es dann
aufgegeben…“ Er konnte nicht verhindern, dass ihm ein leises Seufzen entwich. Es war doch nicht
möglich, dass er jetzt hier saß und die Fragen, die ihn in den letzten Wochen so
gequält, hatten nicht aussprechen konnte, oder? „Ich…“
Auffordernd guckte der Deutsche den Kleineren an. "Ja? Du...?" Er wollte jetzt nicht in
Kens Geist nachsehen müssen, was dem Japaner auf dem Herzen lag. Immerhin hatten sie sich ja
getroffen, um zu reden. Wenn dieses Gespräch auch in eine komplett andere Richtung ging, als es
sich der Telepath vorgestellt hatte.
Jetzt musste Ken den Blick doch abwenden. Er hielt diesen Blick aus den hübschen grünen
Augen einfach nicht aus. Den Blick, der ihn die letzten Nächte verfolgt hatte.
„Trotzdem danke…“, rettete er dann seinen angebrochenen Satz. „Dafür, dass du mir zigmal das
Leben gerettet hast, statt mich zu töten… Oft genug Gelegenheit hattest du ja…“
Die erste Reaktion des Orangehead wäre gewesen, Ken zu fragen, wie er sich denn das vorstellte,
denjenigen zu töten, den er liebte. Doch im letzten Moment verschluckte er diese Antwort.
"Schon okay", grinste er daher nur ein wenig arrogant, "Wo bliebe denn da der
Spaß, wenn ich euch umbringen würde? Dann hätte ich nichts mehr, über das ich
mich aufregen könnte..." Ganz toll. Noch was Blöderes fiel ihm wohl nicht ein, oder
wie?
Die Worte des Deutschen ließen Ken hart schlucken. Er wollte nicht so recht glauben, was er da
hörte und kurz sah er mit reichlich verletzter Miene zu dem anderen auf. Doch dann erhob er
sich. „Gut dann… reg dich weiter über mich auf…“, sagte er leise und beschloss dann, Schuldig
dafür auch einen Grund zu geben. Jetzt war es sowieso egal. Er neigte sich zu ihm hinunter und
hauchte ihm einen leichten Kuss auf die Lippen, schloss dabei genießend die Augen, löste
sich dann aber schnell wieder.
Ohne Schuldig noch einmal anzusehen, wandte sich der Brünette ab und ging. Er vergrub die
Hände tief in den Jackentaschen und schluckte schwer. Wie um alles in der Welt hatte er auch
auf die Idee kommen könnte, dass jemand wie Schuldig ihm aus… Liebe das Leben rettete?!
Zurück blieb ein Telepath, der über das Verhalten Kens so verblüfft war, dass er
keinen einzigen Ton herausbrachte, sondern einfach nur stumm zusah, wie dieser sich abwandte und
ging. Erst da kam wieder Leben in den Deutschen. Rasch lief er dem Braunhaarigen hinterher, hielt
ihn auf, ehe er den Ausgang des Parks erreichen konnte und zischte: "Wenn du schon meinst, dich
bedanken zu müssen, dann mach's gefälligst richtig!" Damit nahm er ihn in die Arme
und küsste ihn leidenschaftlich. Es tat ihm irgendwie einfach nur weh, nur aus Dankbarkeit und
nicht aus Zuneigung Ken in den Armen halten zu dürfen. Aber wenn es sein musste, nahm er eben
das, was er kriegen konnte....
Hart schluckte der Japaner als er den Griff des anderen spürte. Die Worte stachen wieder zu.
Doch er erwiderte den Kuss augenblicklich voller Leidenschaft und Gefühl. So blind war nicht
mal Ken, dass er jetzt nicht endlich rallte was Sache war. Er schlang die Arme um den Nacken des
Telepathen und schmiegte sich der Länge nach gegen ihn. Ihm war, als wenn genau dieser Kuss das
einzige war, worauf er seit drei Wochen wartete… Als wenn dieser Kuss das war, was er schon so lange
vermisste…
Schuldig konnte einfach nicht fassen, was er in dem Kuss zu spüren glaubte. Ein wenig atemlos
löste er sich von Ken, ließ ihn aber nicht wirklich los, sondern hielt ihn nah bei sich
und sah ihm fest in die Augen. Wie verzaubert strich er behutsam über das Gesicht des
Weiß, als müsste er sich klar werden, dass er nicht gerade träumte. "Sag mir,
dass das wahr ist...", murmelte er kaum hörbar.
Ein leichtes Lächeln zeichnete sich auf den Lippen des Braunhaarigen ab. Er erwiderte den Blick
in die schönen Augen des Anderen und nickte leicht. „Es ist…wahr…“, hauchte er leise und strich
durch das lange Haar. „Zumindest…hoffe ich es…“ Eine leichte Röte lag auf seinen Wangen, er sah
fast schon etwas verlegen aus.
"Dann hast du jetzt keinen Grund zu gehen", stellte der Orangehead ruhig fest und
ließ den Anderen los. Aber er wollte den Kontakt zu seinem Liebsten nicht ganz verlieren,
nachdem er ihn jetzt endlich hatte. So griff er einfach nach dessen Hand, verhakte ihre Finger
miteinander. Sein Blick lag immer noch intensiv in den braunen Iriden, die im strahlenden
Sonnenlicht einen goldenen Schimmer hatten, wie er begeistert feststellte.
Sanft lächelnd sah er auf ihre Finger, schaute dann wieder zu dem Telepathen auf und versank in
seinen Augen. „Aber… lange kann ich nicht bleiben“, eröffnete er ihm dann leise und seufzte,
„wenn Ran mitbekommt, dass ich weg bin, darf ich mir nachher wieder was anhören….“
Er sah weiter in die glitzernden Augen des Anderen und konnte nicht verhindern, dass eine warme
Welle der Zufriedenheit sich ihren Weg durch seinen Körper bahnte.
Verständnisvoll nickte Schuldig. "Schon okay. Ich hab so lange auf dich gewartet, da
kommt's auf ein paar Tage auch nicht mehr an", gestand er leise. Er konnte noch immer nicht
glauben, was hier passierte, dass er endlich denjenigen an der Hand hielt, von dem er schon so lange
geträumt hatte. Sanft streichelte er mit dem Daumen über Kens Handrücken und wusste
ausnahmsweise mal nicht, was er sonst noch sagen sollte.
Kens Mund wurde trocken und er sah verlegen zu Boden. Wie konnte jemand auf ihn warten? Es war ihm
ein Rätsel. Doch es war gut so. Nun war er nicht alleine und konnte sich auch noch wohl
fühlen. Ohne dabei Reue zu empfinden, stellte er fest, dass er sich sehr viel besser
fühlte, wenn er seinen Kopf in Schuldigs Halsbeuge vergrub und die Arme um seinen Nacken
schlang, wie in diesem Moment, als mit den Streitereien, die er immer mit Aya gehabt hatte.
Vorsichtig legte der Schwarz wieder seine Arme um den Oberkörper des Kleineren, bedacht darauf,
ihm nur ja nicht weh zu tun. Er legte seine Wange auf Kens Kopf, nahm dessen unvergleichlichen Duft
in sich auf und schloss zufrieden die Augen. "Sehen wir uns bald wieder?", fragte er
leise, obwohl es ihm leid tat, diesen schönen Moment mit einer solchen Frage zu zerstören.
Aber er konnte einfach nicht länger warten.
Leicht schmunzelte Ken und ließ den Arm mit der kaputten Schulter wieder sinken, legte die
Hand stattdessen auf Schuldigs Brust. „Hm… Wenn ich mich recht erinnere, haben wir eh noch ein Date
nachzuholen, oder?“ Er musste leicht grinsen, küsste Schuldig kurz aufs Kinn. „Sag mir wann und
wo und ich werde da sein!“
"Lass es mich einfach wissen, wann es dir gut genug geht, und du ungestört weg kannst.
Diesmal wirst du mich erreichen, wenn du mich rufst." Nun würde er wahrscheinlich - nein,
ganz sicher - sehnsüchtig darauf warten, dass der Jüngere den Kontakt zu ihm suchte. Es
war schon irgendwie irre. Da hatte er eigentlich gewollt, dass er endlich von seinem geliebten
Weiß loskam - und was passierte? Jetzt hatte Ken ihn noch viel mehr an sich gefesselt, als er
das ohnehin schon getan hatte.
Nun musste Ken leise lachen. „Mir geht es wunderbar…“ Er sah fast schon verträumt zu dem
Telepathen auf und strich ihm das Haar zurück. Dabei entfernte er frech das Stirnband und
grinste. „Viel besser…“ Hinter Schuldigs Rücken wickelte er sich das Stirnband ums Handgelenk
und hatte nicht vor, dieses so schnell wieder rauszurücken.
"Hey!", schmunzelte der Orangehead, dem diese Aktion natürlich nicht verborgen
geblieben war. "Wie viele von meinen Klamotten willst du denn noch haben? Mein Hemd hast du ja
auch behalten." Er zwinkerte dem Kleineren neckend zu. "Soll ich dich noch ein Stück
nach Hause begleiten? Und wenn du Lust hast, können wir uns morgen Abend treffen..."
Glücklich lächelnd löste er sich und schnappte sich wieder Schuldigs Hand. „Und das
Shirt wirst du auch so schnell nicht wieder bekommen…“, grinste er den Älteren an und machte
sich langsam mit ihm auf den Weg aus dem Park. „Morgen Abend?“ Kurz überlegte er, nickte dann
aber. „Okay… Und was unternehmen wir?“
~*~tbc~*~
[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]
Frustriert und mit hängendem Kopf schlich Schuldig wieder zurück in den Poolbereich. Er
warf sich auf einen Barhocker und orderte einen doppelten Wodka. Dieser Tag, den er sich mit seinem
Liebsten so wunderschön vorgestellt hatte, war zu einer Katastrophe geworden... Er griff nach
dem Telefon, das auf dem Tresen stand und wählte die Handynummer seines Freundes. Mühsam
unterdrückte er das Zittern, das sich durch seinen Körper fraß, je länger es
klingelte, ohne dass abgehoben wurde. Endlich gab er mit einem resignierten Seufzen auf. Hinter sich
hörte er Yohjis dunkles Lachen, spürte dessen Hand auf seiner Schulter.
„Was ist los...?“, raunte der Playboy des Hauses Weiß dem Telepathen ins Ohr. Leicht strichen
seine Lippen das Ohr des anderen und seine Hände glitten über den starken Rücken.
„Warum so verklemmt…?“ Es war glasklar was Yohji wollte, wen er wollte. Dass Ken grade frustriert
und total am Ende im Weiß-Hauptquartier ins Bett sank und das Gesicht im Kissen vergrub,
würde ihn auch nicht kümmern, wenn er es wüsste.
"Nimm deine elenden Griffel von mir, Kudou! Glaubst du wirklich, ich würde mir die Finger
an dir dreckig machen? Wenn du es noch nicht bemerkt haben solltest, liebe ich Ken. Aber davon
verstehst du wohl nichts." Ungehalten schüttelte Schuldig die Hand des Weiß von sich
ab, stand dann auf und lief zu den Umkleidekabinen.
Doch Yohji schien nicht locker lassen zu wollen. Er grinste nur leicht und folgte dem anderen.
Geschwind schlüpfte er mit ihm in die Umkleide. „Liebe… Er scheint _dich_ aber nicht zu lieben
oder? Er ist nicht hier….“ Die letzten Worte hauchte er dem anderen heiß gegen die Lippen.
„Komm schon… Er wird es… nicht erfahren…“
"Vergiss es, Weiß! Ich würde dich nicht mal anfassen, wenn du der letzte Mensch auf
Erden wärst! Und er hat es schon erfahren. Wie blöd bist du eigentlich? Denkst du, ich
gehe _allein_ zu so einem Event?" Wütend stieß Schuldig den Anderen von sich, nahm
seine Klamotten und zog sich hastig an.
Yohji stieß gegen die Wand und ein leises Lachen kam von ihm. „Schlappschwanz…“, lachte er und
öffnete die Kabinentür. „Hätte ich nicht gedacht…“ Damit schlenderte er aus der
Kabine und sah sich nach einem anderen Objekt um mit dem er seinen Spaß haben würde.
Irgendwas würde er schon finden…
Wütend starrte der Telepath dem Anderen hinterher. War ja klar gewesen, dass der keine Ahnung
hatte, wovon Schuldig gesprochen hatte. Aber der älteste Weiß war nicht wichtig. Viel
wichtiger war, dass er Ken erreichen musste. Unbedingt. Dieses dämliche Missverständnis
musste unbedingt aus der Welt geschafft werden. Schnell tippte der Orangehead eine Sms für
seinen Liebsten, versuchte, ihm zu erklären, was geschehen war. Fieberhaft wartete er auf eine
Antwort. Vergebens. Währenddessen schlich er durch die Strassen, fand sich plötzlich in
einer Bar wieder. Und noch ehe er wusste, was er tat, hatte er die ersten Gläser seines
Lieblingsgetränks auf ex gekippt.
~*~
Es war noch früh – kein Wunder, wenn man eine Flucht vor seinem eigenen Geburtstag startete,
dann musste es früh sein. Den Kragen der Jacke hochgeschlagen, versuchte Ken sich vor dem
kalten Wind zu schützen. Warum musste er auch ausgerechnet im Winter Geburtstag haben?
Nun stand er in Mitten des Parks vor dem zugefrorenen See und stellte fest, dass es auch noch anfing
zu schneien. Wunderbar…. Ganz klasse!!
Jeder andere hätte sich jetzt wahrscheinlich gefreut. Erstens bedeutete das, dass man ‚klasse’
Wetter an seinem Geburtstag hatte und noch dazu weiße Weihnachten. Aber nicht Ken. Ihm wurde
nur mal wieder schmerzlich bewusst, wie einsam er grade war.
Die Schultern hochgezogen und die Hände tief in den Jackentaschen setzte er einen ersten
tastenden Fuß aufs Eis. Es schien zu halten. Der zweite Fuß folgte und er trat weiter
hinaus auf den See. Ganz langsam und vorsichtig.
"Bist du wahnsinnig? Schau, dass du da runter kommst, aber ein bisschen plötzlich!"
Schuldig war auf einem Stadtbummel gewesen, hatte dann aber die vielen Leute nicht mehr ertragen
können und sich daher in den Park geflüchtet. Im ersten Moment hatte er gedacht, dass
seine Augen ihm einen Streich spielen würden, als er Ken in der Ferne erkannte. Er wollte den
Park schon wieder verlassen, doch als er sah, was der Jüngere vorhatte, rannte er zu dem
kleinen See, so schnell er konnte.
Ken zuckte stark zusammen als er die Stimme des anderen hörte. Inzwischen stand er schon gut
zwei Meter vom Ufer weg. So vorsichtig wie er eben noch gewesen war, so hastig wirbelte er nun herum
und rutschte beinahe aus. Da sah er ihn. Schuldig rannte auf ihn zu, die Augen blitzten ihm voller
Sorge und schon fast panisch entgegen. Ken ging einen kleinen Schritt rückwärts. In den
letzten Monaten war nicht ein Tag vergangen an dem er nicht an den Schwarz gedacht hatte. Und jetzt
war er wieder da… Ken hatte die Missionen gemieden, hatte Stress mit seinen Kollegen in Kauf nehmen
müssen und sich seit dem sogar von Omi verfremdet. Und der Grund für all das Unglück
trat nun wieder bildlich in sein Leben. Ausgerechnet heute.
Wie Donnerhall klang das Brechen des Eises in Schuldigs Ohren. "Verdammt, Ken, beweg
dich!", schrie er panisch. Seine eigene Sicherheit war ihm egal, als er den glitschigen,
instabilen Untergrund betrat und die Hand nach seinem Liebsten ausstreckte. "Komm her und lass
dir helfen, bevor du noch einbrichst!", befahl er bestimmt.
Zitternd realisierte auch Ken das Knacken und schluckte hart. Bewegen? Nein. Wenn er sich bewegte,
dann würde er erstrecht einbrechen. „Verschwinde! Runter vom Eis!“, fauchte Ken. Als Schuldig
auch einen Fuß auf das Eis setzte, knackte er ein weiteres Mal. „Lass mich in Ruhe…“
Knackend zog sich ein Riss durch das Eis und auf die beiden zu. Doch Ken rührte sich nicht.
Mehr als nur genervt schnaufte der Telepath auf. "Klar geh ich vom Eis runter - zusammen mit
dir! Keine Sekunde eher!" Statt zurück auf das sichere Ufer tapste er nach vorn, auf Ken
zu. "Beweg endlich deinen Arsch und komm her!", fauchte er wütend. Konnte das denn
die Möglichkeit sein? Der Riss im Eis wurde sichtlich breiter und Ken rührte sich nicht
vom Fleck! "Du bist sturer als ein Maulesel!"
„Und du schlimmer als Aya!“, kam es tonlos von Ken. Er sah in die Augen des anderen und schluckte
hart als es wieder laut knackte. „Ich hasse dich!“ Und mit diesen Worten ergriff er die Hand des
Telepathen. Er war mehr als dankbar, dass Schuldigs sanfte Finger von schicken weißen
Handschuhen umhüllt waren. Denn seine Haut zu spüren war das letzte was er jetzt wollte.
Das würde nur noch mehr wehtun. Mit zwei großen Schritten gelangten sie wieder ans Ufer.
Keine Sekunde zu früh, dann bei Kens letztem Schritt brach ihm das Eis unter dem Fuß weg
und eisiges Wasser durchnässte seinen Stiefel und den unteren Teil seiner Hose.
Mit Schwung zog der Schwarz seinen Geliebten vom Eis. Mit etwas zuviel Schwung, wie er im Nachhinein
feststellen durfte, als er den Halt verlor und rückwärts in den Schnee fiel. Da er dabei
Ken nicht losließ, stürzte auch der und landete genau auf ihm. Schnell schlang Schuldig
seine Arme um den Kleineren und grinste ihn anzüglich an. "So hab ich dich immer noch am
liebsten, Schatz!", zwinkerte er ihm frech zu.
Ein Beben ging durch Kens Körper als er sich auf dem anderen wieder fand. Er wog sich in
trügerischer Sicherheit, fühlte sich verboten wohl. Doch sein Verstand riss ihn brutal in
die Realität zurück als er die Worte Schuldigs hörte. Er holte aus… und schlug zu.
Hart traf seine flache Hand die Wange des anderen und schon kämpfte er sich wieder hoch. „Fass
mich nicht an! Und ich bin NICHT dein ‚Schatz’!“, keifte er und entfernte sich einige Schritte von
dem anderen. „Das hast du dir gründlich versaut!“ Ob es an der Kälte seines rechten
Fußes lag oder an der Tatsache, dass er Schuldig gegenüberstand, wusste Ken nicht, doch
er zitterte am ganzen Leib.
"Wie oft soll ich dir denn noch sagen, dass das ein Missverständnis war? Du kannst doch
nicht ernsthaft immer noch glauben, dass ich das gewollt habe!" Schuldig war sauer, aber so was
von! "Du weißt, wie sehr ich dich liebe. Ich brauche niemand anderen außer dir!
Ken, bitte." Langsam kam der Telepath auf das zitternde Bündel zu, hielt den Atem an, als
er seine Arme ein weiteres Mal um den Anderen legte und ihn an sich zog. Wie sehr hatte er dieses
Gefühl vermisst!
Ken sah den anderen weiter an und schluckte hart. Doch er wich nicht zurück, auch wenn er keine
Anstalten machte die Umarmung zu erwidern. „Und… Wieso sagt Yohji dann… dass er einen
‚Riesenspaß’ mit dir hatte?“, fragte er leise und wandte das Gesicht ab. Er starrte in den
Schnee neben sich und verschränkte die Arme so gut es ging vor der Brust um deutlich zu machen,
dass er sich nicht wirklich wohl fühlte.
Schuldig lachte leise. "Frag deinen Yohji mal, ob er wirklich darauf steht, geschlagen und
zurückgewiesen zu werden... Wenn ja, kann ich mir schon vorstellen, dass er einen
Riesenspaß mit mir hatte." Dann wurde er wieder ernst. "Ken, ich habe Yohji nicht
angefasst. Im Gegenteil. Ich habe ihm wörtlich gesagt, dass ich dich liebe und mich auf ihn
nicht mal einlassen würde, wenn er der letzte Mensch wäre." Sanft strich er über
die kalte, gerötete Wange seines Liebsten. "Verdammt, wieso glaubst du mir nicht? Ich habe
in der ganzen Zeit nicht mal jemand anderen angesehen, geschweige denn angefasst. Ich gehöre zu
dir, und das kann niemand ändern."
Ken lauschte dem anderen und schüttelte dann minimal den Kopf. „Kein Wunder, dass mir das ganze
Team misstraut…“, murmelte er nur und trat noch einen Schritt zurück. „Ich kann dir das nicht
glauben, Schuldig… Ich würde nur auf die Nase fallen. Und so… habe ich immerhin die Chance mit
Aya und Omi wieder alles hingebogen zu bekommen...wie es mal war…“ Ken spürte wie Tränen
in ihm aufstiegen. Und er spürte, dass in ihm nicht das vorging was er sagte. Einmal mehr
versank er in den so vertrauten grünen Augen die vor Ehrlichkeit Funken sprühten und
schluckte hart.
Alles reden hatte keinen Sinn, erkannte der Telepath. Ken konnte oder wollte ihn nicht verstehen. Da
half nur noch eines... Liebevoll lächelnd hob Schuldig mit einem Finger Kens Kinn an, raunte
ein zärtliches "Alles Gute zum Geburtstag!" und verschloss dann die Lippen des
Anderen mit den seinen.
Ken riss die Augen auf und starrte den anderen an. Schon als er die Finger an seinem Kinn
spürte, wusste er, was der andere vorhatte. Doch er unternahm nichts dagegen. Wie zu einer
Salzsäule erstarrt stand er da und als er die Worte hörte, die Lippen spürte und den
heißen Atem der ihm entgegenkam, war alles vorbei. Der Japaner schiss auf seinen Verstand und
schmolz in Schuldigs Armen praktisch dahin. Seine Lider senkten sich und seine eingefrorenen Finger
krallten sich in dessen Mantel. //Mistkerl… Du verdammter Mistkerl…// Er hoffte Schuldig mit diesen
Worten zu erreichen, doch gleichzeitig erwiderte er den Kuss sehnsüchtig. Oh wie hatte ihm das
doch gefehlt.
Natürlich erreichten Kens Gedanken den Schwarztelepathen. Mit einem deutlichen Grinsen in
seinen Gedanken antwortete er /Ich liebe dich auch!/, versenkte in diesem Moment seine Zunge im Mund
des Kleineren und verstrickte ihn in ein kleines, anregendes Duell, bei dem er ihn noch fester in
den Arm nahm und hart gegen sich presste.
Minimal lächelte Ken in den Kuss. Er schlang die Arme um Schuldigs Nacken und drückte sich
an ihn. Seine durchnässte Kleidung war vergessen und nur noch Schuldig war wichtig. Nie wieder
sollte Schuldig ihn loslassen, nie wieder ihn alleine lassen. Die Zeit ohne Schuldig war schlimm
genug gewesen, das wollte er nie wieder spüren, auch wenn sie ihm gezeigt hatte, dass es jetzt
eindeutig der Telepath war, der Vorrang hatte. Sein Team war egal. Weiß war egal. Die hatten
ihn inzwischen sowieso als Verräter abgestempelt.
Flink umspielte seine Zunge die des anderen und in diesem Kuss war deutlich zu spüren wie sehr
sie einander vermisst hatten. //Lass mich nie wieder los…//
Schuldig unterbrach den süßen Kuss, sah seinem Liebsten tief in die Augen. "Nie
wieder, ich versprech's!", raunte er heiser. "Komm mit!", forderte er dann den
Braunhaarigen auf, legte seinen Arm um dessen Schulter und führte ihn so aus dem Park. Sein
Herz schlug ihm bis zum Hals und wollte vor lauter Glück fast zerspringen. Er hatte
tatsächlich Ken wieder!
Und dieser zitterte noch immer am ganzen leib. Das Bild von Yohji und seinem Geliebten wollte nicht
mehr aus seinem Kopf verschwinden und vielleicht sollte er darüber einfach mal mit dem
Weiß-Playboy sprechen. Doch nicht jetzt. „Wohin…?“, fragte er stattdessen und klang dabei fast
schon etwas unsicher.
"Dahin, wo ich dich schon damals mitnehmen wollte... In unsere Wohnung", erklärte er
mit einem niedlichen Lächeln. So schnell wollte er den jungen Weiß jetzt nicht wieder
hergeben. Noch dazu hatte er ja ein Geschenk für ihn, auch wenn er nicht gewusst hatte, wie er
es ihm hätte geben sollen... Aber dieses Problem hatte sich ja jetzt erübrigt.
Ken hob die Brauen. „Ehm… Wohnung? Ich… wir haben eine Wohnung??“ erstaunt und verwirrt zugleich sah
er Schuldig an, ließ sich aber von ihm führen. Was um alles in der Welt sollte denn das
jetzt werden? Seit wann um alles in der Welt hatten sie beide eine Wohnung? Doch schließlich
machte Ken sich daran sich den Weg zu merken. Noch immer unsicher und verwirrt schmiegte er sich
leicht an den älteren und versuchte sein zittern zu unterdrücken.
"Ich wollte sie dir schon an unserem Geburtstag zeigen...", gab der Ältere
zurück. Während sie das kurze Stück bis zu dem Hochhaus, in dem er tatsächlich
eine kleine Wohnung für sie gemietet hatte, gingen, streichelten seine Finger automatisch
über Kens dicke Jacke.
Leicht musste der Japaner lächeln und senkte den Blick dann aber auf den Schnee schaute.
„Wow…“, murmelte er und lehnte sich noch ein stück näher an den anderen bevor er wieder
aufsah und schließlich das Haus musterte, vor dem Der Telepath mit ihm stehen blieb. „Seit
wann… hast du sie schon?“
"Seit kurz vor meinem Geburtstag. Ich wollte einen Ort für uns, an dem wir ungestört
sind", erklärte der Orangehead leise. "Schau sie dir an. Bitte." Was er tun
würde, wenn Ken nun doch einfach gehen würde, weil ihm das zu plötzlich kam, wusste
der Telepath nicht. Er konnte nur hoffen, dass seine Träume, die er damals gehabt hatte, jetzt
in Erfüllung gehen würden.
Ken biss sich leicht auf die Unterlippe und nickte dann leicht. „Ja… natürlich werde ich sie
mir ansehen…“, murmelte er und trat mit Schuldig in das große Gebäude ein. Auch her sah
er sich wieder um. Die Reihe der Briefkästen wies zum Schluss sogar einen Kasten mit ihren
beiden Namen auf. Schmunzelnd strich er im Vorbeigehen darüber und stampfte sich dann erst mal
den Schnee von den Stiefeln.
Ein wenig nervös fummelte der Deutsche den Schlüssel aus seiner Tasche, ging dann mit Ken,
den er immer noch im Arm hielt, auf den Aufzug zu und ließ sich mit seinem Liebsten in den
neunten Stock bringen. Zittrig schloss er die Tür auf und ließ den Anderen eintreten.
Ungeduldig wartete er, bis sich Ken ein wenig umgesehen und sich einen ersten Eindruck verschafft
hatte.
Langsam trat Ken in die Wohnung ein und seine braunen Augen glitten über die üppige
Zimmereinrichtung. Nicht sonderlich groß, aber perfekt für zwei. Es war gemütlich
und schön und Ken gefiel sogar die Einrichtung. Nur kam es ihm fast ein bisschen zu ordentlich
vor, als wenn Schuldig nicht einmal hier gewesen war. Eine Träne rann über seine Wange,
doch hastig wischte er sie weg und blieb mitten im Wohnzimmer stehen. Die vollkommen verglaste Wand
nach außen hin, bot einen wunderschönen Blick über die Dächer und als er den
Kachelofen entdeckte musste er schmunzeln. Er sah sich und Schuldig schon jetzt gemütliche
Abende hier zusammen verbringen. Langsam wandte er sich wieder zu dem Deutschen um und zog die Jacke
aus. Mit einem Lächeln kam er wieder zu dem anderen. „Sie ist… echt wunderschön…“
Ken hatte mit seiner Vermutung recht - Schuldig hatte keinen Grund gesehen, sich ohne Ken in der
Wohnung aufzuhalten. Aber das änderte sich ja gerade... "Ich bin froh, dass sie dir
gefällt", meinte er leise. Seine Augen leuchteten vor Freude, als er sah, dass Ken seine
Jacke auszog und auf ihn zukam. Es kam ihm vor wie in einem Traum, als er Ken so nah vor sich hatte,
dass er ihn einfach wieder küssen musste. "Bleib hier. Bleib bei mir!", bat er leise.
Leicht biss sich Ken wieder auf die Unterlippe und senkte den Blick dann. „Ich weiß nicht ob…
ich das kann… heute Nacht hier bleiben, meine ich…“, kam es leise von ihm. „Die anderen werden sich
wundern wo ich stecke und ich muss noch Gestecke fertig machen…“ Verzweifelt stellte er fest, dass
das alles nur ausreden waren um nicht hier bleiben zu müssen. Mit einem nach Verzeihung
heischenden Blick sah er auf. „Schu ich…“
Der Telepath seufzte schwer auf. Er hatte schon verstanden. Langsam ließ er den Kleineren
wieder los. "Schon okay", gab er kaum hörbar zurück. Klar konnte Ken die letzte
Zeit nicht einfach wegwischen und vergessen. Aus einer Schublade eines kleinen Kästchens nahm
er einen zweiten Schlüssel. "Der gehört dir ... wenn du ihn willst." Auf der
offenen Hand hielt er dem Brünetten den kleinen Gegenstand hin.
Schuldgefühle machten sich in Ken breit. Auch wenn sein Verstand ihm sagte, dass er diese
eigentlich nicht zu haben brauchte. Immerhin hatte Schuldig den Mist verbockt, oder besser gesagt
Yohji. Egal wer – er nicht. Dann senkte er den Blick auf die Hand des anderen und mit einem
Lächeln nahm er den Schlüssel dann sanft an. „Danke…“ Lächelnd sah er wieder auf und
küsste den Deutschen kurz zärtlich. „Wirst du morgen… hier sein?“
Weihnachten – Zuhause wollte er es nicht feiern. Aya würde sich in seinem Zimmer
einschließen und lesen oder sonst was alleine tun, Omi war sicher bei seiner neuen Flamme und
Yohji – na mit dem wollte er ohnehin nicht feiern. Aber Schuldig… Sie würden sich sicher einen
schönen Weihnachtstag machen können…
Ganz langsam nickte der Deutsche. "Ja, ich werde morgen hier sein..." 'Und auf dich
warten', fügte er in Gedanken an. Wie jeden Tag in letzter zeit. Jede einzelne Stunde davon
hatte er auf ein Wort von Ken gewartet, hatte sich mit jeder Minute mehr in seine Verzweiflung
gestürzt.
Eine ganze Weile stand Ken einfach nur schweigend da und sah den anderen an. Er trieb in Gedanken
davon, versank in den grünen Augen die er so sehr liebte. Langsam kam er wieder einen Schritt
näher, ließ den Schlüssel in die Hosentasche gleiten und legte die Arme um die
Taille seines Geliebten. „Ich liebe dich, Schu… Ich hab es die ganze Zeit getan…“, hauchte er und
lehnte die Stirn an die Brust des größeren und schloss die Augen.
Auch Schuldig schloss die Augen, um das aufkommende Brennen in seinen Augen zu unterdrücken,
und schluckte hart. "Ich liebe dich auch", brachte er endlich heraus. Dann griff er noch
einmal in seine Tasche. Warum er Kens Geschenk heute bei sich trug, wusste er nicht. Aber er war
froh, dass er es tat. Lächelnd hielt er dem Kleineren eine kleine Schatulle unter die Nase.
Er öffnete die Augen wieder und sah auf die kleine Schachtel. Sein Herz schien stehen bleiben
zu wollen. Was hatte das jetzt zu bedeuten? Wen da das drinnen war, wonach es aussah, dann
würden ihm gleich die Beine wegklappen. Mit leicht zitternden Fingern nahm er die Schatulle
entgegen und hob das Gesicht. Unsicher sah er Schuldig an. Sein Blick glitt leicht ins fragende
über. „Was…“
"Dein Geburtstagsgeschenk", erklärte der Größere geduldig, als müsste
er seinen Liebling daran erinnern, was heute für ein Tag war. "Und wenn du's nicht
aufmachst, wirst du nie erfahren, was drin ist, ich werd's dir nämlich nicht verraten."
Hart schluckte Ken und sah wieder hinunter auf das Kästchen. Sein Denken raste. Doch er wusste,
dass er es aufmachen musste, auch wenn ihm jetzt schon schwindelig bei dem Gedanken wurde. //Mach
dich nicht selbst verrückt, Hidaka!//, mahnte er sich dann und langsam öffnete er das
Schächtelchen. Sein Herz schlug ihm in der Kehle und seine Beine schienen tatsächlich
nachlassen zu wollen.
Der Telepath suchte Kens Blick, als der die kleine Schachtel endlich geöffnet hatte und ihm die
beiden Ringe entgegenfunkelten. Die Aufregung von vorhin flutete wieder durch seinen Körper, er
hoffte, dass er seinen Liebsten damit jetzt nicht heillos überforderte. Kurz überlegte er,
was er sich dabei gedacht hatte... Er hatte sich von seinen Gefühlen leiten lassen, die
für Ken immer noch ungebrochen waren.
Das war das Ende. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen in dem Kens letztes Stündchen geschlagen
hatte. Er würde sterben. Hier und jetzt. Sein Herz schlug nicht mehr. Seine Lungen pumpten kein
Sauerstoff mehr. Ihm wurde schwindelig. Alles schien sich zu drehen. Nur die Ringe nicht. Fest
starrte er auf das glitzernde Gold und hatte tatsächlich aufgehört zu atmen. Nur eine
Statur war er wie er dastand und auf die Ringe starrte.
Schuldig sah mit Entsetzen die atemlose Starre des Jüngeren. "Ähm... Ken? Wenn sie
dir nicht gefallen... tausch ich sie auch um...", begann er schwach. Innerlich betete er, dass
sein Liebster die Ringe nicht zurückweisen würde. Vielleicht war es nach ihrem Streit doch
noch viel zu früh für so eine saudämliche Aktion. Am liebsten hätte sich der
Schwarz geohrfeigt, schon spürte er sein Herz in tausend Scherben springen.
Hastig schnappte Ken nach Luft und sackte erst mal nach hinten in den Sessel. Doch seine Augen
klebten noch an den Ringen. Was um alles in der Welt sollte das bedeuten? Das wonach es aussah. Sein
Herz schmerzte schon, so schnell schlug es noch immer. Was sollte er denn jetzt machen? Das ging
eindeutig alles viel zu schnell. Sein Denken war so heftig, dass er nicht mal spürte, wie
Tränen über seine Wangen rannen und er wieder stark zu zittern anfing. Die Ringe waren
wunderschön, das stand außer Frage. Aber er sollte einen von ihnen tragen? ER? Und
Schuldig den anderen??
Mit einem tieftraurigen Blick ging der Deutsche vor seinem Liebling in die Hocke. "Ken,
hör zu", begann er mit brüchiger Stimme. "Du brauchst ihn nicht tragen. Nimm ihn
einfach nur mit, ja? Vielleicht willst du ihn irgendwann mal... Dann ist es immer noch früh
genug. Nur.. bitte... nimm ihn an."
Unsicher sah er nun auf und in die Augen des anderen. Er wusste nicht was er tun oder sagen sollte.
Also nickte er nur und nahm dann die Hand des anderen. Langsam und mit zittrigen Fingern streifte er
ihm das Schmuckstück an den Ringfinger der linken Hand. Sanft küsste er dann den Ring an
der Hand seines Geliebten. Eine Gänsehaut überkam ihn und zitternd ließ er dann die
Hand des anderen los. „Ich will… ihn tragen…“
Jetzt war es Schuldig, der die Luft anhielt. "Bist du dir sicher?", wollte er tonlos
wissen. Auch seine Finger waren nicht ruhig, als er den zweiten Ring aus dem Kästchen nahm und
ihn Ken liebevoll überstreifte. Dann sah er ihm fest in die Augen. "Ich liebe dich",
wiederholte er kaum hörbar.
Er nickte nur leicht und rang sich zu einem Lächeln durch. Doch wirklich sprechen konnte er
noch immer nicht. Die Nagst, dass nur irgendein zusammenhangloses Zeug dabei hervorkam war viel zu
groß. Zur Antworte küsste er Schuldig nur noch einmal. Seien salzigen Lippen fanden die
des anderen und er zog ihn sanft näher.
Glücklich nahm der Telepath seinen Freund in die Arme und erwiderte nur zu gern den
zärtlichen Kuss. Seine Finger glitten durch das weiche braune Haar, streichelten über die
zarte Haut der Wangen. "Du wolltest doch gehen...", erinnerte er seinen Liebsten nach
einer Weile leise.
Langsam löste sich Ken wieder und nickte leicht. „Ja…. Ich geh ja schon…“, lächelte er und
küsste Schuldig noch mal auf die Stirn. Jetzt bekam er das Lächeln nicht mehr von den
Lippen. Er zog sich die Jacke wieder an und immer wieder glitt er mit dem Daumen über den Ring.
Es war wahr. Der Ring war da. Und er? Verlobt…?
Wieder machte sich bittere Enttäuschung in Schuldig breit. Er hatte so sehr gehofft, dass Ken
jetzt doch bei ihm bleiben würde... Aber er würde den Jüngeren nicht davon abhalten,
zu gehen. "Wann kommst du morgen?", wollte er wissen, nachdem er sich wieder halbwegs
unter Kontrolle hatte.
Leicht biss sich Ken auf die Unterlippe als er merkte, dass Schuldig wieder enttäuscht war.
„Hey…“ Sanft zog er ihn auf die Beine und sah ihm in die Augen. Dann lächelte er leicht und
blickte noch mal auf den Ring. „Spätestens zum Frühstück… Ich bring dann
Brötchen mit…“ Seine Hand glitt durch das Haar des anderen und ihm war anzusehen, dass er
allmählich wieder sicherer wurde und das Zittern nachließ.
Schuldig nickte leicht. "Ich werde dann am Besten gleich hier bleiben und auf dich
warten", entgegnete er. Er wollte seinem Schatz jetzt kein schlechtes Gewissen verpassen und
erst recht nicht mit einer dummen Überreaktion den morgigen Tag gefährden. "Ich freu
mich schon!", lächelte er Ken an, auch wenn das Lächeln ein wenig gezwungen wirkte.
Aber bis morgen war es ja nicht mehr lange. Und dann hatte er seinen Liebsten wieder bei sich.
Für eine lange Zeit...
Ein leises Seufzen kam von dem Japaner. Er legte eine Hand an die Brust des anderen und trat
näher an ihn heran. „Bringst du mich noch ein Stück?“, fragte er unsicher. Er wollte
nicht, dass Schuldig dachte, Ken wolle ihn so schnell wie möglich wieder loswerden. Denn auch
wenn das alles jetzt etwas schnell ging, so wollte Ken die vermisste Nähe des Telepathen
durchaus spüren. Und morgen würde er das, nachdem er alles erst mal in seinem Kopf
sortiert hatte.
"Klar!", nickte Schuldig schnell und streifte auch schon wieder seinen Mantel über.
So hatte er wenigstens die Möglichkeit, noch für eine kurze Weile bei seinem Liebsten zu
sein und dessen Gegenwart auszukosten. Draußen hatte es wieder zu schneien begonnen, den
Gehweg und die Strasse bedeckte ein weißer Schleier und vermittelte dem Telepathen ein
Gefühl von Wunderland.
Ein Lächeln breitete sich auf Kens Zügen aus und er setzte einen Kuss auf die Brust des
größeren. Gleich darauf schnappte er sich seien Jacke und zog diese wieder an. Er
vergewisserte sich noch, dass sein neuer Haustürschlüssel da war wo er hingehörte und
schob ihn noch ein wenig tiefer in die Tasche. „Dann los…“ Sanft nahm er die Hand des anderen und
zog ihn wieder mit sich. Dabei streichelte er mit dem Finger ein wenig über den Ring seines
Geliebten und musste wieder lächeln. Nur leicht, aber glücklich.
Langsam schlenderte Schuldig mit Ken an der Hand über die verschneiten Strassen. Zum Glück
eilte es nicht wirklich, dass der Braunhaarige ins Koneko kam, denn schneller zu gehen wäre
wegen dem rutschigen Untergrund unmöglich gewesen. Trotzdem waren sie viel zu schnell an der
Ecke angelangt, an der sie sich verabschieden mussten. Entgegen jeglicher Vorsicht zog der Telepath
seinen Schatz noch einmal an sich und küsste ihn liebevoll. "Bis morgen!", raunte er
ihm dann leise ins Ohr. Leichte Traurigkeit streifte sein Herz, als er anschließend zusah, wie
Ken über die Strasse lief.
Von Ken war nur noch ein leichter Kuss und ein lächelndes Nicken gekommen, als er sich dann
auch schon abwandte und davonging. Noch nicht ganz auf der anderen Seite angekommen drehte er sich
noch einmal winkend um. Sein Verhängnis. Seien Schuhsolen versagten ihren job und Ken landete
auf dem hintern. „Hmpf.. Alles okay…“, beruhigte er seinen Schatz dann auch gleich und richtete sich
wieder auf. Kens glückliches lächeln war das Letzte was Schuldig noch sehen konnte, bevor
das Quietschen von Bremsen und das laute Zetern eine Hupe sie beide zusammenfahren ließ.
Schmerz… Ken segelte mit ungeheurer Kraft über die Motorhaube eines weißen Kleinwagens
und als er wieder auf der Straße aufschlug, verfärbte sich der Schnee um ihn her
dunkelrot. Der Japaner rührte sich nicht mehr…
"KEN!" Schuldigs Schrei hallte laut durch die Dämmerung. Schneller als es gut war
rannte er auf die am Boden liegende Gestalt zu. Sein erster Impuls war, ihn einfach in seine Arme zu
reißen. Doch er wusste genug von Verletzungen, um sich in letzter Sekunde selbst davon
abzuhalten. Atemlos und mit Tränen in den Augen starrte er auf seinen Freund, der reglos da
lag. Entfernt hörte er das Aufheulen eines Martinshorns, brachte es aber nicht mit Ken in
Verbindung. Sein Denken setzte einfach aus....
~*~tbc~*~
Wieder war es stockdunkel in seinem Zimmer, als Ken die Augen aufschlug. Sein Zimmer? Nein… ein
kaltes, ungemütliches Krankenhauszimmer, in dem er nun schon einige Wochen verbracht hatte.
Oder waren es inzwischen sogar Monate? Er wusste es nicht. Noch immer war er mehr als verwirrt. Omi
hatte ihm erzählt, dass er von einem Auto angefahren worden war. Die Erinnerung war weg. Er
wusste es nicht mehr. Doch dafür war inzwischen so manches anderes wieder gekommen. Er war mit
Schuldig zusammen gewesen, er erinnerte sich noch wie dieser ihm die Wohnung gezeigt hatte. Doch
selbst der Gedanke daran konnte sein Lächeln nicht zurückbringen. Die Wohnung.. Sie war
das letzte, woran er sich noch erinnern konnte.
Wie viel Stufen waren es gewesen? Er wusste es nicht mehr. Aber es waren zu viele. In Zukunft
würde für ihn jede Stufe zu viel sein. Wieder wurde alles kalt und er spannte sich an,
zwang sich, nicht auf die Beine zu schauen, die regungslos unter der Bettdecke lagen, sondern
starrte aus dem Fenster. Seine Finger fanden einen Ring an seiner linken Hand. Omi hatte ihm den
gegeben, weil man ihm den bei seinem Unfall abgenommen hatte. Sein Blick glitt auf das schöne
Metal. Auch die Erinnerung an den Ring war fort. Hatte er ihn gefunden? Gekauft? Geschenkt bekommen?
Vielleicht von Schuldig? Zum Geburtstag… Dass das alles ausgerechnet an seinem Geburtstag hatte
passieren müssen. Kein Weihnachten, kein Sylvester…
Wieder einmal stand Schuldig vor der breiten Tür, die in Kens Krankenzimmer führte. Er war
in den letzten Wochen oft hier gewesen, eigentlich jeden Tag, sogar mehrmals. Anfangs hatte Ken
geschlafen, und der Telepath wusste nicht, ob der Andere die zärtlichen Berührungen
überhaupt mitbekommen hatte. Später war immer jemand anderer bei Ken gewesen, meistens
Omi, oft auch Yohji, seltener Aya. Sogar Birman hatte der Schwarz ein paar Mal gesehen.... Nur
nachts konnte er also zu seinem Liebsten, wenn der, durch Schmerz- und Schlafmittel ins Land der
Träume geschickt, wieder nichts mitbekam. Aber heute schien Schuldigs Glückstag zu sein.
Er konnte keine Präsenz außer Kens feststellen. Tief durchatmend betrat er das Zimmer.
Es war schon später Abend und so hatte Ken niemanden mehr erwartet abgesehen von einem Arzt
oder der gleichen. So staunte er nicht schlecht, als er Schuldig erkannte. Auch wenn seine
Gesichtszüge sich nicht rührten, so blitzten seine Augen für den Bruchteil einer
Sekunde vor Freunde auf. „Schuldig…“ Seine Stimme war leise und brüchig. Das Herz des Japaners
schlug sonst wo und ihm wurde schwindelig. Doch nichts dergleichen war ihm anzusehen. Ob das nun am
dunklen Zimmer lag oder daran, dass selbst Ken manchmal das Gefühl hatte, das jegliche Emotion
aus ihm gewichen war, war nicht sicher.
Ruhig trat der Schwarz auf das Bett seines Liebsten zu, lächelte ihn liebevoll an und strich
ihm sanft über die Haare. "Wie geht's dir, Schatz?", wollte er leise wissen. Er wagte
nicht, lauter zu reden, weil er seiner Stimme nicht ganz traute, die bestimmt nicht so fest und
sicher klingen würde, wie er es sich wünschte.
Leicht zuckte Ken zusammen als der Mann ihn berührte. Doch er zwang sich, nicht
zurückzuweichen. „Geht schon… Ich kann nicht schlafen…“, murmelte er leise und wandte den Blick
ab. Wie sollte er Schuldig jetzt noch ansehen können? Nach dem was passiert war. Und doch: „Wo
warst du die ganze Zeit? Ich lieg seit… Wochen in diesem Krankenhaus und du… warst nicht einmal
da…“
Ken wusste nichts von den Besuchen des anderen, wusste nicht, dass Schuldig jeden Tag da gewesen war
und nach ihm gesehen hatte.
Den Tränen nahe kniff Schuldig die Augen zusammen und atmete tief durch. "Du hast immer
geschlafen, wenn ich hier war", antwortete er kaum hörbar und fragte sich, warum das wie
eine gottverdammte Lüge klang. Vorsichtig setzte er sich auf die Bettkante, in der Haltung, in
der er die ganze Zeit hier verbracht hatte.
Geschlafen. Ken hatte nicht das Gefühl, dass er sonderlich viel geschlafen hatte in der Zeit,
die er hier war. Dazu war er dauernd viel zu müde und lag viel zu oft wach. Noch immer sah er
Schuldig nicht an. Wusste der Telepath was los war? Wusste er von dem Unfall und dessen
Auswirkungen? Ken flehte innerlich, dass Schuldig nichts davon wusste. Nervös und unsicher
verflocht er die Finger ineinander und drehte an dem Ring an der linken Hand. Er wusste nicht was er
sagen sollte und so schwieg er.
Lächelnd hielt Schuldig die nervösen Hände seines Freundes auf, verschränkte
seine Finger mit denen Kens, so dass ihre beiden Ringe direkt nebeneinander lagen. "Wie lange
musst du noch hier bleiben? Dein Weihnachtsgeschenk wartet noch zu Hause auf dich... Zusammen mit
mir."
Kens Blick war auf die Ringe geheftet. Das war doch nicht zu glauben. Was hatte das alles zu
bedeuten? Doch die Worte des anderen rissen ihn aus seinen Gedanken und seine Hand entfloh den
Fingern des anderen. Er zog die Decke höher und schaute Schuldig dann endlich wieder an. „Zu
Haus?“, leicht schüttelte Ken den Kopf, „in ein paar Tagen werde ich wieder in meinem Zimmer im
Koneko wohnen, Schuldig…“
"Schon klar", erwiderte der Telepath zärtlich, "Aber du hast doch noch den
Schlüssel, den ich dir gegeben habe, oder? Unsere Wohnung, Schatz." Kurz stockte er, sah
erschrocken in die braunen Augen. "Du erinnerst dich doch, oder?" Nein, das durfte nicht
sein, dass Ken das vergessen hatte. Das wollte Schuldig nicht wahrhaben, das durfte doch gar nicht
sein. "Schatz, bitte!"
Eine ganze Weile schwieg Ken und sah in die grünen Augen des anderen. Schlüssel? Sein
Denken raste. Schlüssel! Er war mit seinen Sachen sicher nach Hause gebracht worden. Omi hatte
ihm auch davon erzählt und ihn gefragt, was das für ein Schlüssel war. Ken hatte ihm
das nicht beantworten können. Jetzt wusste er, dass es der Schlüssel zu jener Wohnung sein
musste, die seine letzte Erinnerung war. „Doch… ich erinnere mich… an die Wohnung…“, kam es dann
leise von ihm.
Erleichtert schnaufte der Orangehaarige auf. Also war doch alles nicht so schlimm, wie er soeben
befürchtet hatte. "Na also!", lächelte er leicht. "Dann weißt du ja,
was ich mit 'zu Hause' meine. Ich freu mich schon so, wenn ich dich endlich wieder bei mir haben
kann!"
Ken schwieg wieder. Leicht biss er sich auf die Unterlippe, wie immer, wenn er unsicher oder
verlegen war, und senkte den Blick. „Nein, Schuldig… Ich… Ich kann das nicht. Ich kann da nicht mit
dir wohnen“, sagte er dann und sah den Telepathen fest an. Es musste sein. Das war ihm klar. Er
wollte nicht, dass der Telepath je erfuhr, dass der Mann, den er liebte, von nun an ein Krüppel
war, gebunden an einen Rollstuhl bis in den Tod. Das sollte Schuldig nie erfahren. Und wenn er es
schon wusste… ja, dann würde Ken ihm eh nie wieder in die Augen blicken können…
NEIN! Das konnte nicht Kens Ernst sein! "Schatz, warum? Du kannst mich doch nicht einfach so
allein lassen! Ich... ich warte doch schon so lange auf dich!" Kaltes Entsetzen stieg in dem
Orangehaarigen auf, griff mit unbarmherzigen Klauen nach seinem Herzen. Ken war doch so
glücklich gewesen, als er ihm endlich ihr Heim gezeigt hatte... Alles schien wieder gut zu
werden. Warum jetzt, nach all den Mühen, die er sich gemacht hatte, um seinen heimlichen
Schwarm überhaupt zu bekommen? Wieso tat Ken ihm das an?
Es zerriss Ken innerlich, den Telepathen so zu sehen, die Verzweiflung aus seiner Stimme zu
hören und in seinen Augen erkennen zu können. „Schuldig… Geh… Bitte! Es war ein
scheiß Fehler mit dir in diese Wohnung zu gehen… Bitte geh…“ Ken wusste, dass der Telepath
sicher nicht mehr hier sein durfte, es war schon viel zu spät für Besucher. Und so glitt
seiner Hand zu dem Knopf, der gleich eine Schwester auf den Plan rufen würde. „Geh, Schuldig…
Ich will dich… nie wieder sehen, hörst du??“
Schuldig sah den Ernst in Kens Augen. Verzweiflung vereiste sein Inneres, ließ ihn aufstehen
und kühl auf den Kleineren herabsehen. "Wenn es das ist, was du willst..." Wofür
hatte er monatelang sein Leben riskiert, um seinen Liebsten zu schützen? Warum hatte ihm Ken
das Paradies gezeigt, wenn er ihn jetzt erbarmungslos daraus verstieß? Doch jedes Wort, jeder
Versuch, den Anderen umzustimmen, schien ihm jetzt sinnlos. Ohne ein Wort des Abschieds warf der
Telepath die Tür ins Schloss. Von außen.
Kaum dass Schuldig verschwunden war, überfiel Ken ein Zitteranfall wie noch nie. Tränen
rannen ihm über die Wangen und apathisch saß er da. Der einzige Mensch, der ihn wirklich
berühren durfte… Der einzige Mensch, den er all die Wochen hatte sehen wollen… Der einzige
Mensch, der ihm noch wirklich was bedeutete… Weg. Er hatte ihn weggeschickt. Und Schuldig würde
nicht zurückkommen. Das wusste Ken jetzt schon. Er würde nicht zurückkehren, sondern
ihm diesen irren Wunsch erfüllen… Jetzt war Ken wirklich alleine. Die ganze Zeit hatte er sich
einsam gefühlt, doch das war nichts im Gegensatz zu den Gefühlen, die jetzt in ihm
aufwallten. Weg… Alles weg...
Heiße Wut war das einzige, was Schuldig empfand, als er das Krankenhaus verließ. Wenn er
das vorher gewusst hätte, hätte er ja ohne weiteres damals wirklich mit Yohji... Aber das
konnte er ja jetzt nachholen. Das, und noch so einiges anderes, das er während der Zeit mit Ken
abgelegt hatte. Seine Barbesuche, zum Beispiel. Ohne zu wissen, was er tat, steuerte er
tatsächlich die nächste Kneipe an.
~+~tbc~+~
Die Tage verstrichen und Kens Wutausbrüche nahmen immer mehr zu. Er wollte die anderen nicht
mehr zu Besuch haben und stellte sich schlafend wenn sie kamen. Die Ärzte und vor allem die
Schwestern hatten so seine Probleme mit ihm. Und so war es kein Wunder, dass Omi nicht grade gering
eingeschüchtert war, als er schließlich Ken abholen kam. Doch der Brünette riss sich
zusammen und sagte kein Wort. Noch immer trug er den Ring von Schuldig, noch immer hingen seien
Gedanken an der Wohnung und dem Orangehead. Er wollte, dass alles so war wie früher. Vor dem
Unfall, vor dem Scheiß mit Yohji.
Doch als Ken so dasaß, in seinem Rollstuhl, und von Omi geschoben wurde, wurde ihm unangenehm
bewusst, dass es nie wieder so werden würde. Nie wieder würde er durch die Straßen
laufen und Schuldig zufällig treffen. Nie wieder würde er ihn auf Missionen sehen
können, die die waren für ihn nun auch gelaufen. Und die Wohnung… die würde er
vermutlich eh nie wieder finden. Alles war aus. Aus und vorbei…
In dieser Zeit ließ der Schwarztelepath wirklich nichts anbrennen. Jede Nacht trieb er sich
durch die Clubs, versuche, seinen Schmerz in Unmengen von Alkohol zu ertränken, seine
Verzweiflung bei den verschiedensten Partnern loszuwerden. Wo er früher wählerisch gewesen
war, wurde er jetzt maßlos. Es war ihm völlig egal, mit wem er das Bett teilte, solange
er zumindest für ein paar Minuten eine gewisse Befriedigung verspüren konnte, die ihn von
den Gedanken an Ken wegbrachte.
Doch Ken schaffte es nicht eine einzige Minute seine Gedanken abzulenken. Er verbrachte die
nächsten tage auf seinem Zimmer und weigerte sich herauszukommen. Auch Essen wollte er partout
nicht. So musste Omi ihm sein Essen und genug zu Trinken bringen, damit Ken wenigstens
einigermaßen bei Kräften blieb. Keiner im Hause Weiß wusste, was sie unternehmen
konnten um Ken ein wenig aufzubauen. Und sie schoben es alles auf die Lähmung, die die Folge
des Unfalls gewesen war. Zum Teil stimmte das ja auch. Aber eben nur zum Teil.
Eines Abends gelang Omi etwas, was das ganze Team für unmöglich gehalten hatte. Der Chibi
hatte es geschafft Ken zu überreden mit ihm einen Spatziergang zu machen. Sie hatten eine Rampe
aufbauen müssen, weil sich Ken auf keinen Fall berühren lassen wollte, weder von Omi noch
von sonst irgendwem. So rollte Ken schließlich mit Omi hinunter und aus dem Haus hinaus. Ob
das wirklich so eine gute Idee war bezweifelte Ken noch immer. Unsicher und nervös drehte er
den Ring an seinem Finger hin und her.
Die letzte Nacht war lang gewesen - um genau zu sein war sie sogar am Nachmittag des folgenden Tages
noch nicht wirklich für Schuldig vorbei. Er hatte in einem seiner Stammclubs doch
tatsächlich den blonden Weiß getroffen, und war zu diesem Zeitpunkt schon betrunken
genug, um mit ihm einen Flirt zu beginnen. Auf den sich Yohji natürlich nur allzu gern
eingelassen hatte. Sie hatten nicht einfach nur die Nacht miteinander verbracht, sie hatten sich
förmlich gegenseitig das Gehirn aus dem Schädel gefickt. Ihr letztes Mal war in der
Umkleidekabine eines Kaufhauses gewesen, und noch keine zehn Minuten her, doch sie waren schon
wieder so gierig aufeinander, dass sie nicht wirklich die Finger voneinander lassen konnten.
Schuldig saß auf einer Parkbank, der Blonde kniete über ihm, seine Hände waren
schon wieder unter dem Pullover des Schwarz verschwunden und ihr Kuss brannte vor Leidenschaft.
Und eben diesen Moment wählten die anderen beiden Weiß aus um die Ecke zu biegen. Ken
erblickte die beiden nicht sofort, denn er war darauf bedacht niemanden anzusehen und den Blick
gesenkt zu halten. Doch Omi blieb wie angewurzelt stehen. Fragend blickte nun auch Ken auf und bei
dem Szenarium, das sich ihm bot, stach es in sein Herz wie ein Dolch. Yohji… Schuldig… Das war doch
nicht zu glauben. „Dreh um Omi…“, krächzte er heiser. „Dreh um... ich will hier weg…“ Doch Omi
rührte sich nicht. Eine röte lag in seinem Gesicht und seine Augen glitzerten leicht, als
wenn in ihm etwa das Gleiche wie in Ken vorgehen würde. Doch dieser achtete dich darauf.
„Verdammt, Omi!!“, fauchte er stattdessen und der kleinere zuckte zusammen.
Im Unterbewusstsein spürte Yohji, dass sie beobachtet wurden. Und doch war etwas anders als
üblich. Aus den Augenwinkeln sah er sich um, seine Pupillen weiteten sich erschrocken, als er
Omi und Ken nicht allzu weit entfernt stehen sah. Er erstarrte auf dem Anderen.
Für den Bruchteil einer Sekunde traf sich Yohjis Blick mit Kens. Doch dann drehte Omi den
Rollstuhl hastig wieder um und raste mit Ken davon. Diesem standen die Tränen in den Augen und
er zitterte wieder am ganzen Leib. Weg… Er wollte endlich wieder ins sein Zimmer und so schnell
würde er sich da nicht wieder rauslocken lassen.
"Ah, Mist, verdammter!", knurrte Yohji und krabbelte von seinem Lover. Er rannte ein paar
Schritte hinter Omi und Ken her, gab dann aber plötzlich auf und drehte sich wieder Schuldig
zu, den er mit einem lauernden Blick bedachte. Forschend sah er in die grünen Augen, und ein
ganzer Kronleuchter strahlte in seinem Hirn auf. Was hatte er da nur getan? "Ich muss
heim!", teilte er dem Schwarz rasch mit, wandte sich ab, ohne auf eine Erwiderung zu warten. Er
musste mit Ken reden. Dringendst!
Ken brüllte und fauchte bis Omi ihn endlich wieder in sein Zimmer gebracht hatte. Dort
ließ er sich nicht mal aus seinem Rollstuhl helfen, sondern schickte den kleinen gleich wieder
raus. Seine Zimmerdekoration hatte zu leiden. Blumentöpfe und Vasen flogen gegen die Wände
und Bilderrahmen verschellten am Boden. Wie konnte das sein?? Schuldig hatte ihn damals betrogen. Er
erinnerte sich wieder daran, wie Schuldig ihn davon überzeugt hatte, dass das alles ein
Missverständnis gewesen war, und jetzt das…
Schon von der Strasse her hörte Yohji den Tumult im Haus. Autsch, da war aber jemand ganz
gewaltig am Ausflippen. Der Blonde überlegte sich, ob er warten sollte, bis Ken sich ein wenig
abreagiert hatte, entschied sich aber dann dagegen. Ken hatte lange genug gelitten, entschied er.
Ohne abzuwarten, raste er die Treppe nach oben, riss die Tür zu Kens Zimmer auf und stand dann
mitten im Raum. "Hör sofort mit diesem Wahnsinn auf!", schrie er den Kleineren an.
Eine mehr oder weniger elegante Drehung und eine Stiftdose von seinem Schreibtisch segelte auf Yohji
zu. „Verpiss dich!!“, brüllte er. „Verschwinde aus meinem Zimmer!!!“ Ken war nicht wieder zu
erkennen. Seien Augen sprühten vor Wut und Hass. „Geh mir aus den Augen. Du falsche Schlange!
Du Schlampe!“ Es war ganz eindeutig zu sehen, dass Ken vollkommen die Kontrolle verloren hatte. Doch
es war ihm egal.
"Vergiss es! Du wirst mir jetzt zuhören! Es reicht, du hast lange genug in deinem
verdammten Selbstmitleid gelebt! Merkst du überhaupt noch was? Merkst du, wie du nicht nur dich
damit kaputt machst, sondern uns auch? Und... Schuldig."
„Es kann euch scheiß egal sein was mit mir ist! Ich mache niemanden kaputt!! Ihr seid es!! Ihr
lasst mich nicht in Ruhe! Ihr macht mich kaputt… das ist alles! Lass mich in Ruhe! Verschwinde
endlich!!“ Ken griff an die Räder und machte sich daran aus dem Zimmer zu rollen. Doch er
unterschätzte mal wieder so einiges. Kaum dass er der Schwerkraft verfiel und die Rampe
hinabrollte, verlor er die Kontrolle und stürzte. Zitternd lag er am Boden – begraben unter
seinem Rollstuhl und weiter rannen die Tränen über seine Wangen.
Mit einem raschen Sprung war Yohji bei seinem Jüngeren Teamkollegen, beförderte den
Rollstuhl mit einem kräftigen Tritt in die Tiefen des Flurs, packte Ken am Kragen und zog ihn
in die Höhe. Seine Nasenspitze berührte die des Anderen fast. "Hör mir gut zu,
wenigstens einmal in deinem verdammten Leben! Lass dich nicht so hängen, du weißt ganz
genau, dass die Ärzte gesagt haben, dass du wieder laufen können wirst, wenn du daran
arbeitest. Wie wär's, wenn du damit endlich mal anfängst? Beweg deinen faulen Arsch!"
Sein Blick fiel auf Kens Hand, an der immer noch der goldene Ring sein kaltes Licht versprühte.
"Er trägt seinen auch noch. Du weißt, warum er so abstürzt, nicht wahr? Es ist
deine Schuld", murmelte er leise. Deswegen würde er niemals eine wirkliche Chance bei dem
Telepathen haben.
„Nicht… loslassen… lass mich los…“, murmelte er die ganze Zeit, versuchte Yohji von sich fern zu
halte. „Lass mich…“ Doch es hatte alles keinen Sinn. Weiter rannen Tränen über seine
Wangen. „Lass mich los… Bitte… Lass mich los, Yohji…“ Was sollte er machen? Er konnte nichts mache.
Rein gar nichts…
//Schu…// Er starrte auf den Ring und ballte die Hand fest zu einer Faust.
Mit einer harschen Bewegung entsprach Yohji tatsächlich Kens Bitte und sah erbarmungslos zu,
wie der Kleinere wieder zu Boden stürzte. Sein Blick wurde kalt und hart. "So ein
erbärmliches Nichts wie du hat jemanden wie ihn gar nicht verdient. Du solltest alles daran
setzen, um wieder bei ihm sein zu können. Aber was tust du? Du lässt dich einfach nur
hängen. Findest du es so schön, im Rollstuhl zu sitzen und zuzusehen, wie er dabei
kaputtgeht?"
Ken kroch. Er kroch einfach weg von dem anderen und in irgendeine Ecke. „Eben weil ich ein Nichts
bin und weil er mich nicht verdient hat, bin ich nicht bei ihm, sondern habe ihn weggeschickt…“,
murmelte er und zog seine Beine hinter sich her. Angst machte sich in ihm breit. Ja… Der Hass auf
Yohji war riesig und seien Reaktion jetzt macht ihm einfach nur Angst. Er fühlte sich wehrlos
und einsam. Laufen? Er…? Natürlich wollte er. Aber bei seinem letzten Versucht hatte er so
kläglich versagt, dabei seine Hoffnung verloren. Fest drückte er die Hand mit dem Ring an
sich. //Schuldig…//
Yohji entschied sich, zum letzten Mittel zu greifen, das ihm noch einfiel. Ken hasste ihn sowieso
schon. Auf ein wenig mehr kam es nicht mehr an. "Gut, wenn das so ist, nimm den Ring ab. Du
hast ihn nicht verdient. Los, mach schon! Und streich Schuldig aus jedem deiner Gedanken, denn ich
werde ihn dir wegnehmen. Bleib du in deinem Rollstuhl und lebe weiter in der Vergangenheit. In der
Zwischenzeit werde ich dafür sorgen, dass es wenigstens ihm wieder gut geht."
Die Worte Yohjis waren wie Gift und taten dem zerbrochenen Selbstbewusstsein des am Boden liegenden
gar nicht gut. Seine Augen blitzten auf. Den Ring abnehmen? Nein. Niemals. „NIE!“, brüllte er
und funkelte Yohji an. „Ich habe nie behauptet, dass ich ihn nicht mehr liebe!! Und dich will er
doch gar nicht!!“
Sanft lächelnd ging Yohji vor Ken in die Hocke. "Warum tust du ihm das dann an?",
fragte er leise und strich zart über die braunen Haare. "Du solltest alles daran setzen,
um wieder zu ihm zu können. Warum machst du nichts?" Wenn auch das nichts brachte,
würde ihm wohl nur noch eine einzige Möglichkeit bleiben, den Kleineren zur Vernunft zu
bringen...
Ken sah langsam auf und zuckte zusammen als er die Hand spürte. Langsam schüttelte er den
kopf. „Ich hab ihm… gesagt dass ich ihn nie wieder… sehen will… Yohji ich hab ihn… verloren… Du hast
doch recht… Ich verdiene ihn gar nicht…“ Zitternd sah er wieder auf den Ring an seiner Hand und
streichelte darüber. //Schuldig…. Vergib mir…//
Okay, es reichte. Ken wollte ihn einfach nicht verstehen. Genervt seufzend stand Yohji wieder auf,
hob Ken auf seine Arme und brachte ihn wieder nach oben, wo er ihn einfach auf sein Bett fallen
ließ. Einletztes Mal sah er den Braunhaarigen kopfschüttelnd an, bevor er das Zimmer
verließ. Wie konnte jemand nur so stur sein? Rasch machte er sich auf den Weg, kehrte nur
unwesentlich später wieder zurück - in Begleitung. "Frag nicht!", knurrte er Omi
entgegen, als der mit aufgerissenen Augen auf den zweiten Mann starrte. Er schleifte sein
Anhängsel in den ersten Stock, stieß Kens Tür wieder auf und schubste Schuldig in
das Zimmer. Rasch betrat er hinter dem Schwarz den Raum und drehte den Schlüssel im Schloss.
"So. Und jetzt erzählt mir doch noch mal ganz genau, warum ihr nicht zusammen sein
könnt", meinte er mit einem spöttischen Unterton, als er die Blicke der beiden
erkannte, die sie sich zuwarfen.
~*~tbc~*~
[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]