Liebe auf den 2. Blick von abgemeldet (wenn man sich in den Freund seiner besten Freundin verliebt...) ================================================================================ Aussprache ---------- Keiner konnte genau sagen, was er verspührte, als sie den befließten Boden der Flugzeughalle betraten und dorthin gingen, wo man die Flugpassagiere aus den unterschiedlichsten Regionen erwartete. Manche von ihnen verspürten einfach nur Freude, eine lang ersehnte Freundin wieder um sich haben zu können. Andere verspürten eine große Vorfreude, endlich etwas loszuwerden, was sie schon seit Ewigkeiten mit sich rumschleppten und zwei Personen unter ihnen verspürten den Drang einfach nur wieder umzukehren und in die Welt einzutauchen, die vor ein paar Wochen noch so vollig in Ordnung zu sein schien. „Anna wird sich sicher freuen, wenn sie ihre ganzen liebsten Menschen sieht, die schon so Ewigkeiten auf ihre Rückkehr warten.”, sagte Annas Mutter und wrang nervös ihre Hände. „Es ist schön, dass ihr euch alle die Mühe gemacht habt, mit her zu kommen.” „Oh, dieses Specktakel möchte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen.”, säuselte Cindy und versteckte ihr hinterhältiges Grinsen in den Pulloverfalten ihres Freundes, der nur betreten nach unten schaute. „Ich freue mich unendlich, sie mal kennen zu lernen.”, sagte Lilia, die ja erst kurz nach Annas Abflug mit Maik zusammengekommen war. „Du wirst merken, dass sie eine ganz Liebe ist.”, sagte Sarah und vermied es tunlichst einen Blick auf Chris und Lucie zu werfen, die so weit weg wie möglich voneinander standen. Sie hätte jetzt zu gern gewusst, was in den beiden los war. Lucie schluckte. Ein riesengroßer Kloß hatte sich in ihrem Hals gebildet, seit Anna sie aufgeregt angerufen und kurz mitgeteielt hatte, sie käme nach Hause. All ihre Pläne, die sie bis dahin geschmiedet hatte, schienen plötzlich in tausend Scherben zusammen zu brechen. Sie dachte immer, sie würde gefasst sein, wenn Anna wieder kommen würde. Aber sie hatte dann auch gedacht, Chris an ihrer Seite zu haben, der beruhigend ihre Hand halten würde und ihr versprach, das alles gut werden würde. Stattdessen stand er ein paar Meter von ihr entfernt und sie musste mit ansehen, dass Cindy ihr hämische Blicke zuwarf und die anderen erfeut auf Annas Ankunft warteten. Natürlich freute sie sich ebenfalls. So eine tiefe Freundschaft wie sie zwischen den beiden Mädchen bestand konnte nicht einfach völlig ausgelöscht werden, aber Lucie hatte das Gefühl, sie hätte einen kleinen Knacks erhalten, der erst wieder geklebt werden musste. Wie sollte sie sie begrüßen? Sollte sie sie umschwänglich umarmen? Sollte sie sich zurück halten und erst die anderen gewähren lassen? Was würde Chris machen? Sie schaute verstohlen zu ihn. Er wirkte angespannt. Seine Hände hatte er hinter dem Rücken zu Fäusten geballt und seine Mundwinkel waren ernst nach unten gezogen. Man sah, wie er krampfhaft versuchte, die Freude mit den anderen zu teilen, doch es gelang ihn nicht. Lucie sah genau, wie unwohl er sich in seiner Haut fühlte. In diesem Moment drehte er seinen Kopf und blickte genau in ihre Richtung. Wie von ihm hypnotisiert ging sie zu ihm rüber und blieb erst kurz vor ihm stehen. Die anderen waren so tief in Gespräche verwickelt, dass sie die beiden garnicht beachteten. Nahmen sie zumindest an. „Scheint so, als würde das lange Warten gleich vorbei sein.”, flüsterte sie und schaute ihn dabei in die Augen. Sie schluckte und gestand: „Am liebsten würde ich beide Beine in die Hand nehmen und weg laufen.” „Mir gehts genauso.”, gestand er und es schien, als würde ein Teil seiner Anspannung von ihm abfallen. Zumindest löste er seine Fäuste. „Hast du Angst?” Sie überlegte kurz. Dann nickte sie. „Ja, habe ich. Aber ich werde es durchstehen. Bis zum bitteren Ende.”, sie machte Andeutungen, nach seiner Hand zu greifen. Womit sie nicht rechnete war, dass er ihr auf halben Weg entgegen kam und seine Finger mit ihren verschränkte. Einen kurzen Augenblick schien es so, als würden nur sie beide existieren, doch dann brach der Tumult aus, als die ersten Passagiere aus dem Tunnel auf die Absperrungen zukamen. Einige wurden bereits freudig von ihrer Familie empfangen, andere verließen alleine das Gate. Und dann erschien ein blondes Mädchen, mit einer großen Seitentasche bewappnet. Sie machte erst einen ernsten Eindruck, doch sobald sie die vielen Menschen sah, die ihr entgegen kamen, breitete sich immer mehr ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus und die ersten Freudentränen flossen, als sie in die erstbesten Arme lief, die ihr ausgestreckt wurden. Anna konnte kaum glauben, dass sie wieder bei ihren Eltern und Freunden war. Alle wollten sie als erstes in den Armen nehmen. Jeder redete durcheinander und sie verstand kein Wort. Jemand wuschelte ihr durch die Haare, ein Anderer klopfte auf ihren Rücken. Irgendjemand hatte ihr ihre Tasche abgenommen. Und in dem ganzen Tumult entdeckte sie plötzlich zwei Menschen, die nur starr dastanden und sich an der Hand des jeweils anderen festhielten, als hinge ihr Leben davon ab. „Jetzt begrüß doch endlich deine beste Freundin!”, rief jemand und schubste Anna noch vorne. Lucie löste sich von der Hand von Chris und ging ihrer Seelenschwester entgegen. Die Tränen, die ihr plötzlich in die Augen schossen, versuchte sie garnicht erst zurück zu halten. Und auch Anna schien es genauso zu gehen. Wie im Film kamen die beiden Mädchen aufeinander zu, nahmen sich in die Arme und klammerten sich aneinander und ließen ihren Tränen freien Lauf. Es waren Tränen der Erleichterung, der Freude, der Trauer und aller Gefühlen, die sie die letzten Monate verspürt hatten. Die Ängeste und Zweifel der letzten Wochen fanden ihren Weg durch die Augen und mit einem Mal schien alles so, als wäre nie etwas gewesen. Als hätte es keine sechs Monate gegeben, die sie getrennt hatten. Doch sie kamen je in die Realität zurück, als Anna sich etwas löste und ihre beste Freundin ansah. „Das du auch immer so nah am Wasser gebaut sein musst.”, schniefte Lucie und strich ihrer Freundin über die Wange. „Als wenn du besser wärst.”, Anna gelang es leicht zu lachen, während sie etwas hecktisch atmete. „Du hast mir so gefehlt.”, wie sehr wurde ihr erst jetzt bewusst. „Und du mir erst.”, sie lächelte, doch dann schaute sie zu Chris, der betreten neben ihnen stand und nicht wusste, was er tun sollte. Er wollte niemanden so recht in die Augen schaun und auf ein Lächeln konnte man bei ihm wohl lange warten. Anna räusperte sich und ihre Wangen färbten sich etwas rosa. „Hey.”, sagte sie verlegen zu Chris und ging langsam auf ihn zu. Etwas zögerlich griff sie nach seiner Hand. „Du siehst gut aus.”, sie blieb dicht vor ihm stehen und versuchte seinen Blick einzufangen. „Ja ... ähm.”, er brach ab. Ein riesen Kloß schien sich in seinem Hals festgesetzt zu haben. Alles um ihn herum schien wie in einem Märchen zu sein. Rechts neben ihn stand das Mädchen, was er am meisten liebte, vor ihm eins, dem er es so beibringen musste, dass sie möglichst nicht verletzt wurde. Wenn da nur nicht diese großen blauen Augen wären, die ihn immer so lieb anschauten. Wie die eines unschuldigen Kindes, dass nur geliebt werden wollte. Wie in einer Trance beugte er sich leicht vor und gab Anna einen leichten Kuss auf die Stirn. Er hatte sich nie wirklich die Gedanken darüber gemacht, wie er reagieren sollte, wenn er Anna tatsächlich gegenüber stand. Es schien immer so unendlich weit entfernt gewesen zu sein. Aber nun war es wie ein Sprung ins kalte Wasser und er wusste nicht, ob er untergehen würde oder ob er sich aufraffte und schwimmen lernte. Am Ende war es doch nur wieder ein Kampf. Und bei keinem der Kämpfe hatte er je vorzeitig das Handtuch geworfen. Wieso hätte es jetzt anders sein sollen? Nur er musste warten. Mit der Tür jetzt ins Haus zu fallen, würde nur das Gegenteil von dem bewirken, was er vorhatte. Also strich er sanft über Annas Arme, setzte ein leichtes Lächeln auf und sagte ruhig: „Du willst jetzt sicher ersteinmal nach Hause und dich ausruhen, oder?” Anna nickte und lächelte auch leicht. „Ja, ich bin wirklich etwas erschöpft.”, die Hand noch immer in der von Chris drehte sie sich zu den anderen um, die sie aufmerksam beobachtet hatten. „Es ist wirklich total lieb von euch, dass ihr mich hier abgefangen habt und ich werde sobald wie möglich auch die Zeit finden, mich mit euch zu unterhalten. Schließlich will ich haarklein wissen, was hier so alles vorgefallen ist. Aber jetzt will ich erstmal nur nach Hause und mich schlafen legen.” „Klar, das verstehen wir.”, sagte Sarah und lehnte ihren Kopf an Johns Schulter. „Wir haben ja nicht vor, weg zu laufen.” Anna nickte dankend. „Mach dich auf einiges gefasst.”, sagte Cindy und grinste süffisant. „Hier ist mehr passiert als du vielleicht denken magst. Komm, wir haun dann schonmal ab.”, sie hackte sich bei ihrem Freund unter und zog ihn weg. „Musste das denn sein?”, fragte Goofie seine Freundin und warf einen unsicheren Blick zu der Gruppe zurück, die Cindy aber anscheinend nicht wirklich ernst genommen hatte. „Ich bin mir sicher, dass Lucie und Chris schon das Richtige tun werden. Auf ihre Weise.” „Und ungeschoren davon kommen? Oh nein, den Spaß gönn ich ihnen nicht.”, sie grinste fieß und ihre braunen Augen leuchteten auf. „Mit der kleinen Tänzerin habe ich noch ein gewaltiges Hühnchen zu rupfen.” Sie war tatsächlich wieder da, ging es Lucie andauernd durch den Kopf, während sie sich langsam zu dem Parkplatz begaben. Da ging sie nun ein paar Meter vor ihr, bei Chris untergehackt und sich mit ihren Eltern unterhaltend. Von außen her schien sie ganz entspannt, doch Lucie nahm ihre zögerlichen Bewegungen wahr. Genauso wie sie nie lange den Blick von jemanden stand halten konnte. Der Knoten in Lucies Bauch zog sich zusammen. Wie sollte es jetzt weiter gehen? Was sollte sie jetzt tun? Am liebsten wäre sie einfach nur davon gelaufen. Mit Chris im Schlepptau. Sie wollte sich vor Anna stellen und ihr alles gestehen und um Verzeihung bitten. Sie wusste, dass die innere Spannung, die seit ein paar Minuten in ihr herrschte, sich dann deutlich lösen würde. Nur was dann? Sie seufzte. Warum nur musste das Leben in manchen Fällen so schwer sein? Wie schafften die Leute in den Filmen es nur immer wieder über ihren Schatten zu springen, ohne an die Konsequenzen zu denken? Wieso fanden sie am Ende dann doch immer ihr Glück? Weil es in Filmen immer ein Drehbuch gab, dachte sie bitter und beantwortete sich somit ihre eigene Frage. Wenn im Film etwas schief ging konnte man es immer und immer wieder wiederholen, solange bis es endlich perfekt war, aber hier hatte sie nur diese eine Cahnce, alles richtig zu machen. Es gab niemand, der Klappe rief, wenn etwas schief gegangen war. Niemand war da, der ihr von hinten ihren Text zuflüsterte, wenn sie mal ins Stocken kam. Sie hatte den Weg gewählt, den sie in Zukunft gehen wollte, doch wie sollte sie den ersten Schritt nur setzen? Ihr kam es vor, wie in einer schweren Choreografie. Wenn sie den Fuß falsch absetzte, konnte sie stürzen und alles war vorbei. Da blieb ihr dann nur eine Möglichkeit; entweder stand sie wieder auf und beendete den Tanz, auch wenn es anfangs schwer werden würde, wieder reinzukommen oder sie gab auf. Vergrub sich. Sie schaute zum Himmel, der sich bereits verfärbte. Normalerweise kannte sie das Wort aufgeben nicht. Das war schon so gewesen, als sie klein war. Wenn sie vom Fahrrad gefallen war, hatte sie kurz geweint, ihren Schmerz dann aber schnell vergessen und ihren Stolz hervorgekehrt, der ihr immer verboten hatte, zu verlieren. Und auch jetzt spürte sie einen leichten Adrenalinstoß, der ihr Herz schneller schlagen ließ. Sie würde nicht aufgeben. Sie war gefallen, hatte Zweifel bekommen. Doch nun stand sie wieder auf. „Sollen wir dich vielleicht mitnehmen?”, fragte Anna ihre Freundin und wante sich zu ihr um, als sie bei den Autos angelangt waren. Lucie wollte gerade etwas sagen, doch Chris kam ihr zuvor. „Das wird nicht nötig sein, ich bringe Lucie nach Hause.” Anna nickte und grinste. „Wie schön. Ich bin so froh, dass ihr euch endlich zusammen gerauft habt. Ich wusste doch von Anfang an, dass ihr euch gut verstehen würdet.” Oh ja, und wie gut, dachte Lucie, hielt die Worte aber zurück. Stattdessen nahm sie ihre beste Freundin noch einmal in den Arm. „Ich komm morgen so bald wie möglich vorbei, okey? Es gibt schließlich eine Menge zu bereden.” „Ich freu mich schon.”, Anna lächelte, doch es wirkte etwas gezwungen. „Ich lass dann vorbeiklingeln, sobald ich wach bin.”, sie wante sich noch ein letztes Mal an Chris, stellte sich auf die Zehenspitzen und gab ihn einen Kuss auf die Wange. „Und wir beide haben auch einiges nach zu holen.”, flüsterte sie ihm ins Ohr, bevor sie schließlich in den Combi ihrer Eltern einstieg. „Wir werden den Bus nehmen.”, sagte Sarah, sobald Anna weg war. „Wir müssen sowieso noch was in der Stadt erledigen.” „Was willst du denn so spät noch erledigen?”, fragte John, doch bekam von seiner Freundin einen schmerzhaften Rippenstoß. „Au, was denn?” „Du bist auch immer so vergesslich.”, lachte Sarah. „Da war doch diese eine Sache da.” „Ach ja?”, John krauste die Stirn und versuchte sich zu erinnern. „Oh man, er wird eben alt.”, grinste Sarah und packte ihren Freund am Arm. „Na komm, du wirst es wieder wissen, wenn du es siehst.”, mit leichter Gewalt zog sie ihn mit sich. „Wir sehen uns.”, verabschiedete sie sich. „Ja, bis dann.”, setzte John immer noch verwirrt hinzu. „Aber was müssen wir denn noch erledigen?”, fragte er, sobald sie etwas gegangen waren. Sarah verdrehte die Augen. „Ihr Männer könnt manchmal wirklich etwas schwer von Begriff zu sein. Siehst du nicht, dass wir Lucie und Chris mal alleine lassen sollten? Ich bin sicher, die müssen jetzt einiges bereden. Los, komm, wenn wir uns beeilen, dann holen wir Max und Lilia bestimmt noch ein, die wollten doch auch den Bus nehmen.” Und tatsächlich erreichten die zwei das junge Paar noch, die turtelnd am Straßenrand langgingen und über irgendetwas lachten. „Heey, was macht ihr denn hier?”, fragte Maik, sobald die beiden bei ihnen angekommen waren. „Warum fahrt ihr nicht mit Chris?” „Ach, so ein Abendspaziergang ist doch viel romantischer.”, säuselte Sarah und grinste. „Die beiden benehmen sich irgendwie komisch.”, bemerkte Lilia nach einer Zeit. „Wisst ihr denn, worum dieser Streit gegangen ist bei Chris und Lucie?” „Worum wohl? Um Anna natürlich.”, sagte Maik und Sarah schaute ihn erschrocken an. „Ihr braucht mir nichts vorzumachen, ich merk doch, dass da was zwischen Lucie und Chris gelaufen ist. Und nun ist alles vorbei, weil Anna wieder da ist. Und beide kommen noch nicht damit klar und bekommen Muffensausen.” „Chris und Lucie haben eine Affaire?”, fragte Lilia geschockt. „Das hast du mir nie gesagt.” „Ja, sowieso hast du nie auch nur die kleinste Andeutung gemacht, dass du etwas davon weißt.”, bemerkte John skeptisch. „Oder hat dir Cindy etwas gesagt?” „Dann weiß sie es also wirklich?”, Maik zog besorgt die Stirn kraus. „Hm, das könnte ein Problem werden. Eigendlich dachte ich immer, dass ihre Sprüche immer nur heiße Luft wären, damit sie etwas Aufmerksamkeit bekommt. Aber das sie davon weiß, verkompliziert die ganze Sache natürlich.” „Wieso hast du nie etwas gesagt?”, fragte Sarah. Maik zuckte die Schultern. „Ich wollte, dass Chris von alleine zu mir kommt, schließlich dränge ich mich nicht auf.” „Aber du hättest es uns doch sagen können.”, sagte Sarah. „Lucie hat immer angenommen, dass keiner merkt, dass etwas zwischen den beiden ist.” „Würde ich Chris nicht so gut kennen, hätte ich es wohl auch nicht gemerkt, aber ich kenn seine Gesten und Blicke. Und so, wie er Lucie immer angeguckt hat und kaum mehr über Anna geredet hat, nahm ich eins und eins zusammen. Ich bin natürlich enttäuscht, dass Chris nicht zu mir gekommen ist, vielleicht hätte er das Ganze dann ein bisschen leichter geschultert, aber es war seine eigene Wahl. Also hab ich so getan, als würde ich von nichts wissen.” „Und mir hast du auch nichts erzählt.”, schmollte Lilia. „Ja, aber nur, weil du keine gute Schauspielerin bist.”, grinste Maik und zog seine Freundin etwas fester an sich. „Das Risiko, dass du dich verplapperst ist sehr groß.” „Ich kann echt kaum glauben, dass du es wusstest.”, Sarah war noch immer etwas geschockt. „Ich bin eben ein guter Schauspieler. Naja.”, er zuckte die Schultern. „Ich steh auf jeden Fall voll hinter ihm, egal wie er sich entscheidet. Ich will nur, dass er am Ende glücklich ist.” John lachte. „Wow, hier spricht ja ein rechter Romantiker.”, damit löste John die etwas angespannte Stimmung und die vier Freunde begannen das Thema zu wechseln. Die Karten lagen jetzt offen auf den Tisch. „Danke, dass du mich nach Hause gebracht hast.”, sagte Lucie leise, nachdem Chris das Auto vor ihrem Haus zum Stehen gebracht hatte. Sie hatten eine schweigsame Fahrt hinter sich, wo Lucie die ganze Zeit nur starr geradeaus aus dem Fenster geschaut hatte. Sie hätte nicht gewusst, wie sie ein Gespräch hätte anfangen sollen, also hatte sie geschwiegen. „Klar, kein Problem.”, Chris schaute sie an, doch Lucie wich seinem Blick aus. Wieder entstand eine Schweigeminute. Doch Chris untebrach diese, als er verzweifelt seine Hände auf das Lenkrad fallen ließ und aufstöhnte. „Lucie, bitte, sag irgendwas. Ich halte es nicht aus, dass du seit Annas Ankunft wie ein getretener Welpe guckst und ausschaust, als würde jeder dir etwas böses antun.” Überrascht schaute Lucie ihn an. „Wie bitte?”, sie hatte garnicht darüber nachgedacht, wie sie auf die Außenstehenden reagiert haben könnte. Ihrer Meinung nach hatte sie ihre aufgewühlten Gefühle eigendlich ganz gut unter Kontrolle gehabt. Aber da hatte sie sich wohl getäuscht. Ob die anderen sie auch so leicht durchschaut hatten, wie Chris? Hatte Anna vielleicht schon etwas bemerkt? „Hör zu, ich weiß, dass die ganze Sache hier nicht gerade berauschend ist, aber-”, er brach ab und ließ seine Stirn auf eine seiner Hände sinken. „Glaubst du, mir fällt das Ganze hier leicht?” „Das hab ich nie behauptet.”, sagte sie leise und schaute auf ihren Schoß. „Aber was erwartest du von mir?” „Das du endlich mal Klartext sprichst.”, er setzte sich wieder aufrecht hin. „Ich möchte endlich wissen, was dich bewegt, wie du denkst und vor all dem, was du jetzt vorhast. Im Bezug auf Anna und uns.” Er hat uns gesagt, dachte Lucie und biss sich auf die Lippen, um die Tränen zurück zu halten, die drohten, auszubrechen. „Ich würde gerne als erstes mit Anna sprechen.”, sagte Lucie plötzlich. „Alleine.” „Und worüber möchtest du mit ihr sprechen?” Endlich schaute sie ihn an. Vor einem halben Jahr war er noch ein einziger Casanova für sie gewesen und jetzt war er ihre große Liebe. Warum hatte sie nicht von Anfang an sehen können, was für ein toller Mensch er war? Warum mussten sie jetzt noch so viele Hürden überwinden, ehe sie Aussichten auf ein Glück zu zweit hatten? „Ich werde ihr alles erzählen.”, sagte sie offen. „Anna hat die Wahrheit verdient und die werde ich ihr offen legen.” „Und was ist die Wahrheit? Dass wir uns ineinander verliebt haben? Und du jetzt kneifst, nur weil du das Glück anderer vor dein eigenes stellst? Weißt du eigendlich, wie mir es dabei geht? Dein Rückzug letztens kam für mich völlig überraschend. Ich dachte wirklich, wir wären glücklich und einig darin, dass wir kämpfen werden. Aber nein. Du musst dich ohne irgendwelche erfindlichen Gründe zurück ziehen. Du hast mir verdammt weh getan Lucie. Ich weiß garnicht, ob dir bewusst ist, wie sehr.” „Ich wollte dir nie weh tun.”, sagte Lucie und machte Anstalten, nach seiner Hand zu greifen. „Aber irgendwie schien plötzlich alles zuviel zu werden. Ich hab Angst bekommen.” „Und jetzt?” „Jetzt werde ich rein gehen und mich auf morgen vorbereiten.”, Lucie schnappte sich schnell ihre Tasche und verließ das Auto, doch so schnell ließ Chris sich nicht abwimmeln. „Machst du schon wieder einen Rückzieher?”, fragte er aufgebracht und seine Stimme wurde lauter, während er aus dem Auto stieg und ihr ein Stück folgte. „Wird das jetzt zu deinem Hobby, einfach abzuhauen, sobald es ernst wird?” „Ich haue nicht ab.”, schrie Lucie zurück. Ihr Temperament, was sie seit einer Ewigkeit verloren gehabt zu glauben schien, kehrte mit einem Schlag zurück. „Ich bin kein Feigling, wenn du das von mir denkst. Nur du scheinst mich nicht zu verstehen. Morgen wird ein verdammt harter Tag und ich muss meiner besten Freundin irgendwie beibringen, dass ich sie hintergangen habe. Für dich scheint das vielleicht alles so einfach, aber für mich ist es nicht so. Anna ist einer der bedeutensten Menschen für mich und wenn du das nicht begreifst und mir die Zeit nicht geben willst, dann frage ich mich wirklich, ob es sich lohnt, für uns zu kämpfen.” „Die letzten Wochen hat es sich aber nicht gerade danach angefühlt, als würdest du um uns kämpfen wollen.”, schrie Chris zurück. „Was soll ich denn bitte davon halten, wenn du dich mir nichts, dir nichts zurück ziehst und die Schotten dicht machst? Du hast mir nicht gesagt, dass du Zeit zum Nachdenken brachst. Glaubst du etwa, ich bin so ein Trampel und hätte es nicht verstanden? Ich weiß doch, wie viel Anna dir bedeutet.” „Wieso zum Teufel müssen wir denn dann die ganze Diskusion hier führen und uns anschrein?”, schrie Lucie und stampfte mir dem Fuß auf. „Das ist mir echt zu blöd.”, sie drehte sich apruppt um und ließ Chris völlig verdattert stehen. Obwohl ihre Hände vor Wut und Trauer zitterten, schaffte sie es, den Türschlüssel gleich beim ersten Mal ins Schloss zu stecken und die Haustür aufzuschließen. Ohne ihre Eltern zu beachten, die die Köpfe fragend aus der Küchentür streckten, rannte sie hinauf in ihr Zimmer, suchte einen Stift und Papier zusammen und setzte sich an ihren Schreibtisch. Liebe Anna, fing sie an, doch strich gleich alles wieder durch. Sie ließ ihren Blick nachdenklich durchs Zimmer schweifen und blieb dann schließlich an einem Bild hängen, dass auf ihrem Nachttisch stand. Es war eine kleine Collage von Bildern die Anna und sie in einer Fotobox gemacht hatten und daneben stand eins von Chris und seiner Band, wo sie auf der Bühne in Berlin standen. Sarah hatte es ihr heimlich zugesteckt. Mit neuem Mut zerknüllte sie das erste Blatt und fing von Neuem an. Unruhig tiegerte Anna vor ihrem Fenster auf und ab und wartete auf die Ankunft ihrer besten Freundin. Die ganze Nacht schon hatte sie schlecht geschlafen, hatte sich Gedanken über das heutige Gespräch gemacht und sie war froh gewesen, dass Lucie anscheinend ebenfalls früh auf war, denn als sie ihr um neun Uhr morgens eine Sms geschrieben hatte, hatte diese sofort geantwortet, sie sei in einer halben Stunde da. Chris hatte sich garnicht gemeldet. Wie es wohl mit ihr und ihm weitergehen würde? Scheinbar war auch für ihn ihre Ankunft überraschend gewesen oder hatte sie sich seine Befangenheit nur eingebildet? Als sie gestern gelandet war und dann ihre Freunde gesehen hatte, hätte es am liebsten alles nur aus sie heraus gesprudelt. Sie wollte Chris gestehen, dass sie ihn betrogen und sich in einen anderen verliebt hatte. Auch wenn diese Liebe stark auf der Kippe stand, wollte sie daran glauben, das sich am Ende alles wieder zum Guten wenden würde. Sie dachte zurück an den Abschied ihrer Gastfamilie. Lex hatte sie nicht mit zum Flughafen gebracht. Er hatte ihr die Begründung gegeben, dass es für ihn viel schlimmer sein würde, sie mit dem Flugzeug wegfliegen zu sehen, als das sie wie so alltäglich aus der Haustür verschwand. Auch wenn sie diesmal ein ganzes paar mehr Koffer dabei hatte. Als die Anderen schonmal ins Auto gestiegen waren, hatte er sie nochmal ein letztes Mal ins Haus gezogen, sie fest an sich gedrückt und einen leidenschaftlichen Abschiedskuss gegeben. Es war kein einziges Wort über ein Wiedersehen gefallen und mit einem schlechten Gefühl im Magen hatte sie ihn verlassen. Wieso nur machte er immer die Schotten dicht, wenn sie das Thema ansprach, wie es mit ihnen weitergehen sollte? War dieses ganze Gerede darüber, dass er sich wirklich in sie verliebt hatte, nur eine Lüge dafür gewesen? War er wirklich nur auf das Eine aus gewesen? Sie wollte einfach nicht daran glauben, dass Lex wirklich so herzlos sein konnte. Hatte sie ihn doch ganz anders erlebt. Da ist sie ja endlich, dachte sie, als der Landrover von Lucies Vater vorfuhr und ihre beste Freundin ausstieg, noch ein paar Worte ins Auto richtete und sich dann zu Annas Haus wante. Voller Elan verließ Anna ihr Zimmer und machte gerade dann die Haustür auf, als Lucie klingeln wollte. „Hey beste Freundin.”, begrüßte Lucie sie und grinste breit. „Selber Hey. Komm, lass uns in den Garten gehen. Ich bin so froh, dass endlich Sommer ist und will so viel Sonne wie möglich tanken.” „Oh ja, die frostigen Tage sind echt eine Hölle.”, sagte Lucie, während sie durch den Flur und die Küche in den Garten hinaus gingen. Während sie es sich auf den Gartenstühlen bequem machten, redeten sie noch eine Weile unbefangen über das Wetter. Anna war froh, dass sie jetzt doch nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen musste. Was Lucie wohl über sie und Lex sagen würde? Während sie so redeten fiel Anna erst jetzt auf, wie sehr ihr die Gespräche mit Lucie gefehlt hatten. Als sie über die Schule in England erzählte, und was für sprachliche Fehler ihr am Anfang passiert waren und wie die Schüler und Lehrer drauf waren, hörte Lucie aufmerksam zu, stellte Fragen und lachte, wenn etwas lustig war. Sie beglückwünschte Anna dazu, was der Direktor ihr angeboten hatte, was die Mädchen dann zum Vortanzen von Lucie führte. Zwei Stunden saßen sie da unbefangen, sprachen über alle Themen des letzten Jahres, nur zwei Dinge ließen sie aus; Chris und Lex. Lucie wusste einfach nicht, wie sie davon anfangen sollte. Der Brief, den sie in ihrer Hosentasche hatte, schien von jeder Minute schwerer und schwerer zu werden doch sie wartete, bis der richtige Moment kommen würde. Wenn er denn überhaupt kam. Aber er tat es, als Anna eine viertel Stunde später fragte: „Wie ist es eigendlich Chris ergangen? Hattest du viel Mühe damit, auf ihn aufzupassen? Ich meine, ihr scheint euch ja jetzt ganz gut zu verstehen, aber es gab bestimmt ein paar Anfangsschwierigkeiten, oder?” „Jaaa, es war am anfang wirklich etwas holprig.”, ihr entschlüpfte ein kleines Lachen wenn sie daran dachte, wie sie sich immer angezickt und gestritten hatten. „Aber irgendwann haben wir dann doch die Kurve gekriegt.” „Ich wusste doch, dass ihr es schaffen würdet. Er ist wirklich ein toller Mensch.” Lucie schluckte und nickte. „Ja, das ist er wirklich.”, sie holte tief Luft und nahm allen Mut zusammen. Wenn sie es jetzt nicht tat, würde sie sich nie trauen. „Hör mal Anna, als du weg warst, ist da etwas - passiert.”, sie griff in ihre Hosentasche und zog den Brief heraus. „Bitte lies ihn. Und sag zwischendurch nichts. Lies ihn einfach bis zu Ende.” Anna bekam einen leichten Kloß im Hals, doch sie nickte und nahm den Brief entegegen. Anna, was ich dir jetzt schreiben werde, wird für dich nicht leicht zu verdauen sein, aber es ist nunmal die Wahrheit und auf die hast du ein Recht!!! In dem letzten halben Jahr ist hier eine ganze Menge passiert. Zumindest bei mir. Ein Junge hat meine Gefühlswelt hier ordentlich auf den Kopf gestellt. Anfangs habe ich mich nur mit ihm gestritten und jede Sekunde gehasst, die ich mit ihm verbringen musste aber irgendwann habe ich meinen Schatten überwunden und mal hinter die Fassade geschaut und etwas erstaunliches festegstellt, nämlich dass dieser Typ so ganz anders ist, als ich ihn mir vorgestellt habe. Mit einem Mal musste ich über seine Witze lachen, ich konnte mich normal mit ihm unterhalten und begann die Zeit zu genießen, die ich mit ihm verbringen durfte. Ich war einfach nur glücklich. Doch dieses Glücklichsein hatte auch eine Folge: Denn ich habe mich in ihn verliebt. Ich weiß nicht mehr wann oder wo es passiert war, nur plötzlich waren diese Gefühle da und ich kostete sie bis zum Ermessen aus. Hätte ich damals gewusst, was für Folgen es haben könnte, hätte ich vielleicht einen Rückzieher gemacht. Vielleicht aber auch nicht. Ich bin mir da nicht genau sicher. Du willst jetzt sicher wissen, wer es war, oder? Glaub mir, ich hätte es dir am Liebsten ins Gesicht gesagt, aber ich trau mich einfach nicht. Ich weiß nicht, ob mich in letzter Minute dann vielleicht der Mut verlassen und ich flüchten würde. Ich habe in Chris meine große Liebe gefunden, ob du es glaubst oder nicht. Und bevor du jetzt vielleicht irgendetwas sagen möchtest, zwing dich bitte, weiterzulesen, damit du wenigstens etwas verstehst!! Ich wollte mich nicht in Chris verlieben, das schwöre ich dir! Aber es ist passiert und um dir gleich reinen Wein einzuschenken: Chris hat sich ebenfalls in mich verliebt. Es ist einfach passiert, anders kann ich es nicht beschreiben. Und wir haben diese Liebe genossen. Wir haben durch eine rosa-rote Brille geguckt und die Realität ausgeschlossen. Ich habe dieses eine Mal nur an mich gedacht. Ich habe die Gefühle genossen, die er in mir ausgelöst hat. Seine Blicke, als wäre ich die einzige Frau, die er sehn würde. Wenn er mich umarmte oder einfach nur meine Hand hielt, fühlte es sich so an, als würde alles wieder gut werden. Als könne garnichts erst schief gehen. Er stand immer hinter mir und gab mir das Gefühl, stark zu sein, wenn ich mich mal schwach fühlte. Ich liebe einfach alles an ihn, Anna. Nicht nur seinen Körper sondern auch die Person dahinter. Ich konnte mich sogar mit seinen ganzen Macken anfreunden. Ich hatte so eine wundervolle Zeit mit ihm, die ich um nichts in der Welt hergeben würde. Doch je näher deine Ankunft rückte, desto mehr Zweifel bekam ich wieder. Würde es sich lohnen, für die große Liebe zu kämpfen, wenn dabei eine Freundschaft kaputt ging? Eine Freundschaft, die mir mehr bedeutet, als alles andere? Welcher Person konnte ich mehr weh tun? Dir oder Chris? In Endeffekt kann ich keinen von euch beiden weh tun. Ich möchte keinen von euch verlieren. Du bist meine beste Freundin. Auch wenn du in England warst und der Kontakt mit der Zeit so ziemlich auf der Strecke geblieben ist, habe ich dich immer als solche angesehen. Deswegen bitte ich dich jetzt um Verzeihung. Es tut mir nicht um die Zeit mit Chris leid, sonders um das, dass ich ich dir nicht eher davon erzählt habe. Es hätte Mittel und Wege gegeben, dich zu sehen, aber ich habe davor die Augen verschlossen. Das Unausweichliche habe ich immer weiter nach hinten verschoben und dadurch noch alles schlimmer gemacht. Bitte verzeih mir! „Oh Lucie.”, schniefte Anna und ließ den Tränen freien Lauf, die ihr während des lesens des Breifes in die Augen gestiegen waren. „Es tut mir so Leid.”, auch Lucie weinte, ging zu ihrer Freundin und nahm sie in die Arme. Sie fühlte sich um so vieles leichter. Der Knoten im Bauch hatte sich gelöst. „Kannst du mir verzeihen?” Anna nickte und löste sich aus ihrer Umarmung. „Ich kann dir nicht nur verzeihen, ich kann dir auch danken.”, sie schniefte und wischte Lucie eine Träne von der Wange. „Dein Brief hat alles ein bisschen leichter gemacht.” Verwirrt setzte Lucie sich auf ihren Stuhl zurück und schaute ihre Freundin aus feuchten Augen an. „Ich verstehe nicht ganz.” Anna schüttelte den Kopf. „Natürlich verstehst du nicht, schließlich habe ich in bestimmten Dingen genauso geschwiegen wie du. Der Grund, warum ich dir verzeihen kann ist der, dass ich nachempfinden kann, wie du dich fühlst. Ich kenne all´ diese Gefühle und weiß, wie wundervoll sie sich anfühlen.” „Aber du bist doch mit Chris zusammen-”, Lucie schüttelte den Kopf. „Chris, dein fester Freund, deine erste große Liebe.” „Deine erste große Liebe ist er ebenfalls.”, erinnerte sie Anna. „Aber die Gefühle, die du mir gerade beschrieben hast, empfinde ich nicht mehr für Chris. Vielleicht habe ich das mal, aber nicht so intensiv. Ich liebe ihn noch immer, aber während der Zeit in England ist mir klar geworden, dass ich ihn nur noch aus Gewohnheit liebe. Es fühlt sich eher so an, als wäre er mein großer Bruder. Bei Lex dagegen, fühle ich mich wie unter Strom. Alles in mir fängt an zu kribbeln, wenn er mich ansieht, berührt, küsst.”, sie lachte etwas. „Es ist einfach unglaublich.” „Mo- moment mal. War Lex nicht dein Gastbruder?”, Lucie war etwas verwirrt. „Ja, in der Tat, das ist er. Und man könnte jetzt quasie bei Chris und mir sagen: So wie er mir, so ich ihm. Nur, dass wir es ohne das Wissen des anderen getan haben. Lucie, ich kann dir einfach nicht böse sein. Ich möchte es gerne, doch stattdessen fällt mir einfach nur ein riesen Stein vom Herzen. Ich weiß, wie du dich fühlst und wie gefangen sich man fühlt. Hätte ich Lex nicht kennengelernt und ihm am Ende doch nicht nachgegeben, würde ich vielleicht nicht so reden, aber ich habe es getan.” „Irgendwie mein Glück. Aber warum hast du nie etwas gesagt?” „Warscheinlich aus dem gleichen Grund wie du. Ich wollte es einmal, erinnerst du dich an das Telefonat nach deinem Vortanzen? Ich wollte dir etwas wichtiges sagen, aber irgendetwas bei dir hat uns dann unterbrochen.” Lucie nickte und erinnerte sich. „Ja, das war der Abend wo ich Chris abgewiesen habe, weil ich Zweifel bekam, ob es wirklich das Richtige ist, was wir da taten. Oh man, das wirkt gerade so unreal, als wäre alles ein Traum.”, sie fuhr sich durch die Haare. „Ich habe einen riesen Streit erwartet, dass du uns mit Verachtung strafen wirst. Ich hab gestern Abend sogar Bahntickets bestellt, weil ich dann erst einmal weg wollte, damit alle in Ruhe Dampf ablassen konnten. Das mit der Schule wollten meine Eltern dann klären. Wir hätten ja sowieso nur noch ein paar Tage gehabt, in denen wir eh nichts gemacht hätten.” „Wirst du jetzt trotzdem fahren?”, Anna biss sich auf die Unterlippe. Lucie zuckte die Schultern. „Ich weiß nicht. Das mit dir ist ja jetzt doch so ganz anders ausgegangen, als ich es gedacht hätte. Man, das wirfst mich jetzt echt aus der Bahn.” Anna lächelte leicht. „Das glaub ich dir. Wie geht es denn jetzt mit Chris und dir weiter? Ich meine, euch steht ja jetzt nichts mehr im Weg.” „Ich hab keine Ahnung. Die letzten Male wenn wir uns immer getroffen hatten, ist alles immer in einem Streit geendet.”, sie dachte kurz nach. „Vielleicht sollte ich wirklich nach München fahren und uns eine kleine Auszeit gönnen. Mein Kopf ist momentan mit so vielen Dingen gefüllt. Das mit dir und Lex-” „Ich kann es auch noch nicht wirklich glauben. Und noch steht bei uns auch alles in den Sternen. Er hat mir zwar gesagt, dass er mich liebt, aber über die Zukunft hat er nicht gesprochen.”, sie beugte sich vor und fing an, am Gras rum zu zupfen. „Es ist eine verzwickte Lage, aber so wie es aussieht, will er wohl keine Fernbeziehung. Vielleicht liebt er mich ja garnicht, sondern hat das nur gesagt, um mich rumzukriegen.” „Das glaube ich nicht. Vielleicht brauch er nur ein bisschen Zeit. Ich wette, wenn du jetzt ein paar Wochen weg bist, wird er merken, wie sehr du ihm fehlst und schwupp”, sie schnippste mit dem Finger. „Steht er wie ein Märchenprinz vor deiner Tür, schwört dir seine ewige Liebe und alle leben glücklich bis ans Lebensende.” „Wunder soll es ja tatsächlich noch geben.”, sagte Anna und war ein bisschen optimistischer. Vielleicht hatte Lucie wirklich recht. Vielleicht brauchte Lex wirklich erst die große Entfernung zwischen ihnen, um sich klar zu werden, wie sehr er sie liebte. Ihr blieb wohl nicht anderes übrig, als abzuwarten, was die Zeit ergeben würde. Als Lucie am Nachmittag ging, fühlten sich beide Mädchen viel leichter ums Herz. Endlich hatten sie alles ausgesprochen, was ihnen seit Wochen auf der Seele gelastet hatte. „Versprich mir, dass du dich meldest.”, sagte Anna, als sie vor ihrer Haustür standen und nahm ihre Hand. „Na klar werde ich das. Und du, sag sofort bescheid, sobald Lex sich meldet.”, Lucie lächelte. „Und du willst wirklich noch heute mit Chris sprechen?” Anna nickte. „Es ist besser, dass wir beide sobald wie möglich alles hinter uns bringen. Ich wette, er sitzt schon wie auf heißen Kohlen und fragt sich, was du alles mit mir besprochen hast und wie wir auseinander gegangen sind.” „Wir sind als beste Freunde auseinander gegangen.”, lachte Lucie und umarmte Anna. „Und das wird sich nie ändern.” „Nie im Leben. Du bist schließlich meine Seelenschwester. Und diese halten immer zusammen, egal wie drunter und drüber es im Leben mal geht.” Lucie nickte. „Ich bin froh, dass alles so gut ausgegangen ist, auch wenn ich immer noch glaube, dass das ein Traum ist, ich aufwache und ein riesen Donnerwetter bevor steht.” „Das Donnerwetter wirst du wohl eher von Chris erleben, wenn er rauskriegt, dass du morgen weg fährst.” „Ich werde doch wiederkommen. Spätestens in den Ferien. Und dann werde ich einen Neuanfang mit ihm beginnen. Wenn er denn solange auf mich warten wird. Aber ich brauche jetzt einfach die Abwechslung, auch wenn ihr beide mir wahnsinnig fehlen werdet.” Anna seufzte. „Ja, schon blöd, da hab ich dich grade wieder und schon nimmst du dir ne Auszeit. Aber so hab ich mehr Zeit für die anderen, dann fühlen sie sich nicht ganz so vernachlässigt.” Lucie lachte. „Nette Freunde hast du da, das muss ich sagen. Besonders Sarah ist mir ans Herz gewachsen. Bitte richte ihr liebe Grüße von mir aus, ja?” „Klar, mach ich. Also dann.”, sie nahm Lucie noch ein letztes Mal in den Arm. „Ich hab dich lieb.” „Ich dich auch.” _________________________________________________________________________________ ... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)