Bis(s) in den Tod von BabyG2005 ================================================================================ Kapitel 2: Der Perversling und die blöde Kuh -------------------------------------------- Menschen haben die Eigenschaft Dinge zu sehen und zu fühlen, die eigentlich gar nicht da sind. Welche Eltern kennen das nicht? Die Frau liegt qualvoll in den Presswehen und kann vor Schmerzen nur noch Schreie von sich geben, aber der Mann, der eigentlich nur dumm daneben steht, hat meist mehr Schmerzen, als die Frau. Reine Kopfsache würde der Experte jetzt sagen. Aber der Mensch ist in seinem Denken und Handeln eben einzigartig. Und immerhin hätten wir dann nicht so viele Spinner auf der Welt. Shana sollte es weitaus schlimmer ergehen. Es gibt eben Dinge, die sind einfach da. Ob man nun will oder nicht. Als Shana an diesem Morgen erwachte, brummte ihr der Schädel. Fast so wie bei einem Kater. Natürlich konnte sie das nicht wirklich beurteilen, da sie noch nie Alkohol getrunken hatte, aber so ungefähr musste sich das anfühlen. Doch wenn es nicht Alkohol war, der ihr solche unerträgliche Kopfschmerzen bereitete, was war es dann? Vielleicht lag es ja an den Vögeln. Die zwitscherten in so einer Intensität, dass eine Heavy-Metal-Band nicht dagegen war. Der Bandname der Vögel wäre dann so etwas wie „The Kill Birds“ oder so gewesen. In der Vorstellung vielleicht komisch, aber übertrieben war es auf jeden Fall. Zumal es nur Vorstellung war. Und Shana lebte in der Wirklichkeit und nicht in irgendeiner Traumwelt. Das dachte sie zumindest heute Morgen noch. Ihr Blick fiel auf die Uhr. Zeit zum Aufstehen. Welcher Idiot kam eigentlich auf die brillante Idee Unterricht auf einen Samstag stattfinden zu lassen? Den hätte sie zu gerne mal getroffen. Wahrscheinlich war sie da nicht die Einzige gewesen. Schon als sie ihre nackten Füße auf den flauschigen Teppichboden gesetzt hatte, wusste Shana, dass heute kein guter Tag werden würde. Sie gehörte zwar nicht zu den Leuten, die in die Zukunft blicken konnten, aber auf das bisschen weibliche Intuition was sie noch hatte, konnte sie sich verlassen. Na ja. Wenn man schon das Gefühl hatte, dass jemand in seinem Kopf Samba tanzte, war das ja auch logisch, dass sie dachte, dass kein guter Tag werden würde. Aber ab und zu kann man wesentliche Dinge ignorieren und sich übernatürlich fühlen. Viele Freuden hatte man im Leben ja auch nicht mehr. Wie ein Geist wandelte sie ins Badezimmer. Ein Blick in den Spiegel war erschreckend und ernüchternd zugleich. Ihre Haare widersetzten sich den Gesetzten der Physik und standen in allen Richtungen wild ab. Wie ein Überraschungsei. Jeden Morgen eine andere Frisur. Sie war blass im Gesicht und die Augenringe sahen wirklich übel aus. Shana befühlte ihre Stirn. Fühlte sich normal an. Mist! Auch als sie ihre Zunge rausstreckte, blieb das gewünschte Ergebnis aus. Sie war weder belegt, noch glänzte sie in unnatürlichen Farben. Sie war so, wie sie sein sollte. Rosig. Damit konnte Shana nicht auf krank machen. Grummelnd zog sie sich aus und begann sich zu waschen. Erst jetzt viel ihr die Kette auf. Und wie auf Knopfdruck schossen alle Erlebnisse von gestern durch ihren Kopf. All die Sachen, die sie eigentlich vergessen wollte. Ihr Blick fiel auf ihre Hand. Ein Kratzer zierte ihre Haut. Und natürlich kam passend zu dem Kratzer die dazugehörige Erinnerung. Der Zusammenstoß, der Typ und wie er die Wunde geleckt hatte. Wie schnell man doch wieder eine gesunde Gesichtsfarbe bekommen konnte. Shana schüttelte den Kopf. Perverse Gedanken am Morgen vertrieben keinen Kummer und auch keine Sorgen. Am besten warf sie den Schlüssel in den Müll und zog einen Schlussstrich unter die ganze Sache. Sie umfasste den Schlüssel, zog ihre Hand aber schnell wieder zurück. Da verpasste dieses rostige Ding ihr doch glatt einen Schlag. Auch ein weiterer Versuch endete ähnlich. Es war, als fühlte sich der Schlüssel recht wohl zwischen ihrem Busen. War der Schlüssel vielleicht so pervers wie sein Besitzer? Shana kam schon wieder auf recht dumme Gedanken. Als ob der Schlüssel ein Eigenleben hatte. Das war lächerlich. Wahrscheinlich hatte er sich nur statisch aufgeladen. Aber darum konnte sie sich auch später noch kümmern. Sie musste zur Schule. In Windeseile hatte sie sich fertig gemacht und stand auch schon in der Küche. Wie immer saß nur ihre Mutter am Esstisch und wartete auf ihre Tochter. Shana setzte sich dazu und begann die wichtigste Mahlzeit des Tages. „Guten Morgen Mutter.“, brachte sie zwischen zwei Bissen heraus. „Guten Morgen.“, erwiderte ihre Mutter. War heute ein Feiertag? Normalerweise hielt sich ihre Mutter nicht mit so profanen Floskeln auf und ging sonst immer gleich zu ihren üblichen Predigten über. „Also Shana.“, begann sie. Wäre ja auch zu schön gewesen. „Ich hoffe du benimmst dich heute Abend!“ Heute Abend? Was war da? „Hm? Was ist heute Abend?“ Ihre Mutter seufzte theatralisch. „Dir muss man auch alles mehrmals sagen, bevor du es verstehst.“ Das war ja so nun auch nicht richtig. Sie hörte nur nie zu. Das war alles. Aber das hier hörte sich interessant an. „Verzeih Mutter. Was ist denn heute Abend?“ „Du bist heute Abend alleine zu Hause. Vater ist bis morgen auf Geschäftsreise, Ken übernachtet bei einem Klassenkamerad und ich besuche eine Freundin.“ Für Unwissende hörte sich das ganz normal an, aber Shana wusste es besser. Ihr Vater war nicht auf Geschäftsreise. Der verbrachte seine Zeit mit seiner Geliebten. Bei der Ehefrau hätte Shana das anstelle ihres Vaters auch gemacht. Ihre Mutter würde man nur freiwillig heiraten, wenn man Masochist war. Sie glaubte auch nicht wirklich, dass ihre Eltern aus Liebe geheiratet hatten. Das war nur eine Zweckehe. Nur welchen Zweck das erfüllen sollte, wusste sie nicht. Ihr Bruder Ken übernachtete wahrscheinlich wirklich bei einem Klassenkameraden. Einer dieser Speichellecker, die Ken huldigten. Irgendwas erhofften sie sich durch die Freundschaft zu ihm. Nur was, war Shana noch nicht so ganz klar. Bei ihrer Mutter war sie sich nicht sicher. Entweder hatte sie einen kleinen Masochisten, den sie Geliebten nannte oder sie fuhr wirklich zu einer Freundin. Das würde Shana aber noch rausbekommen. Zumindest war ihre Familie, was das Wahren des Scheins anging, Meister aller Klassen. Sie würde alle Geheimnisse aufdecken und dann ein Buch darüber schreiben. Irgendwie musste man sich ja für deren Freundlichkeit der letzten Jahre über bedanken. Aber das hatte ja auch noch Zeit. Doch viel wichtiger waren nicht die Gründe warum ihre Familie heute Abend nicht da war, sondern das, sie heute Abend nicht da waren. Während ihre Mutter die üblichen Hausregeln, wie keinen Fremden die Tür öffnen, keine Partys feiern und so weiter herunterbetete, überlegte Shana, was sie heute Abend machen würde. Es gab so vieles. Wahrscheinlich würde sie sich etwas zu Essen holen, Filme gucken und dann entspannt bei ihrer Lieblingsmusik ein heißes Bad nehmen. Fast überglücklich bedankte Shana sich für das Essen und machte sich vom Acker. Beinahe hätte sie angefangen zu singen und zu tanzen, als sie zu ihrer Bahnstation ging, weil sie sich so freute. Wie schnell man doch gute Laune bekommen konnte. Sagenhaft. Ihre Freude ging sogar soweit, dass sie Mika zuhörte, als diese zu Shana´s Platz kam und zu reden anfing. Mika war darüber so verblüfft, dass sie fast keinen Ton rausbrachte. Und um dem ganzen noch einen drauf zu setzen, beteiligte Shana sich sogar am Unterricht. Das war nun wirklich nicht ihre Art gewesen. Die Lehrer fragten sich schon ob eine Sonnenfinsternis bevorstand oder die Planeten sich verschoben hatten. Anders konnten sie sich die Anteilnahme von Shana am Unterricht nicht erklären. Shana fand das sogar niedlich, aber was konnte sie denn dafür? Gute Laune war eben gute Laune. Die sollten sich einfach damit zufrieden geben. Die Schule verging wie im Flug. Das konnte aber auch daran liegen, da sie keinen Nachtmittagsunterricht hatten. Da Shana noch Zeit hatte, bis wirklich das letzte Mitglied ihrer Familie das Feld geräumt hatte, schlug sie Mika vor, bummeln zu gehen. Diese Frage kam für Mika so überraschend, dass sie fast vom Stuhl fiel. Sie befühlte die Stirn ihrer besten Freundin. „Bist du krank?“, fragte Mika fürsorglich. „Wieso glaubt heute eigentlich jeder, dass mit mir etwas nicht stimmt?“ „Weil du dich nicht wie sonst benimmst. Du hörst mir zu wenn ich was sage und jetzt willst du auch noch mit mir bummeln gehen.“ „Freu dich doch.“, sagte Shana darauf nur, nahm Mika bei der Hand und schleifte sie aus dem Schulgebäude. Man musste dort nicht mehr Zeit als notwendig verbringen. Vor allem Shana nicht. Also gingen die besten Freundeinen bummeln. Sie schleiften sich gegenseitig durch die verschiedensten Geschäfte. Shana besorgte sich noch Tütenessen und ein paar Filme. Sie freute sich schon richtig auf den Abend in Einsamkeit. Als sie sich dann auch bald von Mika verabschiedet und nach Hause gegangen war, umgab eine angenehme Stille das Haus. Kein desinteressierter Vater. Kein arroganter Bruder. Keine nervende Mutter. Niemand. Nur sie in dem leeren Haus. Träume konnten also doch wahr werden. Alpträume auch, aber dazu später. Shana genehmigte sich erst mal ein heißes Bad zu Entspannung. Mit einem guten Buch und ihrer Lieblingsmusik war das doch gleich viel angenehmer. Irgendwann aber legte sie ihr Buch weg und wiegte sich in der sanften Musik. Mit Entspannung kam auch Kraft. Vielleicht keine Lehre von Konfuzius, aber wen interessierte das schon? Shana hatte ihre eigenen Lehren. Und immerhin brauchte sie auch Kraft. Kraft um ihre Familie ertragen zu können und die Schule zu überstehen. Plötzlich wurde etwas heiß auf ihrer Brust. Shana zuckte hoch und schaute nach unten. Der Schlüssel, der immer noch um ihren Hals hing, war auf einmal rot. Entweder war er in dieser kurzen Zeit noch rostiger geworden oder das Teil hatte sich so mit der Hitze vom Badewasser aufgeladen, dass er jetzt rot wurde. Aber konnte das möglich sein? Sie war zwar in Chemie keine Leuchte gewesen, aber dass der Schlüssel so reagierte, war sicher nicht normal gewesen. Das bestärkte nur ihren Wunsch diesen Schlüssel so schnell wie möglich loszuwerden. In der Theorie ja schön und gut, aber praktisch wollte es nicht so ganz. Als sie anfasste, versetzte der Schlüssel ihr wieder einen Schlag. Was war das nur für ein Schlüssel gewesen? Vielleicht ein Scherzartikel oder so? Na jedenfalls war der Ehrgeiz von Shana nun geweckt. Das bedeutete Krieg! Schnell stieg sie aus der Wanne, trocknete sich ab und zog sich was an. „Jetzt geht es dir an den Kragen!“, drohte sie dem Schlüssel. Hatten Schlüssel überhaupt einen Kragen? Einen Bart, ja, aber sicher keinen Kragen. Aber das war doch auch belanglos gewesen. Außerdem war so eine Drohung überflüssig gewesen, da der Schlüssel ein toter Gegenstand war. Aber was interessierte Shana das? Zuerst versuchte die den Schlüssel an der Kette von ihrem Hals zu bekommen. Doch diese Idee verwarf sie ganz schnell wieder, als selbst die Kette ihr einen Schlag verpasste. Shana probierte alles nur Erdenkliche aus. Mit Topflappen, Handtuch, Zange und auch mit einer Schere. Nichts half. Selbst mit einer Gartenschere konnte sie dieses blöde Ding nicht zerschneiden. Was war das nur gewesen? Immer wenn sie den Schlüssel oder die Kette mit der Hand berührte, bekam sie einen Schlag. Aber wenn er zwischen ihren Brüsten hing, passierte gar nichts. Sogar die nicht leitenden Dinge, wie die Topflappen, schützten sie nicht vor einem Schlag. Also doch ein perverser Schlüssel. Nach einer halben Stunde sank Shana kraftlos auf die Couch. Der Schlüssel hing immer noch um ihren Hals. „Blödes Ding!“, fluchte sie. Nun gut. Sie beschloss sich etwas abzulenken. Sie machte sich etwas zu Essen und schaute sich einen der gekauften Filme an. Der Schlüssel war schnell wieder vergessen. Nach zwei weiteren Filmen war es auch schon nach Mitternacht gewesen. Schlafenszeit, beschloss Shana. Den ganzen Tag hatte die Luft schon gestanden und es war stickig in ihrem Zimmer gewesen. Sie riss ihr Fenster weit auf und atmete die Luft, die durch den eben eingesetzten Regen frisch war, ein. Shana schaltete noch das Licht aus und kroch dann unter die kuschelige Bettdecke. Sie schloss die Augen und versuchte zu schlafen. Nur heute wollte es wohl nicht so recht klappen mit dem Schlafen. Normalerweise war Shana ein Schlaftalent. Sie konnte überall schlafen und in Sekundenschnelle einschlafen. Sie wälzte sich eine Weile hin und her. Der Regen draußen wurde stärker und es donnerte und blitzte in unregelmäßigen Abständen. Dann endlich, nach ungefähr einer halben Stunde, war sie fast soweit ins Reich der Träume einherzugehen, als sie plötzlich ein Geräusch vernahm. Etwas fiel um. Shana schreckte auf und blickte sich um. Es war ziemlich finster, da die dunklen Wolken jegliches Licht schluckten. Sie sah nichts. Und da sie sich kannte und wusste, dass sie erst wieder schlafen konnte, wenn sie wusste was da umgefallen war, stand sie auf. Dann wieder ein Geräusch. Diesmal ein Knacken. Sie hatte zwar null Orientierungssinn, konnte aber bestimmen, dass das Geräusch vom Fenster kam. Shana drehte sich langsam um. Irgendwas war da. Ein großer Schatten hockte auf dem Fenstersims. Für eine Katze war der Schatten viel zu groß. Gerade als sie zum Lichtschalter hechten wollte, durchzog ein Blitzstrang die dunkle Wolkendecke und brachte Licht ins Dunkle. „Uah!“, schrie Shana. Da saß ein Mensch. Ein echter Mensch. Wie konnte das sein? Immerhin war das hier der erste Stock gewesen. Selbst als sie damals immer von zu Hause abhauen wollte, konnte sie nicht einfach aus dem Fenster steigen. Es war viel zu hoch und da stand weder ein Baum oder sonst eine Möglichkeit um hoch oder runter zu klettern. Wie also kam diese Person da hoch? War es vielleicht Superman der zu ihr geflogen kam? Wie viel einem doch im Angesicht der Angst durch den Kopf schoss. Vor allem wie viel Schwachsinn. Moment mal! Shana war nicht der Typ, der Angst hatte. Entschlossen ging sie zur Tür. Sie brauchte Licht um effektiver kämpfen zu können. „Warte!“, kam es vom Fenster. Und das, kurz bevor die den Lichtschalter betätigen konnte. Sie drehte sich zu dem Fremden um. Ihre Hand schwebte über dem Lichtschalter. Warum zögerte sie überhaupt? Warum tat sie das, was der Fremde von ihr wollte? „Wer bist du? Was willst du? Wie bist du hier raufgekommen? Warum soll ich das Licht nicht anmachen?“ Sie hielt sich wenigstens nicht mit Kleinigkeiten auf und stellte gleich die richtigen Fragen. Das musste man ihr schon lassen. Eigentlich wollte sie ihn noch fragen ob er Superman war, aber das verkniff sie sich einfach mal. Sind wir nicht alle kleine Spinner? Ein genervtes Murren kam vom Fenster. „Das ist keine Antwort.“ Ihre Hand bewegte sich weiter zum Lichtschalter. „Lass das Licht aus, blöde Kuh!“ Blöde Kuh? Das kam ihr bekannt vor. Das konnte doch jetzt nicht wahr sein. Da ging sie hin, die schöne Superman- Theorie. „Du? Was willst du? Verschwinde!“ „Es ist deine Schuld, dass ich jetzt hier bin. Also gib mir zurück, was ich dir gegeben habe!“ Das war jawohl die Höhe gewesen. Er hatte ihr dieses Ding doch förmlich aufgedrängt. Na ja. Was heißt förmlich? Er hatte es ihr aufgedrängt. Und dann stellte er auch noch Forderungen. Und was für einen Ton er anschlug. „Ich gebe es dir nicht zurück!“, sagte sie dann trotzig. Hätte sie ja auch nicht können, selbst wenn sie gewollt hätte, weil der Schlüssel sich ziemlich wohl bei ihr fühlte. Das hätte sie wohl besser nicht gesagt, denn der Typ sprang vom Fenstersims in ihr Zimmer rein. Das ging dann doch jetzt zu weit. Sie wollte gerade den Lichtschalter betätigen, , als der Typ auch schon die Hand am Schalter gepackt hatte und sie gegen die Wand drückte. Es war zwar dunkel, aber sie wusste, dass sein Gesicht ganz nah an ihrem war. Sein warmer Atem schlug ihr ins Gesicht. Wie schnell er gewesen war. Nun gut. Ihr Zimmer war nicht sehr groß, aber er musste immerhin noch ihr Bett überwinden um an sie zu gelangen. Sein Körper presste sich an ihren. „Gib mir den Schlüssel zurück!“, flüsterte er bedrohlich an ihrem Ohr. Shana erstarrte. Ihr Puls beschleunigte sich. Das ging jetzt definitiv zu weit. „Nein!“, sagte sie bestimmt und schubste ihn von sich weg. Das Licht ging an. Der Typ zog scharf die Luft ein und hielt seinen Arm schützend über die Augen. Da mochte wohl jemand das Licht nicht. „Mach das Licht aus, blöde Kuh!“ „Nein!“ „Sofort!“ „Was willst du eigentlich, du Perverser? Du bist hier immerhin eingebrochen. Also hast du auch kein Recht etwas zu fordern.“ „Ich will nur den Schlüssel!“ Der Typ kam langsam wieder auf sie zu. Als ob es um ihr Leben ging, blieb Shana vor dem Lichtschalter stehen. Das war das Einzige, was sie schütze. Und vielleicht ging es ja auch um ihr Leben. Wusste sie das? Er ging weiter auf sie zu. Langsam nahm er seinen Arm runter. Anscheinend gewöhnte er sich an das Licht. Nachteil für Shana. Sie hatte nichts mehr gegen ihn in der Hand. Nicht gut. Gar nicht gut. Er blinzelte leicht. Wieder diese goldenen Augen. Einerseits faszinierten sie diese Augen, andererseits machten ihr diese Augen auch Angst. Der Typ war sauer. Seine Hand schnellte hervor und drückte ihr die Kehle zu. Jetzt wurde es ernst. „Rück den Schlüssel raus oder ich muss Gewalt anwenden. Ich habe kein Problem damit dich zu töten!“ Das erste Mal, dass der Typ mehr als nur einen Satz sprach. Und dann kam so was dabei heraus. Aber sie hatte keine Zeit sich darüber zu freuen, denn Shana war sich sicher, dass er seine Drohung wahrmachen würde. Sie spürte wie sich seine Hand enger um ihre Kehle legte. Jetzt hatte sie noch weniger Luft zum atmen. „Das geht nicht.“, presste sie hervor. Bloß nicht mehr Luft verbrauchen, als notwendig. „Warum?“ Wollte er das ernsthaft wissen? Shana überlegte ihre Wortwahl. Je mehr Sätze, desto weniger Luft. „Er will nicht.“ „Wer?“ „Der Schlüssel!“ Tat der Typ nur so oder war er wirklich so begriffsstutzig gewesen? Himmelarsch noch mal. Aber es war ja auch kaum vorstellbar gewesen, dass der Schlüssel sich weigerte, seinen jetzigen Besitzer zu verlassen. Der Typ drückte etwas fester zu. „Verarschen kann ich mich auch alleine!“ „Ich mich auch!“ Shana hatte ein Talent dafür, selbst in gefährlichen Situationen patzig zu sein. Ein Talent, was eher Nach- als Vorteile brachte. Der Typ ließ sich davon reizen. Der Druck an ihrer Kehle wurde noch stärker. „Legst du es drauf an zu sterben?“ Natürlich tat sie das nicht, aber was sollte sie auch tun? Da sie nicht antwortete, wurde der Typ ungehaltener. „Na los! Rück den Schlüssel raus!“ Die Luft wurde weniger. Shana war schon blau und grün im Gesicht. Okay. Das reichte jetzt. Das letzte bisschen Kraft das Shana noch hatte, tat sie auf und trat dem Typ gegen sein Schienbein. Weichteile wären natürlich effektiver gewesen, aber da er so dicht an ihr stand, kam sie da nicht ran. Aber das brauchte sie auch nicht. Der Tritt gegen sein Schienbein reichte völlig aus. Der Griff um ihre Kehle lockerte sich und Shana konnte ihn von sich wegschubsen. „Spinnst du jetzt völlig?“ Der Tritt tat wohl doch nicht so weh. Schade eigentlich. Sie hatte sich mehr erhofft. Aber in so einer Situation konnte man auch nicht wählerisch sein. Shana atmete ein paar Mal tief ein und aus um ihre Lugen wieder mit Sauerstoff zu füllen, ehe sie zu einer Antwort ansetzte. „Das könnte ich dich fragen! Noch mal für den ganz Dummen hier! Ich krieg den Schlüssel nicht ab!“ Sie wollte ihn eigentlich anschreien, aber so ganz wollte ihre Lunge und ihre Stimme dann doch nicht. Aber es reichte um ihren Standpunkt klar zu machen. „Was ist denn das für eine billige Ausrede?“ „Das ist keine Ausrede du Perversling!“ „Blöde Kuh!“ Damit waren die Standpunkte hinsichtlich der Namensgebung geklärt, aber das brachte sie auch nicht weiter. Er glaubte ihr wirklich nicht. Wäre sie in seiner Lage gewesen, hätte sie das aber vermutlich auch nicht. War ja auch sehr unwirklich gewesen. Der Typ hatte die Schnauze gestrichen voll. Verübeln konnte man es ihm auch nicht. Shana war eben nervig gewesen. Sie war ja auch ein Mädchen und er hatte einen sehr kurzen Geduldsfaden. Er ging wieder auf sie zu. Bei Shana angekommen griff er einfach nach dem Kragen von ihrem Shirt und zog daran. Es ratschte, der Stoff gab nach und zerriss. Jetzt war nicht nur der Schlüssel zu sehen, sondern auch ihre linke Brust lag ihm völlig offen. Na super. Bevor Shana empört sein oder ihre Entblößung verdecken konnte, hatte der Typ auch schon den Schlüssel gesichtet und umfasste ihn. Sofort aber ließ er ihn wieder los und schaute auf seine Handinnenfläche. Ein roter Abdruck des Schlüssels zierte seine blasse Haut. Tätowierung mal anders. Und um seinen Schmerzen noch einen drauf zu setzten, verpasste Shana ihm eine saftige Ohrfeige. Als Frau durfte man sich ja auch nicht alles gefallen lassen. Ihre Ehre war also wieder hergestellt und die Emanzipation wäre stolz auf sie gewesen. Ihn interessierte aber nicht so sehr die Ohrfeige, sondern der Schlüsselabdruck auf seiner Handinnenfläche. Das brachte ihn anscheinend komplett aus der Fassung. Er erhob seinen Blick langsam wieder und richtete ihn auf Shana. Sie wich etwas zurück. Es lag Verachtung, Verwunderung und Wut darin. Was war denn jetzt wieder nicht in Ordnung? Also so doll war die Ohrfeige nun auch nicht gewesen. Er sollte sich bloß nicht so anstellen. „Wa.. Was?“, stammelte Shana. „Du darfst es nicht sein!“ „Was darf ich nicht sein?“ „Das ist lächerlich!“ „Was ist lächerlich?“ „Hör auf mir alles nachzuplappern, blöde Kuh!“ „Dann sag mir was das Ganze hier soll!“ „Hmpf!“ Shana seufzte. Der Typ war einfach unerträglich. „Aber jetzt siehst du, dass der Schlüssel nicht abgeht. Also verschwinde und komm nicht wieder.“ Endlich hatte sie mal ein Machtwort gesprochen. Und selbst er musste doch jetzt einsehen, dass es für ihn hier nichts mehr zu holen gab. Doch er machte keine Anstalten zu gehen. Musste sie ihn jetzt auch noch rauswerfen? Am besten sollte sie die Polizei rufen. Gedanklich schlug sie sich für diesen Gedanken. Warum kam ihr diese Idee eigentlich nicht schon früher? Wahrscheinlich Selbstüberschätzung. Einfach nur Selbstüberschätzung. Er sah sie immer noch so merkwürdig an. Dieser Blick bereitete ihr wirklich Unbehagen. Dann plötzlich seufzte er, resignierte anscheinend und machte es sich auf ihrem Bett gemütlich. Das ging jetzt aber wirklich zu weit. Zumal seine Klamotten durch den Regen ganz nass waren. Ihr Bettzeug war so gut wie ruiniert. Super. Dabei war das ihr Lieblingsbettzeug. „Ey! Ich hab gesagt, dass du verschwinden sollst!“ „Geh mir nicht auf die Nerven! Du und Wächterin! Das ist lächerlich.“ „Was soll das jetzt schon wieder heißen?“ „Ganz einfach. Ich bin ein Vampir und du bist die Wächterin von mir und unserem Clan.“ Shana schaute dumm aus der Wäsche. Vampir? Clan? Wächterin? Wie der Typ doch gerade sagte. Das war lächerlich gewesen. And that’s all? Und schon wieder am Ende angelangt. Ich hoffe, ihr hattet Spaß an dem Teil. Bis zum nächsten Kapitel. Bis denn dann BabyG Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)