Am Set des Lebens von abgemeldet (...was wir spielen) ================================================================================ Kapitel 15: ...dem Sturm ------------------------ Der Regen. Hört ihr den Regen? Sein Rauschen füllt alles aus. So laut, dass man nichts Anderes mehr hören kann. Wie Stille, nur nicht leer ist Er. Der Regen. Es war noch nicht spät. Aber aufgrund des Unwetters draußen, lag das Zimmer des berühmtesten Schauspielers Japans bereits im Dunkeln. Lange Schatten zitterten gemeinsam mit der Glühbirne der Nachttischlampe. Wahrscheinlich war die Stromversorgung durch das schlechte Wetter etwas instabil geworden. Kyoko stand ratlos inmitten dieser seltsam unheimlichen Gewitterstimmung. Die Tür hatte sie einfach hinter sich zufallen lassen. Sie erinnerte sich an das Gespräch mit Isamu, die ihr erst kurz zuvor ausführlich erklärt hatte, wie es überhaupt zu der ganzen Entführungsgeschichte gekommen war, zusammen mit ihrer besonderen Bitte…: Abgehauen aus der letzten Pflegefamilie, als sie ihren Bruder Ren im Fernsehen erkannte, war die Dreizehnjährige bis nach Tokyo getrampt. Zwar ging das Mädchen nicht näher darauf ein, aber eine angenehme Zeit konnte es wohl kaum gewesen sein. Orientierungslos in der Großstadt verloren, tauchte plötzlich Miki aus einer zwielichtigen Seitengasse auf und bot unvermittelt seine Hilfe an. Beide kannten sich noch aus dem Kinderheim und da Isamu ohnehin keine andere Möglichkeit zu Überleben sah, ging sie bedenkenlos auf sein Angebot ein. Schnell brachte er ihr bei, wie man sich allein zurecht fand, machte sie mit seinen Leuten bekannt und führte Isamu auch zum LME Gebäude. Mehrere Monate beobachteten die Teenager heimlich den großen gut aussehenden Tsuruga und fassten ihren Plan: Sie würden eine weniger bekannte Person aus seinem Umfeld entführen und seinen Ruf ruinieren, indem sie ihn durch Erpressung von allen wichtigen Terminen abhielten. Was später kommen würde, interessierte Isamu damals wenig. Sie war Erstens minderjährig und Zweitens bedeutete ihr allein ihre Rache noch etwas. Der Rest war völlig egal denn was hielt das Leben für sie schon bereit? Bald fiel ihnen ein unübersehbares Mädchen im pinken Overall auf, das den Star mehr als jede andere zu beschäftigen schien. Ohne viele weitere Überlegung anzustellen, legten sie sich auf diese „Kyoko Mogami“ mit der ungewöhnlichen Ausstrahlung fest und folgten ihr so gut wie möglich überall hin. Leider hielt sich ihr Opfer aber meistens in größerer Gesellschaft und in belebten Gegenden auf, weshalb es noch fast drei Wochen dauerte, bis sich eine günstige Gelegenheit bot. Natürlich wusste Isamu nicht, dass ihr eigener Vater sie über Miki beschattete und Ideen spann, ihre Rache zu seinem Vorteil auszunutzen… und so wurden sie von im gefangen. Nach Kyokos Zusammenbruch waren Ren und Hakura ausgerastet. Im entstandenen Durcheinander wurde Junjizum Glück nur leicht angeschossen und anschließend mit den Anderen zurück in den Gefängnisraum verfrachtet. Isamu kümmert sich um ihn, da Ren aufgrund seiner Antipathie dem Kollegen gegenüber nur schwer zu Hilfeleistungen zu bewegen war. Leise unterhielten sich die tapferen Verletzten miteinander. Das Mädchen, welches von dem Erlebten noch sehr mitgenommen war, erzählte wie automatisch ungewöhnlich viel von sich. Das tat ihr gut, denn irgendwie verspürte sie den Drang Alles loszuwerden, was sie dazu veranlasst hatte, dieses Drama auszulösen. Junji hörte geduldig und konzentriert zu. Der Erste der sie ernsthaft danach gefragt hatte, der ihr freiwillig seine volle Aufmerksamkeit gab, der ehrlichen Anteil an ihrem Schicksal nahm! Eine tiefe Dankbarkeit entwickelte sich in der verschlossenen Jugendlichen. Ihr vom Leid verhärtetes Gesicht begann langsam sich zu öffnen, wie das einer Seerose im wärmenden Licht der Sonne. Längere Zeit passierte nichts mit Ihnen, dann waren plötzlich Schüsse im Haus zu hören. Getrieben von großer Angst um ihre verlorene Mitgeisel, mussten sie sich verstecken. Die Polizei stürmte das Gebäude! Wage Bilder, ein Wirrwarr aus Schritten, Rufen, Schreien und Schüssen an mehr konnte sich Isamu nicht mehr erinnern… Man verfrachtete die befreiten Opfer beinahe gleich ins Krankenhaus und Ren hatte zunächst sich geweigert, weil er lieber nach seiner Kouhai suchen wollte, doch da traf schon die Presse ein und er musste sich wohl oder übel in sein Schicksal fügen. Soviel wusste sie noch… Erst rund 4 qualvolle Stunden später hörten die Drei, dass Kyoko im Wald entdeckt worden war. Ein Rettungshubschrauber brachte sie und wegen des immer stärker werdenden Andrangs an Fans, Reportern oder Schaulustigen wurde die gesamte oberste Etage für die Entführten evakuiert. Lang lag die Schauspielerin bewusstlos; hatte gefiebert und fantasiert. Junji und Isamu besuchten sie während dieser Zeit eher etwas seltener, da Ren häufig im Zimmer Wache hielt und sich ziemlich aggressiv gegenüber Hakura benahm und Beide natürlich selbst ärztlich betreut wurden…. Kyokos Gedanken wanden sich durch einen unheimlichen Nebel, während sie die Erzählung in ihrer Vorstellung abermals Revue passieren ließ. Je länger sie über die letzten Stunden und Tage nachdachte, desto befremdeter fühlte sie sich, desto mehr Fragen stellten sich ihr. Wie war Isamu ausgerechnet auf SIE gekommen? Konnte es denn wahrscheinlich sein, dass jemand wie Ren sich solche Umstände wegen IHR machen würde? Wäre ein solches Pflichtgefühl nicht schon ziemlich übertrieben? Warum aber hatte er nicht tatsächlich einfach die Polizei gerufen? Und Junji ebenfalls? Er hatte bei ihr gewacht? Häufig? Gab es Menschen denen SIE so am Herzen lag? Wieso? Seit wann? Weshalb? Und welcher Grund brachte Ren dazu ihren Kollegen und Freund so zu verachten? Sie vertrieb die hoffnungslose Grübelaufgabe mit der Hand, als wolle sie ein lästiges Insekt verscheuchen und konzentrierte ihre Überlegungen stattdessen auf den entscheidenden Schluss von Isamus Bericht. Was genau hatte sie gesagt…? (Flashback) `Wir, Hakura und ich, haben uns deshalb viel miteinander unterhalten, auch über Ren und dich und na ja… Kyoko war bei diesen Worten aufgeschreckt: `Ist er böse auf mich? Junji-sama? Und Tsuruga-san?` Doch statt einer Antwort war nur ein resigniertes Sie-hat’s-nich-kapiert-Kopfschütteln gekommen. Isamu schien ohnehin auf etwas anderes hinauszuwollen und meinte schließlich mit nervöser Stimme: ´Jedenfalls, nachdem wir soviel miteinander zu tun hatten, merkte ich bald, dass ich Junji sehr viel besser leiden konnte als, als eben normal und er…´ Hier war sie plötzlich rot geworden. ´…ich denke er mag mich auch… nur… Ich bin eben noch so jung! Und dann ist da ja noch Ren, mit dem ich mich gern besser verstehen würde in,… in Zukunft… eben… Darum wollte ich dich fragen, ob du eventuell mit ihm… reden… Weißt du? Hoffnungsvoll blinkten die dunklen Augen herüber. Peinliches Schweigen hatte sich diesem unerwarteten Geständnis angeschlossen, bis es Kyoko nach Minuten fassungslosen Anstarrens endlich gelang, dem Gestammel ihres Gegenübers seinen Sinn abzuringen Isamu war in Junji-sama verliebt und wollte von IHR, dass SIE es ihrem Bruder schonend beibrachte! Ausgerechnet SIE!! Die Schauspielerin wollte entschieden ablehnen, musste sich aber mitleidig der verzwickten Situation Isamus beugen, welche hervorragend Betteln und Überzeugen konnte, wenn sie es nur wollte. Sie wünscht sich nichts sehnlicher als sich mit Junji UND ihrem Bruder gut zu verstehen, ging es ihr seither immer wieder peinigend durch den Kopf. Dachte die Schauspielerin zwar, andererseits fand sie es aber auch unermesslich schön, dass die Zwei sich mochten. In ihren Augen passten sie perfekt zueinander und könnten womöglich richtig glücklich werden, wäre da nicht Rens eigenartige Abneigung... Verständlich, dass Isamu sich unbedingt mit ihrem Bruder versöhnen wollte. Aber wie, wenn dieser ihre Liebe so grundsätzlich verabscheute? Beinahe wie in einem Märchen: Das Waisenkind, der holde Prinz und der eigene Bruder als Widersacher! stellte sie fest. Schon auf dem gnadenlos langen Weg zur Pflichterfüllung hatte das Gehirn der unglücklichen Botin die Fakten ihrer Nachricht hin und her gewälzt und schien sich nun immer noch unbehaglich in ihrem Schädel zu winden und zu sträuben. Krampfhaft kämpfte sie um eine gute Idee, eine Lösung der Situation. „Hey? Was ist los? Geht’s dir nicht gut?“ Die bekannte Stimme holte Kyoko mit einer Mischung aus Besorgnis und Ungeduld zurück ins Leben. „Eh? Oh!! E-entschuldigen Sie bitte! Ich war nur gerade…“ „Du musst mich wirklich nicht mehr Siezen.“ „Ah-Äahm, wenn Si- d-du meine –meinst…“ Sie starrten sich eine Weile abwartend an. „Kyoko?“ „J-ja!?“ „Du bist doch sicher nicht ohne Grund hergekommen, oder?“ Ren ließ einen forschenden Blick über seine Kouhai gleiten. Das erstaunlich abwechslungsreiche Mienenspiel seit sie anscheinen total selbstvergessen hereingekommen war, hatte er zunächst belustigt, dann mit wachsender Beunruhigung zur Kenntnis genommen. „Uh! Ehrm…das ist… Ich…“ Ren zog die linke Augenbraun hoch. Hatte sie sich versehentlich zu ihm verirrt? mutmaßte er während das Mädchen unruhig von einem Fuß auf den anderen trat und nicht wusste wie sie anfangen sollte. Sie fühlte seine gesamte Aufmerksamkeit auf sich lasten und wurde zunehmend nervöser. >Ich muss Zeit gewinnen! Wo hab ich mich nur wieder reingeritten?> Draußen rüttelte der Wind am Fenster. Als sie hinaussehen wollte, erblickte sie das Spiegelbild ihres Sempai in der von Regen betränten Scheibe. Das Unwetter passte zu seinem Äußeren. Er war blass, die Haare zerrauft und wirkte unendlich müde. Seine Haltung wirkte kraftlos. Nur die Augen ruhten mit freundlichem Ausdruck erwartungsvoll auf ihr. stellte Kyoko sogleich besorgt fest und wandte sich schnell dem Orginal zu. „Wie geht es Ihnen? Dir! Ich meine… Wie geht es dir?“ Der Schauspieler lächelte schwach. „Du musst dir wirklich keine Sorgen wegen mir machen, Kyoko-chan.“ Seine Worte klangen wenig überzeugend und er wusste es. Ein Krachen als wolle die Welt zerbersten zog die allgemeine Aufmerksamkeit kurz auf sich. In seinem Inneren ging es drunter und drüber. Dinge, die solange verschlossen gehalten wurden durch Ärger und Scham, hatten wieder den Weg in sein Leben gefunden. Würde er denn niemals davon frei kommen? Sie war ihm nicht böse gewesen oder irgendetwas, aber…was war mit ihm selbst? Ungewollt stahl sich ein schmerzlicher Zug über sein Gesicht, dass er die Augen fest schließen musste um ihn zu überwinden. Eine warme kleine Hand schob sich in Seine. „Es ist nicht ihr- deine Schuld.“ Flüsterte jene lieb gewonnene Stimme zaghaft. Überrascht sah Ren sie an. Er wusste nicht, was genau sie meinte. Trotzdem löste dieser Satz etwas Unerklärliches in ihm aus. Der Griff ihrer zierlichen Finger um sein Handgelenk verstärkte sich. „Es ist nicht deine Schuld. Du kannst nichts dafür!“ Wiederholte sie mit mehr Nachdruck, jedoch Blickkontakt vermeidend. Das Gesagte schien einen Moment lang alles auszufüllen, hallte von Decke, Boden und Wänden wieder. Du hast keine Schuld… Etwas in ihm brach sich seinen Weg nach draußen, fast als hätte es die ganze Zeit nur auf diesen Freispruch gewartet!? Einen Momentlang wusste sein Körper nicht wohin vor innerer Bewegung! Er registrierte kaum die Tränen, die nach und nach von seinem Kinn tropften, oder das Zittern der Hände. Immerzu wiederholten sich diese zwei kurzen Sätze in seinem Kopf, der ansonsten wie leer gefegt schien. Es ist nicht deine Schuld. Du kannst nicht dafür. Es ist nicht deine Schuld. Alle Erniedrigung, das ganze Leiden seiner Kindheit bis heute war etwas, das man IHM angetan hatte. Die Vorstellung, dass alles hätte anders, hätte glücklich sein können, dass er nicht selbst der Grund für die ihm zuteil gewordene Behandlung war, diese Vorstellung schmerzte unheimlich! Aber sie erleichterte ihn auch, wie nie zuvor!! Nie war er sich je bewusst gewesen, welch schwere Last eigentlich auf seinen Schultern gelegen hatte, bis zu diesem Zeitpunkt. Es kam ihm vor als wüchse er zu gigantischerer Größe denn je heran, als hätte er eine unbegrenzte Kraft in sich und müsste jeden Augenblick explodieren. Zum ersten mal seit einer unübersehbaren Zeitspanne verspürte er den Drang, das Leben voll zu spüren, dass in ihm brannte; es zu genießen!! Eine warme Güte war auf ihn niedergegangen. Kyoko hielt seine Hand und konnte sich kaum mehr selbst zusammenreißen. Vielleicht hielt seine Hand auch Sie? Er hatte sich weggedreht um die Emotionen zu verbergen, die das Mädchen nur ansatzweise zu erahnen glaubte. „Komm.“ sagte er plötzlich und zog sie mit sich fort… Hosted by Animexx e.V. 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