I didn't hear you leave von abgemeldet ================================================================================ Quite alone ----------- Ich saß auf einem Baumstumpf im Wald und stützte meinen Kopf auf meine Hände. Es regnete immer noch in Strömen. Das Sommerkleid, das ich anhatte –Katies Sommerkleid- entsprach vielleicht der Jahreszeit, aber bei weitem nicht dem Wetter. So saß ich da, mit einem völlig durchnässten Kleid, das mir am Körper klebte und tropfnassen Haaren… ich fühlte mich elend. Aber das lag nicht nur an meinem Zustand, sondern auch daran, dass ich keinen Erfolg bei meiner Suche hatte. Ich habe Alice nicht gefunden. Ich habe ihr Haus nicht gefunden. Es dämmerte langsam. Im Wald wurde es noch schneller dunkel. Wie konnte das passieren? Wie konnte ich es nicht finden? Ich kickte meine Tasche weg und sie flog mit voller Wucht gegen einen Baum, der gefährlich schaukelte. Als ich aus dem Hotel gelaufen bin –mitten in den Regenguss- war ich voller Zuversicht. Mit meinen Fähigkeiten als Vampir würde ich ihr Haus schnell finden… Und jetzt saß ich hier. Fassungslos darüber, dass ich es nicht geschafft habe. Jake hatte Recht, dachte ich wütend, alleine kam ich nicht klar. Ich fand ja noch nicht mal ein einfaches Haus! Ich ließ meine ganze Wut an dem Baumstumpf aus, auf dem ich eben noch gesessen habe. Wenige Momente später war er nur noch Kleinholz, aber meine Wut war noch nicht verflogen. Da hörte ich ein lautes Brummen in naher Ferne. Und quietschende Reifen, als ein Auto plötzlich zum Stehen kam. Auf meinen Gehörsinn konnte ich mich wenigstens weiter verlassen, dachte ich bitter. Ich bewegte mich langsam in die Richtung aus der das Geräusch kam, blieb aber in ausreichender Entfernung, damit mich niemand entdecken konnte. Ein leuchtend roter BMW parkte dort und das wahrscheinlich schönste Mädchen der Welt stieg aus. Sie hatte lange blonde Haare und schimpfte über das Wetter, weil es ihre „Frisur ruiniert!“. Trotz meiner Verwirrung trat ein schmunzeln auf mein Gesicht. Ein großer Typ stieg aus dem Wagen und er lachte herzhaft über sie, was ihr gar nichts weiter ausmachte. Ich hatte fest damit gerechnet, dass sie ihn verprügeln würde. Aber das hätte sie wohl kaum geschafft, deswegen probierte sie es wahrscheinlich gar nicht erst. Menschenfrauen sind so schwach!, dachte ich, Aber ihre Männer sind auch nicht viel stärker… Die blasse Haut fiel mir nur unbewusst auf, denn ich staunte über das Haus. Ein Haus mitten im Wald? Oder eher gesagt, am Rande des Waldes? Es erinnerte mich ein bisschen an die Hütte von Jake und mir. Nur das es –außer das es auch im Wald war- nichts mit der mickrigen Hütte gemeinsam hatte. Dieses Haus war…riesig! Und so würdevoll. Weil ich das Haus so bestaunte war mir gar nicht aufgefallen, dass ein weitere Typ aus dem Haus gekommen war, um beim Auspacken zu helfen. „Nur noch ein ‚kleiner’ Rest im Kofferraum“, wies ihn der große an. Dieses Haus erinnerte mich entfernt an das aus meiner Erinnerung… Zerstreut schaute ich wieder zur Szene und erstarrte mit einem Mal. Jeder Muskel in meinem Körper und jede Faser spannte sich an. Ich fing an zu zittern. Was war nur los mit mir? Ich konnte mir mein Verhalten nicht erklären. Plötzlich hörte ich wieder die Stimme in meinem Kopf. „Wenn du bei mir bleibst brauche ich keinen Himmel.“ Er machte den Kofferraum auf und nahm sämtliche Tüten und Schachteln raus, um sie ins Haus zu tragen. Der Regen war mir gar nicht mehr aufgefallen, ein Windstoß weckte mich aus meinem Trancezustand. Jetzt ärgerte ich mich auch über das Wetter, der Wind zerzauste meine Haare. Plötzlich blieb der Junge stehen. Er drehte sich in meine Richtung. Er konnte mich nicht sehen, dessen war ich mir sicher. Er schloss die Augen und atmete tief ein. Dann lächelte er gedankenverloren. Ich vergaß den Regen, ich vergaß den Wind. Ich war wie hypnotisiert. Der Regen durchnässte auch seine Anziehsachen, aber es schien ihm nichts weiter auszumachen. Schließlich erstarb der Wind, meine Haare fielen mir lästig ins Gesicht und der Junge ging mit den Sachen aus dem Kofferraum ins Haus zurück. Ich atmete tief ein und da merkte ich erst, dass ich die ganze Zeit über die Luft angehalten hatte. Nein, geh nicht!, hätte ich ihm gerne hinterher gerufen. Bitte! Ich hatte die Hand nach ihm ausgestreckt, auch das war mir nicht aufgefallen. Ich senkte meine Hand wieder und ließ mich auf den matschigen Boden fallen. Ich versuchte meine Gedanken zu ordnen, doch in meinem Kopf war es zu chaotisch. Obwohl ich diesen Jungen nur wenige Sekunden gesehen habe und ihn nicht kannte, wusste ich, dass er mir etwas bedeutete. Dass er mir so viel, so viel, mehr bedeutete, als Jake es jemals tat. Mit diesem Jungen würde ich weggehen. Überallhin. Ich hätte bei ihm nicht gezögert wie bei Jake. Ich stand auf. Ich könnte doch einfach rüber gehen. Ich könnte doch einfach an die Tür klopfen und … an die Tür klopfen und was? Mich lächerlich machen? Ich sah an mir herab. Ich sah mal wieder schrecklich aus. Das Kleid war nicht nur durchnässt, sondern auch voll mit Matsch und an vielen Stellen zerrissen. Ich hatte wohl bei meiner Zerstörungsaktion des Baumstumpfs nicht sehr auf das Kleid geachtet. Dann kam mir wieder ins Bewusstsein, dass ich ein Vampir war. Noch nie hatte ich meinen Zustand so verflucht wie jetzt. Ich konnte nicht rüber gehen und die Menschen in Gefahr bringen. So anziehend der Junge auch auf mich gewirkt hatte, ich war ein Vampir. Das durfte ich nie vergessen. Und dennoch wäre es fast geschehen. Ich sollte auf die Jagd gehen. Um mich abzulenken. Mich abzulenken von meiner erfolglosen Suche nach Alice und ihrer Vergangenheit. Vielleicht war meine Alice ja einfach nur die Mutter von der Abschlussfoto-Alice. Deshalb sahen sie sich so ähnlich. Wieso war ich nicht schon eher auf den Gedanken gekommen? Ich konnte nicht sagen warum, aber meine Enttäuschung über meine Erkenntnis war grauenvoll. Was hatte ich denn erwartet? Ich sollte auf die Jagd gehen. Um mich abzulenken. Mich abzulenken von einer gedankenlosen und impulsiven Zuneigung, die mich ergriffen hat, als ich den Jungen sah. Er war Mensch und ich Vampir. Das sprach gegen meine Zuneigung. Und es war genug, das dagegen sprach. Diese Feststellung war noch schlimmer, als die Letzte. Die Freiheit, die ich mir erhofft hatte, nachdem ich Jake verließ, hatte mich nie erreicht. Ich hatte nicht mehr entseelt und gleichgültig allem gegenüber sein wollen und hatte Jake verlassen, um endlich glücklich zu sein. Oder zumindest glücklicher. Doch was war geschehen? Was war passiert? Ich war unglücklicher als zuvor. Und schließlich musste ich erkennen, dass es nicht Jake war, der mich unglücklich machte. Sondern das ich es selbst war. Das ich selbst es immer gewesen bin. Ich sollte auf die Jagd gehen. Um einen klaren Gedanken zu fassen. Vielleicht sollte ich zu Jake zurückkehren. Ich kniete vor dem toten Bären und wischte mir meinen blutigen Mund mit meinem Handrücken ab. Ich hatte meinen Durst gelöscht und würde jetzt vielleicht klarer denken können. Inzwischen war es Nacht geworden, ich stand auf und wandte mich von dem Bären ab, als meine Augen eine Bewegung erfassten. Ich stand still und konzentrierte mich auf meine Sinne. Der Mond schien hell und erleichterte mir die Sicht. Doch da war nichts. Langsam drehte ich mich um meine eigene Achse und mir fielen wieder die Schatten von letzter Nacht ein. Die ich letzte Nacht von meinem Fenster aus gesehen hatte. Und trotzdem war ich so leichtfertig in den Wald gegangen. Meine eigene Gedankenlosigkeit machte mich wütend. Was, wenn andere Vampire hier waren? Würde ich sie erkennen? Außer Jake, hatte ich noch nie einen anderen Vampir gesehen. Links von mir bewegte sich wieder etwas und mein Kopf schnellte um. Und ungefähr zwanzig Meter von mir entfernt sah ich, was mich erschreckt hatte. Ich sah ihn. Den Jungen von eben. Ich fuhr zusammen. Ihn schien es nicht weiter zu stören, dass ich neben einem toten Bären stand. Wieso läuft er denn nicht weg?, fragte ich mich kurz, doch dann vernebelten sich meine Gedanken und das Einzige was ich noch sehen und an das ich denken konnte, war er. Er kam langsam näher und als uns nur noch zehn Schritte trennten blieb er stehen. Wir standen beide nur da und sahen uns an. Ich rechnete fest damit, dass er jeden Moment seine Beine in die Hand nehmen und weglaufen würde. Doch er tat es nicht. Ich sah in sein Gesicht, und sein Gesichtsausdruck ängstigte mich. Der Ausdruck in seinen dunklen Augen ängstigte mich. Voller Schmerz, als würde allein mein Anblick ihm Kummer bereiten. Aber dann war da noch unterdrückte Wut. Ich war der Vampir und schauderte vor der Wut eines Menschen. Doch schließlich wich die Wut aus seinem Gesicht und eine so große Trauer trat an seiner Stelle, dass es mir das Herz brach. „Bella?“, hörte ich ihn leise flüstern. Zu leise für Menschenohren, aber ich konnte ihn hören. Es war seine Stimme. Ich erkannte sie, als hätte ich nie etwas anderes gehört. Es war die Stimme aus meinen Gedanken. Ich wollte so gern etwas sagen. Aber ich wusste nicht was. Er trat einen Schritt auf mich zu und sagte diesmal etwas lauter „Bella?“ In seiner Stimme lag so wenig Hoffnung. Edward. Ich schloss die Augen und drehte den Kopf weg. Mein Verstand wurde durchflutet von Erinnerungen. So vielen Erinnerungen. Ich hatte meinen ersten Schultag vor Augen. Ich saß neben ihm in Biologie. Ich sah uns zusammen an so vielen Orten. Ich sah so viele Bilder. Und dann kam die Erkenntnis: Er war ein Vampir. Er war auch ein Vampir, genau wie ich. Deshalb war ich nach meiner Verwandlung so glücklich gewesen, weil ich die Ewigkeit vor mir hatte. Die Ewigkeit mit ihm. Doch so war es nicht gekommen. Er hatte mich damals alleine gelassen. Er war nicht zu mir zurückgekehrt. Ich öffnete wieder die Augen. Er hatte sich nicht weiter genähert. Ich schüttelte langsam den Kopf. Nein, ich war nicht Bella. Ich war nicht das Mädchen aus seiner Vergangenheit. Das Mädchen, das ihr Leben geopfert hatte, ihre Sterblichkeit. Für ihn. „Nein“, sagte ich tonlos. Doch dann näherte er sich mir trotzdem. Schritt für Schritt kam er auf mich zu. Ich konnte mich nicht bewegen und ehe ich es merkte legte er seine Arme um mich. Er zog mich fest an sich. Wider meinen Willen schlang ich meine Arme ebenfalls um ihn. Ich durfte nicht zulassen, dass er mir das antat. Wider meinen Willen schloss ich meine Augen. Wider meinen Willen wollte ich ihn nie wieder loslassen. „Bitte verlass mich nicht“, seine Stimme war verzweifelt. Ich ihn verlassen? Er hatte mich liegen lassen. Er hatte sich von mir abgewendet. Mein Körper verhärtete sich und ich wollte ihn von mir wegdrücken, aber zog mich nur noch fester an sich. „Bitte, Bella, geh nicht.“ „Doch, das wird sie. Sie gehört zu mir.“ Ich öffnete die Augen und sah Jake wenige Schritte von mir stehen. Von uns stehen. Ich hätte damit rechnen müssen. Natürlich würde mich Jake finden. Er fand mich schließlich immer. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)