Passionate Feelings von abgemeldet (One-shots, Shika/Ino, Neji/Ten, (Naru/Hina), Sasu/Saku + einige etwas speziellere Pairings (30th one shot is on!!)) ================================================================================ Kapitel 33: Gefühle auf Eis (Part II) ------------------------------------- Part II Die Zeit verstrich wie im Flug und irgendwann war dann auch schon das erste Adventswochenende still und leise an den Schülern vorbei gezogen. Für die drei Mädchen bedeutete das aber, dass sie nur noch knapp eine Woche Zeit hatten bis zur Landesmeisterschaft. Ihre Anspannung konnte man ihnen deswegen schon auf hundert Meter Entfernung ansehen. „Allez, Tenten, nous n’avons pas toute la journée.“ Die Französischlehrerin hielt Tenten die Kreide hin. Genervt erhob sich Tenten von ihrem Platz, knurrte irgendetwas, ging nach vorne an die Tafel und riss der Lehrerin die Kreide aus der Hand. (Los Tenten, Sie haben nicht den ganzen Tag Zeit.) „Was soll ich schreiben?“ Hätten Blicke töten können, die Französischlehrerin wäre jetzt gerade tot umgefallen. „Mais, non, Tenten, en français s’îl vous plaît ! Ecrit toutes les formes du verbe mourir dans tous les temps.“ (Aber nein, Tenten, in Französisch, bitte. Schreiben Sie alle Formen des Verbs sterben in allen Zeiten auf.) Tentens Miene verfinsterte sich noch mehr, wenn das überhaupt möglich war. Die Lehrerin hätte ihr auch noch ein schwierigeres Verb zum Konjugieren geben können. Als sie die Kreide ansetzte, um erst einmal die Grundform hin zu schreiben, brach die Kreide entzwei und Tenten kratzte teils mit dem abgebrochenen Teil, teils mit ihren Nägeln über die Wandtafel. Die restlichen Schüler verzogen schmerzhaft das Gesicht. Alle, bis auf Neji. Der kritzelte geschwind etwas auf das Blatt Papier vor ihm. Als er fertig war, hob er den Kopf und siehe da, Tenten schaute tatsächlich Hilfe suchend durch die Runde. Schnell hob er das Blatt, auf dem er einen Teil der Verbformen aufgeschrieben hatte. Unauffällig kniff Tenten die Augen zusammen, um besser lesen zu können, dann drehte sie sich um, wartete noch einen Augenblick, damit es so aussah, als würde sie überlegen, dann schrieb sie los. Drei Mal noch drehte sich Tenten um, bis sie die Tafel komplett voll geschrieben hatte. Mit einem Seufzer legte sie die Kreide hin und ging zurück zu ihrem Platz. Die Lehrerin stellte sich vor die Wandtafel und sagte mit einem zuckersüssen Lächeln: „Merci, Neji.“ Damit war die Stunde beendet. Fluchtartig packte Tenten ihre Sachen zusammen und verliess das Klassenzimmer. Im Gang wurde sie von Neji eingeholt. „Kann es sein, dass du etwas nervös bist?“ Zum Glück quetschte sich in diesem Moment jemand zwischen sie, sonst hätte Tenten Neji einen Kopf kürzer gemacht. Ein Junge mit schwarzem Pilzkopf und buschigen Augenbrauen. „Wie hat die Lehrerin nur gesehen, dass du ihr alle Lösungen gezeigt hast? Die Frau muss Augen am Hinterkopf haben.“ „Nein, ich habe bloss total auffällig zu Neji gestarrt, das war alles.“ Tentens linke Hand krallte sich um den Träger ihrer Tasche. „Sag mal, Tenten, du bist sicher schon ganz aufgeregt wegen diesem Wochenende, oder? Sind ja nur noch zwei Tage. Hab gehört, du warst in den letzten drei Jahren immer auf dem zweiten Platz. Willst diesmal sicher gewinnen.“ Lee strahlte sie an. Und vielleicht, wenn die Anspannung in Tenten nicht schon so gross gewesen wäre, sie hätte sich über sein Interesse gefreut. Aber dass ihr noch jemand mehr unter die Nase reiben musste, dass sie die ewige Zweite war, das war im Moment einfach zu viel. Schwungvoll holte sie mit ihrem Französischbuch weit aus, wollte es Lee eigentlich an den Kopf schlagen, hatte aber nicht damit gerechnet, dass der sich so rasch ducken würde. So klatschte ihr Französischbuch stattdessen Neji an die Wange. Neji atmete einmal tief ein und aus. Innerlich versuchte er sich gerade klar zu machen, dass sie das gerade nicht extra gemacht hatte. Sie hatte Lee treffen wollen. Er war nur leider gerade im Weg gestanden. Wieder einmal. Das war schon die vierte Ohrfeige, die er von ihr kassierte. Wer auch immer sie mal als Freundin abbekommen würde, war echt ein armes Schwein. Um seinen Ärger über die erneute Ohrfeige von Tenten etwas abzubauen, packte er ihr Buch und zischte sie an: „Das nehme ich wohl besser. Geb’s dir nächste Woche zurück, wenn du wieder normal bist.“ Gerade fühlte sich Tenten sehr klein. „Tut mir leid, Neji. Wollte ich nicht, wirklich nicht. Sorry.“ Endlich klingelte die Pausenglocke zum Schulende. Es war Freitag. Ino klaubte ihre Sachen zusammen, rannte aus dem Klassenzimmer, über den Flur, die Treppe runter und raus in die Kälte hinüber zur Eishalle. Sie war so schnell weg, dass der Lehrer nicht einmal dazu gekommen war, die Schüler vom Unterricht zu verabschieden. Shikamaru blickte ihr nur kopfschüttelnd hinterher, erhob sich dann ebenfalls und wollte gerade das Klassenzimmer verlassen, als er etwas auf dem Boden entdeckte. Er bückte sich und hob das kleine, glitzernde Ding auf. Es war ein Schlüssel an einem Schlüsselanhänger, der aussah, wie ein amerikanisches Nummernschild, auf dem Inos Name stand. Er brauchte nicht lange, um zu wissen, wofür dieser Schlüssel war. Und weil seine Mutter ihn zu einem Gentleman erzogen hatte und er, wäre es sein Schlüssel, auch froh wäre, wenn man ihm den so schnell wie möglich zurückgäbe, rannte er Ino hinterher. Ausnahmsweise, aber auch wirklich nur ausnahmsweise. Naruto machte bloss grosse Augen, als Shikamaru ihn auf der Treppe fast umrannte. Was war denn mit dem passiert? Brennte es? Shikamaru erreichte die Eishalle vielleicht drei oder vier Minuten nach Ino, doch als er die Tür öffnete, konnte er sie bereits zetern und gegen ihren Spint treten hören. Schnell rannte er durch die Katakomben der Eishalle, bis er in den Gang mit den Garderoben für die Gastmannschaften trat, den normalerweise die Mädchen benutzten, wenn kein Eishockeyspiel war. Ino trat wieder gegen ihren Spint, schluchzte dann einmal und verbarg ihr Gesicht in den Händen. Geschwind trat Shikamaru neben sie, legte ihre einen Arm um die Schulter und sagte: „Ino, schau mal.“ Ino nahm die Hände vom Gesicht und starrte auf ihren Schlüssel, den Shikamaru vor ihren Augen baumeln liess. Fast schon ehrfürchtig griff sie danach, schloss ihn vorsichtig in ihrer Hand ein und drückte ihn an ihre Brust, so als wolle sie sicher gehen, dass sie ihn so schnell nicht wieder verlor. Dann drehte sie sich zu Shikamaru um. Zuerst schaute sie ihm in die Augen, was ihn sehr verwirrte, denn den Blick, den sie dabei aufsetzte, war schon etwas komisch. Dann, ohne Vorwarnung, fiel sie ihm um den Hals. „Danke, Shikamaru!“, flüsterte sie ihm ins Ohr. Überrumpelt stand Shikamaru erst einmal einfach nur bewegungslos da. Nach einem Augenblick hatte er sich dann doch gefasst und tätschelte Ino leicht den Rücken. „Kein Problem.“ „Du hast mir echt gerade das Leben gerettet. Ich… ich…“ Ino brach ab. „Ich sagte doch: Kein Problem. Du bist nervös und angespannt wegen morgen. Das ist klar. Darum hab ich mich ja auch beeilt, um dir den Schlüssel zurück zu geben. Und jetzt solltest du dich beeilen, du wolltest doch aufs Eis, oder?“ Ino löste sich von ihm und schaute ihn an. In ihren Augenwinkeln glitzerten kleine Tränen. Shikamaru lächelte schief, suchte in seiner Hosentasche ein Taschentuch hervor und reichte es Ino. Die schnäuzte sich kurz die Nase und wischte die kleinen Tränen weg. „Mach dir keinen Stress. Das wird schon, wirst sehen.“ Er klopfte ihr aufmunternd auf die Schulter. „Und wenn nicht, dann halt nächstes Mal.“ Ino lächelte ihn an. Shikamarus gutes Zureden hatten sie gerade sehr beruhigt. „Danke Shikamaru. Vielen vielen Dank.“ Der Tag der Meisterschaft kam. Die meisten der Schüler standen kurz vor einem Kollaps, als ihre Schule von Mädchen praktisch überrannt wurde. Allein schon wegen der hohen Dichte an jungen weiblichen Wesen sahen sich die meisten Jungs den Wettbewerb an. Am Samstag liefen die 46 Läuferinnen ihre Kurzprogramme und bereits nach den ersten zehn, unter denen auch Ino, Hinata und Tenten waren, war klar, die drei hatten eine ziemlich gute Chance, vorne mit zu mischen. Am Ende des Tages führte Hinata sogar. Tenten war wider Erwarten auf dem fünften Platz und Ino belegte den zweiten Rang. Rarshin, der schreiende Coach, verdonnerte Tenten zu einem Spezialtraining, nachdem sowohl das Wettkampfkomitee, wie auch die restlichen Teilnehmerinnen das Schulgelände verlassen und sich in die Hotels in der Umgebung begeben hatten. Es war halb zehn Uhr Abends und eigentlich wäre Tenten lieber ins Bett gegangen, denn sie hielt das für die sinnvollere Art, sich auf morgen vorzubereiten. Doch was interessierte einen Russen schon Schlaf? Schlaf war nach Rarshins Ansicht das Gegenteil von Disziplin. Manchmal fragte sich Tenten, wie so jemand jemals eine anständige Stelle hatte bekommen können. Hinata und Neji schauten Tenten noch ein wenig zu, sozusagen als moralische Unterstützung. Als es dann aber langsam nach zehn wurde, scheuchte Neji Hinata ins Bett. Wäre Hinata morgen müde und könnte deswegen ihren ersten Platz nicht verteidigen, sein Onkel würde Neji allein die Schuld daran geben. „Tenten, nochmal den Rittberger! Der ist einfach nur schlecht! So wirst du morgen nie eine Medaille holen!“ Rarshin brüllte wie eh und je in sein Megafon. Vollkommen mit den Nerven am Ende lief Tenten den Sprung ein, sprang vom Eis, landete wieder, versaute die Landung und knallte aufs Eis. Neji, der eigentlich schon hatte gehen wollen, wartete noch einen Augenblick, nur um zu sehen, ob sie wieder aufstand. Aber Tenten stand nicht wieder auf. Stattdessen fing sie an zu wimmern und sich ihr Knie zu halten. Geschwind kletterte Neji über das Geländer der Tribüne und sprang den Meter runter bis zum Gang, der das Eisfeld umgab. „Steh auf, Tenten. Das ist kein Grund zum Weinen.“ Rarshin rührte sich nicht, stand einfach provokativ an der Bande und wartete, dass Tenten sich wieder erhob. Neji warf ihm bloss einen bösen Blick zu, öffnete die Tür bei der Spielerbank und trat aufs Eis. Neben Tenten liess er sich nieder. Vorsichtig nahm er ihre Hand vom Knie. Sofort sah er, was passiert war. Tentens Kniescheibe ragte wie ein stumpfer Dorn auf der Aussenkante ihres linken Knies hervor. Neji legte ihre Arme um seinen Hals, schob seine Arme vorsichtig unter ihre Oberschenkel und hob sie langsam hoch. „Geht’s?“ Tenten nickte nur zur Antwort und krallte sich in Nejis Pullover. „Ich bringe dich gleich zum Arzt.“ Rarshin nahm sein Megafon in die Hand, hielt es Neji ans Ohr und brüllte: „Lass sie selber gehen, wenn sie es schon wagt, sich zu verletzen.“ Wenn Neji auch kurz vor einem Tinitus stand, so laut war Rarshins Gebrüll durch das Megafon gewesen, er tat so, als hätte er nichts gehört. Neji trat drei Mal kräftig gegen die Zimmertür des Schularztes, waren doch seine Hände gerade nicht frei. Tenten schniefte leise vor sich hin. Es vergingen ein paar Minuten, bis der Arzt die Tür aufmachte, doch als er das Mädchen in Nejis Armen erblickte, führte er die beiden sofort drei Türen weiter zur schulinternen Krankenstation. Gemeinsam setzten die beiden Männer Tenten vorsichtig auf einen Untersuchungstisch. Der Arzt besah sich ihr Knie genauer und meinte nach einer Minute: „Ich werde die Kniescheibe jetzt wieder an ihren angestammten Platz schieben. Bei drei. Eins… zwei…“ Wider seinen Worten schob der Arzt die Kniescheibe schon bei zwei zurück. Tenten wimmerte laut auf und zerketschte Neji beinahe die Hand, die er ihr zur Unterstützung gereicht hatte. Dieser verdrehte bloss die Augen, als seine Finger langsam zu Matsch verarbeitet wurden. Es war schon erstaunlich, wie viel Kraft Tenten hatte. „Ich hole schnell eine Schiene, damit Sie ihr Knie ruhig halten können. Und morgen kommen Sie nochmals zur Kontrolle, dann werde ich ihr Bein röntgen, nur sicherheitshalber.“ Zwischen zusammengebissenen Zähnen sagte Tenten: „Morgen kann ich nicht. Morgen muss ich meine Kür laufen.“ „Sie werden diese Saison überhaupt nicht mehr laufen, junges Fräulein.“ Der Arzt verliess mit diesen tadelnden Worten das Krankenzimmer durch eine Verbindungstür in einen Nebenraum. Sobald der Arzt ausser Hörweite war, zerrte Tenten Neji förmlich zu ihr herunter. „Eure Familie ist doch eine der Hauptsponsoren, oder? Du musst dafür sorgen, dass man mich nicht von der Liste streicht.“ „Tenten, das ist absoluter Blödsinn.“ Hatte der Schmerz ihr Hirn vernebelt oder warum glaubte sie, dass er so etwas tun würde. „Das werde ich nicht tun, das wäre total verantwortungslos.“ „Wenn du nur noch ein einziges Eishockeyspiel in deinem Leben spielen könntest und du wärst verletzt, würdest du dann auch einfach nicht spielen, bloss weil es verantwortungslos ist?“ Neji kam nicht dazu, ihr zu antworten, denn genau in dem Moment kam der Arzt zurück. Schnell legte er Tenten eine Schiene an, reichte ihr zwei Krücken und entliess sie mit der strikten Anweisung, morgen wieder zu kommen. Aber wenn sie wollte, durfte sie sich zuerst den Wettkampf ansehen. Freundlicherweise trug Neji Tenten auch noch bis zu ihrem Zimmer, da sie noch immer ihre Schlittschuhe trug und mit den Eisen nicht über Steinboden gehen konnte. Im neuen Mädchentrakt angekommen, öffnete Tenten ihre Tür und Neji schob sie mit der Schulter auf. Er setzte sie auf ihr Bett, löste die Knoten ihrer Schlittschuhe und zog sie ihr aus. Wortlos legte er sie feinsäuberlich auf einen Stuhl, erhob sich und wollte gerade gehen, als ihm etwas im Augenwinkel auffiel. An Tentens Schrank hing ein schneeweisses Eislaufkleid, das über und über mit kleinen Perlen bestickt war. „Wär das für morgen gewesen?“ „Ja. Das hat meine Mutter mir gemacht, weil sie wollte, dass mein letztes Kleid perfekt wird. Sie sagte, ich solle mich nicht nur fühlen wie eine Prinzessin, sondern auch so aussehen.“ Traurig blickte Tenten das Kleid an. „Wieso dein letztes Kleid? Willst du ab nächster Saison nur noch in Hosen laufen?“ Das konnte sich Neji zwar nicht vorstellen, aber man wusste ja nie. Tenten schüttelte den Kopf. „Nein, nächste Saison werde ich nicht mehr laufen. Ich darf nicht mehr. Rückenprobleme, schon seit zwei Jahren. Diese ganzen Sprünge sind halt nicht gesund und wenn ich den Rest meines Lebens noch aufrecht gehen will, dann hat mein Arzt gesagt, dass ich aufhören muss. Darum wollte ich eigentlich meine letzte Saison mit einer Goldmedaille beenden.“ Geschlagen seufzte Neji. Das konnte er ihr irgendwie einfach nicht antun. „Also gut, ich werde dafür sorgen, dass sie dich morgen nicht von der Liste nehmen. Aber du musst hier warten, bis du dran bist, sonst wird die Direx dich persönlich vom Eis holen. Ich frage Shikamaru, ob er uns den Hintereingang öffnet.“ „Neji…“ Tenten lächelte glücklich. Sie erhob sich von ihrem Bett, hüpfte auf einem Bein zu ihm und griff nach seiner Hand. „Danke!“ Die Haare hochgesteckt und das schneeweisse Kleid unter ihrem Trainer versteckt stand Tenten in ihrem Zimmer und wartete darauf, dass Neji kam, um sie abzuholen. Dass er ihr tatsächlich geholfen hatte, sie konnte es immer noch nicht glauben. Aber er hatte es getan und dafür würde sie ihm ewig dankbar sein. Er gab ihr eine Chance, die letzte, die sie je ergreifen würde. Leise klopfte es an die Tür. Sofort hinkte Tenten zur Tür und öffnete. Schnell schlüpfte Neji in ihr Zimmer, krallte sich ihre Schlittschuhe unter den einen Arm und Tenten selbst unter den anderen und zog sie dann aus ihrem Zimmer. „Wir müssen uns beeilen. In einer Viertelstunde bist du dran.“ Da die Krücken bloss aufgefallen wären, stützte Neji jetzt Tentens ganzes Gewicht. Inständig hofften beide, dass sich gerade niemand mehr im Schulgebäude befand und plötzlich auf die Idee kam, aus dem Fenster zu sehen, denn dann hätte er beobachten können, wie die zwei sich zum Hintereingang der Eishalle schlichen. Vor der Hintertür angekommen klopfte Neji drei Mal kurz und einmal lang. Sofort wurde die Tür von innen geöffnet und Shikamaru gewährte ihnen Einlass. Tadelnd sah er Tenten an, sagte jedoch nichts. Im hintersten Winkel der Katakomben zog Tenten mit Nejis Hilfe ihre Schlittschuhe an. „Du weißt, was wir hier machen, gilt fast schon als Betrug und wenn die Direx wütend genug ist, könnte sie uns deswegen von der Schule werfen.“ Neji schaute Tenten eindringlich in die Augen. Diese nickte. „Natürlich. Und trotzdem hilfst du mir. Warum?“ Kurz zuckte er mit den Schultern. „Weil ich würde spielen wollen, wenn ich nur noch ein einziges Mal aufs Eis dürfte, selbst wenn jeder Knochen meines Körpers gebrochen wäre. Und du würdest auch dafür sorgen, dass ich meine Chance bekäme, oder?“ Ehrlich lächelte Tenten ihn an. „Ja. Klar würde ich das.“ Von fern hörten sie, wie der Kommentator die nächste Läuferin ansagte. „Du bist die Nächste, Tenten. Mach dich langsam warm.“ Sobald die Musik verstummte, schlichen die beiden zum Eisfeld. Versteckt im Schatten des Ganges, der in die Katakomben führte, warteten sie, bis die Noten der Läuferin bekannt gegeben wurden. Dann entledigte sich Tenten rasch ihres Trainers und der Schiene an ihrem Knie und drückte alles Neji in die Hand. Sie wollte gerade an ihm vorbei zum Eisfeld gehen, da packte er sie noch einmal am Arm. „Wenn du merkst, du schaffst es nicht, durchzulaufen, dann lass es.“ Tenten nickte. Doch sie hatte nicht vor, es zu lassen. Wenn sie aufs Eis ging, dann würde sie ihre Kür laufen und zwar die Ganze. Schnell näherte sie sich dem Tor, das bereits offen stand, zog die Schoner von den Kufen ihrer Schlittschuhe und trat aufs Eis, in dem Moment, da der Kommentator laut ihren Namen verkündete. Ein Raunen ging durch die anwesende Schülerschaft. Über Umwege hatte sich die Nachricht, dass Tenten wohl nicht mehr starten würde, unter den Anwesenden verbreitet und niemand hatte damit gerechnet, dass sie doch noch kommen würde. Ino, die bereits gelaufen war und jetzt auf der Tribüne sass, beugte sich vor. Neben ihr sass Shikamaru. „Die ist verrückt! Ich dachte, sie ist verletzt!“ „Sie ist nicht verrückt, bloss besessen.“, meinte Shikamaru trocken. Er erzählte Ino vielleicht besser nicht, dass er an der ganzen Sache so halbwegs beteiligt gewesen war. Der Schularzt versuchte sich einen Weg durch die Leute zu bahnen, um zu den Juroren zu gelangen, doch kurz vorher wurde er von zwei bulligen Männern abgefangen, die ihn böse anstarrten und ihm deutlich zu verstehen gaben, dass er sich verziehen sollte. Es hätte ohnehin nicht mehr gereicht, Tenten noch aufzuhalten, denn nun stand sie in der Mitte des Eisfelds und wartete nur noch auf die Musik. Die ersten Klänge von Tschaikowskis Schwanensee erfüllten die Halle. Und wie ein Schwan erhob sich Tenten, streckte ihre Arme in die Höhe und glitt schwerelos übers Eis. Der Schmerz in ihrem Bein betäubte sie und trieb ihr die Tränen in die Augen, doch sie versuchte, dies so gut es ging zu verdrängen. Angespannt beobachtete Neji jeden ihrer Schritte. Plötzlich überkam ihn das schlechte Gewissen. Vielleicht hätte er doch nicht zulassen sollen, dass sie antrat. Allein schon ihr angespannter Gesichtsausdruck und die verzogene Miene bei jeder Landung nach einem Sprung. Tenten kämpfte mit dem Schmerz und der Verzweiflung. Sie wollte nicht aufgeben, nicht jetzt. Bloss noch knapp zwei Minuten und drei Sprünge trennten sie vom Ende. Doch jetzt kam sie zur grössten Hürde. Der dreifache Rittberger. Der Sprung, der ihr gestern beinahe einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte. Bis jetzt war sie trotz allem nicht gestürzt. Wenn sie den Rittberger auch noch stand, dann konnte gar nicht mehr viel passieren. Als sie den Sprung einlief, biss sie die Zähne zusammen, sprang ab und landete nach drei perfekten Umdrehungen wieder sicher auf dem Eis. Noch eine Schwalbe (Element, bei der die Läuferin übers ganze Feld ein S auf einem Bein fährt, das andere hat sie nach hinten hoch in die Luft gestreckt) und eine Pirouettenkombination, dann war es vorbei. Die Musik hörte sie schon gar nicht mehr, so betäubend war der Schmerz. Es war, als würden alle Zuschauer auf einmal den Atem anhalten, je länger Tentens Kür war. Als warteten sie nur darauf, dass sie zusammenbrechen würde. Doch das tat sie nicht. Tenten drehte eine wunderschöne, unglaublich schnelle letzte Pirouette, hielt an und formte ihren Körper in ihrer Schlusspose zu etwas, das aussah, wie ein schlanker schöner Schwan. Die Musik endete und in der Halle war es mucksmäuschenstill. Neji eilte zum offenen Tor. Ohne sich zu verbeugen verliess Tenten das Eis. Dazu hatte sie nicht auch noch die Kraft. Sie verliess das Eis und fiel Neji förmlich in die Arme, der sie auffing und stützte. „Du hast es geschafft.“ „Ja. Aber jetzt will ich nur noch hier weg.“ Neji stützte sie und gemeinsam verliessen sie die Eishalle auf dem Weg, auf dem sie gekommen waren, ohne dass sie jemand daran hinderte. Am Ende des Tages stand Hinata ganz oben auf dem Treppchen. Gold stand ihr wirklich gut. Ino hatte ihren zweiten Platz halten können und war darüber sehr froh. Silber hatte sie noch nie an einer Landesmeisterschaft gewonnen und Hinata gönnte sie den ersten Preis mehr als jeder anderen. Tenten hatte wider aller Erwarten sogar noch einen Platz gut gemacht und lag am Schluss auf dem vierten Endrang. Zur Siegerehrung kam sie jedoch nicht mehr, lag sie da doch schon in ihrem Bett, mit einem dicken Eisbeutel auf dem Knie und einem warmen Tee auf dem Tisch. Als Ino im Strom der anderen das Eisfeld verliess und in Richtung Katakomben lief, rief jemand ihren Namen. Suchend blickte Ino hoch und entdeckte Shikamaru, der an der Brüstung der Tribüne stand und sich in ihre Richtung beugte. „Gratulation. Du warst wirklich gut.“ Ino strahlte übers ganze Gesicht. „Danke! Es hat besser geklappt, als anfangs gedacht. Auch, weil du mir vorgestern so gut zugeredet hast.“ Es konnte auch am Licht liegen, aber Ino hatte plötzlich das Gefühl, Shikamarus Nasenspitze nahm eine leichte rosa Färbung an. „Ach, das war doch keine grosse Sache.“ Um vom Thema abzulenken, fügte er noch hinzu: „Hättest du nicht lieber Gold gehabt?“ Ino schaute sich die Medaille um ihren Hals nochmals an. Dann schaute sie wieder hoch und meinte lachend: „Nein, Silber passt besser zu meinen Haaren.“ Shikamaru grinste schräg. Irgendwie auf ihre eigene Art und Weise war Ino ein liebenswürdiger Mensch. Hinata brauchte ganze drei Tage, bis sie endlich verstand, was da passiert war. Dass sie bald an die Juniorenweltmeisterschaften fahren würde, beängstige sie ein wenig. Ein wenig war gut. Aber Naruto, der wie immer hyperaktiv durch die Gegend hüpfte und ihr all die positiven Dinge ihres Triumphes vor Augen hielt, schaffte irgendwie, was sonst niemand zuvor geschafft hatte: Er überzeugte Hinata davon, dass sie auch weltweit eine Chance haben würde und sich nicht zu verstecken brauchte. Auch wenn Neji überhaupt nicht glücklich darüber war, dass Naruto die ganze Zeit um Hinata herum sprang, so passte es ihm doch noch halbwegs in den Kram, weil er so nicht irgendwelche Verehrer verscheuchen musste, von denen sie seit Sonntag eine Menge an der Schule besass. Sein Onkel würde ihn einen Kopf kürzer machen, wenn der wüsste, bei was Neji mehr oder weniger freiwillig zusah. Tenten ging nun brav an Krücken. Zwar mussten sie und Neji einen ziemlichen Rüffel von der Direx einstecken, weil sie es gewagt hatten, etwas so Verrücktes und Verantwortungsloses zu tun, ging es doch immerhin um Tentens Gesundheit, schlussendlich anerkannte sie doch den Mut der beiden, das Ganze durchzuziehen. Nachsitzen mussten sie trotzdem bis fast im Februar. Doch sie würden auch das überleben. Am 23. Dezember war Neji gerade dabei, seinen Koffer zu packen und Lees Sprüche über seine doch sehr nahe Freundschaft mit Tenten zu ignorieren, als es an der Tür klopfte und ebenjenes Mädchen ihn zu sprechen wünschte. Taktvollerweise verabschiedete sich Lee in dem Moment aus dem Grund, fast zu sterben vor Hunger. Dass er vor nicht einmal einer halben Stunde Frühstück gehabt hatte, spielte da keine Rolle. „Und, schon gepackt für Weihnachten?“ Tenten strahlte. Cool stand sie auf ihre Krücken gestützt in der Tür und musterte das Zimmer, das in etwa so gross war wie ihres, dass Neji aber mit einem Chaoten teilen musste. Welche Seite des Zimmers Lee gehörte, sah man ziemlich genau. „Ja, fast. Du auch?“ Neji liess kurz von seinen Sachen ab und trat zu Tenten. „Mehr oder weniger. Hab mich noch nicht entschieden, ob ich meine Eislaufsachen alle schon mit nach Hause nehmen will oder ob ich sie noch da lass, falls ich in ein oder zwei Monaten wieder aufs Eis kann.“ „Ich dachte, du wolltest aufhören.“ „Mit dem Springen und den Wettkämpfen, ja. Aber ich glaube, ich werde wohl diesen Sommer meine Trainerausbildung beginnen. Oder aber ich geh an die Uni und studiere Medizin. Dann könnte ich später auch Sportler betreuen.“ Nejis Lippen verzogen sich zu etwas, das entfernt an ein Lächeln erinnerte. „Du wärst sicher eine sehr engagierte Ärztin.“ Tenten lachte herzlich. „Ja, wenn ich das Studium schaffe! Und dann ist es ja noch nicht mal fertig!“ „Das wirst du schon.“ Für eine Weile breitete sich Schweigen zwischen ihnen aus. Dann, auf einmal, zog Tenten etwas hinter ihrem Rücken eine Tüte hervor. „Da, für dich. Frohe Weihnachten. Darfst du aber erst morgen aufmachen!“ Erstaunt nahm Neji die Tüte entgegen. „Danke.“ „Na dann, wir sehen uns nach den Ferien!“ Mit diesen Worten verschwand Tenten den Flur entlang, bevor Neji noch hatte irgendwie reagieren können. Als Tenten zurück in ihrem Zimmer war, entdeckte sie auf ihrem Kissen eine kleine, dunkelblaue Schachtel. Sie nahm sie in die Hand und betrachtete sie. Ein kleiner Zettel war daran gepinnt. ‚Frohe Weihnachten. Neji’ Wie hatte er das Ding bloss in ihr Zimmer bekommen? Aber eigentlich war ihr das egal, denn sie schmolz allein schon ab der Tatsache, dass er ihr auch etwas besorgt hatte, fast dahin. Als Neji am nächsten Morgen zum Frühstück kam, trug er ein Trikot der Nationalmannschaft mit seinem Namen darauf. Als Hinata ihn sah, lächelte sie glücklich. „Neji, meinst du, ihr hat die Kette gefallen?“ Er antwortete nur mit einem Brummen, aber Hinata war sich ganz sicher, dass er bereits mit Tenten telephoniert hatte. Na ja, die Wände in diesem Haus hatten halt teilweise Ohren in Form ihrer kleinen Schwester Hanabi, die Hinata jetzt verschwörerisch anlächelte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)