Kurzgeschichten von abgemeldet ================================================================================ Besonders --------- Heute ist ein besonderer Tag. Und an besonderen Tagen schenkt man Menschen, die man lieb hat, kleine Dinge, um sie zu erfreuen. Geschenke machen Menschen glücklich. Sowohl die Beschenkten, als auch die Schenkenden. Was für Geschenke machen Menschen glücklich? Muss ein Geschenk besonders teuer sein? Muss ein Geschenk besonders nützlich sein? Muss ein Geschenk besonders liebevoll sein? Kommt es darauf an, ob das Geschenk besonders überreicht wird? Was für Geschenke sind besonders? Manche Menschen freuen sich über Kleinigkeiten. Der Wert des Geschenkes ist ihnen egal, wie viel ein Geschenk gekostet hat ist egal. Sie möchten nichts besonders wertvolles haben, sondern etwas, das von Herzen kommt, denn das macht es wertvoll. Manche Menschen sagen, sie wollen gar keine Geschenke bekommen. Es ist ihnen unangenehm, etwas besonderes für jemanden zu sein, doch genau deshalb freuen sie sich umso mehr über das wenige Besondere, das sie geschenkt bekommen. Manche Menschen freuen sich über Geschenke, die besonders teuer waren. Sie finden teure Dinge einfach besonders schön. Doch letztendlich ist jedes Geschenk ganz besonderes, denn es kommt von einem Menschen, der an dich gedacht hat. Von einem besonderen Menschen, der dir eine Freude machen möchte. Schenken macht glücklich. Es ist etwas besonderes. Deshalb schenke ich dir diese Geschichte. Heute ist ein besonderer Tag. Es ist der 14. Februar. Jonna steht in einem hübschen rosafarbenen Kleid und einem langen schwarzen Mantel an der Straße. Immernoch hält sie ihr Handy in der Hand. Eine kleine Tasche hängt von ihrer Schulter, geöffnet. Jonnas Kleid endet kurz über den Knien und ihre langen Strümpfe reichen bis an den Saum des Kleides. Sie hat kleine Schleifen im Haar, um den Hals eine kleine, silberne Kette. Handschuhe und Schal sind weiß, sie wärmen kaum. Es ist furchtbar kalt. Den ganzen Tag schien die Sonne, doch jetzt, wo Jonna am Straßenrand steht, ziehen Wolken auf. Die Windstille wird von einem leisen Rauschen abgelöst. Dicke Regentropfen beginnen, auf den Boden um Jonna herum zu fallen. Die kleineren Tropfen perlen auf ihr Haar und bleiben dort hängen. Jonna weint. Hätte heute nicht ein besonders toller Tag sein sollen? Es ist der 14. Februar. Doch Marian hatte ihr abgesagt. Sie hatte sich seit Tagen auf dieses Treffen gefreut. Schon Stunden vor dem verabredeten Zeitpunkt war sie umhergerannt, um sich hübsch für ihn zu machen. Um ja nicht zu spät zu kommen. Sie war eine halbe Stunde zu früh dort angekommen, steht am Straßenrand, an der Bushaltestelle. Die Bäume um sie herum tragen noch keine Blätter. Jonna stand dort, und wartete. Doch Marian kam nicht. Irgendwann war sie es leid, die Busse zu zählen, die an ihr vorüberfuhren, beachtete nicht mehr die Leute, die ausstiegen, an ihr vorbeiliefen. Sie wartete eine Stunde. Doch er meldete sich nicht. Und dann hatte er angerufen. Hatte sich entschuldigt, dass er länger arbeiten müsse. Nachdem er aufgelegt hat, kann sie das Handy nicht beiseite legen. Sie hält es in ihren Händen, als ob sie hofft, er würde noch einmal anrufen, ihr sagen, das wäre alles nur ein schlechter Scherz. Die kleinen Regentropfen, die über ihr Gesicht laufen, ihre Kleidung benässen, werden immer größer, der Regen wird stärker. Mit der untergehenden Sonne, die kaum durch die dicken Wolken zu brechen vermag, wird es immer kälter, der Wind nun beinahe stürmisch. Alles um Jonna herum ist in ein dunkles eisiges lila getaucht, macht die Welt unwirklich, macht sie grau und einsam. Jonna steht da, zitternd, doch die Kälte bemerkt sie nicht einmal. Sie bemerkt auch nicht, dass sie bis auf die Haut durchnässt ist. Das Haar hängt ihr in tropfenden Strähnen ins Gesicht, sie hat aufgehört zu weinen. Reglos steht sie dort, Minuten, Stunden, wie viel Zeit wohl vergangen ist? Sie weiß es nicht. Es interessiert sie nicht. Sie steht nur da und wartet auf etwas, von dem sie nicht einmal weiß, was es ist, ob es das überhaupt gibt. Glück. Etwas besonderes. Nach den Laternen um sie herum zu urteilen, ist es bereits abends. Das hektische Treiben des Tages wurde zur sanften Ruhe der Nacht, nur wenige Menschen gehen unter Regenschirmen noch an ihr vorüber. Der Wind hatte sich gelegt, und die Temperatur schien auf die Gefriergrenze abzufallen. Plötzlich hält mit quietschenden Reifen ein Auto neben Jonna, die Tür springt auf. Fluchend rennt Marian auf sie zu. „Jonna! Was tust du?! Du erkältest dich!“ Doch das ist ihr egal, glühend warmes Glück durchströmt sie. Marian ist alles, was sie im Moment interessiert. Er ist gekommen! Er ist tatsächlich hier, steht vor ihr, nimmt sie in die Arme. Sie zittert, ist kalt. „Ich hab versucht, bei dir anzurufen, um dich noch zum Essen einzuladen. Als Entschuldigung. Als deine Mutter ans Telefon ging und meinte, du bist nicht zu Hause, da wusste ich sofort, dass du immernoch auf mich wartest. Es tut mir leid, Jonna, dass du warten musstest. Ich bin jetzt da. Bei dir.“ Marian hält sie erleichtert in seinen Armen. Ein Glück hatte er sie gefunden. Es war ein schönes Gefühl, bei ihr zu sein. Eine erste, klitzekleine Schneeflocke fällt auf Jonnas Mantel. „Bin ich etwas besonderes für dich?“, fragt sich Jonna. Sie flüstert. „Bin ich es?“ „Bist du was?“, erwidert Marian sanft, während er ihr das Haar hinter die Ohren streicht. „Etwas besonderes für dich.“ Marian lächelt, wortlos. Es ist der 14. Februar, und Schneeflocken rieseln vom Himmel. Schnee im Februar. Sanft schneien die Kristalle und Sternchen durch die Welt, bleiben im Haar hängen, bedecken die Kleidung mit einem sanften, unregelmäßigen weiß. Einige Flocken schmelzen, als sie auf ihrer beider Gesichter fallen. Sanft küsst Marian ihre Lippen. „Ich liebe dich.“ Dies war das schönste Geschenk, das sie jemals bekommen hatte. Es hatte sich gelohnt zu warten. Der Schnee leuchtet wunderschön in zartem blau, als Marian ihr ein kleines, hübsch verschnürtes Päckchen hinhält. Lächelnd nimmt sie es in ihre Hände, drückt ihren Körper an Marian, der seine starken Arme um sie legt. Zwar ist es etwas kalt, aber Jonna ist glücklich. Er ist etwas ganz besonderes für sie. Gemeinsam gehen sie zu seinem Auto, steigen ein, und fahren durch die verschneite Nacht. Und Jonna weiß: Dieser Tag war etwas besonderes. Dieser Tag war besonders schön. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)