Dämonen, Engel und ein Drache von goldenchie (Fortsetzung zu "Enthüllungen und Geständnisse") ================================================================================ Kapitel 35: Tanz der Agenten ---------------------------- „..........“ = wörtliche Rede >.........< = Gedanken kursive Worte sind betont ___________________________________________________________________________ ... „Und jetzt verzieh dich! – Falls du ihr was zu sagen hast, kann das mit Sicherheit auch bis morgen warten. – Schönen Abend noch, Fuwa-kun.“ Verwirrter denn je zieht der junge Sänger ab, während in seinem Kopf wild die Gedanken durcheinander wirbeln. >Heißt das etwa, sie hat einen Freund?!?<, schießt es ihm geradezu panisch durch den Kopf. >Aber wen?! – Es gab doch überhaupt keine Gerüchte in dieser Richtung... Doch nicht etwa Katsuragi-san...?< ___________________________________________________________________________ Tanz der Agenten Auch zwei Wochen später ist Sho bei Kyoko nur unwesentlich weiter gekommen. Zwar redet seine Jugendfreundin inzwischen meist freundlich mit ihm - besonders wenn sie gemeinsame Aufnahmen haben -, trotzdem hat er das dumpfe Gefühl, einfach nicht näher an sie heranzukommen. Außerdem ist ihm Ren Tsuruga langsam ein echter Dorn im Auge... Insgeheim muss er zwar zugeben, dass der junge Star ein wirklich cooler Typ ist, dazu stets hilfsbereit und freundlich und obendrein ein erstklassiger Schauspieler, der richtig scharfe Stunts drauf hat ... doch jedes Mal, wenn Sho mitbekommt, wie vertraut und selbstverständlich der beliebteste Mann Japans mit „seiner“ Kyoko umgeht, versetzt ihm das einen deutlich fühlbaren Stich ins Herz. So strahlend und entspannt wie Tsuruga hat Kyoko ihn jedenfalls selbst in den „guten, alten Zeiten“ nie angelächelt... Im Übrigen wurmt es ihn mittlerweile gewaltig, dass er Kyoko schon seit über einer Woche nicht mehr allein gesprochen hat, weil ständig irgendwelche Leute um sie herumschwirren. Unwillig brummt der junge Sänger vor sich hin, während er mit einem ansehnlichen Anflug von Eifersucht beobachtet, wie Kyoko im Setaufbau gerade eine ihrer Tanzchoreographien für die nächsten Szenen mit Tsuruga probt. Noch tanzen sie ungestylt und in einfacher Trainingskleidung durch die noch unbelebte Ballsaal-Kulisse, und doch ist Sho erstaunt, welche Eleganz und Anziehungskraft besonders Kyoko dabei ausstrahlt. Zu allem Überfluss muss er – wenn auch nur höchst widerwillig – zugeben, dass sie auf eine verblüffend selbstverständliche Art mit Ren Tsuruga harmoniert. „Sie tut bestimmt extra vertraut mit ihm, um mir eins auszuwischen.“, grummelt er leise. „Kann es sein, dass du dich ein bisschen sehr wichtig nimmst, Fuwa-san?“, hört er plötzlich von rechts hinter sich. Sho zuckt erschrocken zusammen, während es leise hinter ihm kichert. „Glaub ich nicht.“, brummt er trotzig. „Ich kenne Kyoko-chan länger als ihr alle zusammen.“ „Länger vielleicht“, sagt Kanae grinsend, „aber sicher nicht besser.“ Sho schaut die junge Frau einen Moment abschätzig an. „Was weißt du schon, Kotonami-san?“, fragt er dann provozierend. „Nur weil du ihre Freundin bist...“ Kanae lacht amüsiert auf, sodass dem jungen Mann leicht verstört die Worte im Hals stecken bleiben. „Du weißt aber schon, was Kyoko-chan unter ‚beste Freundin’ versteht?“, fragt sie. Sho fällt seine leicht arrogante Rockstar-Attitüde regelrecht aus dem Gesicht; urplötzlich ist er ziemlich kleinlaut. „Was weißt du?“, fragt er noch ein Mal, diesmal sehr leise. „So ziemlich alles, glaub ich.“, antwortet Kanae unbarmherzig. „Jedenfalls mehr als ich wissen wollte ... und sicher deutlich mehr als du.“ Mit beinahe schon schwesterlichem Blick beobachtet sie lächelnd Ren und Kyoko beim Tanzen, ... während neben ihr nur deprimierte Stille herrscht. „Hach“, meint sie schließlich, „ich wünschte, ich würde Bewegungsabläufe so schnell lernen wie Ren-san oder Kyoko-chan...“ Leise seufzend zuckt sie mit den Achseln und wendet sich wieder Sho Fuwa zu. „Tja, man kann nicht alles haben.“, sagt sie grinsend. „Dafür lerne ich die Texte schneller.“ Eindringlich mustert sie ihr Gegenüber, während ihr Grinsen immer breiter wird. „So still?“, fragt sie schließlich mit unüberhörbarem Sarkasmus in der Stimme. „Dämmert’s langsam, dass Kyoko-chan sich tatsächlich ganz hervorragend mit ihrem Sempai versteht? Und dass das nicht das Geringste mit dir zu tun hat?“ Sho presst die Lippen aufeinander wie ein verstocktes Kleinkind. „Bingo!“, stellt Kanae grinsend fest. „Hach, ich liebe es, wenn ich auch mal Recht habe...“ „Ja, ja, hackt nur alle auf mir rum.“, knurrt Sho resignierend. Kanae haut ihm lachend auf den Rücken, sodass er vor Schreck beinahe das Gleichgewicht verliert. „Hab dich nicht so!“, fordert sie mit einem schrägen Grinsen. „Du musst zugeben, dass dein Verhalten ein bisschen Strafe verdient hat, oder?“ „Ja ... schon...“, brummt der junge Sänger leise. „Siehste! Ich finde übrigens, dass du Ren-san dankbar sein solltest.“, behauptet das Mädchen vergnügt. Sho schaut sie ebenso verblüfft wie schockiert an und fragt sich gleichzeitig, wieso dieses Mädchen bei all dem auch noch so verflixt gut gelaunt ist. „Seit er sich verstärkt um sie kümmert, hat sich ihr Gemüt nämlich deutlich beruhigt. – Jedenfalls rastet sie nicht mehr schon bei der bloßen Erwähnung deines Namens komplett aus.“ Sho scheint zutiefst getroffen, jedenfalls bringt er für eine geschlagene Minute keinen Ton mehr heraus. „Wieso ist eigentlich ausgerechnet Tsuruga-san ihr Sempai?“, fragt er schließlich. „Unser aller Boss und Ober-Verrückter, Takarada-sama“, lamentiert Kanae ironisch, „hat ihn in seiner überaus großen Weisheit, Umsicht und Güte dazu berufen.“ Ein wenig ernster fügt sie hinzu: „Er hat einfach einen guten Blick für junge Talente... Apropos Talent: Deine Filmmusik ist auch nicht von schlechten Eltern, jedenfalls das, was ich bisher gehört habe.“ „Meine Eltern lass dabei mal besser aus dem Spiel.“, meint Sho schulterzuckend und halbwegs wieder versöhnt – mit was und wem auch immer... Kanae hebt neugierig die Brauen. „Ärger?“, fragt sie. Erneut zuckt Sho mit den Schultern. „Wie man’s nimmt.“, grinst er gelassen. „Ich bin jedenfalls enterbt und verstoßen.“ Kanae schüttelt ungläubig den Kopf. „Wie macht ihr das nur alle mit euren Familien?!“, fragt sie mit einem unüberhörbaren Anflug von Neid in der Stimme. „Meine wird mich niemals aus ihren Klauen lassen, egal was ich anstelle! Die werden mir mein ganzes Leben lang mit ihren unerwünschten, geradezu lächerlichen ‚Liebenswürdigkeiten’ auf den Keks gehen... Die sind wie die Kletten! Mann, das ist so was von nervtötend, sag ich dir!“ „Sei doch froh, dass sie dich deinen Traum im Showbiz leben lassen.“, sagt Sho verständnislos. „Du kennst meine Leute nicht, sonst würdest du nicht so leichtfertig daherreden.“, meint die junge Schauspielerin bitter. „In dieser Familie ist Privatsphäre praktisch ein Fremdwort. Gegen die kommt keiner an.“ „Aber wieso...“, beginnt Sho verwirrt, wird jedoch sofort von Kanae unterbrochen. „Die sind einfach haushoch in der Überzahl.“, erklärt sie düster, ... was sich jedoch nicht weiter auf die Verwirrung des jungen Sängers auswirkt. Einen langen Moment sieht er sie unschlüssig an, dann beschließt er, einfach das Thema zu wechseln. „Jedenfalls schön, dass dir meine Musik gefällt.“, sagt er. „Keine Ursache.“, winkt Kanae lächelnd ab. „Außerdem bin ich mit der Meinung auch nicht allein. Kyoko hat es auch gefallen. Hat sie jedenfalls gesagt.“ „Oh!“, macht Sho unerwartet verlegen. „Na ja, immerhin etwas...“ Kanae mustert den Jungen einen Augenblick lang eindringlich. „Eigentlich mochte Kyoko-chan deine Musik immer.“, erklärt sie ernst. „Sie hat sie nur wegen der unschönen Erinnerungen nicht mehr gehört. Aber immerhin: Sie redet wieder ganz normal mit dir. Das ist ein echter Fortschritt, finde ich. Na ja, vielleicht versöhnt sie sich ja auf die eine oder andere Art doch noch mit dir. - Irgendwann mal...“ Unwillkürlich breitet sich ein hoffnungsvolles Grinsen auf dem Gesicht des jungen Sängers aus. „Allerdings würde ich an deiner Stelle nicht damit rechnen, dass sie jemals wieder in die Versuchung gerät, sich in dich zu verlieben.“, fügt Kanae trocken hinzu. Shos Gesichtszüge entgleiten ihm deutlicher als ihm lieb ist. „Wir werden ja sehen.“, sagt er schließlich trotzig. „Einstweilen werde ich halt versuchen, eine freundschaftliche Ebene herzustellen.“ Zwei Stunden später sind die Proben mit den vielen Statisten endlich beendet und Sho hat Dank Kanae das Gefühl, dass er Kyoko wenigstens ein kleines Bisschen besser versteht ... was allerdings auch eine wenig erwünschte Nebenwirkung hat: Ein Gewissen, das unangenehm an seinem Selbstwertgefühl knabbert, beißt und piekst. Während also nun die meisten Schauspieler und Statisten mit Maske und Garderobe beschäftigt sind und die restliche Crew emsig hin und her flitzt, um die letzten Vorbereitungen für den Dreh zu treffen, grübelt der junge Sänger einsam vor sich her, hin und wieder einen tiefen Seufzer ausstoßend. Nach und nach trudeln die Akteure schließlich wieder – zumeist aufgeregt schnatternd – am Set ein. Die männlichen Darsteller in ihren eleganten Abendanzügen versuchen bereits, einen Hauch von weltmännischer Gewandtheit auszustrahlen, während die weiblichen kichernd ihre scheinbar luxuriösen Abendroben und aufwändigen Juwelen-Imitationen bewundern. Je mehr fertig kostümierte Menschen am Set erscheinen, desto realistischer erscheint die Illusion eines gesellschaftlichen Großereignisses, die selbst Sho verblüfft und von seinen Grübeleien ablenkt. Dann taucht Kanae Kotonami wieder aus der Maske auf, ausstaffiert mit einem äußerst kleidsamen Maid-Kostüm und einem hübschen, kleinen Bauchladen voller Rauchwaren. „Nett!“, findet Sho und schenkt ihr ein ehrliches Lächeln, als sie grinsend auf ihn zukommt. „Steht dir gut.“ „Ich hätte wetten können, dass dir das gefällt.“, gibt Kanae lachend zurück. Der junge Sänger sieht sie für einige Momente verwirrt an, dann begreift er plötzlich. „Aber... so war das gar nicht...“, stammelt er verlegen. „Mach dich mal wieder locker!“, unterbricht ihn Kanae lachend. „Das war nur ein Scherz. – Und um deiner unausgesprochenen Frage zuvorzukommen: Bei Kyoko-chan dauert es noch ein bisschen, bis sie fertig ist.“ „Was?“, schmollt Sho stirnrunzelnd. „ So neugierig bin ich nun auch wieder nicht.“ „Oh“, meint Kanae trocken, „Ich an deiner Stelle wäre es.“ „Was wärst du an seiner Stelle, Kanae-chan?“, fragt es plötzlich sonor hinter ihnen. Während Sho vor Schreck beinahe die Gesichtszüge entgleisen, gibt sich Kanae zwar überrascht, aber dennoch gefasst. „Neugierig auf Kyoko-chans Outfit.“, antwortet sie fröhlich grinsend. „Sehr stilvoll übrigens der Smoking, Ren-san.“, fügt sie noch anerkennend hinzu. „Seehr schick.“ „Oh, danke“, entgegnet Ren lächelnd, „aber ich finde dein Kostüm auch nicht übel; sieht ausgesprochen süß aus.“ „Vielen Dank, Sir“, grinst Kanae und deutet auf ihren Bauchladen, „Zigarre, Sir?“ Ren lehnt lachend ab und Kanae meint geheimnisvoll: „Wartet ab, bis ihr Kyoko-chan seht; sie sieht fantastisch aus.“ „Aber das tut sie doch eigentlich immer.“, gibt Ren seelenruhig lächelnd zurück. Sho kann nicht anders, er verdreht demonstrativ die Augen ob dieser schleimigen Schmeicheleien, ... auch wenn sein Blick eigentlich eher von Eifersucht spricht... „Ihr werdet ja sehen. Allzu lange kann es ja nicht mehr dauern.“, meint Kanae grinsend. „Oh, vesteh mich nicht falsch“, lacht Ren, „ich glaube dir aufs Wort, sie wird ganz sicher bezaubernd aussehen. – Apropos: Wo ist eigentlich deine nette Managerin heute, Sho-kun?“ Sho wacht in Sekundenschnelle aus seinen verwirrenden Gefühlen auf. „Oh“, antwortet er freundlich, „sie hat heute in der Agentur zu tun wegen der Promotion-Termine, die nächste Woche anstehen...“ „Ah, da kommt ja Kyoko-chan.“ , unterbricht Ren unvermittelt die Erläuterungen des jungen Sängers, der seine Aufmerksamkeit nun auch in die Richtung lenkt, aus der seine Jugendfreundin kommt ... und dem so das „heilige Lächeln“ entgeht, das in diesem Moment über Ren Tsurugas Gesicht huscht. „Wie nicht anders erwartet“, sagt der junge Schauspieler, als er seine Mimik wieder im Griff hat, „sie sieht absolut hinreißend aus.“ Das findet offensichtlich auch Sho, dessen Augen sich zwar ebenso überrascht wie bewundernd weiten, der jedoch keine Worte findet, seine Meinung kundzutun ... und der jetzt nicht einmal mehr den Versuch macht, besonders cool auszusehen. Kanae wirft einen kurzen Seitenblick auf Sho und muss grinsen. Als sie jedoch einen ebensolchen Blick auf Ren Tsuruga wirft, verdunkelt sich ihr Blick unwillkürlich ein wenig; irgendwie scheint sie enttäuscht. „Hm, im Gegensatz zu unserem prominenten Gaststar“, bemerkt sie nüchtern, „scheint es unseren Top-Star nicht im Geringsten zu überraschen.“ Ren grinst breit. „Ach, weißt du“, erklärt er augenzwinkernd, „ich versuche gerade, es mir abzugewöhnen. Schließlich ist Kyoko-chan immer für eine solche Überraschung gut.“ Sho hingegen ist immer noch vollkommen fassungslos. „Sie ist ... wunderschön...“, entfährt es ihm beinahe ehrfürchtig. „Blitzmerker!“, gibt Kanae leise zurück und boxt ihm unsanft in die Seite. Rens Grinsen wirkt mit einem Mal ein wenig abwesend und ein kaum hörbares Seufzen entweicht seiner Kehle, ... bis ihm bewusst wird, dass er alles andere als allein ist. Blitzschnell meißelt er ein charmantes Gentleman-Grinsen in sein Gesicht. Kyoko hat inzwischen die drei jungen Leute entdeckt und geht nun leicht verlegen auf die kleine Gruppe zu, während Rina ihr – ein durchaus stolzes Grinsen im Gesicht – eine Fussel von ihrer Schulter zu entfernen scheint. Nervös streicht Kyoko mit langen, roten Abendhandschuhen an den Händen über den roten Seidensatin, der eng an ihrem schlanken Körper über ihre weiblichen Rundungen zu fließen scheint. Rens Grinsen wird zu einem ultraglitzernden, äußerst charmanten Gentleman-Lächeln. Sho indessen scheint irgendwie sein Unterkiefer abhanden gekommen zu sein, jedenfalls starrt er Kyoko nur mit weit offenem Mund an. Kanae kann sich ein leises Kichern nicht verkneifen. „Du siehst bezaubernd aus, Kyoko-chan.“, unterbricht Ren schließlich die beinahe atemlose Stille. Kyoko läuft unwillkürlich rosa an. „Danke.“, sagt sie leise. Noch einen Moment herrscht verlegenes Schweigen, dann fragt Kyoko plötzlich unsicher: „Sitzt das Collier gerade?“ „Ja, natürlich.“, beruhigt Ren sie weich ... und wieder huscht der Anflug eines heiligen Lächelns über sein Gesicht. Dann greift er sanft an Kyokos linkes Ohr, um den so echt wirkenden Rubinohrring zurecht zu rücken. Kyoko hat plötzlich Schwierigkeiten, sich aufrecht auf den Beinen zu halten, jedenfalls erscheint ihr das so. „Der hatte sich ein wenig verheddert.“, erklärt Ren überflüssigerweise und streicht wie zufällig über ihre nackte Schulter. Das Rot in Kyokos Gesicht wird sehr viel tiefer. „Danke.“ „Keine Ursache.“, kommt es lächelnd und ein wenig heiser zurück. „Du siehst toll aus.“, sagt Sho verlegen. Irgendwie scheint er ein bisschen schockiert. Kyoko lächelt. „Danke.“, sagt sie – schon ein bisschen weniger verlegen als noch zuvor. „Ich wünschte nur, ich würde in den Satinhandschuhen etwas weniger schwitzen.“ „Jetzt sag nicht, du bist immer noch nervös wegen der Ball-Szenen?“, fragt Ren leicht resignierend. „Du kannst die Choreographien mittlerweile besser als ich.“ „Lügner!“, entgegnet Kyoko nur leise und senkt verlegen den Blick. „Ach Quatsch!“, behauptet Kanae frech grinsend. „Sie hat bestimmt Lampenfieber wegen der Kussszenen.“ Kyokos Gesicht läuft schon wieder knallrot an, während Sho in gleichem Maß die Farbe aus dem Gesicht weicht. „Kussszenen?!“, fragt er entgeistert. „Ja, sicher!“, antwortet Kanae ein bisschen verwirrt. „Zwei von der Sorte. – Obwohl wir natürlich nicht genau wissen, ob wir die zweite heute auch noch schaffen. – Wo doch heute so viele Statisten mitspielen.“ Ungläubig schaut sie den jungen Sänger an. „Sag mal, liest du das Drehbuch eigentlich auch gelegentlich?! Ich denke, du hast die Musik für diese Szenen geschrieben!“ „Um ehrlich zu sein, hab ich mich dabei mehr von den Bühnenbild- und Kostümskizzen inspirieren lassen“, antwortet er verlegen. „Ich hatte noch gar nicht so viel Zeit, mich eingehender mit dem Drehbuch zu befassen... Ich hab’s nur überflogen.“ Einen Augenblick lang schaut Kanae ihn kopfschüttelnd an. „Dann sollte ich es dir vielleicht mal schnell zusammenfassen“, meint sie schließlich. „sonst weißt du ja gar nicht, worum es nachher überhaupt geht. Aaalsooo: Ran und Takeshi haben ja von Yuichi – also dir – den Tipp gekriegt, dass der rumänische Geheimdienst ein geheimes Dossier über die Hintermänner der ‚Tonic-Connection’ erstellt hat, mit dem sie gedenken, die japanische Regierung mehr oder weniger zu erpressen, um wichtige Handelsabkommen abzusegnen. Und sie wissen inzwischen auch, dass Dimitri Iliescu, der rumänische Diplomat, Zugang zu diesem Dossier hat und dass genau dieser Herr heute am Diplomatenball in der britischen Botschaft teilnehmen wird. Die Briten haben zugestimmt, die beiden Agenten und einige Helfer mit falscher Identität ebenfalls einzuladen, damit sie sich dort unbemerkt die Security-Card des Diplomaten beschaffen können.“ „Ja, ja“, unterbricht Sho genervt. „So weit war mir die Handlung auch schon bekannt.“, schmollt er. „Ich wollte nur sicher gehen.“, grinst Kanae. „Na, jedenfalls sind die beiden Agenten auf diesem Ball als irgend so ein verrücktes Industriellen-Paar; sie machen ein bisschen Show auf dem Parkett, um die Aufmerksamkeit der Leute auf sich zu ziehen, dann macht Takeshi Ran eine Szene, weil sie angeblich rumgeflirtet hat und die beiden streiten sich. Ran flüchtet sich dann in die Arme von Dimitri Iliescu, der dafür bekannt ist, bei solchen Gelegenheiten junge, hübsche Frauen anzubaggern und dann hemmungslos mit ihnen anzugeben. Also macht ihm Ran ein wenig schöne Augen und kann schließlich die Karte aus seiner Jackentasche entwenden. Und dann kommt meine Wenigkeit ins Spiel: Ich überbringe die Karte unbemerkt Takeshi, der sie mit einem speziellen Gerät kopiert, sie mir dann wieder zukommen lässt und ich wiederum überbringe sie heimlich wieder Ran, die sie dann an ihren Ursprungsplatz zurück steckt. Und der alternde Diplomat kriegt von alldem wie geplant nicht das Geringste mit... Na ja, wie dem auch sei, blöderweise bemerkt Takeshi bei dieser Gelegenheit, dass seine Eifersucht weit weniger gespielt ist, als ihm selbst lieb ist; jedenfalls ist er alles andere als begeistert, dass sie ihre Sache mit dem Flirten bei dem alten, notgeilen Sack so verdammt gut macht. Aber Ran geht es auch nicht viel besser, sie bemerkt zu ihrem eigenen Schrecken, dass es für sie etwas Besonderes ist, wenn sie mit Takeshi zusammen ist und dass sie es ausgesprochen genossen hat, so eng mit ihm zu tanzen. Um jetzt also wieder unauffällig von dem Diplomaten loszukommen und eben nicht den gesamten Abend mit ihm verbringen zu müssen, holt Takeshi sie reumütig in seiner Rolle als ihr Ehemann wieder zurück, versöhnt sich öffentlich wieder mit ihr und tanzt dann eine Rumba mit ihr, von der man beinahe behaupten könnte, dass sie – nun ja - unanständig ist. – Was uns zur ersten Kussszene bringt, denn natürlich endet dieser Tanz mit einem leidenschaftlichen Kuss, wonach die beiden turtelnd vom Ball verschwinden, natürlich nicht, ohne dass Ran sich mit einer freundlichen Kusshand bei Dimitri für seine vermeintliche Hilfe bedankt hat.“ „Und die zweite Kussszene?“, fragt Sho neugierig; er scheint es zu genießen, Kanae zuzuhören, jedenfalls hängt er förmlich an ihren Lippen. „Oh, na ja, wie gesagt, es ist gar nicht sicher, ob wir heute so weit kommen. – Ran und Takeshi verschwinden draußen in einer Seitenstraße im Überwachungs-Van des Koancha und ziehen sich dort um, damit sie noch in der Nacht in das Sicherheitsbüro einbrechen können, um das Dossier zu besorgen. Es ist natürlich ziemlich eng und es lässt sich nicht vermeiden, dass die beiden sich noch ein Mal näher kommen ... und dieses Mal kann Takeshi sich nicht beherrschen und küsst Ran ziemlich leidenschaftlich ... und die wehrt sich nicht und macht anschließend auch keine sarkastischen Bemerkungen... – Na ja, natürlich kommen sie in dieser Szene noch nicht wirklich zusammen, sie verbuchen es vorerst als ‚Ausrutscher’ ... wegen der romantischen Stimmung bei ihrer ‚Inszenierung’ auf dem Ball...“ „Aha.“, meint Sho nachdenklich. „Klingt irgendwie auch nach einem vollen Drehplan.“ „Kann man so sagen.“, bestätigt Kyoko. „Allerdings werden wir das alles in vielen kleinen Takes drehen, es wird wohl heute keine größeren, zusammenhängenden Szenen geben. – Bis auf die beiden Tanzszenen wahrscheinlich.“ „Um noch mal auf die Kussszenen zurückzukommen...“, bemerkt Ren grinsend, wohl wissend, dass Kyoko im nächsten Augenblick wieder rot anlaufen wird. - Er soll Recht behalten. „Mach dir keine Gedanken deswegen, es ist wirklich nichts Besonderes. Es werden gefühlte 3000 Leute drum herum stehen und du wirst hauptsächlich damit beschäftigt sein, darauf zu achten, dass du richtig zur Kamera stehst, ansprechend posierst und gut ausgeleuchtet bist. Kurz: Es wird der unromantischste Kuss sein, den du je bekommen hast.“ „Na, du musst es ja wissen...“, murmelt Kyoko verlegen. „Wenn es jemand in dieser Runde weiß, dann wohl Ren-kun.“, behauptet Yashiro, der lachend aus einem Seitengang wieder aufgetaucht ist, ein Paar Gummihandschuhe an den Händen. „Himmel, was hast du so lange gemacht?“, fragt Ren verwundert. „Ich habe mit Takarada-san telefoniert.“, antwortet Yukihito geheimnisvoll. Offenbar will er nicht preisgeben, um was es in dem Gespräch ging. „Du sollst ihn später zurückrufen, es ist wichtig.“ Ren zögert einen Moment. Eigentlich würde er seinen Betreuer gern fragen, um was genau es geht, aber er vermutet, dass es sich um etwas handelt, das zumindest vorerst lieber unter vier Augen besprochen werden sollte. Also fragt er nur stirnrunzelnd: „Was Unangenehmes?“ „Es hörte sich nicht so an. Aber es scheint eine interessante Entwicklung zu geben. Alles Weitere fragst du ihn nachher besser selbst.“ Ren beschließt, es dabei zu belassen und vermutet im Stillen, dass es dabei um Kyoko geht... „Okay“, sagt er schulterzuckend und wendet sich darauf lächelnd an seine Spielpartnerin. „Komm, Kyoko-chan, ich denke, wir sollten rüber gehen, es geht sicher gleich los.“ Galant lächelnd reicht er ihr den Arm und führt sie zum Set, während die anderen grinsend, schmunzelnd oder einfach nur staunend zurück bleiben. „Wow!“, flüstert Sho fassungslos, „Ich geb’s nur ungern zu, aber irgendwie hat der Typ wirklich was... Der sieht nicht mal verkleidet aus in dieser Aufmachung...“ „Genau das Gleiche hab ich grad von Kyoko-chan gedacht.“, flüstert Kanae ihm grinsend zu. Unwillkürlich brechen die Beiden in Gelächter aus. „Cuuut!! – Okay, machen wir Schluss für heute!“, verkündet der Regisseur schließlich zufrieden. „Ich wünsche allen einen schönen Feierabend!“ „Eigentlich sind wir heute ziemlich weit gekommen; mit den vielen Komparsen war das gar nicht zu erwarten.“, findet sein Regieassistent. „Du hast Recht, Keita-kun“, stimmt Kurozaki zu, „wir sind inzwischen aber auch ganz schön verwöhnt; unsere Hauptdarsteller sind so engagiert, dass sie alle anderen mit ihrem Spiel mitreißen. – Eigentlich müssten wir auch viel mehr Pausen machen, aber ich finde es immer so schade zu unterbrechen, wenn es gerade so gut läuft.“ „Wenn das so weiter geht, sind die Dreharbeiten wesentlich schneller beendet, als wir ursprünglich geplant hatten.“, meint Keita Saonji grinsend. „Das wird eine Menge Kosten einsparen.“ „Du immer mit deinen blöden Kalkulationen!“, brummt der Regisseur. „Alte Krämerseele! - Natürlich wird es das, ... aber dann ist die Arbeit mit den Schauspielern schneller vorbei.“ Ein breites Grinsen breitet sich im Gesicht des Regieassistenten aus. „Du hast noch nie so viel Spaß beim Drehen gehabt, oder?“ „Nee.“, grinst der junge Regisseur zurück. „Manchmal denke ich echt, dass ich träumen muss; ich werfe sozusagen meine Idee in den Raum und entweder die Schauspieler machen genau das, was ich mir vorgestellt habe ... oder sie machen es noch eine Nummer besser. Es ist absolut faszinierend. Zusammen mit der erstklassigen Filmcrew sind wir ein unschlagbares Team, finde ich. Ich hätte nie gedacht, dass es so befriedigend sein kann, einen Spielfilm zu drehen.“ „Stimmt.“, meint Keita ernst, „Aber unsere Hauptdarsteller sind auch ein totaler Glücksfall.“ „Das war kein Glück.“, berichtigt Kurozaki grinsend, „Dass Tsuruga-san sein Handwerk versteht und äußerst diszipliniert arbeitet, ist ja allgemein bekannt ... und dass Kyoko Mogami ein unglaublich großes Potential hat, war mir schon beim Casting zu dem Kyulala-Spot klar. Ich hätte nur nicht gedacht, dass sie sich derart rasant entwickelt. – Nebenbei bemerkt, hat sich auch Kanae Kotonami ziemlich gemausert; nur Fuwa tut sich ein bisschen schwer, eigentlich hatte ich nach den Probeaufnahmen mehr erwartet.“ „Immerhin gibt er sich Mühe.“, beschwichtigt der Regieassistent. „Er ist recht diszipliniert bei der Sache, dafür, dass er noch eine Menge anderer Sachen um die Ohren hat, finde ich.“ Er lacht leise, als ihm das Bild des jungen Rockstars vor dem inneren Auge erscheint. „Aber vielleicht liegt das auch daran, dass Mogami-san keinerlei Skrupel hat, ihn ordentlich zusammenzustauchen, wenn er etwas verbockt oder sich nicht genug Mühe gibt.“ Der Regisseur fällt unwillkürlich in sein Lachen ein. „Glaubst du, die beiden haben was miteinander?“, fragt Keita nachdenklich. „Ich weiß nicht.“, meint Ushio und reibt mit den Fingerspitzen über seinen Bart. „Aber ich meine gehört zu haben, dass sie sich von früher kennen.“ „Kannst du bitte hier bleiben und Kyoko notfalls sagen, dass ich noch wichtige Telefonate erledigen muss?“, fragt Ren ernst. „Natürlich.“, sagt Yukihito lächelnd. „Aber ich glaube kaum, dass sie früher fertig sein wird als du; sie schien mir ziemlich erschöpft zu sein, es war ein sehr anstrengender Tag. – Geh nur in Ruhe telefonieren.“ „Danke dir. – Und du hast Recht, es war wirklich anstrengend heute, zumal wir praktisch den halben Vormittag an den Änderungen der Choreographie gearbeitet haben. Wenn sie Pech hat, hat Kyoko trotz aller vorbeugenden Tricks Blasen an den Füßen, die Schuhe zum Abendkleid waren eigentlich nicht genug eingetanzt und von daher wohl ziemlich hart und unbequem.“ Yukihito grinst schräg. „Oh, du wirst schon einen Weg finden, wie sie sich wieder erholt.“ „Ganz sicher.“, lacht Ren leise. „Auch wenn ich heute selbst ziemlich kaputt bin. – Bis später.“ Leise schließt er die Garderobentür hinter sich ab, während er bereits eine Nummer auf seinem Handy wählt. „Takarada-san?“, sagt er in den Hörer, als am anderen Ende abgenommen wird. „Ich sollte Sie zurückrufen; was gibt es Neues?“ Leise seufzend lässt er sich auf das kleine Sofa fallen und legt die Füße auf den kleinen Tisch davor. „Du hörst dich an, als hättest du einen anstrengenden Drehtag gehabt...“, mutmaßt Takarada ein wenig besorgt. „Es ging.“, winkt Ren grinsend ab ... und seufzt erneut leise. „Wir hatten wegen der viele Statisten natürlich vergleichsweise häufig NGs; aber das war ja zu erwarten. Außerdem waren die Tanzszenen auch nicht ganz ohne...“ „...vor allem, wenn man dabei seine frisch angetraute Ehefrau die ganze Zeit im Arm hält und sich nicht das Geringste anmerken lassen darf.“, ergänzt Rory. Sein schelmisches Grinsen kann Ren förmlich durch das Handy sehen. Diesmal seufzt der junge Schauspieler sehr tief. „Stimmt, das war weit schwieriger als die Kussszene; bei der muss man sich ohnehin ziemlich konzentrieren.“ „Was?“, macht Rory verwundert. „Du willst mir sagen, dass du ausgerechnet die Kussszene nicht in vollen Zügen genossen hast?! ...um nicht zu sagen ‚schamlos ausgenutzt’?“ Amüsiert lacht er auf. „Nein.“, behauptet Ren fest; beinahe scheint es, als sei er ein bisschen beleidigt. „Auch wenn es zugegebenermaßen ganz schön schwierig war.“ „Na ja, wie dem auch sei...“, meint der LME-Chef kichernd. „du wirst deine Entschädigung schon noch bekommen.“ Ren verdreht nur entnervt die Augen. „Wie läuft es mit Fuwa?“, wechselt Rory abrupt das Thema, als er sich wieder beruhigt hat. „Leidlich“, findet Ren. „Er nervt jeden Tag ein bisschen weniger. – Allerdings hat er heute gleich zwei Takes geschmissen, weil er nicht an sich halten konnte, als wir witzige Dialogstellen hatten. Vermutlich hat er einfach nicht damit gerechnet, dass Kyoko auch ein beachtliches, komisches Talent hat. Dummerweise ist sein Lachen ziemlich ansteckend, sodass die halbe Crew einen Lachanfall gekriegt hat. Nur Kyoko fand das ganz und gar nicht lustig. Sie hätten die Blicke sehen sollen, mit denen sie ihn bombardiert hat. Danach war er jedenfalls ziemlich schnell still. Aber jetzt mal zur Sache: Weshalb wollten Sie mich sprechen? Ich hatte keine Gelegenheit, mit Yukihito genauer darüber zu reden. Also was ist los?“ „Manno“, schmollt Rory, „wenn ich mich schon vornehm zurückhalte und extra nicht zum Set komme, obwohl ihr doch heute eure erste Kussszene hattet, kann ich doch wohl wenigstens ein bisschen Klatsch aus erster Hand erwarten.“ „Den haben Sie doch gerade bekommen, Takarada-san.“, meint Ren seufzend. „Sogar brühwarm.“ Langsam geht ihm die Geduld aus, er ist einfach zu müde, um Spielchen mit seinem spleenigen Arbeitgeber zu spielen. „Bitte kommen Sie zur Sache; ich kann mich schließlich nicht ewig in meiner Garderobe einschließen ... und ich möchte auf gar keinen Fall Kyoko unnötig beunruhigen. Also, zum letzen Mal: Was ist los?“ „Na gut.“, gibt Takarada ein wenig widerwillig nach. „Bei uns in der Agentur hat sich ein älterer Herr gemeldet und behauptet, Kyoko-chans Großvater zu sein.“ Ren schnauft sprachlos in den Hörer. „Hey, Ren-kun! Bist du noch dran?“ „Ja, ja. – Hmm... Großvater? Der Vater ihrer Mutter?“, hakt der junge Schauspieler alarmiert nach. „Nein, ihres Vaters.“, antwortet Rory aufgekratzt. „Das macht die Sache ja so interessant. – Kyoko-chan weiß schließlich gar nicht, wer ihr Vater überhaupt ist, oder?“ „Ja.“, bestätigt Ren nachdenklich. „Aber wieso meldet er sich erst jetzt?“ „Er behauptet, er hätte Kyoko-chan erst durch ‚Dark Moon’ bzw. die Talkshows zur Serie als seine Enkelin erkannt. - Ryuichi Hawatari heißt er übrigens. - Er war sich nicht zu 100% sicher und hat dann zunächst einen Detektiv mit Recherchen beauftragt.“ „Sehr mysteriös...“, findet Ren. „Wie schätzen Sie die Sache ein, Takarada-san? Ist das Ganze ernst zu nehmen?“ „Hm“, überlegt der LME-Chef laut, „das kann ich noch nicht sicher sagen. Ich werde natürlich meinerseits einen Detektiv auf den Herrn ansetzen. Außerdem werde ich mich demnächst persönlich mit ihm treffen, bisher haben wir nur telefoniert. Eins jedoch hat mich bei dem Gespräch mit ihm aufhorchen lassen: Er hat Saena Mogami als ‚die Erbschleicherin’ bezeichnet und mehr oder weniger deutlich gemacht, dass er sie auf keinen Fall involviert wissen will. Ich musste ihm ausdrücklich bestätigen, dass Kyoko mit ihrer Mutter absolut nichts mehr zu tun hat.“ Ren schnappt überrascht nach Luft. „Das spricht eigentlich für ihn...“ „Das meine ich auch.“, sagt Rory ernst. „Allerdings werde ich ihn trotzdem auf Herz und Nieren überprüfen, bevor ich auch nur in Erwägung ziehe, Kyoko-chan eine Begegnung mit ihm zuzumuten.“ „Das beruhigt mich ein wenig.“, meint Ren genauso ernst. „Ich halte dich auf jeden Fall auf dem Laufenden.“, verspricht Rory. „Aber erzähl Kyoko-chan vorerst nichts davon, sie hat im Moment wirklich genug um die Ohren.“ „Darauf können Sie Gift nehmen!“, bestätigt Ren nachdrücklich. „Ach, übrigens“, wechselt Rory erneut schlagartig das Thema. „ich hab gestern mit deinem Vater gesprochen. Er freut sich sehr darauf, deine Frau bald kennen zu lernen.“ Ren stöhnt unwillkürlich auf. „Heißt das etwa, er will allen Ernstes nach Japan kommen?!“ „Nun“, grinst Rory breit ins Telefon, „das wird sich kaum vermeiden lassen. Aber keine Sorge, der Medienrummel wird sich trotzdem in Grenzen halten, ihr werdet euch nämlich auf Okinawa treffen.“ „Doch nicht etwa bei den Dreharbeiten?!“, hakt der junge Schauspieler entsetzt nach. Rory genießt die rhetorische Pause, die er inszeniert, in vollen Zügen; sein Grinsen reicht inzwischen wahrscheinlich um den ganzen Kopf herum. „War dir noch gar nicht aufgefallen, dass die Rolle des Nathan Gray bisher noch gar nicht besetzt war?!“, lässt er dann geheuchelt überrascht die Bombe platzen. Im ersten Moment ist Ren sprachlos. Dann stöhnt er erneut auf. „Der große Boss im Hintergrund ... das passt ja wieder mal...“ „Mach dir keine Gedanken“, tröstet Rory ihn schmunzelnd, „er hat mir versprochen, sich zurückzuhalten.“ „Fragt sich bloß, wie lange er das duchhält...“, merkt Ren resigniert an. „Sie kennen ihn doch.“ „Sag das nicht.“, sagt Takarada ernst. „Es ist ihm wirklich sehr wichtig, es sich mit dir nicht noch ein Mal zu verscherzen. Hast du eigentlich eine Ahnung, wie maßlos stolz er auf dich ist? Du solltest mal hören, wie begeistert er von dir spricht.“ „Vermutlich übertreibt er es dabei einfach, wie üblich.“, brummt Ren abwehrend. „Sei nicht so ungerecht!“, fordert Rory milde. „Gib ihm eine Chance. – So viel Zeit vor der Kamera habt ihr doch ohnehin nicht zusammen.“ Ren seufzt leise. „Na gut.“, gibt er schließlich widerwillig nach. „Es bleibt mir ja sowieso nichts anderes übrig... Ich muss langsam Schluss machen, sonst wird Kyoko noch misstrauisch. – Mann, ich hasse es, solche Geheimnisse vor ihr zu haben.“, fügt er leise hinzu. „Mach dir keine Vorwürfe, vorerst ist es einfach besser so.“, findet Rory. „Bestell ihr liebe Grüße. Ich lass mich demnächst mal am Set blicken.“ „Ich sag es ihr. – Bis dann.“ „Macht euch einen schönen Abend; ich glaub, ihr könnt es beide gebrauchen.“ Seufzend schließt Ren Tsuruga die Wohnungstür hinter sich und lauscht für einen Moment den Geräuschen, die Kyoko auf der anderen Seite der Wohnung an „ihrem“ Eingang verursacht. Mit einem erleichterten Aufstöhnen lässt sie offenbar gerade lautstark ihre Schuhe auf die Fliesen im Eingansbereich fallen und setzt sich gleich darauf mit einem dumpfen Plumpsen auf die Schwelle der Parkett-Estrade, wobei sie hörbar die Luft aus den Lungen pustet. Einen langen Augenblick - in dem Ren sich seinerseits von seinen Schuhen befreit - bleibt es still, dann hört man ein verhaltenes Seufzen und gleich darauf ein leises Kratzen und Scharren. Ren stutzt, dann begreift er. >Jetzt hat sie es sich anders überlegt und stellt die Schuhe doch noch ordentlich hin.<, denkt er grinsend. Leise vor sich hin lachend begibt er sich ins Wohnzimmer und legt Tasche und Mantel auf dem Sofa ab. Er will sich schon genüsslich auf das breite Sitzmöbel fallen lassen, da kommt ihm ein leicht beunruhigender Gedanke. Eilig macht er sich auf den Weg in „Kyokos“ Küche. „Hab ich’s mir doch gedacht!“, sagt er vorwurfsvoll und mit deutlich gerunzelter Stirn, als er Kyoko dort hantieren sieht. Erschrocken dreht sie sich zu ihm herum. „Aber...“, beginnt sie stammelnd. „Nichts ‚aber’!“, tadelt Ren streng. „Ich hatte doch schon im Auto deutlich gemacht, dass du heute nicht mehr kochen wirst.“ Kyoko senkt schuldbewusst den Kopf. „Ich dachte...“, beginnt sie leise, wird jedoch sanft von Ihrem Mann unterbrochen. „Ich kann mir ziemlich gut vorstellen, was du gedacht hast“, sagt er schmunzelnd, „aber der Tag war verflixt lang heute und morgen Früh müssen wir beide wieder fit sein. Außerdem habe ich sowieso schon etwas bestellt.“ Ein triumphierendes Grinsen breitet sich in seinem Gesicht aus. „Wann denn bitte?“, fragt Kyoko ungläubig und stemmt herausfordernd die Fäuste in ihre Hüften. „Schon bevor wir losgefahren sind; das Essen müsste also jeden Moment unten ankommen.“ Noch bevor Kyoko ihrer Überraschung Ausdruck verleihen kann, hat Ren sie bereits auf dem Arm und trägt sie breit grinsend zum Sofa, um sich dort leise kichernd mit ihr niederzulassen. „Eigentlich wäre ich lieber mit dir Essen gegangen, aber ich glaube, wir haben heute beide keinen Nerv mehr, uns dem ‚Belagerungsrisiko’ durch irgendwelche Fans auszusetzen.“ „Das ist allerdings wahr.“, meint Kyoko leise. Ein warmes, elektrisierendes Kribbeln breitet sich langsam in ihrem Körper aus und überlagert nach und nach die Müdigkeit und Erschöpfung des langen Drehtages. Plötzlich ist sie sich Rens Nähe mehr als bewusst... Der junge Schauspieler lächelt sanft und küsst seine junge Frau zärtlich auf die Lippen. Ihm scheint es ähnlich zu gehen. „Weißt du“, sagt er schließlich, „Ich würde auch wahnsinnig gern mit dir auf einen echten Ball gehen. - Wenn der Tag heute nicht so Kräfte zehrend gewesen wäre, sogar am liebsten noch heute Abend.“ Kyoko schwankt zwischen Verlegenheit und leiser Empörung. „Du würdest mich heute wirklich noch mal auf hohen Schuhen nach Draußen scheuchen?!“, fragt sie, allerdings nur halbwegs entrüstet. Ren lacht leise und zieht sie sacht an sich, um ihr einen sanften Kuss auf die Stirn zu hauchen. „Nein, Hime-chan“, sagt er lächelnd, „heute nicht, das hab ich doch gesagt.“ Noch ein Mal lacht er leise. „Nein, nein, aber ich liebe es, einen ganz legitimen Vorwand zu haben, dich den ganzen Abend in meinen Armen zu halten ... und außerdem würde ich auch gerne mal mit meiner schönen Frau angeben ... wenigstens ein bisschen...“ Kyoko ist in Sekundenbruchteilen genauso sprachlos wie (überaus) rot... Glücklicherweise klingelt es in diesem Moment an der Tür. Das Essen ist da. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)