Dämonen, Engel und ein Drache von goldenchie (Fortsetzung zu "Enthüllungen und Geständnisse") ================================================================================ Kapitel 23: Nachbeben --------------------- Ja, ich weiß, ich bin spät dran. Entschuldigt. Aber im Moment hakt es einfach ein bisschen bei mir. Nicht, dass ich keine Ideen mehr hätte, aber ich hab zurzeit Schwierigkeiten mit der Umsetzung. Darum kann es sein, dass es auch bis zum nächsten Kapitel etwas länger dauert. Sorry. T_T So und jetzt Schluss mit dem Gejammer, ich will euch ja nicht länger als nötig auf die Folter spannen. ^^ Viel Spaß! „..........“ = wörtliche Rede >.........< = Gedanken kursive Worte sind betont ___________________________________________________________________________ ... „Könnten Sie bitte dafür sorgen, dass das Treppenhaus D geräumt wird, Takarada-san? – Ich bitte Sie wirklich nur ungern darum, aber ich denke zum einen nicht, dass Kyoko die ganze Strecke auf ihren eigenen Beinen schafft, nicht mal, wenn wir den Aufzug benutzen. ...was ich nicht möchte. Und zum zweiten glaube ich auch, es wäre nicht gut, wenn wir unterwegs jemandem begegnen...“ Stumm deutet er auf das Mädchen, dem inzwischen - vermutlich vor seelischer und körperlicher Erschöpfung - gespenstisch still die Tränen übers Gesicht laufen. Rory lächelt verständnisvoll und greift zum Telefon. „Kein Problem. Am besten setzt ihr euch noch einen Moment, das wird ein paar Minuten dauern.“ ___________________________________________________________________________ Nachbeben Ein paar Minuten später ist das bewusste Treppenhaus tatsächlich für die Öffentlichkeit gesperrt. Rory hat vorsichtshalber noch über die Sicherheitskameras kontrolliert, dass sich auch wirklich niemand mehr dort herumtreibt. Kyoko ist zwar immer noch reichlich blass, doch hat sie sich inzwischen wieder soweit gefangen, dass sie sich standhaft weigert, sich von ihrem Freund stützen oder gar tragen zu lassen. „Bist du sicher?“, fragt Ren besorgt. „Ja.“, lügt Kyoko nachdrücklich, obwohl ihre Knie nach wie vor ziemlich weich sind und obendrein der Alkohol, den er ihr vor ein paar Minuten eingeflößt hat, inzwischen seine Wirkung tut. [Nebenbei bemerkt: Es hat sich dabei um Kao Liang gehandelt, einen chinesischen Reisschnaps mit satten 62% Alkohol. ^_- Und er war nicht so kalt, wie er hätte sein sollen... Das Zeug kann man echt nur mit Minusgraden trinken.] Leise seufzend erhebt sie sich von ihrem Stuhl, knöpft den Mantel zu und begibt sich mit Ren zur Tür. Rina streicht ein Mal kurz über ihrer Rücken, raunt ihr ein „Pass auf dich auf!“ zu und begleitet sie, ebenso wie Yukihito und Rory bis ins Vorzimmer, wo der LME-Chef das Paar noch einmal aufhält. „Kommt ihr Beide mit euren Terminen morgen klar?“, fragt er überraschend fürsorglich. „Ich denke schon.“, antwortet Kyoko. Wir haben morgen sowieso nur Stunt-Training ... und das auch erst am Nachmittag.“ Ren sieht sie eindringlich von der Seite her an. Er ist da weit weniger optimistisch. „Ich sag Yukihito-kun rechtzeitig Bescheid, wenn wir absagen müssen.“, meint er trocken. Kyoko knirscht innerlich mit den Zähnen, aber sie hat einfach im Moment nicht genug Energie, um Kontra zu geben. Allerdings ist sie mehr denn je entschlossen, den Termin einzuhalten, zumal sie der Ansicht ist, dass es sie von ihren derzeitigen Problemen ablenken wird, wenn sie sich körperlich verausgaben muss. „Wie auch immer. Tut, was Ihr für richtig haltet.“, meint Rory und an seine Vorzimmerdame gewandt sagt er: „Das hier bleibt bitte unter uns, Sato-san. Auch die Vorkommnisse der letzten Stunde.“ „Selbstverständlich, Takarada-san.“, nickt die Frau. Sie ist ohnehin an Diskretion gewohnt und wäre nicht einmal im Traum auf die Idee gekommen, irgendetwas, das sich in oder um das Büro des LME-Chefs abspielt, weiterzuerzählen. Allerdings ist sie schon ein bisschen verwundert, dass ihr Chef das diesmal auch ausdrücklich von ihr fordert. „Gut“, meint Rory leise seufzend; auch für ihn war die letzte Stunde anstrengend. „Ihr Beide macht dann, dass ihr schnell nach Hause kommt und euch ausruht, während wir den Schlachtplan ausarbeiten werden und schon das eine oder andere regeln.“ Noch einmal wendet er sich an seine Vorzimmerdame. „Und Sie kommen bitte auch mit in mein Büro, Sato-san, wir werden sicher Ihre Hilfe brauchen.“ „In Ordnung.“, nickt sie. „Ich stelle nur schnell die Telefonanlage um.“ „Und rufen Sie bitte in der Rechtsabteilung an“, fügt Rory noch hinzu, „die sollen mir Jemanden schicken, der sich mit Familienrecht auskennt.“ „Diese Schnepfe hat mir meinen goldenen Kugelschreiber geklaut.“, grummelt Rory, als er sich wieder auf dem Sessel hinter seinem Schreibtisch niederlässt. Yukihito kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Nun tun Sie doch nicht so, als hätten Sie nicht genau damit gerechnet, Takarada-san! So wie sie ihn ihr unter die Nase gehalten haben.“ Rory schnaubt verächtlich durch die Nase. Die Vorzimmerdame betritt nun ebenfalls das Büro, Notizblock und Stift bereits in den Händen. Rory bedeutet ihr, sich zu setzen. „Was machen wir denn jetzt bezüglich der Einverständniserklärung?“, fragt Rina angespannt in die Runde. „Was sollen wir schon damit machen?“, antwortet Rory grinsend. „Wir werden sie schreiben.“ „Wie? Schreiben?“ Rina sieht ihren Chef verständnislos an. Yukihito hingegen scheint bereits zu verstehen, jedenfalls breitet sich ein schräges Grinsen in seinem Gesicht aus. „Ach deshalb die dreifache Ausfertigung bei der Empfangsbestätigung von Kyokos Geburtsurkunde!“ sagt er. „Normalerweise sind das bei solchen Gelegenheiten doch nur zwei. Ich hatte mich schon gewundert.“ „Unter anderem“, meint Rory und zwinkert ihm gut gelaunt zu. „Ich dachte, es wäre ganz sinnvoll, eine zweite Blanko-Unterschrift von der Dame zu haben. Sozusagen als Reserve. Darum hab ich unter die Blätter für den Mitarbeiterausweis, die sie ja einzeln unterschreiben musste, auch noch ein Blatt geschmuggelt.“ „Je mehr die Leute unterschreiben müssen, desto weniger kontrollieren sie, was sie da unterschreiben...“, murmelt Rina entgeistert. Schlagartig wird ihr klar, dass Rory Takarada noch deutlich durchtriebener ist, als sie bisher angenommen hatte; trotzdem jedoch steigen ihre Sympathiewerte für ihn gerade unmissverständlich an. „Aber Sie hatten das schon in die Wege geleitet, bevor Sie von Ren-kuns Plan wussten.“, wirft Yashiro nachdenklich ein. „Na ja, eine Unterschrift hätte ich auch dann von ihrer Mutter gebraucht, wenn ich für Kyoko-chan eine Adoption arrangiert hätte. Das war nämlich mein erster Gedanke.“, erklärt Rory achselzuckend ... und auf den verwirrten Gesichtsausdruck seiner Vorzimmerdame hin fährt er gleich mit den Erläuterungen fort und informiert sie umfassend über den derzeitigen Stand der Dinge. Sato-san ist dermaßen geschockt über die Ereignisse, dass keinerlei Kommentar dazu über ihre Lippen kommt. „Haben Sie eigentlich jemanden in der Rechtsabteilung erreicht?“, fragt Rory, nachdem er seine Ausführungen beendet hat. Irgendwie holt diese Frage die Vorzimmerdame wieder aus ihren reichlich fassungslosen Gedankengängen heraus. „Ja, natürlich“, antwortet sie wieder in gewohnt geschäftsmäßigem Ton, „Der Leiter der Rechtsabteilung wird in ein paar Minuten selbst hoch kommen.“ „Gut, dann werden wir diese Angelegenheit besprechen, wenn er hier ist. – In der Zwischenzeit sollten wir schon mal die weitere Vorgehensweise abklären. Ich denke, als allererstes sollten wir eine erstklassige und besonders diskrete Detektei engagieren, damit wir mehr über unseren ‚Gegner’ erfahren. – Ich möchte vor allem wissen, wie ihre sozialen Kontakte aussehen und ob sie irgendwelche einflussreichen Leute kennt; dann will ich Aufklärung über ihre finanzielle Situation; ich vermute nämlich, dass sie in Geldnöten ist und deshalb die Gelegenheit nutzt, sich an ihrer Tochter ‚gesund zu stoßen’.“ Sato-san notiert eifrig die Wünsche ihres Chefs. „Und außerdem“, fährt Rory fort, „möchte ich mehr über den Hintergrund und die Vorgeschichte zu Kyoko-chans Geburt wissen und warum sie ihre Tochter dann später einfach zu fremden Leuten abgeschoben hat.“ „Sie glauben, solche Frauen bekommen normalerweise gar keine Kinder, schon gar nicht ungewollt, nicht wahr?“, wirft Rina nachdenklich ein. „Es sei denn, sie versprechen sich etwas davon...“, ergänzt Yukihito trocken. „Vermutlich.“, bestätigt Rory düster. „Und das lässt auch den Schluss zu, dass diese Frau neben dem Geld vor allem an einem gesellschaftlichen Aufstieg interessiert ist.“ „Wozu ihr Kyoko-chan bei ihrem rasant steigenden Beliebtheitsgrad sicher schnell verhelfen könnte, noch dazu mit Ren Tsuruga als Sempai...“, bemerkt Yukihito grummelnd. „Habt ihr gesehen, wie diese falsche Schlange ihn taxiert hat?“ „Ja“, knirscht Rina durch die Zähne, „wie eine Raubkatze ein besonders lohnendes Beutetier. – Meine Güte, dabei ist sie doch viel zu alt für ihn! Vielleicht sollte man der Detektei noch auftragen, möglichst viel über die Motivation und die Schwächen von Saena Mogami herauszufinden. – Jedenfalls soweit das in der kurzen Zeit möglich ist.“ „Guter Gedanke!“, findet Rory und deutet seiner Chefsekretärin an, das ebenfalls zu notieren. „Wir sollten das zuständige Familienregister kontaktieren und dafür sorgen, dass die Hochzeit möglichst diskret über die Bühne geht.“, schlägt Yukihito unvermittelt vor. „Richtig.“, meint Rory. „Das werde ich persönlich übernehmen. Bitte besorgen Sie mir dazu die Namen und Telefonnummern der zuständigen Beamten und ihrer Vorgesetzten, Sato-san. Dann kümmere ich mich darum.“ „Jawohl. Das dürfte kein Problem sein.“ „Dann bleibt nur noch, eine kleine Hochzeitsfeier zu organisieren. Ich denke, das sollten wir in meinem Haus veranstalten, das ist am unauffälligsten. – Würdet ihr Beide mir dabei ein wenig zur Hand gehen?“ Fragend sieht er die beiden Betreuer an. „Eine Hochzeit ist doch schließlich ein freudiges Ereignis und sollte nicht nur ein bloßer, deprimierender Verwaltungsakt sein.“ „Gerne.“, sagt Rina grinsend und Yukihito gibt ebenfalls nickend seine Zustimmung. „Hach, schade, dass es nur ein ganz kleines Fest sein darf...“, seufzt Rory ein wenig unglücklich. >Gott sei Dank wird es lediglich das sein!<, denkt Yashiro zufrieden. >Andernfalls würde das so eine Art Groß-Event, mit dem weder Ren-kun noch Kyoko-chan so richtig glücklich wären... Schon gar nicht, wenn Takarada-san das nach seinem eigenen Geschmack ausrichten würde.< Rory kratzt sich nachdenklich das Kinn und scheint fieberhaft über etwas nachzudenken. „Ist noch was?“, fragt Rina angespannt. „Hm, ja... Ich überlege, wie ich meiner Enkelin das mit der Hochzeit von ihrem heiß geliebten Ren-san beibringe... Nicht dass sie noch mit einem unschönen Eifersuchtsanfall reagiert. – Es ihr zu verheimlichen wird jedenfalls mit tödlicher Sicherheit unmöglich sein.“ „Reden Sie doch einfach ganz vernünftig mit ihr.“, schlägt Rina ernst vor. „Soweit ich das mitbekommen habe, ist sie ein ganz cleveres Mädchen und wenn Sie ihr alles genau erklären, wird sie es bestimmt verstehen und keinen Ärger machen. Zumal Tsuruga-san ja auch nicht irgendeine dahergelaufene Tussi heiraten will, sondern ihre Onee-san...“ „Na gut, ich werde es versuchen.“, seufzt Rory. „Falls Sie Schwierigkeiten haben, rufen Sie mich ruhig an, dann rede ich noch mal mit ihr.“ Sie grinst plötzlich von einem Ohr zum anderen und zwinkert mit einem Auge. „Ich hab ein bisschen Erfahrung mit uneinsichtigen, zickigen Prinzessinnen... So und jetzt lassen sie uns die Zeit nutzen, bis der Leiter der Rechtsabteilung hier ist. Wie organisieren wir z.B., dass die Beiden möglichst ungesehen zum Familienregister kommen?“ Währenddessen haben die beiden jungen Schauspieler die Hälfte des Weges durch das gespenstisch leere Treppenhaus schweigend hinter sich gebracht. Kyoko hält sich schon seit geraumer Zeit beinahe krampfhaft am Geländer fest und setzt nur noch mechanisch einen Fuß vor den anderen, während Ren langsam neben ihr her geht und sie die ganze Zeit über stirnrunzelnd beobachtet. Als sie zum wiederholten Mal auf einem Treppenabsatz innehält und sich schwer atmend und leise zitternd ans Geländer klammert, legt Ren ihr eine Hand auf die Schulter und dreht sie mit sanfter Gewalt zu sich herum. „Bitte Kyoko, es ist genug, lass Dir endlich helfen!“, verlangt er leise. „Ich kann ja vollkommen verstehen, dass du dich von deiner Mutter nicht unterkriegen lassen willst. – Aber es nützt Niemandem etwas, wenn du dich jetzt völlig verausgabst und am Ende noch mit dem Fuß umknickst oder gar die Treppe runter fällst. Das wäre nämlich wirklich unprofessionell.“ Einen langen Moment sieht ihm das Mädchen forschend in die Augen, dann seufzt sie leise. „Mir ist so schrecklich kalt, Koon.“, murmelt sie verzweifelt. Ohne Zögern zieht der junge Schauspieler seine Jacke aus und wickelt sie schon im nächsten Moment zärtlich um das Mädchen vor ihm. „Das wundert mich überhaupt nicht.“, meint er trocken, während er sachte über ihre Wange streicht. „Zum einen ist es hier wirklich kalt und zum anderen hat deine Mutter vorhin eine dermaßen eisige Atmosphäre geschaffen, dass man schon ziemlich unsensibel hätte sein müssen, um es nicht mitzukriegen.“ Sanft nimmt er sie auf die Arme und macht sich erneut auf den Weg, während sich Kyoko zögernd an seine Brust kuschelt. Ren lächelt und küsst sie liebevoll auf die Stirn. „Brauchst du noch irgendwas aus deiner Wohnung?“, fragt er Kyoko als er sie später im Aufzug ihres Hauses vorsichtig auf dem Boden absetzt. Das Mädchen sieht ihn ein wenig verwirrt an. „Wieso?“ „Weil ich es für besser halte, wenn du heute bei mir übernachtest. Nur für den Fall, dass deine Mutter doch herausbekommen hat, wo du wohnst.“ Lächelnd streicht er ihr über das Haar. „Außerdem würde ich dich heute Nacht sowieso nicht alleine lassen ... und in meinem Bett ist einfach mehr Platz.“ Er lacht leise, als er bemerkt, wie Kyokos Gesicht sich rosa verfärbt. „Keine Sorge, ich werde ganz sicher nicht über dich herfallen, ich möchte nur nicht, dass du die ganze Zeit allein vor dich hin grübelst. – Also: Brauchst du noch was?“ „Ich weiß nicht.“, sagt Kyoko. Offenbar ist sie kaum in der Lage, klar zu denken. „Also, unbenutzte Zahnbürsten hab ich noch und ein Schlafanzug lässt sich sicher auch für dich finden.“, meint er grinsend. Kyoko lächelt müde. „Ich glaube, dann brauche ich nichts.“ „Ist dir noch kalt?“, fragt Ren besorgt. „Ein bisschen, aber nicht mehr so schlimm wie vorhin in der Agentur.“, antwortet Kyoko mit einem dankbaren Lächeln auf den Lippen und kuschelt sich für einen Moment noch ein wenig tiefer in Rens übergroße Jacke, die immer noch über ihren Schultern hängt. Dann hält sie plötzlich inne, seufzt leise auf und nimmt die Jacke langsam von ihren Schultern, um sie dann ihrem Freund zu reichen. „Hier. Am besten ziehst du sie wieder an.“, meint sie. Ren legt die Stirn in Falten und sieht sie fragend an. „Warum?“ „Ich denke, es wäre nicht gut, wenn wir so auf dem Flur jemandem begegnen. Außerdem werde ich auf dem kurzen Stück schon nicht erfrieren.“ „Wie du meinst.“, entgegnet Ren und zieht sich die Jacke wieder über. Inzwischen sind sie auf der richtigen Etage angekommen, die Fahrstuhltüren öffnen sich und die beiden können ungesehen den Flur betreten. „Am besten nimmst du erstmal ein heißes Bad, Kyoko.“, schlägt Ren vor, nachdem sie die Wohnungstür hinter sich geschlossen haben. „Ich bestell in der Zwischenzeit schon mal was zu Essen.“ „Aber ich hab wirklich keinen Hunger.“, gibt das Mädchen zurück, während sie ihren Mantel an die Garderobe hängt. „Kann ich mir vorstellen, Liebling.“, seufzt der junge Schauspieler. „Mein Appetit hält sich auch ziemlich in Grenzen, ... aber wir sollten wenigstens ein bisschen was zu uns nehmen; wir werden nämlich unsere ganze Energie brauchen, um die nächsten Wochen zu überstehen.“ Sanft nimmt er sie in seine Arme. „Du brauchst ja nicht alles essen.“ „Aber wozu dann bestellen? Ich kann doch auch eben...“, beginnt Kyoko, wird jedoch sofort von Ren unterbrochen. „Dich will ich mindestens in den nächsten acht Tagen in keiner Küche wirbeln sehen!“, fordert er bestimmt und nimmt ihr Gesicht zwischen seine großen Hände. „Ich möchte, dass du jede freie Minute nutzt, um deine Kräfte zu sammeln. Es wird sicher noch mindestens eine Konfrontation mit deiner Mutter geben und bei der solltest du so fit und souverän wie nur irgend möglich sein. Ich finde, sie sollte sich deinen Standpunkt anhören müssen, ... damit sie dich in Zukunft wirklich in Ruhe lässt.“ Kyoko seufzt tief. „Ehrlich gesagt, würde ich am liebsten überhaupt nicht mehr mit ihr reden. Ich will sie eigentlich nicht mal mehr sehen “, murmelt sie. Renn nimmt sie fester in die Arme und küsst sie sachte aufs Haar. „Vielleicht musst du das auch gar nicht. – Aber wir sollten besser auf alle Eventualitäten gefasst sein ... und darum werden wir uns ab morgen genauer überlegen, was du ihr sagen möchtest, wenn es dazu kommt. Und jetzt sieh zu, dass du in die Wanne kommst, du bist immer noch eiskalt.“ „Ja, du hast Recht.“, murmelt Kyoko und macht sich auf den Weg, um sich ein heißes Bad einlaufen zu lassen. Eine gute Stunde später haben die Beiden – freilich ohne rechten Appetit - ein wenig gegessen und es sich danach in Rens großem Bett gemütlich gemacht. Leise in sich hinein schmunzelnd betrachtet der junge Schauspieler sein Mädchen, das neben ihm in einem seiner kurzärmeligen Schlafanzugoberteile regelrecht in roter Seide zu versinken scheint. Lächelnd denkt er an den Tag zurück, an dem er sie zum ersten Mal so gesehen hat, ... bis ihm schlagartig auffällt, dass sie plötzlich noch stiller geworden ist als sie schon den ganzen Nachmittag war. Bei genauerem Hinsehen bemerkt er, dass sich allmählich Tränen aus ihren Augenwinkeln lösen. Ohne jeden Kommentar nimmt er sie in den Arm, streichelt sie zärtlich, drückt sie ab und zu an sich und tröstet sie wortlos so gut er kann. >Diese verdammte...! Mann!! Und ich hab mich über meine Eltern beschwert!<, denkt er, während er weiter versucht, Kyokos Schmerz ein wenig zu lindern. >Dagegen hatte ich es gar nicht mal schlecht getroffen. - Man kann meinem Vater ja einiges nachsagen ... und ihm sicher auch einiges vorwerfen, ... aber ich kann wirklich nicht behaupten, dass er mich nicht geliebt hätte... Eher hat er mich mit seiner Liebe erdrückt, ... wenn er denn mal Zeit für seinen Sohn hatte...< Zwei Stunden später – Kyoko ist gerade in seinen Armen eingeschlafen – vibriert Rens Handy leise vor sich hin. Rasch greift er auf den Nachttisch und nimmt nach einem kurzen Blick auf das Display das Gespräch entgegen. „Hallo Yukihito-kun.“, sagt er leise. „Grüß dich. Wie geht es euch?“, fragt der junge Manager am anderen Ende der Leitung. „Den Umständen entsprechend.“, antwortet Ren seufzend. „Kyoko hat sich stundenlang in den Schlaf geweint ... und ich fühl mich auch ziemlich ausgepowert. Ich fürchte, das wird eine ziemlich kurze, anstrengende Nacht. – Jedenfalls wenn ich dieses Gedanken-Karussel nicht doch noch loswerde.“ „Ich denke, du brauchst dir gar nicht so viele Sorgen zu machen. Wie es aussieht, hat Takarada-san die Sache bereits ganz gut im Griff.“, beruhigt ihn Yashiro. „Er hat sich regelrecht in Rage gearbeitet, nachdem ihr beide fort wart. – Meine Güte, war der nachher sauer! So habe ich ihn überhaupt noch nicht erlebt. – Saena Mogami kann wirklich froh sein, wenn sie aus Sache mit nur einem blauen Auge heraus kommt... Hat Kyoko-chan noch etwas zu der Sache gesagt?“ „Nicht viel.“, seufzt Ren. „Eigentlich nur, dass sie ihre Mutter in Zukunft am liebsten weder sehen noch hören will. – Ansonsten hat sie die letzten Stunden hauptsächlich geweint.“ „Ach, herrje!“, murmelt Yukihito mitfühlend. „Das wird Rina-chan gar nicht gerne hören.“ Ren horcht auf. >Rina –chan ?!< ... „Hn?“ „Du hättest sie erleben sollen, nachdem diese blöde Schnepfe weg war! “, erklärt Yukihito. „Erst war sie vollkommen sprachlos vor lauter Empörung, dann hat sie sich schon fast wie besessen in die Arbeit gestürzt ... und danach hat sie stundenlang Schimpftiraden auf diese Pseudo-Mutter abgefeuert.“ Aus dem Telefon kann man irgendeinen grummeligen Kommentar im Hintergrund hören, jedoch kann Ren weder erkennen, was gesagt wird, noch wer da spricht. „Ich nehme mal an, du musstest als Publikum dafür herhalten“, vermutet Ren schmunzelnd. „Ja. – Mehr oder weniger.“, gibt der junge Manager genauso schmunzelnd zurück.“ Aber es gibt nun wirklich Schlimmeres.“ „Was habt ihr überhaupt mit Takarada-san ausgeheckt?“, fragt Ren und sein Manager nutzt die Gelegenheit, ihn auf den neuesten Stand der Dinge zu bringen. Während der junge Schauspieler nun aufmerksam zuhört und ab und zu ein leises „M-hm.“ vernehmen lässt, streichelt er behutsam das Mädchen, das immer noch in seinen Armen liegt und sich hin und wieder ein wenig regt. Als Ren am anderen Morgen die Augen aufschlägt, liegt Kyoko ruhig atmend und leise seufzend mit dem Kopf auf seiner Brust. Der junge Schauspieler muss lächeln; von diesem Anblick und diesem wunderbar friedlichen Gefühl am frühen Morgen hatte er insgeheim schon geraume Zeit geträumt. Sachte streicht er ihr übers Haar und nimmt in tiefen Zügen ihren Duft in sich auf. Kyokos Finger zucken leicht und einen Moment später öffnet sie verschlafen die Augen. „Oh, entschuldige. Hab ich dich geweckt?“ „M-m.“, verneint Kyoko lächelnd und kuschelt sich erneut auf seine Brust, um weiter seinem beruhigenden Herzschlag zu lauschen. Nur langsam kommen ihr die Ereignisse des letzten Tages wieder in Erinnerung. Laut aufseufzend vergräbt sie schließlich ihr Gesicht unter seinem Arm, in der Hoffnung, die beängstigenden Gedanken zumindest noch für eine Weile aus ihren Kopf zu verbannen. Vergebens. „Mach dir bitte nicht so viele Sorgen, Hime-chan“, flüstert Ren ihr ins Ohr und küsst sie zärtlich auf die Wange. „Auch wenn die Sache noch lange nicht ausgestanden ist... Takarada-san scheint die Situation trotz allem schon ganz gut im Griff zu haben. Ich hab gestern Abend noch mit Yashiro gesprochen, als du bereits geschlafen hast. Und nach allem, was er so erzählt hat, scheint er die Sache nicht nur sehr ernst zu nehmen, sondern auch bis ins kleinste Detail durchzuplanen.“ Kyokos Kopf arbeitet sich wieder unter seinem Arm hervor. Fragend schaut sie ihn an. Ren erzählt ihr ausführlich vom gestrigen Telefonat mit seinem Manager und als er damit fertig ist, klingelt wie auf ein geheimes Stichwort sein Handy. „Nanu? Kobayashi-san?“, wundert er sich, als er den Namen auf dem Display erblickt. Schulterzuckend nimmt er ab. „Guten Morgen, Kobayashi-san. Was verschafft mir so früh am Morgen die Ehre?“ „Hm, na ja, ganz so früh ist es nun auch nicht mehr, Tsuruga-san.“, gibt Rina zu bedenken. Ein kurzer Blick auf den Wecker bestätigt ihre Worte. „Oh... Stimmt, da haben Sie Recht. Was gibt es?“ „Eigentlich nichts Besonderes. Ich wollte nur nachhören, ob es bei dem Stunttraining heute bleibt. Und da ich nicht wusste, ob Kyoko-chan schon ansprechbar ist, dachte ich, ich rufe besser Sie an.“ „Ach so, verstehe.“, antwortet Ren und sieht Kyoko forschend an. „Du willst immer noch zum Training heute, oder?“, fragt er sie. „Natürlich. Auf jeden Fall!“, kommt es prompt zurück. „Tja, sieht so aus, als würde mein Schatz stur bleiben.“, stellt er an Rina gewandt fest und lacht leise. „Möchten Sie selbst mit ihr sprechen? Sie ist zwar noch nicht so ganz wach, aber anscheinend munter genug, dass sie schon Streitgespräche führen könnte.“ „Nicht nötig. Sie kann mich ja später anrufen, wenn noch was sein sollte. Ansonsten sehen wir uns ja heute Nachmittag. – Aber bestellen Sie ihr liebe Grüße ... und dass wir alles Menschenmögliche tun, um ihr zu helfen. Entschuldigen Sie mich dann, Tsuruga-san, ich muss los. Yashi-kun drängelt schon, wir haben noch einiges zu erledigen.“ „Ja, gut, bis später.“, sagt Ren, dann legt er gedankenverloren auf. „Hmm, ‚Yashi-kun’...“, murmelt er. Kyoko sieht ihn verwirrt an. „Was?“ „Ich frage mich, ob uns da was entgangen ist...“,murmelt Ren nachdenklich. Da Kyoko seinen Gedankengängen anscheinend nicht folgen kann, erklärt er: „Gerade hat Kobayashi-san von Yukihito-kun gesprochen und ihn dabei ‚Yashi-kun’ genannt. Und gestern Abend hat er von ihr als ‚Rina-chan’ geredet. Hast du sie sich schon mal so nennen hören? Ich nämlich nicht. Aber das hörte sich beide Male so selbstverständlich an, dass ich mich frage, ob da nicht mehr zwischen den beiden läuft als nur eine kollegiale Freundschaft. Zumal Yukihito-kun gestern Abend, als ich mit ihm telefoniert hab, definitiv nicht allein war. – Leider konnte ich nicht verstehen, was da im Hintergrund gesagt wurde ... und ich konnte auch keine Stimme erkennen.“ „Meinst du?“, hakt Kyoko etwas skeptisch nach. „Aber das muss doch noch nichts heißen.“ „Na, ich weiß nicht. – Aber Yukihito-kun ist nicht unbedingt schnell mit vertraulichen Anreden, besonders Frauen gegenüber.“ „Wirklich? Aber mich hat er doch auch von Anfang an ‚Kyoko-chan’ genannt.“, wendet das Mädchen ein. „Das ist was anderes; dich hat er mehr als kleine Schwester betrachtet ... oder zumindest so was Ähnliches.“ „Du meinst, er hat mich nie als Frau gesehen.“, fasst Kyoko leicht frustriert zusammen. „Ich wusste es: Nur ein Dummkopf käme auf die Idee, ausgerechnet mich als ... na ja ... begehrenswert zu bezeichnen. Tolles Kompliment!“ Ren stutzt einen Moment, dann lacht er. „So, du willst also behaupten, ich wäre ein Dummkopf. Und vermutlich obendrein auch noch einer ohne jeden Geschmack.“, stellt er grinsend fest, während Kyoko gerade bewusst wird, dass sie sich – wieder einmal – vollkommen missverständlich ausgedrückt hat. „Nun“, meint Ren gelassen; sein Grinsen ist deutlich breiter geworden und er hat fast unbemerkt Kyokos Hand ergriffen, damit sie ihm nicht entkommen kann. „die Presse ist da durchaus anderer Meinung. – Ich kann dir gerne ein paar Artikel zukommen lassen, die glatt das Gegenteil behaupten.“ Langsam zieht er sie am Handgelenk zu sich heran und nimmt sie schließlich liebevoll in die Arme, während sein Grinsen nun schon fast sein Gesicht zu sprengen scheint. „Wahrscheinlich warst du dem guten Yashiro einfach ein bisschen zu jung, möglicherweise hat er sich auch von deiner offenen, ehrlichen, ein wenig naiven Art täuschen lassen...“ „Täuschen?“, fragt Kyoko verständnislos, während Ren ihr mit einer Hand unter den Schlafanzug fährt und ihr heiße Schauer durch den Körper schickt. „Ja, du hast Recht, ‚täuschen’ ist das falsche Wort. – Lass es mich so ausdrücken: Möglicherweise hat er dich wegen deiner unverblümt offenen Art zu sehr als junges Mädchen gesehen; jedenfalls hat er erst sehr viel später gemerkt, wie schön, wie begehrenswert und wie ... sexy du bist.“ Nachdrücklich zieht er sie noch näher heran und küsst sie leidenschaftlich, bis ihr fast die Luft wegbleibt. „Warum auch immer all die Kerle nicht das Potential in dir sehen konnten“, fährt er danach fort, „ich bin jedenfalls sehr froh, dass ich damit schneller war. – Denn jetzt gehörst du zu mir ... und ich werde dich nicht mehr gehen lassen, Hime-chan.“ Kyoko droht gerade der Verstand aus dem Gehirn auszuwandern, ... bis sie unwillkürlich daran denkt, dass auch ihre Mutter offenbar nichts Gutes an ihr hat sehen können, bevor sie zur Schauspielerin geworden war und damit Erfolg hatte... Als hätte er ihre Gedanken gelesen, drückt Ren sie liebevoll an sich; plötzlich hat seine Umarmung nichts Verlangendes mehr, sondern vielmehr etwas überaus Beschützendes. „Versuch, ein bisschen weniger zu grübeln.“, flüstert er. „Wir werden jetzt erstmal frühstücken und dann denken wir gemeinsam darüber nach, wie wir die Dinge regeln werden. – Obwohl ich ja fast befürchte, dass wir gar nicht mehr groß was dabei zu tun haben werden...“ Er lacht kurz auf. „Außer vielleicht noch, zum Familienregister zu gehen und eine Unterschrift zu leisten. Oh, da fällt mir was ein. Hab ich dir eigentlich schon erzählt, dass Takarada-san auf eine kleine Hochzeitsfeier besteht?“ Kyoko schüttelt halbwegs entsetzt den Kopf. „Doch, das tut er. – Ich hoffe nur, diese Feier wird wirklich klein. Die ‚richtige’ Feier soll es schließlich erst geben, wenn wir das Ganze auch in der Öffentlichkeit bekannt geben können.“ Ein bisschen widerwillig löst er sich von ihr und erhebt sich lächelnd aus dem Bett. „So, ich besorg jetzt mal was zum Frühstück.“ Einen Augenblick hält er inne und überlegt, dann nimmt er ihr Handy vom Nachttisch und drückt es ihr in die Hand. „Am besten rufst du jetzt deine Freundin an und bringst sie auf den neuesten Stand. Oder noch besser: Du verabredest dich mit ihr.“ „Aber sie ist doch heute Nachmittag sowieso beim Training dabei.“, wendet Kyoko ein. „Wo ihr nicht offen reden könnt ... und wo sie mit hoher Wahrscheinlichkeit schon bemerken wird, dass etwas nicht in Ordnung ist. – Sie kennt dich zu gut. Und wenn du sie wieder zu lange im Unklaren lässt, könnte sie diesmal vielleicht doch sauer reagieren. Und schließlich ist sie doch wohl ausgesprochen vertrauenswürdig, oder?“ „Ja, schon...“, druckst das Mädchen herum. „Mir ist klar, dass es nicht einfach ist, darüber zu sprechen, aber es wird dir sicher helfen, deine Gedanken zu ordnen und ein bisschen Distanz dazu zu gewinnen. – Außerdem könnt ihr euch auch ruhig hier bei mir treffen nach dem Training, dann erzähl ich notfalls zu Ende, falls du es doch nicht schaffen solltest. Hmm, mir ist es mir sowieso lieber, wenn du vorerst hier bleibst. Ich habe zwar gestern Abend noch mit dem Concierge gesprochen, dass er deine Mutter nicht hoch lässt und uns Bescheid gibt, falls sie unten auftauchen sollte, aber man weiß ja nie...“ Sachte küsst er sie auf die Stirn und gibt ihr mit einem leichten Schubs zu verstehen, dass sie am besten sofort mit Kanae Kotonami telefonieren sollte. Mit zitternden Fingern sucht sie die Nummer aus dem Adressverzeichnis, während Ren bereits im Bad verschwindet. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)