Tokyo Girl von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 7: ----------- Mit den Wochen wurde Kaoru zunehmender gereizter. Er redete kaum noch ein Wort mit jemandem und reagierte jedes Mal aggressiver wenn er angesprochen wurde. Eines Morgens, als er gerade aus dem Bad kam, hörte er noch genau die Tür knallen und sah einen vom Zugwind aufgewirbelten Zettel durchs Zimmer flattern. Er hob ihn auf und wollte ihn auf Kyos Bett legen, als er nebenbei einem Blick draufwarf und stockte. Er überflog die mit krakeliger Handschrift geschriebenen Zeilen und mit jedem Wort zog sich etwas enger in ihm zusammen. So war das also. Er ballte die Hand mit dem Zettel zur Faust und machte auf dem Absatz kehrt. „KYO!“ Der Blonde blieb stehen und drehte sich mit einem finsteren Gesichtsausdruck um. „Was?“ Das Knurren ließ auf schlechte Laune schließen. Kaoru hielt ihm den zerknitterten Zettel direkt unter die Nase. Kyos Augen weiteten sich, dann funkelte er seinen Gegenüber zornig an und riss ihm das Stück Papier aus der Hand. „Duu...“ grollte er. „Nein! DU!!! Du hast ihn verloren, ICH hab ihn nur gefunden und ihn dir netterweise nachgetragen, bevor ihn jemand anderes findet!! Kyo, du bist der dümmste Mensch dem ich jemals begegnet bin. Du bist kalt und lieblos, hast die Klauen immer einsatzbereit ausgefahren, läufst mit einer Maske aus Bösartigkeit umher und schreibst dahinter still und heimlich solche Texte!! Du fühlst dich ungeliebt?! Oh Kyo!! Du bist so verbohrt, tauch auf aus deiner Welt aus Schriftzeichen, und mach endlich die Augen auf!!! Es gibt direkt vor deiner Nase jemanden der dich mit Blicken verzehrt, nach deiner Aufmerksamkeit lechzt und alles dafür tun würde! Jemand der immer die Klappe hält und jede deiner Launen erträgt, der, wenn du ihm einen tödlichen Blick zuwirfst, immer noch lächelt, weil DU es warst!! Mein Gott Kyo, es tut mir weh ihn so zu sehen, immer voller Hoffnung und jedes Mal so traurig wenn du ihn nicht beachtest!! Aber du merkst es ja nicht mal, so festgefahren bist du auf den Gedanken, dass andere dich hassen wenn du eklig zu ihnen bist...“ Es klang bitter. Kyo sah nun ziemlich verwirrt drein. Nach einer Weile hob er den Kopf. „Wer?“ „Kai.“, sagte Kaoru kalt und ging. Später als er noch mal einen Abstecher ins Zimmer machte um Rukis Discman zu holen, saß Kai im Schneidersitz auf seinem Bett und legte Socken zusammen und Kyo lehnte unentschlossen an der Schrankwand. Kaoru ignorierte beide, schnappte sich den Discman und wollte wieder verschwinden. Allerdings bekam er noch mit, wie Kyo ihm einen missmutigen Blick zuwarf und sich dann vom Schrank abstieß um sich neben Kai auf sein Bett zu setzen. Draußen schlenderte er mit lauter Musik in den Ohren durch die Gänge. Keine Ahnung ob das richtig war, aber das war ja nicht mehr mit anzusehen... wie auch immer, zur Not bin ich halt schuld... ich werd mich mal bemühen, das Zimmer heute nicht mehr zu betreten... So verbrachte Kaoru seinen Tag mit rumsitzen, durch die Gegend spazieren und seinen Gedanken nachhängen. Im Morgengrauen, nach getaner Arbeit vermied er es dann sich in der Nähe der Treppe aufzuhalten und saß dann stundenlang mit dem Rücken zur Wand in einem der Gänge rum. Ich bleib hier einfach sitzen bis ich entweder Kai oder Kyo begegne und weiß, dass ich nich stör... Ungefähr eine halbe Stunde später vernahm er dann leise Schritte. Sein Herz begann schneller zu schlagen. Nein... Doch die Person die um die Ecke bog, war keiner von Hizumis Anhängern. „Na sieh mal einer an? Was macht denn Klein-Kao zu so später Stunde allein im Gang?“ „Halts Maul Uruha... Ich sitz hier, sieht man doch...“ „Macht’s Spaß?“ fragte Uruha mit hochgezogener Augenbraue. Kao schnitt eine Grimasse. „Unglaublich...“ „Komm rein.“ „Was?“ Uruha hatte die gegenüberliegende Tür aufgeschlossen und deutete ihm einzutreten. „Ich kann dich doch hier nicht so einfach sitzen lassen. Naja kann ich eigentlich schon, aber da du im Grunde noch nie in irgendeiner Weise Missfallen erregt hast... jetzt komm halt! Zulange auf kalten Steinen sitzen, kann zu Impotenz führen.“ Schweigend erhob sich Kaoru und betrat nach kurzem Zögern das Zimmer, dessen Tür die Aufschrift „Call me Master!“ trug. ................................................................................ Am nächsten Morgen schielte Kaoru vorsichtig ins Zimmer. Als er Kyos Bett leer vorfand seufzte er lautlos und betrat leise den Raum. Schnell zog er ein frisches T-Shirt aus dem Schrank und verschwand dann im Bad. Er war gerade dabei sich mit einer Bürste grob durch die Haare zu fahren, als eine leise Stimme hinter ihm erklang. „Danke...“ Er fuhr herum und blickte in Kyos ernste Augen. Dieser lehnte nur mit Boxershorts bekleidet und ziemlich verstrubbelt im Türrahmen. Kao musste wohl sehr verwirrt ausgesehen haben, denn nach einer Weile lächelte er leicht. „Ehrlich....“ Dann drehte sich um und verschwand wieder aus dem Bad. Kaoru drehte sich langsam wieder zum Spiegel um. Immerhin... kann ich andere glücklich machen... Und er schenkte seinen müden Augen, die ihm aus dem kalten Glas anschauten ein gequältes Lächeln. Ein paar Minuten später verließ er mit seiner üblichen ernsten Miene wieder das Zimmer. ............................................................................... Es war mal wieder an einem Ruhetag und Aoi und Reita hatten beschlossen ihren Jahrestag zu feiern. Natürlich nur im kleinen Kreis. Allerdings hatten sie drauf bestanden, dass wirklich jeder anwesend war und somit Kaorus Plan, dem Treiben unauffällig fernzubleiben, einen Strich durch die Rechnung gemacht. Kao saß eingezwängt zwischen Ruki und Reita auf einem der Sofas und versuchte sich unsichtbar zu machen. Ihm gegenüber lag Kai in Kyos Armen und schien eingeschlafen zu sein. „Sagt mal Leute, bin ich der einzige dem das hier so vorkommt, oder findet ihr auch, dass einige der Freier in letzter Zeit immer dreister werden?“ Lachend wandte sich Miyavi Aoi zu. „Die Freier im allgemeinen würde ich sagen ja, zu deinem persönlichen wage ich mich nicht zu äußern.“ Er zwinkerte ihm zu als dieser empört nach Luft schnappte. „Ja, hab ich aber auch festgestellt.“ mischte sich Ruki ein. „Und ich habe gehört wie sich zwei unterhalten haben, sie sind der Meinung, die jungen Stricher sind auch nicht mehr das was sie mal waren, wenn sie solche Gebrauchsspuren aufweisen wie es manche hier tun, muss für das viele Geld, dass sie hier lassen, eigentlich mehr geboten werden.“ Kaoru versteifte sich. „Find ich ja äußerst dreist, wer gebraucht sie denn so, dass sie solche Gebrauchsspuren überhaupt davon tragen?“ „Ja aber hallo...“ „Aber dagegen tun kann man auch nichts...“ „Wir könnten noch teurer werden.“ „Und weiter? Das macht’s ja nur noch schlimmer.“ „Vielleicht...“ mischte sich die ölige Stimme Hizumis ein, die Kaoru einen Schauer über den Rücken jagte. „Sollte einfach jeder von uns besser darauf achten, Gebrauchsspuren und andere Blessuren weitgehend vor den Freiern zu verstecken.“ Kaoru begann zu zittern. Beherrsch dich.. „Weil...“ fuhr Hizumi fort. „Wir es ihnen kaum verbieten können mit uns anzustellen was sie wollen, schließlich brauchen wir das Geld.“ „Halt den Mund.“ „Wie bitte?“ Kaoru hatte den Kopf die ganze Zeit gesenkt gehalten und blickte jetzt auf. Seine Augen waren dunkel. „Du sollst aufhören. DU bist der letzte der hier irgendwelches Geld braucht, DU hast die meisten Freier, DU hast eine der besten Positionen und DU weißt, dass Mana viel zu sehr auf dich angewiesen ist, als dass er dich wegen kleiner Fehltritte feuern würde, und deshalb denkst DU, du kannst tun und lassen, was du willst! Und das ist nicht richtig. So viele Seelen hast du getötet, ein Mensch besteht nicht nur aus Körper. Ja durch ihn ist er verletzlich, dadurch kann man ihn mundtot machen vor Angst, kann ihn zerstören, demütigen, den Willen brechen. Aber das ist falsch, so falsch. Ich schwör dir, eines Tages wirst du gequält werden wird dir gezeigt was es heißt wehrlos zu sein und sich von innen heraus auffressen zu lassen!“ Er sprang auf. Hizumi starrte ihn an und brach dann in heiseres Gelächter aus. Den anderen hatte es dir Sprache verschlagen. Ein klatschendes Geräusch ließ sie zusammenfahren. Mit verstörtem Blick hielt sich Hizumi die Wange und schaute zu dem vor Wut bebenden Körper Kaorus auf. In seinen Augen loderte kalter Hass. „Lach nur... du wirst sehen der Tag wird kommen, da wirst du dich an meine Worte erinnern und bereuen was du so vielen Menschen angetan hast, und dann wird es zu spät sein. Nichts vermag deinen kleinen mickrigen Körper mehr retten und dir wird die Stimme versagen, wenn du versucht um Hilfe zu flehen während und in den kalten Fluten deiner dich erdrückenden Gedanken ertrinkst- Halts Maul!!“ Zischte er als Hizumi den Mund öffnete. „Jetzt bin ich dran! Und wenn ich es bereuen werde!!....Du bist nichts ohne deine kleinen Freunde, die sich jetzt winselnd hinter deinem Rücken verkriechen und sagen würden ‚Er war’s, wir sind unschuldig’ wenn ich sie fragen würde. DU hast sie Angst gelehrt, wie jeden der hier neu angefangen hat. Ich bin nicht blöd. Von mir aus schlag mich das nächste Mal tot, es ist mir egal solange ich dieses eine Mal deine angsterfüllten Augen zu mir hochstarren hab sehen. Ich werde dir willig sein bist du die Lust an mir verlierst. Mich kannst du nicht weiter kaputt machen, aber glaub mir, dass mit jedem blauen Fleck denn du mir in Fleisch brennst, ein Fluch meine Lippen verlässt. Und jetzt fahr zur Hölle, Hizumi!“ Er schluckte, ballte die Hände zu Fäusten und verlies den Raum. Entsetzte Stille machte sich breit. Man schaute sich ungläubig um. „Was...“ Reita schluckte. „War das denn...?“ Draußen regnete es in Strömen doch Kaoru nahm es nicht mal wahr. So das war’s also... du hast die Beherrschung verloren... Klasse Kaoru... jetzt weiß jeder wie du dich hast demütigen lassen.. wie schwach du bist... wie....alles... Tränen vermischten sich mit dem Regen auf seinem Gesicht. Seine Fingernägel bohrten sich in die Handflächen, ohne dass er auch nur zusammenzuckte. Ich hasse mich. Ich bin das letzte... Vater ich wollte stark sein... Seine leisen Schluchzer gingen im stetigen Prasseln des Regens unter. Er achtete nicht darauf wohin seine Schritte ihn trugen. In ihm war es leer. Kein Gefühl, keine Regung. Ausgebrannt. Als er irgendwann wieder aufblickte musste er feststellen dass er sich wieder ganz in der Nähe des Queers befand. Ich kann nicht zurück gehen... Er blieb unschlüssig stehen. „Die anderen suchen dich.“ Erschrocken drehte er sich um. Ein Paar Schritte entfernt lehnte eine dunkle Gestalt an einer Straßenlaterne. „Ich...“ Seine Stimme brach. Toshiya löste sich von der Laterne und trat aus dem Lichtschein auf ihn zu. Sein Gesicht war ernst. Er kam noch einen Schritt näher und zog ihn dann in eine warme Umarmung. „Warum hast du denn nichts gesagt?“ Flüsterte er an seinem Hals. Kaoru kamen erneut die Tränen. Die anderen waren überglücklich dass er wieder da war. Kai konnte gar nich aufhören ihn schluchzend zu umarmen. Die meisten schenkten ihm nur betroffene Blicke, aus Kyos wurde er nicht schlau und Uruhas irritierte ihn irgendwie. Außer der üblichen Abschätzung hatte er irgendwie das Gefühl etwas wie Annerkennung herauszulesen. Aber seit den paar Stunden, die er in seinem Zimmer verbracht hatte, verstand er sowieso nichts mehr. Zutiefst verwirrt, durch all die Reaktionen beschloss er irgendwann schlafen zu gehen. Er schlug Kais Angebot ihn zu begleiten aus. Doch sein letzter Blick galt Toshiya, der sich die ganze Zeit im Hintergrund gehalten hatte. Aus ihm wurde er am allerwenigsten schlau. ............................................................................ Am nächsten Tag war alles wie immer. Keiner schenkte Kaoru mehr oder weniger Beachtung als sonst auch. Er fing höchstens mal den ein oder anderen forschenden Blick auf, also bemühte er sich, sich seinerseits nichts anmerken zu lassen, was allerdings nicht leicht war, da seine Gedanken von einer ständigen, unterschwelligen Angst durchzogen waren. Angst vor Hizumi. Vielleicht hatte er die Unterstützung der Anderen in diesem Fall, doch was könnte Hizumi davon abhalten sich noch ein letztes Mal an ihm zu rächen? Zero. Er fing Kao wie schon häufiger in einer dunklen Ecke ab. Kao brauchte ein paar Augenblicke um ansprechbar zu werden. Als Zero ihm besorgt die Hand auf die Schulter legte, zuckte er zusammen und schlug sie reflexartig weg. Allerdings entschuldigte er sich sofort. „Nein, ich hab mich zu entschuldigen.“, antwortete Zero mit bestürztem Blick. „In vieler Hinsicht...“ Er sah zerknirscht aus. „Ich, wir... wir haben viel falsch gemacht... Wenn ich darüber nachdenke wird mir ganz schlecht... auch deine Reaktion eben... Ich weiß, dass das alles nicht zu verzeihen ist, ich will trotzdem, dass du, dass du weißt dass es mir leid tut, auch wenn dir das jetzt nichts mehr bringt... und“, er schluckte. „Und dass wir die Bindung zu Hizumi abgebrochen haben. Du hattest Recht. Du hast uns so die Augen geöffnet. Wir waren auch nichts weiter als Marionetten in seinen Händen. Das war alles so... so was wie ein Spiel.. ich hab nie, niemals darüber nachgedacht, wie du...“ Seine Stimme drohte zu kippen. Kaoru hielt den Atem an. „Wir haben ihn vor eine Entscheidung gestellt.“ Er holte tief Luft. „Wir machen bei dem Scheiß nicht mehr mit. Wenn er uns als Freunde haben will, dann soll er sich wie ein Freund verhalten. Solange werden wir ihn meiden und ihn an jeglichem Alleingang hindern. Ich wollte, dass du das weißt und ich hoffe... ich hoffe, dass dich das irgendwie trösten kann..“ Er wich Kaorus Blick aus. Dieser schwieg. Vielleicht hätte er es doch nicht als sein Schicksal sehen sollen. Vielleicht hätte er sich früher wehren sollen. Vielleicht war er doch nicht so schwach wie es den Anschein hatte... „Danke.“ Zero schaute unsicher auf. „Ich... ich...hoffe du findest noch ein bisschen Glück hier...“, murmelte er und ließ den Violetthaarigen allein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)