Shooting Stars von Monkey-D-Suria ================================================================================ Kapitel 15: Tod --------------- Und so red ich mit dir wie immer und ich verspreche dir wir haben irgendwann wieder jede Menge Zeit. Dann werden wir uns wiedersehn, du kannst dich ja kümmern wenn du willst, dass die Sonne an diesem Tag auch auf mein Grab scheint. Dass die Sonne scheint. Dass sie wieder scheint. (aus „Nur zu Besuch“ von den Toten Hosen) Und wieder vergingen einige Tage, seit Ino mit Sai von der Mission in Hidden Tree Village zurückgekehrt war. In diesen Tagen hatte sie kaum Zeit dazu gehabt, sich mit Sai zu treffen, ja nicht einmal ihren Freizeitbeschäftigungen nachzugehen. Der Grund war: ihr Vater schien, warum auch immer, besonders mürrisch zu sein und seine Laune an ihr auszulassen. Zumindest kam es Ino so vor. Auf einmal musste dies und das im Laden erledigt werden und Ino – die sich ohnehin um die Kasse kümmerte – war zusätzlich dafür verantwortlich. Und war diese Arbeit fertig, so musste sie im Haushalt mithelfen. Überall und zu jeder Zeit, so schien es, verfolgten sie die kritischen Augen ihres Vaters, dem sie nichts recht machen konnte. Ach, wahrscheinlich bilde ich mir das Ganze nur ein, sagte sie sich. Vielleicht ist er wegen etwas anderem sauer … oder traurig. Aber wegen was? Was hatte ihr Vater? Ino genierte sich, zu fragen. Fest stand aber: sie stand in diesen Tagen total unter Stress. Und ein paar Tage später schlug die Laune ihres Vaters auch auf sie um. Mit einer Schnute und einer gerunzelten Stirn hatte sie den ganzen Laden geputzt und all ihre Kunden bedient (und musste sich auch noch anhören, dass der Laden nicht sauber genug war und sie nicht richtig mit den Kunden umging) – und nachdem der Laden geschlossen war, hatte ihr Vater sie darum gebeten, die tausende und abertausende dreckige Blumentöpfe, die im Geschäft gebraucht wurden, zu Hause zu putzen. Zornig schrubbte sie den Dreck von den Töpfen, der daran festzukleben schien – und ihr Vater saß ganz in der Nähe und begutachtete ihre Arbeit mit kritischem Auge. Mensch, die anderen amüsieren sich wahrscheinlich prächtig; es ist so ein schönes Wetter draußen, dachte sie, nur ich darf hier versauern und die Putzfrau spielen! „So, ich bin fertig“, sagte sie schließlich. Ihr Vater schaute mit einem Auge auf und sagte nur: „Nein, noch nicht!“ Ino drehte sich zu ihm um: „Aber wieso?“ Ihr Vater seufzte: „Schau, diese Töpfe da sind immer noch nicht ganz sauber. Da klebt noch eine Menge Erde daran. Außerdem will ich für unsere Kunden nicht nur saubere Blumentöpfe; man soll sich darin spiegeln können!“ - „Als ob die Kunden ihre Blumen danach aussuchen, wie stark der Topf blitzt!“, konterte Ino. „Ich kann nicht mehr! Kann ich nicht morgen weitermachen?“ „Keine Diskussionen! Und keine frechen Kommentare, bitte! Mach weiter!“ Ihr Vater wand sich wieder seiner Zeitung zu. Das Leben war ungerecht. Sie schrubbte hier in ihrem Garten (so hatte man die sauberen Töpfe stets zur Hand, wenn man die frisch gewachsenen Blumen eintopfen wollte) auf ihren Knien Blumentöpfe, die nicht sauberer aussehen konnten – und ihr Vater saß gemütlich daneben auf der Veranda und las die Zeitung. Am liebsten hätte Ino ihn mit Seifenschaum beworfen. Na ja … wenn das Sai oder Shikamaru wären, dann hätte sie es wohl schon längst getan. Sie seufzte. Und wieder einmal dachte sie gegen ihren Willen an Shikamaru. Was sollte sie denn dagegen machen? Was KONNTE sie machen? Immerhin aber hatte sie in den vergangenen Tagen nicht an ihn gedacht. Zumindest für eins war dieser Stress gut: dass sie all ihre Sorgen und ihren Liebeskummer vergaß. Sie beschloß, die Töpfe mit der Schuhbürste zu putzen und dazu eine kräftige Seifenlauge zu mischen – vielleicht würde das Ergebnis dann ihren Vater zufrieden stellen. Und als sie ihre Materialen geholt hatte, klingelte es an der Tür. Davon unabgelenkt und mit wachsender Wut polierte Ino die Blumentöpfe. Na ja … immerhin liess es sich mit Zorn besser putzen. Sie hörte daher nicht, wie ihre Mutter die Tür öffnete und mit ihrem Gast sprach. Erst als Frau Yamanaka den Gast mit in den Garten brachte, und sagte: „Schatz, da ist Besuch für dich“, schaute sie neugierig auf. Sie sah, wie ihr Vater sich von seinem Stuhl erhob und seinem alten Teamkameraden und besten Freund Shikaku Nara die Hand schüttelte. Daneben stand Shukakus Sohn, Shikamaru. Inos Herz sprang ein Satz in die Höhe und schien danach stehengeblieben zu sein. Ihr fiel auf, wie sie jetzt wohl aussehen möge – ihre Haare waren durcheinander, ihr Gesicht hochrot, ihre Klamotten nass und dreckig. Darüber hinaus saß sie auf den Knien vor diesen verfluchten Töpfen und hantierte mit einer dreckigen, stinkenden Bürste herum. Peinlich, peinlich … Konnte man mit der Bürste auch ein Mauseloch buddeln, in das sie sich verkriechen konnte? Und überhaupt – was machte er hier? Was wollte er hier? Shikamaru. Shikamaru. Temari. Paar. Zusammen. Sie selber – keine Chance mehr. Gebrochenes Herz. In ihren Kopf wirbelten die Gedanken nur so durcheinander. Die Scham wurde durch Zorn und Traurigkeit gleichzeitig ersetzt. Und jetzt – jetzt schaute er sie sogar an und grinste. Ino knurrte, wandte sich wieder ihrer Arbeit zu und putzte die Töpfe mit besonderer Gewalt. Was gab es denn da zu lachen? Okay, sie sah nicht besonders toll aus, aber wer tat es denn beim Putzen überhaupt? Klar, Shikamaru, dieser endfaule Kerl, hatte in seinem ganzen Leben sicher nie ein Lappen angerührt – woher sollte er also die Antwort auf diese Frage wissen? Eigentlich war es nur Zufall, dass Shikamaru heute hier war. Wie üblich hatte er den ganzen Tag lang lustlos in seinem Bett gelegen, bis sein Vater hereingekommen war und ihm seine Idee mitteilte. Shikaku Nara wollte ganz spontan mit seinen Kumpels Inoichi Yamanaka und Chouza Akimichi in das Restaurant gehen und wenn Shikamaru mitkäme, so meinte dieser, würden auch die Kinder seiner Freunde – Choji und Ino – dabei sein. So wären gleich zwei Teams beisammen und sie hätten sicher eine Menge Spaß. Bei dem Wort „Spaß“ entfuhr Shikamaru direkt ein „Mendokusee“, doch schon im nächsten Moment wurde ihm die Idee seines Vaters im vollsten Ausmaß klar. Er hoffe sehr, dass es klappen würde. Dass auch Ino mitkäme. Das wäre die ideale Gelegenheit, reinen Tisch zu machen. Und vielleicht … vielleicht würde sie danach sogar seine Freundin werden. Seine FESTE Freundin. Um seine Vorfreude gekonnt vor seinem Alten zu verstecken, zuckte er nur die Achseln und murmelte: „Meinetwegen. Wenn du dir was in deinen Kopf gesetzt hast, lässt du eh nicht davon ab. Mit dir zu streiten ist ‚mendokusee’!“ „Junge, wenn ich, immer wenn ich dieses Wort von dir hören würde, dafür 10 Yen bekäme, dann wäre ich schon längst Millionär!“, brummte Shikaku Nara. Sein Sohn zuckte erneut gleichmütig mit den Achseln. „Was soll’s? So bin ich halt!“ „Wie auch immer – es freut mich, dass du mitkommst. Aber in fünf Minuten geht es los!“ Mit diesen Worten hatte Herr Nara Shikamarus Zimmer verlassen. Und so war er mit seinem Vater losgezogen, um mit Inoichi Yamanaka zu reden. Danach würden die die Akimichis aufsuchen. Er wollte sich dies nicht eingestehen, aber er hatte sich die ganze Zeit darauf gefreut, Ino endlich wiederzusehen. Und als Frau Yamanaka die Tür geöffnet, sie begrüßt und zu ihrem Mann in den Garten gebracht hatte, hatte er die Zeit damit verbracht, Ino zu suchen. Sie war im Garten und machte die Blumentöpfe sauber. Er lächelte vor Freude, sie zu sehen. Außerdem musste er sich eingestehen, dass sie selbst mit rotem Kopf, wie wild abstehenden Haaren und nassen Klamotten hübscher war, als jedes andere Mädchen auf der Welt. Sie hatte ihn bemerkt, ihr Gesicht verzog sich und sie ignorierte ihn gekonnt, indem sie die Töpfe, die sie schrubbte, ansah. Dabei musste er wieder grinsen. Sie war halt ein verfluchter, schnell gereizter Sauertopf, dachte er, aber irgendwie ... mochte er das. Sie sah zwar am hübschesten aus, wenn sie lachte, aber … wütend sein stand ihr auch nicht schlecht. Sein Vater unterhielt sich mit Herrn Yamanaka und dieser schien höchst erfreut über die Idee, heute wegzugehen. Er lobte seinen Freund für diesen Einfall. Und Frau Yamanaka kam und brachte ihnen allen ein Glas Wasser. Sie tranken davon, unterhielten sich und dann platzte Herr Nara heraus: „Was ist denn mit Ino – würde sie auch mitkommen? Wenn Chouzas Junge dabei ist, hätten wir dann eine tolle Runde!“ Inos Vater dachte kurz nach, doch anstelle seinem Freund zu antworten, rief er Ino laut zu: „Ino, Shikaku hier – ich meine: Herr Nara – hatte die glänzende Idee, dass wir jetzt alle zusammen eine Runde essen gehen. Das heißt: wir vier und Chouza Akimichi mit seinem Sohn – wenn sie denn auch mitkämen. Was sagst du dazu?“ Ino durchfuhr ein Schrecken. Sie sollte mit Shikamaru weg gehen? Na ja … eigentlich indirekt. Ihr Vater wäre dabei und sein Vater. Und natürlich Choji mit seinem Vater. Aber trotzdem. Sie würde ihn den ganzen Abend lang sehen. Er wäre sicher total lieb zu ihr. Oder schlecht gelaunt, wie er es früher stets war. Das war egal: denn alles würde sie daran erinnern, wie sehr sie ihn doch liebte und dass sie ihn vergeblich liebte. Mensch, Temari, du hast so ein Glück, weißt du das, dachte Ino und unterdrückte ihre aufkommenden Tränen. Zornig schüttelte sie den Kopf und antwortete ihrem Vater: „Geht ruhig, aber ohne mich. Schließlich muss ich ja noch diese Blumentöpfe spiegelblank putzen!“ Sie legte so viel Ironie und Seitenhiebe in die Worte hinein, wie nur möglich, doch ihr Vater winkte ab und sagte: „Ach, lass sie einfach stehen. Darum kümmerst du dich morgen.“ Nanu? Was war denn in ihn gefahren? Vorhin war er noch so gereizt und jetzt das? Und … wieso zum Teufel musste dieser Blödmann von Shikamaru andauernd grinsen? Sie seufzte und konterte: „Man muss seine Arbeit immer zuende bringen, wie du immer so schön sagst. Und außerdem … ich kann ohnehin nicht, denn … denn … denn wenn ich damit fertig bin, gehe ich zu Sai; ich bin nämlich mit ihm verabredet!“ Sie unterdrückte ein Kichern und beglückwünschte sich selber zu dieser einmaligen Reaktion. Es war nicht nur eine tolle Ausrede; es war ein brillanter Schachzug von ihr, weil Shikamaru vielleicht eifersüchtig werden würde. Aber nur vielleicht. Schließlich liebte er Temari. Shikamaru war nicht eifersüchtig. Er hatte Inos Taktik durchschaut. Was war es denn sonst? Sai hatte ihm vor einigen Tagen noch klipp und klar gesagt, dass zwischen ihm und Ino nichts laufen würde, weil diese in ihn selber, in Shikamaru verliebt war. Jetzt, da wo er es wusste, ging es ihm deutlich besser. Wenn Ino versuchte, ihn eifersüchtig zu machen, dann hatte Sai Recht: ihr lag immer noch sehr viel an Shikamaru selbst. Er grinste nur noch breiter, doch dann schaffte er es, das Lächeln in einen Biss auf seine Lippe umzuwandeln – er wollte nicht, dass es Ino falsch interpretierte. Ino dagegen war sein Lächeln nicht entgangen, auch wenn er sich danach blitzschnell auf die Lippen gebissen hatte. Was war denn in ihn gefahren? Machte er sich etwa über sie lustig? Idiot. Blödmann! Sie wurde noch zorniger und folglich klappte das Putzen noch besser. Sicher – er konnte ja lachen! Er hatte eine Freundin. Er konnte sich über ihre Wut und Traurigkeit lustigmachen. Was machte er denn hier sonst? Wie war dieses Lächeln denn sonst zu verstehen? „Och, das ist natürlich schade, Ino!“ Herr Nara war sichtlich bestürzt. „Aber da kann man auch nichts machen. Viel Spaß noch euch beiden und vielleicht ein anderes Mal!“ „Ja, sicher, ein anderes Mal klappt das bestimmt! Es tut mir leid, Herr Nara!“, murmelte sie. Er lachte. „Mach dir nichts draus!“ Ihr Vater hatte sie mit hochgezogenen Augenbrauen angeschaut, doch dann zog er seinen Freund und Shikamaru aus dem Garten, damit sie weg gehen konnten. „Tschüss, Ino!“, rief Shikamaru, aber sie antwortete nicht. Stattdessen warf sie mit einem Schrei die Bürste auf die Stelle, wo er zuvor gestanden hatte. Die ganze Nacht über dachte sie an sein Grinsen. Doch so sehr sie überlegte: sie fand einfach keine Antwort auf die Frage, wieso er gelächelt hatte. Am nächsten Tag verschwand ihr Vater in das Büro des Geschäftes, um die monatliche Buchhaltung durchzuführen. Sie selbst musste wieder einmal an der Kasse stehen. Der Arbeitstag war schon fast vorbei; wie üblich war kurz vor Ladenschluss nur wenig los - einige der Kunden schauten sich im Laden um und Ino, die sie zuvor willkommen geheißen und beraten hatte, beobachtete sie. Dann klingelte die Ladenglocke am Eingang erneut. Sie setzte ihr strahlendstes Lächeln auf, drehte sich zur Tür und sagte: „Willkommen, was kann ich für Sie …“ Ihre Stimme erstarb. Und ihr Lächeln rutschte ihr vom Gesicht, wie Butter von einer heißen Kartoffel. Es war Shikamaru. Shikamaru hatte das Geschäft betreten. Neugierig schaute er sich nach allen Seiten hin um und ging dann zielsicher auf die Kasse zu – dort, wo sie auch stand. „Was kann ich für dich tun?“, beendete Ino ihre Frage, allerdings ohne den zuvor eingesetzten Enthusiasmus. ARGH! Musste er wieder so frech und schelmisch grinsen? Am liebsten hätte sie ihn gleich wieder rausgeworfen. „Es gibt schon etwas, aber das hat nichts mit Blumen zu tun!“ Das war seine kecke Antwort. Unverschämtheit! Am liebsten hätte sie ihn am Kragen gepackt und kräftig durchgeschüttelt, wie sie es früher immer getan hatte. Bevor sie sich in ihn … bevor dieser Valentinstag passiert war. Aber Kunde war Kunde. Und der Kunde ist König. Auch wenn er dieses Mal dieser Dummkopf von Shikamaru war. Aber sie konnte sich dennoch nicht mehr beherrschen. Ironisch sagte sie: „Das gibt es doch nicht! Du in einem Blumenladen? Und … da fällt mir ein … es ist das erste Mal überhaupt, dass du in unserem Geschäft auftauchst! Eine echte Premiere, dafür sollte ich dir glatt eine Blume gratis schenken!“ Daraufhin grinste er noch breiter und fragte: „Welche Blume soll ich dann nehmen – kannst du mich denn nicht beraten?“ Ino spürte, wie der Teekessel der Wut ihren Siedepunkt erreichte. Sie knurrte laut und fuhr ihn an: „Dann such dir gefälligst eine Blume aus und verschwinde!“ Demonstrativ drehte sie sich um und wandte sich in Richtung der Blumentöpfe, die im Regal rechts vor ihr standen. Sie gab vor, die Blumen darin zu pflegen und zu gießen, auch wenn diese im einwandfreien Zustand waren. Egal – hauptsache, sie entging diesem Idioten! Was war bloß in ihn gefahren? Vor einigen Wochen noch konnte man froh sein, wenn sich sein Mund wenigstens zu einem Ansatz von einem Lächeln verzog. Und seit gestern grinste er pausenlos wie ein Honigkuchenpferd. Und – sonst gab er immer kurze und knappe Antworten, wobei jedes zweite Wort „Mendokusee“ oder „Keine Lust“ waren. Und heute – ja, was war heute? Flirtete er etwa mit ihr? Ach Quatsch! Ino Yamanaka, hör auf, am helligsten Tag zu träumen, sagte sie sich. Wieso sollte er dich denn bitte anbaggern? Er hat schon ein Mädel, das er sooft anmachen kann, wie er will! Aber was sollten sonst diese ganzen Sprüche? Echt rätselhaft das Ganze … Shikamaru musste wegen Inos Verhalten von vorhin ein wenig kichern und auch jetzt noch lachte er. Auch wenn sein Versuch, ein wenig mit ihr zu flirten, deutlich misslungen war. Aber das war ohnehin klar gewesen. Denn Ino wusste ja noch immer nicht, dass er nur sie liebte. Wie denn auch – er hatte es ihr noch nicht gesagt! Wie sollte es gehen? Vor allen anwesenden Kunden, im Laden ihrer Eltern? Und außerdem – irgendwie machte es Spaß, diese Sprüche zu bringen und zuzusehen, wie sie dadurch vollständig aus dem Konzept geriet. Er grinste schelmisch. Außerdem verstand er sie klar und deutlich. Jetzt verstand er ihr Verhalten, ihre Wut – alles. Sie wollte damit einfach nur überspielen, dass sie noch immer wegen ihm und Temari verletzt war. Sie kämpfte stets mit ihrem Dilemma, ihn andererseits nicht aus dem Kopf zu kriegen und es andererseits zu versuchen, weil sie – natürlich irrtümlich – dachte, er gehöre bereits einer anderen. Verdammt! Wieso mussten diese blöden Kunden auch im Laden sein? Jetzt wäre wohl der perfekte Zeitpunkt gewesen! Nein. Er musste nach einem anderen Moment suchen, einem, der noch perfekter war. Irgendwas … muss ich mir überlegen, dachte er, als er das Geschäft durchschritt und die zahlreichen Blumenvasen begutachtete, ich habe es: ich … Ein zerberstender Knall, gefolgt vom markerschütternden Kreischen, schnitt durch seine Gedanken, wie ein Blatt Papier. Erschrocken schaute er auf und drehte sich in Richtung des Schreies. Auch die anderen Kunden zuckten zusammen und wandten sich murmelnd um. Ino saß auf dem Boden vor dem Regal mit den Töpfen; vor ihr ein Mischmasch aus Tonscherben, Blumenerde und den Überresten einer Blume. Anscheinend hatte sie im Regal sauber gemacht und dabei diesen Blumentopf fallen lassen. Besorgt näherte er sich ihr und ein erneuter Schrecken durchfuhr seinen Körper. Ino schaute verzweifelt auf ihre Hände. Diese bluteten wie verrückt; auf jeder inneren Handfläche prangte jeweils ein tiefer und langer Riss. Inos Blut tropfte auf den Boden und vermengte sich mit der Blumenerde. „Oh, mein Gott! Ino, bist du in Ordnung?“, fragte Shikamaru entsetzt. Sie hörte ihn aber nicht. Mit Tränen in den Augen murmelte sie: „Oh, nein, diese schöne Blume … so groß und teuer … kriege bestimmt mächtig Ärger!“ Und wie auf Abruf erschien dann auch ihr Vater im Laden. Angelockt durch den Knall und die Schreie seiner Tochter, hatte er sein Büro verlassen und fragte nun: „Was soll denn der ganze Lärm?“ „Ino, komm, wir müssen zum Arzt!“ Shikamaru packte sie am Ellbogen, um sie dazu zu bewegen, aufzustehen und mitzukommen. Doch sie merkte nichts und sagte nur: „Bitte, Vater … ich … bitte entschuldige, es … ich habe es … nicht gewollt!“ Mit großen Augen schaute Herr Yamanaka von Inos verzweifeltem Gesicht zu ihren Wunden an den Händen bis hin zur zerbrochenen Blume. Und dann verengten sich seine Augen zu Schlitzen: „Du … du hast doch nicht etwa … die Petunie zerbrochen? Du weißt doch, wie viel Mühe sie mich gekostet hat?“ „Papa, bitte, ich“, murmelte Ino kleinlaut. Er aber hörte nichts und fuhr fort: „So viel Mühe und alles umsonst! Ich fasse es einfach nicht! Und dieser teure Topf! Wie kann man nur so ungeschickt sein?“ Diese Worte durchbohrten Inos Herz, wie ein Presslufthammer Beton. Sie hatte sich hier verletzt, vielleicht sogar ernsthaft – und die einzige Sorge seines Vaters war seine geliebte Petunie? All ihre Bitterkeit, ihre Traurigkeit, war wieder da. Ihr Vater ärgerte sich über jeden Fehler ihrerseits. Andererseits – besondere Leistungen, die sie erbracht hatte (wie beispielsweise der Erfolg auf ihrer letzten Mission), wurden nie von ihm gelobt. Vielleicht … vielleicht wäre es wirklich besser gewesen, wenn sie ein Junge gewesen wäre. Aber … das tat weh. Verdammt weh. Viel mehr, als diese Schnitte auf ihren Händen. Sie liebte ihren Vater sehr. Wirklich sehr. Und er – liebte eine Petunie mehr als sie. Schluchzend richtete sie sich auf, schüttelte Shikamarus Arm an ihrem Ellbogen ab und funkelte ihren Vater an. Dann trat sie voller Wut auf die Überreste der Petunie – und daraufhin hielt sie es nicht mehr aus und lief weinend aus dem Laden hinaus. „Ino! Oi, Ino!“, rief ihr Shikamaru hinterher, aber sie hörte ihn nicht. Sie hörte gar nichts mehr. „Mendokusee“, schimpfte Shikamaru und rannte Ino hinterher. Er hörte nur noch, wie jemand hinter ihm leise „Was habe ich getan? Ino, es tut mir leid!“ flüsterte, als er die Ladentür hinter sich schloss und sich draußen nach ihr umsah. Es war keine Spur mehr von ihr zu sehen. Er sah in jede Richtung und konnte nichts erkennen. Leise fluchte er vor sich hin. Dann aber fielen ihm die Blutstropfen auf dem Asphalt ins Auge – zweifellos kamen die von Inos Wunden auf den Händen. Sofort lief Shikamaru dieser Blutsspur entlang. Ino hatte nicht darauf geachtet, dass sie eine Blutsspur hinter sich liess, als sie weg lief. Sie hatte auch total vergessen, dass ihre Hände immer noch aufgeschnitten waren. Auch vernebelte ein dicker Tränenschleier ihre Sicht. Sie benahm sich wie jemand, der unter einer Psychose stand. Es war alles egal. Sie wusste nur, dass sie lief. Aber wohin? Schluchzend folgte sie einfach dahin, wo ihre Füße sie hin trugen. Nach einer Weile stolperte sie über einen Stein und fiel der Länge nach hin. Lange lag sie so da und heulte. Sie weinte richtig und laut. Dann richtete sie sich schniefend auf und wischte sich über ihre Augen. Erst dann sah sie, dass sie an der Wiese neben dem Hokage-Relief gelandet war. Dort, wo sie einst Shikamaru das Geheimnis der mit Gräsern umwickelten Rose anvertraut hatte. Dort, wo er immer seine Freizeit verbrachte. Wieder fing sie an zu weinen. Oder heulte sie immer noch? All ihre Emotionen, all ihre Sorgen brachen nun auf einmal aus ihr heraus. Sie war allein. Ganz allein. Und Sai? Er war nur ein guter Freund, mehr nicht – er hatte doch nur Freundschaft mit ihr geschlossen, als er von ihrer Misere erfahren hatte. Sonst hätte er das doch nie getan! Sicher hätte er das! Er hatte ihr oft zu verstehen gegeben, dass er sie mochte. Nein, sagte sie sich. Nein, Ino, rede dir das bloß nicht ein. Du hast keine Freunde. Choji und Shikamaru mögen dich nur als Teamkameradin. Für sie bist du nichts weiter! Und dann hattest du einmal schon eine tolle Freundin gehabt, die dich wie Dreck behandelt hat! Aber daran bist du eigentlich selber Schuld – wie konntest du auch nur daran denken, dich in denselben Jungen, wie sie, zu verlieben? So was machten Freundinnen nicht! Und Shikamaru? Shikamaru hat sich sogar einen Spaß mit dir erlaubt! Er hat dich dazu gebracht, sich in dich zu verlieben, auch wenn er schon eine Freundin hatte! Wie war das Leben ungerecht!!! Sie liebte ihn. Sie liebte ihn so sehr. Sie liebte ihn immer noch. Warum war das so ungerecht? Schniefend ging sie langsam die Wiese entlang und stand vor dem riesigen Abgrund. Darunter konnte man das ganze Dorf erkennen. Dort irgendwo war auch ihr Haus. Aber war das auch wirklich IHR Haus? Sie war doch vollkommen unwillkommen!!! Ihre Mutter liebte sie, ja, aber was war mit ihrem Vater? Immer war er so streng zu ihr gewesen; hatte sie nie gelobt oder ihr zu verstehen gegeben, dass er stolz auf sie war. Verdammt, Dad, wieso kannst du mich nicht so lieben, wie ich bin? Aber vielleicht konnte er das nicht. Wahrscheinlich würde er das niemals können. Denn sie war ein Mädchen, kein Junge – kein richtiger Erbe des Yamanaka-Clans. Die Freunde seines Vaters hatten es ja so gut – beide hatten sie Söhne; nur er hatte den Fluch, Vater einer Tochter zu sein, abbekommen! War es denn etwa so schlimm? Könnte sie ihn denn nicht auch als Tochter stolz machen? Könnte er sie nicht auch lieben, auch wenn sie ein Mädchen war? „Vielleicht … vielleicht wäre es wirklich besser, wenn ich nie existiert hätte“, murmelte sie verzweifelt. Jetzt stand sie ganz nahe am Ende der Wiese. Ihre Fußspitzen zeigten auf den tief liegenden Abgrund darunter. Sicher waren solche Gedanken ungewöhnlich für sie. Und unsinnig. Das Leben war zu schön, um es vorschnell und auf diese Weise zu beenden. Aber … was wäre, wenn man keinen anderen Ausweg mehr sah? Wenn man, egal wie lange man nachdachte, keine positiven Gedanken fand? „Iiiiiiiinnnnnnoooooooo!“, rief jemand wie aus weiter Ferne. Sie hörte es aber nur flüchtig und nahm es ohnehin nicht richtig wahr. Wer würde sie denn schon vermissen? Sai? Der würde sicher schnell eine andere tolle Freundin finden. Mom? Der würde es sicher schlecht gehen, aber sie hätte dann noch Dad. Ino wusste selber, dass sie sehr selbssüchtig war, aber … Und wenn schon! Es stimmte ja – niemand würde wegen ihr trauern, niemand würde sie vermissen. Sie seufzte tief und ging zwei weitere Schritte auf den Abgrund zu. „IIIIINNNOOOOOO!!“, brüllte Jemand. „Inooo, tu das niiiiiichhtt!“ Sie nahm es aber nur indirekt wahr; für sie klang es nur lediglich, wie eine leiernde Kassette. Und dann sah sie nichts mehr. Ihr Tränenschleier vernebelte die Sicht vollkommen. Ein letztes Mal sprach sie sich Mut zu, seufzte tief, schloß die Augen, stieß sich von der Wiesenspitze ab und sprang. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ So, fööööttiiiig XD! Ich hoffe, ihr seid mir nicht böse, dass der Chap so spät kommt; ebenso entschuldige ich mich für den Inhalt (besonders für die letzteren Sätze). Ich weiß ja selber, dass so was falsch ist und ich selber liebe das Leben über alles, aber … ich denke, dass jeder mir zustimmt, wenn ich sage, dass man immer Momente im Leben hat, wo man genug von allem hat. Besonders im Alter von Ino. Genug dazu. Ich bin mir sicher (und hoffe es), dass ihr mich verstehen werdet. Und nun: ihr habt es bald überstanden! Es fehlt nur noch ein Kapitel, ein würdiges Finale zu „Shooting Stars“ (wo ich übrigens auch aufdecken werde, wieso ich die FF so genannt habe). Dennoch – eine kleine Freudenbotschaft von vorneweg: ich werde diesen Chap voraussichtlich erst in einer Woche oder später schreiben und „on“ stellen können – leider geht das nicht anders, weil mein Bruder Bewerbungen schreiben muss und daher den PC oft für sich braucht. Deswegen kommt dieser Chap auch erst jetzt. Ich bitte um euer Verständnis! Danke natürlich an meine Leser, die sich mein Gesülze angetan und immer mitgefiebert haben – v. a. natürlich meine eifrigen Kommischreiber BrokenWings, Moon-Shadow, minimary106, Karen-chan, KawaiKao, mimi_alis, -Votani- und Bengoshi. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)