Snow Scene
“Du bist echt dumm, Miku”, sagte Kao, einer von Mikus besten Freunden. „ Wieso tust du so was denn überhaupt? Du hättest dir doch denken können, dass so was passiert! Dir ist echt nicht mehr zu helfen~“ „Danke, das weiß ich auch selbst -.-’’! Aber was hätte ich denn sonst tun sollen? Es war halt einfach verführerisch~“ „ Du hattest mir selbst erzählt, dass er bis dato noch nie geküsst wurde, also.“ Kao saß während ihrer ‚kleinen’ Diskussion auf einer kleinen Mauer direkt neben dem Eingang zum Gebäude und Miku stand neben ihm. Er hob einen herumliegenden Kieselstein auf und warf ihn ziemlich weit auf eine angrenzende Wiese hinaus. "Was soll ich denn jetzt tun, Kao?“ „ Das musst du schon selbst wissen. Aber am besten lässt du ihn jetzt erst einmal in Ruhe.“ Er stand auf und ging.
//Na toll... jetzt lässt er mich hier allein... und was soll ich jetzt tun?!?“ Er hockte sich auf die Mauer, legte sein Kinn auf seine Knie und starrte blindlings geradeaus. Er wirkte nicht nur total abwesend, sondern er war es auch. „Äh... Entschuldigung? Hallo? Haaaaaaallo...“ Es war jemand an ihn herangetreten, aber er hatte es nicht bemerkt. Erst, als diese Frau mit ihrer Hand vor seinem Gesicht auf und ab winkte erwachte er aus seinen Gedanken. Miku musterte diese Frau. Hinter ihr stand ein Auto auf einem Parkplatz, der eigentlich für Lehrer bestimmt war, und aus dem jetzt ein Mann stieg. Beide waren in etwa mittleren Alters. Der Mann war relativ groß gewachsen, schlaksig, hatte kurze, schwarze Haare, typisch nach dem salarymen Schnitt und trug eine Brille. Die Frau war von recht geringe Größe; ihr langes, dunkelbraunes Haar ging ihr bis in etwa auf Brusthöhe, hatte recht breite Hüften, aber war ansonsten sehr schlank und hatte ein sehr hübsches Gesicht. „ Oh... Ich habe sie nicht bemerkt, entschuldigung. Wie kann ich ihnen helfen?“ Diesmal sprach der Mann. „ Wir suchen unseren Sohn.“ „ Wenn-„ Miku wurde gleich von der Frau unterbrochen. „ Kazuki.“ „ Kazuki? Kazuki Saitô?“ „ Ja. Kennen Sie ihn? Sind Sie ein Freund?“ „ Erm... ja, sozusagen~“ „ Es freut mich, dass mein Sohn schon so schnell neue Freunde kennen gelernt hat. Bitte nennen sie mich Hirohito. Wie ist Ihr Name?“ „ Eh~ mein Name ist Akiharu, aber meine Freunde nennen mich Miku.“ Die Frau rollte die Augen. „ Bitte nicht schon wieder solche Spitznamen, ich kann die nicht ausstehen. Wehe er will, dass Sie ihn Bou nennen, Akiharu-san!“ „ Ehhh...// Diese Mutter ist ja komisch...// ... na ja...“ „ Dieser Bengel! Diese Flausen werde ich ihm schon noch austreiben!“ „ Bitte, Marina, übertreibs nicht!“ flehte Hirohito. „ Ich übertreibe nicht. Mein Mann mag zwar anders denken, aber für Sie bin ich immer noch Saitô-san, haben sie verstanden?!?“ „ Ja... aber es wäre besser, wenn sie morgen kommen würden.“ „ Wieso?“ „Weil...ehhhh... ja, genau, weil er morgen eine Englischarbeit schreibt, und-’’ „Und Sie?!?“ sie schaute ihn streng an. „Najaaaa... wir sind im Parallelkurs...“ „ Komm, Marina, wir fahren morgen noch mal her.“ // Ja, bitte lass sie gehen, BITTE!// flehte Miku gedanklich. „Aber-“ „Dann gehen wir halt heute zu meiner Schwester statt morgen.“ So fuhren sie weg.
Miku indes machte sich schleunigst auf den Weg in sein Zimmer. Da Bou da jedoch nicht war, klopfte er bei Kanon an der Tür. Dieser wollte ihn jedoch nicht hereinlassen. „Was willst du?“ „Bous Eltern waren eben da, und-“ Auf einmal riss etwas die Tür auf. Bou war bei dem Wort „Eltern“ blitzartig aus dem Bett gesprungen und zur Tür gerannt. „ Wo sind sie?“ „Ich habe sie weggeschickt, da...“ „ WIE KONNTEST DU NUR, DU BAKA?!?“ brüllte Bou weinerlich. Und wollte die Türe zuschlagen, Miku gelang es jedoch noch, schnell seinen Fuß dazwischenzuschieben.. „ Ich meinte...urks...weil...es dir anscheinend nicht so gut geht und...wäre es besser, wenn sie morgen kommen würden...die gehen jetzt zu deiner Tente...“ Bou öffnete die Tür wieder. „ Gomen nasai...aber wie hast du die denn weggeschickt?“ „Ich habe einfach gesagt, dass du morgen Englich schreibst. Deine Mutter war misstrauisch, da hab ich schnell gesagt, dass wir im Parallelkurs sind.“ „Arigatou...aber glaub bloß nicht, dass ich dir deswegen verzeihe...“ Bou drehte sich weg. „ I know...aber das Problem bei der Sache ist, dass die glauben ich bin sehr gut mit dir befreundet. Deshalb lass uns bitte so tun als ob...“ Nun mischte Kanon sich ein. „Es reicht. Lass den Armen doch mal in Ruhe. Auf Wiedersehen.“ Er hämmerte die Türe zu. „Kanon- kun... Miku-san, WARTE!!!“ Bou riss die Türe auf und rannte ihm nach. „ Okay, aber nur,wenn du mich danach für immer in Ruhe lässt.“ Miku nickte leicht und verschwand.
„Kazuki, mein Schatz!“ „Mami!“ Bou sprang ihr in die Arme. „Na, wie war Englisch?“ „Och ja, ganz gut~ ich hab übrigens eine 1,5 in Mathe geschrieben!“ „Ich bin stolz auf dich, mein Sohn!“ „Vater!“ „Siehst du, Hiro-chan, es war doch die richtige Entscheidung, ihn hier anzumelden!“ „Mutter, Vater, darf ich euch meine Freunde vorstellen? Das sind Kanon, Miku und Teruki.“ Er zeigte abwechselnd auf sie. „ Du weißt, dass ich Spitznamen hasse. ALSO?“ „*seufz*... also gut... Shinya, Akiharu und Teruki. Der heißt wirklich so!“ Die drei verbeugten sich und stellten sich jeweils kurz vor.
Die Eltern waren schon lange wieder weg, es war Mitte November. Die letzten Blätter fielen von den Bäumen und es wurde immer kälter. Miku hielt sein versprechen und ließ Bou in Ruhe. Aber dennoch: er vermisste ihn ganz gewaltig. Sogar so sehr, dass er das erste mal seit langem wieder in sein Tagebuch schrieb.
„ Liebes Tagebuch,
in letzter Zeit bin ich echt unnyappy. Ich fühle mich so alleine und verlassen ._.~... Dabei bin ich ja eigentlich selbst daran schuld~ aber... aber ich...
Meine Stimmung sinkt von Tag zu Tag. Ich weiß echt nicht, was ich dagegen tun soll.
Auf wen stehe ich denn nun? Immer noch auf Kanon oder vielleicht doch jetzt auf... nein, das kann nicht sein, das ist unmöglich~ aber wieso, wieso vermisse ich IHN dann so?
Kannst du mir vielleicht weiterhelfen?
Ich habe ihm leichtsinnig versprochen ihn in Ruhe zu lassen. Anfangs war es ja noch okay und ging gut, aber mit der Zeit merkte ich doch, wie sehr ich mich an ihn, dieses Mädchen, gewöhnt hab... es ist zum sich in den Tod stürzen... immer wider, immer wieder begleiten mich diese Alpträume des Verderbens, des Weltunterganges und dass das Internat in Flammen aufgeht... Ach wäre er doch bloß nie gekommen, dann würde es mir jetzt nicht so gehen...so...dreckig...beschissen...holy fucking shit... ich glaub, ich wird’ wieder religiös. Dann habe ich wenigstens etwas an das ich mich halte kann, an dem ich mich festhalten kann. Ich vermisse ihn so sehr, ich...“
Miku fing an zu weinen, und seine Tränen fielen auf die noch feuchte Tinte. Im Heulen schrieb er weiter.
„...bitte, lasst mich mit ihm reden, ich ertrage das nicht länger...“
Weiterschreiben ging jetzt nicht mehr, da er vor lauter Tränen im Auge kaum noch was sah. Deswegen setzte er seine übliche Schlussfloskel drunter und ging erst einmal aufs Klo, um sich das Gesicht zu waschen. Er hatte jedoch vergessen sein Tagebuch zu schließen. Deshalb konnte Kao den Eintrag einfach lesen, als er ins Zimmer kam. //Oh mein Gott...Miku...// Gerade als Kao das Tagebuch wieder hingelegt hatte, kam Miku zurück. „Hast du das gelesen?“ „s lag offen rum. Mehr als den Eintrag habe ich nicht gesehen. Ich wusste nicht, dass das dein Tagebuch ist. Ist mir erst beim Lesen aufgefallen, sorry. Schlags nächstes Mal lieber zu.“ „ Ach, ist ja auch egal...du hättest es so oder so demnächst mitbekommen...hai, ich liebe ihn... ich liebe Bou...~ aber er hasst mich seit der Sache...“ „Hmhm...ist ihm ja auch nicht zu verübeln, aber trotzdem‚ ne blöde Situation...“ „Danke, sehr aufbauend“ „Ich weiß...aber was soll ich andres tun? Helfen geht nicht... schenk ihm was zu Weihnachten oder so ._.“...“ „Na toll...und wie soll ich ihm das bitteschön geben????????? Moment... ich habe eine Idee~“ „O-oh...“
Mikus Idee war es, Teruki einzuweihen und Kao als Postboten wegen Treffen von Bou und Teruki hin- und herzuschicken. Im Endeffekt würde aber natürlich Miku an Ort und Stelle stehen. Kao hielt die Idee nicht gerade für geschickt, ließ sich aber dennoch darauf ein.
Weihnachten kam, und Miku hatte Bou eine Schachtel seiner Lieblingspralinen gekauft. Treffpunkt war die Riesentanne in der Innenstadt. Passend zur Jahreszeit hatte es am Tag vorher angefangen zu schneien, und es war bitterkalt. Miku fror sich wortwörtlich den Arsch ab während er wartete. Bou war schon drei Stunden zu spät dran.
„ Sorry, Teruki, aber die Bahn kam nicht weiter, und- Miku?!? Was machst du hier? Wo ist Teruki?!?“ „Um ehrlich zu sein gab es von Anfang an keinen Teruki. Er wusste lediglich davon Bescheid. Ich wollte dich treffen, aber wen ich dich direkt gefragt hätte, hättest du nie im Leben zugestimmt. Meeri kurisumasu, Bou~chan“ Er überreichte ihm die Pralinen, schön verpackt. Bou grinste.
„Woher willst du das denn wissen?“ Er nahm die Pralinen und rannte weg. Es fing wieder an zu schneien.
Snow Scene~
