ageha no hane II von abgemeldet (12.1 und 13 online - 12.1 BITTE zuerst lesen!) ================================================================================ Kapitel 2: A dream is a dream... -------------------------------- Heute keine großen Worte, keine lange Vorrede - einfach ein dickes Danke für die vielen Kommentare zum 1. Kapitel, ich habe mich sehr gefreut. ^^ Einige von euch haben Recht mit ihren Hoffnungen, andere nicht. Wir werden sehen xP Und was den Buffy-Spruch angeht: Nicht so ungeduldig, die Buffy-Witze wollte ich doch selber noch bringen ^.~ LG Kirei Chapter 2 – A dream is a dream... ... inside the delicate dream the little girls dream of [1] ~~ „Könntest du mich bitte endlich aufklären? Gestern Nacht ging da ja gar nichts mehr..“, beschwerte sich der große, junge Mann, zog an seiner Salem Light. Neben ihm auf einer Bank des Geländes saß Kyo. Die zwei ungleichen Freunde waren nach ihrer letzten Vorlesung des Tages gemeinsam vor die Tür gegangen, um sich zu unterhalten, zu rauchen. Kyo seufzte leise, spielte abwesend an dem neuen Schmuckstück. „He, den kenne ich noch gar nicht.“ Die griff nach seiner Hand, musterte den Ring. „Wann hast du den denn gekauft?“ „Den hat mir der Typ gestern Nacht gegeben.“ „WAS?“ Kyo nickte nachdenklich, zog seine Hand zurück. „Aber du kannst doch nicht Geschenke von Wildfremden annehmen, ich-“ Die unterbrach sich selbst, sah den Jüngeren schief von der Seite an. „Hör sofort auf.“ Kyo blickte verwirrt hoch zu ihm. „Was?“ „Ich merke es inzwischen, wenn du dich mittels deiner Psychotricks vor Antworten drücken willst. Und ich werde nicht aufhören zu fragen, kapiert?“ Kyo zuckte innerlich zusammen. Mist! „Tut mir leid, Dai..“, murmelte er, wandte den Blick ab. „Wer war der Kerl? Bitte Kyo, das geht auch mich was an.“ „Ich weiß doch.“, ächzte der Blonde, lehnte sich zurück. „Er ist ein Vampirjäger, heißt Hyde oder so.“ „Und weiter?“ „Nichts. Er ist der Ansicht, meinen Babysitter spielen zu müssen. Was für ein Witz, ein Vampirjäger als Wächter...“ Die drückte sanft seine Schulter. „Versuch, ihn zu akzeptieren, Kyo-chan. Der wird auch nur sein Bestes geben können.“ Erneut suchte Kyo irritiert seinen Blick. „Du weißt zu genau bescheid über mich, fürchte ich.“, versuchte er zu scherzen. „Nun ja, es ist schwer, das nicht zu tun. Man sieht dir an der Nasenspitze an, was dir an diesem Hyde nicht passt.“ „Toll.“, brummte Kyo, zog die noch eben benannte Nase kraus. „Ich frage mich, was ich mit dem Kerl anfangen soll.“ „Na, du musst ihn ja nicht gleich-“ Die brach hastig seine eigenen Gedanken ab, sich darüber bewusst, damit ein Fettnäpfchen zu betreten. „Ich meine.. Du musst ihn ja nicht zu deinem besten Freund machen. Aber mal ehrlich, ist es nicht gut, ein wenig Unterstützung hier zu wissen? Wäre es Shinya, der dir seine Hilfe anbietet-“ „Es ist aber nicht Shinya.“ Er hat keine Ahnung von den Dingen, die wir drei mit Toshiya erlebt haben. Ich will nicht an all das denken... Und schon gar nicht von irgendwem daran erinnert werden. „Nun, ich muss hoch. Schreibe bald ein paar Tests, da sollte ich lernen.“ Kyo rappelte sich auf, sammelte seine Hefter zusammen. „Schade. Ich hatte gehofft, wir könnten noch zu mir-“ „Sorry, Die-kun. Ich pack’s sonst echt nicht, dafür zu lernen. Die nächsten Tage muss ich nachts arbeiten, das geht echt gar nicht..“ Die nickte verständnisvoll, klopfte dem kleineren Mann auf die Schulter, ehe der Blonde zurück in Richtung Studentenheim verschwand. Seufzend, ein wenig kopfschüttelnd, verließ er das Universitätsgelände, tief in Gedanken versunken. Auch Kyo hing seinen Gedanken nach, bemerkte nicht, wie die Schwingtür, nach außen zu öffnen, ihm entgegen kam, für den mit Ordnern bepackten Jungen somit aufgehalten wurde. Erschrocken sah er auf, als er fast mit dem Glas zusammenstieß, ächzte leise. „Ich Idiot..“, grummelte er. „Du solltest besser aufpassen, Kyo. An solchen Alltagsfallen zu scheitern, entspräche nicht deinem Stil, was?“ Der Neunzehnjährige rollte die Augäpfel, passierte die Tür und marschierte schnurstracks an Hyde vorbei. „HEY!“ Der ältere Mann folgte ihm hastig die Treppe hinauf. „Du bist schlecht erzogen, weißt du das?“ „Beschwer dich bei meinen Eltern.“ Hyde verzog unwillig das Gesicht, überholte ihn und hielt Kyo am Treppenabsatz auf. „Sei nicht so abweisend, Kyo-chan..“ Weil du mir gehörst, Kyo-chan. Ganz allein mir... Kyo zuckte unwillkürlich zusammen. Warum in drei Teufels Namen spielte sein Gedächtnis ihm diese verletzenden Streiche? Wieso erinnerten ihn Hydes Worte wieder und wieder an Toshiya? „Lass mich in Ruhe.“ Seine Stimme zitterte, klang beinahe erstickt, als er Hyde umging, die Treppe hinaufhastete. Kyo bemerkte nicht einmal, wie er einen seiner Ordner dabei verlor. Hyde zog verständnislos die linke Augenbraue an, hob den Hefter auf. „Was für eine Zicke..“, murmelte er lustlos, besah das Deckblatt. „Dabei wollte ich ihm doch nur sagen, dass ich auch hier untergekommen bin... hm.“ Er zuckte die Achseln, machte sich dann auf den Weg in sein eigenes Apartment. Den Hefter konnte er Kyo immer noch zurückgeben... Später, aus reiner Neugierde am Unterrichtsstoff seines „Schützlings“, holte der junge Mann den Ordner wieder zu sich, blätterte durch die Aufzeichnungen. Seine aufmerksamen Augen scannten die Seiten, blieben mehrfach an Randkritzeleien hängen. Traurige Zeilen, kleine, aber deprimierende Zeichnungen, wie durch Träumereien entstanden ~ jedes Mal mit einem Namen versehen. Hyde runzelte nachdenklich die Stirn. Toshiya? War das nicht.. Moment. Er erhob sich, kramte im zimmereigenen Chaos nach einem eigenen Hefter, schlug die oberste Seite auf. Ein Bild von Kyo klebte am oberen Seitenrand, das Blatt selbst deutete auf eine Art Steckbrief hin. „Wusste ich es doch.“, murmelte Hyde, las leise weiter: „Den dunklen Mächten verfallen, ausgeführt durch den treusten Gefährten der Familie der Finsternis.. Hara Toshimasa.“ Er sah auf, warf einen Blick aus dem Fenster. „So ist das also, Kyo-chan. Wir kommen nicht damit klar, dass unser Liebling uns belogen und benutzt und schließlich das Leben für uns gelassen hat... Und ich soll es jetzt ausbaden. Na vielen Dank auch..“ ~~ Gähnend fuhr er sich mit der Hand über das Gesicht, versuchte krampfhaft, die Augen offen zu halten. Es dauerte nicht mehr lange.. Noch ein paar ewige Minuten durch den Park, bis er endlich in sein Bett konnte. Scheißplackerei in der Nacht, morgen penne ich wieder mitten in der Vorlesung ein... Egal. Bevor ich nach Hause gehe und um Geld bitte.. Ganz gleich, wie viel besser Kyo sich mit seinem Vater verstand, wie annähernd gut ihr Verhältnis der letzten Monate zu beschreiben war, die Vergangenheit war längst nicht vergessen, grub noch immer tiefe Wunden. Kyo wusste, er konnte niemandem die Schuld daran geben, sein Leben in Einsamkeit und Schmerz war vorprogrammiert gewesen, von Toshiya und seinem Meister in den Leitfäden gehalten – doch vergessen konnte er nicht. Ein Schrei zerriss die Stille der Nacht. „Ach nein..“, maulte Kyo, sah sich kurz um. Es interessierte ihn nicht, ob jemand schrie – warum immer vor ihm? Sich selbst verfluchend wendete er nach links, rannte einen der Parkwege entlang in die Richtung, aus der der Schrei erklungen war. Verdammt, scheint doch seinen Sinn zu haben, dass die Jäger hierher schicken.. Kyo erstarrte, die Augen fest auf das Wesen gerichtet, in Gestalt und Aussehen kaum von einem Menschen zu unterscheiden, ausgenommen der spitzen Eckzähne und im Licht des Mondes rot aufleuchtenden Augen. Ich bin zu spät. Ein einfacher Gedanke, wieso auch immer, er traf hart. Die regungslose Mädchengestalt am Boden sagte alles aus. Ihr Meuchler hingegen stand ihm wenige Meter gegenüber, grinste nun, da Kyo in sein Blickfeld getreten war, erfreut. „So, so.“ Zwei winzige Worte, ehe er losstürzte. Kyo riss die Augen auf, wich reflexartig aus. Der kleine Blonde ließ den Vampir nicht aus seinem Blickfeld entwischen, versuchte mittels seiner Gedanken, ihn zu beeinflussen, von seinem Blutdurst abzulassen. Nur kurz streiften seine Augen den Kreuzring. Die Versuchung, nach Hyde zu rufen, war da – der altbekannte, tief verwurzelte Stolz Kyos jedoch ebenso. Ein Fehler, sich von dem Schmuckstück ablenken zu lassen, der kurze Moment der Abwesenheit durchbrach die Manipulation der Gedanken, ließ den Vampir aus seiner kurzweiligen Unschlüssigkeit erwachen. Mit einem raubtierähnlichen Fauchen stürzte er sich auf die viel kleinere Gestalt. Kyo landete hart auf dem Rücken, kämpfte mit allen Mitteln, seinen Angreifer aus der Pose des Überlegenen zu bringen – da ertönte ein Schuss, ein zweiter.. Der Vampir schrie, rappelte sich auf und ließ die irren Augen umherfahren; erfasste mit ihnen nichts mehr, ehe er von innen zu verbrennen schien, von der Hitze zerfetzt wurde. Kyo versuchte, seinen Atem zu regulieren, stützte sich auf die Ellenbogen, um ebenfalls mit den Augen nach seinem Retter zu suchen. Ein Schatten löste sich zwischen den Bäumen, trat auf ihn zu. Der Neunzehnjährige konnte eben noch erkennen, wie Hyde eine Waffe in der Innentasche seiner Jacke verschwinden ließ, bevor der Vampirjäger vor ihm zum Stehen kam, heruntersah. Kyo teilte die Lippen, wurde aber hochgezogen, ehe nur ein Wort seinen Mund verlassen konnte. Zwei kühle braune Augen musterten ihn, eine im Gegensatz dazu vor Wut fast kochende Stimme fauchte: „Was glaubst du eigentlich, was ich hier tue? Wenn ein Vampir direkt vor deiner Nase auftaucht, hast du mich zu rufen, IST DAS KLAR?!“ Ich bin dein Wächter, kein Bodyguard, verstehen wir uns?! Einmal mehr der grausame Gedanke an Toshiya. Kyo machte sich hastig los vom Griff des Älteren, murmelte: „Du bist nicht mein Bodyguard.“ Hyde lachte leise auf. „Wer hat dir den Stuss erzählt? Ich habe meinen Kopf für deinen Dickschädel hinzuhalten, wie würdest du das bezeichnen? Höre mir nur dieses eine Mal zu, okay? Hier geht eine verdammt miese Sache ab. Glaubst du, diese Vampire kriechen zum Spaß immer häufiger aus ihren Nestern? Natürlich nicht, sie sind Vorboten ~ ich weiß leider nicht, auf was das hier hinausläuft, doch wenn du so weitermachst, werde ich das fürchte ich nicht mehr erfahren. SCHADE eigentlich, wie gesagt, ich hänge an diesem Scheißleben! Beim nächsten Mal stehe ich vielleicht nicht zufällig in der nächsten Ecke herum, wenn du meinst, es mit einem dämonischen Wesen aufnehmen zu müssen – du hättest wirklich dumm dagestanden vorhin, hast du dir einmal einen Kopf darüber gemacht, was du riskierst?? Ich-“ „IST JA GUT, VERDAMMT!“ Kyo rieb sich die Schläfen, drehte sich weg von Hyde, um tief durchzuatmen. Nur mühsam konnte er sich abhalten von dem Wunsch, einfach davonzurennen. „Es tut mir leid.“ Hyde blinzelte, sah verwundert zu Kyo hinüber. Offensichtlich war er weder der Mensch, der sich lange an einer Sache aufhalten konnte, noch hatte er mit einer Entschuldigung gerechnet. „Ich.. Verzeih, dass ich dir Ärger bereitet habe. Es... es ist nicht meine Absicht, irgendjemanden in mein beschissenes Leben rein zu ziehen, aber noch viel weniger wollte ich jemanden gefährden. Manchmal – denke ich einfach nicht nach. Es tut mir leid. Ehrlich.“ Die Verwirrung breitete sich weiter aus. War der Kleine nun etwa allen Ernstes den Tränen nahe? Himmel, so war seine Predigt nun wirklich nicht gemeint gewesen.. Hyde kratzte sich am Kopf, brummte leicht schroff: „Ist ja gut. Vergessen wir’s.“ und drehte sich ein wenig herum, hockte sich hin. Er fuhr mit den schlanken Fingern durch das leicht abgekühlte Gras, auf der Suche nach – „Da seid ihr ja.“ Ein kleines Grinsen in den attraktiven Zügen. Hyde hielt zwei kleine, gleichförmige Gegenstände hoch, drehte sie zwischen seinen Fingerspitzen, bis sie im Mondlicht aufblitzten. Kyo runzelte fragend die Stirn. „Silberkugeln. Anders kriegst du einen Vampir mit einer Pistole garantiert nicht klein. Sind ganz praktisch, die Dinger, nach dem Abschuss immer wieder verwendbar, weil sie die Materie der Vampire zersetzten und später auf dem Boden zu finden sind.“, erklärte Hyde, ein breiteres Grinsen im Gesicht. „Sag mal an.. Wer ist eigentlich der Typ, der ständig an dir hängt?“ Kyo verzog gedanklich die Miene, entgegnete knapp: „Die.“ „Ach komm, wer beschützt dich denn dann?“ Ein verdutzter Blick. Kyo brauchte, bis er Hydes geschmunzelte Verteidigung verstand, fügte hastig hinzu: „Eh, nein, nicht sterben, das ist Die, ein guter Kumpel von mir.“ „Ist der auch so optimistisch wie du?“ Hyde sah ihn schräg an, gab dem Größeren einen leichten Stoß, damit er sich fortbewegte. „Nein. Im Gegensatz zu mir ist er es wirklich.“ Kyo verschränkte die Arme vor dem Körper, mehr und mehr genervt. Konnte dieser Hyde ihn nicht in Ruhe lassen? Okay, er war dem Mann etwas schuldig, doch dieses Geschwätz... Plötzlich blieb Hyde neben ihm stehen, die Hände tief in den Jackentaschen vergraben, den Kopf in den Nacken gelegt. Es war fast ein Lächeln, das seine blassen Züge erhellte. Seine Augen visierten das dunkle Himmelszelt, als er leise anmerkte: „Ich weiß schon, warum ich die Nacht vorziehe... Sieh.“ Fast automatisch folgte Kyo seinem Blick in den Himmel, betrachtete die funkelnden Sterne, in der klaren Sommernacht wundervoll anzusehen. Sein Herz sank. „Was? Das Planetarium?“ – „Komm mit.“ ~ „Wenn du mich fragst... Bist du mindestens so schön wie dieser Stern hier.“ Seine dunklen Augensterne flackerten kurz zu Hyde hinüber, der noch immer fasziniert den Sternenhimmel betrachtete. „Ich.. ich muss jetzt wirklich nach Hause.“ Gestottert, völlig aus der Fassung. Hyde sah wieder hinab, ließ seine Augen perplex von links nach rechts schweifen, erfasste nur noch schwerlich den sich hastig entfernenden Schatten. „Was ist das nur für ein merkwürdiger Junge..?“ ~~ Unregelmäßiger, schneller Atem. Kalter Schweiß hatte sich längst auf seiner Stirn gebildet, unbemerkt. Er wälzte sich unruhig hin und her, murmelte leise, unverständliche Worte. Vor seinem geistigen Auge spielten sich Bilder ab, ein wahrer Strudel an nicht greifbaren Informationen. Die Bilder prasselten auf ihn ein wie ein Regenschauer, rot, alles war rot... „..Schwalbenschwanz...“ Ein einzelner Wortfetzen. Flammen. Das Stimmenwirrwarr hob sich, der schrille Ton nahm unerträgliche Höhen an. Von allen Seiten schossen Flammen hervor, setzten die Flügel des Tiers in Brand, zerrissen es förmlich in der Dunkelheit. „NEIN!“ Stille. ~~ „Mensch, was hast du denn?“ Die stieß sanft gegen den Ellenbogen des Jüngeren, der ihm gegenüber am Tisch der Mensa saß, das Gesicht in den Händen vergraben. Noch kein Wort war gefallen – und dies erschien Die selbst für seinen schweigsamen besten Freund ungewöhnlich. „Ich schlafe.“ Leises Brummen drang durch seine Finger an Dies Ohren. „Kyo~“ Mit einem entnervten Ächzen ließ Kyo seine Arme auf den Tisch fallen, sah den Redhead an. „Ist ja gut, ich habe eine Scheißnacht hinter mir. Lange gearbeitet, danach eine kleine Begegnung mit Hyde, Alpträume – genug der Gründe?“ „OH ja, wir sind ja reizend heute.“, entgegnete Die nachsichtig grinsend. „Dieser Hyde muss ein Schnuckel sein, du bist immer so happy, wenn du auf ihn getroffen bist..“ „Verschon mich heute bitte mit Ironie..“, stöhnte Kyo, rieb sich die Stirn. „Ich habe nicht vor, mich auch nur eine Sekunde länger als nötig mit ihm zu beschäftigen.“ „Danke Darling, das verlangt auch keiner.“ Neben ihm tauchte plötzlich ein schwarzer Schatten auf, setzte sich neben ihn an den Tisch. Kyo atmete tief durch. „Was willst du schon wieder?“ Hyde grinste schief. „Ich schleppe dir deine Sachen hinterher, sei mir dankbar.“ Er holte einen Hefter hervor. Kyo warf einen gleichgültigen Blick darauf, setzte sich dann gerade auf. „Woher hast du das??“ „Das hast du neulich verloren, als du mich so charmant auf dem Treppenabsatz hast stehen lassen. Ich dachte, es sei besser, es an mich zu nehmen, bevor die falschen Leute daran geraten..“ Das sind die ersten Ansätze meiner Selbstanalyse, na GANZ toll! Klasse, Kyo, du bist so unglaublich talentiert.. Kyo nahm den Ordner ausdruckslos an sich. „Hast du darin gelesen?“ „Ganz ehrlich?“ Hyde klopfte ihm auf die Schulter. „Du solltest lieber selbst einen Psychologen aufsuchen, als dich zu einem ausbilden zu lassen.“ Er erhob sich wieder, hob kurz die Hand zum Gruß. „Bai, Kyo-chan ~ ah, und war nett, dich kennen gelernt zu haben, Die, ist interessant, mich anzusehen, was?“ Die öffnete überrascht den Mund, fühlte sich ertappt durch die Tatsache, dass der Vampirjäger seine unauffällige Musterung bemerkt hatte; Kyo hingegen biss sich auf die Unterlippe und starrte auf die Tischplatte, verlor kein weiteres Wort mehr, bis der Fünfundzwanzigjährige verschwunden war. „Nett.“, machte Die anerkennend, wurde sich dann jedoch eines vernichtenden Blickes bewusst und fügte hinzu: „Ehm, das heißt.. rein äußerlich, versteht sich.“ „Wo ist der nett anzusehen?“, brummte Kyo interesselos. „Nun ja, du wirst nicht abstreiten wollen, dass dieses Grinsen etwas unweigerlich Attraktives hat? Kaut er immer auf seinem Mundwinkel herum, wenn er dich ärgert?“ Kyo musterte Die fassungslos. „Was interessiert es mich? Wie du bereits bemerkt hast, er hackt in einer Tour auf mir herum, ich brauche so etwas nicht! Schön, wenn er glaubt, mich herausfordern zu müssen, damit ich mich wehre, bei mir erzeugt das leider das genaue Gegenteil.“ Die zog an seiner Zigarette, schwieg eine Weile. „Wirklich so schlimm?“ Er deutete auf den Hefter. Der Kleinere seufzte leise. „Du kennst mich doch..“ „Lass dich nicht so herunterziehen, Kyo. Das macht dich fertig...“ Kyo sah sich der ehrlichen Sorge wegen gezwungen, Dies Blicke zu erwidern. „Gut, was willst du jetzt hören, Die? Ich gelobe feierlich, mich zu bessern und zum Idealisten zu mutieren?“ „Nein. Ich dachte da eher an „Hey mann, ich habe zwar ein Scheißleben, aber aufgrund der paar wenigen Dinge, die mich trotzdem daran ketten, versuche ich, es e-t-w-a-s optimistischer zu betrachten.“ Na? Hört sich doch gut an, oder?“ Ein mattes Lächeln stahl sich auf die ernsten Züge, die tiefe Sorgenfalte auf seiner Stirn lockerte sich für den Moment. „Du.. bist ein unglaublicher Idiot, Die.“ Die lachte auf. „Genau SO will ich dich haben, gib’s mir!“ Big Red hatte es geschafft. Kyo lachte ebenfalls leise, bewarf seinen Freund mit einer Papierserviette. „BOAH, nee, oder? Eine Serviette? Das war jetzt nicht dein Ernst, wo bleiben die Schläge? Oder soll ich lieber dich schlagen..?“ Das Grinsen des Rotschopfes wurde in einer beunruhigenden Weise dreckig. Kyo fühlte sich zum Protest veranlasst, schüttelte den Kopf. „Nein danke, da verprügle ich mich lieber selbst.. Aber sollte es mal gar nicht mehr gehen, komme ich darauf zurück.“ Ach Die.. Du bist ein Schatz. Machst dich zum Idioten, nur, damit ich lache. Danke. Ohne dich wüsste ich nicht mehr ein und aus. ~~ Es war später Abend. Nach einem Kinofilm schlenderten zwei ungleiche Gestalten durch eine ruhige Gasse, die eine unablässig redend, die andere tief in Gedanken versunken. „Kyo!“ Es klang vorwurfsvoll. Der Jüngere sah auf in das Gesicht seines Freundes. „Hm?“ Es klang ruhig, entspannt – jedoch unecht. Die seufzte und vergrub die Hände tiefer in den Hosentaschen. „Fandest du den Film denn gar nicht lustig?“ Kyo hob die Augenbrauen. „Doch, sogar s-“, fing er an. „Du musst nicht für mich lügen, Kyo. Es ist nur.. schade. Ich wollte unbedingt mit dir in diesen Streifen, weil ich dachte, er könnte dich zum Lachen bringen – wenn ich es schon nicht schaffe.“ Der blonde Mann verspürte einen Stich im Herzen. Verdammt, reiß dich zusammen, nur eine Weile noch.. Er muss doch nicht wissen, was los ist. Es belastet ihn... „Der Film war zum Schießen, ehrlich.“, meinte er sanft, hakte sich bei dem Älteren ein. „Ich bin einfach todmüde. Der Stoff ist echt anspruchsvoll und mein Schlaf nicht der beste.. Sei mir nicht böse, wenn ich zur Zeit öfters abwesend bin.“ Die nickte zustimmend. Sie liefen weiter nebeneinander her, schweigend. Kyos Gedanken kehrten zurück, zurück zu seinen Ängsten, den Träumen, die ihn verfolgten. Wie lange war es her, dass er zuletzt ruhig geschlafen hatte? Wieder und wieder wirkten sie auf ihn ein, die Visionen des Todes, der Angst und Verzweiflung. Vielleicht hätte er seine Träume nicht einmal ernst genommen, wäre da nicht.. Dass ich mich noch einmal nach dir sehnen würde, hätte ich früher nicht erwartet. Wo bist du, Schwalbenschwanz? Als du mich das letzte Mal im Stich gelassen hast, stand mein Tod bevor. Wieso träume ich ausgerechnet nun, da ich dich seit ein, zwei Wochen nicht mehr gesehen habe, von Schwalbenschwänzen, die verbrennen, bei lebendigem Leibe zerfetzt werden? Wieso sehe ich Flügel brechen, überall eine bedrohliche Röte? Und warum.. seit wann höre ich die Stimmen nur noch in meinen Träumen...? „Findest du nicht auch?“ „Ja, ja..“ Abwesend. Die verdrehte die Augen, meinte leichthin: „Ich will dich ficken. Jetzt gleich.“ „Oke...“ „KYO!“ Der Blondschopf zuckte zusammen, drehte sich zu Die herum, der stehen geblieben war. „Was denn?“ „Hörst du mir auch nur irgendwann mal zu?“ „Ich habe dir zu-“ „Ach, du willst also wirklich mit mir ins Bett?“ Es klang sarkastisch. „Was?“ Entgeisterung. Die schnaubte, schüttelte den Kopf, setzte dann seinen Weg fort. Sein jüngerer Freund schlug sich die Hand vor die Stirn, beeilte sich, um Die einzuholen. „Es tut mir leid, Die, bitte.. Ich war wirklich woanders, aber-“ Ein plötzliches Bild, es durchfuhr ihn wie ein Stromschlag. Flügel, die von einer unglaublichen Druckwelle auseinander gerissen wurden. Schmerzen. Starke Schmerzen schossen durch seinen Körper, das Gefühl, sein Kopf müsse in einem Schraubstock fest hängen, breitete sich in Kyo aus. Mit einem nur mühsam unterdrückten Schmerzenslaut ging er in die Knie, hielt sich die Schläfen. Die starrte einen Moment mit aufgerissenen Augen hinab, ehe er seinen Tatendrang wieder fand, hastig neben Kyo zu Boden ging. „Hey, was ist los?? Kyo?!“ „Geht.. gleich wieder...“ Die Stimme des Neunzehnjährigen klang hervorgepresst, abgehackt kamen die Worte über seine Lippen. Dieser Druck musste aufhören, sein Kopf würde zerspringen... Im Bruchteil einer Sekunde fand Die sich beiseite geschoben, ein dunkler Schatten hockte sich an seiner Stelle vor Kyo hin. Vorsichtige Hände umfassten Kyos Finger, zogen sie mit sanfter Gewalt von seinen Schläfen weg. „Ruhig.. atme durch, immer schön atmen... Halte die Luft nicht an, das macht es schlimmer..“ Hydes Stimme drang leise in sein vom Schmerz benebeltes Bewusstsein, einem Licht ähnlich, Licht, das ihn aus der Dunkelheit der Qualen ziehen wollte. Kyos abgebrochenes Atmen regulierte sich, das Schmerzverzerrte in seinen Zügen ließ langsam nach. Dennoch wartete Hyde einige weitere Augenblicke ab, ehe er den Blonden behutsam auf die Beine zog, nachfragte: „Geht’s wieder?“ Kyo nickte stumm, den Kopf weiter gesenkt haltend. Als scheinbar einziger, der das Geschehene nicht verstand, konnte Die neben ihnen kaum still stehen, fragte beunruhigt: „Was war denn los, Kyo? Ist wirklich alles ok-“ „Sht.“, machte Hyde bestimmend, hob im gleichen Moment kurz signalisierend die Hand. Noch immer verweilten die Hände des Jägers an Kyos Oberarmen, stützten den zierlichen Körper. Die richtete sich nur widerwillig nach den Worten des Ältesten, schwieg notgedrungen. Fast eine kleine Ewigkeit, so schien es ihm, stand Kyo handlungs- und wortlos da, ordnete seine Gedanken, bis er das Gesicht endlich wieder anhob. Es waren Hydes Augen, die er suchte. Erneutes Schweigen, als er sie traf, schließlich ein einzelnes leises Wort. „Danke.“ Hyde lächelte, klopfte ihm auf die Schulter. „Ne, dafür gibt es mich.“ Er beugte sich dichter an ihn heran, raunte in das vom Blondhaar verdeckte Ohr: „Sollte das wieder passieren.. bewahre die Ruhe und lass dich nicht von der Panik besiegen. Und gib mir bescheid... ’Kay?“ Kyo nickte langsam, sah der Gestalt nach, die im Dunklen verschwand. Als er sich endlich wieder zu Die herum wandte, traf er auf eine noch immer verständnislose Miene. „Was.. was zum Henker war da eben los?“ Ein ehrliches Schulterzucken. „Ich weiß es nicht, Die..“ ~~ tbc... ~~ [1] Der Kapiteltitel und die 1. Zeile bilden ein Zitat aus Dir en greys "Shokubeni" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)