Doch wo führt mein Weg mich hin?
Zorros Hände verkrampften sich, als er die blauen, kurzen Haare wahrnahm. So zart, so weich … Er schüttelt den Kopf und zwickt sich selbst in den Arm. „Hör auf, so was denkst du nicht!“, fuhr er sich selbst leise an und schlich ganz leise um die vielen Kisten und Fässer herum, kam dem Ausgang der Marinebasis immer näher. Plötzlich vernahm er eine Stimme … Ihre Stimme. Sanft und nachhallend, schöner als jedes Glockenspiel. „Ich werde mir heute Nachmittag frei nehmen, sagen Sie das bitte Kapitän Smoker“, sagte Tashgi freundlich lächelnd an einem Marinesoldaten gewandt, nahm ihr Schwert und hielt direkt auf den Ausgang zu. Ein heißer Schauer rann Zorro über den Rücken, als er sie näher kommen sah. Schnell duckt er sich hinter einem breiten Pappkarton und betet inständig, dass sie ihn nicht sieht. Er hörte das zuschlagen der schweren, zweigliedrigen Türen und atmet hörbar aus. „Hey, wer zum Donner bist du?!“, fragte auf einmal eine Stimme. Zorro verzog das Gesicht und sah zu dem Soldaten empor, der bereits auf dem Weg war, um die anderen zu warnen. Der Schwertkämpfer sprang hinter der Kiste hervor und erleichterte ihn um seinen Kopf, dann schleppte er die Leiche und das fehlende Körperstück hinter ein Fass und machte sich auf und davon.
Einige Stunden später fand er sich in einer dunklen, stillen Gasse wieder. Nur vereinzelten Sonnenstrahlen gelang es, sich durch die dicke Wolkenwand zu schieben und die hohen Häuserschluchten zu erreichen. Zorro schluckte hart und lehnte sich gegen die bröcklige Mauer eines alten, schäbigen Fabrikgebäudes. Der Putz bröselte ab und landete mit einem für ihn unangenehmen Geräusch auf den Boden. Warum tat er das eigentlich? Warum um Gottes Willen stahl er sich in die Marinebasis, nur um sie zu sehen? Was war an ihr, dass er solch etwas Gedankenloses tat? Sie … Seufzend rutschte Zorro auf den Boden. Tashgis Gesicht tauchte vor seinem inneren Auge auf, lächelte strahlend. Sein Herz schien förmlich zu zerspringen, lechzte nach ihr, wollte ihre Nähe spüren. Doch so einfach war das leider Gottes nicht. Er war ein Pirat, sie Marineleutnant. Außerdem wusste er überhaupt nicht, ob sie seine Zuneigung teilte. Völlig überfordert mit seinen Gefühlen lehnt sich Zorro gegen die Wand und starrt seufzend auf den dreckigen Boden. Kalter Wind kam auf, fuhr durch seines grünes, kurzes Haar und zerzauste es vollkommen. Man merkte, dass der Winter kam, auch wenn die Blumen noch blühten und die Bäume erst allmählich ihr Kleid verloren. Eine leise Stimme erklang, durchdringend und sehnsuchtsvoll.
„Das Land ist kalt, die Felder leer,
der Wind treibt kahle Bäume hin und her …
Die Vögel zieh´n gen Süden hin.
Ist alles weiß und Schnee fällt leis´
Dann schlafen Bären ein …
Sie tun, was ihr Herz sie lehrt
Und geben sich hin …
Wenn ich doch genau so wär´,
dann wüss´t ich, wer ich bin
Doch wo führt mein Weg mich hin?
So viele Stimmen geh´n mir durch den Sinn …
Und welche sagt mir, wer ich wirklich bin?
Was wird gescheh´n?
Wo führt mein Weg mich hin?
Ich lernte viel, ich lebte frei,
die Wahl traf ich, der Abschied brach mein Herz in zwei …
Der Weg wird schwer, zu finden sein.
So wild, verwirrt, wohin er führt
Das liegt an mir allein.
Alles was vertraut mir war
Erfüllt mich nicht mehr …
Ja, ich brauch ein neues Ziel
Ich wünsch es mir so sehr.
Doch wo führt mein Weg mich hin?
So viele Stimmen geh´n mir durch den Sinn …
Und welche sagt mir wer ich wirklich bin?
Was wird gescheh´n?
Wo führt mein Weg mich hin?“
Nun wusste er, was er tun musste. Ja, ganz recht, er musste. Wenn nicht, würde sein Herz binnen weniger Sekunden zerspringen. In Tausend Teile würde es zerfetzt werden. Schnell rappelt Zorro sich auf, wappnet sich auf den größten Schritt, den er in seinem Leben jemals hatte tun müssen.