Die Yamashida-Morde von Hotepneith (Der sechste Dämonenkrimi) ================================================================================ Kapitel 4: Das Gesetz der Serie ------------------------------- Einige von euch sind schon auf dem guten Weg der Lösung. Aber ob der neue Mord da so hilfreich ist? 4. Das Gesetz der Serie Eine Menge Diener und Höflinge drängten sich am Rande des Hofes zusammen, starrten in ein Blumenbeet. Da sich jemand umdrehte, den Fürsten, den Burgvogt und den Dämonenprinzen näher kommen sah, warnte er: „Macht Platz!“ Die Männer und wenigen Frauen gehorchten unverzüglich. Sakura, die sich höflich hinter Sesshoumaru hielt, erfasste, dass dort in den Blumen die Leiche eines Höflings lag. Und sie hatte die Kleidung erst kurz zuvor gesehen. Das war Nanako Usugi, der Mann, der sie bedrängt hatte. Auch die anderen hatten ihn erkannt. Takeshi Matano holte tief Atem: „Ihr hättet ihn doch nicht umbringen müssen, Lord Sesshoumaru, nur, weil er Eure Heilerin belästigt hat.“ Auf solchen Unsinn zu antworten oder zu reagieren war wirklich unter seiner Würde, entschied Sesshoumaru. Das übernahm Fürst Yamashida: „Bitte, Takeshi, hüte deine Zunge. Vergebt ihm, Lord Sesshoumaru. - Takeshi, der Lord war mit uns beiden zusammen. Er kann es ebenso wenig gewesen sein, wie wir beide. Aber, du meine Güte. Das fünfte Mordopfer in so wenigen Tagen!“ Sesshoumaru betrachtete den Toten. Usugi war erwürgt worden, hatte aber auch eindeutig Schläge abbekommen: „Sakura.“ „Lord Sesshoumaru?“ Sie kniete hastig neben ihm nieder, was die Zuschauer bewog, weiter zurückzuweichen, einige knieten sich auch hin. „Untersuche ihn.“ Sie stand auf, bemerkte Hitomi: „Hilfst du mir, Heilerin?“ bat sie höflich. Diese nahm die Rücksicht angenehm berührt zur Kenntnis. So ließen sich die beiden Heilerinnen neben dem Toten nieder, betrachteten ihn, untersuchten die Verletzungen. Fürst Yamashida schüttelte den Kopf. „Wer ist nur dieser Verrückte, der meine Männer massakriert?“ Er blickte sich fast Hilfe suchend um, aber niemand der Umstehenden wusste darauf etwas zu sagen. „Sieh nur“, sagte Hitomi: „Er ist zusammengeschlagen worden….wohl, bevor er erwürgt wurde.“ „Geschlagen und niedergeschlagen, ja.“ Sakura blickte empor: „Oder das mit der Kopfverletzung geschah nach seinem Tod.“ Die Heilerin folgte ihrem Blick: „Stimmt. Wenn er durch das Fenster geworfen wurde, nachdem er tot war, könnte er hier auf den Stein gefallen sein. Es ist schwer zu sagen.“ Sesshoumaru betrachtete das Schloss. Oberhalb der Leiche war ein Fenster, das offen stand. Warum sollte ein Mörder einen Toten aus dem Fenster werfen, wo er sicher gefunden werden würde? „Was ist hinter dem Fenster?“ „Äh…das da?“ Der Burgvogt dachte kurz nach: „Nur ein Gang. Genau. Das ist ein Gang, der in den Frauentrakt führt. Aber den benutzt niemand, also, so gut wie niemand, weil man da einen Umweg machen muss.“ Ein einsamer Gang, in dem Usugi seinen Tod getroffen hatte. Der erste Tote war mit dem Schwert getötet worden, ohne Gegenwehr. Die zweite Leiche, immerhin ein Samurai, hatte sich mit seinem Mörder hinter einem Schuppen getroffen, der andere Samurai vor dem Schloss. Dieser hatte dem Verbrecher sogar den Rücken zugekehrt, war ohne Rüstung gewesen. Und der Rechtsgelehrte war von vorne ermordet worden. Das ließ nur den Schluss zu, dass alle ihren Mörder gekannt hatten, von ihm nichts befürchtet hatten. Aber wem vertrauten sie alle? Instinktiv hätte er auf den Burgvogt gezeigt, oder auf Fürst Yamashida selbst. Aber das war unmöglich. Bei Usugis Tod waren beide bei ihm gewesen. Wer blieb sonst noch? Dieser Midoshi? Einer der anderen hohen Beamten des Fürsten? Oder gar ein Dienstbote, so niederrangig, dass ihm niemand zutraute, mit einem Schwert umgehen zu können, der sich am Yamashida-Clan rächen wollte? Lass das, ermahnte er sich. Suche Tatsachen, keine Theorien. „Sakura.“ „Nanako Usugi ist noch nicht sehr lange tot, Lord Sesshoumaru. Er wurde geschlagen, dann erwürgt. Die Kopfverletzung stammt vermutlich von diesem Stein, als der Tote aus dem Fenster geworfen wurde.“ Ihre Unruhe lag nicht in ihrer Stimme. Es berührte sie seltsam, neben der Leiche von jemandem zu knien, der kurz zuvor noch zu ihr gesagt hatte, durch die Anwesenheit Lord Sesshoumarus würde es keine Zwischenfälle mehr geben. „Keine Stichverletzung?“ „Nein, Lord Sesshoumaru.“ Der erste Tote, der nicht mit einem Schwert oder Dolch getötet worden war. Aber was bedeutete das? Hatte der Täter überraschend handeln müssen? Hatte Usugi ihn im Verdacht gehabt? Oder war diesmal eine andere Tötungsart gewählt worden, weil es ein Mann aus der direkten Umgebung des Fürsten gewesen war? Zwei Samurai, zwei Beamte, ein Höfling…Hm. Waren nun hochrangige Personen an der Reihe? War ein weiterer Mord an einem Höfling bereits geplant? Würde dieser ebenfalls erwürgt werden? Das wäre natürlich unangenehm. Schon so dachte er ungern daran, wenn er seinem Vater Bericht erstatten müsste, dass Mord Nummer Fünf mehr oder weniger direkt vor seiner Nase passiert war. Er benötigte dringend mehr Indizien. Was hatten die fünf Toten gemeinsam? „Bringt die Leiche weg. Hitomi, versorge ihn“, befahl er: „Sakura, komm.- Takeshi, ich will den Tatort sehen.“ Die Kälte in seiner Stimme sorgte dafür, dass die Anweisungen schleunigst befolgt wurden. Der Flur hinüber in den Frauentrakt war vollkommen leer. Nur direkt an einem Holzpfosten neben dem offenen Fenster konnte der Hundeprinz den Geruch des Toten wahrnehmen. Dieser war offenbar gegen den Pfosten gedrückt worden, als er erwürgt wurde. Er warf einen Blick zum Fenster. Das war nicht sonderlich weit über dem Fußboden. Es würde kein Problem bedeuten, die Leiche da hinunter zu werfen, vermutlich nicht einmal für eine Frau. Doch eine Frau hätte kaum Usugi erwürgen können. Er hatte gesehen, wie sich Sakura gegen den Höfling zur Wehr gesetzt hatte und sich nicht hatte befreien können. Nein. Es musste ein männlicher Mörder sein. Aber was hatte Usugi hier gewollt? Warum hatte er sich hier mit dem Mörder getroffen. Zufall oder Plan? „Ich verstehe das nicht“, stöhnte der Burgvogt hinter ihm: „Ich weiß einfach nicht mehr, was ich denken soll. Das kann doch einfach nicht wahr sein.“ In jedem Fall wusste Sesshoumaru nun, warum der Fürst gemeint hatte, Takeshi sei mit einer Mordermittlung überfordert: „Wer ist die Aufseherin im Frauentrakt?“ „Äh, was…Ihr könnt…Schon gut, Lord Sesshoumaru. Das ist Hazu. Ihr wollt sie sprechen? Dann werde ich sie zu Euch schicken.“ „Nein. Ich gehe zu ihr.“ „Aber ein Mann geht doch nicht in den Frauentrakt, das ist….“ Takeshi schluckte den Rest: „Wie Ihr wünscht.“ Für einen Augenblick war da etwas in den Augen dieses Jugendlichen aufgeflackert, das ihn daran erinnert hatte, dass er einem Wesen gegenüberstand, das das Wort „nein“ nie akzeptieren würde. „Bitte, folgt mir.“ Sakura ging mit. In dem Dämonenschloss gab es keinen Frauentrakt, aber als sie bei Menschen gelebt hatte, war das ebenso gewesen. Falls ein Ehemann seine Frau zu sehen wünschte, befahl er sie in sein Zimmer. Ansonsten lebten die Frauen mehr unter sich. Sie bemerkte, dass aus manchen Räumen neugierige Blicke auf den Dämonenprinzen geworfen wurden. Diesem war das wohl ebenso bewusst, aber er ließ sich nichts anmerken. Der Burgvogt klopfte: „Hazu, Lord Sesshoumaru wünscht dich zu sprechen“ „Lord...“ In der weiblichen Stimme lag Aufregung: „Ja, natürlich…“ Die Tür wurde geöffnet. Hazu war eine ältere Frau. Sie verneigte sich hastig: „Lord…Burgvogt, dies ist der Frauentrakt.“ „Dessen bin ich mir bewusst. Aber es gab einen neuen Toten und Lord Sesshoumaru will mit dir reden. Ich werde den Trakt unverzüglich verlassen. - Wie geht es meiner Frau?“ „Aiko befindet sich wohl. Seit einigen Wochen ist sie wieder viel fröhlicher. Ich glaube, sie hat es nun überwunden, dass Ihr eine Nebenfrau genommen habt.“ „Gut.“ Takeshi verschwand und Hazu verneigte sich tief: „Lord Sesshoumaru, wenn ich nun bitten dürfte….“ Sie zog sich in ihr Zimmer zurück, wartete höflich, bis der Prinz Platz genommen hatte, ehe sie sich selbst setzte. Wer wohl das Mädchen dabei war? Das war eindeutig ein Mensch, wohl eine Heilerin. „In dem Flur zum vorderen Hof wurde vor kurzer Zeit Nanako Usugi erwürgt.“ Sesshoumaru bemerkte den Schreck: „Du kennst ihn?“ „Ja, natürlich. Er ist…er war ein Höfling des Fürsten.“ „Unverheiratet?“ „Ja, Lord Sesshoumaru.“ Sie klang ein wenig erleichtert. Darum hakte er nach: „Was wollte er in diesem Flur?“ Hazu wurde bleich: „Ich...das weiß ich nicht.“ „Lüge nicht.“ Er hob ein wenig die Hand. Die Aufseherin warf unwillkürlich einen Blick auf die Klauen. Das war ein Dämon, entschied sie dann, und Diskretion hin oder her, sie wollte schließlich nicht in Stücke gerissen werden. „Er wollte wohl in den Frauentrakt.“ „Obwohl er keine Frau besaß und dies für Männer gewöhnlich untersagt ist.“ „Ja, Lord Sesshoumaru.“ „Weiter.“ „Darum...darum ging er wohl auch da entlang. Er wollte nicht gesehen werden.“ Hazu dachte noch einmal nach. Ein leises Knacken der Finger des Dämonenprinzen ließ sie hastig fortfahren: „Ich…bitte, Lord Sesshoumaru, das darf der Fürst nicht erfahren.“ Schweigen. Die Aufseherin seufzte: „Usugi war ein sehr hübscher Mann, sehr charmant. Bei großen Festen kokettierte er mit fast allen Frauen, die anwesend waren. Er machte allen Komplimente, egal, wie alt oder jung sie waren. Wirklich, ein sehr netter Mann. Ich bin sicher, dass mehr als die Hälfte aller Frauen hier sehr traurig sein wird, dass er tot ist, so grausam umgebracht wurde.“ „Was sagten die Ehemänner dazu?“ „Oh, nun ja, sie werden wohl erleichtert sein.“ „Wen wollte er hier besuchen?“ „Ich…ich bin mir nicht sicher. Ich habe durchaus bemerkt, dass er sehr viel mit Kiko redete. Das ist die Ehefrau von Akimaru Minaru, einem Höfling des Fürsten. Aber ob da mehr war?“ Sie zuckte die Schultern: „Außerdem war er gern bei Namida Midoshi.“ „Das ist die Ehefrau des Aufsehers der Kanzlei?“ „Ja, Lord Sesshoumaru. Dieser traf ihn einmal, als er aus dem Zimmer seiner Frau kam. Es gab eine ziemliche Szene, aber Usugi versicherte, er habe nur einen Krankenbesuch gemacht. Namida war zu diesem Zeitpunkt tatsächlich…unpässlich.“ Sie bemerkte, dass der Dämon vor ihr zurück zu der Heilerin blickte. Sakura verstand die stumme Aufforderung: „Midoshi hatte sie geschlagen?“ erkundigte sie sich bei der Aufseherin. „Ja, Heilerin. Das passiert öfter, wie du sicher weißt.“ „Weitere Namen?“ Sesshoumaru interessierte sich weniger für die Ursachen, warum Usugi jemanden besucht hatte. Und noch war kein Name eines anderen Toten gefallen. „Ich weiß nicht, Lord Sesshoumaru. Wie ich schon sagte, Usugi war äußerst reizend. Nun ja, da wäre noch Mariko. Letztes Jahr, als ihr Mann im Auftrag des Fürsten in Kyoto weilte, waren sie und Usugi Schlossgespräch, als man sie zusammen im Garten gesehen hatte. Allein. Aber das war letztes Jahr und ich denke, sie hat wegen ihm genug geweint. Da war danach nichts mehr.“ „Kyogis Frau lebt hier nicht.“ „Nein, soweit ich weiß, lebt sie bei ihren Eltern in dem Heimatort. Ach, Kyogi wurde ja auch ermordet.“ „Und Frauen von Tanishiro, Nakamura oder Iwago?“ „Die toten Samurai waren unverheiratet. Und Iwagos Frau starb vor drei Jahren.“ Also waren vier der fünf Mordopfer unverheiratet und vom fünften lebte die Ehefrau nicht im Schloss. Hatte das etwas zu bedeuten? Sesshoumaru betrachtete die Aufseherin: „Sonst noch etwas zu Usugi?“ „Nein, Lord Sesshoumaru.“ „Er wird dich gut bezahlt haben.“ „Er…nun…Usugi war nett genug, zusätzliche Arbeit zu vergüten“ Der Hundeprinz stand auf. Mehr konnte er hier kaum in Erfahrung bringen. Sakura folgte ihm eilig. Hazu wagte erst aufzuatmen, als sie allein war. Usugi war ein Frauenheld, für den die Tatsache, dass seine Angebetete verheiratet war, kein Hindernis darstellte. Sakura dachte daran, dass er sich offenkundig für unwiderstehlich gehalten hatte, als er versucht hatte, mit ihr etwas anzufangen. Aber das hatte doch nichts mit den anderen Toten zu tun. Samurai kamen sicher nicht zu einem Fest oder in den Frauentrakt. Kyogi hatte in seinem angefangenen letzten Brief angedeutet, er habe für seine Familie getan, was immer er getan hatte. Er schien also nicht gerade ein Schürzenjäger zu sein. Iwago…da hatten Usugi und auch die Heilerin gemeint, er sei ein älterer, arbeitswütiger Herr. Auch da war wohl nichts mit Frauen. Sie betrachtete das weiße Haar des Prinzen vor sich. Ob er auch so dachte? Sesshoumaru überdachte die neuen Informationen. Aber er fand nichts daran, was ihm einen Hinweis geboten hätte, wie diese Morde zusammenhingen. Hatte der Mörder einfach Usugi als Opfer genommen, weil er ihm zufällig in dem einsamen Flur begegnet war? War das der Denkfehler? Nicht, die Opfer hatten sich mit dem ihnen bekannten und vertrauten Mörder verabredet, an einsamen Stellen, sondern der Mörder suchte solche Stellen auf und tötete, wen immer er fand? Gab es darum keinen Zusammenhang zwischen den Toten? Reiner Zufall, wer das nächste Opfer wurde? Dann wurde es immer schwerer, den Mörder zu fassen. Denn dann kam man auch mit Indizien nicht weiter. Er könnte nur hoffen, dass aus Zufall einmal jemand einen Angriff überleben würde oder beobachten würde. Nein, das wäre schlimm. Wie stünde er vor Vaters Augen da, wenn in seiner Gegenwart Mord um Mord passieren würde, und er nicht weiterkäme? Was für eine entsetzliche Vorstellung, hier hilflos in diesem Menschenschloss herumsitzen zu müssen und dabei in Vaters Augen zu versagen. Ein Diener warf sich zu Boden: „Bitte…“ brachte er hervor. Sesshoumaru blieb stehen: „Was ist?“ „Ihr…der Fürst, Fürst Yamashida bittet Euch, ihm die Ehre zu erweisen, mit ihm zu speisen.“ Auch das noch, dachte der Hundeprinz. Aber es war höflich gemeint und er würde wohl auch so höflich sein müssen, das Angebot anzunehmen. Er brauchte ja nichts essen. „Bring mich zu ihm.“ „Ja, Lord Sesshoumaru.“ Der Diener sprang hastig auf. Immerhin lebte er noch, obwohl er einen Dämon angesprochen hatte. ************************************************ Seine Lordschaft wird nervös, weil er den Schlüssel zu der Mordserie nicht findet. Das wird noch Folgen haben. Allerdings werden auch die Menschen im Schloss unruhig. Das nächste Kapitel heisst denn auch: Spannungen. Wer so nett ist und miträt, schicke ich, wie gewohnt, eine ENS, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel freigeschaltet wurde. bye hotep Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)