Gefühlschaos von abgemeldet ================================================================================ Prolog: Vorwort --------------- Wer die Teen Titans kennt, dem dürfte vermutlich auch Raven bekannt sein, die düstere Magierin, ihre Gefühle unterdrückt um ihre Kräfte unter Kontrolle zu halten. Diese Kräfte gehen von Ravens dunkler Seite aus, jenem Teil von ihr, der mit ihrem Vater, dem Erzdämonen Trigon, in Verbindung steht. Würde sie ihren Gefühlen freien lauf lassen, würde ihre dunkle Seite stärker werden und ihrem Vater erlauben, Raven unter seine Kontrolle zu bringen. Bisher hat sie es durch Meditation und strenge Disziplin geschafft, ihre Emotionen zurückzuhalten. Doch in ihre existiert der Traum, eines Tages ihren Vater zu besiegen, sich von seinem Einfluss zu befreien und ein Leben als ganz normales Mädchen führen zu können. Was wäre aber, wenn Raven die Kontrolle über ihre Gefühle verlieren würde, wenn all die aufgestauten Emotionen sich einen Weg nach draußen bahnen würden. Wäre dies das Ende der Raven, die wir kennen? Vermutlich ja, doch wer kann schon sagen, was genau mit ihr geschehen wird. Diese Geschichte erzählt davon. Raven wird mit allem konfrontiert, was sie bisher verdrängt hat. Ohne jede Gnade wird sie von ihren Gefühlen hin und her gerissen, vielleicht geradewegs in die Verdammnis. Oder wird es anders kommen? Wird sie vielleicht sogar den Frieden finden, von dem sie ihr Leben lang geträumt hat? Findet es heraus. Kapitel 1: Kapitel 1: Erlösung ------------------------------ Eines Morgens im Titan Tower. Während Starfire und Beast Boy geraden den Tisch für das Frühstück deckten, ging Cyborg einen Stapel Briefe durch. „Is’ irgendwas wichtiges dabei?“, fragte Beast Boy. Cyborg antwortete: „Das Übliche. Werbung, Fanpost und – hey!“ „Was meinst du mit „hey“?“, fragte Starfire. „Sieh dir das an.“, sagte der Metallmensch und hielt einen Umschlag hoch. „Wenn du mich fragst, ist das ein Brief.“, antwortete sie. „Ohne Briefmarke, ohne Absender und adressiert an Raven.“, ergänzte er. Beast Boy meinte darauf: „Ich will ja nicht fies sein, aber wer sollte Raven schon schreiben?“ „Vielleicht ist das auch Fanpost?“, überlegte Starfire. „Was gibt es denn so wichtiges über mich zu reden, dass ihr es ohne mich tut?“ Ravens Stimmen durchbrach das Gespräch. Sie stand neben der Tür und ihr finsterer Blick war auf die drei gerichtet. „Äh… Gar nichts!“, stammelt Beast Boy. „Du hast Post!“, fügte er eilig hinzu. „Wer sollte mir denn schreiben?“, fragte Raven mit noch gedrückterer Stimme als sonst. Beast Boy stupste Starfire leicht mit dem Ellenbogen und flüsterte: „Siehst du.“ Raven öffnete den Umschlag. Einen Moment später zerknüllte sie den Brief und warft ihn punktgenau in den Mülleimer. „Nichts von Bedeutung.“, sagte sie und wandte sich ab. Beast Boy nahm den Brief wieder aus dem Mülleimer. Als er den Inhalt las, wurde sein Gesicht blassgrün. „Was ist den los?“, fragte Starfire ihn. Er gab ihr den Brief. „Das glaubst du nicht!“ Sie las den Brief laut vor: Raven, Tochter von Trigon, Ich beobachte dich seit geraumer Zeit und sehe, wie schwer es dir fällt, deine Kräfte unter Kontrolle zu halten. Die Tatsache, dass du deine Gefühle unterdrücken musst, erweckt wirklich mein Mitleid. Dennoch kann niemand seine Gefühle immer und überall im Zaum halten. Das gilt besonders für jemanden in einem Zustand wie deinem. Du weist, wie gefährlich du bist. Diese Gewissheit bereitet dir große Schmerzen. Du wünscht dir, nie existiert zu haben und hasst deinen Vater dafür, dass er dich zu einem Leben als Halbdämon verdammt hat. Aber schon bald wird es vorbei sein. Ich werde heute Nacht kommen und dich zu mir nehmen. Ich werde die Gefahr, die von dir ausgeht, bannen und dich von deinem Leiden erlösen. Leiste mir keinen Widerstand, denn es ist zu deinem eigenen Besten. Der Inquisitor Schweigen im Raum. Beast Boy sagte schließlich: “Raven… Das ist ein Drohbrief!“ „Wie ich sagte: Nichts von Bedeutung.“, antwortete sie mit erstaunlicher Gelassenheit. „Du brauchst keine Angst zu haben, Raven.“, meinte Cyborg. „Wenn dieser Typ hier auftaucht, wird er die Titans kennen lernen!“ „Ich habe keine Angst und ich brauche keinen Beschützer!“, sagte Raven zornig. „Und jetzt entschuldigt mich. Ich esse auf meinem Zimmer.“ Mit diesen Worten verließ Raven den Raum. Der Teller mit ihrem Frühstück schwebt hinter ihr her. Im selben Moment kam Robin herein. „Sieht so aus, als würde Raven heute nicht mit uns Frühstücken. Ist sie wegen irgendwas sauer?“, fragte er. Ihm war schon länger aufgefallen, das die junge Magierin in letzter Zeit ausgesprochen launisch war. „Sie hat einen Drohbrief gekriegt.“, berichtete Starfire. „Was!“ Er nahm den Brief aus Starfires Hand und las ihn durch. „Den nehm’ ich mit ins Labor. Mal sehen, ob dieser Inquisitor irgendwelche Spuren mitgeschickt hat.“, sagte er in einem grimmig entschlossenen Ton. Alle wussten, dass er es nicht einfach hinnahm, wenn jemand seine Freunde bedrohte. „Was ist das überhaupt, ein „Inquisitor“?“, fragte Starfire. „Die Inquisition war im Mittelalter eine Art Geheimdienst der Kirche. Sie haben Ungläubige, Andersdenkende und Menschen mit übernatürlichen Kräften gejagt, gefoltert und ermordet. So ziemlich alle ihrer Opfer waren unschuldig. Sie handelten nur aufgrund von Machthunger und Aberglauben.“, erklärte Robin ihr. „Und so jemand ist hinter Raven her!?!“, rief das außerirdische Mädchen entsetzt. „Diese Irren gibt es heutzutage doch gar nicht mehr.“, meinte Cyborg. „Wie’s aussieht will jemand ihr Werk weiterführen.“, antwortete Robin. „Vielleicht hält alles magische für eine Gefahr, die beseitigt werden muss.“ Er schien mehr mit sich selbst, als mit seinen Freunden zu reden. Cyborg und Beast Boy waren sich sicher, dass er sich in seinem Kopf bereits ein Bild von ihrem Gegner zu machen versuchte.“ „Aber irre ist er mit Sicherheit, wenn er sich mit Raven anlegt.“, warf Beast Boy ein. „Mit UNS, Beasty!“, ergänzte Cyborg ihn. „Wir sollten das nicht auf die leichte Schulter nehmen.“, sagte Robin besorgt. „Raven ist in Gefahr, also müssen wir auf sie aufpassen.“ „Das wird ihr aber gar nicht gefallen.“, meinte Beast Boy darauf. Raven saß auf ihrem Bett. Ihr Essen hatte sie nicht angerührt. Sie dachte nach: „Wer auch immer diesen Brief geschrieben hat, er kennt meine Gedanken, meine Gefühle. Und er hat recht. Es geht mir in letzter Zeit nicht gut und ich kann mich nur schwer konzentrieren.“ „Ich will die anderen nicht in diese Sache hineinziehen. Aber wenn ich ihn nicht allein besiegen kann… Na gut. Er will mich und wird er den andern vermutlich nichts tun. Ich werde mich ihm stellen, ich werde Kämpfen und seinem Treiben ein Ende bereiten, selbst wenn es mein Leben kostet!“ Raven legte sich auf das Bett und schaute zur Zimmerdecke. Sie seufzte und dachte: „Mach dir nichts vor, Raven. Du hast Angst. Nicht um deine Freunde, um dich.“ Sie drehte sich auf die Seite.„Ich will nicht kämpfen und ich will nicht sterben. Aber ich will auch nicht leben. Nicht so!“ Sie drehte sich auf die andere Seite und legte dem Kopf auf ihr Kissen. „Ich weis nicht, was ich will. Was soll ich tun?!“ Eine Träne rann über ihre Wange. In dem Moment, als die Träne auf das Kissen fiel, zuckte ein schwarzer Blitz über ihren Körper und wo die Träne den Stoff berührt hatte, war ein Brandloch entstanden. Die junge Magierin fühlt, wie der Zorn in ihr wuchs. Sie war wütend auf sich selbst, auf ihre Kräfte, auf ihre ganze verfluchte Existenz. Während noch immer Tränen über ihr Gesicht liefen versuchte sie unter Aufbietung ihrer gesamten Willenskraft ihren Zorn zu bändigen. Doch da war noch etwas. Etwas, gegen das weder ihr Mantra, noch der stärkste Wille helfen konnte. Ein Schmerz, stechend, brennend und eiskalt, tief in ihrer Seele. Ihre Energie ging zurück und der Zorn löste sich auf. Sie sank auf die Knie. Noch immer weinte sie. Sie fühlte ihre Seele. Die verletzte Seele eines Mädchens, gefangen in einem halbdämonischen Körper. Unschuldig dazu verdammt, niemals geliebt zu werden. Arme Raven. Armes kleines Mädchen. Niemand würde das je zu ihr sagen. Niemand würde sie je trösten. Sie war ganz allein mit ihrem Schmerz. Anfälle dieser Art hatte sie in letzter Zeit oft. Sie hatte es bisher immer geschafft, ihre Kräfte zu kontrollieren, indem sie ihre Gefühle unterdrückte. Doch nun waren es ihre Gefühle selbst, die außer Kontrolle gerieten. Es war, als würden sie versuchen, sich einen Weg aus ihr herauszukämpfen, als könnten sie es nicht mehr ertragen, in ihrer Seele eingesperrt zu sein. Und mit jedem Anfall kam dieser furchtbare Schmerz. Mit jedem Mal, wurde es schlimmer. Sie konnte kaum noch klar denken, so stark waren ihre Schmerzen, jedes Mal, wenn sich ihre Emotionen bemerkbar machten. Sie zu unterdrücken war schon immer nicht leicht gewesen. Aber Raven wusste, dass kein Lebewesen völlig ohne Gefühle auskommen konnte, selbst wenn sie ihm solche Qualen bereiteten. Alles was sie dagegen tun konnte war, sie immer wieder zurückzudrängen. Es gab nicht einmal jemanden, an den sie sich mit diesem Problem wenden konnte. Vor dem Rest der Teen Titans hielt sie es geheim, weil sie nicht wollte, dass ihre Freunde sich Sorgen um sie machten. Helfen könnten sie ihr schließlich auch nicht. Für denn ganzen Rest des Tages verließ Raven ihr Zimmer nicht. Nur einmal regte sie sich, um Cyborg wegzuschicken, der eine Alarmanlage in ihrem Zimmer installieren wollte. Sie versuchte, sich durch Meditation zu beruhigen und auf den Kampf vorzubereiten. Doch der Schmerz blieb. Robin untersuchte derweil den Brief, fand jedoch nichts heraus, außer, dass er wohl mit einer Vogelfeder geschrieben worden war. Es ärgerte ihn, dass er trotz seiner Ausrüstung und seiner Erfahrung auf dem Gebiet der Verbrecherjagd nicht den kleinsten Hinweis finden konnte. Dieser Inquisitor war das reinste Phantom. Es schien, als ob er entweder jegliche Spur perfekt verwischte oder, dass er ganz einfach noch nie zuvor in Erscheinung getreten war. Starfire saß ebenfalls vor dem Computer und suchte das Internet nach Informationen über die Inquisition ab. Wenn es in der Gegenwart keine Hinweise gab, würden sie vielleicht in historischen Quellen fündig werden. Was sie fand, half ihr nicht weiter, jagte ihr dafür aber einen kalten Schauer nach dem anderen über den Rücken. Mit jeder Information, die sie dem Netzwerk entnahm, wuchs die Angst um ihre Freundin. Beast Boy versuchte, einen Plan zu entwickeln, wie er Raven am besten beschützen und diesen Inquisitor schnappen könnte. Der Formwandler zermarterte sich stundenlang das Hirn und kam letztendlich zu dem Schluss, dass er das Planen doch lieber jemand anderem überlassen sollte. Dennoch würde er garantiert nicht dumm rumstehen, wenn irgend so ein Freak in den Tower spazieren und Raven entführen wollte. Wenn es soweit kommen würde, würde er auch wissen, was zu tun war. Das hatte bisher immer funktioniert. Als es Nacht wurde, war jeder von ihnen mehr oder weniger vorbereitet. Robin und Beast Boy schliefen in ihren Kampfanzügen, bereit, im Falle eines Angriffs sofort zu reagieren. Starfire versuche vergeblich einzuschlafen, den was sie heute über die barbarische Vergangenheit der Menschen erfahren hatte, konnte ihr zartes Gemüt nur schwer verarbeiten. Cyborg schlief überhaupt nicht. Nachdem Raven seine Alarmanlage nicht haben wollte, hatte er sich entschlossen, persönlich vor ihre Tür Wache zu halten. Im Grunde gäbe er einen guten Türsteher ab: wenn sich der Metallkoloss in eine Tür stellte, käme garantiert niemand mehr durch. Raven selbst schlief einen unruhigen Schlaf, den ihr Geist tastete den Tower und die gesamte Umgebung ab. So bekam sie auch mit, dass Cyborg vor der Tür ihres Zimmers stand und dass es draußen in Strömen regnete. Als ob die Stimmung noch nicht gedrückt und unheimlich genug wäre. In ihren Träumen sah sie alles, was dort draußen passierte. Plötzlich schreckte sie hoch. Sie hatte ihn gesehen. Auf dem Dach eines Hauses. Auch er musste sie bemerkt haben. Nicht nur das: Er rief nach ihr. Jetzt war es soweit. Raven stand auf. Sie nahm sich nicht die Zeit, in ihren Kampfanzug zu schlüpfen. Nur den Umhang warf sie sich über, als Schutz vor dem Regen. Darunter trug sie nur einen dunkelblauen Pyjama. „Es ist egal, ob das blöd aussieht. Das spielt jetzt keine Rolle.“, dachte sie. Sie verließ ihr Zimmer per Teleportation, damit die restlich Titans nichts mitkriegten. Nun stand sie auf dem Dach des Titan-Tower. Raven schaute hinaus in die Dunkelheit. Der dichte Regen versperrte ihr die Sicht, doch sie brauchte ihre Augen nicht, um zu sehen. Vor allem war der Regen jedoch kalt. Weder der Umhang, noch der Pyjama wehrten die Kälte ab. „Mir egal, ob es kalt ist. In meinem Kampfanzug wäre mir auch nicht wärmer“, dachte sie, „obwohl ich wenigstens Schuh hätte anziehen können.“ Sie ging zum Rand des Daches. Die dünne Schicht Regenwasser unter ihren Fußsohlen war ihr nicht einmal unangenehm. Nun stand sie am Abgrund, wörtlich und vielleicht auch im übertragenen Sinne. Unter ihr verschwanden die Regentropfen in den Wellen der Bucht. Sie stand vor dem letzten Hindernis: ihrer eigenen Angst. Angst vor dem Kampf, Angst vor Schmerzen, Angst vor dem Tod, Angst vor dem Leben. Darauf hatte sie sich den ganzen Tag lang vorbereitet. „Mir ist egal, ob ich Angst habe“, sagte sie zu der Dunkelheit vor ihr „ich werde kämpfen, egal wie es ausgeht!“ Mit diesen Worten sprang sie vom Dach ab und schwebte zu der stelle, an der sie ihren Gegner spürte. Das Haus, auf dem sie ihn gesehen hatte, war alt und verlassen. Und es war nicht das einzige seiner Art in dieser Gegend. Der ganze Wohnblock wirkte verfallen und abrissreif. Niemand war zu sehen. Ravens Psisinn suchte nach Lebenszeichen. Sie empfing schwache Signale aus den Häusern um sie herum. Nur Ratten und anderes Getier. Sonst nichts. Auf ein Mal empfing sie ein unglaublich starkes Signal. Ein Wesen mit übersinnlichen Kräften war in der Nähe, sogar sehr nahe. Raven drehte sich um und am liebsten hätte sie geschrieen. Nur etwa zwei Meter von ihr entfernt stand eine Gestalt, die sie um fast zwei Köpfe überragte. Er trug einen schwarzen Ledermantel mit einer Kapuze. Von seinem Gesicht war nur zu erkennen, dass er eine Maske, ebenfalls aus schwarzem Leder, trug. Ohne noch genauer hinzusehen schickte Raven ihm einen Energiestrahl entgegen. Sie traf ihn genau auf die Brust. Der Inquisitor wankte kurz und stand im nächsten Moment wieder gerade vor ihr. „Du bist wirklich so stark wie ich dachte“ sagte er ruhig. Ein zweiter Strahl traf ihn, mit dem selben Ergebnis. „Du kannst mir nichts anhaben. Wehr’ dich nicht.“, sagte er. Raven feuerte weiter auf ihn, doch ihre Angriffe zeigten keine Wirkung. Darauf war sie nicht vorbereitet. Der Panik nahe wich sie zurück, weiterhin Energiegeschosse auf ihren Gegner schleudernd. Der Inquisitor watete unbeeindruckt durch den Sturm dunkler Energie, den Raven auf ihn losließ. Mit dem Rücken zur Wand und Mut, geboren aus Verzweiflung, hüllte sie ihre Faust in ein Energiefeld, schlug zu und traf ihn mitten ins Gesicht. Eigentlich hätte dieser Angriff genug Kraft gehabt, um einen Krater in Beton zu schlagen, doch gegen diesen Gegner war er vollkommen wirkungslos. „Was bist du!?“ fragte Raven entsetzt. Der Inquisitor antwortete: „Dein Erlöser.“ Er packte sie am Kopf und drückte seine Handflächen gegen ihre Stirn. Raven fühlte, dass etwas durch ihr Chakra in ihren Körper, ihren Geist und ihre Seele eindrang. Ihre Kraft schwand. Nicht nur ihre dunkle Energie, auch ihr Körper und ihr Wille wurden schwächer. Sie schrie, obwohl sie wusste, dass niemand sie hören würde. Im nächsten Moment wurde es dunkel um sie. Doch dies war nicht die kalte Dunkelheit, die ihre Seele umgab. Sie war warm. Raven hatte sich oft gefragt, wie sich der Tod wohl anfühlt. „Wenn das der Tod ist“, dachte sie, „dann ist er das schönste, das ich je erlebt habe.“ Eine zärtliche Stimme von irgendwo in der Dunkelheit antwortete: „Das ist nur der Anfang.“ Dann verlor sie das Bewusstsein. Das erste, was Raven spürte, war, dass etwas weiches sowohl über, als auch unter ihr lag. Sie war noch nicht einmal ganz wach, als sie bemerkte, dass sie in einem Bett lag und noch immer ihren Schlafanzug trug. „War das nur ein Traum? Oder ist der Inquisitor in meine Träume eingedrungen?“, fragte sie sich. Als sie ihre Augen öffnete, bemerkte sie, dass es nicht ihr Bett war, in dem sie lag. Sie erhob sich und sah sich um. Sie war in einem kleinen, fensterlosen Raum. Der Boden, die Wände und die Decke sahen aus, als bestünden sie komplett aus grauer Keramik. An der Decke war ein leuchtendes Kristallgebilde angebracht, dass den Raum in ein sanftes Licht tauchte. Das Bett stand ganz hinten an einer Wand. An der gegenüberliegenden Wand sah Raven eine schwere Tür aus grauem Metall. Sie wollte darauf zugehen, doch als sie sich gerade mal einen Meter vom Bett entfernt hatte, hielt etwas sie zurück. Erst jetzt bemerkte Raven die Kette, deren eines Ende in der Wand hinter dem Bett, das andere an einer Manschette um ihren Hals befestigt war. Sie setzte sich zurück auf das Bett und überlegte: Der Inquisitor hatte sie nicht getötet, soviel stand fest. Er musste sie betäubt, hierher gebracht und ihr diese Kette angelegt haben. Aber warum? Raven sah sich die Kette genauer an. Das Metall war silbern, mit einem leichten, blauen Schimmer. Und es war erstaunlich leicht. Wenn sie sich nicht bewegt hätte, hätte sie wahrscheinlich nicht einmal bemerkt, das sie angekettet war. Als ihr Blick die etwa zwei Meter langen Kette bis zu der Stelle folgte, an der sie in der Wand verankert war, bemerkte sie eine Art Gegensprechanlage direkt daneben. Daran hing ein Zettel auf dem stand: Melde dich, wenn du wach bist. Raven zögerte. Die Situation kam ihr ziemlich seltsam vor. Sie fragte sich, ob es eine gute Idee wäre, in dieses Ding zu sprechen. Mit der Gewissheit, dass sie wohl kaum eine Wahl hatte, drückte sie den Knopf. „Hallo, hört mich da jemand?“, fragte sie in das Gerät. Etwas anderes war ihr nicht eingefallen. Es kam keine Antwort. Würde jemand durch die Tür kommen? Was auch immer passieren würde, Raven wollte nicht hilflos sein. Sie konzentrierte sich und versuchte, sich mithilfe ihrer Kräfte zu befreien. Nichts geschah. Sie versuchte es erneut, doch sie schaffte es nicht, ihre Energie zu sammeln. Ein seltsames Gefühl überkam sie. Ihre Kräfte waren nicht geschwächt. Es fühlte sich an, als hätte sie überhaupt keine Verbindung zu der dunklen Energie mehr. Nicht einmal den Schatten ihres Vaters konnte sie noch auf ihrer Seele spüren. Ihr ganzes Leben lang hatte sie sich nichts sehnlicher gewünscht, als ein normales Mädchen zu sein. Und gerade in einem so unpassenden Moment wurde ihr Wunsch erfüllt. In dieser Situation, die ihr gleichermaßen bedrohlich und lächerlich erschien, kündigte sich ein weiterer Gefühlausbruch an. Raven wusste nicht mehr, was sie glauben, denken oder fühlen sollte. Im nächsten Augenblick öffnete sich die Tür. Allein schon durch seine Größe erkannte Raven, wer da vor ihr stand. Doch ansonsten sah der Inquisitor nicht so furchterregend aus, wie sie ihn in Erinnerung hatte. Er hatte die Maske abgelegt und trug ansonsten die gleich Kleidung wie in der Nacht zuvor. Sein Gesicht sah recht jung aus. Vermutlich war er nicht viel älter, als sie selbst. Er wirkte viel friedlicher, bei Licht und ohne die Maske. „Hab keine Angst. Ich werde dir nicht wehtun.“, sprach er mit einer ruhigen, beinahe liebevollen Stimme. Raven wollte ihm nicht trauen, doch sie hatte auch keine Angst mehr vor ihm. „Wenn du mir nichts tun willst, wozu dann das alles?“, fragte sie ihn. Sie hatte es freundlicher gesagt, als sie eigentlich wollte. Der Inquisitor antwortete: „Immerhin hast du mich angegriffen. Dabei will ich dir doch nur helfen.“ Das reichte ihr. Was hatte er den erwartet? Dass sie sich einfach von ihm entführen lassen würde? Bis eben hatte sie ihre Emotionen noch halten können, doch nun drängten sie wieder alle auf einmal an die Oberfläche. „Natürlich hab’ ich dich angegriffen!“, schrie sie ihn an. „Was sollte ich denn tun, wenn mir jemand gegenübersteht, der mich bedroht!“ Raven kochte vor Wut und es war ihr egal, ob sie dadurch jeden Moment den ganzen Raum in die Luft jagen könnte. „Ich wollte dich nicht bedrohen, Raven. Es tut mir leid, wenn ich diesen Eindruck erweckt habe.“, antwortete er. „Und wozu soll das gut sein!?“, schrie sie und deutete auf die Kette. Der Inquisitor antwortete in beruhigendem Ton: „Das Halsband ist Teil deiner Heilung. Die Kette soll dich nur festhalten, falls du mich noch mal angreifst.“ „Und wie ich dich angreifen würde, wenn ich könnte!“, rief sie. Sie zerrte an der Kette, bis das Halsband unangenehm zu drücken begann. Einen halben Meter mehr und er währe in Reichweite gewesen. Raven spürte ein brennendes Verlangen, ihm wehzutun, die Wut über ihre Schmerzen an ihm auszulassen, ob mit ihren Kräften oder ohne. „Hör auf, du tust dir nur selbst weh.“, sagte er. Etwas ging von ihm aus, das Raven ruhiger werden ließ. Außerdem wusste sie, dass er Recht hatte. Sie entspannte sich und setzte sich auf den Boden. Ihre Wut begann sich aufzulösen, doch der Schmerz in ihr war stärker denn je. Im Grunde war sie erleichtert, dass ihre Kräfte nicht funktionierten. Sie wollte sich nicht vorstellen, was sie in diesem Zustand und unter dem Einfluss solcher Schmerzen anrichten könnte. Nun fühlte sie, wie ihre Traurigkeit den Platz des sich verflüchtigenden Zorns einnahm. Den Tränen nahe, aber immer noch gereizt, fragte sie: „Was meinst du mit „Heilung“?“ „Wie du wahrscheinlich schon bemerkt hast, kannst du deine Kräfte nicht mehr einsetzen. Genau darum geht es. Diese Kette ist aus Parium, einem alchemistischen Metall, dass auf Psi-Energie dieselbe Wirkung hat, wie Gummi auf Elektrizität. Solange du es trägst, kannst du deine Kräfte nicht einsetzen, da es deine Seele von der dunklen Energie isoliert. Meine Kleidung enthält ebenfalls Pariumfasern. Deshalb waren deine Angriffe gegen mich wirkungslos.“, erklärte der Inquisitor. „Dann willst du mir also meine Kräfte nehmen?“, fragte Raven, bemüht, jetzt nicht auch noch zu weinen. „Nein. Ich will dir die Möglichkeit geben, die Wunden in deiner Seele heilen zu lassen.“, sagte er. „Du hast schreckliche Schmerzen, wie so oft in letzter Zeit. Es fühlt sich an, als würde ein Speer aus kaltem Feuer deine Seele durchbohren, nicht wahr?“ „Woher weist du das?“, fragte sie. „Ich habe die Fähigkeit, die Gedanken und Gefühle anderer zu lesen.“, sagte er und kniete sich neben sie auf den Boden. „Dann sind es meine Kräfte, die mir diese Qualen bereiten?“ Ein paar Tränen rannen über ihr Gesicht. Sie konnte einfach nicht länger widerstehen. „Nein, es sind nicht deine Kräfte. Deine Seele schmerzt, weil du dein Leben lang deine Gefühle unterdrückt hast. Deine dämonische und deine menschliche Seite kämpfen gemeinsam dagegen an, denn beide Seiten wissen, dass kein Lebewesen, nicht einmal du, ohne Gefühle leben kann.“, erklärte er. „Es ist wie mit einer Blume, die kein Wasser bekommt. Obwohl sie verkümmert, richtet sie ihre gesamte Kraft auf dass Ziel, zu überleben. Wenn du überhaupt keine Gefühle hättest, würdest du zwar nicht sterben, aber das, was von deiner Existenz übrig bliebe, könnte man auch nicht Leben nennen. Nicht einmal dein Vater würde wollen, dass du so endest.“ Er legt seinen Arm um sie. Raven fühlte sich ein wenig beschämt. Noch nie hatte jemand ihre Seele mit einer Blume verglichen, geschweige denn, etwas positives über Trigon gesagt. Wieder strömte wohlige Wärme in ihren Körper. Sie hatte sich immer eingeredet, dass sie es nicht mochte, wenn man sie berührte. Doch in diesem Moment, wünsche sie sich, er könnte sie für immer festhalten. Die Wärme beruhigte ihre aufgewühlten Gefühle. „Was ist das?“, fragte sie. „Das ist, was ich für dich empfinde. Ich übertrage meine Gefühle auf dich.“ antwortete er. Raven vergaß, dass sie gerade eben noch wütend auf ihn gewesen war und zuvor Angst vor ihm gehabt hatte. Diese Wärme war das schönste, was sie in ihrem ganzen Leben gespürt hatte. Und jetzt verstand sie auch, warum er ihre Kräfte blockierte: ohne ihre Kräfte, brauchte sie ihre Gefühle nicht mehr zu unterdrücken. Sie konnte sie freilassen und so den Schmerz lindern. In diesem Moment vergaß sie alles. Sie öffnete zum ersten Mal in ihrem Leben ihre Seele, sodass ihre Gefühle ihr ganzes Bewusstsein einnahmen. Entgegen ihrer Gewohnheit schmiegte sie sich eng an ihn und weinte hemmungslos. Er umarmte sie, sodass ihre zierliche Gestalt fast unter seinem Mantel verschwand. Raven wusste nicht, wie lang er sie in diese zärtlichen Umarmung hielt. Sie nahm alles wie einen Traum wahr, in dem die Zeit keine Bedeutung für sie hatte. „Eine kleine schwarze Rose, die ihre Stacheln verlor, um Schutz unter den Flügeln eines Engels zu finden“, dachte sie. Im Titan Tower herrschte derweil Aufregung. Die übrigen Teen Titans hatten bemerkt, dass Raven verschwunden war; spurlos, wie Robin festgestellt hatte. Cyborg und Beast Boy stritten sich. „Du standest die ganze Nacht lang vor ihrer Tür und hast nichts bemerkt?!“ „Du weist doch, dass Raven keine Tür braucht, um einen Raum zu verlassen.“ „Und wieso bewachst du dann die Tür?“ „Blöde Frage: damit niemand rein kommt!“ „Hat ja super geklappt!“ „Wenigstens hab ich nicht geschlafen als es passiert ist!“ Starfire saß am Tisch und schwenkte etwas über einer Karte. Beast Boy schaute zu ihre herüber fragte: „Sag mal Star, was machst du da eigentlich?“ „Ich versuche, Raven durch Pendeln aufzuspüren.“, antwortete sie, „Aber irgendwie funktioniert es bisher nicht.“ „Vielleicht, weil das kein Pendel, sondern ein Teebeutel ist.“, meinte Beast Boy, wobei er sich einen spöttischen Unterton nicht verkneifen konnte. „Es könnte aber auch daran liegen, dass du ihn über einem Stadtplan von Tokio schwenkst.“, fügte Cyborg hinzu. Starfire seufzte: „Ich geb’s auf. Raven kennt sich mit sowas besser aus.“ „Ich geb’s nur ungern zu, aber mir fällt auch nichts ein.“, sagte Robin. Starfire sah ihn verwirrt an und fragte: „Du findest doch normalerweise immer, was du suchst, oder?“ „Normalerweise. Aber wir haben nicht mal den Hauch einer Spur. Ich habe nicht mal den kleinsten Hinweis auf den Inquisitor gefunden. Ich fürchte, mit Detektivarbeit kommen wir nicht weiter.“, antwortete er. Einen Fall wie diesen, hatte Robin noch nicht erlebt und es regte ihn sichtbar auf, dass er, der Anführer der Teen Titans und Schüler des besten Detektivs der Welt, in dieser Situation genau so hilflos war, wie Raven jetzt vielleicht selbst. Der Gedanke daran, dass eine Freundin leiden musste, während er zur Untätigkeit gezwungen war, machte ihn wütend. Er würde es sich nie verzeihen, wenn Raven etwas zustoßen würde. „Vielleicht sollten wir die Liga um Hilfe bitten.“, überlegte Starfire laut. Robin gefiel diese Idee überhaupt nicht. Er hatte die Teen Titans gegründet, damit junge Helden wie er beweisen konnten, dass sie mehr konnten als nur in der Rolle eines Schülers oder Assistenten im Schatten eines Erwachsenen zu stehen. Er war stolz auf den Freiraum, den dieses Team genoss. Die Justice League um Hilfe zu bitten, hatte für ihn den bitteren Beigeschmack von Unterlegenheit. Er wusste jedoch, das ihre älteren Kollegen immer für sie da waren. Und vermutlich hätten sie auch die größeren Chancen, Raven zu finden. Um sie zu retten, würde er vermutlich sogar die Hilfe eines Feindes annehmen. „Wenn es sein muss, sollten wir das tun.“, sagte er, wobei er jedoch deutlich sein Missfallen zum Ausdruck brachte. „Gute Idee.“, stimmte Beast Boy zu, „Immerhin geht es um hier um Raven. Sie könnte überall und nirgends sein.“ „Oder genau vor eurer Nase.“, sagte eine vertraute Stimme hinter ihnen. Sofort wandten sie sich um. Raven war mitten im Raum aufgetaucht. Sie trug ihren Schlafanzug und hielt ihren Umhang auf einem Arm. Sie war unverletzt und machte sogar ein – für ihre Verhältnisse – fröhliches Gesicht. Sofort sprang Starfire auf und umarmte sie in einem typisch tamaranischen Freudenausbruch. Normalerweise hätte Raven sie abgewehrt. Doch in diesem Fall ließ sie Starfire nicht nur gewähren, sonder erwiderte die Umarmung sogar. „Ich bin ja so froh, dass dir nicht passiert ist!“ rief das rothaarige Mädchen, während ein Paar Freudentränen aus ihren Augen rannen. „Bist du auch wirklich in Ordnung, Raven?“ fragte Cyborg, im Hinblick auf ihre seltsam gute Laune. „Es ging mir nie besser.“, antwortete sie. „Ha, ich wusste, das dir dieser Spinner nichts anhaben kann! Ich wette, du hast den Boden mit ihm aufgewischt!“, rief Beast Boy. „Das war gar nicht notwendig. Es war ein Missverständnis und er wollte mir nur helfen. Er war wirklich nett zu mir.“, erklärte Raven, „Er hilft Leuten mit mentalen Kräften, diese besser kontrollieren zu lernen.“ „Was ist das eigentlich?“ fragte Starfire und deutete auf ein Amulett aus silber-blauem Metall, das um Ravens Hals hing. „Ein Geschenk von ihm. Es beschützt mich vor meiner dunklen Seite und soll mir helfen, mit meinen Gefühlen besser umzugehen.“, antwortete sie. „Nur Eins kappier’ ich nicht“ sagte Cyborg: „Wenn er Übersinnlichen hilft, wieso nennt er sich dann wie jemand, der solche Leute vernichten will?“ „Inquisitor bedeutet „Der Fragende“. Er nennt sich so, weil er die Gedanken anderer lesen kann. Wenn er will, bleibt ihm keine Frage unbeantwortet.“, erklärte Raven ihm. „Ich hab’ ihm übrigens schon geraten, sich einen weniger abschreckenden Namen zuzulegen.“, fügte sie hinzu. „Wenn ich das richtig verstehe, seid ihr jetzt also Freunde.“, sagte Robin, „Wenn das so ist, will ich ihn aber persönlich kennen lernen.“ In seiner Stimme schwang sein typische Misstrauen mit. „Er hat versprochen, mir bald wieder zu schreiben. Wenn er diesmal seine Adresse mitschickt, werde ich ihn zu uns einladen.“, versprach Raven ihm. Tatsächlich erhielt Raven bald darauf einen weiteren Brief. Sie wollte ihn allein in ihrem Zimmer lesen, denn er war für sie bestimmt und sie wollte ihren Freunden keinen so tiefen Einblick in ihre Privatsphäre erlauben. Obwohl sich Ravens Gefühlswelt zu verändern begann, war sie immer noch sehr zurückhaltend und introvertiert. Ihre Gefühlsausbrüche und Stimmungsschwankungen hielte zwar noch immer an, doch ihr Charakter war nie ein Problem für sie gewesen. Warum sollte sie ihn also ändern? Als sie ihr Zimmer betrat, öffnete sie die Jalousie vor ihrem Fenster. Draußen war der Himmel mit Wolken verhangen und es regnete. Raven mochte dieses Wetten. Es war nicht zu hell und es schuf eine gemütliche, düstere Atmosphäre, vorrausgesetzt, man nicht nass wurde oder fror. Sie setzte sich auf ihr Bett und legte sich die Decke um die Schultern. Die Stimmung war perfekt, wie sie fand: der Raum war in ein gemütliches Halbdunkel und sie in ihre warme und weiche Decke gehüllt, währen nur das leise Prasseln des Regens draußen zu hören war. Sie öffnete den Brief. Darin stand: Liebe Raven, Ich hoffe, es geht dir bereits besser. Mir tut es immer noch Leid, dass ich dich und deine Freunde so erschreckt habe. Mit meinem neuen Namen ist es wirklich einfacher, das Vertrauen anderer zu gewinnen. Ich freue mich schon darauf, deine Freunde kennen zu lernen. Vielleicht werde ein ähnliches Team wie die Teen Titans gründen und offiziell meine Hilfe anbieten. Wenn du mit mir in Kontakt treten willst, brauchst du nur an mich zu denken. Ich wünsche dir alles Gute, bis wir uns wieder sehen. Und denk daran; ich fühle mit dir. Dein Janus Angel Während sie die Zeilen las, wurde ihr warm ums Herz. So ganz hatte sich das düstere Mädchen noch nicht an dieses Gefühl gewöhnt. Sie drückte den Brief an sich und es fühlte sich fast so an, als ob er ihr diesem Augeblick wieder die Wärme seines Herzens schickte. Sie verdankte ihm so viel: er hatte sie nicht nur von ihrem Seelenschmerz befreit, sonder ihr auch gezeigt, dass es auch für sie einen Weg gab, ihre Gefühle auszuleben. Er hatte sie der Erfüllung ihres Herzenswunsches ein Stück näher gebracht. Zwar würde sie wohl kaum so emotional wie Starfire oder so humorvoll wie Beast Boy werden, doch das brauchte und wollte sie auch nicht. Sie wusste nun, was sie brauchte: Sogar ein so ernstes und düsteres Wesen wie sie, brauchte liebe. Und sie wusste, dass es dort draußen jemanden gab, der sie, Raven, lieb hatte. Nachwort zu Kapitel 1: Klingt nach einem Happy End, oder? Wäre es vielleicht auch, wenn die Geschichte hier schon zu Ende wäre. Es werden noch weitere Kapitel folgen, in denen ihr mehr über Raven, den mysteriösen Janus Angel und noch andere, größtenteils sehr sonderbare Charaktere erfahren werdet. Bis dahin. Euer Rokuro Empfehlung an den Hofhund. ^_^ Kapitel 2: Kapitel 2: Kreaturen der Nacht ----------------------------------------- Du bist mein Engel, mein Beschützer Hältst mich warm, heilst meine Schmerzen Bist in der Dunkelheit mein Führer Spendest Trost dem schwarzen Herzen Spendest Hoffnung den verdammten Seelen Löscht mit Liebe meines Zornes Glut Raven seufzte. Sie saß bereits seit Stunden über ihrem Poesiealbum und kam mit diesem Gedicht einfach nicht weiter. Und das obwohl sie doch so vieles schreiben könnte. Vielleicht lag es daran, dass sie sich zum ersten Mal an ein Liebesgedicht heranwagte. Oder sie war einfach nur zu müde. Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass es bereits ein Uhr Morgens war. Sie legte den Stift beiseite und schloss das kleine Buch vor ihr. „Wieso tue ich das überhaupt?“ fragte sie sich „Ich mag Janus. Ich fühle mich wohl in seiner Nähe. Aber ist das wirklich Liebe?“ Sie stand auf und ging zu ihrem Bett. Ihr Nachtkleid streichle ihre Haut regelrecht bei jeder Bewegung. Es bestand aus schwarzem Satin und war unglaublich weich. Raven hatte dieses Kleid bei einem Einkaufsbummel mit Starfire entdeckt. Es war schon erstaunlich genug, dass sie freiwillig mitgegangen war, doch es hatte ihr sogar Spaß gemacht. Sie hatte sich durch die Begegnung mit Janus Angel wohl doch mehr verändert, als sie gedacht hatte. Inzwischen konnte sie sich fast über jede Kleinigkeit freuen. Obwohl man sie durchaus noch als düster und mysteriös bezeichnen konnte, war sie nicht mehr so abweisend und melancholisch wie früher. Leider hatte sie auch noch mit ihren Gefühlausbrüchen zu kämpfen. Sie ergriff das Pariumamulett das Janus ihr Geschenkt hatte. Es trennte ihre Seele von der dunklen Energie, quasi ihre gute von ihrer bösen Seite. Solange sie es trug, konnte sie zwar ihre Kräfte nicht einsetzen, dafür aber ihren Gefühlen freien Lauf lassen ohne fürchten zu müssen, die Kontrolle über ihre dämonischen Seite zu verlieren. Eigentlich wollte sie es nur solange tragen, bis ihre Gefühle sich wieder stabilisiert hatte. Doch sie hatte sich auch schon bei der Überlegung ertappt, es nie wieder abzunehmen und den Rest ihres Lebens als normales Mädchen zu verbringen. So verlockend dieser Gedanke auch war, Raven wusste, dass das keine Lösung wäre. Sie könnte keinen wahren Frieden finden, wenn sie sich Zeit ihres Lebens vor ihrem Vater und ihrer eigenen dunklen Seite verstecken würde. Trotzdem nahm sie das Amulett mittlerweile nur noch im Kampf ab. Und eigentlich kämpfte sie nur noch, wenn die anderen Teen Titans sie wirklich brauchten. Der Gedanke daran beschämte sie, obwohl Robin Verständnis dafür hatte. Er schien der einzige der Teen Titans zu sein, der sie einigermaßen verstand. In seinen Augen litt sie an einer Art magischen Krankheit, also gönnte er ihr die Ruhe, die sie brauchte. Im Grunde waren alle Titans ungewöhnlich nett zu ihr und nahmen noch mehr Rücksicht auf sie, als ohnehin schon. Lediglich Starfire ging ihr regelmäßig auf die Nerven, weil sie alles Versuchte, um ihr zu helfen. Vor ein paar Tagen hatte Raven zwei Stunden damit verbracht, ihr zu erklären, dass sie nicht körperlich krank war, und dass tamaranischen „Hausmittel“ ihr garantiert nicht helfen würden. Ihre Müdigkeit machte sich immer mehr bemerkbar. Sie legte sich in ihr Bett und deckte sich zu. Da war sie schon wieder. Diese scheinbar grundlose Freude. Schon seit der ersten Nacht nach ihrem Treffen mit Janus schlief sie nicht mehr einfach nur in ihrem Bett. Sie rollte sich unter der Decke zusammen und wachte fast immer mit ihrem Kopfkissen im Arm auf. Raven tat das, was man „Kuscheln“ nannte und irgendwie war es ihr peinlich. Diese Gefühle waren ihr so fremd. Manchmal war sie sich nicht einmal sicher, ob sie ihr wirklich gefielen. Es war so normal für sie geworden, Freude zu empfinden, dass es einfach nichts Besonderes mehr war. Wehmütig dachte sie an die Zeit, in der jede Emotion, die sie sich gegönnt hatte, ein kostbares Geschenk gewesen war. Sie blickte auf den kleinen, glänzenden Anhänger in ihrer Hand. Dank des Amuletts konnte sie jetzt fühlen, was immer sie wollte. Doch es konnte sie nicht glücklich machen. Es sollte sie nur beschützen, bis sie wieder die volle Kontrolle über ihre Gefühle hatte. Dennoch fürchtete Raven, von der Wirkung des Amuletts abhängig zu werden. Die meisten der Gefühle, die in letzter Zeit auf sie einstürmten, kamen ihr oberflächlich vor, als würden sie nicht wirklich ihre Seele berühren. Raven wusste sehr wohl, wie sich „echte“, innige Gefühle anfühlten. Angst, Traurigkeit, Zorn; diese Gefühle kannte sie gut, obwohl sie keines davon mochte. Langsam hatte sie es satt, grundlos glücklich zu sein, falsche Freude über jede Kleinigkeit zu empfinden. Negative Gefühle waren ihr immer noch lieber, als unechte. „Bitte“, sagte sie in Gedanken zu dem Amulett, „lass’ mich heute Nacht wenigstens einen Alptraum haben.“ Raven fühlte, wie ihre Augenlider schwer wurden, als ihr Körper die wohlverdiente Erholung einforderte. „Heute will ich mich nicht mehr aufregen.“ dachte sie. Dann schlief sie ein. Tatsächlich träumte Raven in dieser Nacht: Sie stand vor dem Titan Tower, doch die Stadt, das Wasser der Bucht, die gesamte Umgebung war verschwunden. So weit sie sehen konnte war der Tower von einer leeren Wüste umgeben. Am Himmel stand eine Sonne, viel größer und heller als in Natura. Ein riesiger Feuerball, der das Land unter sich unbarmherzig verbrannte. Doch es war nicht einmal besonders heiß. Das Licht schien allem das Leben zu entziehen, auf dass es traf. Auf einer Düne sah sie etwas, dass auf den Tower zukam. Da die riesige Sonne direkt dahinter war, konnte Raven sie nur schwarze Silhouetten erkennen. Mit jedem Schritt, den es näher kamen, wurde die Sonne heller. Raven musste die Augen schließen, um nicht geblendet zu werden. Doch es half nichts. Das Licht durchdrang ihre Augenlider, wurde immer heller und heller. Endlich erwachte sie. Doch das Licht schien ihr gefolgt zu sein. Raven hielt sich ihren Arm schützend vor die Augen. Da erkannte sie den Grund für diese unerträgliche Helligkeit: die Sonne schien direkt in ihr Zimmer. Gestern, als die Abenddämmerung eingesetzt hatte, hatte sie die Jalousie geöffnet. Und bevor sie ins Bett gegangen war, hatte sie vergessen, sie wieder zu schließen. Sie stand auf und lies die Jalousie herunter. „Na toll, da hast du deinen Alptraum.“, dachte sie, „Und er ist sogar wahr geworden.“ Es gab nicht viele Dinge, die Raven noch weniger leiden konnte als grelles Licht. Ob es an ihrem Charakter lag oder ob es irgendeine körperliche Eigenart von ihr war, wusste sie selbst nicht. Ihre Augen gewöhnten sich schnell wieder an die vertraute Dunkelheit. Sie sah auf die Uhr: Viertel vor Acht. Obwohl sie sich matt und unausgeruht fühlte entschied sie, sich nicht wieder ins Bett zu legen. Stattdessen ging sie in die Küche. Eine Tasse Tee würde ihr jetzt gut tun. Während das Wasser langsam hieß wurde, setzte sich Raven auf das Sofa im an die Küche angrenzenden Wohnzimmer. Direkt vor ihr lag Beast Boys Spielkonsole auf dem Boden. Sie konnte immer noch nicht verstehen, wie Beast Boy und Cyborg so viel Zeit mit diesen Spielen verbringen konnte. „Ob ich es vielleicht auch mal ausprobieren sollte?“, fragte sie sich. „Nein, nie im Leben! So tief werde ich nicht sinken.“, antwortete sie sich selbst. Erst jetzt bemerkte sie, wie schlecht sie heute Morgen gelaunt war. „Genau wie früher“, dachte sie. Obwohl sie im Moment niemanden durch ihre Gefühlausbrüche verletzen konnte, war sie alles andere als glücklich. Vielleicht dann, wenn ihre Gefühle endlich wieder bereit waren, ihr zu gehorchen. Sie legte sich ausgestreckt auf das Sofa. Dann drehte sie sich in Seitenlage und legte den Kopf auf ihren Arm. „Noch so eine unbedeutende kleine Freude.“ dachte sie, als sie ihre Füße aneinander rieb und die Berührung ihrer eigenen Haut spürte. Raven hatte bisher nicht bemerkt, wie empfindlich ihre Haut eigentlich war. Früher hatte sie jegliche Berührung wie einen Angriff abgewehrt, doch jetzt kamen ihr nahezu alle leichten Berührungen wie Streicheln vor. Vielleicht lag es ja daran, dass es sie daran erinnerte, wie zärtlich Janus zu ihr gewesen war. „Unsinn.“, dachte sie. Sie erinnerte sich noch genau daran, das Janus sie körperlich kaum berührt hatte. Gut, er hatte sie in seinen Armen gehalten und sie sich an ihm ausweinen lassen, aber sie hatten nicht wirklich Zärtlichkeiten ausgetauscht. Höchstens auf seelischer Ebene. Trotzdem ertappte sich Raven oft bei der Überlegung, wie sich wohl ein Kuss von ihm anfühlte. Und das obwohl sie sich nicht einmal sicher war, ob sie ihn liebte. Sie wusste schließlich nicht, wie sich wahre Liebe wirklich anfühlte, und dennoch konnte sie kaum noch an etwas anderes denken. Während sie dort auf dem Sofa lag, wünschte sie sich in seine Arme zurück. Sie schloss ihre Augen und dachte: „Janus, mein Engel, bitte komm und hilf mir…“ Unsanft wurde Raven aus ihren Träumen gerissen, als etwas mit Wucht auf ihr landete. „Aua! Sag’ mal, hast du sie noch Alle!?!“ schrie sie. „Oje… Raven… Tut mir Leid! Ich wusste nicht, dass du hier liegst!“ Es war Beast Boy. Er war über die Rückenlehne auf das Sofa gesprungen, wobei er Raven nicht gesehen hatte. Als sie sich aufrichtete, wich er ängstlich vor ihr zurück. „Ist schon gut. Du konntest mich ja nicht sehen.“ sagte sie ruhig. Sie stand auf und ging zurück in die Küche, denn sie hörte, dass das Wasser für ihren Tee kochte. Beast Boy schaute ihr verwirrt hinterher. Er kannte Raven schon lange und wusste, dass sie so etwas normalerweise nicht so leicht verzieh. „Du… äh, bist nicht böse auf mich?“ fragte er. „Ich bin verstimmt, aber nicht verletzt.“ antwortete sie. „Und außerdem bin ich deinen Blödsinn ja gewöhnt.“ Nun ja, Beast Boy wusste selbst, dass er ein gewisses Talent dafür hatte, Dummheiten anzustellen. Aber auf Raven draufzuspringen, wenn auch nur aus Versehen; so etwas hatte er sich noch nicht geleistet. „Ist auch wirklich alles in Ordnung mit dir? fragte er. Raven antwortete in deutlich genervtem Tonfall: „Ja, es geht mir gut.“ „Von wegen.“ fügte sie in Gedanken hinzu „Mir geht’s mies und ich werde mich wohl nie an dich gewöhnen.“ Sie goss etwas heißes Wasser in eine Tasse und hängte einen Teebeutel hinein. Dann setzte sie sich an den Tisch, um zu warten, bis der Tee gezogen und sich etwas abgekühlt hatte. „Tut mir wirklich Leid, wenn ich dich nerve,“ sagt Beastboy zu ihr „aber ich mach’ mir wirklich Sorgen um dich. Die anderen übrigens auch.“ Raven sah ihn an. „Was ist denn bitte mit mir los, dass ihr euch Sorgen macht?“ fragte sie, als ob sie es nicht selbst wüsste. „Nun ja… also… In letzter Zeit benimmst du dich irgendwie… seltsam. Ich meine,… noch seltsamer als sonst.“ antwortete er zögerlich. „Na vielen Dank auch!“ dachte sie. Sie zwang sich zur Ruhe und fragte ihn: „Wie meinst du das genau?“ „Also, früher hast du ja immer deine Gefühle unterdrückt,“ antwortete Beast Boy, „aber seit du bei diesem Inquisitor-Typ warst, scheinen irgendwie alle Gefühle gleichzeitig aus dir rauszukommen. Du bist wirklich verdammt launisch geworden und ich glaube nicht, dass du dich gut dabei fühlst.“ „Er hat recht.“, dachte Raven. So albern und kindisch Beast Boy auch war, er hatte ein gewisses Gespür für die Stimmung anderer. „Könnte es vielleicht sein, dass der Kerl irgendwas an dir rummanipuliert hat?“, fragte der Formwandler. „Nein verdammt!“ schrie sie ihn an. „Du hast ja keine Ahnung, was er für mich getan hat!“ Beast Boy zuckte zusammen, sah sie aber weiter an. Sofort beruhigte sich Raven wieder. Es stimmte, was er gesagt hatte: ihre Stimmung schwankte wie ein Metronom. Eigentlich hatte sie keinen Grund, ihn anzuschreien. „Es tut mir Leid.“ sagte sie „Wenn du es unbedingt wissen willst: das hier ist der Grund.“ Sie zeigte ihm das Amulett. „Es verhindert, dass meine Seele Energie aufnimmt. Solange ich es trage, funktionieren meine Kräfte nicht. Daher kann ich es mir erlauben, meinen Gefühlen freien Lauf zu lassen. Das muss ich tun, weil ich in meine Gefühle in letzter Zeit ohnehin nicht richtig kontrollieren kann. Daher ist meine Stimmung auch so instabil“ erklärte sie. Beast Boy sah sich den Anhänger an: eine kleine, ovale Perle, die in sanftem Blau schimmerte. „Warum passiert so was? Und vor allem, warum ihr?“ dachte er mitfühlend. „Kann ihr Leben denn nicht wenigstens einmal einfach sein?“ Ein neuer Gedanke schoss ihm durch den Kopf. „Sag’ mal, könnte es sein, dass dieses Ding genau dafür gut ist? Ich meine, deine Gefühle durcheinander zu bringen.“ fragte er sie. Raven antwortete sofort: „Wie kannst du das nur sagen!? Janus würde mir niemals so etwas antun! Du kennst ihn ja gar nicht!“ Sie war schon wieder laut geworden. „Genau das ist es ja: außer dir hat noch keiner von uns diesen Janus gesehen. Woher sollen wir wissen, ob man ihm trauen kann?“ meinte er. „So ein Schwachsinn.“ dachte sie. Immerhin hatte er ihr seine Gefühle gezeigt. Er KONNTE gar nichts Böses im Schilde führen. Janus hatte sie von ihrem Schmerz befreit und ihr eine Welt voller Gefühle eröffnet. Vielleicht empfand er sogar etwas für sie. So etwas tut man nicht, wenn man Böses vorhat. Raven viel es schwer, nachzudenken. Schließlich war sie immer noch müde. Sie schaute zu ihrer Tasse. Inzwischen musste der Tee fertig sein. Sie nahm einen Schluck und die angenehme Wärme und der Geschmack ließen sie gleich etwas wacher und auch wieder ruhiger werden. „Nein Beast Boy, das tut es nicht. Im Gegenteil: es sorgt dafür, dass ich niemanden durch meine Kräfte gefährden kann. Solange, bis ich meine Gefühle wieder geordnet habe, kann ich sie nun mal nicht unterdrücken, wie ich es sonst tue.“ erklärte sie ihm ruhig und langsam, damit er es diesmal auch sicher verstand. „Aber in einem Punkt hast du recht: ich denke, es wird wirklich Zeit, dass ihr ihn kennen lernt. Ich habe schon oft versucht, mit Janus in Kontakt zu treten, aber er meldet sich nicht bei mir.“ Der Rest des Morgens und der Vormittag verliefen ohne weitere Zwischenfälle. Nach dem sich auch Robin, Cyborg und Starfire in der Küche eingefunden hatten, frühstückten sie alle zusammen. Danach ging Raven kurz in ihr Zimmer, um sich umzuziehen. Nachdem Cyborg sie darauf angesprochen hatte, war ihr wieder bewusst geworden, dass sie nicht den ganzen Tag barfuss und in ihrem Nachtkleid herumlaufen wollte. Ein wenig schämte sie sich dafür, dass ihre Freunde sie überhaupt so gesehen hatten. Ein paar Minuten später kam sie in ihrem Kampfanzug und mit ein Buch, mit dem sie sich bis auf weiteres beschäftigen wollte, zurück. Und tatsächlich half es ihr, sich zu entspannen und ihre Gefühle wieder einigermaßen in Ordnung zu bringen. Es störte sie nicht einmal besonders, dass sich Beast Boy und Cyborg wieder vor die Spielkonsole gesetzt hatten und sich nicht nur digital, sondern auch verbal heiße Gefecht lieferten. Sie verzog sich einfach in eine ruhige Ecke des Raumes. Robin hatte den Raum kurz nach dem Frühstück verlassen, Starfire ebenso. Sie war bestimmt in ihrem Garten, den sie am Fuße des Titan Tower angelegt hatte. Seit Nova ihr eine kleine Sammlung an Pflanzen aus ihrer Heimat mitgebracht hatte, verbrachte Starfire viel mehr Zeit draußen, als drinnen. Wo Robin hingegangen war, wusste sie nicht. Raven schmunzelte ein wenig bei dem Gedanken, dass die beiden sich gerade eine romantische Zeit zwischen all den tamaranischen Gewächsen machten. Gefühle dieser Art mochte sie. Der Gedanke am Liebe machte sie glücklich und der Gedanke daran, dass Robin und Starfire es vor den anderen Teammitgliedern geheim hielten, war auf amüsante Weise ironisch. Wenn sie und Janus ein Paar währen, würde sie keinen Hel daraus machen. „Du kleine Traumtänzerin.“ tadelte sie sich in Gedanken selbst. Zur selben Zeit im Garten: Starfire lag auf einem Liegestuhl. Sie genoss das schöne Wetter und den Duft der außerirdischen Blumen. „Ein perfekter Tag zum träumen“ dachte sie. „Schade, dass Raven kein Licht mag. Sonst würde es ihr hier sicher auch gefallen.“ Sie schloss die Augen und versuchte, all die unsichtbare Schönheit der Umgebung zu spüren: die vertrauten Düfte, der sanfte Wind, der über ihre Haut strich, die Wärme und das Licht der Sonne, dass sie selbst durch ihre geschlossenen Augenlieder noch wahrnahm. Moment mal. Da war auf einmal kein Licht mehr. Ein Schatten fiel auf ihr Gesicht. Als Starfire die Augen öffnete, kreischte sie und fiel vor Schreck von ihrem Liegestuhl. Auf einem kleinen Felsen direkt neben ihr saß ein Wesen, wie sie es noch nie gesehen hatte. Es sah aus wie eine Mischung aus einem Menschenmädchen und einer schwarz-weiß gestreiften Katze. Seinen geschlitzten, roten Augen starrten Starfire direkt an. Sie wich zurück und bereitete sich darauf vor, jeden Moment angesprungen zu werde. Das Wesen grinste, wobei es zwei Reihen nadelspitzer Zähne zeigte. „Hi!“ sagte es mit einer fröhlich klingenden Stimme. Dann sprang es von dem Felsen und stand aufrecht vor ihr. Starfire schaute es verwirrt und immer noch etwas erschrocken an. In diesem Moment hörte sie Robins Schlachtruf: „Titans go!“ Er und die restlichen Teen Titans hatten ihren Schrei gehört und waren sofort in den Garten geeilt, um ihr zu helfen. Robin stellte sich mit gezücktem Stab neben Starfire, die immer noch auf dem Boden saß. „So, ihr seid also die Teen Titans. Ich wollte schon immer mal wissen, mit was für Leuten Raven so abhängt.“ sagte das katzenhafte Mädchen. „Ich wüsste nicht, dass wir uns kennen.“ antwortete Raven ihr. „Zumindest kenne ich dich.“ meinte sie darauf „Aber vielleicht sollte ich mich erst mal vorstellen: man nennt mich Tribal Tigeress.“ „Der Name passt zu dir.“ meinte Beast Boy, im Hinblick auf ihre katzenartige Erscheinung und das Muster auf ihrem Körper. „Was willst du hier?“ fragte Robin schroff. Er konnte es überhaupt nicht leiden, wenn jemand Starfire zu nahe kam. Noch dazu ein so seltsames Wesen. „Ich wollte euch nur mal besuchen. Die anderen müssten hier auch irgendwo sein“, antwortete sie. „Die anderen was?“ fragte Robin darauf. „Na, der Rest der Dark Creatures.“ „Wer soll das sein?“ fragte Cyborg. Die Antwortet kam von hinter einem Gebüsch. „Mein Team.“ hörte er eine Stimme sagen. Der Junge, der hinter dem Gebüsch hervortrat, war ebenso groß wie Cyborg. Er schien nicht älter als siebzehn zu sein. Sein Haar war schulterlang, schwarz und sah ein wenig ungekämmt aus. Er trug eine Hose und eine Jacke aus schwarzem Leder, unter der Jacke ein ebenso schwarzes Hemd und an den Füßen massiv wirkende Schnallenstiefel. „Hallo Raven, schön dich wieder zu sehen.“ sagte er. „Hallo Janus.“ antwortete sie schüchtern und zog sich ihre Kapuze noch etwas tiefer ins Gesicht, weil sie fürchtete, rot zu werden. „So, du bist also der Inquisitor.“ sagte Robin, wobei er sich keine Mühe gab, sein Misstrauen zu verstecken. „Das war ich mal.“ antwortete Janus. „Nachdem ich bei Raven gesehen habe, welche Angst dieser Name auslösen kann, habe ich ihn abgelegt. Ich heiße Janus Angel, Angel in Heldenkreisen.“ „Ein Engel als Anführer der dunklen Kreaturen?“ fragte Robin etwas verwundert. „Den Namen hat nicht er sich ausgedacht.“ antwortete Tribal Tigeress an seiner Stelle. „Das war die Idee von mir und Arachnia.“ „Und wer ist das nun wieder?“ fragte Beast Boy. „Das wohl frechste Mädchen in der ganzen Heldenbranche.“ antwortete Janus Angel diesmal an ihrer Stelle. „Du wirst sie bestimmt mögen!“ fügte Tigeress hinzu. Janus führte die sie zum Haupteingang des Towers, wo der Rest seines Teams wartete. Die Titans verstanden auf anhieb, warum sie sich Dark Creatures nannte: Obwohl sie im selben Alter wie die Titans waren, sahen sie alle ziemlich finster und bedrohlich aus. Ein Mädchen mit kurzen, schwarzen Haaren und einer spinnenförmigen Maske, die jedoch ihren diabolischen Gesichtsausdruck nicht verbarg, kam auf sie zu. „Das ist Arachnia.“ sagte Tigeress zu Beast Boy. „Dann musst das Beast Boy sein, der berühmte „Ein-Mann-Zoo“.“ meinte das Mädchen darauf. Noch bevor Beast Boy sich überlegen konnte, ob diese Bezeichnung als Beleidigung gemeint war, sprach ihn Arachnia auch schon direkt an. „Ich hab’ gehört, dass du die Form jedes beliebigen Tieres annehmen kannst.“ sagte sie. „Aber versuch mal, das zu toppen!“ Arachnia sprang ein paar Schritte zurück und verwandelte sich in ein riesiges, hässliches Monster, dass grob einer Spinne ähnlich sah. Sämtliche Teen Titans erschraken bei dem Anblick und Starfire klammerte sich nahezu instinktiv an Robins Arm. Janus blieb völlig unbeeindruckt. „Lass den Blödsinn. Wir sind nicht hergekommen um neue Opfer deine Scherze zu suchen.“ sagte er zu der Monsterspinne, wobei er jedoch nicht den Kopf, sondern eine Stelle zwischen den Beinen ansprach. Augenblicklich verschwand das Monster und an genau der Stelle, die er angesprochen hatte, stand Arachnia. Sie verschränkte die Arme und murmelte etwas, dass wie „Spielverderber…“ klang. „Ihr solltet wissen, dass Arachnia sich nicht verwandeln, sondern nur Täuschen kann. Das Ding eben war eine Illusion.“ erklärte Janus den Titans. „Aber ich kann auch mit Spinnen reden, klettern, Netze spinnen und Säure erzeugen!“ sagte sie stolz. „Mach uns das bitte nicht auch noch vor.“ sagte ein Junge, dessen Augen von einer Art getönten Skibrille bedeckt waren. „Ist aber immer noch besser als deine Gedankenspielchen.“ antwortete Arachnia ihm. „Das ist Psykid.“ sagte Janus. „Er trägt diese Brille, weil er sonst jeden hypnotisieren würde, dem er in die Augen sieht.“ „Und dennoch bin ich scheinbar der einzige in diesem Team, der mit seinen Kräften verantwortungsbewusst umgehen kann.“ sagte der Junge, wobei ein arroganter Ton in seiner Stimme mitschwang. Arachnia antwortete, indem sie ihm die Zunge herausstreckte. Ein Junge mit weißen Haaren und blauen Augen, die wie Gasflammen zu glühen schienen, mischte sich ein: „Könnt ihr euch nicht wenigstens heute vertragen? Immerhin sind wir hier Gäste.“ „Das ist Blaze. Er kann fliegen und Plasmaflammen erzeugen. Außerdem ist er wohl der vernünftigste unter meinen Schützlingen.“ erklärte Janus. Den Titans viel auf, dass Psykid mit dieser Beurteilung nicht gerade einverstanden schien. Das letzte Mitglied der Dark Creatures war eine düstere, bis zu Unkenntlichkeit verhüllte Gestallt. Der Körperform nach zu urteilen, handelte es sich um ein Mädchen. Von ihrem gesamten Körper waren nur die Augen zu sehen. Und diese waren auch das unheimlichste an ihr. Selbst ohne ihre Kräfte zu aktivieren konnte Raven entsetzliche Seelenschmerzen in ihrem Blick erkennen. Obwohl ihr Interesse geweckt war, widerstrebte es ihr, ihre Seele mit etwas in Berührung kommen zu lassen, dessen Blick allein schon auf solche Qualen hinwies. „Was hat man dir bloß angetan“ dachte sie. Es fühlte sich beinahe so an, als wollte dieses Mädchen, dass andere ihren Schmerz fühlten. „Ihr Name ist Insomnia.“ erklärte Janus. „Wenn es ihr nichts ausmacht, erzähle ich euch auch etwas über sie.“ Das verhüllte Mädchen warf ihm einen Blick zu, der ihm offenbar als antwort genügte. Andererseits könnte sie ihm auch telepatisch geantwortet haben. „Manche nennen sie auch Voodoo Doll, aber diesen Namen mag sie nicht.“ fuhr er fort „Nun, zumindest ihre Kräfte funktionieren ähnlich: sie kann eine mentale Verbindung zwischen ihr und einem anderen Wesen aufbauen, durch die sie nicht nur dessen Gedanken und Gefühle lesen, sondern auch ihre Gefühle auf das Ziel übertragen, seine Wahrnehmung beeinflussen und bei einem schwächeren Wesen sogar die Kontrolle über seinen Körper oder über einzelne Funktionen übernehmen kann. Und eine solche Verbindung kann sie beliebig lange und über jede Entfernung halten.“ Nun mischte sich Psykid ein: „Verzeihen Sie Boss, aber ich halte es für angebracht, die Teen Titans über das Gefahrenpotenzial unserer verschleierten Freundin aufzuklären.“ Er warf ihr einen strengen Blick zu und fuhr fort: „Früher hat sie ihre Gegner auch noch Stunden, Tage oder Wochen lang, bei Tag und vorzugsweise bei Nacht gequält. Sie glaubt, dass sie sich selbst besser fühlen würde, wenn sie die, welche unrecht tun, bestraft, indem sie ihnen ihre Schmerzen überträgt und ihnen keine ruhige Minute mehr lässt. Hoffentlich hat sie inzwischen begriffen, dass geteiltes Leid in diesem Fall doppeltes Leid bedeutet.“ Denn letzten Teil hatte er stark betont. Insomnia starrte ihn mit hasserfülltem Blick an. „Wenn Blicke töten könnten, wärst du jetzt hin.“, dachte Cyborg. Ihm war nicht entgangen, dass dieser hochnäsige Brillenträger scheinbar bei jeder Gelegenheit andere beleidigte. Und bei Insomnia musste er einen sehr empfindlichen Punkt getroffen haben. „Die ist ja richtig gefährlich.“, meinte Beast Boy. „Schon,“, antwortete Janus, „aber sie ist nicht böse. In ihrer Vergangenheit ist ihr etwas sehr schlimmes zugestoßen. Diese Kräfte wurden durch ihren Schmerz und ihre Traurigkeit geweckt. Aber ich spüre, dass sie nicht möchte, dass ich davon erzähle.“ Nachdem sich auch die Titans vorgestellt hatten, gingen sie alle gemeinsam ins Innere des Towers. „Nette Bude. Dagegen ist unser HQ das reinste Rattenloch.“, meinte Arachnia, als sie gerade die Eingangshalle durchschritten hatten. „Benimm dich doch wenigstens einmal.“, flüsterte Psykid ihr laut genug zu, damit es die anderen auch ja mitbekamen. „Wo wohnt ihr eigentlich?“ fragte Starfire. „In einem alten, unterirdischen Bunker, irgendwo unter Gotham City.“ antwortete Blaze ihr. „Oh…“ Etwas besseres war ihr nicht als Antwort eingefallen. Ihre bisherigen Aufenthalte in Gotham hatte sie nicht gerade in schöner Erinnerung behalten. Auch Robin wusste nicht viel Gutes über diese Stadt zu berichten, obwohl sie im Grunde seine Heimat war. Der Gedanke, bei Nacht allein durch die dunklen Straßen von Gotham City zu wandern, war für Starfire einfach nur beängstigend. Die Verbrecher, welche es dort wie Sand am Meer gab, waren im Gunde kaum eine Gefahr für jemanden mit ihren Kräften. Es war viel mehr die düstere Atmosphäre, die ihr Angst machte. Selbst jemand wie Raven würde sich dort kaum wohlfühlen können, dachte sie. „Ich hab’ sogar schon Bekanntschaft mit Batman gemacht!“ erzählte Arachnia. „Ja, aber aus welchem Grund solltest du auch verraten.“ sagte Psykid, wieder in provozierendem Tonfall. „Okay, ich hab’ Mist gebaut. Aber so bin ich ja auch an euch geraten.“ antwortete sie. „Mist gebaut? Oh, keine falsche Bescheidenheit.“ Psykids Stimme troff vor Hohn und Ironie. „Du hast versucht, den unschuldigen Bürgern der Stadt vorzugaukeln, dass in der Kanalisation Riesenspinnen leben. Aber Batman hat deinen Schwindel aufgedeckt. Du kannst dich glücklich schätzen, dass er dich an uns vermittelt hat, anstatt dich der Polizei zu übergeben, geschweige denn, dass er dich überhaupt am Leben gelassen hat.“ „Batman würde niemals ein junges Mädchen töten.“ antwortete Robin sichtlich beleidigt. Obwohl er und Batman sich entzweit hatten, wollte er eine solche Beleidigung seins Lehrmeister nicht dulden. „Entschuldige Robin, aber du weist ja, was man sich über ihn erzählt.“ Seine Entschuldigung klang alles andere als ehrlich. „Lügen.“ entgegnete Robin trocken. Spätestens jetzt war ihm klar, dass er Psykid nicht ausstehen konnte. Er schien zu jener Art von Leuten zu gehören, die andere schlecht machten, um selbst besser dazustehen. „Wo wir gerade bei den Herkunftsgeschichten sind“ sagte Janus mit ruhiger, aber dennoch herausfordernder Stimme zu ihm, „Warum erzählst du uns nicht mal deine?“ „Äh…, die ist doch eigentlich nicht besonders interessant, oder?“ Er klang etwas verunsichert. „Volltreffer“ dachte Robin. „Na gut. Also, mein Vater ist der Leiter eines der fortschrittlichsten Forschungszentren für Psychologie und Parapsychologie der gesamten Welt. Er hat mein angeborenes Talent nicht nur akzeptiert, sondern auch gefördert. Allein durch einen Blick den Willen anderer beeinflussen zu können, könnten mir ein Universum voller Möglichkeiten bescheren. Die Karriere als Superheld ist nur eine von vielen.“ erzählte der Junge voller Stolz. Robin bemerkte jedoch instinktiv, dass er etwas verschwieg. „Wir können froh sein, dass du auf der Seite des Gesetzes stehst.“ meinte Janus. „Verbrechen zahlt sich nun mal nur für kurze Zeit aus. Heldentum ist ein dagegen ein unerschöpfliches Kapital.“ antwortete er fachmännisch. Robin bemerkte, dass dieser Kerl ihn immer mehr anwiderte. Beinahe wünschte er sich, dass Psykid auf der andern Seite stehen würde. „Geh’ doch schon mal mit den anderen weiter. Während ich mit Robin ein paar Worte von Anführer zu Anführer wechsle, muss doch jemand Arachnia und Tigeress im Auge behalten.“ sagte Janus zu dem jungen Hypnotisör. „Zu Befehl, Boss!“ antwortete er und salutierte ihm wie ein Soldat. „Scheinbar ist er auch ein noch ein mieser Schleimer“, dachte Robin. Als Psykid und der Rest der beiden Teams außer Sicht waren fragte Janus: „Du fragst dich sicher, wie wir es mit ihm aushalten, oder?“ Robin antwortete nicht. Aber wenn es stimmte, das Janus Angel Gedanken lesen konnte, kannte er die Antwort wohl schon. „Er hat wirklich nicht gerade die besten Voraussetzungen, um ein Held zu werden.“ fuhr er fort. „Er ist bodenlos arrogant und sieht das ganze Leben als ein einzige Geschäft an. Alles was er tut, macht er nur zu seinem eigenen Vorteil, denn er will sein „Talent“ nicht umsonst investieren. Das hat er wohl von seinem Vater. Obwohl dieser für die Massen immer den Wohltäter spielt, ist die Wissenschaft auch nur ein Geschäft für ihn. Und Psykid war eine ziemlich riskante Investition.“ „Was meinst du damit?“ fragte Robin. „Psykid ist nicht sein leiblicher Sohn, sonder ein genetisch veränderter Klon, ein Experiment über den Zusammenhang zwischen den Genen und übersinnlichen Kräften. Natürlich weiß er das nicht. Sein Vater trainierte ihn darauf, in den Verstand geisteskranker Menschen einzudringen, um ihnen schnelle Heilung und sich selbst dicke Profite zu verschaffen. Das er dabei die geistige Gesundheit seines Sohnes auf Spiel gesetzt hatte, fiel ihn erst auf, als dieser bereits ziemlich anormales Verhalten zeigt. Er gestand sich den Fehler ein und kontaktierte mich, damit ich retten sollte, was noch zu retten war. Er bot mir eine große Summe an, wenn ich ihn, wie er gesagt hatte, „von dem Monster befreie, dass er erschaffen hat.“ Ich nahm den Jungen bei mir auf und erzählte ihm, dass ich seine Fähigkeiten zur Perfektion bringen und ihn zu einem Helden machen wollte, der in die Geschichtsbücher eingehen würde. Im Grunde habe ich hauptsächlich ein Auge auf ihn, damit er nicht doch auf die schiefe Bahn gerät. Bei seinem Charakter halte ich das für sehr wahrscheinlich. Obwohl er sich für das begabteste und aussichtsreichste Mitglied der Dark Creatures hält, ist er in meinen Augen das gefährlichste.“ „Und was ist mit dieser Insomnia?“ fragte Robin. „Insomnia ist ein Mädchen mit einer schwer verletzten Seele. Ihre Kräfte sind zwar gefährlich, aber glücklicherweise lernt sie recht schnell, sie zu kontrollieren. Die größte Gefahr, die von ihr ausgeht, bedroht sie selbst. Genau wie Raven nimmt sie dunkle Energie auf, um negative Gefühle wie Zorn, Trauer, Schmerz und Hass zu Angriffen auf die Seelen ihrer Feinde zu bündeln. Indem sie diese Gefühle schürt, vergiftet sie jedoch ihre eigene Seele und verstärkt ihre Schmerzen nur noch. Es ist ein Teufelskreis, den sie alleine wohl nicht hätte durchbrechen können.“ „So ist das also.“ sagte eine Stimme hinter der nächsten Ecke. Raven trat aus dem Schatten heraus. „Hast du uns belauscht?“ fragte Robin sie. „Ich wünschte, ich könnte es anders formulieren, aber ja: ich habe euch belauscht.“ sagte sie. „Wenn du so ein Interesse an den Vorgeschichten meiner Freunde hast, hättest du mich nur danach fragen müssen. Ich vertraue dir, Raven.“ sagte Janus. Sie schämte sich ihres Verhaltens. „Ich wollte eigentlich nur wissen, was es mit Insomnia auf sich hat.“ erklärte sie, „Ich mache mir Sorgen um sie.“ „Das ist meine Aufgabe. Auf dir lastet auch so schon genug.“ „Bis vor kurzem dachte ich, dass kein Wesen auf dieser Welt mehr leiden könnte als ich. Aber bei ihr fühle ich Kummer und Schmerz jenseits aller Vorstellung. Und das sogar, obwohl meine Kräfte blockiert sind. Bitte, sag’ mir, was mit ihr los ist.“ „Nun, was deine Kräfte angeht: Das Amulett blockiert lediglich deine dunkle Aura. Auf Kräfte, die nicht mit Energie zusammenhängen, wie Empathie oder Telepathie, hat es keinen Effekt. Und wegen Insomnia: Sie hätte es nicht gerne, wenn ich von ihrer Vergangenheit erzähle.“ Janus dachte kurz nach. „Ich glaube nicht, dass es ihr schaden würde, wenn ich euch davon erzähle. Aber erzählt es bitte nicht weiter. Das letzte was sie jetzt braucht ist, das Vertrauen in ihre Freunde zu verlieren.“ „Wir werden nichts tun, dass ihr schaden könnte.“ antwortete Robin. „Und wenn es uns möglich ist, werden wir ihr helfen.“ fügte Raven hinzu. Janus begann zu erzählen: „Sie ist ein Kind aus einer sehr reichen und angesehenen Familie, und wie es ihrem Stand entsprach, ging sie auf ein edles Internat. Dort war sie das schönste, beliebteste und auch am meisten beneidete aller Mädchen. Das änderte sich, nachdem aus ungeklärten Gründen ein Feuer in ihrem Zimmer ausbrach, während sie schlief. Als sie aufwachte, war sie bereits eingeschlossen. Wie durch ein Wunder überlebte sie, wenn auch mit schweren Verbrennungen. Als sie im Krankenhaus aufwachte, war sie schrecklich entstellt. Ihr Körper war zu einem Abbild der Schmerzen geworden, die sie im Feuer erlitten hatte. Diese Schmerzen brennen noch immer in ihrer Seele weiter. Somit ist ihr ganzes Leben eine einzige, höllische Qual.“ Raven fühlte kurz ihren eigenen Seelenschmerz wieder aufflammen. Offensichtlich funktionierte ihre Empathie so gut wie eh und je. Sie wusste sehr gut, wie sich Insomnia fühlten musste. Dennoch konnte sie es kaum fassen, dass dieses Mädchen ständig solche Schmerzen fühlte und sich dennoch nichts anmerken ließ, wenn man mal von ihrer Aura absah. „Das war nur der Anfang“ fuhr Janus fort. „Mit ihrer Schönheit, hatte sie alles verloren, was ihr je etwas bedeutet hatte. Ich einstigen Freunde wandten sich von ihr ab, mieden oder schikanierten sie sogar. Und ihre Eltern, die so stolz auf ihre schöne Tochter gewesen waren, vernachlässigten sie, ignorierten sie nahezu. Ihr Aussehen war ihnen so peinlich, dass sie ihr sogar verbaten, sich in der Öffentlichkeit zu zeigen. Ganze drei Jahre ihres Lebens durfte sie das Haus nicht verlassen. Die Folge war, dass sie vollkommen vereinsamte. Als Notlösung schlich sie sich manchmal als Gothic-Girl verkleidet und mit der Maske, die sie noch heute trägt, aus dem Haus; nur um einsam durch die Straßen zu irren. Wann und wie genau sie letztendlich ihre Kräfte entdeckt hat, weiß sie selbst nicht mehr. Diese Kräfte waren jedoch alles, was ihr geblieben war. Und die einzige Hoffnung, die sie für die Zukunft hatte, war die Aussicht auf Rache an allem und jedem, der ihr je wehgetan hatte oder ihr je wehtun würde. Sie öffnet eine telepatische Verbindung zu jenen und schickte ihnen ihre Schmerzen. Ihr Rachefeldzug gegen den Rest der grausamen Welt begann damit, dass sie ihren Eltern dass Leben zur Hölle machte, und endete schließlich im Arkham Asylum. Dort habe ich sie gefunden.“ Robin und Raven waren gleichermaßen betroffen. Doch während Robin das Arkham Asylum als Irrenanstalt und Gefängnis für Verbrechen, die über Superkräfte verfügten, kannte, war es für Raven der Ort, an dem sie mehr negative Gefühle spürte, als an jedem anderen. Für ein empathisches Wesen wie sie war es schlimmer als die Hölle, und diese kannte sie immerhin von innen. „Ich habe sie gefunden, weil ich ihren Schmerz empfangen habe. Sie hat um Hilfe geschrieen. Als ich sie dann zum ersten mal sah, war ich entsetzt. Selbst für Nicht-Empathen war die Aura der Schmerzen, die sie ausstrahlte, unerträglich. Ich wusste, dass ich sie so schnell wie möglich dort rausholen musste. Sie saugte die Gefühle der anderen Insassen wie ein Schwamm auf und sendete sie verstärkt an jeden in ihrer Umgebung, nahm sie wieder auf und verstärkte den Schmerz immer mehr. Ich möchte mir nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn sich ihre Aura weiter aufgeladen hätte.“ „Es währe mehr dunkle Energie freigesetzt worden, als ich es könnte.“ sagte Raven. Nicht einmal sie selbst, kontrolliert von ihrer bösen Seite, hätte mehr Unheil anrichten können. Ihre Kräfte waren schon stark genug, um einen Dimensionsriss zu erzeugen. Nie hätte sie es für möglich gehalten, das es jemanden gab, der gefährlicher als sie war, noch dazu ein Mensch. „Jetzt wisst ihr, was mit Insomnia los ist.“ sagte Janus. „Ich versuche, ihr so gut es geht zu helfen. Aber sie ist sehr verschlossen. Noch mehr als du, Raven. Alles was ich bisher für sie tun konnte war, ihre Seele zu Isolieren, so wie bei dir. Sie kann jetzt keine Energie mehr auf nehmen, wodurch sie im Prinzip ungefährlich ist, aber wirklich helfen kann ich ihr noch nicht.“ „Robin.“ Raven meldete sich zu Wort. “Ich würde gerne noch ein wenig mit Janus unter vier Augen reden. Wärst du so nett, uns allein zu lassen?“ Obwohl es ihm widerstrebte, die beiden allein zu lassen, entfernte sich Robin. Janus Angel machte zwar nicht den Eindruck, Raven oder sonst jemandem schaden zu wollen, aber vollends vertrauen konnte er ihm aus Gewohnheit noch nicht. Raven führte Janus zu ihrem Zimmer. „Bitte, erzähl niemandem, was du dort drinnen siehst oder fühlst.“ „Wenn nötig, kann ich schweigen wie ein… Grab.“ Das kam ihm unpassend vor. Beim nächsten mal würde er etwas weniger klischeehaftes sagen. Raven öffnete die Tür. Unter normalen Umständen, würde sie niemals jemanden in ihr Zimmer lassen. Aber Janus vertraute sie. Er wusste ohnehin schon so viel über sie, dass wohl auch ihr Zimmer keine großen Geheimnisse mehr enthielt. Sie wollte nur mit ihm allein sein. Und einen besseren Ort dafür gab es wohl nicht. Janus sah sich um. Eigentlich war Ravens Zimmer recht normal eingerichtet. Es war nur etwas dunkel und in den Regalen standen ungewöhnlich viele Bücher. Er hatte schon bedeutend ungewöhnlichere Orte gesehen. Aber für Raven war dieses Zimmer ein Rückzugspunkt; ein Ort, an dem sie ungestört sein konnte. Vermutlich diente es ihr auch als Versteck. Es gab viele Dinge an ihr, vor denen sie sich fürchtete und die sie daher verbergen wollte. Raven setzte sich auf das Bett und deutete Janus, sich neben sie zu setzen. Obwohl sie deutlich das Verlangen danach spürte, schmiegte sie sich nicht an ihn, wie sie es damals getan hatte. „Janus.“, sagte sie zaghaft. „Ich würde gerne wissen, warum du mir geholfen hast.“ Er sah sie verwirrt an. So eine Frage hatte er nicht erwartet. „Ich habe dir geholfen, weil du meine Hilfe brauchtest.“, antwortete er. „Gibt es einen besseren Grund, jemandem zu helfen? Ich glaube nicht.“ „Es tut mir Leid, dass ich dich das frage. Aber wir kennen uns ja eigentlich kaum und ich bin es nun mal gewöhnt, dass ich allein mit meinen seelischen Problemen fertig werden muss. Außerdem bin ich schon einmal von jemandem betrogen und ausgenutzt worden, der mir Liebe und ein besseres Leben versprochen hat.“ „Sein Name ist Melchior, richtig?“ meinte er. Langsam ging es Raven auf die Nerven, dass Janus ständig ihre Gedanken las. „Ja, du hast recht. Den Rest der Geschichte kennst du wohl auch schon.“ antwortete sie genervt. „Du möchtest nicht, dass ich deine Gedanken lese, oder?“ „Nein, das möchte ich nicht. Könntest du mich nicht einfach fragen?“ Raven versuchte, sich zu beruhigen. Obwohl im Moment keine Gefahr durch ihre Kräfte bestand, wollte sie einen Gefühlsausbruch in dieser Situation vermeiden. Das hätte die ganze Stimmung zerstört. „Es tut mir leid, Raven. Ich bin es gewohnt, dass andere mir nicht einfach erzählen, was sie bedrückt. Deshalb entnehme ich die Informationen, die ich brauche um ihnen zu helfen, direkt aus ihren Gedanken.“ entschuldigte Janus sich. „Dafür bin ich es gewohnt, dass jemand der in meine Gedanken eindringt, versucht, mich zu manipulieren.“ antwortete sie. „Du sprichst von deinem Vater, nicht wahr?“ „Ja. Anfangs dachte ich auch, dass er mir diese Schmerzen bereitet, damit ich geschwächt werde und er die Kontrolle übernehmen kann.“ „Eigentlich sind interdimensionale Familienstreitigkeiten nicht mein Fachgebiet.“ Meinte Janus. „Aber ich bin mir in einer Sache ziemlich sicher: dein Vater mag ein Dämon sein, aber nicht einmal er würde wollen, dass deine Seele verkümmert. Ich kenne Trigon nicht persönlich, aber ich kenne genug Dämonen, um zu wissen, dass sie auch nicht von Grund auf böse sind. Wahrscheinlich hat er dich auf seine Art auch irgendwie gern.“ „Wenn du so etwas über ihn sagst, kannst du ihn wirklich nicht kennen. Er ist ein Monster. Der einzige Grund für meine Existenz war es, ihm einen Weg in unser Dimension zu bahnen und später seine Nachfolgerin zu werden. Gefühle wie Liebe sind ihm vollkommen fremd. Und ich kenne keinen einzigen Dämon, der anders ist.“ „Inzwischen schon. Tribal Tigeress ist ein Halbdämon, so wie du.“ Raven war sie von Anfang an seltsam unnatürlich, unmenschlich vorgekommen. Sie hätte jedoch ebenso gut ein Mutant sein können. „Allerdings ist sie nicht so geboren worden. Früher war sie zwar ein magiebegabtes, aber sonst normales Mädchen. Das änderte sich, als sie von Anhängern eines Dämonenkultes entführt wurde. Sie sollte für einen Dämon als Wirtskörper dienen, damit er unsere Welt betreten kann. Aber bei der Beschwörung ging etwas schief: Sie erwies sich als zu stark für den Dämon. Anstatt ihren Körper zu übernehmen, wurde er von ihr absorbiert. Mensch und Dämon verschmolzen zu einem Wesen.“ Raven konnte sich lebhaft vorstellen, wie das Mädchen auf ihre Veränderung reagiert hatte. Sie selbst war ihr ganzes Leben lang so gewesen und hatte sich einigermaßen daran gewöhnt. Dennoch hasste und fürchtete sie ihre dunkle Seite. Wenn jemand aber von einem Moment auf den anderen damit konfrontiert wurde, den Rest seines Lebens ein Monster zu sein; daran konnten Seele und verstand eines Menschen leicht zerbrechen. Janus fuhr fort: „Anfangs konnte sie ihre Kräfte ebenfalls nicht kontrollieren. Zwar sind ihre Kräfte eher körperlich und längst nicht so groß wie deine, aber wenn sie unter dem Einfluss besonders starker Gefühle steht, übernimmt auch bei ihr die dämonische Seite die Kontrolle. Sie wird dann zu einer wilden Bestie, gesteuert von animalischen Instinkten. Als ich sie zum ersten Mal traf war sie so verzweifelt, dass sie sich beinahe das Leben genommen hätte. Sie wollte lieber sterben, als ihre Menschlichkeit zu verlieren. Nun ist sie schon über ein Jahr bei mir. In dieser Zeit habe ich ihr gezeigt, dass es nicht darauf ankommt, was man ist, sondern, was man daraus macht. Und wie du siehst, ist aus ihr ein recht fröhliches Mädchen geworden. Sie findet ihren neuen Körper sogar schön. Obwohl sie sich für meinen Geschmack etwas zu luftig anzieht und ziemlich sorglos und verspielt mit ihren Kräften umgeht, bin ich trotzdem froh, dass sie glücklich ist.“ Tigeress war wirklich ein hübsches Mädchen, so unnormal sie auch aussah. Raven verstand, warum sie gerne so viel von ihrer gestreiften Haut zeigte: Sie war Stolz auf ihre eigene, einzigartige Schönheit. Eine exotische Schönheit. „Dennoch hat sie es viel einfacher als ich.“ meinte sie. „Wenn ich meiner dunklen Seite nachgeben würde, würde alles menschliche an mir sterben. Wahrscheinlich würde ich an der Seite meines Vaters über die Welt der Dämonen herrschen und meine Kräfte dazu verwenden, andere Dimensionen zu erobern und in einen Alptraum zu verwandeln. Das Schicksal der Welt, nicht nur dieser, sondern auch anderer, hängt davon ab, welche Seite von mir letztendlich den Kampf um meinen Körper und meine Kräfte gewinnt.“ Nun umarmte Janus sie von sich aus. „Es ist nicht fair, dass eine so große Verantwortung auf einem kleinen Mädchen lastet. Wenn ich irgendetwas für dich tun kann, dann sag’ es mir.“ „Fürs erste würde ich mir nur wünschen, dass du mich jetzt nicht loslässt.“, dachte Raven. Sie war überrascht, als er ihr antwortete: „Ich halte dich solange du willst.“ In solchen Momenten störte es Raven jedoch nicht, dass er ihre Gedanken las. „Du brauchst dich nicht zu schämen, Raven. Jedes Wesen bracht Liebe. Und außerdem macht es mich glücklich, dich glücklich zu machen.“ „Ich möchte dich noch etwas fragen.“, sagte sie, wobei sie fühlte, wie ihr Kopf heiß wurde. Ohne noch länger zögern zu wollen, nahm sie all ihren Mut zusammen. „Liebst du mich?“ Janus seufzte. Auch Tigeress hatte ihn das einmal gefragt. Er wollte Raven nicht wehtun, so wie ihr damals. „Weist du,“ begann er vorsichtig, „ich mag dich sehr gern. Aber das ist nicht die selbe Liebe wie zwischen Mann und Frau. Du bist wie eine kleine Schwester für mich. Ich möchte alles dafür tun, dass es dir gut geht und ich möchte dich beschützen. Du bist so zart und empfindsam.“ Er nahm Raven fester in die Arme und streichelte ihr Haar. „Es tut mir sehr leid,“ sagte er, „aber diese Art von Liebe kann ich nicht für dich empfinden. Ich weiß nicht, warum.“ Raven kuschelte sich eng an ihn. „Ich wollte schon immer einen großen Bruder haben.“ Als Robin gerade das Wohnzimmer betrat sah er, wie Arachnia alle möglichen Figuren aus Spinnenfäden bildete, die direkt aus ihren Händen zu entspringen schienen. „Boah, wie machst du das?“ rief Beast Boy fasziniert. Arachnia zeigte ihm ihre Handflächen. Neben ihren zu Krallen verwachsenen Fingernägeln fielen ihm auch kleine, kaum sichtbare Löcher am Ansatz ihrer Finger auf. „Aus diesen Drüsen spinne ich meine Fäden. Anschließend muss ich sie nur noch mit ein wenig Magie in Form bringen.“ „Und was ist das da in der Mitte?“ fragte der Formwandler und deutete auf ein weiteres kleines Loch in ihrer Handfläche. „Mit dieser Drüse erzeugt sie ätzende Säure.“ mischte sich Psykid ein. „Wenn dir deine Hände lieb sind, solltest du lieber nicht mit ihr Händchen halten. Und küssen ist auch keine gute Idee: im Mund hat sie noch so eine.“ „Du miese, kleine Ratte!“ schrie sie ihn an. Sie holte zu gerade zum Schlag gegen Psykid aus, als Blaze dazwischen ging. „Lass ihn. Er ist doch nur neidisch, weil du deine Kräfte besser unter Kontrolle hast. Und außerdem bist du ihm ohnehin kräftemäßig überlegen.“ versuchte der weißhaarige Junge sie zu beruhigen. Arachnia beruhigte sich. Sonst war sie nicht so leicht zu reizen, aber wenn Psykid jemandem wehtun wollte, wusste er genau, wo er treffen musste. Seitdem sie ihre Kräfte erhalten hatte, waren alle Versuche, einen Freund zu finden, gescheitert. Die Jungs fühlten sich entweder von ihr angewidert oder hatten Angst vor ihren Kräften. „Gerade du sprichst von Kontrolle?“ sagte Psykid, der sich nun Blaze zuwandte. „Sicher, du weißt, wie du deine Kräfte aktiverst, aber dann ist von einem winzigen Funken bis hin zu einem Großbrand alles drin.“ „Ich arbeite daran.“ antworte Blaze ruhig. „Hoffentlich bist du damit fertig, bevor du bei dem versuch, eine Kerze anzuzünden, die ganze Stadt in Brand steckst.“ „Sprach der Junge, der seine Kräfte mit einer Brille zurückhalten muss.“ antwortete Arachnia sarkastisch. „Genau. Du hast deine Kräfte nicht mal ansatzweiße unter Kontrolle.“ mischte sich Tribal Tigeress ein. „Ich muss mich nicht vor ETWAS rechtfertigen, dass nachts durch die Straßen schleicht und Ratten jagt.“ antwortete er dem katzenhaften Mädchen. Tigeress fauchte wütend. „Ganz ruhig. Er ist es nicht wert.“ sagte Balze. Er wusste genau, dass man Tribal Tigeress besser nicht ärgern sollte. Er streichelte sie, um sie zu beruhigen. Zum Glück wirkte es. Tigeress entspannte sich und setzte sich auf das Sofa. „Genau, mach sitz.“ sagte Psykid provozierend. „Das geht jetzt echt zu weit!“ beschwerte sich Arachnia. „Wenn du mal gesehen hättest, was mit ihr passiert, wenn sie ausrastet, dann würdest du sie nicht reizen.“ „Was soll das Kätzchen schon machen. Mich kratzen?“ „Hör endlich auf damit.“ sagte Blaze gereizt, der neben Tigeress auf dem Sofa saß. Er hielt das Mädchen im Arm und streichelte sie beruhigend. Der Feuermagier war überrascht, das Psykid sogar ihn aus der Ruhe bringen konnte. Beast Boy, Starfire, Cyborg und Robin sahen nur fassungslos zu. Sie hatten nicht erwartet, das es solche Spannungen unter den Dark Creatures gab. „Und das soll ein Heldenteam sein?“ dachte Robin. „Nein, soll es nicht.“ sagte ein traurig klingende Stimme aus dem Küchenbereich. Robin folgte der Stimme und sah Insomnia; hinter der Theke verborgen auf dem Boden sitzend. „Du glaubst, wir wären Helden, so wie ihr?“ meinte sie. „Falsch gedacht. Janus hat uns bei sich aufgenommen, weil unsere Kräfte zu gefährlich sind, als dass man uns frei herumlaufen lassen könnte. Er bringt uns bei, sie so gut es geht zu kontrollieren, damit wir keinen Schaden anrichten können. Nein, die Dark Creatures sind keine Helden. Wir sind ausgestoßene, dazu verdammt, uns vor den normalen Menschen zu verbergen.“ „Raven dachte auch einmal so wie du.“ sagte Robin. Er erinnerte sich noch gut daran, wie Raven früher gewesen war. Insomnia erinnerte ihn stark an sie. „Raven ist eine von uns. Ich spüre, dass sie auch bald eine Gefangene des Engels sein wird.“ antwortete sie. „Was soll das heißen?“ fragte Robin, sichtlich besorgt über diese Aussage. „Janus bietet uns eine Zuflucht, hält uns aber auch darin gefangen.“ Nun war Robin ernsthaft beunruhigt. Janus war ihm sehr freundlich und vertrauenswürdig vorgekommen. War er nun doch der Schurke, für den er ihn anfangs gehalten hatte. Aber warum hatte er Raven dann wieder freigelassen? Dieser Sache würde er nachgehen. In diesem Moment betraten Janus und Raven den Raum. „Ich habe gespürt, dass ihr euch wiedereinmal gestritten habt.“ sagte er. „Worum ging es denn diesmal?“ „Psykid hat die Gelegenheit genutzt, vor Publikum zu zeigen, um wie viel er doch besser ist als wir.“ antwortete Arachnia. „Was denn auch sonst.“ murmelte Janus und wandte sich dem jungen Hypnotisör zu. „Glaubst du wirklich, dass du etwas bessere bist als deine Teamkameraden? Dazu hast weder das Recht, noch einen Grund. Du verdankst es allein dieser Brille, dass du deine Kräfte nicht willkürlich einsetzt. Abgesehen davon ist dein Verhalten absolut unheldenhaft.“ „Ich will ja nicht denn Promi raushängen lassen; aber wissen Sie eigentlich, mit wem Sie hier reden?“ meinte Psykid darauf. „Mit einem Jungen, der ein Held sein will, aber noch einen sehr langen Weg vor sich hat.“ antwortete Janus ruhig. „Mit dem größten Hypnotisör der Welt, von Geburt an!“ verbesserte Psykid ihn. „Ein Blick, EIN EINZIGER BLICK von mir würde genügen, um einen Verbrecher zum Aufgeben zu bringen. Mehr noch, ich könnte seinen Verstand manipulieren, damit er mich zu seinen Komplizen für oder ihn sogar dazu bringen, sich gegen sie zu wenden. Als Meister der Psyche habe ich mehr Chancen auf eine glorreiche Heldenkarriere als all diese… Figuren zusammen.“ Er zeigte auf Arachnia, Tribal Tigeress, Blaze und Insomnia, die inzwischen aus ihrem Versteck aufgestanden war. „Arachnia bekam ihre Kräfte, weil sie mit Zauberei gespielt hat, die eindeutig zu hoch für sie war. Und das tut sie auch heute noch. Blaze wird vermutlich niemals lernen, seine Flammen richtig zu dosieren, Insomnia ist eine gemeingefährliche Psychopatin und Tigeress ist von einem Dämon besessen.“ „Ich bin nicht besessen!“ schrie sie ihn an. Diesmal mussten Blaze und Arachnia sie gemeinsam zurückhalten. „Das sind keine Helden, das sind wandelnde Zeitbomben!“ schloss Psykid ab. „Aber sie sind dir alle weit voraus. Und weist du warum? Weil sie nicht immer nur an sich denken.“ erklärte Janus ihm. „Sie haben begriffen, dass Heldentum kein Geschäft ist. Wahre Helden helfen denen, die Hilfe brauchen, aus einem einfachen Grund: weil sie es können. Um ein Held zu sein, braucht es mehr, als nur ein besonderes Talent und das Wissen darum, wie man es einsetzt. Man braucht den Willen, zu helfen und Gutes zu tun. Tigeress, Insomnia, sogar die Teen Titans: sie alle mögen in gewisser Weise gefährlich sein. Auf jemandem, der über solche Kräfte verfügt, lastet eine große Verantwortung. Aber sie alle machen das Beste daraus und bemühen sich, ihre Kräfte nicht zum Schaden, sondern zum Nutzen anderer einzusetzen. Es kommt nicht darauf an, wer oder was man ist, sondern darauf, was man daraus macht. Solange du das nicht verstehst, solltest du dich nicht als etwas besseres als deine Kameraden ansehen. Abgesehen davon stehen Helden auch nicht über denen, die sie beschützen. Sie stehen neben ihnen. Manchmal verborgen oder sogar außerhalb der Gesellschaft. Sich selbst und andere zu respektieren, bescheiden zu bleiben, ehrenhaft zu sein und zu beschützen: das ist Heldentum.“ „Ja Boss, ich verstehe.“ sagte Psykid, wobei er aber dennoch etwas beleidigt klang. „Den „Boss“ kannst du sparen. Ich stehe ja auch nicht über dir.“ meinte Janus daraufhin aufmunternd. „Eigentlich bin ich ja zu euch gekommen, um Raven zu besuchen. Bei der Gelegenheit wollte ich meinen Freunden zeigen, wie professionelle Junghelden arbeiten.“ erklärte Janus den Titans. Robin warf Insomnia einen fragenden Blick zu. „Jedem seine Meinung.“ antwortete das Mädchen, ohne ihn anzusehen. „Es tut mir leid, dass wir euch diesen Ärger gemacht haben.“ fuhr Janus fort. „Schon in Ordnung.“ meinte Cyborg, „Dafür machen wir uns für den Rest des Tages ’ne schöne Zeit.“ „Au ja! Ich koch auch was für euch!“ rief Starfire. „Nein, bloß nicht!“ antworteten Beast Boy und Cyborg gleichzeitig. Das rothaarige Mädchen sah ihre Freunde fragend an. „Na ja…, ich glaube nicht, dass dein komisches, äh… ich meine natürlich kosmisches Essen direkt den Geschmack unserer Gäste trifft.“ meinte Cyborg, bemüht, Starfires empfindliche Gefühle nicht zu verletzen. Starfire verstand die Botschaft. „Okay, dann bestellen wir uns eben etwas.“ antwortete sie. Bis zum Abend lief alles friedlich. Beast Boy führte Arachnia einige seiner Verwandlungen vor. Die Magierin forderte ihn schließlich zu einem Wettkampf heraus: Sie wettete, dass sich der grüne Formwandler nicht in sämtliche Spinnenarten, die sie aufzählen konnte, verwandeln könne. Beast Boy verstand einfach nicht, wie ein Mädchen derart in Spinnen vernarrt sein konnte. Starfire ging mit Tribal Tigeress in den Garten. Das Katzenmädchen war ihr richtig sympathisch geworden. Wie sie selbst war Tigeress sehr emotional und erfreute sich an der Schönheit der Natur. Die tamaranische Prinzessin erklärte ihrer neuen Freundin die Namen und Eigenschaften der Pflanzen in ihrem Garten. Tigeress hörte mit großem Interesse zu. Cyborg lud Janus und Blaze ein, einige Videospiele auszuprobieren. Janus nahm an, während sich Blaze lieber mit Raven und Insomnia über die Feinheiten der Kontrolle magischer Energie unterhielt. Genaugenommen hörte Insomnia größtenteils nur zu. Obwohl sie selbst nicht besonders viel redete, konnte Raven nicht ganz verstehen, warum Insomnia so wortkarg war. Zudem viel es ihr schwer, sich angesichts der starken Aura des verhüllten Mädchens zu konzentrieren. Sie schien Ravens Unsicherheit zu spüren und antwortete per Telepathie: „Ich will niemandem wehtun. Aber das ist schwer, weil es das einzige ist, was ich kann.“ Damit beruhigte sie Raven keineswegs. Wesentlich beruhigender war der Gedanke, dass sie bei Janus in guten Händen war. „Du wirst schon noch lernen, dass nicht alles in deinem Leben so schlimm ist.“ dachte sie, in der Hoffnung, dass Insomnia es empfing. Tatsächlich warf das düstere Mädchen ihr einen Blick zu, in dem sich weder Schmerz, noch Trauer spiegelte. Fast kam es Raven vor, als ob Insomnia hinter ihrer Maske lächeln würde. Psykid hielt sich die ganze Zeit über abseits von den anderen. Man konnte schlecht einschätzen, ob er nur über Janus’ Worte nachdachte, oder ob er beleidigt war. Jedenfalls ließ er die anderen in Ruhe und sagte kein Wort mehr. Auch Robin blieb meistens im Hintergrund und beobachtete die anderen. Als es Abend wurde, machte Starfire ihr versprechen wahr. Anstatt selbst zu kochen, wollte sie Pizza für alle bestellen und nahm die Bestellungen ihrer Freunde auf. „Haben die auch irgendwas mit Heuschrecken oder Küchenschaben drauf?“ fragte Arachnia, was sich jedoch als Witz herausstellte. „Pfui Spinne!“ antwortete Tigeress kichernd. Als die Titans und die Dark Creatures beim Abendessen zusammensaßen, ergriff Raven das Wort: „Robin, Starfire, Cyborg und Beastboy; es gibt etwas, dass ich sagen möchte. Ich möchte eine Auszeit von den Teen Titans nehmen und bei Janus bleiben, bis ich meine Gefühle wieder unter Kontrolle habe. Ich hoffe, ihr seid damit einverstanden.“ „Ich finde, wenn Raven eine Auszeit nehmen möchte, sollten wir sie nicht daran hindern.“ meinte Cyborg. „Genau.“ fügte Beast Boy hinzu. „Ohne deine Kräfte wärst du uns eh keine große Hilfe. Im Kampf meine ich natürlich!“ Raven spürte eine leichte Verärgerung über diese Aussage, doch sie wusste, das Beast Boy es nicht böse gemeint hatte. Ihm fehlte lediglich Taktgefühl. „Du kommst doch aber wieder zurück, oder?“ fragte Starfire. „Sicher. Sobald mit mir wieder alles in Ordnung ist, komme ich zurück.“ antwortete Raven. Alle sahen nun Robin an. „Pass auf dich auf, Raven.“ sagte er. In seiner Stimme lag ein Hauch von Sorge, begründet durch die Erinnerung an das, was Insomnia ihm erzählt hatte: „Raven ist eine von uns. Sie wir auch bald eine Gefangene des Engels sein.“ „Pass gut auf dich auf.“ wiederholte er. In diesem Moment ging der Alarm los. Sofort aktivierte sich der Überwachungsbildschirm. „Was ist den los?“ fragte Blaze. „Einbruch bei „Net Planet“, einem Laden für Computer.“ antwortete Robin. „Wer ist es den diesmal?“ fragte Beast Boy. Im nächsten Augenblick konnte er die Antwort direkt vom Bildschirm ablesen: H.I.V.E. Gizmo, Jinx und Mammoth um genau zu sein. „Wer oder was ist Hive?“ fragte Psykid, der sich das erste mal seit Stunden wieder zu Wort meldete. „H.I.V.E. ist Verbrecherorganisation, die junge Leute mit Superkräften zu Superschurken ausbildet.“ antwortete Cyborg. „Und diese drei Figuren sind ihre besten Schüler.“ „Aha, die Konkurrenz.“ meinte Psykid darauf. „Könnte man so sagen.“ antwortete Robin. Es ihm nicht gefiel, das Psykid scheinbar immer noch wie ein Geschäftsmann dachte. „Ich glaube, das wäre eine gute Gelegenheit, echten Helden bei der Arbeit zuzusehen.“ meinte Janus. „Wenn ihr wollt, könnt ihr mitkommen. Aber ins T-Car passen leider nur fünf Leute rein.“ antwortete Robin ihm darauf. „Ich kann fliegen und du könntest dein Motorrad nehmen.“ schlug Starfire vor. „Blaze und ich könnten ebenfalls allein hinkommen.“ fügte Tigeress hinzu. „Und wenn ich einen Teleportzauber benutze, ist das Problem gelöst.“ meinte Arachnia. „Kannst du das denn?“ fragte Beast Boy. „Ich denke schon. Zwar hab’ ich noch nicht viel Erfahrung damit, aber um mich selbst zumindest in die Nähe des Ziels zu kriegen müsste es reichen.“ „Na gut.“ sagte Robin „Titans go!“ „Creaturs go!“ stimmte Tigeress ein. Kurze Zeit später waren beide Teams wie geplant am Ort des Verbrechens angekommen. Die Tür des Ladens war aufgebrochen, aber von den H.I.V.E.-Schülern war nichts zu sehen. „Sind wir vielleicht zu spät?“ fragte Arachnia. „Nein.“ antwortete Insomnia. „Ich spüre, dass da jemand drin ist.“ Vorsichtig betraten sie den Laden. Im Inneren standen Reihen von Regalen voller Computerzubehör, welche jede Menge Versteckmöglichkeiten boten. Vorsichtig rückten die Titans durch die Regalreihen vor, während die Dark Creaturs den Ausgang bewachten. Im Dunkel des Gebäudes war es schwer, etwas zu erkennen. Auf einmal stolperte Starfire beinahe über etwas, dass quer in einem der Gänge lag. Als sie erkannte, was es war, schrie sie auf. „Kommt schnell her! Das müsst ihr euch ansehen!“ Die Titans und auch die Creaturs, bis auf Insomnia, die am Ausgang blieb, eilten in den Gang. Als Robin seine Taschenlampe einschaltete, erschrak er selbst bei dem Anblick, der sich ihm bot. Dort lag Jinx mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden. Ein roter Fleck war unter ihrem Kopf auf dem Teppich zu sehen. „Ist sie… tot?“ fragte Starfire zögerlich. Raven trat näher und hielt ihre Hand über den Körper der Hexe. „Sie lebt, aber sie ist verletzt und bewusstlos.“ antwortete sie. Janus hob Jinx’ Körper vom Boden auf und drehte sie auf den Rücken. Nun war deutlich zu sehen, dass sie eine Platzwunde auf der Stirn hatte. „Einige Rippen sind gebrochen und ihr Arm ist am Elenbogen verstaucht.“ fuhr Raven fort. „Jemand muss uns zuvorgekommen sein.“ „Aber wer würde sie so zurichten?“ fragte Beast Boy. Janus fiel ein Stück Papier auf, das im Kragen der jungen Hexe steckte. Er zog es heraus. Als er las, was darauf geschrieben stand, wurde sein Gesicht zu einer Maske des Zorns. „Die Frage ist jetzt, wenn wir zuerst rufen sollen: die Polizei oder einen Krankenwagen?“ meinte Cyborg. „Garnichts werdet ihr tun.“ sagte Janus. „Was soll das heißen?“ fragte Robin ihn. „Ich weiß, wer ihr das angetan hat. Und deshalb muss ich sie mitnehmen.“ antwortete er, wobei Robin eine ähnlich grimmige Entschlossenheit in seiner Stimme wahrnahm, wie er selbst sie an den Tag legte, wenn es um Slade ging. „Jinx ist in diesen Laden eingebrochen. Und das ist noch gar nichts im vergleich zu dem, was sie sonst noch verbrochen hat.“ sagte Robin. „Wir müssen sie der Polizei übergeben.“ „Ihr versteht nicht, worum es hier geht. Jinx ist in diesem Fall das Opfer und nicht der Täter. Und dieser ist viel gefährlicher, als dieses Mädchen es je sein könnte. In ihren Erinnerungen könnte ich wichtige Hinweise finden. Es geht nun mal nicht anders. Mit jeder Sekunde, in der dieser Täter frei herumläuft, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass anderen das selbe, wenn nicht sogar etwas noch schlimmeres zustößt.“ erklärte Janus. „Lass ihn, Robin.“ sagte Raven. „Ich spüre, dass er die Wahrheit sagt. Außerdem werde ich mit ihm gehen und die Sache im Auge behalten.“ Robin blieb skeptisch. „Wenn dir irgendwas auffällt, meldest du dich bei uns, ja.“ „Ich werde vorsichtig sein.“ versprach Raven ihm. „Ich halte es für möglich, dass ich nicht allein mit diesem Gegner fertig werden kann. Kann ich, wenn nötig, auf die Hilfe der Teen Titans zählen?“ fragte Janus. „Wir werden helfen, wenn ihr uns braucht.“ antwortete Robin darauf. „Gut.“ sagte Janus. „Ich möchte Raven noch um etwas bitten. Könntest du uns in das Hauptquartier der Creaturs teleportieren? Ich meine, falls du dazu in der Lage bist.“ „Dazu müsste ich in der Lage sein.“ meinte Raven. Sie nahm das Amulett ab und Janus sandte ihr telepatisch das Bild ihres Ziels. Die Magierin konzentrierte sich und öffnete ein Portal. Janus, der die verletzte Jinx auf seinen Armen trug, ging als erster hindurch. Der Rest der Dark Creatures folgte ihm. Bevor Raven selbst das Portal durchschritt, blickte sie noch einmal in die Gesichter ihrer Freunde. „Ich kommen bald zurück.“ versprach sie. „Und seid bitte vorsichtig. Ich spüre, dass eine große Gefahr im Anzug ist.“ Mit diesen Worten verschwand das Mädchen in dem schwarzen Portal, dass sich sogleich hinter ihr schloss. „Sei du auch vorsichtig.“ sagte Robin, doch sie konnte ihn bereits nicht mehr hören. Nun fiel dem jungen Detektiv der Zettel wieder ein, den Janus gefunden hatte. Er hob ihn auf las: Hallo du Möchtegernheld Ich hörte, dass du in Jump City bist und eine Ladung Frischfleisch, sprich deine „Schüler“ mitgebracht hast. Vielleicht ist ja einer unter ihnen, der eine Herausforderung für mich darstellt. Dieses Mädchen hier war jedenfalls keine. Sie meinte noch, dass es Unglück bringe, sich mit ihr anzulegen. Ich hab’ sie im Halsumdrehen fertig gemacht und ihre Freunde sind getürmt; So ein Pech aber auch. Nightshade Nachwort zu Kapitel 2: Tja, jetzt wird’s richtig spannend. Ihr würdet sicher gern wissen, wer Nightshade ist und warum er/sie/es es auf die Dark Creatures abgesehen hat, oder? Und sicher interessiert es euch auch, was Raven bei den Creatures erwartet. Und welche Rolle spielt Jinx dabei? Das 3. Kapitel ist bereits in Arbeit und wird euch die Antworten auf diese Fragen bringen. Ich kann schon mal versprechen: Es bleibt spannend und gefühlvoll, und außerdem wird Kapitel 3 auch einiges an Action enthalten. Bis dahin. Euer Rokuro. Empfehlung an den Hofhund. ^_^ Kapitel 3: Kapitel 3: Gefährliche Dunkelheit -------------------------------------------- Nachdem Raven im Hauptquartier der Dark Creatures angekommen war, hatte sie sich sogleich um Jinx’ Verletzungen gekümmert. Die Brüche und offenen Wunden konnte sie heilen, doch der verstauchte Ellenbogen ließ sich nicht so einfach wiederherstellen. Sie musste ihn wohl oder übel auf natürlichem Wege heilen lassen. Die junge Hexe war anschließend in den Raum gebracht worden, in dem auch Raven damals aufgewacht war. Wie ihr wurde auch Jinx ein Pariumhalsband angelegt, das ihre Kräfte blockierte. Als sie aufwache, war sie vollkommen verängstigt. Sie konnte sich nur schemenhaft an die Ereignisse in jener Nacht erinnern. Gizmo wollte in dem Laden wertvolles Computerzubehör stehlen, um sein Ansehen innerhalb der H.I.V.E.-Organisation zu verbessern. Mammoth und Jinx waren ihm wie immer gefolgt. Kurz nachdem sie den Laden betreten hatten, war Jinx angegriffen worden. Der Angreifer war ein schattenhaftes Etwas, das sich zu schnell bewegte, als das sie es hätte erkennen können. Es hatte regelrecht mit ihr gespielt, wie eine Katze mit einer erbeuteten Maus, und hatte sie immer wieder dazu aufgefordert, aufzustehen und sich zu wehren. Als es dem Angreifer langweilig wurde, rammte er ihren Kopf gegen eine Wand, wodurch sie das Bewusstsein verlor. Eigentlich hatte sie nicht erwartet, je wieder aufzuwachen. Wesentlich schlimmer als die Schläge ihres Gegner hatte sie jedoch die Enttäuschung über das Verhalten ihrer sogenannten Freunde getroffen: Sie waren einfach geflohen und hatten Jinx mit dem brutalen Angreifer zurückgelassen. Gizmo und Mammoth hatten nicht einmal versucht, ihr zu helfen. Dieses Monster hätte sie beinahe umgebracht und ihre Freunde hatten nichts unternommen, um sie zu beschützen. Jinx’ Seele war viel schwerer verletzt worden als ihr Körper. Sonst war die Hexe zwar ein hinterhältiges und bösartiges, aber paradoxerweise auch fröhliches Mädchen gewesen. Nun saß sie nur noch in der Grube, die sie sich geschaffen hatte, indem sie das Bett von der Wand ihrer Zelle weggeschoben hatte, und weinte die meiste Zeit. Wenn Janus mit ihr sprechen wollte, wehrte sie ihn ab und wenn sie redete, versuchte sie immer nur, ihre Schmerzen in Worte zu fassen. Sie fühlte sich einsam. Ständig sagte sie, dass sie ganz allein wäre und niemanden auf der Welt hatte, der sich um sie kümmerte, und dass ihr ganzes Leben keinen Sinn mehr hätte. Jinx war bei H.I.V.E. gewesen, solange sie denken konnte. An ihr Leben davor und an ihre Familie hatte sie keine Erinnerungen. Praktisch war sie mit dem Verbrechen aufgewachsen. Das Diebeshandwerk war immer wie ein Spiel für sie gewesen, auch wenn sie nicht immer freiwillig mitgemacht hatte. Es war niemals einfach gewesen und das einzige, was ihr wirklich etwas bedeutet hatte, waren ihre Freunde gewesen. Nun war eine Welt für sie zusammengebrochen. Alles, was ihr Leben bisher bestimmt hatte, war nun sinnlos für sie geworden. Ihre einstigen Freunde hatten sie in höchster Gefahr einfach im Stich gelassen und H.I.V.E. hatte sie erst in diese Situation gebracht. Aus dem Spiel war tödlicher Ernst geworden. Jinx war bewusst geworden, wie gefährlich ihr Leben war, und dass sie niemandem Vertrauen konnte und somit allein gegen alle Gefahren dieser Welt stand. Ein kleines Mädchen, ganz allein in einer kalten und grausamen Welt. Nachdem er ihre körperlichen Kräfte als ungefährlich eingestuft hatte, wollte Janus ihr die Kette abnehmen, doch sie ließ ihn nicht an sich heran; vermutlich aus Angst, er würde ihr wehtun. Als ob der Zustand der jungen Hexe ihm nicht schon genug Sorgen bereiten würde, hatte Janus am Morgen nach der Rückkehr eine Nachricht von Psykid erhalten, in der stand, dass er die Dark Creatures verlassen und sich nach einem neuen Ausbilder umsehen würde. Tatsächlich war der Hypnotisör spurlos verschwunden. Hinzu kam auch noch die Gefahr durch Nightshade. Er fürchtete, wieder eine Mitteilung über einen Angriff, womöglich sogar auf einen seiner Schützlinge zu erhalten. Nightshade war ein gefährliches Phantom, das Jagd auf Wesen mit Superkräften machte, um sich mit ihnen im Kampf zu messen. Meist waren diese Kämpfe kurz und sehr brutal. Nightshade war sehr stark, schnell und nahezu unmöglich zu erwischen. Ein teuflischer Schatten ohne Skrupel, Respekt oder gar Mitleid für seine Opfer, getrieben von einer unstillbaren Gier nach Kampf und Überlegenheit. Doch Janus kannte das Gesicht des Phantoms und er würde nicht zulassen, dass noch jemand so verletzt werden würde wie Jinx. Am späten Nachmittag des dritten Tages nach ihrer Ankunft war Raven allein im Meditationsraum des Dark Creatures-HQ. Sie schwebte in Meditationshaltung etwa einen Meter über dem Boden. Die düstere Magierin fühlte die Stille, die um sie herum und in ihr selbst herrschte. Absolute Dunkelheit. Etwas bedrückend zwar, aber so ruhig, wie kein Ort auf Erden sein könnte. Sie fühlte, wie ihre Seele in vollkommener Ruhe schlummerte. In ihr war nichts mehr, bis auf ihren unzerbrechlichen Willen. Sie hatte es geschafft; endlich gehorchten ihr ihre Gefühle wieder. Doch das bedeutete auch, dass sie Janus nun verlassen und zu den Teen Titans zurückkehren würde. Der Gedanke daran bereitete ihr Schmerzen. Sie wollte nicht weg von ihm. Er war der einzige Mensch auf dieser Welt, der Liebe für sie empfand. Er hatte ihr ermöglicht, ihren Gefühlen zum ersten mal in ihrem Leben freien Lauf zu lassen. Und ohne die Wärme seines Herzens konnte, wollte sie nicht mehr leben. Sie liebte ihn, daran bestand kein Zweifel. Und es machte sie unendlich traurig, ihn verlassen zu müssen. „Nein, hör auf damit!“ ermahnte sich Raven selbst. „Ich muss stark bleiben! Ich DARF nichts fühlen! Gefühle führen in die Verdammnis. Ach, verdammt!!!“ Sie gab ihren Gefühlen nach. Ihre Traurigkeit verlangte Tränen von ihr und es fühlte sich so gut an, diesem Wunsch nachzukommen. Raven weinte. Sie gab ihre Meditationshaltung auf und verkroch sich in eine Nische des Raumes. Dort rollte sie sich zusammen und deckte sich mit ihrem Umhang zu. „Das ist so unfair! Warum nur darf ich nicht wie jeder andere Mensch traurig sein, Liebe und Freude empfinden?! Ich hasse mein Leben!“ Nach einer Weile spürte Raven, wie ihr jemand seine Hand auf die Schulter legte; und sie wusste, wer es war. Sie fiel Janus in die Arme. Er war immer in ihrer Nähe, wenn sie traurig war; immer bereit, sie zu trösten. Janus fühlte, was sie fühlte und wusste daher auch immer, wann Raven ihn brauchte. „Ich kann das nicht.“ wimmerte sie. „Ich kann nicht mehr ohne Gefühle leben. Und vor allem, nicht ohne dich.“ Janus drückte sie fest an sich und streichelte sie. „Armes, kleines Wesen.“ dachte er. Raven war so klein und zierlich im Vergleich zu ihm; ein kleines Mädchen eben. Etwas, das man vor Schaden, Schmerz und Traurigkeit bewahren sollte. Janus’ starker Beschützerinstinkt gebot ihm, jedem leidenden Mädchen zu Helfen; ihnen Liebe, Wärme und eine Zuflucht zu geben. Für Raven empfand er jedoch mehr. Das Schicksal verlangte etwas unmögliches von ihr: Sie sollte ein Leben ohne Gefühle führen und außerdem einen Kampf um das Schicksal der ganzen Welt austragen, bei dem ihr schlimmster Gegner sie selbst war. Er hatte Mitleid mit ihr, mehr als mit jedem seiner anderen Schützlinge. Nicht einmal auf Insomnia lastete so viel. Obwohl sie vielleicht sogar gefährlicher als Raven war, spürte sie einen Großteil der Last nicht. Ihre Schmerzen hatten sie großteils ihren Verstand gekostet, weshalb sie besser fühlen, als logisch denken konnte. Insomnia war zwar unberechenbar in ihrer Stimmung, aber keineswegs dumm oder verrückt, Sie dachte einfach nur mit den Herzen und ließ sich von ihren Gefühlen leiten, denn sie hatte gelernt, dass ihr Verstand sie noch mehr leiden ließ. Ihre Seele hatte sozusagen den Verstand abgestoßen. Indem es ihr nicht mehr bewusst war, welche Gefahren sie in sich barg, verringerte sie ihren Schmerz ein wenig. Tribal Tigeress fürchtete sich ebenso wie Raven vor ihrer dunklen Seite. Sie war ohne eigene Schuld in ein Wesen halb Mensch, halb dämonische Bestie verwandelt worden. Zwar konnte sie den Dämon einigermaßen kontrollieren, indem sie von Zeit zu Zeit ihren animalischen Instinkten nachgab. Sie wusste aber, dass sie schon lange kein Mensch mehr war und klammerte sich verzweifelt an den Rest ihrer Menschlichkeit. Sie lebte in ständiger Angst, eines Tages zu einem Volldämon zu werden und nur indem sie ihren Blick stets auf das Gute und Schöne in ihrem Leben richtete, konnte sie verhindern, in Depression zu versinken. Sie war das genaue Gegenteil von Raven und ihr dabei dabei doch so ähnlich. Arachnia hatte sich aus Versehen in ein ebenso mächtiges, wie abstoßendes Wesen verwandelt. Heute wusste sie, dass Magie kein Spiel war, und obwohl sie sich so albern benahm wie eh und je, versuchte sie durch ihr kindliches Verhalten hauptsächlich ihre Sorgen zu überdecken. Arachnia war eine geborene Stimmungskanone, ähnlich wie Beast Boy, und es widersprach ihrer Natur, sich in Trauer und Selbstmitleid zu ertränken. Dennoch wünschte sie sich nichts sehnlicher, als wieder ein normales Mädchen zu sein. Drei Mädchen, denen Janus helfen wollte, ihr schweres Schicksal zu tragen. Doch bei Raven war es mehr, als nur der Wunsch zu helfen. Er empfand mehr als nur Mitleid für sie. Immer wenn Raven in seinen Armen lag, spürte er, dass sie ebenfalls etwas für ihn empfand. Er spürte eine ähnliche Wärme, wie er sie selbst ausstrahlte. Janus Angel hatte noch nie wahre Liebe für ein Mädchen empfunden, doch er war sich sicher, dass Raven ihn liebte. Oft wünschte er sich, ihr seine ganze Liebe geben zu können. Er träumte davon, mit dem reinigenden Licht der Liebe Ravens dämonische Seite auszutreiben und für immer mit ihr zusammen glücklich zu sein. Janus wusste selbst, dass dieser Gedanke eher lächerlich als romantisch war. Ebenso wusste er, dass er nicht seine ganze Liebe einem einzigen Wesen geben konnte. Seine Liebe gehörte allen traurigen Mädchen dieser Welt und besonders denen, welchen er sich persönlich angenommen hatte. So sehr er Raven auch liebte, er konnte die anderen nicht zu ihren Gunsten vernachlässigen. Tigeress, Insomnia und Arachnia brauchten ebenso Liebe und Wärme. Und mittlerweile hatte er noch ein Sorgenkind mehr: Jinx hatte sich zwar dank Ravens Heilkräften von ihren körperlichen Verletzungen erholt, doch seelisch war sie ein absolutes Wrack. Er bezweifelte, dass er jemals vergeben konnte, was Nightshade mit ihr gemacht hatte. Er musste dem ein Ende setzen. „Janus,“ unterbrach Raven seine Gedanken, „glaubst du, dass ich mich je wieder unter Kontrolle kriege?“ „Du bist stark, Raven.“ antwortete er. „Schon früher hast du bewiesen, dass du über deine dunkle Seite triumphieren kannst. Es gibt nicht viele Menschen, die stark genug sind, sich selbst zu besiegen. Aber du besitzt die Stärke dazu. Du kannst deine Gefühle zurückhalten, wenn du nur willst.“ „Genau das ist das Problem: Ich will nicht. Ich will lachen können, wenn ich glücklich bin. Ich will weinen, wenn ich traurig bin. Und vor allem will ich dich nicht verlieren.“ „Ich werde immer für dich da sein. Egal wie weit wir von einander entfernt sind; du wirst immer einen Platz in meinem Herzen haben. Und wann immer du willst, kannst du zu mir kommen. In mir hast du jemanden, der dich versteht, mit dem du lachen kannst und der dich tröstet, wenn du traurig bist und weinst. Selbst wenn du deine Gefühle unterdrückst, kannst du immer zu mir kommen, wenn du sie wieder freilassen möchtest. Ich bin für dich da; jetzt und für alle Zeit.“ Raven wollte ihm antworten, brachte aber vor lauter schluchzen kein Wort heraus. Sie fühlte sich geradezu überladen mit Emotionen als sich Liebe und Trauer in ihr verbanden und als gemischte Gefühle aus ihr herausdrängten. Scheinbar war sie doch noch nicht soweit, ihre Gefühle wieder zu unterdrücken. Sie kuschelte sich eng an Janus und ließ sich von ihm trösten. Raven kuschelte oft mit ihm; nicht nur, wenn sie traurig war, sonder eigentlich bei jeder Gelegenheit. Selbst im Traum lag sie in seinen Armen und hoffte beim Aufwachen stets, dass es doch kein Traum war. Könnte es sein, dass sie süchtig nach Liebe war? Süchtig nach ihm? „Janus…“ sagte das Mädchen mit zitternder Stimme und schaute ihm so tief in die Augen, wie es der Tränenschleier vor ihren eigenen zuließ. „Ich liebe dich.“ Dann schlang sie ihre Arme um ihn. Janus erwiderte ihre Umarmung, indem er einen Arm um ihre Schultern legte und mit der andern Hand zärtlich ihre Wange streichelte und ihr dabei einige Tränen abwischte. Langsam bewegte Raven ihr Gesicht auf das seine zu. Eine Zeit lang schauten sie sich an. Dann schloss Raven ihre Augen, in der Hoffnung, im nächsten Moment seine Lippen auf ihren zu fühlen. Doch stattdessen neigte er seinen Kopf zur Seite und drückte ihren sanft an seine Schulter. Ein wenig enttäuscht schmiegte sie sich an ihn. „Meine süße, kleine Raven.“ sagte er. „Ich liebe dich auch. Aber im Moment brauchst du einen Tröster und Beschützer, keinen Lover. Heute muss es genügen, dass ich dich im Arm halte.“ Er streichelte liebvoll die Haare des Mädchens. „Die Liebe hat viele Gesichter. Sie wird sich zeigen, wenn die Zeit reif dafür ist. Aber ich weiß schon jetzt, dass ich mehr als nur Mitleid für dich empfinde. Du bist wunderschön und hast ein gutes und empfindsames Herz. Ich möchte verhindern, dass dir jemals wieder jemand wehtut, dich für immer beschützen und am liebsten jeden Morgen mit dir in meinen Armen aufwachen. Du bist mein kleines Mädchen, Raven. Ich liebe dich.“ Er küsste sie auf die Stirn und drückte sie dann wieder fest an sich. „Danke.“ Mehr brachte Raven nicht hervor. Raven und Janus hatten noch lange eng aneinander gekuschelt dagesessen. Als sich Raven ausgeweint und wieder beruhigt hatte, verließen sie beide den Meditationsraum. Eigentlich war dieser Raum nicht nur zum Meditieren, sondern auch allgemein ideal für Ruhe und Entspannung eingerichtet. Er war klein, aber nicht eng, sondern sehr gemütlich. Der Boden war mit einem weichen Teppich ausgelegt. Psi-reaktive Leuchtkristalle, deren Leuchtkraft sich durch Gedanken steuern ließ, tauchten den Raum in ein gemütliches Halbdunkel. Die Wände waren im Grunde gar keine Wände, sondern eine Aneinanderreihung von Nischen in Nischen, in denen weiche Kissen lagen. Eigentlich waren es Sitzkissen, doch das hielt Tribal Tigeress nicht davon ab, sich daraus ein Lager zu bauen und darauf zu schlafen. Überhaupt schien das Katzenmädchen immer und überall schlafen zu können. Vielleicht war das ihre Art, zu meditieren. Ansonsten benutzte nur Insomnia den Raum und sie machte keine Anstallten, zu erzählen, was sie darin eigentlich tat. Blaze war nicht der Typ, der zusätzliche Entspannung benötigt hätte. Seine Plasmaflammen waren nicht mit seinen Gefühlen verbunden. Und überhaupt war er für einen Feuermagier erstaunlich ruhig und ausgeglichen. Um seine Kräfte unter Kontrolle zu kriegen ging er in den Trainingsraum, der extra für ihn feuersicher gemacht worden war. Arachnia war meistens in ihrem Zimmer. Sie war zwar überhaupt nicht so verschlossen wie Raven, dennoch betrat niemand gern diesen Raum. Raven war einmal in darin gewesen und hatte sofort verstanden, warum sich niemand hineintraute: Arachnia teilte sich ihr Zimmer mit einer stattlichen Spinnenpopulation. Nicht das Raven Angst vor den Tieren gehabt hätte, doch sie konnte sich nicht vorstellen, in einem Raum zu leben, in dem fast alles mit Spinnennetzen zugesponnen war und wo ständig irgendetwas umherkrabbelte. Nur das Bett und der Schreibtisch, auf dem jede Menge Gläser und Kolben standen, waren spinnenfrei. Arachnia war trotz ihres kindlichen Charakters sehr intelligent und ein kleines, exzentrisches Genie auf den Gebieten der Alchemie und Zauberei. Ihr erklärtes Ziel war es, ein Heilmittel zu finden, dass sie in ein normales Mädchen zurückverwandeln würde. „Jeder hier hat seine Probleme.“ dachte Raven als sie gerade an der Tür zu Arachnias Zimmer vorbeiging. Vor Psykids Tür blieb sie kurz stehen. Sein Zimmer hatte sie noch nie gesehen. Nach dem, was Janus ihr erzählt hatte, war darin auch nichts besonderes gewesen, außer einer unübersichtlichen Sammlung von Zeitungen und Wissenschaftsmagazinen. Nun stand es ohnehin leer. Raven hatte keine Ahnung, warum und wohin Psykid verschwunden sein könnte. Es interessierte sie nicht sonderlich und im Grunde war sie froh, ihn nicht ständig in der Nähe haben zu müssen. Der junge Hypnotisör war zwar nicht so penetrant wie Beast Boy, dafür konnte er anderen gezielt und besonders intensiv auf die Nerven gehen. „Mir ist egal, wo er ist,“ hörte Raven eine Stimme sagen, „solange er nicht wiederkommt.“ Tribal Tigeress hatte den Gang betreten und kam auf Raven zu. „Machst du dir deswegen wirklich keine Sorgen?“ fragte Raven sie. „Sorgen mach’ ich mir schon. Aber ich kann nicht behaupten, dass ich diese Nervensäge vermisse oder ihn sogar zurück haben will.“ antwortete Tigeress. „Glaub’ mir, es ist besser, wenn er weg ist. Irgendwann währe hier seinetwegen sicher ein Unglück geschehen.“ „Wie meinst du dass?“ „Du hattest nicht die Gelegenheit, ihn näher kennen zu lernen; was im Prinzip auch gut so ist.“ meinte sie. „Er hielt sich schon immer für etwas besseres als uns und dachte, dass es seiner “Kariere“ nützen würde, wenn er uns behindert. Nach seiner Überzeugung ist es grundsätzlich zum eigenen Vorteil, andern zu schaden.“ Tigeress schüttelte den Kopf und fuhr fort: „Stell’ dir mal vor, deine Kräfte würden wieder funktionieren und es wäre eigentlich alles in Ordnung. Psykid würde in diesem Fall wahrscheinlich versuchen, dich so zu reizen, das du die Kontrolle wieder verlierst. Er denkt, wenn du einen Fehler machst, steht er selbst dadurch besser da. Du kannst dir ja nicht vorstellen wie es in den Monaten, die er hier war, zugegangen ist. Er hat uns bei jeder Gelegenheit sabotiert und ständig versucht, Unruhe zu stiften. Für Insomnia war es am schlimmsten. Sie leidet auch schon mehr als genug, ohne jemanden der sie dauernd beleidigt und schikaniert. Uns anderen ging’s auch nicht viel besser. Apropos Insomnia: Wärst du so nett, mal kurz nach ihr zu sehen. Sie hat sich heute den ganzen Tag noch nicht blicken lassen und das macht mir Sorgen. Ich hab’ etwas in der Stadt zu erledigen; etwas… na ja, sehr dringendes. Könntest du bitte zu ihr gehen und sie fragen, ob sie nicht zu uns hochkommen oder wenigstens etwas essen will?“ „Glaub’ mir, ich weiß, wie wichtig es für Leute wie sie und mich ist, ab und zu allein zu sein. Es gibt Tage, an denen ich mein Zimmer auch nicht verlasse.“ antwortete Raven. „Ich weiß selbst, wie wichtig Privatsphäre ist.“ meinte Tigeress darauf. „Aber sie ist praktisch eine Raven²: Sie verlässt so gut wie nie ihr Zimmer. Das Essen lässt sie sich meistens bringen, aber mehr als ein paar Bissen am Tag nimmt sie nie an. Und an Treffen des Teams nimmt sie nur teil, wenn es unbedingt nötig ist und Janus sie persönlich darum bittet. Außerdem muss ab und zu jemand nach ihr sehen, sonst vereinsamt sie doch total. Bitte Raven, tu es für Insomnia. So sehr sie sich auch zurückzieht; soviel Einsamkeit ist nicht gut für sie. Bitte.“ Raven überlegte kurz. Tigeress hatte recht: man konnte Insomnia nicht einfach allein in ihrem Zimmer lassen. Sie war genau wie sie selbst eine Empathin und daher spürte sie jede Emotion, ganz gleich ob ihre eigenen oder die anderer, sehr intensiv. Hinzu kam, das sie sich bei negativer Stimmung mit Dunkler Energie auflud. Zwar trug sie stets ein Pariumhalsband, das die Energie eindämmte, doch je mehr sie sich auflud, um so schlimmer wurden ihre Schmerzen. Raven hatte vor kurzem am eigenen Leib erfahren, wie schmerzhaft eine emotionale und eine energetische Überladung zur gleichen Zeit war. „Na gut: Ich gehe zu ihr.“ sagte Raven. Wenn sie konnte, wollte sie die Qualen des Mädchens lindern oder zumindest verhindern, dass sie sich verstärkten. „Du musst mir nur noch sagen, wo ich sie finde.“ „Ihr Zimmer liegt ein Stockwerk tiefer, im Keller. “Das Verließ“, wie Psykid es immer genannt hat. Es hört sich fies an, aber diese Beschreibung passt wirklich.“ antwortete das Katzenmädchen. Gleich darauf wandte sie sich in Richtung Ausgang. Raven fiel auf, das sie ziemlich nervös und aufgeregt sein musste. Doch was auch immer Tribal Tigeress so dringend zu erledigen hatte, im Moment galt es für sie, Insomnia aufzusuchen. Raven öffnete die Tür zum 2. Untergeschoss. Vorsichtshalber nahm sie eine Kristalllampe mit, da es dort unten kein Licht gab. Es war stockfinster. Raven öffnete eine Tür am Ende eines dunklen Ganges. Als sie sah, was dahinter war, erschrak sie: Dies war bereits Insomnias Zimmer. Der Raum sah jedoch eher wie ein mittelalterlicher Kerker aus. An den Wänden und von der Decke hingen Ketten, die scheinbar eine Art bizarre Dekoration sein sollten. Einige rotleuchtende Kristallfackeln warfen ein schwaches Licht, das von mehreren zerbrochenen Spiegeln reflektiert wurde. In der Mitte des Raumes kauerte etwas auf dem Boden, das auf den ersten Blich wie ein Haufen schwarzer Lumpen aussah. „Verswinde!“ fauchte Insomnia. Sie trug ihre Maske nicht und hielt sich stattdessen die Hände vors Gesicht. „Niemand darf mein Gesicht sehen! Wie kannst du es wagen, mein Gesicht sehen zu wollen!“ „Ich wollte dich nicht stören.“ entschuldigte Raven sich. „Ich wollte nur nach dir sehen, weil…“ „Niemand darf mich so sehen! Niemand!!“ schrie Insomnia dazwischen. Ihre Aura verstärkte sich rasend schnell. Wie eine Welle puren Hasses rollte sie auf Raven zu. Der Kristall in ihrer Hand begann blutrot zu leuchten und zersprang dann in unzählige Splitter. So schnell sie konnte rannte sie aus den Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Ihr Herz klopfte bis zum Hals und sie atmete schwer, als sei sie gerade tausend Meter in dreißig Sekunden gerannt. Sie hatte Angst, panische Angst. Raven hatte den Schreck noch nicht richtig verarbeitet, als sie hinter der Tür ein leises Schluchzen hörte. Auf der anderen Seite saß Insomnia auf dem Boden und weinte. „Es tut mir leid.“ wimmerte sie. „Ich will dir nicht wehtun, Raven. Aber ich kann nicht anders. Ich hasse mich so sehr!“ Ravens Angst schlug in Mitgefühl um. Am liebsten hätte sie die Tür wieder geöffnet und Insomnia getröstet. Doch sie wusste, dass sie dann angegriffen worden wäre. „Kann ich etwas für dich tun?“ fragte sie. „Nein.“ antwortete das weinende Mädchen. „Niemand kann mir helfen. Es tut so weh!“ Ein lauter, herzzerreißender Schmerzensschrei folgte. „Du kannst nichts für mich tun. Bitte geh’ weg.“ Obwohl es ihr unangenehm war, Insomnia in diesem Zustand allein zu lassen, wusste sie, dass sie ihr nicht helfen konnte. Betrübt tastete sie sich einen Weg zurück nach oben. Als sie die Tür öffnete, stand Arachnia vor ihr. „Du hast sie gesehen, oder?“ fragte das Mädchen. „Ich habe ihr Gesicht nicht gesehen,“ antwortete Raven wahrheitsgemäß, „aber ich habe ihren Schmerz gespürt.“ „Glaub’ mir, sie ist nicht immer so drauf. Aber soviel Selbsthass kann sie nicht ewig unterdrücken. Du weist ja, wie das ist.“ Raven nickte nur. „Ich war schon oft bei ihr. Aus irgendeinem Grund scheint sie mir zu vertrauen. Ihr Zimmer ist echt gruselig. Ich weiß; das sagt die richtige. Aber bei ihr spürt man, dass jedes Staubkorn mit ihrem Schmerz aufgeladen ist. Weist du, wofür die Ketten da sind? Damit ihr Zimmer wie das Gefängnis aussieht, in das sie ihrer Meinung nach gehört. Sie glaubt, dass man sie dafür bestrafen sollte, was sie fühlt: Leid mit noch mehr Leid beantworten.“ Arachnia seufzte, bevor sie fortfuhr: „Insomnia hat keinen Verstand mehr und ihre Seele besteht nur noch Schmerzen. Manchmal glaube ich, es wäre das Beste, wenn man sie erlösen würde.“ „Du möchtest, dass sie stirbt?“ fragte Raven entsetzt. „Nein, natürlich möchte ich das nicht. Aber schau sie dir doch an. Das ist doch kein Leben mehr, oder? Insomnia ist innerlich tot. Nur ihr Schmerz erhält sie am Leben. Sie tut mir so leid. Ich möchte, dass sie Frieden findet; egal wie.“ „Das möchte ich auch.“ antwortete Raven. „Und nicht nur für Insomnia, auch für dich, mich selbst und für alle anderen hier. Aber man muss doch nicht sterben, um glücklich zu werden. Ich hab’ selbst oft darüber nachgedacht, ob mich der Tod von meinem Fluch erlösen würde. Aber solange ich lebe, besteht noch Hoffnung. Der Tod ist kein echter Frieden, sondern eine Kapitulation vor dem eigenen Schicksal.“ Arachnia lächelte und umarmte Raven freundschaftlich. „Du bist unglaublich, weist du das?“ „Wofür war das jetzt?“ fragte Raven peinlich berührt. „Dafür, dass du so eine liebe Freundin bist.“ antwortete sie. „Komm mit. Ich glaube, auf den Schreck brauchst du erst mal einen Tee. Du magst doch Tee, oder?“ „Solange keine Viecher darin rumschwimmen.“ „Wow, Du hast ja sogar Humor!“ rief Arachnia lachend. Raven lächelte zurück. „Manchmal.“ antwortete sie. Raven wartete im Wohnzimmer, während Arachnia in der Küche den Tee zubereitete. Dieses hier war mit dem Wohnzimmer im Titans Tower nicht zu vergleichen. Es war viel kleiner, der Fernseher hatte normale Ausmaße und vor allem gab es kein Fenster. Nicht wirklich ungewöhnlich, wenn man drei Meter unter der Erde wohnte. Ohne eine Uhr hätte man hier unten nicht einmal die Tageszeit erkennen können. Die Leuchtkristalle sorgten zwar für ausreichend Licht, aber dieser Bunker war dennoch wesentlich düsterer als der Tower. Nicht dass die Dunkelheit sie gestört hätte. „Hey Raven, hilf’ mir mal! Der Herd springt nicht an!“ rief Arachnia aus der Küche. Noch bevor Raven aufstehen konnte hörte sie Blaze’ Stimme: „Warte, ich mach das schon.“ „Blaze, nein!“ schrie Arachnia entsetzt. Raven erreichte die Küche gerade rechtzeitig um zu sehen, wie Blaze mit einem kleinen Feuerball den Herd entzündete. Arachnia, die sich in Erwartung einer Explosion hinter einen kleinen Tisch gekauert hatte, spähte aus ihrer Deckung. „Is’ alles noch heil?“ fragte sie mit einer Mischung aus Sorge und unsicherer Verwunderung. „Du dachtest wohl, dass ich wieder was in die Luft jagen würde?“ meinte Blaze und grinste Arachnia zu. „Das findest du wohl komisch!?“ „Das war die Rache für den Wassereimer über der Tür. Übrigens; vielen Dank für die Gratulation zur Beherrschung meiner Kräfte.“ „Das will ich aber hoffen; dass du sie jetzt im Griff hast!“ Arachnia war sichtlich aufgebracht. „Sonst hätte ich das ja nicht gemacht.“ erklärte er. „Mit kleinen Flammen geht’s. Nur an den großen hapert es noch.“ „Das war wirklich nicht komisch.“ mischte sich Raven ein. „Okay, war ein blöder Scherz. Aber Arachnia hat’s verdient. Du willst gar nicht wissen, was sie schon alles angestellt hat.“ Zum Glück klärte sich die Situation wieder. Arachnia versuchte zwar, sich zu revanchieren, indem sie versuchte, Salz statt Zucker in Blaze’ Tee zu tun, doch Raven hielt sie davon ab. Nach einer weile wurde es Raven langweilig. Arachnia hatte zwar den Fernseher eingeschaltet, doch Raven hatte kein Interesse daran. Ihre Freizeit verbrachte sie immer mit Lesen oder mit Meditation. Doch zum Lesen hatte sie keine Lust und zum Meditieren war sie zu unentspannt. Da kam ihre eine Idee: Warum schaute sie nicht einmal nach Jinx. Wahrscheinlich lag sie gerade in ihrer Zelle und weinte. Wenn Raven Insomnia schon nicht trösten konnte, dann wenigstens sie. Aber wollte sie das überhaupt? Im Grunde war Jinx ihre Feindin. Sie hatte es doch gar nicht verdient, dass man nett zu ihr war. Und außerdem: Was fiel dieser kleinen Hexe überhaupt ein, Janus’ Mitgefühl zu beanspruchen. „Reiß dich zusammen, Raven!“ dachte sie. „Du bist doch nicht wirklich eifersüchtig auf Jinx, oder?“ Ihr fiel ein, was Janus gesagt hatte. Auch wenn Jinx kein Unschuldslamm war: Sie war ein tief verletztes, junges Mädchen. Im Moment konnte sie niemandem gefährlich werden. Und wer weiß; vielleicht hatte sie auch eine gute Seite, die durch ihre Traurigkeit geweckt werden konnte. Vor der Tür zu Jinx’ Zelle hielt Raven inne. Sie nahm ihr Amulett ab und teleportierte sich hinein. In dem kleinen Raum war es sehr dunkel. Die Kristalllampe glühte nur schwach. „Hallo.“ sagte Raven in die Dunkelheit hinein. „Wer ist da?“ fragte eine ängstlich klingende Mädchenstimme hinter dem Bett. Sie ging darauf zu und sah zwischen dem Bett und der Wand eine kleine Gestalt, die in eine Decke gehüllt in einer Ecke des Raumes hockte. Eine Kette führte von der Wand dorthin, wo sie ihren Hals vermutete. „Raven.“ antwortete sie. „Aber hab’ keine Angst. Ich werde dir nichts tun.“ “Warum bist du hergekommen? Um mich leiden zu sehen?“ fragte Jinx mit zitternder Stimme. Raven war sich nun sicher, dass sie weinte. „Ich bin hier, weil ich mit dir reden möchte.“ antwortete sie. „Aber ich möchte mich nicht mit einem Wäscheknäuel unterhalten. Bitte zeig’ dich.“ Zögerlich streckte Jinx ihren Kopf unter der Bettdecke hervor. Sie sah schlimm aus. Ihre sonst kunstvoll geschwungenen Haare hingen herab und waren zerzaust. In ihrer Lage dachte sie natürlich nicht an Hairstyling. Unter ihren Augen hatten sich Ringe gebildet, als hätte sie schon lange nicht mehr richtig geschlafen; und das obwohl sie erst seit gestern Abend hier war. Ihr Gesichtsausdruck zeigte eine Mischung aus ohnmächtiger Wut und tiefer Traurigkeit. Raven empfand ehrliches Mitgefühl für sie: Vor allem, weil sie wusste, wie Jinx sich fühlte. Janus hatte recht. Im Moment war sie keine Verbrecherin, sondern ein trauriges, hilfloses, kleines Mädchen. „Gefällt dir wohl, mich so zu sehen.“ sagte sie, während ein paar Tränen über ihr blasses Gesicht liefen. „Nein,“ antwortete Raven wahrheitsgemäß, „du tust mir sogar leid.“ „Ich tue dir leid? Pah! Hast du vergessen, wer ich bin?“ meinte sie in sarkastischem Ton. “Ich bin Jinx, die Verkörperung des Unglücks und eine deiner schlimmsten Feindinnen. Weist du noch, wie wir dich und deine Freunde aus dem Tower geworfen haben. Da hab’ ich dein Zimmer durchsucht und gesehen, dass du einen echt abartigen Geschmack hast, was deine Klamotten angeht. Und das ist noch längst nicht alles.“ Sie versuchte, ein gemeines Grinsen aufzusetzen. „Du hasst mich; schon vergessen?“ „Dummes Mädchen.“ sagte Raven ruhig und setzte sich auf das Bett. „Da müsste schon etwas viel schlimmeres passieren, dass ich dich hassen könnte. Ich mag dich zwar nicht, aber so leicht hasse ich auch niemanden. Und es macht mich nicht glücklich, dich leiden zu sehen. Im Gegenteil; ich möchte dir helfen.“ „Was hast du denn geschluckt?“ fragte Jinx verwundert. Dann sah sie das Amulett. „Aha, er hält dich also auch gefangen.“ „Janus hält mich nicht gefangen.“ antwortete Raven. „Ich lasse meine Kräfte freiwillig blockieren, damit ich mich etwas erholen kann. Und was dich betrifft: Du solltest froh sein, dass Janus sich um dich kümmert. Wir hätten dich auch der Polizei übergeben oder einfach in dem Laden verbluten lassen können. Wo ich gerade dabei bin: Was glaubst du, wer deine Wunden versorgt hat?“ Jinx schaute sie verunsichert an. „Das warst du?“ fragte sie zögerlich. Raven nickte und versuchte, so freundlich zu lächeln, wie sie konnte. „Niemand hier will dir wehtun. Wir wollen dir helfen und außerdem verhindern, dass Nightshade noch jemanden so zurichtet.“ „Erinnere mich nicht daran.“ sagte sie, wobei sie wieder in Tränen ausbrach. Das Mädchen zitterte am ganzen Körper. „Ich kriege sie nicht mehr aus meinem Kopf.“ wimmerte sie, „diese Stimme; so kalt, so böse. Sie hat sich über jeden tropfen Blut gefreut, den ich verloren hab’. Über jeden Knochen, den sie mir gebrochen hat. Sie war so schnell, dass ich sie nicht einmal sehen konnte, bevor sie traf. So grausam. Immer wieder hat sie gesagt: ‚Steh’ auf. Ich will einen richtigen Gegner. Kämpfe, du schwächliches Ding!’“ Jinx’ Zittern wurde immer heftiger und ihr Atem immer schneller. Ohne lange zu überlegen drückte Raven den Knopf des Lautsprechers. „Janus, komm’ schnell! Jinx braucht Hilfe!“ rief sie. Was für ein Monster musste Nightshade sein, wenn allein die Erinnerung an sie eine solche Panikattacke bei Jinx auslöste? Kurz darauf öffnete sich die Tür. Janus trat herein und wollte Jinx in den Arm nehmen, um sie zu beruhigen. Doch das Mädchen wehrte sich, schrie und schlug in Panik um sich. Dafür, dass sie geschwächt und ihr rechter Arm verletzt war, war ihre Gegenwehr ziemlich heftig. Schließlich bekam Janus sie zu packen. Er hielt ihren Kopf fest und langsam wurde sie ruhiger. Die Kraft wich Zusehens aus ihrem Körper, bis sie ohnmächtig zusammensackte. „Was hast du mit ihr gemacht?“ fragte Raven ihn. „Das nennt man Jin Shin Jutsu; die Kunst, Energieströme zu lenken. Selbst ein normaler Mensch kann durch die Berührung bestimmter Punkte am Körper diese Ströme verändern und damit einen gewissen Einfluss auf Körperfunktionen und auch auf die Psyche nehmen. Ein Übersinnlich kann damit sogar noch mehr bewirken. Indem ich einen ihrer Energieströme unterbrochen habe, wurde ihr soviel Kraft entzogen, dass sie auf der Stelle eingeschlafen ist.“ erklärte Janus, während er Jinx auf das Bett hob. „Mit dir hab’ ich das auch einmal machen müssen.“ fügte er hinzu. „Ja. Ich glaube, daran erinnere ich mich.“ antwortete sie. Raven erinnerte sich noch lebhaft an ihr erstes Treffen mit ihm. Sie hatte ähnlich reagiert wie Jinx; einfach, weil sie Angst vor ihm gehabt hatte. Sie versuchte, die Erinnerung an diese Nacht zu verscheuchen, denn es war ihr unangenehm, daran zu denken, dass sie Angst vor Janus gehabt und ihn deswegen sogar angegriffen hatte. „Es ist zwar nicht gefährlich, aber trotzdem tue ich es nicht gerne. Ein gewaltsamer Eingriff in die Aura.“ murmelte er, während er die Kette von Jinx’ Halsband löste. „Früher oder später hätte ich das ohnehin tun müssen. Ich hatte nicht vor, sie länger als eine Nacht in diesem Raum zu lassen. Schließlich hätte sie hier nicht einmal Zugang zum Bad.“ meinte er weiter. „Und es wäre einfach grausam gewesen, sie an dieser Kette vor sich hinvegetieren zu lassen. Was sollte ich den tun, wenn sie sich nicht helfen lässt?“ Für Raven klang es, als ob sich Janus bei sich selbst entschuldigte. Sie spürte, dass es ihm innerlich wehtat, dass er sie “mit Gewalt“ beruhigen musste, obwohl er ihr im Grunde nicht wehgetan hatte. Sie sah sich Jinx’ Gesicht an. Schlafend wirkte sie so sanft und harmlos, beinahe niedlich. „Wenigstens hat sie jetzt keine Schmerzen.“ sagte sie, um Janus zu beruhigen. Nun sah er sie an. „Was machst du eigentlich hier drinnen?“ fragte er. „Ich dachte, dass ich vielleicht mit ihr reden könnte, um sie zu beruhigen und mehr über den Angreifer zu erfahren. Wir sind zwar nicht gerade Freunde, aber wenigsten kennt sie mich. Und in der Tat habe ich etwas möglicherweise nützliches herausgefunden: Jinx sagte, Nigthshade sei eine ’Sie’.“ Janus seufzte. „Komm mit. Ich möchte dir etwas zeigen.“ Raven folgte Janus in einen Raum, der wohl eine Art Büro für ihn war. Der Raum war länglich und an den Seitenwänden standen Reihen von Regalen und Vitrinen, in denen seltsame Gegenstände lagen. Sie spürte, das jedes dieser Stücke in irgendeiner Form magisch sein musste. Vielleicht sammelte er solche Artefakte oder er verwahrte sie, weil sie gefährlich waren. Janus ging zu einem großen Schreibtisch mit einem Computer darauf, der im hinteren Teil des Raumes stand und setzte sich daran. Er nahm ein Foto, welches in einem schwarzen Rahmen auf dem Tisch stand und sah es sich an. Sein Blick wurde traurig. Dieser Anblick war für Raven ebenso unangenehm wie ungewohnt. Sie kannte Janus als vielleicht etwas hart und verschlossen wirkenden, aber dennoch herzensguten und liebevollen Jungen. Er war ein Beschützer der gequälten Seelen und damit auch ihrer. Ein Großer Bruder, bester Freund und Liebender in einer Person. Ihn so traurig zu sehen weckte in ihr ebenfalls Unbehagen. Raven trat näher, um sich das Foto anzusehen. Es zeigte ein junges Mädchen mit langen, schwarzen Haaren. Sie trug eine Art Karateanzug und saß an einen Großen Felsen gelehnt da. Auf ihrem Gesicht waren Schweißperlen zu erkennen und sie wirkte erschöpft, aber glücklich. „Das ist Sheila, meine kleine Schwester.“ erzählte Janus ihr. „Damals war ich mit ihr in den Bergen, wo ich ihr beim Training Gesellschaft geleistet habe. Sie war erst dreizehn, aber schon stärker, als ein normaler Mensch überhaupt werden kann. Es ist das letzte Foto, das von ihr gemacht wurde.“ „Was ist denn mit ihr passiert?“ fragte Raven, wobei sie bereits eine unheilvolle Vorahnung hatte. „Nightshade ist ihr passiert.“ antwortete er. Es fiel ihm dabei sichtbar schwer, Ruhe zu bewahren. „Hat Nightshade sie getötet?“ fragte sie vorsichtig. „Das behauptet sie zwar oft, aber die Wahrheit ist viel schlimmer.“ Janus hielt seine Augen geschlossen, sodass Raven erwartete, jeden Moment Tränen fließen zu sehen. „Dieses Mädchen…“ sagte er, wobei es schien, als weigerten sich die Worte, seine Lippen zu verlassen. „Dieses unschuldige kleine Wesen IST Nightshade.“ Diese Antwort kam unerwartet und traf Raven wie ein Schlag in die Magengrube. Vielleicht war es auch Janus’ Schmerz, den sie körperlich spürte. Sie sah sich das Bild noch einmal genau an. Obwohl sie die Muskulatur des Mädchens unter ihrem Anzug nur erahnen konnte, strahlte allein ihr Anblick schon eine übermenschliche Kraft aus. Raven hatte noch nie erlebt, dass eine Aura sogar durch ein Foto wahrgenommen werden konnte, aber sie konnte sie deutlich spüren. Sheilas Aura fühlte sich an wie ein Wasserfall: Stark, unaufhaltsam, aber dennoch friedlich, etwas verspielt und von einer Reinheit und Schönheit, die Ihresgleichen sucht. Dieses Mädchen hatte eine starke und reine Seele. Obwohl Raven es, rein vom Faktor der Kraft ausgehend, durchaus für möglich hielt, dass sie Jinx ohne Probleme verprügeln konnte, weigerte sich ein Teil ihres Verstandes aber, zu akzeptieren, dass ein so freundlich wirkendes Wesen zu derartiger Brutalität fähig sei. „Ich weiß, es ist schwer zu glauben.“ sagte Janus. „Ich würde es ja selbst nicht glauben, wenn ich nicht dabei gewesen wäre. Aber das Schlimmste ist, dass ich daran schuld bin, dass sie der Dunklen Seite verfallen ist. Ich habe als ihr Bruder und als Beschützer versagt.“ Raven legte tröstlich ihre Hand auf seine Schulter. Zwar interessierte es sie, wie Sheila zu Nightshade geworden war, aber sie wollte kein Salz in Janus’ Wunden streuen, indem sie danach fragte. Das war auch nicht nötig, denn er begann von sich aus, zu erzählen. „Wir beide stammen von einer langen Linie mächtiger Zauberer ab. Nicht wenige von ihnen beherrschten sogar die schwarze Magie, so wie du. Ich dagegen bin kräftemäßig ein schwarzes Schaf. Außer Gedanken- und Gefühlsübertragung beherrsche ich kaum etwas. Und abgesehen von meinem bescheidenen Wissen über Nahkampftechniken bin ich zum Kampf nicht zu gebrauchen. Ich bin eben ein Seher und Heiler, kein Krieger. Aber Sheila hat das nie gestört. Obwohl sie immer schon viel stärker als ich war, hat sie mich als ihren Beschützer angesehen. Nicht dass sie nicht gewusst hätte, wie stark sie war; es schien ihr einfach egal zu sein. Obwohl ich so ein Schwächling bin hat sie bei mir Schutz, Trost und Geborgenheit gesucht. Es hat mich sehr glücklich gemacht, für sie da sein zu können. Wir waren unzertrennlich. Doch Sheila war auch schon immer sehr stolz und selbstbewusst gewesen. Manchmal sogar übermütig; wie an jenem Tag, als das Unglück seinen Anfang nahm. Sie hatte sich mit mehreren Gegnern auf einmal angelegt. Nichts besonderes; nur ein Haufen Straßenschläger. Sie ist spielend mit den meisten von ihnen fertig geworden. Doch dann wurde sie hinterrücks mit einer Art Elektroschocker getroffen. Sie verlor das Bewusstsein und wurde von der Bande entführt. Ich wusste nicht, was sie mit ihr vorhatten. Jedenfalls habe ich noch versucht, ihr zu helfen. Aber ohne Superkräfte und angesichts der zahlenmäßigen Überlegenheit hatte ich keine Chance.“ „Und was ist dann passiert?“ fragte Raven vorsichtig. Sie wusste, das Janus die Erinnerung daran wehtat, doch es würde auch nichts ändern, wenn er ihr den Rest verschwieg. „Ich tat das, was ein normaler Mensch in so einem Fall tun würde: Ich habe die Polizei zur Hilfe gerufen. Wenn ich versucht hätte, sie allein zu retten, wäre ich nur wieder gescheitert. Jedenfalls fand die Polizei noch am selben Tag das Versteck der Bande; und Sheila, mehr tot als lebendig. Der Anführer der Schläger gab zu, sie nur zum Spaß gequält zu haben. Er prahlte sogar noch damit. Zwar erholte sie sich von ihren Verletzungen, aber sowohl auf ihrem Körper, als auch auf ihrer Seele blieben Narben zurück. Als sie schließlich aus dem Krankenhaus entlassen wurde, war sie nicht mehr das Mädchen, das ich bis dahin gekannt habe. Sie wurde sehr still und distanzierte sich von mir, ebenso wie von allen anderen Menschen. Dafür trainierte sie nun wie besessen. Vermutlich hatte sie erkannt, dass ich sie nicht beschützen konnte und wollte noch stärker werden, damit sie niemand je wieder so misshandeln könnte. Sie hatte nicht nur in mich, sondern in alles und jeden das Vertrauen verloren, außer in ihre eigene Kraft. Und sowohl ihre körperlichen, als auch ihre magischen Kräfte verstärkten sich rapide. Gleichermaßen verschlechterte sich jedoch ihr Charakter. Sie wurde einzelgängerisch und stur, dann überheblich und schließlich grausam. Sie nutzte jede Gelegenheit um ihre Macht zu demonstrieren und nahm keinerlei Rücksicht auf ihre Gegner. Sie verlor jeglichen Respekt, verspottete jeden als Schwächling, der sie nicht besiegen konnte; und es gab wirklich niemanden, der ihrer Kraft gewachsen war. Sie wurde immer stärker und immer bösartiger. Letztendlich hatte sie auch ihren Respekt vor dem Leben verloren. Zwar hat sie bisher niemanden getötet, aber es interessiert sie auch nicht, ob jemand im Kampf mit ihr verletzt wird oder gar stirbt; nicht mal sie selbst. Sie hatte sich in Nightshade umbenannt, weil sie die Fähigkeit hat, ihre Aura in ein zeitverzerrendes Feld zu verwandeln. In diesem kann sie sich so schnell bewegen, dass man sie mit bloßem Auge nicht mehr wahrnimmt. Sie ist wie ein Schatten: unverwundbar, unantastbar, und mit einem Herzen so schwarz wie die Nacht. Aus meiner süßen kleinen Schwester war eine Maschine geworden, die nur noch für den Kampf existiert. Sie tut das alles, weil sie nichts anderes mehr kann. Da positive Emotionen ihrer Meinung nach schwach sind, hat sie es verlernt, sie zu empfinden. Nur bei einem Sieg im Kampf fühlt sie noch so etwas wie eine Illusion von Freude. Außerdem kann sie nie mit sich zufrieden sein, weil ihre Machtgier sie dazu antreibt, immer weiter zu machen und noch stärker zu werden. Es kommt mir vor, als würde sich ihre Macht gegen sich selbst richten, wenn sie kein anderes Ziel hätte. Obwohl sie sich als die mächtigste Magierein und Kämpferin der Welt sieht, ist sie in Wahrheit nur eine verletzte Seele in einem Körper, der zu mächtig ist, als dass sie damit umgehen könnte. Ihre Entwicklung hat sie in eine Sackgasse geführt. Vielleicht weiß sie das in ihrem tiefsten Inneren selbst, aber umzukehren hieße, einen Fehler, eine Niederlage gegen sie selbst und einen Sieg der Schwäche über die Stärke einzugestehen. Und das kann sie nicht.“ Plötzlich ertönte ein Piepsen aus dem Computer. Janus schaltete den Bildschirm ein. Eine Meldung erschien: „Sie haben eine E-Mail erhalten.“ Janus öffnete die Nachricht und las. Dabei verzogen sich sein Gesicht, wie damals, als er den Zettel bei Jinx gefunden hatte. „Nein! Das hast du nicht getan!“ schrie er und schlug mit der Faust auf den Tisch. Raven erschrak. Janus stand sofort auf, wobei er den Stuhl umwarf. „Was ist passiert?“ fragte sie besorgt, doch Janus schien sie nicht zu hören. Er eilte aus dem Zimmer. Raven sah auf den Bildschirm: Die geöffnete Nachricht und ein Ausschnitt von einem Stadtplan waren zu sehen. Sie überflog die Zeilen und erschrak nochmals. „Warte, ich komme mit!“ rief sie und lief Janus hinterher. Kurz zuvor: Die Straßen von Gotham City waren bei Nacht einer der unheimlichsten Orte, die man sich vorstellen kann. In dieser Umgebung wurden die vergessenen Instinkte der Menschen wach. Hinter jeder Straßenecke und in jeder Gasse schien Gefahr zu lauern. Sogar die Dunkelheit der Nacht selbst schien einen zu beobachten, zu belauern. Und oftmals erwiesen sich solche düsteren Vorahnungen als zutreffend. Gotham war als Hochburg des Verbrechens bekannt und obwohl einer der größten Helden der Welt, Batman persönlich, über die Stadt wachte, war sie bei Nacht keineswegs ein sicherer Ort. Nicht nur die Instinkte, auch die dunklen Seiten der menschlichen Seele wurden hier leicht geweckt. Gotham City bei Nacht gab dem Begriff „Dschungel des Großstadt“ eine neue Bedeutung. Und Batman war nicht der einzige Jäger in diesem finsteren Revier. Lautlos und schnell, als sei sie ein Teil der Dunkelheit selbst, huschte Tribal Tigeress durch die dunklen Seitenstraßen. Sie war bemüht, nicht aufzufallen, woran sie am Tag bei Leibe nicht dachte. Von Schatten zu Schatten springend, immer auf der Suche nach einem Winkel, indem ihr bizarrer Körper vor den Augen anderer verborgen blieb, bewegte sie sich vorwärts. Doch Tigeress irrte keineswegs ziellos umher: Sie war auf der Jagd. Die dämonische Bestie in ihr trieb sie dazu an. Ein unmenschliches Verlangen zu schleichen, zu klettern, zu springen, sich anzupirschen und Beute zu reißen. In Nächten wie dieser befriedigte das katzenhafte Mädchen ihren Jagdtrieb. Würde sie ihn unterdrücken, würde der Dämon in ihr hervorbrechen und seine bestialischen Triebe von sich aus befriedigen; schlimmstenfalls mit dem Blut unschuldiger Menschen. Um das zu verhindern ließ sich Tigeress von ihren Instinkten leiten; um nicht irgendwann von ihnen beherrscht zu werden. Innerlich hasste sie diese Seite an sich und sie hasste es nicht weniger, sich wie ein Tier verhalten zu müssen, um nicht eines zu werden. Auch wenn sich ihr Körper verändert hatte, war ihre Seele immer noch die eines Menschenmädchens und sie hatte alle Gedanken, Gefühle und Sorgen eines solchen. Glücklicherweise verliehen ihr ihre Instinkte auch die Fähigkeit, sich zu verstecken und den Blicken der Menschen zu entgehen. Sie schämte sich unendlich ob ihres animalischen Verhaltens und war froh, das ihre Freunde sie nicht so sehen mussten. Doch im Moment war ihr Jagdtrieb stärker als ihre Scham. Unter den Bürgern von Gotham City war sie den meisten nur als ein unheimliches Gerücht unter vielen bekannt. Obwohl das Mädchen mit der gestreiften Haut und den knappen Klamotten am Tag jedem sofort auffiel, - und das in einer Welt, in der es von seltsamen Wesen mit Superkräften nur so wimmelte, - hatten nur wenige bisher das dämonische Raubtier gesehen, zu dem sie in der Nacht wurde und das auf der Suche nach Beute durch die dunklen Straßen schlich. „Etwas, dass nachts durch die Straßen schleicht und Ratten jagt.“ wiederholte sie in Gedanken, wobei sie sich ein fieses Grinsen nicht verkneifen konnte. Psykid hatte ja keine Ahnung, was sie auf ihren Streifzügen wirklich tat. „Die Ratten, die ich jage, haben zwei Beine, nichts gutes im Sinn und sind meistens bewaffnet.“ Eine bessere Lösung für ihr Problem, als ihre Kräfte und Instinkte dazu zu benutzen, gegen das Verbrechen zu kämpfen, gab es wohl nicht. Sie befriedigte die Bestie in ihr und diente gleichzeitig dem Allgemeinwohl. Janus hatte Recht gehabt: Nicht ihr Aussehen oder ihre Kräfte, sondern ihr Handeln, Denken und Fühlen machte sie dem, was sie war: Eine exotische Teenage-Schönheit bei Tag und eine Heldin, welche mit der Macht eines Dämons gegen das Böse kämpfte, bei Nacht – auf jeden Fall aber kein unmenschliches Monster mehr. Immer, wenn sie an Janus’ Worte dachte, vergaß sie schnell ihren Selbsthass. Vor fast einem Jahr hätte sie sich noch beinahe mit ihren eigenen Krallen die Kehle aufgerissen. Sie wollte nicht als Monster leben und dachte, dass der Tod die einzige Möglichkeit wäre, diesem Schicksal zu entgehen. Doch Janus hatte sie vor diesem schrecklichen Fehler bewahrt und sie sogar bei sich aufgenommen. Damals wohnte er noch in einer schäbigen, kleinen Zweizimmerwohnung und arbeitete als eine Art übersinnlicher Detektiv. Schon damals hatte er außergewöhnliche Beziehungen zur Polizei, zur städtischen Regierung und sogar zu einigen Superhelden. Doch erst nach dem Deal mit Prof. Cade, Psykids Vater, hatte er der Stadt diesen alten Bunker abgekauft und daraus das Hauptquartier der Dark Creatures gemacht. Nicht nur für sie, auch für ihre Freunde und nun für Raven, hatte er so viel getan. Er hatten Ausgestoßenen wie Arachnia und Insomnia eine Zuflucht geboten, hatte Sonderlingen wie Blaze und Psykid die Möglichkeit gegeben, gutes mit ihren im Grunde gefährlichen Fähigkeiten zu bewirken. Er hatte ihrem Leben einen Sinn gegeben und sie alle trotz ihrer teilweise abstoßenden und bedrohlichen Eigenarten als Menschen und Freunde akzeptiert. Doch am meisten half er ihnen, indem er einfach für sie da war. „Janus, du bist wirklich ein Engel.“ dachte Tigeress, als sie gerade an der Außenseite einer Feuerleite hochkletterte. Auf einmal hielt sie Inne. Ein seltsames Gefühl überkam sie: Gefahr lag in der Luft. Sie konnte weder jemanden sehen, noch riechen oder hören. Es war, als würde etwas mit kalten Fingern nach ihrer Seele greifen. Tribal Tigeress spürte deutlich die Anwesenheit von etwas bösem, ganz in der Nähe. „Na gut.“ dachte sie. „Da will jemand wohl Ärger mit mir haben. Wurde auch Zeit, dass was passiert.“ Sie zog ihre Arme angriffsbereit an den Körper, beugte ihren Oberkörper nach Vorne und lief los. Zum Sprint nahm sie immer diese seltsame Haltung ein: vermutlich eine weitere Eigenschaft ihrer tierischen Seite. Sie hatte dabei weniger Luftwiederstand und hielt mit ihrem Schwanz das Gleichgewicht. Ohne auf die Deckung in den Schatten zu achten lief sie geradewegs auf die Quelle des Gefühls zu. Vorfreude überkam sie und ihr Mund verzog sich zu einem bedrohlichen, zähnestrotzenden Lächeln. Die Beute war zum greifen nahe. Tigeress betrat einen Hinterhof. Die Gebäude rings herum machten nicht gerade einen bewohnten, beziehungsweise bewohnbaren Eindruck. Bis auf den entfernten Lärm der Straßen war nichts zu hören. Aber genau hier musste es sein. Zwar konnte sie sich nicht erklären wie, doch sie spürte, dass jemand oder etwas in der Nähe war. Auf einmal hörte sie etwas. Schritte. Jemand kam auf sie zu. „Na also.“ hörte sie eine Stimme aus einer der dunklen Gassen sagen. „Genau der richtige Ort. Aber ob du hier richtig bist, musst du erst noch beweisen.“ „Wer bist du und was willst du von mir?“ rief Tigeress in die Dunkelheit hinein. Ein verächtliches Lachen kam als Antwort. Dann sah sie eine dunkle Gestalt aus dem Schatten heraustreten. Bei näherem Hinsehen erkannte sie, dass es ein Mädchen war, etwa in ihrem Alter. Sie trug einen eng anliegenden, schwarzen Anzug, auf den dicke Lederplatten aufgenäht waren und der so an eine Art Rüstung erinnerte. Obwohl diese Mädchen nicht besonders groß war, schien sie dennoch sehr kräftig gebaut zu sein und ihre Haltung erweckte den Eindruck, als wären all ihre Muskeln ständig angespannt. Ganz im Gegensatz dazu stand ihr Gesicht. Einzelne Strähnen ihrer langen, schwarzen Haare fielen ihr ins Gesicht, während sie an ihrem Hinterkopf zu einem Pferdeschwanz gebunden waren. Ihre Haut war recht blass und ihre Gesichtszüge waren kindlich, beinahe puppenhaft. Sie sah Tigeress mit starrer Mine und aus zwei kalten, blauen Augen an. Ihre Mundwinkel verzogen sich zu einem bösen Lächeln als sie antwortete: „Ich bin Nightshade; und ich will mich amüsieren.“ Einen Augenblick später war sie verschwunden. Tigeress wusste nicht wie ihr geschah, als sie plötzlich einen heftigen Schmerz in der Magengegend spürte. Nur eine Sekunde nachdem sie verschwunden war tauchte Nightshade direkt vor ihr wieder auf und rammte ihr aus der Bewegung heraus das Knie in den Bauch. Tigeress krümmte sich vor Schmerzen, während ihre Gegnerin sofort wieder verschwand, nur um hinter ihr wieder aufzutauchen, ihr eine Tritt in die Kniekehle zu versetzen und sie im nächsten Augenblick von vorne mit einem Kinnhacken zu treffen, der die Halbdämonin zu Boden schickte. „Was suchst du da unten?“ spottet Nightshade. „Hältst du nicht mehr aus?“ Tigeress richtete sich mühsam auf. Plötzlich sprang das eben noch angeschlagen wirkende Mädchen vor und zielte mit der Faust auf Nightshades Kopf, doch die löste sich sofort wieder in Luft auf. Der Schlag ging ins Leere. Noch bevor sich Tigeress versah traf sie Nightshades Ellenbogen zwischen den Schultern und sie ging wieder zu Boden. „Dafür, dass du so schnell hierher gerannt bist, bewegst du dich jetzt aber ziemlich langsam.“ Meinte Nightshade mit gespielter Verwunderung. „Ich bin nicht langsam.“ antwortete das Katzenmädchen gereizt. „Du bist aber verdammt schnell. Wie machst du das?“ „Ganz einfach: Innerhalb meiner Aura vergeht die Zeit so, wie ich es will. Ich kann mich schneller als der Schall bewegen und sehe dabei alles um mich herum wie in Zeitlupe.“ erklärte sie. „Aber jetzt verrätst du mir mal was: Du gibst nicht alles. Wenn du das volle Ausmaß deiner Kräfte nutzen würdest, hättest du vielleicht sogar eine Chance. Also, warum hältst du dich zurück?“ „Ich versteh’ nicht, was du meinst. Ich setze meine Kräfte so ein wie immer.“ antwortete Tigeress. Nightshade lachte. „Glaubst du wirklich, ich kämpfe gegen ein Kätzchen, wenn ich stattdessen einen Tiger haben kann. In dir schlummert eine gewaltige Kraft.“ Tigeress ahnte, worauf sie hinauswollte. „Ich habe dich herausgefordert, weil ich gegen Chimera kämpfen will, nicht gegen dich.“ „Das kannst du vergessen!“ schrie sie. „Du besitzt solche Macht, bist aber zu feige um sie einzusetzen. Ich fürchte mich vor nichts und niemandem und schon gar nicht vor mir selbst. Wenn du zu schwach bist, deine Kräfte in ihrem vollen Ausmaß einzusetzen, dann ist dein Schicksal besiegelt!“ Mit diesen Worten verschwand sie und tauchte vor Tigeress wieder auf. In Bruchteilen von Sekunden wechselte sie mehrmals die Position und deckte ihre Gegnerin dabei mit einem Hagel von Attacken ein. Zum Schluss versetzte sie Tigeress einen Tritt in den Bauch, so heftig, dass sie gegen die Wand eines der umstehenden Häuser geschleudert wurde. Der ganze Körper des Mädchen schmerzte furchtbar und Tränen rannen aus ihren Augen. Als sie versuchte sich aufzurichten spuckte sie Blut. Nightshade ging langsam auf sie zu. „Schade um dein Talent.“ sagte sie, während sie ihre verletzte Gegnerin mit einer Hand am Hals packte, sie hochhob und gegen einen Stromkasten an der Mauer drückte. „Noch irgendwelche letzten Worte?“ Tribal Tigeress wusste, das sie nicht mehr gewinnen konnte. Selbst wenn sie das Monster wecken würde, das in ihr schlummerte, wäre sie schon zu geschwächt, um sich noch wehren zu können. „So werde ich wenigstens als Mensch sterben.“ dachte sie, doch Nightshades Griff machte es ihr unmöglich, diese Worte auszusprechen. Nightshade holte mit der freien Hand aus und platzierte ein gewaltigen Stoß mit den Handballen auf Tigeress Brust. Das Mädchen spürte, wie mehrere ihrer Rippen unter dem Aufprall brachen, bevor sie durch den Kasten direkt in die Stromleitung gedrückt wurde. Mit dem Strom fluteten entsetzliche Schmerzen durch ihren Körper. Sie stieß ein hohen Schrei aus, während Nightshade sie, scheinbar unberührt von dem Stromschlag, angrinste. Diese grausame, gefühllose Lächeln war das letzte, was Tribal Tigeress sah, bevor es schwarz um sie wurde. Als die Elektrizität abebbte, ließ Nightshade den Körper ihrer Gegnerin achtlos fallen. Zusätzlich zu ihren Kampfwunden hatte das Katzenmädchen nun auch eine schlimme Verbrennung am Rücken. Nightshade wandte sich zum Gehen, zog dabei einen Pager aus einer Tasche an ihrem Gürtel und tippte eine Nachricht ein: Hallo Bruderherz. Zu meinem Bedauern muss ich dir sagen, dass deine kleines Kätzchen schlecht erzogen und noch schlechter trainiert ist. Sie hat sich mit einem großen Hund angelegt und sich dabei auch noch geweigert, den inneren Tiger rauszulassen. Ga~nz großer Fehler. Ich schicke dir ein paar Koordinaten mit dieser Nachricht. Wenn du möchtest kannst du dort abholen was von ihr übrig ist. Hoffentlich hält der Rest von deiner Truppe länger durch. Nightshade Noch immer unzufrieden und unbesiegt. Nachwort zu Kapitel 3: Die Geschichte um Raven und die Creatures neigt sich dem Ende zu und die Konfrontation mit Nightshade steht bevor. Wird es den Helden gelingen, sie zu besiegen oder werden sie alle so enden wie Jinx und Tigeress? Wird Raven ihre Kräfte rechtzeitig wieder unter Kontrolle bekommen, um sich gegen Janus’ gefallene Schwester zur Wehr zu setzen? Und wird die Liebe zwischen Janus und Raven dieser Bedrohung standhalten? Oder wird sie zerbrechen; und Raven mit ihr? Das vierte Kapitel von „Gefühlschaos“ wird euch die Antwort darauf bringen. Eigentlich hatte ich vor, das 3. und das 4. Kapitel als eines zu schreiben. Aber ich wollte vermeiden, dass es wieder so lang wird wie das 2., daher habe ich es aufgeteilt. Übrigens, bevor jemand danach fragt: Jin Shin Jutsu hat nichts mit Ninjutsu und schon gar nichts mit Naruto zu tun. Es gehört ähnlich wie Akupunktur und Shiatsu zur fernöstlichen Heilkunst. Hoffentlich krieg’ ich das 4. Kapitel bald fertig. Bis dahin. Euer Rokuro. Empfehlung an den Hofhund. ^_^ Kapitel 4: Kapitel 4: Liebe, Hass und Hässlichkeit -------------------------------------------------- Eine halbe stunde später trafen Raven und Janus am Schauplatz des Kampfes ein. Als Janus die verletzte Tribal Tigeress sah, spürte Raven unermesslichen Zorn und noch größere Trauer in ihm. „Irgendwann krieg’ ich dich dafür. Das war das letzte mal, dass du jemanden verletzt hast.“ flüsterte er zu sich selbst, bevor er sich Tigeress zuwandte. Behutsam hob er ihren Körper auf und streichelte sie. „Ich habe schon wieder versagt. Warum kann ich die, welche ich liebe nicht beschützen? Es tut mir so leid, meine kleine Kimberly.“ Raven hatte noch nie Tigeress’ wahren Namen gehört, doch wusste sie, das sie die erste war, die Janus bei sich aufgenommen hatte und dass sie ihm besonders am Herzen lag. Noch schlimmer wurde es dadurch, dass er das Wesen, welches ihr das angetan hatte, im Grunde ebenso sehr liebte. Nightshade mochte grausam und herzlos sein, doch für Janus lebte, irgendwo in den Tiefen ihrer Seele versteckt, immer noch seine kleine Schwester. Und so sehr sie sich auch verändert hatte: Janus hatte nie aufgehört, Sheila von ganzem Herzen zu lieben. „Sie ist schlimm verletzt, aber sie lebt noch.“ sagte Raven, um ihn zu beruhigen. Sie trat näher und scannte Tigeress’ Körper für eine genauere Diagnose. Was sie feststellte, erschütterte sich zutiefst: mehrere Knochenbrüche, äußere und innere Blutungen und die Verbrennung dort, wo ihr Rücken die Stromleitung berührt hatte. Der Schock hatte ihre Blutbahnen und inneren Organe beschädigt und ihr Nervensystem lahmgelegt. Sie musste schrecklich gelitten haben, bevor sie das Bewusstsein verloren hatte. „Ein normaler Mensch hätte solche Verletzungen wohl kaum überlebt.“ sagte Janus. Er hatte ihre Gedanken gelesen und ausgesprochen, was sie nicht zu sagen gewagt hätte. „Kannst du sie heilen?“ fragte er. „Es tut mir sehr leid,“ antwortete Raven zögerlich, „aber ich glaube nicht, das mich genug konzentrieren kann, um solche Wunden zu heilen. Glaub’ mir, ich würde so gerne…“ „Ist schon gut.“ unterbrach er sie. „Ich verlange nichts von dir. Tigeress’ Körper ist sehr wiederstandsfähig und ich bin mir sicher, dass ihre Wunden auch auf natürlichem Wege heilen werden. Manchmal ist doch ganz praktisch, ein Halbdämon zu sein.“ Raven hatte nicht verstanden, ob Janus damit sie oder sich selbst aufmuntern wollte. „Tu mir bitte einen Gefallen, Raven: Geh zurück ins Hauptquartier und sag den anderen, dass Tigeress angegriffen wurde, aber erspar ihnen die Details. Sag ihnen, dass sie heute Nacht nicht mehr nach draußen gehen sollen. Ich bringe Tigeress in ein Krankenhaus und sobald ich kann, komme ich zurück. Und sie sollen auf keinen Fall etwas ohne mich unternehmen.“ Raven erfüllte seine Bitte. Janus blieb die ganze Nacht bei Tribal Tigeress im Krankenhaus. Erst in den frühen Morgenstunden kam er zurück. „Morgen zusammen.“ sagte er, als er gerade das Wohnzimmer betrat. Er wirkte traurig und sehr müde. „Hallo Janus. Und: Wie geht’s Tigeress?“ fragte Arachnia ihn. „Den Umständen entsprechend. Ich war die ganze Nacht bei ihr und inzwischen ist sie sogar wieder aufgewacht. Aber es werden noch ein paar Tage vergehen, bevor sie zurückkommen kann. Solang dürfen sich die Ärzte noch über ihre Anatomie wundern.“ Keiner lachte. „Währe es möglich, dass wir sie besuchen?“ fragte Blaze. „Ich glaube, das wäre keine gute Idee. Erstens braucht sie Ruhe und zweitens möchte ich nicht, dass ihr in den nächsten Tagen den Bunker verlasst.“ „Das ist doch wohl nicht dein Ernst!?“ rief Arachnia. „Du kannst doch nicht von uns erwarten, dass wir hier drinnen rumsitzen und uns zu Tode langweilen!“ „Es ist nur zu eurer Sicherheit.“ meinte Janus. „Wir sind doch keine Kleinkinder mehr!“ antwortete Blaze darauf. „Wir können auf uns selbst aufpassen!“ „Das dachte Tigeress auch. Solange da draußen jemand rumläuft, der sogar im Stande ist, einen Halbdämon zu verletzen, kann ich nicht zulassen, das ihr ohne mich da raus geht. Und jetzt entschuldigt mich: Wenn ich ausgeschlafen bin, reden wir weiter darüber.“ Raven hatte das Gespräch mitangehört. Sie verstand zwar, dass sich Janus Sorgen machte, doch er schien sich auch hilflos und überfordert zu fühlen. Und obwohl sie ihn gut verstehen konnte, passte so ein Dilemma einfach nicht zu ihm. Raven erwartete nicht von ihm, unverwüstlich zu sein und jedes Problem lösen zu können, doch das war genau der Eindruck, den er erwecken wollte. Janus war kein Kämpfer, aber er wollte stark wirken, damit sich andere bei ihm sicher fühlen konnten. Seine wahre Stärke lag in seinen Gefühlen. „Was denkt der sich eigentlich!?“ beschwerte sich Arachnia. „Er kann uns hier doch nicht einfach einsperren!“ „Ich verstehe Janus’ Sorge um euch, aber ich denke auch, dass er übertreibt.“ meinte Raven darauf. „Kannst du vielleicht mit ihm reden, wenn du dich so gut mit ihm verstehst?“ fragte Blaze sie. Raven verstand nicht ganz, ob der Feuermagier das abfällig gemeint hatte. „Ich werde es versuchen.“ antwortete sie. Auf dem Weg in Janus’ Zimmer traf sie auf Jinx. Janus hatte die Tür der Zelle bewusst offen gelassen, da er Jinx nicht unnötig gefangen hallten wollte, wo sie doch im Moment keine Bedrohung darstellte. Als die Hexe Raven sah, versuchte sie sofort, sich zu verstecken. Sie öffnete die nächstgelegene Tür, die von Psykids ehemaligem Zimmer, und versteckte sich darin. „Komm da raus, Jinx. Ich hab’ dich gesehen.“ sagte Raven ruhig. Zögerlich öffnete Jinx die Tür. „Okay, ich geh’ ja schon wieder zurück.“ sagte sie betrübt. Zwar wirkte sie nicht mehr so depressiv wie am Tag zuvor, doch traurig war sie mit Sicherheit noch. „Du musst nicht in deine Zelle zurückgehen. Janus will dich nicht einsperren: Er will dir nur helfen.“ sagte Raven. „Oh ja, ich weiß gar nicht, wie ich ihm DAFÜR danken soll.“ antwortete sie sarkastisch und deutete auf das Halsband. „Sei lieber froh darüber, dass du nicht mehr an dieser Kette liegst. Janus hätte sie dir schon viel früher abgenommen, aber du hast ihn ja nicht gelassen.“ „Wie hättest du denn in meiner Lage reagiert?“ fragte sie darauf. Zwar war Raven für ihre Schlagfertigkeit bekannt, aber darauf konnte sie nicht reagieren. Sie hatte ähnlich gehandelt: Zwar mehr aggressiv als verängstigt, auf jeden Fall aber unüberlegt. „Angst zu haben ist keine Schande.“ sagte Jinx trotzig. „Jeder hat irgendwann vor irgendetwas Angst. Man kann einem Kämpfer vielleicht verbieten, Angst zu haben, aber man kann es nicht verhindern. Ich glaube, du hättest dich auch nicht anders verhalten.“ „Das habe ich auch nicht.“ antwortete Raven beschämt. Jinx sah sie darauf hin verwirrt an. „Ich hatte auch Angst vor Janus, als ich ihm das erste Mal begegnet bin.“ erklärte Raven ihr. „Ich dachte auch, das er mir wehtun wollte, oder sogar schlimmeres. Ich habe ihn deswegen sogar angegriffen. Und am nächsten Morgen bin ich mit einer Kette am Hals aufgewacht.“ Jinx schaute sie mit einer Mischung aus Verwunderung und Mitgefühl an. „Aber,… wie…?“ stotterte sie. „Janus hat mir damit sehr geholfen, auch wenn es unglaublich klingt. Ich befand mich in einem Zustand, in dem ich meine Gefühle und damit auch meine Kräfte nicht mehr unter Kontrolle hatte. Indem er meine Kräfte blockierte, schützte er mich vor mir selbst. Bei dir ist es genauso: Er hält dich hier fest, weil er dir helfen will, auch wenn er dich dafür zu deinem Glück zwingen muss.“ „Glück ist ein Fremdwort für mich!“ sagte die junge Hexe, wobei Raven ihre Wut auch ohne Gefühlsübertragung mitbekommen hätte. „Ich BIN das Unglück! Seit meiner Geburt bin ich mit diesen Kräften verflucht. Glaub’ mir, ich wollte nie wirklich böse sein, aber das ist nun mal mein Schicksal. Es gibt keinen anderen Weg für mich.“ Mit diesen Worten setzte sich Jinx auf den Boden, mit dem Rücken zur Wand und vergrub ihr Gesicht in den Händen. Raven kniete sich neben sie. „Es tut mir Leid. Ich wollte dir nicht wehtun. Kann ich dir irgendwie helfen?“ fragte sie. „Lass mich in Ruhe!“ antwortete Jinx unter Tränen. „Ich will dein Mitleid nicht! Hau ab!!“ Raven seufzte betrübt, als sie aufstand und Jinx mit ihrer Traurigkeit allein ließ. Zuvor hatte sie in der kleinen Hexe nicht mehr als ein mehr oder weniger unbedeutendes Problem gesehen, doch jetzt, wo sie Jinx näher kannte, hatte sie wirklich Mitleid mit ihr. „Von Geburt an verflucht und dazu bestimmt, böses zu tun; genau wie ich.“ dachte sie. Als Raven die Tür zu Janus’ Zimmer öffnete, sah sie ihn am Computer sitzen, obwohl er gesagt hatte, dass er sich ausruhen wollte. „Was gibt’s?“ fragte er, ohne seinen Blick vom Bildschirm abzuwenden. „Ich möchte dich etwas fragen: Denkst du wirklich, dass wir uns hier unten verstecken sollen, während Nightshade da draußen ihr Unwesen treibt? Oder gerade deswegen?“ Nun sah Janus sie an. „Ich kann und will nicht riskieren, dass Sheila euch ebenso zurichtet wie Tigeress. Das verstehst du doch.“ „Natürlich verstehe ich das. Aber ich hab bei den Titans gelernt, dass man sich als Held einer Gefahr stellen muss, um andere zu beschützen. Wir sind keineswegs übermütig, aber wir verstecken uns auch nicht.“ „Wir sind aber nicht wie die Teen Titans.“ antwortete Janus. „Ihr bekämpft aktiv das Böse und seid dabei so erfolgreich, dass manche euch schon die “Juniorliga der Gerechten“ nennen. Aber die Dark Creatures sind anders. Die Gefahren, denen sich meine Schützlinge stellen müssen sind die, die von ihnen selbst ausgehen. Ich spüre junge Menschen mit potenziell gefährlichen Kräften auf, bringe sie an einen Ort, an dem sie und die Öffentlichkeit sicher davor sind und leiste ihnen praktischen und seelischen Beistand. Keiner von ihnen sollte von mir zum Superhelden ausgebildet werden. Aber kannst du dir vorstellen, was aus Arachnia, Psykid oder Insomnia geworden wäre, wenn ich sie nicht bei mir aufgenommen hätte? Sie hätten sich zu schrecklichen Gefahren entwickeln können, besonders für sich selbst. Ich habe sie bei mir aufgenommen, um das zu verhindern. Oder hättest du gegen eine Insomnia kämpfen wollen, die ihr letztes bisschen Verstand verloren hat und deren Schmerzen sie zu einem regelrechten Kraftwerk dunkler Energie gemacht hätten?“ Raven schwieg. „Blaze war von Anfang an sehr vernünftig.“ fuhr er fort. „Er ist zu mir gekommen und hat mich gebeten, ihm zu helfen, seine Feuerkräfte unter Kontrolle zu bringen. Er möchte ein Held werden, aber er weiß, dass er im Moment nicht viel mehr ist, als ein unfreiwilliger Brandstifter. Das mag gemein klingen, aber es stimmt. Elementarkräfte sind sehr schwer zu kontrollieren und können verheerenden Schaden anrichten, wenn man nicht mit ihnen umzugehen weiß. Was nützt Blaze all seine Kraft, wenn er im Kampf alles und jeden um sich herum verbrennen würde? Ein Held wäre er damit sicher nicht.“ Raven fühlte sich an Terra erinnert. Auch ihre Erdkräfte hatten ihr solche Probleme bereitet. „Ich wünschte, du hättest sie damals aufgenommen und nicht Slade.“ dachte sie. „Wenn ich von Terra gewusst hätte, dann hätte ich das getan.“ antwortete Janus. „Aber ich denke, du verstehst jetzt, was ich tue. Die Creatures sind keine Kämpfer, genauso wenig wie ich. Bei Tigeress hab’ ich eine Ausnahme gemacht, weil ich mir bei ihr sicher sein kann, dass sie mit ihren Kräften keinen Mist baut. Ich habe ihr erlaubt, nachts in der Stadt zu patrouillieren, unter der Bedingung, dass sie keine unnötige Aufmerksamkeit auf sich zieht. Alles, was noch zwischen ihr und der Heldenkarriere, von der sie träumt, steht, ist ihre instabile Psyche. Aber ich dachte auch nicht daran, dass Nightshade sofort auf sie losgehen würde. Dieser Fehler hätte sie das Leben kosten können. Ich werde auf keinen Fall riskieren, dass die anderen ebenfalls Angegriffen werden.“ Da fiel Raven etwas ein: „Wie wäre es, wenn ich die Titans darüber informiere? Zusammen könnten wir Nightshade besiegen.“ „Du solltest deine Freunde eher vor ihr warnen.“ antwortete Janus. „Nightshade ist mindestens so stark wie du und ihre Stärke wächst mit der ihrer Gegner. Sie erzeugt Energie durch negative Gefühle und verstärkt damit ihre körperliche Kraft. Das ist der Grund, warum sie so schnell so stark werden konnte; und so bösartig. Du weißt ja, dass die menschliche Seele diese Energie nicht lange verträgt. Dunkle Energie ist auch die Quelle ihrer Fähigkeit, die Zeit zu verzerren. Zeitmanipulation ist eine sehr komplizierte und auch sehr gefährliche Form der Magie und verbraucht viel Energie; davon kann Nightshade genug erzeugen und die Gefahren dabei interessieren sie nicht einmal. Aber wenn es mir gelingen würde, ihre Gefühle zu beruhigen, würde ihre Macht schwinden. Sie hat sich selbst viel seelisches Leid angetan, um dadurch stark zu werden, aber vielleicht kann ich sie sogar wieder in ihre früheres, ihr wahres Ich zurückverwandeln, wenn ich ihr diesen Schmerz nehme.“ Janus seufzte. „Aber dazu müsste ich erst einmal an sie herankommen. Sie weiß, dass eine Umarmung von mir ausreichen könnte, um ihr all ihre Kraft zu nehmen. Davor hat sie Angst und meidet mich daher, obwohl ich im Kampf kein Gegner für sie wäre. Wenn ich sie nur einmal berühren könnte…“ „Dabei würden meine Freunde und ich dir helfen.“ meinte Raven darauf. „Und wenn du meinst, dass wir allein nicht stark genug sind, dann gibt es da draußen unzählige Superhelden, die dir helfen könnten. Du könntest sogar die Polizei und die Behörden miteinbeziehen, wo du doch so gute Verbindungen hast.“ „Das ist leider nicht so einfach. Ich helfe der Polizei ab und zu als Profiler oder “Hellseher“ und meine Verbindungen haben ausgereicht, dass Arachnia, Insomnia und jetzt vielleicht auch Jinx bei mir “auf Bewährung“ bleiben können. Aber sie können mir nicht helfen, gegen Sheila vorzugehen, weil sie nichts Illegales tut.“ „Was?“ fragte Raven, verwundert und erschrocken zugleich. „Sie greift Menschen an und verletzt sie schwer. Wie kann das legal sein?“ „Ganz einfach.“ antwortete Janus ihr. „Du weist ja, dass für Superhelden besondere Gesetze gelten, damit sie ihre Tätigkeit ausüben können, ohne dabei selbst zu Straftätern zu werden. Eines davon besagt, dass ein staatlich anerkannter Superheld nicht wegen Körperverletzung angeklagt werden kann, wenn er in Ausübung seiner Tätigkeit einen anderes Wesen mit übermenschlichen Kräften verletzt, solange es nicht mit dem Ziel, den Gegner zu töten geschah. In diesem Fall wäre das Mord, beziehungsweise versuchter Mord.“ Er wandte sich wieder dem Computer zu und ein paar Clicks später erschien eine Liste, welche die Namen offizieller Superhelden enthielt. Einer davon lautete Nightshade. Mit Click auf den Namen öffnete sich ein Fenster, dass diverse Daten über sie auflistete. „Name: Nightshade, Geschlecht: weiblich, Klasse: Nahkämpfer, Aktionsgebiet: die gesamten U.S.A., ausgenommen die nördlichsten Staaten, Aktionsrate: gering, Gewaltbereitschaft: sehr hoch, und so weiter.“ las Janus vor. „Sie ist ganz offiziell als Superheldin eingetragen. Natürlich kämpft sie auch gegen Verbrecher, aber sie sucht sich immer nur mächtigsten Gegner aus. Indem sie nur Gegner mit Superkräften angreift und sie gerade so am Leben lässt, verhindert sie, dass man sie strafrechtlich verfolgen kann. Aber offen gesagt; es ist ihr egal, gegen wen sie kämpft und ob sie ihre Gegner tödlich verletzt, solange sie dabei nur ihren Spaß hat. Gegner sind für sie nur Spielzeuge, die man achtlos wegwirft, wenn sie unbrauchbar oder langweilig geworden sind.“ Bei diesen Wort spürte Raven wieder den Zorn in Janus aufsteigen. „Aber die Gesetze besagen auch, dass Superhelden in einer Herausforderung gegeneinander Kämpfen dürfen. Sie würde eine Aufforderung zum Kampf sicher nicht ablehnen.“ „Und wer glaubst du, würde gegen sie kämpfen?“ fragte Janus gereizt. Raven sah ihm tief in die Augen. „Oh nein, auf keinen Fall!“ reif er, mehr erschrocken als wütend. „Du hast gesagt, dass Nightshade etwa so stark ist, wie ich. Außerdem kann auch ich meine Kräfte nahezu ins unermessliche steigern, wenn es sein muss. Als Halbdämon erzeugen meine Gefühle von Natur aus dunkle Energie. Das wäre zwar sehr riskant, aber ich würde das Risiko eingehen; allein schon deinetwegen.“ sagte die junge Magierin. „Ach Raven,“ sagte Janus und umarmte sie, „meine süße, kleine Raven. Das ist lieb von dir, aber ich kann so etwas nicht von dir verlangen. Deine Liebe bedeutet mir alles, aber Liebe kann leider auch blind machen. Ich kann dir nicht erlauben, gleichzeitig deinen Körper und deine menschliche Seele aufs Spiel zu setzen; und schon gar nicht um meinetwillen. Seit wir uns kennen, hast du so viel schlimmes erleben und ertragen müssen: Ich spüre, dass dich nicht nur dein eigener Seelenschmerz noch immer quält, sondern dass du außerdem die Schmerzen und die Traurigkeit von Arachnia, Tigeress, Insomnia und jetzt auch noch von Jinx ertagen musst. Und in diesem Zustand willst du kämpfen und dabei nicht nur riskieren, dass du verletzt wirst, sondern auch, dass du dich überlädst und wieder solche Schmerzen hast wie damals? Ich jedenfalls will nicht zulassen, dass du dir das antust; gerade weil ich dich liebe.“ Raven wollte gerade antworten, als Janus sie hochhob und direkt auf den Mund küsste. Das Mädchen erschrak zunächst, da sie das nicht erwartet hatte. Ihr wurde regelrecht schwindlig. Doch dann entspannte sie sich vollkommen. Ihr ganzes Bewusstsein war von Liebe erfüllt, deren Intensität sich ihrer Vorstellungskraft entzog. Noch nie hatte sie sich so glücklich, so frei von Schmerzen und Sorgen gefühlt. Sie gab sich ganz diesem Gefühl hin und ließ es durch ihren Körper strömen, von den Zehen bis in die Haarspitzen. Nie hätte Raven gedacht, dass sie überhaupt jemals so glücklich sein könnte. Sie wünschte sich von Herzen, dass dieser Moment für immer dauern könnte. Noch immer an seinen Lippen hängend streifte Raven ihren Umhang und Gürtel ab und schlüpfte aus ihren Stiefeln. Dann verlagerte sie ihr Gewicht so, dass sie zusammen mit Janus auf sein Bett fiel. Das Mädchen schmiegte sich so eng an ihn, wie sie nur konnte. Janus drückte sie an sich und streichelte sie zärtlich. Vor Ravens Augen begannen bunte Lichter zu flackern und sie spürte, wie sie langsam aus dieser Ebene des Bewusstseins verschwand. Sie versuchte, es zurückzuhalten, doch es war sinnlos. Die Lichter verschwanden und es wurde vollkommen dunkel um sie. Ein wohlig warme, kuschelige Dunkelheit. Als Raven wieder zu Bewusstsein kam, spürte sie zuerst, dass sie eng an etwas festes, aber dennoch weiches und warmes gekuschelt lag. Eine weiche Decke umhüllte sie und ihr Kopf lag auf einem Kissen. Sie lag in Janus’ Bett. Als sie ihre Augen öffnete, bemerkte sie, dass Janus neben ihr lag und sie im Arm hielt. Obwohl er fest schlief und die Deck verhinderte, dass ihre Körper sich direkt berührten, spürte das Mädchen deutlich, wie fest er sie hielt. Obwohl Janus keine Superkräfte im eigentlichen Sinne hatte, war er dennoch sehr kräftig gebaut und rein körperlich viel stärker als sie. Doch im Grunde hatte es Raven nicht eilig, sich von ihm zu lösen; im Gegenteil. Langsam erinnerte sie sich, was zuvor geschehen war. Sie hatten sich lang und leidenschaftlich geküsst. Zudem hatten sie sich gegenseitig ihre Gefühle übertagen. Raven hatte sich gefühlt wie in Trance und es war das schönste, was sie je gefühlt hatte: Sie hatte die Emotion Liebe als körperliche Empfindung gespürt. Zwar hatten Janus und sie nur miteinander gekuschelt, doch ihre empathische Verbindung hatte dieses Gefühl direkt in ihren Körper geleitet. Und dann? Vorsichtig schlüpfte Raven aus der Decke, die sie einhüllte, und versuchte, sich aus Janus’ Armen zu befreien, ohne ihn aufzuwecken. Als sie es geschafft hatte, stand sie auf. Sie sah, das Janus vollständig angezogen auf dem Bett lag. Sie selbst hatte ihre Schuhe ausgezogen und ihren Umhang und Gürtel abgelegt. Beim Blick auf die Uhr stellte sie fest, dass es bereits kurz nach 11 Uhr war. Sie hatte über vier Stunden geschlafen. Raven war klar, dass sie und Janus zusammen eingeschlafen sein mussten, aber sie konnte sich nicht daran erinnern, müde gewesen zu sein. Janus war die ganze Nacht über wach gewesen, aber sie hatte normal geschlafen. Konnte es sein, dass er nicht nur seine Liebe, sondern auch seine Müdigkeit in ihren Körper übertragen hatte? Als sie ihre Sachen aufgesammelt hatte, küsste sie Janus zum Abschied auf die Wange und verließ das Zimmer. Auf dem Weg kam sie an dem immer noch laufenden Computer vorbei. Zunächst dachte Raven, das ihre Augen ihr einen Streich spielten, als sie Fische im Bildschirm umherschwimmen sah, wie in einem Aquarium. Auf den zweiten Blick erkannte sie, dass es sich dabei um einen ziemlich realistischen Bildschirmschoner handelte. Raven hatte nicht viel Ahnung von Computern und ihr bescheidenes Wissen über Technik kam hauptsächlich davon, dass sie Cyborg ab und zu bei Reparaturen am T-Car oder auch an ihm selbst zur Hand ging. Derartige Dinge hatten sie jedoch nie besonders interessiert. Die Interessen des düsteren Mädchens lagen eher in Büchern und vor allem in den geheimnisvollen Winkeln ihrer eigenen Seele. Sie schaltete den Bildschirm ab (wie man auf einen Knopf drückt wusste sie natürlich) und machte sich auf den Weg in den Meditationsraum. Sie wollte die gerade gemachten Erfahrungen analysieren und wieder einmal versuchen, ihre Gefühle zu ordnen. Und außerdem wollte sie darüber nachdenken, was im Fall Nightshade weiter zu tun sei. Es vergingen einige Tage. Raven war kurz in den Titan Tower zurückgekehrt um ihre Freunde wie versprochen auf dem Laufenden zu halt, besonders Robin. Er war sichtlich erleichtert, als Raven ihm berichtete, dass von Janus und den Dark Creatures keine Gefahr ausging. Doch als sie ihm von Nightshade erzählte, war er mehr denn je besorgt. Er versprach jedoch, das die Titans in diesem Fall so gut es ging mit den Creatures zusammenarbeiten würden. Das sich Raven auf einen längeren Aufenthalt in Gotham City eingestellt hatte, nahm sie noch einige nötige Dinge aus ihrem Zimmer mit: Hauptsächlich Kleidung und Bücher. Während Raven im Bunker ihr Gästezimmer einrichtete, scherzte Arachnia darüber, dass sie vielleicht für immer dort bleiben sollt; allein schon wegen Janus. Das etwas zwischen Janus und ihr lief, wussten die Creatures inzwischen alle und tatsächlich dachte Raven oft darüber nach, für immer bei ihm zu bleiben. Scheinbar war sie damit auch nicht die einzige. Jinx war mittlerweile in Psykids früheres Zimmer eingezogen. Obwohl die junge Hexe nicht mehr so depressiv war wie zu Anfang, war sie den Creatures gegenüber sehr verschlossen und ließ sich wie Insomnia kaum blicken. Im Grunde verließ Insomnia ihr Zimmer sogar öfter. Eines Morgens, als Raven gerade frühstücken wollte, traf sie im Wohnzimmer auf Insomnia. Das unheimlich Mädchen saß neben den Sofa auf dem Boden. Sie hatte sich zu einer kleinen, schwarzen Kugel zusammengerollt und war im Schatten kaum zu sehen. Zuerst wollte Raven sie einfach in Ruhe lassen, doch dann entschied sie, dass es Insomnia sicher nicht helfen würde, wenn man sie zu ignorieren versuchte. „Guten Morgen.“ sagte Raven freundlich, doch sie bekam keine Antwort. Vorsichtig trat sie näher. „Hallo, schläfst du?“ fragte sie. Ohne auch nur den Kopf zu heben antwortete Insomnia: „Nein, ich schlafe nicht. Und ich habe keinen guten Morgen.“ „Die hat ja heute wieder ein Laune.“ dachte sie, doch sie erinnerte sich, dass das Mädchen allen Grund hatte, schlecht gelaunt zu sein. Eigentlich war sie ja selbst auch ein Morgenmuffel und Insomnia war heute für ihre Verhältnisse eher gut gelaunt. „Möchtest du vielleicht etwas essen?“ fragte Raven vorsichtig. Sie erinnerte sie noch gut daran, was für eine schreckliche Ausstrahlung Insomnia bekam, wenn sie wütend wurde. Und daher wollte sie es vermeiden. Doch anstatt Raven anzuschreien hob das verhüllte Mädchen den Kopf und sah sie mit zwei ebenso müden wie traurigen Augen an. „Ja, gerne.“ antwortete sie, sehr zu Ravens Überraschung. Insomnia aß wie immer nur wenig. Raven vermutete, dass die dunkle Energie aus ihren Gefühlen ihr genug Kraft zum Leben lieferten, wobei ihre Stimmung ihr gleichzeitig den Appetit verdarb. Zudem viel es ihr sichtbar schwer, mit dieser Maske vor ihrem Gesicht zu essen. Raven schaute sie sich an. Als Insomnia mit den anderen Dark Creatures im Tower zu besuch war, hatte sie sogar den Sichtkontakt zu ihr gemieden, da ihre Aura wirklich unerträglich gewesen war. Heute, wo sie scheinbar etwas besser gelaunt war, traute sich die junge Magierin auch, sie sich näher anzuschauen. Insomnia war ein mindestens ebenso bemitleidenswerter, wie furchterregender Anblick. Sie war ungefähr in ihrem alter, etwas größer als Raven, schlank und in einen hautengen Lederanzug gehüllt, der ihren Körper vollständig bedeckte. Darüber trug sie ein kurzes, schwarzes Kleid und auf den Schultern eine Art breiten Schal. Auch ihre Maske lag eng an, bis auf den Schleier, der die Mundpartie verdeckte, und umschloss auch ihren Hinterkopf vollständig. Dieses Kostüm hatte allerdings wohl auch schon bessere Tage gesehen, denn es war an vielen stellen zerrissen, grob genäht oder ausgefranst. Insomnia sah dadurch aus wie eine mehrfach geflickte, schwarze Puppe, die jemand weggeworfen hatte; und genau so fühlte sie sich wohl auch. Raven fragte sich, ob ihr Gesicht wirklich so schrecklich aussah, wie man sagte. Sicher waren Brandnarben kein schöner Anblick, doch sie konnte sich nicht vorstellen, dass dieses Mädchen derart entstellt war, das nicht einmal ihre Eltern sie noch lieben konnten oder wollten. Raven hatte nichts davon gesehen, als sie in ihrem Zimmer gewesen war; nur, dass Insomnia sehr kurze, hellblonde Haare hatte. Doch sie hatte auch nicht allzu sehr auf Insomnias Aussehen geachtet, da ihre Aura sie aus dem Zimmer getrieben hatte. Zwar hatte Raven selbst oft genug ihre Kräfte benutzt, um die anderen Titans daran zu hindern, ihr Zimmer zu betreten, doch so etwas hatte sie noch nie erlebt. Ja, sie hatte Angst vor Insomnia gehabt; jedoch nicht, weil sie sich davor gefürchtet hatte, dass sie verletzt werden könnte. Insomnias Aura hatte ihr buchstäblich Angst eingeflösst. „Es tut mir leid, dass ich dich so erschreckt habe.“ sprach Insomnia zu ihr. „Ich wollte dir nicht wehtun. Ich hatte einfach Angst.“ „Vor mir?“ fragte Raven. „Davor, dass du mir Gesicht siehst. Auch dass möchte ich dir nicht antun.“ Raven fühlte eine schwere, traurige Stimmung von Insomnia ausgehen. Tröstlich sprach sie zu dem finsteren Mädchen. „So schlimm kann dein Gesicht doch gar nicht aussehen. Ich habe schon in die Gesichter von Dämonen geblickt und habe keine Probleme damit, Dinge zu sehen, die nicht besonders hübsch aussehen. Außerdem kannst du ja auch nichts dafür, wie du aussiehst. Du hast dich bei einem Unfall verletzt und hast Narben davongetragen. Cyborg hat, oder vielmehr hatte das gleiche Problem. Er hat damals über die Hälfte seines Körpers verloren und wurde wegen seines Aussehens ebenfalls gemieden. Ich denke, alles, was du brauchst ist jemand, der dich und dein Aussehen akzeptiert. Ich jedenfalls würde gerne einmal dein Gesicht sehen. Und ich werde mich bestimmt nicht davor ekeln.“ Insomnia schwieg kurz und antwortete dann: „Du möchtest es wirklich sehen? Es tut mir sehr leid, aber ich kann es dir nicht zeigen. Ich habe kein Gesicht mehr…“ In diesem Moment betraten Blaze und Arachnia den Raum. „Da wir alle hier sind, können wir ja auch gleich anfangen.“ sagte Blaze. „Womit anfangen? Und außerdem fehlt Janus.“ meinte Raven darauf. „Er soll ja auch nicht dabei sein. Janus kriegt doch ’nen Schock wenn er hört, was wir vorhaben.“ antwortete Arachnia. Raven hatte ein düstere Vorahnung, was die Creatures planten. „Ihr wollt rausgehen und Nightshade suchen?!“ „Genau.“ antwortete Blaze. „Wir werden sie nicht nur suchen, sondern sie auch finden und ihr heimzahlen, was sie mit Tigeress gemacht hat!“ Die Stimme des sonst so ruhigen Jungen klang sehr wütend bei diesen Worten. „Aber ihr hättet keine Chance gegen sie!“ rief Raven. „Janus hat mir erzählt, was sie tut. Wollt ihr, dass sie euch genauso zurichtet wie Tigeress?“ „Das wird sie nicht schaffen.“ meinte Arachnia. „Wir zusammen können sie besiegen. Gegen Blaze’ Feuer, meine Magie, Insomnias Psikraft und deine Dämonenkräfte kann sie unmöglich gewinnen, egal wie stark sie ist.“ „Das mag ja sein, aber wie wollt ihr sie überhaupt finden?“ „Wir wissen bereits, wo wir sie finden. Genaugesagt, wir sind mit ihr zum Kampf verabredet.“ antwortete Arachnia. „Du wirst es nicht glauben, aber sieh hat mir eine Mail geschickt, in der sie mir gesagt hat, dass sie uns alle, auch dich, am Hafen erwartet.“ „Das ist eine Falle und tappt auch noch freiwillig rein!“ rief Raven. „Nightshade wird durch Kämpfe stärker. Eure Kräfte mögen stark sein, aber ihr werdet sie nicht besiegen können, weil ihre Kraft euch während des Kampfes über den Kopf wachsen wird. Schmerzen schwächen sie nicht und sie nimmt weder auf andere, noch auf sich selbst Rücksicht. Das wird ein Kampf, den ihr nicht gewinnen könnt!“ Nun erhob Insomnia sich. „Unser Entschluss steht fest.“ sprach das maskierte Mädchen. „Wenn du uns nicht helfen willst, dann steh’ uns wenigstens nicht im Weg. Aber ich muss sagen, ich bin enttäuscht, dass die einzige von uns, die sich zurecht als Heldin bezeichnen kann, sich vor einem Kampf drückt.“ Dann ging sie zu ihren Teamkameraden hinüber. „Ihr macht einen großen Fehler!“ rief Raven ihnen zu, als Blaze und Insomnia Arachnia an den Händen fassten. Ein helles Licht flammte auf und die drei waren verschwunden. Raven konnte es nicht fassen, was gerade passiert war. Als sie sich von dem Schreck erholt hatte, stürmte sie sofort aus dem Raum. „Ich muss Janus davon erzählen.“ dachte sie auf dem Weg zu seinem Zimmer. Arachnia, Blaze und Insomnia waren gerade im Hafen von Gotham City angekommen. Sie standen auf einem Platz, der auf drei Seiten von verfallen wirkenden Lagerhallen und auf der vierten vom Meer begrenzt wurde. Selbst bei Tag war das keine sehr einladende Gegend. „Ich hoffe, wir sind am richtigen Ort gelandet.“ meinte Blaze zu Arachnia. „Hey, ich hab’ heute zum ersten mal drei Leute auf einmal teleportiert! Deine Flammen haben ja auch nicht gleich beim ersten Mal funktioniert.“ antwortete sie darauf. „Nur keine Sorge: Ihr seid am richtigen Ort!“ rief ihnen jemand zu. Die drei sahen sich um und sahen ein Mädchen aus dem Tor eines der Gebäude heraustreten: Schwarzer Anzug, lange, schwarze Haare und kalte, eisblaue Augen. Keiner von ihnen zweifelte daran, dass dieses Mädchen Nightshade war. „Eigentlich hab’ ich dich mir größer vorgestellt!“ rief Arachnia ihr zu. „Size doesn’t mater.“ antwortete Nightshade ruhig. “Wer von euch möchte denn anfangen?” Blaze wollte sich gerade melden, doch Insomnia kam ihm zuvor. „Ich spüre, dass Schmerz die Quelle deiner Kraft ist.“ sprach das verhüllte Mädchen zu ihr. „Bei mir ist es genauso. Über die letzten Jahre hat sich viel Schmerz in mir aufgestaut und wartet nur darauf, hervorzubrechen. Und gleich wirst du ihn zu spüren bekommen.“ „Wir mögen ähnliche Kräfte haben, aber wir sind nicht ebenbürtig. Ich verspreche dir, dass du gleich noch viel mehr Schmerzen erfahren wirst, die in Form von Blut und Tränen aus dir hervorbrechen werden.“ antwortet Nightshade spöttisch. Dann verschwand sie plötzlich. Noch eher die Creatures es richtig realisiert hatten, tauchte sie direkt vor Insomnia auf und rammt ihr das Knie in den Bauch. Ihre Gegnerin wankte und Nightshade nutzte die Chance sofort, sie mit einem Tritt gegen den Kopf zu Boden zu schicken. „Das war unfair!“ rief Arachnia. „Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt. Und wir lieben uns sicher nicht.“ antwortete Nightshade. Obwohl sie gerade zwei Volltreffe eingesteckt hatte, richtete sich Insomnia wieder auf und schien nicht einmal geschwächt zu sein. „Ich leide in jeder Sekunde meines Lebens Höllenqualen. Glaubst du vielleicht, dass mir da deine Tritte noch etwas ausmachen.“ sprach sie und warf ihren Schal ab. Darunter kam ihr Pariumhalsband zum Vorschein. „Gleich wirst auch du wissen, wie es ist, in der Hölle zu sein!“ rief sie und öffnete das Halsband. Mit einem Schrei, der von unbeschreiblichen Schmerzen zeugte, sank das Mädchen auf die Knie und tiefschwarze Flammen begannen ihren Körper zu umlodern. „Was passiert mit ihr!?“ rief Blaze erschrocken. „Das ist Insomnias Aura. Ihre Seele brennt förmlich. Die Flammen sind pure, zu dunkler Energie gewordene Schmerzen.“ antwortete Arachnia, nicht weniger entsetzt. „Ich dachte immer, sie könnte nur Gedanken und Gefühle beeinflussen. Woher kommt diese Kraft?“ „Die dunkle Energie wird von ihren Gefühlen erzeugt, genauer gesagt von ihren Schmerzen. Wenn sie so geladen ist wie jetzt, dann nimmt nicht nur ihre Aura eine physische Gestallt an; auch die finsteren Gedanken, die in ihrem Kopf herumschwirren, werden aufgeladen und dadurch real!“ erklärte Arachnia ihm. „Jetzt verstehe ich auch, warum sie das Halsband trägt. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, was für Schrecken ihrem Verstand entspringen würden.“ meinte Blaze, sichtbar besorgt. „Ich hoffe, sie kriegt sich nach dem Kampf wieder ein.“ „Jetzt wird’s interessant.“ sagte Nightshade, als Insomnia schwarz glühend auf sie zustürmte. Der Aufprall von Insomnias energiegeladener Faust auf ihren Unterarm kam einer Explosion gleich. Wäre Nightshade nicht selbst von einer solchen Aura geschützt gewesen, hätte dieser Treffer ihren Arm mindestes gebrochen. Obwohl sie den Schlag abgewehrt hatte, wankte die junge Kämpferin unter der Wucht des Treffers. Insomnia setzte nach. Wie besessen schlug sie auf Nightshade ein, die alle Mühe hatte, die Angriffe abzuwehren. Nightshade war in der Defensive und Insomnia griff immer wieder mit einer Wut an, die sich in Jahren voller Schmerz und Kummer in ihr aufgestaut hatte. Ohne einen einzigen Gedanken entlud sie all ihren Zorn auf ihre Gegnerin. Zuerst sah es so aus, als ob Nightshade keine Chance gegen sie hätte, doch dann wendete sich das Blatt. Die schwarzen Flammen wurden kleiner und Insomnias Attacken schwächer. Dennoch griff Nightshade nicht an, sonder wehrte weiterhin die Schläge ab und sah zu, wie dem maskierten Mädchen langsam die Kraft schwand. Schließlich erloschen die Flammen. Insomnia atmete schwer, doch sie griff weiter an, bis sie vollkommen erschöpft war. Nightshade lächelte zufrieden und versetzte Insomnia einen Faustschlag ins Gesicht, der sie von den Füßen riss. „Du hast wirklich eine menge Kraft in dir; oder vielmehr, hattest.“ sagte sie und schaute auf das erschöpft am Boden liegende Mädchen herab. „Dein Seelenschmerz ist eine starke Energiequelle, doch wahre Macht erlangt man nicht, indem man einsteckt. Meine Kraft kommt von einem viel stärkeren Gefühl: Hass.“ „Aber… ich spüre, dass… du darunter leidest.“ antwortete Insomnia, die vergeblich versuchte, sich aufzurichten. „Ja, auch ich muss leiden, um stark zu sein, aber dass ist nun mal der Preis der Macht. Ich wäre gerne auf andere Weise stark geworden, aber ich hatte keine andere Möglichkeit. Die dunkle Energie, die Kraft der Dämonen, kann nicht von einem Menschen verwendet werden, dessen Herz frei von Schmerzen ist. Vielleicht bin ich einsam, vielleicht bin ich böse und grausam, vielleicht kann ich weder Liebe, noch Freude, noch Zufriedenheit spüren, doch ich brauche diese Kraft, um zu überleben. Das Leben ist ein ewiger Kampf: Sieger und Verlierer, Starke und Schwächlinge; Jäger und Beute. Ich hatte die Wahl, zu welchen ich gehören wollte. Und ich weiß, dass ich mich richtig entschieden habe.“ „Du hast… dich falsch entschieden. Du bist nicht stark,… du… bist nur eine… traurige, gequälte Seele.“ sprach Insomnia, während sie sich mühsam wieder auf die Beine stellte. „Du hast… dich selbst… verdammt. Du… bist… schwach.“ Nightshades Gesicht verzerrte sich zu einer bestialischen Maske, als sie wutentbrand auf Insomnia zurannte. Sie versetze dem Mädchen seine Schlag der sie mehrere Meter zurückschleuderte. „Ich bin schwach!?!“ schrie sie. „Wer von uns liegt denn am Boden!?!“ Sie ging zu ihrer Gegnerin und packte sie an der Kehle. „Du hast keine Ahnung, was Stärke ist! Du hast ja sogar Angst vor dir selbst! Wenn du das wahre Potenzial der dunklen Kraft nutzen würdest, müsstest du jetzt nicht einmal nur auf deinen schwachen Körper verlassen. Du kannst dich kaum noch auf den Beinen halten, obwohl du Zugriff auf unendliche Energiereserven haben könntest. Siehst du, was für Kräfte mein Zorn und mein Hass auf dich mir verleihen?! Konzentrier’ dich auf diese Gefühle und wir beide werden hier und heute den Kampf unseres Lebens austragen!“ Insomnia hob den Kopf. Ihre traurigen, braunen Augen blickten ihre Gegnerin direkt an. „Nein,“ antwortete sie ruhig, „ich kann dich nicht hassen. Ich hasse höchstens mich selbst und mein Leben, aber niemand anderen. Außerdem werde ich heute gewinnen; so oder so. Für dich, Sheila, empfinde ich Mitleid.“ Nightshade antwortete mit einer Reihe von Tritten in ihre Rippen und ihren Bauch. „Niemand darf mich so nennen!!!“ schrie sie, ohne mit dem treten aufzuhören. „Das Mädchen, von dem du sprichst, ist tot! ICH habe sie getötet, weil sie zu schwach zum Leben war!!!“ Sie packte Insomnia an ihrer Maske und zog sie hoch. „Ich bin noch nicht fertig mit dir! Wenn du mich jetzt nicht hassen kannst, dann muss ich dir wohl einen Grund dafür geben.“ sprach sie und riss ihr mit einem Ruck die Maske herunter. Sofort wich Insomnia von ihr zurück, verbarg ihr Gesicht in ihren Händen und fing an zu weinen. „Was hast du getan!“ schrie sie verzweifelt. „Wie kannst du mir das antun!?!“ Nightshade lächelte grausam und antwortete: „Damit du wieder einen Energieschub kriegst und wir weiterkämpfen können. Aber wenn ich dich mir so ansehe: Es war wohl nicht gerade eine meiner besten Ideen, DAS zu enthüllen.“ fügte in spöttischem Ton hinzu. „Aber jetzt hör’ auf zu heulen und kämpf weiter, du missratenes Ding!“ Insomnia zitterte. Trauer, Wut, Scham und Selbsthass verbanden sich in ihr und erfüllten ihren geschwächten Körper mit neuer Kraft. Doch ihr Schmerz war stärker den je. Kein Schlag, keine Beleidigung, kein Feuer der Welt hätten ihr derartige Schmerzen bereiten können. Ihr Verstand setzte aus, als die explosive Mischung von Gefühlen ihr Bewusstsein komplett ausfüllte. Unfähig auch nur einen klaren Gedanken zu fassen nahm sie die Hände von ihrem Gesicht und stand auf. Sie kannte nur noch ein Ziel: Nightshade noch schlimmere Schmerzen zuzufügen. Nachwort zu Kapitel 4: Na, hat ja ganz schön lange gedauert. Ich hatte nicht viel Zeit zum schreiben, weshalb dieses Kapitel leider etwas auf sich warten lassen musste. Ganz ehrliche Entschuldigung an alle meine Leser. Doch es gibt auch eine gute Nachricht: Eigentlich sollte das 4. ja das letzte Kapitel werden, aber bei der Nachbearbeitung ist mir aufgefallen, dass es lang genug für zwei Kapitel wäre. Also hab' ich es nochmal geteilt und ihr könnt euch auf ein 5. Kapitel freuen, für dass ich mich auch besonder ins Zeug legen will. Dann werdet ihr auch erfahren, wie der Kampf gegen Nightshade ausgeht, ob aus Raven x Janus noch was wird und vor allem, welches schreckliche Geheimnis sich unter Insomnias Maske verbirgt. Leider muss ich gestehen, dass ich Kämpfe nicht so gut darstellen kann wie Gefühle, also bitte ich besonders in diesem Bereich um Tipps und konstruktive Kritik. Euer Rokuro Diesmal lass' ich den Scherz mit dem Hund.^^ P.S. Liebe Freischalter (und evtl. auch Leser^^): Ich habe mir besonders viel Mühe gegeben, dass man die Szene in Janus' Zimmer NICHT als Hentai missverstehen kann. Ja, Raven und Janus lieben sich, aber im Bett beschränken sie sich auf harmloses Kuscheln. Kapitel 5: Kapitel 5: Das Ende einer Feindschaft ------------------------------------------------ Kapitel 5: Das Ende einer Feindschaft Arachnia und Blaze war wie gelähmt vor entsetzen. Sie hatten den Kampf in Erwartung eines klaren Sieges für ihre Freundin passiv verfolgt und obwohl sie wussten, zu welchen Gräueltaten Nightshade fähig war; darauf waren sie nicht vorbereitet. Insomnia fürchtete nichts mehr, als einen Blick in ihr Gesicht. Ihr die Maske zu nehmen war für sie, als hätte man ihr das Herz herausgerissen. Diese Stück Leder verbarg den Grund für ihre Qualen vor den Augen der Welt und schützte sie vor deren grausamer Reaktion. Ohne diesen Schutz konnte Insomnia nicht leben. Und dennoch stand sie; aufrecht und bereit zum Kampf. Insomnias Gesicht war im Grunde das eines normalen Mädchens, doch dichtes, rotes Narbengewebe verzerrte ihre Züge stellenweise. Der rechte Hälfte ihres Gesichts war fast vollständig vernarbt, während die linke größtenteils unbeschadet geblieben schien. Man konnte durchaus noch erkennen, wie schön sie einst gewesen war, und selbst jetzt sah ihr Gesicht bei weitem nicht so schlimm aus, wie Blaze und Arachnia es erwartet hatten. „Wegen dieser Narben konnte ihre eigene Mutter sie nicht mehr lieben?“ fragte sich Arachnia in Gedanken. „Das ist doch total übertrieben und unfair!“ „Ich weiß nur zu gut, was Feuer anrichten kann. Sie ist noch relativ gut weggekommen.“ dachte Blaze. Insomnias Blicke waren fest auf Nightshade gerichtet. Ihr ganzer Körper bebte vor Zorn als sich ihr schwarzes Seelenfeuer, noch stärker als zuvor, wieder entzündete. Mit einem Zornesschrei und einer Geschwindigkeit, die sie ihr nicht zugetraut hätte, rannte Insomnia auf Nightshade zu und rammte ihr ihre energiegeladene Faust in den Bauch. Der Treffer warf sie zurück und noch bevor sie sich wieder aufrichten konnte, war Insomnia über ihr und schlug wieder zu. Nightshade konnte gerade noch rechzeitig zur Seite rollen, um dem Schlag zu entgehen. Insomnias Faust traf den Betonboden und hinterließ einen kleinen Krater. Sofort nachdem sie wieder auf den Beinen war, führte Nightshade einen Tritt in die Kniekehle ihrer Gegnerin, doch diese wankte nicht einmal. Insomnia zielte mit einem Schwinger auf Nightshades Kopf. Diese duckte sich und Insomnias schwarz glühende Hand riss eine Kerbe in die Wand des Lagerhauses hinter ihr. Es war äußerst schwierig für Nightshade, diesen Angriffen auszuweichen. Zwar schlug Insomnia mehr oder weniger planlos um sich, aber sie war zu schnell und zu unberechenbar, als dass man ihr lange auf herkömmliche Weise ausweichen konnte. Sie sprang aus geduckter Haltung nach oben und versetzte Insomnia dabei einen Kinnhaken. Zwar gelang es Nightshade damit nicht, sie zu Boden zu schicken, aber sie verschaffte sich wenigstens etwas Luft. Die junge Kämpferin überlegte, ob sie ihre Zeitdehnung einsetzen sollte. Dadurch wäre der Kampf weniger spannend und wesentlich schneller vorbei, aber der Sieg wäre ihr sicher. Insomnias nächster Schlag nahm ihr die Entscheidung ab. Er traf sie genau ins Gesicht und schleuderte sie gegen die Wand. Nightshade schlug hart mit dem Hinterkopf auf, doch sie fühlte sich, als sei sie vorne ebenfalls mit einer Betonwand kollidiert. Während Insomnia Faust voran auf sie zustürmte, aktivierte sie ihr mächtigste Technik. Die Welt um Nightshade wurde dunkler, die Farben verschwammen und alles schien sich in Zeitlupe zu bewegen; außer sie selbst. Sie wartete, bis Insomnia kurz vor ihr war. Dann machte sie einen Schritt zur Seite, lief hinter sie und deaktivierte die Zeitdehnung. Aus Insomnias Sicht war es, als sei ihre Gegnerin plötzlich verschwunden. Sie prallte gegen die Mauer und durchbrach sie glatt. Doch trotz des Schutzes, den ihre dunkle Aura ihr gewährte, tat dieser Zusammenstoß wirklich weh. Nightshade lächelte schadenfroh. Auf diesen Trick war bisher noch jeder hereingefallen. „Daneben!“ rief sie. Mühsam kroch Insomnia aus den Trümmern. Zwar brannte die Flamme noch, doch sie war deutlich geschrumpft und auch ihr Körper war geschwächt. Lange konnte sie nicht mehr durchhalten und auch Nightshade wusste das. „Komm’ schon, hier bin ich!“ rief Nightshade ihr spöttisch zu. Sie war sich sicher, das Insomnia nicht noch einmal in den Kampf zurückfinden würde. Selbst wenn ihre Wut sie noch weiter mit Energie versorgte, würde ihr Körper das nicht mehr lange aushalten. Auch Insomnia wusste das. Nicht zuletzt aufgrund ihrer Verbrennungen war ihr Körper nicht mehr so leistungsfähig wie früher. Und auch wenn man von den bleibenden Schäden absah, hatte der ständige Mangel an Nahrung und Bewegung dafür gesorgt, dass Insomnias Körper in ziemlich schlechtem Zustand war. Ihre Kraft konzentrierend sprang sie los, holte aus… und verfehlte. Nightshade hatte eben noch leicht rechts von ihr gestanden, doch nun spürte sie einen Schlag von links in ihre Rippen. Insomnia fiel zu Boden und das schwarze Feuer erlosch wieder. Völlig entkräftet, aber noch bei Bewusstsein, blieb sie liegen. „Schade, dass es schon vorbei ist.“ sagte Nightshade. „Aber vielleicht halten deine Freunde ja etwas länger durch.“ Plötzlich stand Insomnia wieder auf und versucht, noch einmal zuzuschlagen. Nightshade war überrascht, aber nicht hilflos: Sie drehte sich herum, wich dem Schlag aus und packte Insomnia von hinten am Kopf. „Du hast mir einen guten Kampf geliefert.“ sprach sie. „Doch wie heißt es so schön: Alles hat ein Ende.“ Mit diesen Worten riss sie Insomnias Kopf mit einem Ruck zur Seite und drückte ihn aus der Bewegung heraus hart auf den Boden. Das Mädchen blieb reglos liegen. Nur ein paar Tränen rannen noch über ihrer Wange. Arachnia und Blaze konnten nicht glauben, was sie gerade gesehen hatten. Tränen standen in Arachnias Augen als sie Nightshade anschrie: „Warum hast du das getan!?! Du hast gesagt, dass das ein fairer Kampf werden soll, aber du hast sie umgebracht! Warum!?!“ Nightshade blieb ungerührt. Nur ein kaltes Lächeln war auf ihren Lippen zu sehen als sie antwortete: „Unter Kriegern gibt es ein Sprichwort: Frage nicht, ‚Warum den Feind töten?’, frage lieber ‚Warum nicht’! Außerdem: Sieh’s positiv. Sie wird nie mehr Schmerzen haben.“ „Du Monster!“ schrie Arachnia, als sie auf Nightshade zustürmte. Doch Blaze hatte sich in die Luft erhoben und erreichte sie vor seiner Kameradin. Ein etwa einen Meter langer, blauer Flammenstrahl entzündete sich in seiner Hand und er schlug damit wie mit einem Schwert nach Nightshade. Per Zeitdehnung wich sie mühelos aus, packte ihn von hinten und schleuderte ihn gegen die Wand. Als sie gerade nachsetzen wollte spürte Nightshade einen brennenden Schmerz im Rücken. Langsam drehte sie sich um und sah Arachnia hinter sich stehen. Von den krallenförmigen Fingernägeln tropfte Blut: Ihr Blut. „Meinen Glückwunsch.“ sagte sie gelassen, während Arachnia sie mit einer Mischung aus Wut und Entsetzen anstarrte. „Nicht viele schaffen es, mich zu verletzen. Zwar hast du mich hinterrücks angegriffen, aber immerhin. Eine gute Leistung für jemanden wie dich.“ Zwar waren Arachnias Krallen zu kurz, um durch die Lederplatten an Nightshades Anzug und dann auch noch allzu tief in ihr Fleisch zu schneiden, aber dennoch war das Mädchen überrascht, dass es ihrer Gegnerin scheinbar überhaupt nichts ausmachte; und noch mehr, dass sie überhaupt zu so etwas fähig war. Arachnia war im Grunde ein friedliches Mädchen, dass zwar gerne groben Unfug anstellte, aber niemanden verletzen wollte. Ihre körperlichen Fähigkeiten waren allesamt so gefährlich, dass sie sie eigentlich nie einsetzen wollte. Und nun hatte sie ihrer Gegnerin den Rücken zerkratzt. Was Arachnia jedoch am meisten erschreckte war, dass es ihr nicht einmal Leid tat. Im Gegenteil: Sie spürte den Wunsch danach, ihr noch viel Schlimmeres anzutun. „Warum zögerst du?“ fragte Nightshade sie. „Ich bin zwar verletzt, aber ich stehe noch. Der Kampf kann also weitergehen.“ Arachnia starrte sie weiter an. „Verdammt noch mal! Wieso greifst du nicht an!?“ schrie Nightshade sie an. Arachnia, aus deren Augen immer noch Tränen rannen, antwortete mit zitternder Stimme: „Du hast grundlos meine Freundin umgebracht. Ich wollte nie jemandem wehtun. Aber jetzt will ein Teil von mir DICH tot sehen!“ „Dieser Teil zeigt dir den richtigen Weg: Den Weg zu wahrer Macht. Der Respekt vor dem Leben und die Angst vor dem Tod sind zwei der größten Hürden, die ein Kämpfer überwinden muss. Hör auf die dunkle Seite deines Herzen, den sie hat recht. Komm schon! Du willst mich töten? Versuch’s doch!“ Arachnia konnte sich nicht mehr beherrschen. Sie sprang auf Nightshade zu und schlug nach ihr doch diese wich ihr mit Leichtigkeit aus, selbst ohne Zeitdehnung. „Du musst schon etwas besser zielen, wenn du mein Blut vergießen willst!“ rief sie ihr spöttisch zu. Da schnitt ein blauer Flammenstrahl knapp zwischen ihnen hindurch und trennte sie. „Arachnia, geh da weg!“ rief Blaze ihr zu. Er schwebte etwa sechs Meter über dem Boden. Arachnia wich zurück und Blaze schleuderte zwei Feuerbälle auf Nightshade. Die beiden Geschosse explodierten an der Stelle, an der Nightshade stand und für einen Moment sah es so aus, als würden die blauen Flammen sie einhüllen. Doch als sich die Flammen auflösten, war sie verschwunden. „Wo versteckst du dich?!“ rief Arachnia. Blaze sah sich um, doch nicht einmal aus der Luft konnte er etwas entdecken. Er konnte sie nicht verbrannt haben; dafür war das Feuer zu schwach gewesen. Außerdem wäre dann zumindest noch Asche von ihr übrig. Auf einmal spürte der weißhaarige Feuermagier einen heftigen Schmerz im Rücken. Nightshade war vom Dach der Lagerhalle gesprungen und hatte ihn mit einem Sprungkick genau ins Kreuz getroffen. Die Wucht des Aufpralls riss ihn aus der Luft. Als Blaze auf dem Boden aufschlug, packte Nightshade ihn, hob ihn hoch und warf ihn in Richtung Meer. Er schlug mit dem Kopf auf der Kante der Kaimauer auf und fiel ins Hafenbecken. „Feigling.“ sagte Nightshade verächtlich. „Er dachte wohl, in der Luft wäre er sicher. Ist nicht wirklich schade um ihn.“ Dann wandte sie sich wieder Arachnia zu und sprach: „Jetzt sind nur noch wir beide übrig. Wenn du mir beweist, dass du es wert bist, lasse ich dich vielleicht am Leben.“ „Hast du denn überhaupt kein Herz!?!“ fragte Arachnia unter Tränen. „Oh, sicher habe ich ein Herz.“ antwortete Nightshade. „Es sitzt unter meiner linken Brust und pumpt Blut durch meine Adern.“ „Du weißt genau, was ich mein!“ rief Arachnia wütend. „Wie kann jemand, der noch so jung ist, so grausam sein? Fühlst du denn gar nichts?!“ „Natürlich habe ich auch Gefühle, doch manche sind nutzlos für mich. Mitleid, Freude, Liebe; so etwas behindert einen Kämpfer nur. Es sind allein die dunklen Gefühle, die einen stark machen. Spürst du nicht, welche Macht dir der Hass auf mich verleiht? Du hast genug Potenzial, um eine große Kämpferin zu werden. Alles, was du tun musst, um es einzusetzen, ist, all die nutzlosen Gefühle über Bord zu werfen und dich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Dann hätten dein Leben und deine Kräfte auch einen Sinn und ich hätte endlich einen Gegner, an dem ich mich immer wieder messen kann.“ „Nein!“ rief Arachnia. „Ich wollte diese Kräfte nie haben und es ist mein Ziel, sie wieder loszuwerden! Ich will und werde nie so sein wie du!“ „Wirklich traurig, solch ein Talent zu verschwenden. Ich dachte, du wärst klüger als deine Freunde, aber ich habe mich wohl geirrt.“ sprach Nightshade zu ihr. „Jedenfalls kann ich nicht dulden, dass ein Wesen mit schwachem Geist über einen so starken Körper verfügt. Wenn du nicht aus den Fehlern der anderen lernen willst, dann wirst du ihr Schicksal teilen!“ Nur einen Sekundenbruchteil später spürte Arachnia Nightshades Faust auf ihrer linken Wange. Sie stürze und fürchtete im ersten Moment, dass der Schlag ihr Gesicht zertrümmert hätte. Aus ihrem Mund rann Blut, doch ihre Zähne schienen noch alle an ihrem Platz zu sein. Das Mädchen kam gerade noch rechtzeitig zu Sinnen, um einem weiteren Schlag kommen zu sehen, der diesmal auf ihren Brustkorb zielte. Sie rollte zur Seite, stand schnell auf und sah dabei, wie Nightshade ihren rechten Arm bis zum Ellenbogen in den Betonboden trieb. Arachnia nutzte die Gelegenheit und versetzte ihrer Gegnerin eine Faustschlag in den Magen; was diese allerdings nicht einmal zu spüren schien. Nightshade riss ihren Arm in einer Wolke aus Staub und Betonsplittern aus dem Boden und schwang ihn aus der Bewegung heraus gegen Arachnias rechte Schläfe. Das Mädchen fühlte sich, als sei sie von einem Vorschlaghammer getroffen worden. Sie taumelte, verlor das Gleichgewicht und stürzte erneut zu Boden. Nightshade ging auf sie zu, packte sie am Kragen und stellte sie wieder auf die Füße. „Du willst doch wohl nicht schon schlapp machen, oder?“ fragte sie spöttisch. Arachnia sah, das die Achseln ihrer Gegnerin ungeschützt waren und schlug beiderseits ihre Krallen hinein. Nightshade schrie auf und ließ sie los, doch sie wirkte eher überrascht als ernsthaft verletzt. Arachnia wollte Nightshade nun ihrerseits an der Kehle packen, doch diese riss rechtzeitig die Arme hoch und fing Arachnias Hände mit ihren eigenen ab. Die beiden hielten sich gegenseitig fest. Arachnia grub ihre Krallen in Nightshades Handrücken, doch auch das schien ihr nichts auszumachen. Als letzte Option öffnete die junge Hexe den Mund und zischte ihre Gegnerin scharf an. Nightshade ahnte, was gleich passieren würden. Sie aktivierte die Zeitdehnung, ließ los und bewegte sich ein paar Schritte zur Seite. Ohne den Gegenhalt fiel Arachnia der Länge nach hin und schlug hart mit dem Kinn auf. Bunte Lichter flackerten vor ihren Augen als sie wieder aufstand und sie konnte kaum noch das Gleichgewicht halten. Sie spuckte die Säure, welche für Nightshade bestimmt gewesen war, aus und befühlte ihr Kinn. Es war aufgeschürft und blutete. „Wenn du mich damit erwischt hättest, hätte dein Gift mir glatt die Augen weggebrannt.“ merkte Nightshade an. Sofort darauf musste sie wieder ausweichen, den aus Arachnias Handfläche schoss ein weiterer Säurestrahl auf sie zu. „Wow, du wirst ja langsam richtig skrupellos!“ rief sie provozierend. „Wenn es sein muss, dann werde ich dich töten!“ schrie Arachnia. „Wenn dir das Leben so egal ist, dann kann ich dich ja auch erblinden lassen oder vergiften! Wenn’s sein muss zerreiß’ ich dich auch mit bloßen Händen!“ Mit diesen Worten stürmte sie vor und schlug nach Nightshade. Arachnias Krallen schnitten mehrmals durch ihren Anzug und in ihre Haut, doch Nightshade schien sich keine große Mühe beim Ausweichen und Blocken zu geben. Trotz des langen Kämpfens und der vielen Wunden war die junge Kämpferin nicht einmal ansatzweise Geschwächt. „Du kannst mein Fleisch verletzen, aber mein Wille ist unbesiegbar.“ sprach Nightshade. „Stell dir nur mal vor, wie mächtig du sein könntest, wenn du lernst, die dunkle Energie zu nutzen. Deine Krallen könnten mit einer kleinen Bewegung Stahl durchtrennen, Wunden würden dir nichts mehr ausmachen und deine magischen Kräfte wären nahezu göttlich! Wie kannst du nur solche Möglichkeiten ignorieren?“ „Ganz einfach: Weil ich mein Herz nicht verlieren will! Auch wenn mein Körper noch so scheußlich mutiert ist, meine Herz wird immer das eines Menschen sein!“ antwortete Arachnia. „Menschen sind unvollkommen! Sie sind schwach in Körper und Geist! Ich habe gelernt, dass nur die Starken überleben. Also musste ich meine Menschlichkeit ablegen und zu einem höheren Wesen werden. Ich habe die Macht eines Dämons; was interessiert mich da noch das Herz?“ Bei diesen Worten hörte Arachnia auf, anzugreifen. Mit Tränen in den Augen blickte sie auf Nightshade: Ihre Kleidung zerfetzt, ihre Haut übersät mit blutenden Kratzwunden, die sie ihr zugefügt hatte; und in den Augen ein Funkeln dass ihr nur allzu bekannt vorkam. „Insomnia hatte recht:“ sprach sie. „Du bist eine gequälte Seele. Sieh dich doch an: Du bist verletzt, aber du zwingst deinen geschundenen Körper dazu, weiterzukämpfen. Merkst du denn nicht, dass du Schmerzen mit Stärke verwechselst?“ „Ich mache mir nichts aus Schmerzen. Blut schwächt mich nicht, im Gegenteil: Es turnt mich an!“ antwortete Nightshade energisch. „Sicher habe ich Schmerzen, aber ich ignoriere sie ganz einfach. Und durch meinen Willen und die dunkle Kraft überwinde ich meine körperlichen Grenzen. Ich leide, aber das ist ein geringer Preis für solche Macht. Ich bin übermenschlich und solche Probleme wie Schmerzen sind unter meinem Niveau!“ „Auch wenn du deine Schmerzen verdrängst, sind sie doch trotzdem immer noch da. Verstehst du das denn nicht? Du quälst dich selbst. Außerdem erkenne ich die Wahrheit in deinen Augen: Du hast genau den gleichen Blick wie Insomnia. Unter dieser Hülle aus Dunkelheit ist ein trauriges, kleines Mädchen gefangen, dass sich nach Geborgenheit sehnt. Ich will nicht mehr kämpfen. Nicht die Kraft macht den Helden aus, sondern das Herz. Es ist nicht wichtig, zu gewinnen, sondern für das richtige zu kämpfen. Und ein hilfloses, trauriges Mädchen zu schlagen kann nicht richtig sein.“ „Du also auch.“ antwortete Nightshade erstaunlich gelassen. „Warst du schon immer so weich oder musste Janus dich erst verderben? Aber egal: Wenn du auch nicht stärker werden willst, dann habe ich keinen Grund, dich zu verschonen!“ Mit diesen Worten verschwand sie und das nächste, was Arachnia merkte, war ein Tritt gegen ihren Kopf, der sie Gegen die Wand schleuderte, die durch Insomnia bereits ein Loch hatte. Sie schlug direkt neben dem Loch auf und noch bevor sie von der Wand abprallen konnte, traf Nightshades Faust sie an der gleichen Stelle noch mal. Die Wucht des Treffers drückte Arachnia durch die Wand. Ein Teil des Daches stürzte ein und begrub das Mädchen unter sich. Als sich der Staub legte, schritt Nightshade aus den Trümmern heraus. Sie klopfte sich den Staub von ihrem Anzug und sah sich um: Das Lagerhaus sah aus, als hätte ein großer Ungeheuer ein Stück davon herausgebissen. Zahlreiche Risse und Krater in den übrigen Wänden und dem Boden und vor allem Insomnias regloser Körper zeigten deutlich, wie heftig dieser Kampf gewesen war. Doch der Blick der jungen Kriegerin war so leer, wie ihr Herz. Sie freute sich nicht über ihren Sieg, sie war nicht wütend oder besorgt über ihre Wunden und sie hatte keinerlei Mitgefühl für ihre Gegner. „Schade nur, dass ich wieder keinen würdigen Gegner gefunden habe.“ dachte sie. Sheila war ein sehr starkes, aber auch sanftes und verträumtes Mädchen gewesen. Sie hatte um der sportlichen Herausforderung willen gekämpft und sich sogar gefreut, wenn sie nach einem anstrengenden Kampf verloren hatte. Damals hatte es ihr noch Spaß gemacht, ihre Kräfte mit andern zu messen und ihre eigenen Grenzen zu testen. Doch für Nightshade war das ganze Leben ein einziger Kampf. Wenn sie nicht gerade kämpfte, dann suchte sie nach einem Gegner, der ihrer würdig war. Um Sport ging es ihr schon lange nicht mehr, denn in waren Kämpfen ging es ums Überleben. Sie hatte schon oft mit Gegnern zu tun gehabt, die sie ohne jede Gefühlsregung getötet hätten. Eine Niederlage hätte ihren Tod bedeutet. Deshalb verlor Nightshade niemals. Dank der dunklen Energie kannte ihre Kraft werde Maße noch Grenzen: Sie war unbesiegbar, doch gleichzeitig konnten die Kämpfe ihr auch nichts mehr bieten. Selbst wenn sie nur mit einem Bruchteil ihrer Kraft kämpfte, selbst wenn sie mit ihrem Gegner spielte und das Ende des Kampfes hinauszögerte, sogar wenn sie den Gegner einige Treffer landen ließ; das Ende war immer das selbe. Die Kämpfe waren langweilig geworden, doch sie blieben ihr einziger Lebensinhalt. Das Mädchen namens Sheila war aus der Angst heraus stark geworden. Sie wollte unbesiegbar werden, weil sie fürchtete, sonst verletzt oder sogar getötet zu werden. Sie hatte sogar ihre eigene Seele geopfert um dieses Ziel zu erreichen. Sheila hörte auf zu existieren und Nightshade trat an ihre Stelle. Sheila war innerlich gestorben, weil sie sich so sehr vor dem Tod gefürchtet hatte. Für Nightshade gab es keine Furcht und keinen Tod; nur den Kampf. Und so fristete sie ihr Dasein damit, nach jemandem zu suchen, der genauso war wie sie oder der es zumindest werden könnte. Wehmütig sah sie auf Insomnia herab: Dieses Mädchen, dass über die dunkle Energie gebieten konnte, aber ihr wahres Potenzial nicht nutzen wollte. Am liebsten hätte sie dieses feige Ding gleich noch mal verprügelt. Wie konnte jemand, der körperlich und psychisch so stark war gleichzeitig so schwach im Geist sein? Beinahe hätte sie den Gegner gefunden, nach dem sie sich sehnte. „Vielleicht finde ich niemals jemanden, der mir ebenbürtig ist.“ dachte sie. „Aber ich kann, will und werden nicht aufhören, zu suchen. Nightshade gibt nicht auf!“ Sie wollte das Schlachtfeld gerade verlassen, als sie etwas spürte: Zwei seltsame Auren näherten sich. Die eine war Nightshade vertrauter, als es ihr lieb war. Diese unerträgliche Ausstrahlung, vergleichsweise schwach, aber durchdringen und warm, konnte nur einem Menschen gehören: Janus Angel. Der Junge, den ihr schwächeres Ich „Bruder“ genannt hatte. Doch die andere Aura war absolut außergewöhnlich: Unglaublich stark und nachtschwarz wie ihre eigene, jedoch nicht wild, sondern eher wie eine mühsam gebändigte Bestie. Wer immer es war, dem diese Aura gehörte: Es würde ihr nächster Gegner sein. Als Janus den Hof durch die Tür eines der Lagerhäuser betrat, war Nightshade das erste was er sah. Sie stand triumphieren mit einem Fuß auf Insomnias Körper und blickte ihn mit einem arroganten, eiskalten Gesichtsausdruck direkt an. „Wie üblich zu spät.“ merkte sie in verächtlichem Ton an. „Wenn du schon keine Kräfte zur schnellen Fortbewegung entwickeln kannst, solltest du dir doch wenigstens ein Fahrzeug zulegen. Schade; jetzt hast du meinen Sieg verpasst.“ „Sie haben dir nie etwas getan.“ sagte Janus, wobei er seine Wut und Trauer kaum unterdrücken konnte. „Sie waren keine Gefahr für dich! Du hättest das nicht tun müssen! Warum!?!“ Nightshade lächelte und ging langsam auf ihn zu. „Ganz einfach:“, antwortete sie, „Weil ich es kann. Sie waren stark, aber keiner von ihnen hatte den willen, sich weiterzuentwickeln. Sie haben praktisch aufgegeben und deshalb ist ihr Leben wertlos. Warum trauerst du um diese Schwächlinge? Sie sind es nicht wert und es ist auch nicht schade um sie.“ „Tigeress, Arachnia, Blaze und Insomnia sind Menschen! Verstehst du das denn nicht?! Sie sind meine Freunde und nichts und niemand kann sie ersetzen! Wie kann dir das Leben denn so egal sein, kleine Schwester?“ „Ich bin nicht mehr deine Schwester!“ antwortete sie wütend. „Und klein bin ich auch nicht mehr! Aber in einem Punkt hast du Recht: Sie waren Menschen. Nur Menschen! Sie hätten die Möglichkeit gehabt, ihre Kräfte noch zu verstärken und wie ich zu höheren Wesen zu werden. Aber sie wollten sich nicht Entwickeln! Sie wollten lieber schwach bleiben! Und gerade deshalb konnte ich nicht dulden, dass sie weiterexistieren. Es ist wie in der Natur: Nur die Starken überleben und wer sich nicht weiterentwickeln kann, wird ausgelöscht.“ „Auch du hast in einem Punkt Recht: Du bist nicht mehr das unschuldige Mädchen, das du früher warst. Sheila Angel hätte nie so gedacht. Es wird Zeit, sie zurückzuholen!“ Mit diesen Worten lief er auf Nightshade zu und versuchte, sie zu packen. Sie wich ihm mit Leichtigkeit aus. „Kaum zu glauben, das etwas so jämmerliches vom gleichen Blut ist wie ich.“ meinte sie. „Glaubst du wirklich, dass du mich besiegen kannst, wo du doch nicht einmal einen anständigen Kampfzauber beherrschst?“ „Ich will dich nicht besiegen.“ antwortete Janus. „Ich will dich heilen.“ Wieder griff er an, doch Nightshade verschwand einfach, kurz bevor er sie zu fassen bekam, und tauchte hinter ihm wieder auf. „Heil’ dich erst mal von deiner eigenen Schwäche, bevor du mich herausforderst. Wenn ich nicht spüren würde, dass ein sehr mächtiges Wesen hier in der Nähe ist, würde ich nicht eine Sekunde länger hier bleiben und meine Zeit damit verschwenden, mit dir zu reden.“ „Du bist nicht so stark, wie du denkst. Was du für Stärke hältst, ist nichts weiter als ein Virus, der deine Seele zerfrisst und dir alle guten Gefühle nimmt. Du glaubst vielleicht, dass du die dunkle Energie beherrschst, doch in Wahrheit beherrscht sie dich. Sie zwingt dich dazu, all diese schlimmen Dinge zu tun. Bitte, lass mich dich davon befreien!“ „Ich bin frei!“ rief sie. „Bevor ich diese Macht entdeckt habe, war ich von dir abhängig! Und genau das ist es doch, was du eigentlich willst: Jemand, der sich seiner Fähigkeiten nicht bewusst ist und daher glaubt, dass er auf dich angewiesen wäre! Du willst einen Helden spielen; einen starke Beschützer, obwohl du nur ein jämmerlicher Schwächling bist. Das allein ist doch der Grund, warum du diese dummen Kinder um dich scharst: Damit du sie glauben machen kannst, sie seien schwach und bräuchten dich. Du willst dich aufspielen und deine eigene Schwäche verbergen, indem du dich mit Leuten umgibst, die viel stärker sind als du, aber glauben, schwächer zu ein! Und natürlich tust du alles dafür, dass sie ja ihr wahres Potenzial nicht entfalten können, so wie ich es getan habe! Du hast damals versagt, als du Sheila beschützen wolltest und du hast heute dabei versagt, deine naiven “Schüler“ zu beschützen. Du wirst immer ein Versager und ein Schandfleck auf dem Name Angel bleiben und ich werde nicht meine Macht und meine Freiheit aufgeben, nur weil du neidisch darauf bist!“ „Das, was du Abhängigkeit nennst, ist Liebe.“ antwortete Janus ruhig. „Ich jedenfalls brauche keine übermenschlichen Kräfte und keinen ewigen Kampf, damit mein Leben lebenswert ist. Alles, was ich dazu brauche, sind Liebe und Freundschaft: Etwas, dass dir dank deiner sogenannten Macht verwehrt bleibt. Sag mir Sheila; lohnt sich so ein Leben wirklich für dich? Ohne Frieden, ohne Freunde und ohne Liebe?“ „Frieden ist ein Zeugnis von Schwäche und Feigheit; von mangelndem Kampfeswillen! Freundschaft bedeutet, von anderen abhängig zu sein und Liebe ist nutzlos, weil sie mir keine Energie liefert! Wozu sollte ich mich danach sehnen?! Ich brauche nichts weiter als meine Kraft und einen Gegner, an dem ich mich messen kann: Das ist mein einzig wahres Leben und ich will kein anderes!“ „Das ist kein Leben, Sheila. Du atmest und dein Herz schlägt, aber du lebst nicht wirklich; du existierst nur. Du bist wie eine Maschine: Du magst stark im Kampf sein, aber das ist alles, was du kannst. Du kämpfst nicht, weil du es willst, sondern weil du keinen anderen Grund für deine Existenz hast. Du wirst von einem simplen Programm gesteuert, mit dem Ziel, immer mehr Macht anzusammeln und nie etwas zu tun, was dich “schwächen“ würde. Deine Macht beherrscht dich und du hältst das für freien Willen. Doch letzten Endes führt dein Tun zu nichts. Macht es dich zufrieden? Macht es dich glücklich? Nein! Es geht nur ewig so weiter! Bitte, lass mich dir dein Leben zurückgeben.“ Obwohl sich Nightshade bemühte, völlig unbeeindruckt zu wirken, konnte sie ihren Ärger über diese schwachsinnige Predigt nicht vollkommen verbergen. „Es reicht jetzt!“ schrie sie Janus an. „Wer immer sich in diesem Lagerhaus versteckt, sollte besser rauskommen und sich mir stellen, bevor ich reinkomme und ihn hohle! Und dir rate ich, ja nicht zwischen uns zu geraten!“ Nightshade hatte kaum zuende gesprochen als ein zierlich wirkendes Wesen den Platz betrat. Unter dem dunkelblauen Kapuzenumhang konnte Nightshade nichts von dem Körper darunter sehen, doch die Aura des Neuankömmlings sprach Bände. „Diese Kraft.“ dachte sie. „Sie muss mindestens so stark sein wie ich. Kein Mensch kann so viel Energie in sich habe. Es scheint fast, als besteh dieses Wesen aus dunkler Energie. Könnte es sein, dass… Nein! Unmöglich!“ „Du hast genug Unheil angerichtet, Nightshade.“ sprach das verhüllte Wesen mit einer ruhigen, melancholisch klingenden Mädchenstimme. „Ich werde dafür sorgen, dass du nie wieder jemandem schaden kannst.“ „Raven, du musst das nicht tun.“ sagte Janus. „Ich möchte nicht, dass du dein Leben riskierst.“ „Doch, ich muss.“ antwortete sie und nahm die Kapuze ab. „Sie hat das Gesetz gebrochen und ist eine Gefahr für unschuldige Menschen. Ich kann und werde sie nicht entkommen lassen.“ „Gut, aber versuch’ bitte, sie nicht zu verletzen. Halte sie nur lange genug an einer stelle. Den Rest erledige ich.“ antwortete Janus darauf. „Wenn das funktioniert, wird Sheila bald wieder sie selbst sein.“ „In deinem Zustand dürftest du kaum noch in der Lage sein, lange Wiederstand zu leisten. Du bist verletzt, Nightshade. Bist du dir sicher, dass du so gegen mich antreten willst?“ fragte Raven ihre Gegnerin. „Wegen der paar Kratzer?“ meinte sie darauf. Aus Ravens Sicht klang es völlig untertrieben. Einige der “Kratzer“ bluteten noch. Zwar würde sie daran wohl kaum verbluten, aber Raven konnte sich nicht vorstellen, dass Nightshade durch die Schmerzen nicht zumindest gestört wurde. Andererseits sah sie immer noch Kampfbereit aus. „Bitte, wenn euch das bisschen Blut stört.“ sprach Nightshade und begann, ihre Energie zu konzentrieren. Sofort begannen ihre Wunden zu heilen und wenige Augenblicke später war nicht einmal mehr eine Narbe zu sehen. Nur die Risse in ihrer Kleidung zeugten noch von dem Kampf, den sie sich zuvor mit Arachnia geliefert hatte. Raven und Janus starten sie einen Moment lang erstaunt und verunsichert an. Dann eröffnete Nightshade den Kampf. Sie verschwand einfach. Kurz darauf spürte Raven etwas hartes mit Wucht gegen ihre Rippen prallen. Nightshade hatte ihr von den Seite einen Sprungkick versetzt. Die junge Magierin wurde zu Boden geworfen, stand aber sofort wieder auf. Nightshade wollte nachsetzen, doch Janus versuchte, sie von hinten zu packen. Sie verschwand wieder und Janus griff ins Leere. „Findet ihr nicht, dass zwei gegen einen unfair ist?“ ertönte Nightshades Stimme. „So wie ihr euch anstellt braucht ihr wohl noch Verstärkung.“ Mit diesen Worten tauchte sie ein paar Meter vor Raven wieder auf und rannte auf sie zu. Janus wollte sie abfangen, doch sie stieß ihn einfach beiseite. Raven sah Nightshades Faust auf ihr Gesicht zukommen und wehrte sie mit einem schwarzen Energiefeld ab. Obwohl der Schild den Großteil der Aufschlagswucht abfing, wankte Raven unter diesem Treffer. Und obwohl Nightshade nicht viel größer als Raven war, steckte eine unglaubliche Kraft ihn ihrem Körper. Ein Hagel schneller Faustschläge und Tritte ging auf Raven nieder und es war nur eine Frage der Zeit, bis Nightshade eine Lücke in ihrer Verteidigung finden würde. Normalerweise hätte nichts ihr Energieschild durchbrechen können, doch Nightshades Angriffe wurden von dunkler Energie verstärkt. Raven wusste, dass ihre Gegnerin die größeren Reserven hatte und sie sich nicht die ganze Zeit nur verteidigen durfte. Raven erhob sich in die Luft und schwebte zum Dach eines der Gebäude. Doch Nightshade folgte ihr mit einem gewaltigen Sprung. Entlang der Küste reihten sich Lagerhäuser und Plätze wie der, auf dem die Creatures gegen Nightshade gekämpft hatten. Die Kontrahentinnen setzten ihren Kampf nun über den Dächern der Hafengebäude fort und entfernten sich dabei immer weiter von ihrem Ausgangspunkt. Janus versuchte, ihnen zu Fuß zu folgen. Dies war so eine Situation, in der er sich wünschte, fliegen zu können. „Es wurde noch nie ein Kampf nur durch Verteidigung gewonnen. Zeig’ mir doch mal, was du wirklich drauf hast!“ rief Nightshade Raven herausfordernd zu. „Wie du willst.“ antwortete Raven ruhig und noch bevor ihre Gegnerin etwas bemerkte, flog eine Holzkiste, umhüllt von einem schwarzen Energiefeld, auf sie zu. Die Kiste traf Nightshade von der Seite mit solcher wucht, dass vom Dach und auf einen der offenen Plätze fiel. Wütend, aber unverletzt, stand sie wieder auf. „Telekinese. Ist das deine einzige Angriffstechnik?“ fragte sie. „Normalerweise brauche ich nichts anderes, um zu gewinnen.“ antwortete Raven und landete ebenfalls auf dem Platz. Nightshade zertrümmerte die Kisten mit einem (für ihre Verhältnisse) leicht Schlag und rief: „Ich verabscheue den Fernkampf! Das ist was für Feiglinge! Mit Kisten werfen kann jeder. Aber was hältst du davon!“ Sie aktivierte ihre zeitverzerrende Aura und verschwand. Nur einen Sekundenbruchteil später versetzte sie Raven einen harten Tritt in den Bauch. Die junge Magierin fiel zu Boden und krümmte sich vor Schmerzen. „So kämpfen echte Helden!“ rief Nightshade. Doch der Triumph währte nur kurz, den Janus hatte sie von hinten gepackt, wobei er ihr die Arme auf dem Rücken hielt. Augenblicklich spürte Nightshade, wie die Aura des Jungen in sie einzudringen versuchte, und wehrte sich heftig. „Fernkampf ist nicht halb so feige, wie unsichtbar zu werden.“ sprach Janus. Während sich Raven gerade mühsam wieder aufrichtete, gelang es Nightshade, Janus’ Griff zu brechen und ihn über die Schulter vor ihre Füße zu werfen. „Gerade jemand, der von hinten angreift, will mir erzählen, was feige ist?! Und außerdem: Ich werde nicht unsichtbar! Ich bin einfach nur zu schnell, als dass so ein Lahmarsch wie du mich sehen könnte! Wenn meine Kräfte so weiter wachsen, wir irgendwann selbst Flash mir gegenüber eine lahme Schnecke sein!“ „Stärker als Superman, schneller als Flash und dabei so hübsch wie Black Canary: Das wolltest du doch früher schon werden, Schwesterchen.“ meinte Janus, der noch immer vor ihr auf dem Boden lag. Nightshade antwortete mit einer Reihe wütender Tritte. Janus machte es jedoch nicht viel aus, denn er wusste, dass mit jeder Sekunde, die er sie ablenken konnte, Raven sich wieder etwas mehr erholen konnte. Tatsächlich sah es für die junge Magierin jedoch nicht gut aus. Nightshades Kick musste einen empfindlichen Punkt getroffen haben, denn Raven hatte enorme Schmerzen. Tränen rannen aus ihren Augen und ihre Willenskraft reichte gerade so aus, um sie auf den Beinen zu halten. „Du meine Güte. Scheinbar bist du wirklich so zerbrechlich, wie du aussiehst.“ meinte Nightshade abschätzig zu Raven. „Weißt du; als ich noch auf deiner Entwicklungsstufe war, konnten mich Schmerzen noch schwächen. Aber ich habe aus diesem Schwachpunkt eine Stärke gemacht: Schmerzen sind Gefühle und lassen sich daher in Energie umwandeln. Ich glaube, du könntest das auch. Versuch’s mal!“ „Damit ich so werde wie du?! Niemals!!“ schrie Raven ihre Gegnerin an. „Wenn mein Energielevel zu hoch wird, übernimmt meine dunkle Seite die Kontrolle über mich. Und glaube mir; das willst du nicht!“ „Na und ob ich das will!“ antwortete Nightshade. „Siehst du nicht, wie stark mich meine dunkle Seite gemacht hat. Du könntest genauso stark wie ich werden!“ „Aber zu welchem Preis!? Ich will meine Seele nicht verlieren. Und außerdem ist meine dunkle Seite viel gefährlicher als es deine je sein könnte. Ich bin ein Halbdämon, Nightshade. Ich bin die Tochter des Erzdämonen Trigon, des Achten Teufels! Du kannst dir nicht vorstellen, was ich für eine Gefahr in mir trage. Denn auch wenn du sehr stark bist, so bist du doch auch nur ein Mensch.“ Raven hatte kaum zuende gesprochen, als Nightshades Faust ihr Gesicht traf. „Ich bin weit mehr als ein Mensch!“ schrie die Kämpferin sie an. „Ich habe mich über die Grenzen der Menschlichkeit hinweggesetzt! Schon als du dieses Schlachtfeld betreten hast, spürte ich, dass auch du ein Übermensch bist; und weit mehr als nur ein Mensch mit besonderen Kräften! Du weist, wie sich die Macht anfühlt, von der ich träume. Du trägst das Geheimnis zur Allmächtigkeit in dir! Erwecke den Dämon und zeig’ mir deine Macht!“ Raven lag mit tränenüberströmtem Gesicht auf dem Boden. Blut rann aus ihrem Mundwinkel und sie atmete schwer. „Nein. Ich werde… meine menschliche Seele… nicht aufgeben. Auch wenn ich zur Hälfte den Körper eines Dämons habe,… so ist mein Herz doch… menschlich. Und gerade in der Menschlichkeit… liegt das Geheimnis… meiner Kraft. Die Macht des Guten ist etwas,… dass du… schon längst… vergessen… hast;… weil sich die Dunkelheit… in dir… davor scheut.“ „Verdammt noch mal! Es geht hier um dein Leben! Entweder du erweckst deine wahre Macht hier und jetzt oder du wirst das Schicksal der anderen Schwächlinge teilen! Deine Seele oder dein Leben: Entscheide dich!“ „Ich behalte meine Seele;“ antwortete Raven ruhig, „und mein Leben.“ „Du willst es nicht anders!“ schrie Nightshade. „Dann grüß’ deinen Alten von mir!“ Mit diesen Worten aktivierte sie ihre Aura und rannte auf Raven zu, um ihr den entscheidenden Schlag zu versetzen. Doch dann geschah etwas, womit Nightshade nicht gerechnet hatte: Mit einem schmerzerfüllten Schrei bäumte sich Raven noch einmal auf. Ihre schwarze Aura weitete sich explosionsartig aus und Nightshade prallte gegen eine Wand aus purer, dunkler Energie, die sie mit gewaltiger Wucht wegdrückte. Der jungen Kämpferin wurde schwarz vor Augen. Das letzte, was sie spürte, war, wie sie mit dem Rücken gegen die Wand eines der Hafengebäude prallte. Dann nichts mehr: Nur noch endlose Stille und Dunkelheit. Völlig entkräftet sank Raven in die Knie. Ihr ganzer Körper schmerzte furchtbar, doch es hatte sich gelohnt. Die Halbdämonin hatte getan, was Nightshade ihr empfohlen hatte: Sie hatte ihre Schmerzen und ihre überschäumenden Gefühle in Energie umgewandelt. Doch anstatt sich damit selbst zu stärken, hatte Raven die gesamte Energie sofort wieder ausgestoßen; so wie sie es bei Insomnia beobachtet hatte, als diese sie aus ihrem Zimmer vertrieben hatte. Es war riskant gewesen, doch der Angriff hatte gesessen. Sie sah Nightshade bewegungslos neben der Lagerhalle liegen. Janus stand gerade noch rechtzeitig auf, um Raven aufzufangen, als sie zusammenbrach. Erst hatte er noch mit der Entscheidung gerungen, ob er nun ihr oder seiner Schwester zuerst helfen sollte, doch Raven nahm ihm die Entscheidung ab. „Ist alles in Ordnung? Raven, bitte sprich mit mir!“ rief er und schüttelte sie sacht. Raven öffnete die Augen und schaute ihn mit trübem Blick an. „Janus… Ich… so müde…“ flüstere sie. Sie wollte ihren Geliebten umarmen, doch dazu fehlte ihr die Kraft. Janus spürte ihren Wunsch und nahm sie von sich aus in die Arme, wobei er die wohlige Wärme seiner Aura in Ravens geschwächten Körper leitete. Die junge Halbdämonin saugte seine Liebe auf und stärkte sich daran. Als sie sich genug aufgeladen hatte, löste sich Raven von ihm. Beim Aufstehen bemerkte sie jedoch, dass sie alles andere als fit war und Janus musste sie stützen. Zusammen gingen sie zu Nightshade hinüber, die immer noch bewegungslos dalag. Janus fühlte ihren Puls und legte sein Ohr an ihre Brust. Doch er hörte und fühlte nichts; weder Herzschlag, noch Atem. Mit traurigem Blick kniete er sich neben das Mädchen und streichelte liebevoll ihre Wange. „Janus. Das wollte ich nicht.“ sprach Raven leise zu ihm, wobei sich ihre Augen wieder mit Tränen füllten. „Es tut mir so leid.“ „Ist schon gut, Raven. Du musst dir keine Vorwürfe machen.“ antwortete Janus und lege ihr einen Arm um die Schultern. „Du hast getan, was nötig war. Ich hatte schon befürchtet, dass es irgendwann dazu kommen würde.“ „Aber ich wollte Sheila doch helfen; nicht sie töten.“ schluchzte Raven leise. „Mach dir deshalb keine Sorgen.“ sprach Janus beruhigend zu ihr. „Sie ist nicht tot.“ „Was? Aber… wie...?“ stotterte sie verwundert. „Das, was du hier siehst, ist der Grund, warum Zeitmanipulation so gefährlich ist.“ erklärte Janus ihr. „Nightshades Zeitdehnung war aktiviert, als du sie getroffen hast. Sie verlor das Bewusstsein und kann daher den Lauf der Zeit innerhalb ihrer Aura nicht mehr steuern. Sie ist in einem zeitlosen Raum gefangen und ihr Körper scheint leblos. Aber wenn du dich darauf konzentrierst, dann kannst du ihre Seele noch spüren. So erkennst du, dass sie noch lebt.“ Raven konzentrierte sich und nun nahmen ihre Sinne, die noch von dem Kampf irritiert waren, deutlich Nightshades Aura wahr. Sie war so dunkel wie eh und je, aber nicht mehr aufgeschäumt und wild, sondern vollkommen ruhig: Es war, als würde sie einen traumlosen Schlaf schlafen. Doch nun bemerkte Raven noch eine andere Aura in der Nähe: Eine, die ihr bekannt vorkam. „Ich spüre es auch.“ sagte Janus und lief zur Kaimauer. Er schaute nach unten ins Wasser, stieg eine Leiter hinab und erschien kurz darauf wieder; klatschnass und mit Blaze über der Schulter. Raven wusste, wie kräftig Janus war, doch die Leichtigkeit, mit der er Blaze tragen konnte, ließ sie darauf schließen, dass der Feuermagier für seine Größe ziemlich leicht sein musste. Spätestens als Janus ihn neben sich ablegte, bemerkte Raven, dass der Junge bewusstlos war. Sicherheitshalber überprüfte Janus seinen Körper auf Lebenszeichen. „Er hat wirklich großes Glück gehabt.“ sagte Janus zu Raven, die, immer noch etwas wackelig auf den Beine, auf ihn und Blaze zuging. „Er ist mit dem Gesicht nach oben im Wasser getrieben: Andersherum wäre er ertrunken.“ „Aber dass er nicht untergegangen ist, war wohl mehr als nur Glück.“ meinte Raven. „Blaze hat mir nie etwas über die Funktionsweise oder die Herkunft seiner Kräfte erzählt; und ich habe dazu auch nicht seine Gedanken durchstöbert. Aber bei jemandem, der leicht genug ist um zu schweben, wundert es mich nicht großartig, dass er auch auf Wasser schwimmt.“ erklärte Janus ihr. „Die Beschaffenheit seiner Aura sagt mir, dass er praktisch eins mit dem blauen Feuer ist. Ob es wohl daran liegt?“ überlegte Raven. „Wie auch immer.“ meinte Janus darauf. „Wenn er den Kampf überlebt hat, besteht für die anderen auch noch Hoffnung. Wir sollten uns beeilen!“ Schmerzen. Furchtbare Schmerzen: Das war alles, was Arachnia spürte, als sie erwachte. Als ihre Sinne nach und nach zurückkehrten, merkte sie auch, dass es dunkel um sie herum war und dass sie sich kaum bewegen konnte. Es fühlte sich ähnlich an, als würde sie unter der Decke ihres Bettes liegen: Mit dem Unterschied, dass das, worunter sie lag, nicht weich, sondern steinhart und sehr schwer war. Ihr fiel ein, dass Nightshade sie durch die Mauer gedrückt hatte; und nun lag sie unter den Trümmern. Mit ihrem linken Arm, den sie noch einigermaßen bewegen konnte, drückte Arachnia ein paar der Trümmer weg. Nach einer kurzen Weile hatte sie ihren Kopf und Oberkörper freigelegt und machte sich daran, ihre Beine zu befreien. Dabei bemerkte sie, dass sich ihr rechtes Bein – abgesehen von den Schmerzen – völlig taub anfühlte und sie es nicht mehr richtig bewegen konnte. Das Mädchen sah sich um: Der Kampf mit Nightshade hatte den vorher so ordentlichen Platz in ein Schlachtfeld verwandelt. Ihr Blick fiel dabei auf Insomnia. Ungeachtet ihre Schmerzen richtete sich Arachnia auf, um ihre Freundin zu erreichen, aber schon beim ersten Schritt knickte ihr verletztes Bein ein. Also kroch sie auf ihren unversehrt gebliebenen drei Gliedmaßen auf Insomnia zu. Vorsichtig drehte sie den reglosen Körper auf den Rücken. Als sie – zum ersten mal direkt – in das Gesicht ihrer Freundin sah, fing sie an, zu weinen. „So sollte das doch nicht enden!“ schluchze sie. „Bitte, lass’ mich nicht allein! Bitte …!“ Schier wahnsinnig vor Trauer warf sich Arachnia auf Insomnias Körper und vergrub ihr Gesicht in den Armen. Sie konnte nicht glauben, das nur sie allein den Kampf überlebt hatte; dass zwei ihrer Freunde für ihren Leichtsinn mit dem Leben bezahlt hatten, aber sie selbst dennoch am Leben war. Ein Teil von ihr wünschte sich, dass sie anstelle von Insomnia und Blaze gestorben wäre und ein anderer sehnte sich danach, ihnen zu folgen und im Jenseits vielleicht wieder mit ihnen zusammen zu sein. Die Creatures waren die einzigen Freunde, die Arachnia je gehabt hatte; und nun hatte sie zwei von ihnen verloren. Von ihrem Schmerz und ihrer Traurigkeit abgelenkt bemerkte Arachnia nicht, wie Insomnia langsam die Augen öffnete. „A… rachina? Was… was ist… passiert?“ sprach sie zu ihrer Freundin. Sie stöhnte dabei, als würde ihr selbst das Sprechen Schmerzen bereiten. Als Arachnia ihren Kopf hob und Insomnia wach und lebendig sah, traute sie zuerst ihren Augen nicht. „Warum… weinst du denn?“ fragte Insomnia leicht verwirrt. Doch anstatt zu antworten, fiel ihr das Mädchen um den Hals und drückte sie fest an sich. „Insomnia! Ich dachte schon, ich hätte dich für immer verloren!“ rief sie, immer noch weinend. „Aua! Bitte… lass’ los! Du… tust… mir weh!“ rief Insomnia und versuchte, sich aus der festen Umarmung ihrer Freundin zu befreien. Abgesehen davon, dass sie es nicht gewohnt war, so geknuddelt zu werden, tat es ihr auch wirklich weh. Zum Glück ließ Arachnia sofort los. „Entschuldige bitte. Aber ich bin so glücklich, dass du noch lebst! Wie ist das möglich? Ich hab’ doch gesehen, wie Nightshade dir das Genick gebrochen hat!“ „Nicht gebrochen, aber zumindest verrenkt“ antwortete Insomnia und faste sich an den Nacken. „Aber ich glaube, wenn Nightshade es wirklich gewollt hätte, dann hätte sie mich töten können. Schade eigentlich…“ „Schade!?!“ rief Arachnia entsetzt. „Jetzt sag bloß nicht, du wolltest sterben!?!“ „Der Tod wäre eine Erlösung für mich gewesen: Die Erlösung von meinen Schmerzen. Ich sehne mich jede Sekunde meines Lebens danach, in Frieden ruhen zu können.“ „Du glaubst wirklich, dass du für deinen Frieden sterben musst!?“ „Ich weiß keinen anderen Weg. Durch meine Aura, die mich schütz und gleichzeitig quält, kann ich auch nicht darauf hoffen, einen normalen Tod zu sterben.“ antwortete Insomnia traurig. „Aber warum sorgst du dich darum? Hast du dich nicht selbst auch nach meinem Tod gesehnt?“ In Arachnias Schmerz und gleichzeitige Freude, begann sich Wut zu mischen. „Ich wollte nie, das irgendjemand stirbt! Und du schon gar nicht!“ schrie sie. „Ich habe mir gewünscht, dass du nicht mehr leiden musst, aber so hab’ ich das doch nicht gemeint!“ Aus Arachnias Wut wurde wieder Traurigkeit. Schluchzend und mit tränenüberströmten Gesicht sprach sie: „Du bist doch meine Freundin! Ich brauche dich; ebenso sehr wie ich Tigeress, Blaze und Janus brauche. Du würdest mir sehr fehlen.“ Insomnia schaute sie ungläubig an. „ICH würde dir fehlen? Was habe ich denn je für dich getan, dass du mich deswegen vermissen würdest? Alles, was ich tue, ist, allen um mich herum Sorge, Trauer und Schmerzen zu bereiten. Wäre es nicht besser für alle, wenn ich fort wäre?“ „Nein, wäre es nicht!“ schrie Arachnia sie an. „Wenn es so wäre, dann sollten wir alle nicht existieren! Glaubst du vielleicht, Janus hätte dich bei sich aufgenommen, wenn er glauben würde, dass du eigentlich gar nicht leben dürftest?! Wir alle sind Sorgenkinder und Janus kümmert sich aus nur einem Grund um uns: Damit wir und der Rest der Welt mit unseren Problemen und Eigenarten leben können. DAS ist das beste für alle!“ „Du glaubst also,… es gibt noch Hoffnung? Auch für mich?“ „Ich weiß es. Solange du lebst, besteht immer Hoffnung.“ „Aber wie soll diese Hoffnung für jemanden wie mich aussehen? Ich kann meine Kräfte nicht für gute Zwecke einsetzen und ich werde auch nie mehr so schön sein wie früher!“ Mit diesen Worten fing auch Insomnia an zu weinen. Arachnia jedoch lächelte sie freundlich an uns streichelte tröstlich ihre Schulter. „Und wenn ich mir dich so ansehe: Dein Gesicht ist nicht annähernd so hässlich, wie du denkst.“ Als sie das hörte, starrte Insomnia ihre Freundin erst verwundert, dann entsetzt an. Erst jetzt bemerkte sie, dass sie ihre Maske nicht mehr aufhatte. Obwohl sie sehr schwach war, drehte sie sich um und verbarg ihr Gesicht. „Meine Maske!“ rief sie verzweifelt. „Wo ist meine Maske?!“ Arachnia schaute sich um und sah die Maske ganz in der Nähe auf dem Boden liegen. Sie musste sich nur etwas strecken, um sie aufzuheben. „Hier! Ich hab’ sie. Aber ich glaube kaum, dass du die noch aufsetzen kannst.“ Eine der Nähte war aufgegangen, als Nightshade ihr die Maske vom Kopf gerissen hatte. „Abgesehen davon brauchst du das Teil doch gar nicht!“ „Gib her!“ fauchte Insomnia sie an und nahm ihr die Maske schneller aus der Hand, als sie schauen konnte. Zwar bemühte sie sich, die Maske aufzusetzen, aber sie wollte nicht mehr richtig sitzen, sodass zumindest ihre linke (die weniger verletzte) Gesichtshälfte frei blieb. Arachnia seufzte und legte erneut ihre Hand auf Insomnias Schulter. „Hey, du hast es doch nicht nötig, dich zu verstecken! An deinem Gesicht ist wirklich nichts schlimmes.“ sprach sie tröstlich. „Willst du mal was wirklich ekliges sehen?“ Zögerlich schaute Insomnia ihre Freundin an und sah, wie sie ihre Maske abnahm. Im Gegensatz zu ihrer eigenen hatte Arachnias Maske die Form einer Brille oder Karnevalsmaske mit einem Spinnenmotiv darauf. Ihr Gesicht sah ganz normal aus; bis auf zwei kleine, schwarze Halbkugeln auf der Mitte ihrer Stirn, leicht oberhalb ihrer Augen. „Was sind das für… Dinger?“ fragte Insomnia vorsichtig. „Augen.“ antwortete Arachnia knapp. „Ein zusätzliches Paar Spinnenaugen. Das ist eine meiner unschönen Mutationen und ein Grund, warum ich meine “Superkräfte“ loswerden will.“ Sie klang ziemlich ernst dabei, wie man es eigentlich nicht von ihr gewohnt war. „Glaub mir’: Ich weiß nur zu gut, wie du dich fühlst. Wenn man zum Teil eine Spinne ist, hat man auch nicht gerade viele Freunde. Vor mir ekeln sich die Menschen wegen meiner Mutationen, aber ich glaube, bei dir ist es eher deine Aura. Apropos: Die war auch schon mal schlimmer.“ Allein schon, dass Arachnia sie so einfach berühren konnte, wunderte Insomnia sehr. Doch dann, als sie einen Moment lang in sich hinein fühlte, begriff sie es: Ihre Schmerzen waren verschwunden. Zwar tat ihr gesamter Körper so weh, dass sie nicht einmal aufstehen konnte, aber zum ersten Mal seit Jahren fühlte Insomnia keine inneren Schmerzen mehr. Das dunkle Feuer in ihrer Seele war erloschen. Dieses Gefühl war ihr völlig fremd geworden. Anstelle des Seelenschmerzes fühlte sie eine seltsame Leere in sich. Seltsam, aber nicht unangenehm. „Meine Seele… Sie brennt nicht mehr. Keine Schmerzen… Aber… wie…?“ stotterte sie leise. „Ist doch jetzt egal!“ rief Arachnia aufmunternd. „Aber das ist es, was ich gemeint hab’: Jetzt hast du eine Gelegenheit, etwas gutes aus deinem Leben zu machen!“ „Etwas… gutes?“ Insomnia nahm ihre Freundin schon gar nicht mehr richtig wahr. Ihre ganze Aufmerksamkeit galt der Leere. Keine Schmerzen: Dieses Gefühl war ihr so fremd geworden. Und doch fühlte es sich seltsam vertraut an. „Ja,“ flüsterte sie, während Tränen über ihr Gesicht rannen. Sie lag auf dem Rücken und atmete tief. „Es ist gut… Keine Schmerzen mehr… Es tut so…“ Mit diesen Worten schloss sie ihre Augen und ihr Kopf sank zur Seite. Völlig erschöpft, aber glücklich, schlief sie ein. „Schlaf schön, Kathrin. Ruh’ dich aus.“ sprach Arachnia leise zu ihr, während sie ihr zärtlich die Wange streichelte und ihr dabei ein paar Tränen abwischte. Die Haut war samtweich und zart; wie ihre Seele. Arachnia wusste, dass seelische Narben nur verheilen konnten, wenn man es zulässt. Auch wenn Kathrins Körper nie wieder so sein würde wie früher, hatte sie nun zumindest eine Gelegenheit, ihre Seele heilen zu lassen. Sie sah sich nach dem Halsband um und fand es ein paar Meter von ihr entfernt. Ungeachtet ihrer eigenen Schmerzen kroch Arachnia darauf zu, hob es auf und brachte es zu ihrer schlafenden Freundin zurück. Sie hielt es kurz in den Händen und betrachtete es: Ein silberner Ring mit einem leichten, blauen Glanz. Ein Scharnier hielt die beiden Hälften hinten zusammen, genau gegenüber lag der Schließmechanismus. Die Oberfläche war abgerundet und glattgeschliffen. Es war nicht das erste mal, dass Arachnia dieses Halsband in Händen hielt. Tatsächlich hatte sie bei der Herstellung mitgewirkt: Sie hatte das Parium selbst nach einer alten Alchemieformel hergestellt. Janus hatte gesagt, dass diese Halsbänder eher Schmuckstücke als Fesseln sein sollten, doch es war nicht zu übersehen, wofür sie gemacht waren. Arachnia hatte eine gewisse Abneigung gegen Fesseln und so ziemlich alles andere, was einem die Freiheit nehmen konnte. Daher fiel es ihr nicht leicht, den Kopf ihrer Freundin vorsichtig hochzuheben und ihr das Halsband umzulegen. „Es schadet ihr nicht.“ sagte sie in Gedanken zu sich selbst. „Im Gegenteil: Es beschützt sie.“ Doch ein gewisses Unbehagen blieb dennoch in ihr zurück. Als Arachnia sich kurz von dem Anblick losreißen konnte, sah sie Raven und Janus hinter einem der Gebäude auftauchen. Janus trug Blaze auf den Armen und Raven wirkte sehr erschöpft, als habe sie kaum noch Kraft zum Laufen. Kommentar des Autors: Memo an mich selbst: Mach’ nie wieder eine Vorhersage, wie lang eine FanFic wird, bevor sie fertig ist! -.-° Eigentlich sollte die Geschichte ja hier schon zu Ende sein, aber euch interessiert ja sicher noch, wie es jetzt mit Raven, Janus und den Creatures weiter geht. Also mache ich noch ein (diesmal wirklich ^^°) abschließendes Kapitel, in dem ihr erfahrt, wie es um die Charas steht. Nur soviel vorweg: Es stirbt keiner; zumindest nicht wirklich… Ach ja: Bilder von den Creatures sind auch schon in Arbeit. ^-^ Euer Rokuro. Empfehlung an den Hofhund. ^^ Kapitel 6: Kapitel 6: Abschied und Neuanfang -------------------------------------------- Raven Kontrollierte nun schon zum vierten Mal ihr Gepäck, doch es schien, als habe sie wirklich nichts vergessen. Im Grunde wünschte sie sich jedoch, dass es so wäre, denn nun war die Zeit gekommen, Abschied von ihren neuen Freunden und vor allem von Janus zu nehmen. Gleichzeitig wusste sie aber, dass sie sich nicht davor drücken konnte, zu den Teen Titans zurückzukehren. Sie wäre wirklich gerne bei Janus geblieben; vielleicht sogar für den Rest ihres Lebens. Doch die Titans brauchten sie und Janus musste den Creatures nun seine volle Aufmerksamkeit widmen können. Er musste auf Nightshade, nein; Sheila aufpassen, die wohl noch sehr lange in ihrer Zeitaura gefangen sein würde und er hatte beschlossen, Jinx bei den Creatures aufzunehmen. Diese war allerdings nicht sehr begeistert davon gewesen, obwohl sie zugeben musste, dass sie lieber zusammen mit den Creatures als allein leben wollte. Doch auch wenn sich die junge Hexe von ihren früheren Kameraden verraten fühlte, sehnte sie sich offensichtlich nach ihrem vertrauten Leben bei H.I.V.E. zurück. Als sich Raven von ihr verabschieden wollte, hatte sie nur geantwortet: „Wir werden uns schneller wiedersehen, als dir lieb ist! Und dann werden wir auch wieder Feinde sein; so wie früher, so wie immer!“ Von Blaze, Arachnia und Tigeress hatte sie sich bereits verabschiedet, als sie sie mit Janus zusammen im Krankenhaus besucht hatte. Tigeress war schon fast wieder so aktiv wie früher, doch sie musste noch zur Beobachtung dort bleiben. Arachnia hatte gesagt, dass sie Tigeress wohl am liebsten sezieren würden, um zu sehen, wie ihr Körper funktioniert – womit sie bewiesen hatte, dass ihr schwarzer Humor im Gegensatz zu ihrem Körper unbeschadet geblieben war. Ihr Bein war nahe des Beckens gebrochen. Tigeress hatte sich für den Sezier-Witz gerächt und zu ihr gemeint, dass man das Bein vielleicht amputieren müsse. Das wiederum fand Arachnia gar nicht lustig, denn sie hatte sich tatsächlich Sorgen darüber gemacht, dass sie eventuell ihr Bein verlieren würde. Die Ärzte versicherten ihr jedoch, dass es nicht so schlimm war. Raven wirkte außerdem einen Heilzauber darauf, aber bis Arachnia wieder laufen konnte, würde wohl noch ziemlich viel Zeit vergehen. Auch Blaze musste sich auf einen längeren Aufenthalt im Krankenhaus einstellen, denn ihn hatte es mit einer mittelschweren Gehirnerschütterung und einem angebrochenen Rückenwirbel am schwersten erwischt. Trotzdem blieb er so ruhig wie immer. Tatsächlich machte er sich aber mehr Sorgen darum, dass er aus Versehen einen Brand auslösen könnte, als um seine Gesundheit. Was seine Kräfte anging war der Junge manchmal regelrecht paranoid und Tigeress verbrachte viel Zeit mit ihm, um ihn zu beruhigen und ihm Mut zuzusprechen. Tatsächlich war das Katzenmädchen das erste Wesen, zu dem der Feuermagier überhaupt engeren Kontakt pflegte. Obwohl sie mit mehreren Prellungen und einem verrenkten Nacken auch nicht gerade bei bester Gesundheit war, weigerte sich Insomnia, zu einem Arzt zu gehen. Ihre schwarze Aura hatte sie vor dem Schlimmsten bewahrt, aber der Kampf hatte sie fast ihre gesamte Energie gekostet. Also erlaubte Janus ihr, im Bunker zu bleiben und sich dort auszuruhen. Und tatsächlich hatte Insomnia in dieser Zeit nicht nur ihr Zimmer, sondern laut Janus auch ihr Bett kaum verlassen. Sie ließ sich ihr Essen bringen und schien nun auch wesentlich mehr Vertrauen zu Janus zu haben: Sie sah in ihm nun keinen Gefängniswärter mehr, der sie gefangen hielt, sondern eher als das, was Janus für jeden seiner Schützlinge versuchte zu sein: Ein liebevoller “Ersatz-Großer Bruder“. Für Raven aber war Janus mehr als nur das. Sie hatte beide zusammen zum ersten Mal wahre Liebe erfahren. Zum ersten Mal wollte Janus ein Mädchen nicht einfach nur beschützen, weil sein Instinkt es ihm gebot. Und Raven hatte zum ersten mal jemanden kennen gelernt, der sie vollkommen und von ganzem Herzen liebte. Obwohl sie einander versprochen hatten, sich wiederzusehen, erfüllte selbst diese kurze Zeit der Trennung die Herzen der jungen Liebenden mit Trauer. Schweren Herzens brachte Raven ihren Koffer in den Meditationsraum. Von dort wollte sie durch ein Portal direkt in den Titans Tower zurückkehren, wo ihre Freunde schon auf sie warteten. Sie überlegte, ob sie einfach heimlich verschwinden sollte, ohne sich zu verabschieden, doch das kam ihr nicht richtig vor. Auch wenn sie sich vor dem Abschied gedrückt hätte wäre es auf das selbe hinausgelaufen: Sie musste so oder so gehen. Und wenn, dann wollte sie, dass Janus das letzte war, was sie sah und spürte, wenn sie ging; und das erste, was sie sehen und spüren wollte, wenn sie zu ihm zurückkehrte. Doch es gab noch jemanden, von dem sie sich noch verabschieden wollte. Langsam und vorsichtig ging Raven den Gang in Untergeschoss entlang, der zu Insomnias Zimmer führte. Sie erinnerte sich noch gut daran, wie Insomnia auf ungebetenen Besuch reagierte und wollte diesmal ganz sicher gehen, dass sie sich nicht von ihr gestört fühlte. So schwach, wie Insomnia nach dem schweren Kampf war, konnte sie ihr wohl kaum gefährlich werden, doch Raven wollte sie trotzdem nicht unnötig erzürnen. Als die junge Magierin vor der schweren Tür des “Verlieses“ stand und gerade anklopfen wollte, sprach eine leise, vertraute Stimme in ihrem Kopf zu ihr: „Du kannst reinkommen, Raven. Ich werde dir nichts tun.“ Also ob es nicht schon seltsam genug war, dass Insomnia sie einfach so in ihr Zimmer lies, spürte Raven, dass sich die Aura des Raumes verändert hatte. Sie war immer noch schwer und bedrückend, doch sie brannte nicht mehr. In den Wänden, im Boden, in der Luft; nirgends war der Schmerz zu spüren, mit dem Insomnias Zimmer aufgeladen gewesen war, als sie es das letzte Mal betreten hatte. Die Kristalle an den Wänden glühten nur ganz leicht, sodass nicht einmal die Farbe des Lichtes richtig zu erkennen war, doch es reichte Raven aus, um zu sehen. Und zum erstem Mal sah sie sich das Zimmer genau an: Die Wände, die Decke und der Boden waren aus kahlem Beton. Der Raum selbst sah eigentlich eher eine Ansammlung von Nischen aus. Alle paar Meter lagen die Nischen an den Wänden und gaben dem Raum, zusammen mit dem breiten, quadratischen Säulen, das unheimliche Aussehen eines Labyrinths. Doch für jemanden, der sich wie Insomnia verstecken wollte, war dieser Raum ideal. Beim umsehen vielen Raven die Ketten wieder auf. Sie lagen auf dem Boden und hingen von Wänden und Decke; spannten sich wie eiserne Spinnweben. Raven konnte keine Schließring, Manschetten oder andere Dinge entdecken die darauf hinwiesen, dass diese Ketten als Fesseln gedacht waren. Vermutlich waren sie wirklich nur Dekoration, doch sie ließen das Zimmer tatsächlich wie einen mittelalterlichen Kerker wirken. In einer Nische entdeckte sie etwas, das wohl Insomnias Bett sein sollte. Eigentlich war es nur eine unbezogene Matratze mit einem Ebenfalls unbezogenen Kissen, einer Wolldecke und einer schwarzen, ziemlich alt aussehenden Plüschkatze darauf. Insomnia war jedoch nicht zu sehen. „Ich bin hier drüben!“ hörte Raven eine leise, schüchterne Mädchenstimme rufen. Es war unverkennbar Insomnias Stimme, doch irgendwie klang sie anders als sonst. Raven folgte der Stimme und hinter einer der Säulen fand sie jemanden auf dem Boden sitzen: Ein ziemlich mager wirkendes Mädchen mit sehr kurzem, blondem Haar. Sie war nackt und Raven konnte die schweren Narben sehen, die sich über fast den gesamten Körper des Mädchens zogen. Allein der Anblick erschreckte Raven, die sich bemühte, nicht an die Schmerzen zu denken, die man bei solchen Verletzung erleiden musste. Das Mädchen saß mit dem Rücken zu Raven vor einem großen Spiegel mit silbernem Rahmen, auf dem Rosen eingraviert waren. „Insomnia?“ fragte Raven, obwohl sie natürlich wusste, wer da vor ihr saß. „Ja.“ antwortete das Mädchen, ohne ihren Blick von dem Spiegel abzuwenden. „Ich wollte wissen, wie du dich fühlst; wie es dir geht.“ fragte Raven vorsichtig. „Gut“ antwortete Insomnia knapp. Für normale Verhältnisse sah sie todtraurig und gequält aus, doch schien das Mädchen tatsächlich in besserer Verfassung als sonst zu sein. Aber dass Insomnia tatsächlich gesagt hatte, dass es ihr gut ginge, überraschte Raven wirklich; noch mehr, als die Tatsache, dass sie nackt und ganz ruhig dasaß und sich selbst in diesem Spiegel betrachtete. Raven wusste zwar, dass Insomnia sich auf diese weise mit ihrem Aussehen auseinander setzte, doch hatten die Spiegel bei ihr normalerweise keine allzu hohe Lebenserwartung. Doch vor diesem wunderschön verzierten Spiegel saß sie ganz ruhig da und schaute so gebannt hinein, wie Raven es sonst nur von Beast Boy kannte, wenn er mal wieder lange vor dem Fernseher saß. „Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Es geht mir wirklich gut.“ sprach das Mädchen und wandte Raven völlig ungeniert ihr halbvernarbtes Gesicht zu. „Ich bin sehr schwach, aber ich habe auch keine Schmerzen mehr; zumindest keine seelischen.“ „Stimmt. Auch ich kann keinen Seelenschmerz mehr bei dir wahrnehmen. Es ist, als wäre deine dunkle Aura verschwunden.“ merkte Raven an. „Ja. Doch dadurch habe ich auch meine Kräfte verloren. Ich fühle mich furchtbar schwach und mein Körper schmerzt, wenn ich mich bewege. Durch meine schwarze Aura konnte ich die Schmerzen und die Schwäche meines Körpers einfach ignorieren. Das ist mir jetzt nicht mehr möglich. Ohne die Energie, die mir mein Seelenschmerz mir geliefert hat, bin ich gezwungen, mich auf meinen zerstörten Körper zu verlassen. An manchen stellen reichen die Verbrennungen bis auf die Muskeln. Daher kann ich mich nicht mehr so bewegen wie früher: Partielle Lähmung.“ Sie versuchte demonstrativ ihren rechten Arm, an dessen Schulter das Narbengewebe besonders dicht schien, hinter ihren Kopf zu bewegen. Vergeblich. Raven wollte sich gar nicht vorstellen, wie es wäre, wenn ihr Körper ihr nicht mehr gehorchen würde. Gerne hätte sie Insomnia geholfen, doch die Wunden waren einfach schon zu alt als dass ihre Heilkräfte noch etwas hätten ausrichten können. „Ich spüre dein Mitleid, Raven.“ sprach Insomnia ruhig. „Aber mir ist ein verletzter Körper immer noch lieber als eine verletzte Seele. Ich weiß nicht, warum ich meine Kräfte verloren habe, aber ich bin froh darüber.“ Daraufhin wandte sie ihr Gesicht wieder dem Spiegel zu und Raven schien es, als ob sie ganz kurz ein Lächeln auf den Lippen des Mädchens gesehen hätte. „Vermutlich hast du nur einfach deine gesamte Energie beim Kampf gegen Nightshade verbraucht. Wenn du dein Halsband abnehmen würdest, dann würden deine Aura automatisch durch deine Gefühle wieder aufgeladen.“ überlegte Raven laut. „Aber ich glaube nicht, dass du das willst.“ „Nein. Das will ich nicht.“ antwortete Insomnia. „Aber ich würde es tun, falls ich jemals wieder meine Kräfte brauche. Auch wenn ich dann wieder leiden müsste, fände ich es schön, wenn ich diese Kräfte zum Wohl anderer einsetzen könnte. Glaubst du, ich könnte eine Heldin werden; so wie du?“ „Ich bin mir sicher, dass du, egal ob mit oder ohne deine Kräfte, Gutes tun kannst.“ antwortete Raven ihr. „Aber eines solltest du dabei nicht vergessen: Nämlich, DIR auch etwas gutes zu tun. Selbstlosigkeit mag eine heldenhafte Tugend sein, aber man darf sich nicht selbst aufgeben und nur für andere Leben. Auch ich musste das erst lernen. Ich war so darauf fokussiert, den Rest der Welt vor allen möglichen Gefahren und vor allem vor mir selbst zu beschützen, dass ich erst bemerkt habe, wie sehr ich mir selbst damit schade, als meine Seele dagegen rebelliert hat. Ich habe mir einfach zuviel zugemutet: Ich habe meine Kräfte und meine Gefühle so lange in mir eingeschlossen, bis ich mich damit überladen habe …“ Raven bemerkte, dass Insomnia ihr schon gar nicht mehr zuzuhören schien. Sie starrte nur in den silbernen Spiegel und war ganz fasziniert von dem, was sie darin sah. Vorsichtig schaute Raven ihr über die Schulter und konnte kaum glauben, was sie im Spiegel sah: Ein wunderschönes, junges Mädchen mit langen, blonden Haaren saß dort. Ihre Haut war vollkommen makellos und ihr Gesicht einfach nur bezaubernd. Raven wollte sprechen, doch dieser Anblick raubte ihr die Worte. „Ja, das bin ich.“ sprach Insomnia. Ravens Blick haftete immer noch an dem wunderschönen Mädchen, als sie begriff, dass dies ein magischer Spiegel sein musste. „Wie funktioniert dieser Spiegel?“ fragte sie. „Zeigt er dir, was du sehen willst? Oder wie du aussehen würdest, wenn damals der Unfall nicht passiert wäre?“ „Vielleicht.“ antwortete Insomnia. „Janus nennt ihn den „Spiegel des Wahren Gesichtes“. Man sagt, dass Spiegel niemals lügen und nur die Wahrheit zeigen; aber nur dieser hier zeigt das wahre Gesicht dessen, der hineinschaut. Das schöne Mädchen, dass du da siehst, ist meine wahres Ich. Der Spiegel zeigt mich so, wie ich wirklich bin.“ Raven war nicht allzu überrascht, dass Janus so einen Spiegel besaß. Seine Familie beschäftigte sich seit vieler Generationen mit der Magie und hatte eine beachtliche Sammlung magischer Artefakte zusammengetragen, welch sich nun in Janus’ Obhut befand. Raven kam ein Gedanke, der sie erschaudern ließ: Sie fragte sich, was der Spiegel ihr wohl zeigen würde. Aber wollte sie das denn wirklich wissen? Könnte sie als Halbdämonin überhaupt den Anblick ihres wahren Gesichtes ertragen? Schließlich siegte Ravens Neugierde über ihre Furcht. Sie trat neben Insomnia und schaute vorsichtig in den magischen Spiegel: Sie sah ein zierliches, junges Mädchen mit ungewöhnlich blasser Haut, lilafarbenen Haaren und einem blutroten Edelstein, der genau auf dem 3.-Auge-Chakra in ihrer Stirn implantiert war. Sie sah sich genau so, wie sie aussah. Keine zusätzlichen Augen, keine rote Haut. Einfach nur Raven. Nachdenklich verließ Raven den Keller und ließ Insomnia mit ihrem Spiegelbild allein. „Funktioniert der Spiegel vielleicht nur bei Menschen?“ dachte sie bei sich, als sie gerade aus dem dunklen Gang zurück in den Flur kam. „Du bist ein Mensch, Raven.“ Ein wenig erschrocken schaute sie sich um und sah Janus an der Wand neben der Kellertüre lehnen. „Du bist zwar auch zur Hälfte ein Dämon, aber wenn der Spiegel dir gezeigt hat, dass du im Grunde deiner Selbst ein Mensch bis, wird das wohl stimmen. Und sei ehrlich: Es wäre dir nicht wirklich lieber gewesen, wenn du dich als Dämon gesehen hättest.“ „Erschreck’ mich doch nicht so!“ beschwerte sich Raven. Doch bevor sie noch etwas anderes sagen konnte, hielt Janus sie schon in seinen Armen und die Wärme seines Herzens ließ sie jeden Ärger vergessen. So warm. So kuschelig. „Ach Janus, warum machst du es mir so schwer?“ flüsterte sie. „Es fällt mir auch schwer, dich gehen zu lassen.“ antwortete er und ließ sie langsam und zögerlich los. Zusammen gingen sie in den Meditationsraum und mit jedem Schritt rückte der Abschied näher. Auch wenn es nicht für lange sein sollte, tat es den beiden im Herzen weh, den geliebten Partner zu verlassen. Raven und Janus liebten sich so sehr, wie es zwischen zwei Teenagern nur möglich war. Im Meditationsraum angekommen fiel Raven Janus noch einmal um den Hals. Ein letztes mal wollte sie ihren Gefühlen freien Lauf lassen und seine Liebe spüren. „Ich werde dich vermissen, Janus.“ sprach sie und merkte dabei, dass sie schluchzte. Eigentlich hatte sie sich vorgenommen, wenigstens beim Abschied tapfer zu sein und nicht zu weinen. In den letzten Tagen hatte sie schon so viele Tränen vergossen. „Du wirst mir auch fehlen, Raven.“ flüsterte Janus zärtlich. „Mein kleines Mädchen.“ Er drückte sie an sich und streichelte ihr seidig weiches Haar. Raven legte ihren Kopf an seine Brust und lauschte seinem Herzschlag. Die beiden wussten nicht, wie lange sie sich umarmt hatten. Es waren wohl nur ein paar Augenblicke gewesen, doch diese erschienen ihnen ewig. Und als Janus sie schließlich losließ, fühlte Raven keine Trauer mehr. „Ich werde immer für dich da sein, Raven. Und meine Liebe wird immer bei dir sein; überall und jederzeit.“ sprach er zu ihr und küsste sie liebvoll, um auch den letzten Funken Traurigkeit in ihrer Seele zu beruhigen. Wie schon zuvor breitete sich ein seltsames Gefühl in Raven aus: Alles schien sich um sie zu drehen und die Wärme, die ihr Herz einhüllte, verbreitete sich in ihrem ganzen Körper. Ein unglaublich starkes Gefühl, dass jede andere Emotion in den Hintergrund trieb und ihr ganzes Bewusstsein erfüllte. Es war Liebe; in ihrer reinsten und schönsten Form. Langsam lösten sie ihre Lippen voneinander. Raven konzentrierte sich ganz auf dieses wunderbare Gefühl in ihr. Sie spürte, wie es ihr Kraft verlieh; ihren Willen und ihre Seele stärkte, wie eine Art weiße Energie. Ihre Kräfte konzentrierend öffnete Raven ihr Portal. Und zum ersten mal machte es ihr nichts aus, dabei Gefühle zu empfinden. Diese Liebe war so rein, dass ihre dämonische Seite sie nicht gegen ihre menschliche verwenden konnte: Ein kleiner Vorgeschmack auf das, was Raven ihr ganzes Leben lang angestrebt hatte. Noch einmal wandte sie sich um und sah Janus an. „Mach’s gut.“ sprach sie. „Und pass’ gut auf deine Freunde auf. Vor allem auf Sheila.“ „Das werde ich.“ antwortete Janus ihr. Raven nickte, blinzelte und lächelte dabei. Janus antwortete ihr in gleicher Weise. Noch bevor ihre Sehnsucht die Chance bekam, sie noch länger zurückzuhalten, schloss Raven die Augen und durchschritt den dunklen Vortex. Janus sah ihr noch hinterher, bist das Portal verschwand. Er seufzte und bemühte sich, das Verlustgefühl in seinem Herzen zu beruhigen. Er würde sie bald wiedersehen. Und bis dahin gab es noch viele traurige Seelen, die einen Engel brauchten. Als Raven ihre Augen wieder öffnete stand sie im Wohnzimmer des Titan Tower, wo ihre Freunde schon auf sie warteten. „Willkommen zu Hause!“ riefen Starfire, Beast Boy, Cyborg und Robin gemeinsam und Starfire sprang sofort heran, um ihre Freundin zu umarmen. Raven hatte nichts anderes von ihr erwartet und drückte die quirlige Tamaranerin an sich. Dabei spürte sie, dass auch von Starfires Herz eine große Wärme ausging. „Ja…“ flüsterte Raven. „Ich bin zu Hause.“ Das rothaarige Mädchen lockerte ihre Umarmung etwas und schaute sie mit ihren grünen Kulleraugen an. „Raven… Weinst du?“ fragte sie vorsichtig. Erst jetzt bemerkte Raven die kleine Träne auf ihrer Wange. Sie wischte sie ab, lächelte freundlich und antwortete: „Es geht mir gut, Kory. Wirklich. Es geht mir gut.“ Ein paar Tage später: Eine klein, dunkle Gestalt huschte durch die Gänge des Titan Tower. Ihre nackten Füße patschten leise bei jedem Schritt auf dem Boden und der Saum ihres schwarzen Satinkleides wehte im Wind ihre Bewegung. Vor der Tür ihres Zimmers blieb sie stehen, öffnete sie einen Spalt breit, schlüpfte hindurch und verschloss sie wieder. Anstelle des blanken Bodens fühlte Raven nun einen weichen Teppich unter ihren Fußsohlen und der zarte Duft der Räucherstäbchen stieg ihr in die Nase. Mit beiden Armen hielt sie einen Briefumschlag an ihre Brust gedrückt. Langsam, als wollte sie ihre Eile von vorhin wieder ausgleichen, ging sie zu ihrem Bett, setzte sich darauf und öffnete den Umschlag. Schon nach den ersten paar Worten wurde ihr warm ums Herz: Liebe Raven Die letzten Tage waren sehr einsam für mich. Es gab keine Sekunde, in der ich nicht an dich gedacht und dich vermisst habe. Aber heute ist Tigeress aus dem Krankenhaus entlassen worden und ich hab’ wieder einiges zu tun. Insomnia geht es auch schon besser. Natürlich ist sie noch depressiv, aber sie beginnt nun langsam, die guten Seiten ihrer Seele wiederzuentdecken, die ihr so lange verborgen waren. Sheila liegt immer noch in Stasis und wird es wohl noch lange bleiben. Ich kann noch nicht sagen, wann sie aufwachen wird, aber die dunkle Energie in ihr sinkt stetig. Ich hoffe sehr, dass sie wieder normal wird. Eine schlechte Nachricht habe ich leider auch: Jinx ist abgehauen. Sie hat das Schloss am Haupteingang geknackt und ist einfach verschwungen. Ich bin mir nicht sicher wohin sie verschwunden ist. Vielleicht zurück zu H.I.V.E., aber in ihrem momentanen Zustand würde ich ihr alles zutrauen. Sie ist ziemlich verwirrt und aufgewühlt, aber vielleicht wird ja ihre gute Seite gestärkt daraus hervorgehen. Ich werde mich nach Spuren von ihr umsehen und das Beste hoffen; für sie und für den Rest der Welt. Sag mir bitte bescheid, wenn du etwas von ihr oder von Psykid hörst. Ich hab’ da ein dummes Gefühl. Ich wünsche dir und dem Rest der Titans alles gute und hoffe, dass wir uns bald wiedersehen. In Liebe Dein Janus Angel Der Brief war zwar nicht ganz so romantisch, wie Raven es sich gewünscht hätte, aber es reichte ihr allemal. Janus Aura haftete an dem Papier und erfüllte ihr Herz mit wohliger Wärme. Die Sache mit Jinx fand sie natürlich beunruhigend, aber dass war ein Thema, dass sie mit dem Team besprechen würde. Vorher hatte sie noch etwas zu erledigen. Raven stand auf, setzte sich an den Schreibtisch und schlug ihr Poesiealbum auf. Mit einem zarten Lächeln auf den Lippen und einem Herzen voller Liebe schrieb sie: Mein Engel Du bist mein Engel, mein Beschützer Hältst mich warm, heilst meine Schmerzen Bist in der Dunkelheit mein Führer Spendest Trost dem schwarzen Herzen Spendest Hoffnung den verdammten Seelen Löscht mit Liebe meines Zornes Glut Doch nicht im Himmel konnt’ ich fündig werden Nicht im Jenseits traf ich dich Heut’ weiß ich: Du lebst hier auf Erden Wachst wie ein Engel über mich Kannst in mein’ Herz und Seele sehen Und bist doch ein Mensch, aus Fleisch und Blut von Raven, für Janus In ewiger Liebe Ende Kommentar des Autors: Es hat se~hr lange gedauert; über ein Jahr… Ich wünschte wirklich, ich hätte mehr Zeit zum Schreiben gefunden. Bei meinen nächsten Fanfictions wird mir das nicht mehr passieren! Zu dieser gibt es nun nicht mehr viel zu sagen. Die Charabeschreibungen Fehlen noch, werden aber hinzugefügt, sobald alle Bilder fertig sind. ^^° Übrigens möchte ich mich bei allen BeastBoyxRaven-Fans entschuldigen. ^^° Ich wollte dieses Pairing nicht auseinander bringen. In meiner Vision ist Beast Boy allerdings mit Terra zusammen. Und da ich nicht wollte, dass Raven allein bleiben muss, hab’ ich ihr sozusagen einen Engel geschickt, der für sie da ist. ^-^ Auch wenn diese Fanfic zuende ist, ist es die Geschichte der Dark Creatures noch lange nicht! Ich habe bereits eine Idee für eine neue Fanfic, in der natürlich auch die Teen Titans wieder mitspielen werden. Außerdem dürft ihr euch auf eine Weiterführung der Ereignisse in dieser FF, mehr Hintergrundinfos zu den Creatures und einen neuen Chara freuen. Wer mehr wissen will: ENS an mich. Ich hoffe sehr, dass es euch gefallen hat. ^-^ Bis zum nächsten mal. Euer Rokuro. Empfehlung an den Hofhund. ^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)