Schreck, lass nach!
Enthüllungen und Geständnisse / Kapitel 1
Als ich damit anfing diese Fanfic zu schreiben, war mir (mit einigen größeren Lücken) die Handlung bis
Kapitel 86 bekannt, in dem ja bereits die Dreharbeiten zu „Dark Moon“ in vollem Gange sind. Da ich
nicht damit rechnete, dass Nakamura-sensei ihre Handlung in absehbarer Zeit soweit entwickelt, dass
Ren oder Kyoko ihre Beziehungen auch nur ansatzweise geregelt bekommen, habe ich mir gedacht, ich
bastle mir meine eigene Fortsetzung zusammen.
Die Handlung meiner Geschichte setzt nach Abschluss der Dreharbeiten von „Dark Moon“ ein – bisher
kommt’s übrigens noch ganz gut hin *hihi* ^^ -; ich setze also einiges voraus, was eventuell bei
Lesern, die kein Wissen über die neueren Kapitel haben, Fragen aufwerfen könnte; außerdem muss der
geneigte Leser, der Skip Beat „nur“ aus der Daisuki kennt, mit einigen Spoilern rechnen. (Ich werde
allerdings nicht verraten, was jetzt Spoiler sind und was meiner eigenen Fantasie entspringt.) Wer also
Fragen zur Vorgeschichte haben sollte, möge sich im Netz informieren. Eine gute, deutschsprachige
Adresse ist z.B. www.skip-beat.de/
Allerdings setzte ich (hoffentlich) nicht soviel voraus, dass man der Handlung ohne Vorwissen gar nicht
mehr folgen könnte.
So und jetzt genug der (langweiligen) Vorrede... Hoffentlich habt ihr genauso viel Spaß beim Lesen wie
ich beim Schreiben!! ^^
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„...........“ = wörtliche Rede
>..........< = Gedanken
[............] = persönliche Kommentare der Autorin
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Schreck, lass nach!
Ren Tsuruga hat es ein bisschen eilig. Zielstrebig hastet er Richtung Studios, sieht jemanden auf sich
zukommen ... und hält verdutzt inne.
>Ist das nicht der Bandleader von Bridge Rock?<, fragt er sich im Stillen und hält den jungen Mann
auch schon auf.
„Entschuldigen Sie, sind die Dreharbeiten zu Rock Bizarr schon beendet?“, will er wissen.
„Ja, aber erst seit ein paar Minuten. – Suchen Sie jemanden, Tsuruga-san?“
„Ja, ich bin auf der Suche nach Bou.“
„Oh“, grinst der Rothaarige, der ein wenig jünger wirkt als sein Gegenüber, „Mogami-san. ...die dürfte
in der Garderobe sein. Sie ist sicher froh, aus diesem Kostüm rauszukommen. – Wir hatten heute
Außenaufnahmen auf dem Vorplatz – für die Feriensendung. – Mann, war das heiß – und nirgendwo
Schatten. Ich wär gestorben in diesem Ding. Ich heiße übrigens Hikaru Ishibashi.“
Der junge Mann verbeugt sich höflich.
„Freut mich, Sie mal persönlich kennen zu lernen, Ishibashi-san.“, gibt Tsuruga mit einem perfekten
Gentleman-Lächeln zurück. Nach außen ist keine Veränderung an ihm zu erkennen, in seinem Innern
jedoch tobt ein chaotischer Sturm. Innerhalb von Sekundenbruchteilen schlagen die Gedankenblitze in
rasender Geschwindigkeit in seinem Gehirn ein.
>Mogami-san ist Bou??!! – Oh, Gott, ... wenn sie jetzt weiß, dass ich sie... – Nein, das kann nicht sein, ...
ich war nie konkret genug... und in dieser Beziehung ist sie doch eher langsam...<
„Wo kann ich sie finden?“, fragt er nach der ersten Schrecksekunde freundlich, äußerlich noch immer
vollkommen ruhig und gelassen.
Hikaru deutet nach rechts.
„Die Garderobe ist den Gang entlang, die 5. Tür rechts.“ Er lächelt verschmitzt. „Aber eigentlich
brauchen Sie nur dem Lärm nachgehen. Shinichi, mein Bandkollege, versucht nämlich heute zum X-ten
Mal, sie zum Essen einzuladen. Mogami-san hat sich vorsorglich gleich nach dem Dreh verzogen, aber
er ist hinter ihr her.“ Hikaru kichert leise. „Wie ich Sie kenne, regt sie sich gerade heftig darüber auf,
dass er einfach nicht aufgibt und lässt das auch lautstark an ihm aus. – Er lernt’s wohl nie...“
Noch immer sein undurchdringliches Gentleman-Lächeln im Gesicht, bedankt sich Ren Tsuruga für die
Auskunft und will sich schon verabschieden, als ihn sein Gegenüber noch einmal anspricht.
„Tsuruga-san, wenn Shinichi noch vor der Garderobe stehen sollte, schicken Sie ihn doch bitte ins
Produktionsbüro, wir haben jetzt ein wichtiges Meeting.“
„Natürlich, gerne.“ Der Schauspieler verbeugt sich höflich und macht sich auf den Weg, innerlich froh
einen triftigen Grund zu haben, d i e s e n b l ö d e n S c h n ö s e l z u m TEUFEL z u s c h i c k e n
...
Gleich darauf stellt er verblüfft fest, dass es ihn nicht wirklich überrascht, dass es Kyoko ist, die in Bous
Kostüm steckt ...
Während er seinem Ziel entgegenstrebt, kann er schon aus einiger Entfernung den Streit hören, der
offenbar durch die geschlossene Garderobentür geführt wird.
„Zum letzten Mal: NEIN!! Ich gehe nicht mit Ihnen essen!! Ich hab keine Zeit!“, brüllt Kyoko auf der
anderen Seite der Tür ... und wer genau hinsieht, kann kleine, schwarze Dämonenwölkchen durch die
Tür wabern sehen.
„Aber Mogami-san“, kontert ein mittlerweile sichtbar verzweifelter Shinichi, „irgendwann musst du doch
mal Zeit haben!“
„Nein, nein und noch mal nein...!“, schreit Kyoko als Antwort ... und seltsamerweise entsteht darauf eine
Pause, in der man von drinnen ein angestrengtes Ächzen vernehmen kann.
„Ich hab keine Zeit!“, fährt sie dann fort. Wieder hört man ein Stöhnen.
Ren Tsuruga steht inzwischen unbemerkt in einiger Entfernung und beobachtet die ganze Szene mit
einer Art grimmigen Befriedigung.
>Sie lässt ihn eiskalt abblitzen.<, denkt er zufrieden, lässt sich jedoch nicht die geringste Regung
anmerken.
Langsam kommt er näher.
„Guten Tag, Ishibashi-san“, sagt er schließlich gedämpft.
Der Angesprochene, gut einen Kopf kleiner als er, zuckt erschrocken zusammen. Überrascht erkennt er
den Schauspieler.
„Oh, guten Tag, Tsuruga-san. Schön, Sie mal wieder zu sehen; ist `ne ganze Weile her.“
„Ja, wir sind uns zuletzt bei diesem Modeshooting auf Hokkaido vor etwa 2 Monaten begegnet, nicht
wahr?“
„Stimmt. - Kann ich Ihnen helfen?“
„Nein, nein“, winkt Tsuruga lächelnd ab, „ich wollte zu Mogami-san, aber wie ich sehe, ist sie noch
nicht fertig.“ Sein Auftreten ist derart aalglatt, dass es schon an einen perfekten Androiden aus einem
Science-Fiction-Film erinnert.
Shinichi jedoch bemerkt nichts davon, dafür allerdings fühlt er sich – aus einem für ihn vollkommen
unerfindlichen Grund – von zwei Seiten eingekreist. Schließlich zuckt er mit den Schultern und
resigniert offenbar.
„Nee, fertig scheint sie nur mit mir zu sein.“, seufzt er leise.
Von hinter der Tür ist plötzlich ein Poltern zu hören.
„Mann“, murmelt Shinichi vor sich hin, „die Frau muss doch irgendwie zu knacken sein...“
Ren Tsuruga, noch immer ganz Gentleman, schweigt, ... grinst jedoch schadenfroh in sich hinein.
Aus heiterem Himmel ist plötzlich ein lautes Poltern, Krachen und Scheppern aus der Garderobe zu
vernehmen.
Shinichi klopft beunruhigt an. „Mogami-san, ist alles in Ordnung?“
Keine Antwort.
Hilflos schaut der junge Mann zu dem älteren Schauspieler hoch. Die beiden sehen sich besorgt an.
Stirnrunzelnd haut der Schauspieler mit der Faust auf die Tür.
„Mogami-san! Ich bin’s, Ren Tsuruga. Alles in Ordnung?“ , ruft er alarmiert. Zum ersten Mal an diesem
Tag durchbrechen seine Gefühle – wenigstens zum Teil – die sonst so undurchdringliche Fassade.
Keine Reaktion.
Ren Tsuruga ist jetzt wirklich ernsthaft besorgt. Schließlich glaubte Kyoko bisher, er wüsste nicht, dass
sie in dem Hahnenkostüm steckt ... und hätte spätestens beim Erkennen seiner Stimme reagiert. –
Vermutlich erst panisch, dann wütend... Für den Bruchteil einer Sekunde muss er lächeln, ... um gleich
darauf jedoch seinen Blick sorgenvoll zu verdüstern.
„Da muss was passiert sein!“, stellt er fest. „Spätestens jetzt hätte sie reagieren müssen ... und das
vermutlich noch heftiger als vorhin.“ Er trifft eine Entscheidung, „Gehen Sie bitte ein Stück zur Seite,
Ishibashi-san. – Mogami-san, ich komme jetzt rein!“
Einen Moment wartet er noch, dann bricht er mit einem kräftigen Tritt die Tür auf und stürmt in den
Raum, während Shinichi hinter ihm her stolpert.
Beim Anblick, der sich ihm dann bietet, stockt ihm für einen Augenblick der Atem...
Hitzekollaps
Bitteschön, Nachschub. ^^
Lieben Dank nochmal für die bisherigen Kommentare, es freut mich, wenn es euch gefällt.
Ich habe bereits alle 23 Kapitel weitgehend fertig, sodass ich (hoffentlich) alles relativ zügig hochladen
kann. Also verzweifelt nicht an den Cliffhangern ^^ ... Nein, ehrlich, eigentlich bin ich überhaupt nicht
sadistisch veranlagt ... oder ...? ^^'
Noch etwas "Technisches": Ich werde vor jedes Kapitel die letzten Sätze des vorigen Kapitels setzten,
damit ihr schneller wieder reinkommt und nicht erst wieder in das letzte Kapi gucken müsst. Schreibt
mir bitte, wie ihr das findet.
Ich freu mich auf eure Kommis!
„.........“ = wörtliche Rede
>........< = Gedanken
[.........] = persönliche Kommentare der Autorin
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...
Einen Moment wartet er noch, dann bricht er mit einem kräftigen Tritt die Tür auf und stürmt in den
Raum, während Shinichi hinter ihm her stolpert.
Beim Anblick, der sich ihm dann bietet stockt ihm für einen Augenblick der Atem...
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Mitten im Zimmer liegt, zwischen umgestoßenen Stühlen, zerfledderten Drehbüchern und zerbrochenen
Flaschen, Kyoko in voller Montur ... vollkommen regungslos.
Nach den ersten Schrecksekunden stürzt Ren auf die am Boden liegende Gestalt zu, fegt hastig die
Scherben mit dem Fuß beiseite und versucht, den Hahnenkopf vom Kostümrumpf zu entfernen. Es
gelingt ihm nicht.
Shinichi steht immer noch wie versteinert an der Tür.
„Los, kommen Sie, helfen Sie mir! - Der Kopf hängt irgendwie fest.“, fährt der Schauspieler den jungen
Mann an.
Shinichi löst sich abrupt aus seiner Starre, kommt näher und fegt zögernd mit dem Fuß die letzten
Scherben zur Seite. Ihm zittern deutlich sichtbar die Knie.
„Stimmt“, fällt ihm plötzlich ein, „das Problem hatten wir vor 2 Wochen schon mal; ich glaube, da war
der Reißverschluss kaputt und das Zuziehteil...“
„Sie meinen den Zipper.“, berichtigt Ren etwas ungeduldig.
„Ja, ... dieser Zipper hatte sich am Kopfteil verhakt. Eigentlich dachte ich, das wär repariert...“
Gemeinsam machen sie sich daran, den Reißverschluss mühsam von den Zotteln des Hahnenkopfs zu
lösen und das Mädchens aus seinem Gefängnis zu befreien, so dass schließlich eine vollkommen
durchnässte Kyoko darunter zum Vorschein kommt, deren Haare schwer am Kopf kleben. Ihr Atem geht
flach und schnell, ihr Gesicht ist vor Hitze flammend rot.
Der Schauspieler ist sichtlich aufgeregt, zwingt sich jedoch mit einiger Anstrengung, ruhig zu bleiben.
„Das sieht nach einem Hitzschlag aus.“, vermutet er, während er Shinichi mit ernstem Blick fixiert.
„Helfen Sie mir, das Kostüm zu entfernen! Sie muss da schnellstens raus!“
Der Junge öffnet den Reißverschluss des Hahnenkostüms ganz und postiert sich an Kyokos Fußende.
„Nein“, sagt Ren nach kurzem Überlegen, „stellen Sie sich besser an ihre Vorderseite und ziehen Sie das
Kostüm nach vorne-unten weg, ich halte sie fest.“
Es ist nicht ganz einfach, die ohnmächtige Kyoko aus dem Bou-Kostüm zu befreien, doch schließlich
gelingt es ihnen doch. Das dünne, weiße T-Shirt und die kurzen Hosen kleben schweißnass an ihrem
schlanken, immer noch reglosen Körper.
„Gibt es hier kaltes Wasser?“, fragt Ren, ohne den Blick von dem Mädchen zu nehmen.
Shinichi sieht sich hektisch um. „Ganz sicher.“, meint er, „Hier muss irgendwo ein Kühlschrank sein...“
Wenige Sekunden später hat er ihn gefunden und holt eine Flasche mit stillem Wasser heraus, die er
dem am Boden hockenden Schauspieler reicht.
Langsam und vorsichtig schüttet Ren nun das eiskalte Wasser in einem dünnen Strahl über Kyokos
Kopf, Arme und Beine, während Shinichi ihr (einigermaßen hilflos) mit einem zerknickten Skript frische
Luft zufächelt.
Allmählich kommt das Mädchen wieder zu sich.
Kyoko fühlt sich seltsam geborgen und beschützt und atmet befreit auf, als sie die kalte Flüssigkeit auf
ihrer Haut spürt, auch wenn es sich zunächst anfühlt, als würde diese augenblicklich dort verdampfen.
Langsam öffnet sie die Augen ... und glaubt im ersten Moment, unter Halluzinationen zu leiden. Ihr
Körper erscheint ihr tonneschwer und ihre Gedanken schwirren noch wirr in ihrem Kopf herum ... und
wer weiß, vielleicht nicht nur dort...
Mühsam schluckt sie und versucht, sich die ausgetrockneten Lippen zu befeuchten.
Obwohl man es ihm nicht so deutlich ansieht wie Shinichi, ist Ren ungemein erleichtert.
„Besser jetzt?“, fragt er leise. „Wie fühlst du dich?“
Kyoko klebt die Zunge am Gaumen und es fällt ihr sichtlich schwer zu sprechen.
„Beschissen.“, sagt sie schließlich ... und schließt für einen Moment unwillkürlich die Augen.
Kaum hörbar atmet Ren auf, dann wendet er sich an Shinichi.
„Können Sie bitte einen Sanitäter holen?“
Der junge Sänger ist offenbar immer noch geschockt und eigentlich froh, endlich etwas Sinnvolles tun
zu können. Von seinem sonst so selbstsicheren Auftreten ist nicht mehr das Geringste zu spüren.
„Ja, ... natürlich...“, stammelt er noch, bevor er sich eilig auf den Weg macht.
Der zurückgebliebene Ren Tsuruga wendet sich wieder dem Mädchen zu und atmet unerwartet tief
durch. Danach nimmt er eine dort abgelegte Strickjacke vom Tisch, faltet sie sorgfältig zusammen und
legt sie sachte unter Kyokos Kopf.
„Was machst du bloß für Sachen?“, murmelt er.
Erst jetzt wird Kyoko schlagartig bewusst, dass sie keine Halluzinationen hat ... und dass Ren Tsuruga
jetzt weiß, dass sie die ganze Zeit in Bous Kostüm gesteckt hat...
Ruckartig setzt sie sich mit vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen auf, ... nur um gleich darauf
taumelnd wieder zurückzufallen, gerade noch rechtzeitig abgefangen von warmen Händen, die sie
vorsichtig wieder auf ihr improvisiertes Kissen legen.
Ren seufzt tief und hilft ihr, sich ein wenig aufzurichten, damit sie trinken kann; ... natürlich diesmal
wesentlich vorsichtiger als zuvor.
Er reicht ihr die Flasche.
„Hier. Trink. – Aber langsam.“
Das Mädchen nimmt gierig einige Schlucke, verschluckt sich, hustet, trinkt weiter, ... bis die Flasche
schließlich leer ist.
Der Schauspieler nimmt ihr die Flasche aus der Hand und drückt sie mit sanfter Gewalt wieder zu
Boden.
„Ich hatte gesagt: Langsam.“, grummelt er halbherzig.
Kyoko sieht ihn an, als würde da ein Alien neben ihr knien.
Ren grinst schräg. „Was?!“
Das Mädchen nimmt all seinen Mut zusammen.
„Sie sind nicht sauer, Tsuruga-san?“, fragt sie ungläubig.
Ren lächelt. – Irgendwie wirkt es ein bisschen traurig, ... was Kyoko nun vollends verwirrt.
„Nein“, sagt er, „ich glaube nicht, dass ich dazu das Recht hätte.“ Er atmet einmal kurz durch. „Ich bin
eigentlich hier, weil ich selbst etwas zu ...beichten ... habe...
Kyoko sieht ihn fragend an. „Hn?!?“
Ren lächelt ... und diesmal ist es nicht das undurchdringliche Gentleman-Lächeln...
„Später.“, meint er. „Es geht dir gerade nicht besonders gut und darum ist das kein günstiger Zeitpunkt.
Lass uns reden, wenn es dir besser geht.“
Draußen auf dem Flur sind schnelle Schritte zu hören und Augenblicke später erscheint die aufgeregte
Garderobiere, Frau Sanada, in der Tür.
„Meine Güte, Kyoko-chan“, sprudelt es aus ihr heraus, „was ist denn passiert? – Ich habe gerade
Shinichi-san getroffen, der meinte, du seist zusammengebrochen.“
Die Mittvierzigerin, deren dunkle Augen sonst so fröhlich in die Welt schauen, sieht jetzt äußerst
besorgt aus.
Kyokos Lächeln wirkt müde, als sie antwortet.
„Ich kam nicht aus dem Kostüm raus ... und das bei der Hitze.“
Frau Sanadas Gesicht sind schlechtes Gewissen und Entsetzen deutlich anzusehen.
„Kein Wunder“, meint sie, „normalerweise braucht man auch Hilfe dafür. Ich musste kurz an ein anderes
Set – kleiner Kostüm-Notfall. – Meine Güte, wieso muss denn Rika-san auch ausgerechnet heute krank
sein? Und das, wo bei dieser Hitze sowieso schon alles drunter und drüber geht...“
Beflissen holt sie eine weitere Wasserflasche aus dem Kühlschrank, um sie Kyoko zu geben, während
Ren ihr nochmals hilft sich aufzurichten.
Dieses Mal trinkt sie langsamer.
„Machen sie sich keine Gedanken, Sanada-san.“, sagt sie, als sie die Flasche wieder absetzt. „Es geht
schon wieder. Außerdem können Sie sich ja schließlich nicht in mehrere Personen aufspalten.“ Sie lacht
leise vor sich hin bei dem Gedanken.
>Meine Güte<, denkt Ren Tsuruga matt, >dieses Mädchen kostet mich Jahre meines Lebens...<
Weiche Knie
„.........“ = wörtliche Rede
>........< = Gedanken
[..........] = persönlich Kommentare der Autorin
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„Machen Sie sich keine Gedanken, Sanada-san“, sagt sie, als sie die Flasche absetzt. „Es geht schon
wieder. Außerdem können Sie sich ja schließlich nicht in mehrere Personen aufspalten.“ Sie lacht leise
bei dem Gedanken.
>Meine Güte<, denkt Ren Tsuruga matt, >dieses Mädchen kostet mich Jahre meines Lebens...<
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Nachdenklich nimmt die Garderobiere das achtlos am Boden liegende Hahnenkostüm auf, besieht es
sich kurz, befestigt es auf einem Bügel und will es schon zu den anderen Kostümen hängen, da meldet
sich Ren zu Wort.
„Das Kopfteil hatte sich mit dem Reißverschluss verhakt, deshalb bekamen wir es kaum herunter.“,
erklärt er.
Frau Sanada reagiert erschrocken, ja geradezu entsetzt.
„Um Himmels Willen! Das wieder. Ich hatte eigentlich gedacht, ich hätte das schon längst erledigt.“
Mit zittrigen Fingern schaut sie sich den Reißverschluss genauer an, wird hochrot und hängt das
Kostüm schließlich beschämt auf den Ständer für die Reparaturen.
„Es tut mir aufrichtig Leid, Kyoko-chan“, entschuldigt sie sich und verbeugt sich tief, „das ist wirklich
meine Schuld.“
Kyoko ist die ganze Sache sichtlich unangenehm, sie winkt verlegen ab. „Schon gut, schon gut.“
Glücklicherweise erscheint just in diesem Moment Shinichi mit dem Sanitäter und beendet damit die
peinliche Situation.
[Der Sanitäter ist ein junger Arzt, der gerade mit dem Studium fertig ist und jetzt bei LME Erfahrungen
„in freier Wildbahn“ sammelt, bevor er in der Praxis seines Vaters mitarbeiten wird. ^^]
Der Arzt untersucht das Mädchen eingehend und gibt dann – zumindest teilweise – Entwarnung.
„Das ist ein ausgewachsener Hitzekollaps, der schlimmste, den ich heute hatte ... und es gab etliche
davon... Manchmal verstehe ich diese Regisseure nicht. Was haben die davon, wenn sie ihre Teams sich
‚krankenhausreif arbeiten’ lassen.“
Missbilligend schüttelt er den Kopf und kramt 2 große Dosen mit trinkfertiger Elektrolytlösung aus
seinem Koffer, die er Kyoko gibt.
„Trink die, die erste am besten sofort, mit der anderen kannst du dir mehr Zeit lassen. – Ich weiß, das
Zeug schmeckt nicht sonderlich gut, aber es muss sein.“, sagt er.
Ren nimmt ihr beide Dosen ab. Eine öffnet er und drückt sie ihr energisch in die Hand, die andere
behält er.
„Ich kümmere mich darum.“, verkündet er bestimmt.
Der Sanitäter lächelt. „Sehr gut. – Dann achten Sie bitte auch darauf, ob sie später noch Fieber kriegt;
manchmal kommt das verzögert. In diesem Fall bringen Sie sie bitte umgehend in ein Krankenhaus
oder zu einem Arzt. Ansonsten genügen 2 Tage Ruhe und reichlich zu Trinken.“ Er sieht das
verschwitzte Mädchen noch einmal forschend an. „Wenn die junge Dame jetzt duscht“, wendet er sich
dann an die Anwesenden „sollte sie das besser im Sitzen tun ... und nicht ohne Aufsicht.“
Shinichi läuft in Sekundenbruchteilen puterrot an, während Ren es gerade noch schafft, sein
charmantestes Gentleman-Lächeln aufzusetzen. [^^’ Hihi]
Der Piepser des Arztes meldet einen weiteren Notfall und nachdem er einen Blick auf das Display
geworfen hat, verabschiedet sich der junge Mann eilig, um einem anderen Schauspieler Hilfe zu leisten.
Shinichi, der vor lauter Hilflosigkeit von seinen Platz an der Tür noch immer um keinen Millimeter
abgerückt ist, tritt unschlüssig von einem Fuß auf den anderen ... und zieht damit Ren Tsurugas
Aufmerksamkeit auf sich.
Könnte Kyoko jetzt sein Gesicht sehen, wüsste sie, dass das überaus glitzernde Gentleman-Lächeln,
das sich dort gerade zeigt, nur das Allerschlimmste erwarten lässt. Shinichi jedoch tappt ahnungslos in
die Falle.
„Da fällt mir etwas ein, Ishibashi-san. – Ich sollte Ihnen sagen, dass Sie umgehend ins Produktionsbüro
kommen sollen, Sie haben jetzt ein wichtiges Meeting. – Tut mir Leid, in der ganzen Aufregung hatte
ich das völlig vergessen.“
Shinichi schrickt zusammen. „Oh, ... dann mach ich mich ... lieber mal auf die Socken.“, stammelt er
noch, dann ist er verschwunden.
Ren schaut ihm hinterher, während durch sein überaus freundliches Lächeln eine Spur Schadenfreude
hindurchblitzt...
Kyoko indessen, die nichts von der durchaus beredten Mimik des Schauspielers mitbekommen hat,
versucht vergeblich aufzustehen, doch als sie fast steht, wird ihr wieder schwindelig, so dass Ren und
Frau Sanada schnell hinzuspringen, um ihr auf einen in der Nähe stehenden Stuhl zu helfen.
„Phuuhh.“, meint sie und versucht tapfer zu lächeln, damit man ihr nichts anmerkt; insgeheim fragt sie
sich jedoch ernsthaft, wie sie es bis nach Hause schaffen soll.
Als sie in Rens entschlossenes Gesicht sieht, ist ihr augenblicklich klar, dass dieser sich nicht hat
täuschen lassen.
„Du hast den Doktor gehört“, sagt er streng – und doch ist es eine Spur liebevoll, „du machst jetzt, dass
du unter die Dusche kommst. Lauwarm, auf keinen Fall heiß, verstanden? Und dann fahre ich dich nach
Hause.“ Höflich bedankt er sich bei der Garderobiere für die Hilfe und verabschiedet sich.
„Ich warte draußen.“
Als er die Tür hinter sich geschlossen hat, lehnt er sich ächzend an die kühle Flurwand und fährt sich
mit den Händen schwer durch die längst nicht mehr perfekt sitzende Frisur. Eine ganze Weile steht er
so da und lässt sich dann schließlich matt an der Wand zu Boden gleiten...
[Natürlich nicht, ohne vorher überprüft zu haben, ob die Luft rein ist ^^]
Nach einer schier endlosen Viertelstunde kommt Kyoko endlich aus der Garderobe, deutlich erfrischt
und mit noch feuchten Haaren.
Ren könnte dahin schmelzen, als er den Blick auf ihr nun besonders zart wirkendes Gesicht heftet, das
von schwarzen, feuchten Strähnen wild umrahmt wird... Stattdessen greift er stumm nach ihrer
Sporttasche und wirft sie sich über die Schulter.
Gemächlich machen die beiden sich auf den Weg zur Tiefgarage.
Kyoko trottet blass und kleinlaut neben ihm her und fragt sich die ganze Zeit, ob er nicht doch
verärgert ist.
Wieder wird ihr schwindelig, sodass sie stehen bleibt, um an der Wand Halt zu suchen.
Ren, der sie die ganze Zeit argwöhnisch von der Seite her beobachtet hat, lässt die Tasche fallen und ist
schon im nächsten Moment bei ihr, um sie zu stützen.
Als sie sich ein wenig erholt hat, atmet er erleichtert auf. Dann grinst er.
„Ich hatte mich schon gefragt, wann das passiert. – Ich finde, du hast ganz schön lange durchgehalten.
Aber jetzt solltest du langsam Hilfe annehmen, ... sonst kommen wir heute nämlich nicht mehr weit.“
Kyoko wird vor Verlegenheit rot und senkt den Blick zu Boden; dann sieht sie plötzlich wieder auf, Ren
geradewegs forschend in die Augen.
>Sie tut es wieder!<, stöhnt dieser innerlich auf. >Ich weiß nicht, wie ich mich gegen diesen Blick
wehren soll. – Sie sieht einfach bis in mein Innerstes und ich kann nicht das Geringste dagegen tun. –
Oder will ich das am Ende gar nicht...?<
„Was ist denn?“, fragt er schließlich laut.
„Sind Sie wirklich nicht verärgert?“
„Nein.“, antwortet er schlicht ... und schenkt ihr unvermutet sein heiliges Lächeln, ... was Kyoko voll und
ganz verwirrt; ihr Herz hämmert mit einem Mal heftig gegen ihren Brustkorb.
>Schon wieder.<, seufzt sie still, >Wieso lächelt er in letzter Zeit immer öfter auf genau diese Art? Ist
das eine neue Masche? Mist, bei diesem Lächeln weiß ich überhaupt nicht mehr, was ich denken soll...“
Ren hat inzwischen die Tasche an den Griffen wie einen Rucksack auf den Rücken genommen und hebt
das Mädchen kurzerhand auf beide Arme, um sie zu seinem Wagen zu tragen ... und Kyoko hat nicht
die geringste Chance zu protestieren.
Die Ampel springt auf Rot und Ren wirft zum wiederholten Mal einen nachdenklichen Blick auf Kyoko,
die auf dem Beifahrersitz erschöpft eingeschlafen ist.
Während die Ampel wieder umspringt, trifft er eine Entscheidung.
Als er das Auto in der Tiefgarage seines Hauses abgestellt hat, schläft sie noch immer tief und fest.
Vorsichtig holt er sie aus dem Wagen, ohne dass sie auch nur leise zuckt. Erst als er mit ihr im Aufzug
steht, regt sie sich ein wenig, ... aber nur, um sich leise seufzend in seine Arme zu kuscheln...
[Der arme Ren weiß gar nicht mehr, wo ihm der Kopf steht. ^^’ Hihi!]
In seiner Wohnung angekommen, legt er sie sachte auf sein Bett, zieht ihr die Turnschuhe aus und
deckt sie liebevoll zu.
Ihm ist schrecklich heiß [Warum bloß??], weshalb er die Klimaanlage voll aufdreht, ... zumal er der
Ansicht ist, dass Kyoko (die ja vollständig bekleidet unter der Bettdecke liegt) die zusätzliche Kühlung
nicht schaden kann. - Ein fataler Irrtum, wie sich noch herausstellen wird...
Obwohl er gerne getan hätte, bringt Ren es nicht fertig, sich zu ihr ins Schlafzimmer zu setzen.
Stattdessen steht er mit einem teuflisch starken Kaffee in der Hand im Wohnzimmer und starrt
unfokussiert zum Fenster hinaus...
Herausgeplatztes Geständnis
„.........“ = wörtliche Rede
>........< = Gedanken
[..........] = persönliche Kommentare der Autorin
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Obwohl er es gerne getan hätte, bringt Ren es nicht fertig, sich zu ihr ins Schlafzimmer zu setzen.
Stattdessen steht er mit einem teuflisch starken Kaffee in der Hand im Wohnzimmer und starrt
unfokussiert zum Fenster hinaus...
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Etwa 3 Stunden später (es ist bereits früher Abend) entschließt er sich doch noch, hinüber ins
Schlafzimmer zu gehen.
Kyoko atmet ruhig und gleichmäßig, als er zur Tür hereinkommt und so greift er zu Kyokos Tasche, die
er vor gut einer Stunde aus dem Wagen hochgeholt hat, und kramt die zweite Dose Elektrolytlösung
heraus.
Er öffnet sie mit leisem Knacken und setzt sich vorsichtig auf die Bettkante. Sachte legt er eine Hand auf
ihre Stirn, um die Temperatur zu prüfen ... und stellt erleichtert fest, dass offensichtlich alles in
Ordnung ist. Dann streicht er ihr zärtlich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, ... woraufhin er
unwillkürlich zusammenzuckt.
>Schon wieder! – Ich darf die Kontrolle nicht so schnell verlieren.<
Er seufzt tief, dann rüttelt er sanft an Kyokos Schulter.
Mühsam kämpft er um einen neutralen Gesichtsausdruck, als er sie leise anspricht.
„Mogami-san!“
Das Mädchen stöhnt leise, ihre Finger zucken leicht.
„Mogami-san!“, sagt er etwas lauter. „Tut mir Leid, aber ich muss dich jetzt wecken. Es wird langsam
Zeit, dass du noch etwas von der Elektrolytlösung trinkst.“
Kyoko öffnet schwerfällig die Augen. Erst nach ein paar Sekunden registriert sie, dass sie sich in Ren
Tsurugas Schlafzimmer befindet.
Augenblicklich sitzt sie senkrecht im Bett, die Augen entsetzt aufgerissen. - 5 weitere Sekunden später
bemerkt sie erleichtert, dass sie noch vollständig bekleidet ist.
„Wie... Wieso ... bin ich hier?! Wollten Sie mich nicht...“, stammelt sie verwirrt, doch Ren unterbricht sie
mit einem leicht spöttischen Lächeln.
„Wenn du mir den Weg nicht zeigst... Du bist eingeschlafen, gleich nachdem du im Wagen gesessen
hast.“
„Wieso haben Sie mich nicht geweckt?“
„Das habe ich mehrfach versucht, aber du hast fest geschlafen. Du bist nicht mal aufgewacht, als ich
dich nach oben getragen habe.“
[DAS ist eine fette LÜGE!! Zwar hat er 2mal versucht, sie zu wecken, das aber nur sehr halbherzig und
lustlos! ^^]
Kyoko kriecht die Röte flammend ins Gesicht. „A... Aber...“
„Kein Aber. – Wenn ich es mir recht überlege, kann sich bei dir zu Hause doch mit hoher
Wahrscheinlichkeit niemand um dich kümmern, oder?“ Er sieht sie durchdringend an.
>Mist, erwischt!< Das Mädchen gerät heftig ins Schwitzen.
„Ich habe die nächsten Tage weitgehend frei.“, fährt Ren fort, „Am Donnerstag [Es ist übrigens
Dienstag.] habe ich gegen Abend einen Pressetermin und muss danach noch kurz in die Agentur, um
die Termine für die nächste Woche zu besprechen. Ansonsten ist nur Textlernen und Rollenrecherche
angesagt und das mache ich sowieso hier.“
Kyoko fällt beim besten Willen kein Gegenargument ein, jedenfalls keines, das er wohl gelten lassen
würde.
Der Schauspieler lächelt ihr zu und reicht ihr die Getränkedose.
„Hier, trink. – Gleich gibt es auch etwas zu Essen, ich hab uns was gekocht.“
Kyokos Augen werden so groß, dass sie beinahe aus ihren Höhlen zu fallen drohen.
„Was?! Sie können kochen?!“
Vor Verlegenheit läuft Rens Gesicht rosa an. „Na ja, ‚können’ würde ich das eher nicht nennen. Ich
bringe lediglich eine halbwegs anständige Gemüsesuppe hin, abgesehen natürlich von so einfachen
Dingen wie Reis kochen oder Spiegeleier braten. – Aber ich dachte, du solltest besser etwas
‚Vernünftiges’ essen, ... um mit deinen Worten zu sprechen.“ Ein leichtes Grinsen umspielt seine
Lippen.
Kyoko bemerkt plötzlich die mit Pflastern gespickten Finger ihres Gegenübers und schmunzelt leise in
sich hinein.
>Ist ja irgendwie rührend... – Seit wann ist er so fürsorglich?<
Nach dem Essen (die Suppe war tatsächlich genießbar, ... wenn auch nicht unbedingt ein Gourmet-
Genuss) entsteht unerwartet eine ziemlich lastende Stille.
Ren überlegt fieberhaft, ob er jetzt (endlich) sein Geheimnis lüften soll, während Kyoko sich ihrerseits
fragt, wie das Ganze weitergehen soll, ohne irgendwann furchtbar peinlich zu werden. Siedendheiß fällt
ihr plötzlich ein, dass es schon ziemlich spät sein muss und sie eigentlich jetzt einen ihrer Putzjobs zu
erledigen hätte.
„Oh, mein Gott!“, ruft sie erschrocken, „Ich müsste längst im Nakamura-Gebäude sein...“ [Man verzeihe
mir den Kalauer ^^’ ]
Der Schauspieler legt die Stirn in strenge Falten.
„Du musst nirgendwohin, ... mindestens die nächsten 2 Tage. – Schon vergessen, was der Arzt gesagt
hat?“
„Das kann ich mir nicht leisten!“, gibt sie zurück und versucht aufzustehen, ... wird jedoch sofort wieder
in die Kissen gedrückt.
„Aber, ... Tsuruga-san...“, beginnt sie, doch ihr gehen plötzlich die Worte aus.
„Warum kannst du es dir nicht leisten?“, fragt der Schauspieler ernst; eine böse Ahnung macht sich
langsam in ihm breit...
„Von irgendwas muss ich leben!“, sprudelt es ein wenig trotzig aus dem Mädchen heraus. „Glauben Sie
ernsthaft, mit dem Praktikantenjob und dem bisschen Schauspielerei verdiene ich genug, um über die
Runden zu kommen?! – Dazu kommt noch, dass die normalen Nebenjobs eigentlich im Moment auch
nicht reichen. Während der Dreharbeiten zu Dark Moon konnte ich nicht arbeiten und demnächst steht
die Premiere an, da muss ich ein Abendkleid haben, das wenigstens halbwegs repräsentabel ist.“ Leise
fügt sie hinzu: „Ich will nicht noch mal wie eine altmodische Landpomeranze dastehen.“ Den Rest
murmelt sie mehr für sich selbst: „Als Mauerblümchen habe ich mich lange genug betiteln lassen...“
Ren ist vollkommen geschockt, er muss erstmal tief durchatmen, bevor er die Sprache wieder findet.
Trotz allem versucht er jedoch noch immer, sich nichts anmerken zu lassen, weshalb er in möglichst
sachlichem Ton nachhakt.
„Was ist mit deiner Mutter ... äh ... deinen Eltern, zahlen die keinen Unterhalt?“
Kyokos Gesicht verdüstert sich augenblicklich. Plötzlich wabern überall kleine, schwarze
Dämonenwölkchen um sie herum. (Allerdings nicht so viele wie sonst und auch nicht so heftig, denn sie
hat im Moment einfach nicht genug Energie dafür.)
„Eltern?!“, regt sie sich auf. „Mein Vater hat sich verpisst, als ich noch ganz klein war und meine
Mutter...“ Sie kocht inzwischen vor Wut. „Meine Mutter hat wohl kaum das Recht, sich überhaupt so zu
nennen.“ Unversehens blickt sie Ren ins Gesicht und registriert seinen betroffenen Ausdruck, ... was in
ihr sofort ein schlechtes Gewissen auslöst. (Schließlich kann er ja nichts dafür.) Darum mäßigt sie ihre
Lautstärke und erklärt etwas ruhiger weiter.
„Meine Mutter hat mich irgendwann allein im Ryokan der Fuwas zurückgelassen. Sie ist einfach fort
gegangen, ... ohne ein einziges Wort der Erklärung. – Ich weiß bis heute nicht, warum.“ Traurig senkt
sie den Blick. „Ich habe nie wieder etwas von ihr gehört... Seitdem muss ich selbst sehen, wie ich
meinen Lebensunterhalt verdiene.“
Ren Tsuruga ist zutiefst geschockt. Seine Fassade ist vollständig zusammengebrochen. Am liebsten
würde er das Mädchen einfach in die Arme schließen und trösten, doch er sitzt einfach nur wie
versteinert da.
Lange ist es still. Kyokos Dämonen haben sich – warum auch immer – vollständig in Luft aufgelöst.
Schließlich räuspert sich der Schauspieler; er hat endlich seine Beherrschung wieder gefunden.
„Das heißt, du musst ganz allein für dich sorgen.“
Das Mädchen nickt stumm.
„Wie ich dich kenne, war das gerade das erste Mal, dass du es jemandem erzählt hast, richtig?“
„So ungefähr...“, gibt sie widerstrebend zu, dann sieht sie ihn plötzlich flehend an.
„Bitte, Tsuruga-san, erzählen Sie es nicht weiter.“
„Warum nicht?“, fragt er verständnislos zurück. „Diese Praktikantenjobs sind doch vor allem deshalb so
schlecht bezahlt, weil man davon ausgeht, dass die Betreffenden noch bei ihren Eltern wohnen oder
studieren und von Ihren Familien finanziell unterstützt werden. Ich bin sicher...“
„Nein.“, fällt ihm Kyoko ins Wort, „bitte nicht, ... es ist auch so schon schwierig genug. Ich will nicht
darüber reden müssen ... und ... ich will keine mitleidigen Blicke.“
„Ich verstehe.“, seufzt Ren. „Aber es ist nicht richtig. – Und das alles noch zusätzlich neben Schule und
Schauspielakademie...“ Er schüttelt fassungslos den Kopf; ihre Leistungen für LME haben gerade einen
erheblich größeren Stellenwert bekommen... „Vermutlich legst du obendrein noch Wert auf erstklassige
Noten, hab ich Recht?“ Er schaut ihr geradewegs in die Augen.
„Ja, natürlich.“, antwortet sie verblüfft und fragt sich, ob er vielleicht hellsehen kann... Besonders
verwundert ist sie allerdings über die Ehrlichkeit und Ernsthaftigkeit in seiner Miene.
Ren mustert sie eine Weile eindringlich, ... was zur Folge hat, dass sie unter seinem Blick zartrosa
anläuft.
„Gut“, sagt er schließlich, „ich verliere kein Wort darüber, ... aber nur unter zwei Bedingungen:
1. Du sagst sämtliche Jobs bis zum Ende der Woche ab. Du brauchst dringend eine Pause.“
Kyoko setzt schon an zu widersprechen, doch der Schauspieler unterbindet das mit einem einzigen,
strengen Blick.
„Lass mich ausreden. –
2. Wirst du mir umgehend Bescheid geben, wenn du deswegen einen der Jobs verlieren solltest. Ich hör
mich dann nach etwas Neuem um, vorzugsweise etwas Besserbezahltem, das weniger anstrengend ist
und ich helfe dir notfalls finanziell über die Runden, bis du etwas Neues hast.“
Verplappert!
Ich weiß, das Kapitel ist ein bisschen kurz, ... aber dafür hat's es in sich! - Viel Spaß beim Grübeln wie
es weitergeht... ^^
Ach so, um Fragen vorzubeugen: Natrürlich wird es im Laufe der Handlung noch weitere Aufklärung
geben, ... aber eins nach dem anderen... ^^
„.........“ = wörtliche Rede
>........< = Gedanken
[..........] = persönliche Kommentare der Autorin
unterstrichene Worte sind betont
_____________________________________________________________________________________________________
...
„Gut“, sagt er schließlich, „ich verliere kein Wort darüber, ... aber nur unter 2 Bedingungen:
1. Du sagst sämtliche Jobs bis zum Ende der Woche ab. Du brauchst dringend eine Pause.“
Kyoko setzt schon an zu widersprechen, doch der Schauspieler unterbindet das mit einem einzigen,
strengen Blick.
„Lass mich ausreden. –
2. Wirst du mir sofort Bescheid geben, wenn du deswegen einen der Jobs verlieren solltest. Ich hör mich
dann nach etwas Neuem um, vorzugsweise etwas Besserbezahltem, das weniger anstrengend ist und
ich helfe dir notfalls finanziell über die Runden, bis du etwas Neues hast.“
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„Aber ... das kann ich doch nicht...“, versucht sie verwirrt zu widersprechen, doch wiederum würgt ihr
ein einziger Blick das Argument schon im Ansatz ab.
Beschämt sieht sie auf ihre Fußspitzen, die unter der Bettdecke zwei kleine Hügel bilden.
„Warum tun Sie das?“, will sie wissen.
„Weil ich nicht mit ansehen will, wie du dich krank arbeitest.“, antwortet er frei heraus; sein Blick ist
ganz weich geworden.
Kyoko fällt dazu nun wirklich nichts mehr ein, aber ihre Gedanken rotieren.
>Er meint es tatsächlich ernst, ... oder? - Wieso auf einmal? - Was hat dieser Blick zu bedeuten?<
Ren erhebt sich; er braucht dringend eine Pause, um das Gespräch zu verarbeiten. Reichlich
nachdenklich begibt er sich zum Kleiderschrank und holt eines seiner Schlafanzugoberteile heraus, das
er dem Mädchen zuwirft.
„Hier. Zieh das an. Du kannst ja schließlich nicht die ganze Nacht in diesen Sachen bleiben, das wäre
sowieso zu warm.“
Amüsiert beobachtet er, wie Kyoko flammend rot anläuft ... und das sicher nicht nur im Gesicht. Leise
lacht er vor sich hin.
„Nein“, meint er, „keine Sorge, ich gehe natürlich raus. – Brauchst du noch etwas? Ich meine, außer
Mineralwasser.“
„Nein, ich denke nicht.“
„Dann leg dich bald schlafen, du brauchst wirklich Ruhe ... und wenn es bei dir zu Hause jemanden zu
benachrichtigen gibt, solltest du das vielleicht vor dem Schlafengehen noch erledigen. Du bist
schließlich erst 17.“
„16.“, gibt das Mädchen prompt zurück.
„Die zwei Tage...“, winkt er ab.
Kyoko stutzt.
„Wieso...?“, fragt sie verblüfft. „Woher... woher wissen Sie...?“
Längst vergessen geglaubte Bilder ihrer Kindheit tauchen plötzlich vor ihrem inneren Auge auf,
rauschen, tosen, stürmen in schneller Folge durch ihr Gehirn, ... Bilder von Koon...
„Der... Einzige, ... der jemals an meinen Geburtstag gedacht hat, ... war...“ Sie ist kreideweiß im Gesicht.
„Tsu... Tsuruga-san, ... sind Sie ... sind Sie Koon?“
Erst jetzt wird dem Schauspieler klar, war er da vorhin gesagt hat. Die Hand auf der Stirn und aus
tiefster Seele seufzend setzt er sich wieder auf die Bettkante. >Oh, mein Gott, ich bin so...<
„Ja.“, sagt er schließlich und atmet ein paar Mal tief durch. „Ich wollte es dir schon eher sagen, aber ...
ich wusste nicht, wie.“ Unvermittelt strafft er sich. „Nein, ... eigentlich war ich zu feige.“, gibt er zu.
Kyoko sieht ihn mit großen Augen an, sie setzt hastig alle Puzzleteile in ihrem Innern zusammen ... und
mit einem Mal ergibt alles einen Sinn. – Nein, nicht alles...
„Aber...“ Sie muss schwer Schlucken. „...warum haben Sie mich so oft getriezt und reingelegt? - Ich
meine, ... Sie waren manchmal richtig gemein zu mir.“
Ren schaut beschämt zu Boden. „Um ehrlich zu sein, ich weiß es selbst nicht so genau. Ich hab in
letzter Zeit viel darüber nachgedacht. Zuerst war ich wohl geschockt, dass ausgerechnet du dich so in
Rachegedanken verrannt hattest. Ich wusste ja nicht...“
„Wann haben Sie mich erkannt?“
„Kannst du dich daran erinnern, wie du den Stein auf der Treppe verloren hast? – Ich hatte zwar schon
vorher eine Vermutung, aber danach war ich sicher“
„Oh ... ach so...“
Bevor ihn sein Mut wieder verlassen kann, redet er einfach weiter, ... ohne groß nachzudenken.
„Weißt du, als ich von zu Hause weg war und mit der Schauspielerei angefangen hatte, habe ich
beschlossen, meine Vergangenheit hinter mir zu lassen und keinen einzigen Gedanken mehr daran zu
verschwenden. Ich habe versucht, jede Erinnerung aus meinem Gedächtnis zu tilgen. Die meisten waren
ohnehin keine schönen... Eigentlich war die einzige gute Erinnerung die an den Sommer in Kyoto, ... als
ich dich getroffen habe...“ Nach einem tiefen Seufzer und einer kurzen Pause fährt er leise fort: „Ich
wollte nie wieder von jemandem abhängig sein, weder materiell noch emotional, ... darum hab ich
niemanden mehr an mich heran gelassen.“
>Ach, deshalb...< In Kyoko dämmert aufkeimendes Verstehen, das sofort in Mitgefühl, Empörung und
Entsetzen umschlägt, wegen dem, was man ihm wohl angetan haben muss, um ihn so in die Enge zu
treiben...
„Aber das allein war noch nicht genug.“, fährt er mit gesenktem Blick fort. „Der konkrete Anlass von zu
Hause fortzugehen war, dass mein Vater mich zu einer Verlobung zwingen wollte. Es war so
widerlich, ... daher wollte meine Vergangenheit vollständig ablegen. – Der Anfang als Schauspieler war
dann alles andere als einfach, vielleicht hat auch das mich hart gemacht. Jedenfalls, ... als du so
unerwartet aufgetaucht bist, kam alles wieder hoch ... und weil du mich offensichtlich nicht erkannt
hattest, hielt ich es für besser, nichts zu sagen. – Aber ... ich habe mich unmöglich benommen dir
gegenüber.“ Er hebt den Blick und sieht ihr ernst in die Augen. „Es tut mir Leid.“
Kyoko sitzt da, möchte ihn trösten, sich entschuldigen für das, was andere ihm angetan haben, ihm
Mut machen, diese Verletzungen hinter sich zu lassen, ... doch sie findet keine Worte. Verwirrt
schwankt sie zwischen ihrem fast schon schmerzhaften Mitgefühl und der Freude, einen verloren
geglaubten Freund wieder gefunden zu haben. Das Einzige, was zu tun sie in der Lage ist, ist, die Hand
auf ihren Mund zu legen.
Schließlich erträgt Ren die lastende Stille nicht mehr. Mit hängenden Schultern erhebt er sich.
„Schlaf ein bisschen.“, meint er. „Wir können morgen weiter reden, ich habe den ganzen Tag Zeit.“
Niedergeschlagen verlässt er das Schlafzimmer, gießt sich im Wohnzimmer ein Glas Whiskey ein und
hängt bedrückt seinen trüben Gedanken nach.
Besuch von Yashiro
„.........“ = wörtliche Rede
>........< = Gedanken
[..........] = persönliche Kommentare der Autorin
unterstrichene Worte sind betont
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Schließlich erträgt Ren die lastende Stille nicht mehr. Mit hängenden Schultern erhebt er sich.
„Schlaf ein bisschen.“, meint er. „Wir können morgen weiter reden, ich habe den ganzen Tag Zeit.“
Niedergeschlagen verlässt er das Schlafzimmer, gießt sich im Wohnzimmer ein Glas Whiskey ein und
hängt bedrückt seinen trüben Gedanken nach.
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„Drrrrrrr!“
Ren Tsuruga taucht energielos wieder aus seinen schwermütigen Gedanken auf. Noch einmal macht
sich der Türsummer bemerkbar.
Draußen ist es längst dunkel und er wundert sich für einen Moment, wer so spät...
Aber natürlich kann es nur einer sein.
Ren stellt das halbleere Whiskeyglas auf den Tisch und begibt sich zur Tür.
„Guten Abend, Tsuruga-kun.“
„Guten Abend. Komm doch rein, Yashiro-kun.“
Rens Manager ist völlig außer Atem, scheinbar war ihm der Aufzug zu langsam und er ist die Treppen
hinauf gerannt.
„Ich habe gehört, Kyoko-chan ist zusammengebrochen. Ich wollte erst anrufen, aber da ich sowieso in
der Nähe war, dachte ich, ich schau schnell bei dir vorbei.“
Ren seufzt kaum hörbar und grinst dann gequält. >LME ist ein Dorf...<, denkt er resigniert.
„Mach dir keine Sorgen, Yashiro-kun, es geht ihr besser, sie schläft jetzt. – Woher weißt du das
eigentlich schon wieder?“
„Ich habe Sanada-san getroffen; sie hat ein furchtbar schlechtes Gewissen wegen der ganzen Sache.“
„Nicht ganz zu Unrecht...“, grummelt Ren unbarmherzig.
Yashiro wird plötzlich bewusst, was der Schauspieler da vorhin gesagt hat.
„Moment mal...“, überlegt er verblüfft, während er auf dem Sofa im Wohnzimmer Platz nimmt. „Sie
schläft jetzt? Ist sie etwa hier?!“
„Sei leise, sonst weckst du sie.“
Yashiro fallen beinahe die Augen aus dem Kopf. „Doch nicht etwa in deinem Bett?!“, hakt er nach.
„Natürlich liegt sie dort.“, brummt Ren. „Wenn ich sie schon ohne ihre Zustimmung herbringe, ist das ja
wohl das Mindeste, was...“
„Seit wann bist du so ein Draufgänger?“, fragt Yashiro grinsend dazwischen.
Ren lächelt säuerlich. „Bin ich doch gar nicht. Sie war nur im Auto so fest eingeschlafen, dass sie erst
Stunden später hier im Schlafzimmer aufgewacht ist. Ohne ihre Wegbeschreibung hätte ich ihre
Wohnung nie gefunden. – Ich hatte also gar keine Wahl.“
>Is klar, ne?<, denkt der Manager und grinst still in sich hinein. >Du alter Schlawiner!<
Unvermittelt fällt sein Blick auf die Whiskeyflasche und das zur Hälfte geleerte Glas auf dem Tisch.
„Sag mal, wie viel davon hast du schon intus?“, fragt er misstrauisch.
„Das ist der dritte.“, sagt Ren, während er auf das Glas deutet.
Yashiro kräuselt die Stirn.
„Du solltest weniger trinken. Seit den Dreharbeiten zu Dark Moon nimmt das langsam überhand.“
„Lass mich.“, winkt der Schauspieler lässig ab. „Ich werd’s schon nicht übertreiben.“
„So fängt es immer an.“, gibt sein Betreuer zu bedenken, wechselt jedoch dann abrupt das Thema.
„Hast du schon mit ihr über diese Koon-Geschichte gesprochen?“
Der Schauspieler pustet mit einem leisen „Fffff“ die Luft aus den Lungen.
„Ja, ... allerdings war sie schneller.“
„Kyoko-chan hat es selbst herausgefunden?!“
„Ich hab mich verplappert.“, meint er schulterzuckend.
„Uuuups... Wie hat sie reagiert?“
Traurig denkt Ren an den frühen Abend zurück.
„Geschockt und entsetzt. - Ich glaube, sie ist maßlos enttäuscht... zu Recht... Sie hat danach kaum ein
Wort geredet.“
Yashiro klopft ihm aufmunternd auf die Schulter. „Ich weiß nicht. – Immerhin hat sie nicht getobt. Das
halte ich eher für ein gutes Zeichen.“
Ren zuckt deprimiert mit den Schultern. „Diese Stille war viel gespenstischer als einer ihrer Wutanfälle.“
Seufzend beugt er den Oberkörper vor und stützt sich mit den Unterarmen schwer auf die Knie.
„Nein“, sagt er, „schauen wir den Tatsachen ins Auge. Im Moment sieht es alles andere als gut aus. –
Irgendwie hat mich meine Vergangenheit endgültig eingeholt...“
„Wieder diese Geschichte...“, seufzt Yashiro. „Hör mir mal zu. Es ist unmöglich, seine Vergangenheit
einfach auszulöschen. Egal, was du tust, sie wird immer da sein ... und je stärker du sie zu verdrängen
suchst, desto explosiver wird sie sich irgendwann wieder Gehör verschaffen. Wenn nicht jetzt, dann
vielleicht in 10 oder 20 Jahren, und das wird dann erst so richtig übel. – Außerdem hab ich es
dir schon letzte Woche gesagt: Bei der Sache mit Kyoko-chan geht es überhaupt nicht darum, die
Vergangenheit wieder aufleben zu lassen, es geht um eure Zukunft .“ Verlegen kratzt er sich im
Nacken. „Es ist ein bisschen schwierig, dir einen Rat zu geben, wenn du mit niemandem darüber reden
willst. Das, was du erzählt hast, ist doch mit Sicherheit nur ein Bruchteil der ganzen Geschichte.“
Der Schauspieler lächelt bitter und schürzt die Lippen, sein Manager denkt sich seinen Teil.
„Nein, wirklich“, beschwichtigt Yashiro, „ich verlange wirklich nicht, dass du es mir erzählst, wenn du
nicht genug Vertrauen zu mir hast. Das ist schon in Ordnung. – Allerdings werde ich dir trotzdem
mitteilen, wie ich darüber denke. Mir liegt zuviel an dir, als dass ich das noch kommentarlos hinnehmen
könnte. – Ich glaube, dass Kyoko-chan dir eine große Hilfe wäre, diese - wie auch immer geartete -
Vergangenheit zu überwinden, statt sie wie bisher zu verdrängen. Vielleicht gerade, weil sie ein
Teil davon ist.
Ich kenne keinen Menschen, der mehr Verständnis für andere aufbringt [Wenn es nicht gerade um Sho
Fuwa geht... ^^’] ... und keinen, von dem du einen ehrlicheren, unbefangeneren Kommentar bekommen
kannst. Nenn das ruhig naiv, ich persönlich würde es eher als ungewöhnliche Reife bezeichnen.
In einem allerdings magst du eventuell Recht haben: Es könnte ihr auch schaden, wenn du offiziell mit
ihr zusammen bist.“
Ren nickt traurig. „Sie würde vielleicht nur noch als ‚Freundin von...’ betrachtet werden ... und das
haben weder ihr Talent noch ihre Professionalität verdient.“
„Das auch.“, meint Yashiro nachdenklich. „Ich dachte da allerdings mehr an deine weiblichen Fans. – Es
wäre möglich, dass sie mit Drohungen und Boykott-Aktionen reagieren, ... vor allem Kyoko-chan
gegenüber.“
Der Schauspieler zuckt betroffen zusammen. Lange sagt er nichts, dann schüttelt er niedergeschlagen
den Kopf.
„Siehst du, Yashiro-kun“, seufzt er, „es geht nicht... Ich darf das nicht tun. –
Dabei hatte ich daran überhaupt noch nicht gedacht...“
Der Manager denkt eine Weile nach, bevor er versucht, sein Gegenüber wieder ein wenig aufzumuntern.
„Ich würde eine mögliche Beziehung gar nicht von vorneherein zum Scheitern verurteilen; es käme
darauf an, es der Öffentlichkeit vorher irgendwie ... schmackhaft zu machen.“ Urplötzlich hat er eine
Idee. „Sprich mit Takarada-san darüber.“
Rens Augen weiten sich, während pures Entsetzen und Ablehnung darin aufblitzen.
„Bist du verrückt?! Der reißt mir bloß den Kopf ab ... und das vermutlich sogar zu Recht!“
„Unsinn.“, meint Yashiro ernst. „Wenn überhaupt jemand Verständnis für deine Lage hat, dann er.“
Mitfühlend greift er Ren an die Schulter. „Tsuruga-kun, du bist längst nicht so allein, wie du
anscheinend glaubst. Es gibt vermutlich nicht viele Menschen, denen du wirklich vertrauen darfst, aber
es gibt sie. Und Rory Takarada gehört sicher dazu – auch wenn du solche Dinge nur unter 4
Augen mit ihm besprechen solltest. Er hat schließlich Verpflichtungen...“
„Ich weiß nicht...“
„Ohh, doch! Was glaubst du, was hinter der Drohung steckte, dich von Dark Moon abzuziehen,
nachdem du seinen Rat missachtet hattest? – Er wollte dich schützen. Wenn du nicht - Dank Kyoko-
chan - doch noch rechtzeitig die Kurve gekriegt hättest, wäre das für deine Karriere ein Desaster
geworden; ich glaube, inzwischen weißt du das auch selbst.
Wenn du echte Freunde suchst, dann suche sie da, wo du ehrliche und wohlmeinende Kritik bekommst.
Richtige Freunde sagen sich bei aller Zuneigung auch mal die Meinung.“
Ren denkt deutlich sichtbar nach.
„Außerdem“, fährt sein Manager fort, „glaube ich, dass es in Sachen Liebe bei dir eh schon zu spät für
einen Rückzug ist. – Und was Kyoko-chan betrifft: Wenn ich ihre Reaktionen richtig interpretiert habe,
dann fühlt sie für dich auch schon seit geraumer Zeit mehr als für einen Sempai üblich, ... mehr als
Freundschaft sogar... Allerdings glaube ich auch, dass ihr das noch nicht voll bewusst ist.“
„Denkst du?“, fragt Ren zweifelnd nach, doch in seinen Augen leuchtet schon ein klein wenig mehr
Hoffnung auf.
„Ja, das tue ich.“, bestätigt Yashiro und fügt sehr entschieden hinzu: „Ich mach dir einen Termin bei
Takarada-san.“
Ein bisschen resigniert nickt der junge Schauspieler, aber er fühlt sich schon nicht mehr ganz so allein
mit seinem Problem.
„Wenn du meinst...“
Fieber
Huch! - Schon ziemlich kurz das Kapitel *verlegen lächel*.
Aber wenn ich es ans nächste Kapitel gehängt hätte, wäre das zu lang geworden... Ey, hört auf! Ich weiß
natürlich, dass es für euch ruhig länger sein könnte... ^^ Aber das dauert dann vermutlich wieder
länger mit dem Freischalten... *seufz*, außerdem bin ich schon froh, dass die Kapitel jetzt (bis hierher)
vollständig sind. – Wollen hoffen, dass das so bleibt... ^
Aber eins kann ich euch versprechen: Das hier wird das kürzeste Kapitel sein, kürzer wird es nicht, ...
versprochen!
„.........“ = wörtliche Rede
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...
„Ja, das tue ich.“, bestätigt Yashiro und fügt entschieden hinzu: „Ich mach dir einen Termin bei
Takarada-san.“
Ein bisschen resigniert nickt der junge Schauspieler, aber er fühlt sich schon nicht mehr ganz so allein
mit seinem Problem.
„Wenn du meinst...“
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Gegen 8:30 Uhr am nächsten Morgen sitzt Ren Tsuruga mit einer Tasse starkem Kaffee in der Hand auf
dem Sofa im Wohnzimmer und starrt geistesabwesend durch das große Fenster auf die
sonnenbeschienene Skyline von Tokyo.
Viel geschlafen hat er nicht in dieser Nacht, stattdessen hat er sich von seinen düsteren Gedanken mit
Rollenrecherchen am Computer abgelenkt. Sein Laptop steht nun unbeachtet auf dem Tisch.
Der Schauspieler fühlt sich ausgelaugt.
Unversehens hört man, wie die Schlafzimmertür geöffnet wird, leises Tapsen auf dem Flur, ... dann wie
jemand ins Bad geht...
Ren muss unwillkürlich denken, wie schön es wäre, wenn das hier zur allmorgendlichen
Geräuschkulisse gehören würde... Deprimiert seufzt er auf.
Die Badezimmertür wird wieder geöffnet, ... geschlossen, ... erneut das leise Tapsen von offenbar
nackten Füßen, ... das jedoch unerwartet aufhört. 2 Mal hört man es niesen, sehr mädchenhaft...
Ren horcht auf.
Wieder hört man Schritte, doch jetzt scheinen sie unregelmäßiger ... und werden begleitet von leisem
Stöhnen...
Ren erhebt sich besorgt und eilt in den Flur, ... wo Kyoko gerade an der Wand in sich zusammensinkt.
Nur 2 Sekunden später ist der junge Schauspieler bei ihr und hilft ihr wieder auf die Beine.
„Kyoko-chan, was fehlt dir denn?“, fragt er besorgt. Er ist sichtlich erschrocken.
Das Mädchen ist sehr blass und atmet schwer.
„Mir ist ... schwindelig ... und ... irgendwie ...heiß und kalt gleichzeitig.“
„Warte, ich helfe dir zurück ins Bett ... und dann rufe ich einen Arzt.“
Zunächst versucht er, sie einfach nur beim Laufen zu stützen, doch weil der Größenunterschied so
gewaltig ist, [Kyoko ist fast 2 Köpfe kleiner. ^^] nimmt er sie schließlich kurzerhand auf die Arme und
trägt sie zurück ins Schlafzimmer.
Wie ein Blitz trifft ihn dabei die Erkenntnis, dass dieses Schlafanzugoberteil doch eigentlich ziemlich
dünn ist und sie garantiert nur einen Slip darunter trägt... Ren läuft puterrot an.
Glücklicherweise [oder auch unglücklicherweise?] hat Kyoko stirnrunzelnd die Augen geschlossen.
Vorsichtig legt er sie auf dem Bett ab und kramt das Handy aus der Tasche seiner leichten
Baumwollhose. Mit zittrigen Fingern tippt er eine Nummer ein ... und verwählt sich prompt vor lauter
Aufregung. Hastig entschuldigt er sich beim Gesprächsteilnehmer am anderen Ende der Leitung und
versucht es anschließend erneut. Sein Blick fällt unvermittelt auf Kyoko, die sich zu seiner Überraschung
nicht zugedeckt hat. Ihre Augen sind geschlossen, es geht ihr ganz offensichtlich schlecht. Schnell
beugt er sich zu ihr herunter, um mit der freien Hand die Temperatur an ihrer Stirn zu fühlen. Wie
befürchtet, ist sie heiß.
Endlich meldet sich am Telefon der Arzt. Es ist ein guter Bekannter, der in der Nähe seine Praxis hat
und der dem Schauspieler schon bei dem einen oder anderen Wehwehchen geholfen hat. [Richtig krank
war er ja erst ein einziges Mal ^^]
In groben Zügen erläutert ihm Ren das Problem, wobei sein Blick erneut auf Kyoko fällt, die die Augen
jetzt wieder geöffnet hat und ihn mit fiebrigem Blick anschaut. Unwillkürlich sieht er sie ein wenig
genauer an.
Der geliehene Schlafanzug reicht ihr fast bis zu den Knien, die eigentlich kurzen Ärmel bis zu den
Ellenbogen. Im Grunde sollte es eher komisch wirken, dass sie in diesem riesenhaften Hemd geradezu
versinkt, ... doch genau das ist nicht der Fall.
>Es sieht einfach nur ... sexy aus.<
Nur scheinbar ruhig und cool dreht sich der junge Schauspieler um, ... damit er sich wieder auf das
Gespräch konzentrieren kann.
Kurz darauf beendet er das Telefonat und wendet sich wieder dem Mädchen zu.
„Der Doktor kommt gleich vorbei.“, verkündet er erleichtert.
Nachdem er sein Handy wieder in die Hosentasche verfrachtet hat, nimmt er auf der Bettkante Platz und
deckt sie (fast liebevoll) zu.
„Keine Sorge“, meint er aufmunternd, „das kriegen wir schon wieder hin.“
Knapp 20 Minuten später betritt Dr. Otori das Wohnzimmer, in dem Ren Tsuruga ein wenig nervös das
Ende der Untersuchung abgewartet hat. Nun steht er – ganz Gentleman – auf und geht dem Arzt ein
paar Schritte entgegen.
„Alles halb so schlimm.“, beruhigt ihn Dr. Otori. „Sie hat sich nur ein bisschen verkühlt, vermutlich
haben Sie es gestern mit der Kühlung übertrieben. - Und sie reagiert wahrscheinlich auch nur deshalb
überhaupt mit etwas Fieber, weil der Kreislauf noch etwas angeschlagen ist von dem
Hitzekollaps gestern. – Sie sollte im Bett bleiben, wenigstens bis das Fieber wieder runter ist, besser
noch für einen zusätzlichen Tag. – Außerdem ist sie ein bisschen untergewichtig und scheint mir etwas
überarbeitet. - Sie kennen Sie aus der Agentur?“
Ren nickt.
„Sie geht auch noch zur Schule, nicht?“ Wieder ein bestätigendes Nicken. „Sie sollte ein wenig kürzer
treten, entweder die Ansprüche an die Schulleistungen runterschrauben oder weniger arbeiten. Ich
denke, dieser Zusammenbruch war durchaus auch ein Warnsignal. – Sie nimmt ihre Pflichten sehr ernst,
nicht wahr?“
„Das kann man so sagen.“, seufzt der Schauspieler. „Haben sie ihr das auch erzählt?“
„Natürlich“, lächelt der Arzt, mustert jedoch gleich darauf den jungen Mann vor sich mit ernster Miene.
„Aber Ihnen sollte ich das wohl auch sagen. Sie sollten ebenfalls ein bisschen kürzer treten. Ich weiß, es
ist noch relativ früh am Morgen, aber ... Sie haben auch schon mal besser ausgesehen.“
Ren winkt lächelnd ab. „Keine Sorge, ich habe nur ausgesprochen schlecht geschlafen heute Nacht.“
Dr. Otori sieht nicht aus, als würde er ihm Glauben schenken, er enthält sich jedoch jeglichen
Kommentars.
Mit ein bisschen Smalltalk verabschieden sie sich und zum Schluss bedankt sich Ren bei dem Arzt noch
einmal herzlich für sein rasches Kommen.
Ein sehr nachdenklicher Dr. Otori verlässt kurz darauf die Wohnung...
Gefühlschaos
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...
Dr. Otori sieht nicht aus, als würde er ihm Glauben schenken, er enthält sich jedoch jeglichen
Kommentars.
Mit ein bisschen Smalltalk verabschieden sie sich und zum Schluss bedankt sich Ren bei dem Arzt noch
einmal herzlich für sein rasches Kommen.
Ein sehr nachdenklicher Dr. Otori verlässt kurz darauf die Wohnung...
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Die Abendsonne vergoldet mit ihren letzen Strahlen die Skyline von Tokyo, doch Ren Tsuruga hat
keinen Sinn für die vergängliche Schönheit hinter der Fensterscheibe.
Zum mindestens 20. Mal versucht er jetzt, den Text der vorliegenden Szene im Kopf zu behalten ...
Ohne Ergebnis.
Er sitzt allein auf seiner Couch, das Filmskript in den Händen und hat Schwierigkeiten, auch nur
einzelne Sätze zu behalten. Immer wieder erhebt er sich, läuft ruhelos durch das Zimmer, nimmt wieder
Platz und wiederholt murmelnd die Sätze, die er sich einprägen soll. Schließlich gibt er auf und wirft
das Drehbuch entmutigt auf den Tisch. Seufzend greift er nach dem halbleeren Whiskeyglas und will es
an die Lippen setzen, da klingelt das Telefon.
„Guten Abend, Yashiro-kun.“, seufzt Ren müde.
Auch Yashiro kann ein Seufzen kaum unterdrücken, als er seinen Schützling hört.
„Guten Abend. – Ich hab dir einen Termin bei Takarada-san gemacht, morgen nach der Besprechung für
die nächste Woche. Er weiß in etwa, worum es geht, ... damit du nicht bei Adam und Eva anfangen
musst. Ich hoffe, das war in Ordnung.“
„Ja ja, schon gut.“, meint Ren resigniert. „Wie hat er reagiert?“
„Nicht sonderlich überrascht ... und durchaus aufgeschlossen. – Wie geht es Kyoko-chan?“
„Besser. – Sie hatte heute Morgen Fieber, aber das ist Gott sei Dank wieder runter. Der Arzt meinte, sie
solle noch bis morgen im Bett bleiben.“
„Oh, dann hattet ihr wohl keine Gelegenheit für ein tiefer gehendes Gespräch, oder?“
„Nein, nicht wirklich.“
„Nun“, meint Yashiro und atmet einmal kurz durch, „das ist wohl erstmal nicht zu ändern. - Ist alles in
Ordnung, Tsuruga-kun?“
„Mehr oder weniger...“, kommt die kraftlose Antwort.
„Willst du darüber reden?“, fragt der Manager vorsichtig.
„Eigentlich nicht.“, kommt es zurück.
Yashiro seufzt leise. „Was heißt ‚eigentlich’?“
Ren überlegt eine Weile, dann seufzt er noch einmal tief und gibt sich geschlagen.
„Also gut. – Ich halte das sowieso nicht mehr lange durch... Kyoko-chan, ... sie ist so ... ich ... ich finde
überhaupt keine Worte dafür... – Oh, Mann... Du kannst dich doch an diesen albernen Pyjama erinnern,
den du mir in Kyoto besorgt hattest, weil ich meinen vergessen hatte?“
Yashiros Lächeln kann man fast durch das Telefon sehen. „Der kurzärmelige, dunkelgrüne mit den
Teddybären? Natürlich erinnere ich mich. Du hast dich noch 2 Monate danach darüber aufgeregt. – Aber
ich hatte es dir schon gesagt, es war nur dieser eine in deiner Größe da ... und ich hatte nicht viel Zeit.“
Ren kichert plötzlich leise vor sich hin.
„Das meine ich gar nicht. – Ich ... ich habe ihn gestern Kyoko-chan gegeben, sie hatte ja schließlich
nichts Entsprechendes dabei.“
„Ach so.“, sagt Yashiro, doch seine Stimme spricht von absoluter Verständnislosigkeit. „Und worauf
willst du hinaus?“
„Na ja“, fängt Ren an zu erklären, „ich dachte, es wäre gut, ihn ihr zu geben, weil ich das Ding geradezu
scheußlich finde, damit ... na ja, damit mir nicht schon wieder die Hormone durchgehen. Du verstehst
schon.“
Yashiro ahnt jetzt, worauf es hinausläuft und schmunzelt über das ganze Gesicht, ... was Ren
glücklicherweise nicht sehen kann.
Der Schauspieler lässt die Erinnerung an Kyokos Anblick vor sein inneres Auge ziehen ... und muss
unwillkürlich lächeln, ... während die Röte unaufhaltsam in sein Gesicht schleicht.
„Sie versinkt geradezu in diesem Oberteil, es reicht ihr fast bis zu den Knien. – Sie sieht einfach
entzückend darin aus. So ... unschuldig ... und gleichzeitig so ... so sexy... Ich werd noch wahnsinnig...“
Er stützt den Kopf auf die freie Hand und versucht, sich wieder zu beruhigen, ... vergeblich. Leise
stöhnt er auf.
„Ich krieg diese verführerischern Bilder gar nicht mehr aus dem Kopf.“, klagt er verzweifelt. „Ich kann
das Schlafzimmer überhaupt nicht betreten, ohne mich vorher bewusst und vollständig auf irgendwas
gänzlich Unverfängliches zu konzentrieren... Darum hab ich mich heute kaum hinein gewagt und
versucht, meinen Text zu lernen...“
„Lass mich raten! - Mit wenig Erfolg.“
„Bingo.“, stöhnt Ren. „Yashiro-kun, ... ich weiß nicht mehr weiter. Was soll ich nur tun?“
Zur selben Zeit sitzt Kyoko, die Arme um die angewinkelten Beine geschlungen, im Bett und findet
keinen Schlaf. Ihre Gedanken stehen einfach nicht still.
>Es war richtig schön, dass Tsuruga-san sich so nett um mich gekümmert hat. – Genau genommen hat
das noch nie jemand für mich getan, jedenfalls nicht so ... so ... fürsorglich, - nicht mal Shotarou...<,
überlegt sie.
„Nein“, murmelt sie säuerlich, „der am allerwenigsten.“
Ein tiefer Seufzer entweicht ihrem Innern, während sie das Kinn auf den Knien ablegt.
Vielleicht hätte sie sich damals in Koon verlieben sollen...
>Halt, Moment! Was denke ich denn da?! – Das wäre doch genauso ... hoffnungslos gewesen... Dabei
war er der erste Mensch, der mich richtig angesehen hat. Nicht als das Dienstmädchen, das notwendige
Übel, den Abschaum, den Schmarotzer, das Mauerblümchen, .... sondern einfach nur ... mich . –
Seltsam, ... wenn er mich ansieht, wird mir neuerdings so ... anders. - Er scheint so verzweifelt zu sein
... und ich habe nicht die leiseste Ahnung, wie ich ihm helfen könnte. - Ich möchte ihm gern
helfen.<
Plötzliches Erkennen lässt sie erschrocken hochfahren.
>Oh, mein Gott, ...ich bin dabei, mich in ihn zu verlieben! – Aber ... das kann ich doch nicht tun! Er ist
so viel erwachsener, so viel ... reifer. – Eigentlich war er das immer... – Und er ist schließlich ein Star,
und zwar keiner von diesen Möchtegern-Typen, die praktisch nur aus Fassade bestehen. Er ist ein
wirklich großer Schauspieler. Was sollte er da mit mir ? –
Aber das Schlimmste ist, dass meine bloße Anwesenheit schmerzvolle Erinnerungen bei ihm an die
Oberfläche holt. - Ich mache ihn traurig! – Das will ich nicht! - Ich will nicht der Auslöser für diesen
verzweifelten Blick sein. ... Ich will, dass er glücklich ist. Ich will sein Lächeln sehen, sein echtes
Lächeln, ... und wenn es nur aus der Ferne ist...
Wenn ich ihm wenigstens noch als Bou helfen könnte...
Ob er doch ein bisschen sauer ist, weil ich es ihm nicht gesagt habe? – Oder deshalb, weil ich ihn nicht
früher erkannt habe? ... Koon...
Er muss wegen irgendetwas verstimmt sein, er hat heute den ganzen Tag kaum ein Wort mit mir
geredet. – Oder ist es so, dass ihn die Erinnerungen noch weit mehr schmerzen, als er selbst
wahrhaben will...?<
Deprimiert vergräbt sie das Gesicht zwischen den Knien. Allmählich kommen ihr die Tränen. Langsam,
aber unaufhaltsam quellen sie aus den inzwischen rot geränderten Augen ihre hübsche Nase entlang
und tropfen schließlich heiß auf die Bettdecke, wo sie einen immer größer werdenden, feuchten Fleck
hinterlassen.
>Ich zerstöre sein Selbstbewusstsein...! - Ich mache ihn unglücklich...!<
Die Tränen kennen kein Halten mehr...
Ein qualvoller Tag
Whaahhh *tausendmal entschuldig*, ich hab mich vertan, dieses ist das kürzeste Kapitel.
*schäm* *rotwerd* *unterm Tisch versteck* - Dafür werde ich später alles wieder gut machen ... schon
sehr bald, ... ganz eeehrlich. - Aber schließlich muss ich die Kapitel an einigermaßen sinnvollen Stellen
unterteilen.
Eins noch: Gaaanz lieben Dank an die Kommischreiber, ohne euch wäre es echt nur der halbe Spaß!!
Arigato gozaimasu!
„.........“ = wörtliche Rede
>........< = Gedanken
[..........] = persönliche Kommentare der Autorin
unterstrichene Worte sind betont
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Deprimiert vergräbt sie das Gesicht zwischen den Knien. Allmählich kommen ihr die Tränen. Langsam,
aber unaufhaltsam quellen sie aus den inzwischen rot geränderten Augen ihre hübsche Nase entlang
und tropfen schließlich heiß auf die Bettdecke, wo sie einen immer größer werdenden, feuchten Fleck
hinterlassen.
>Ich zerstöre sein Selbstbewusstsein...! Ich mache ihn unglücklich...!<
Die Tränen kennen kein Halten mehr...
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Auch im Laufe des ganzen nächsten Tages finden weder Kyoko noch Ren einen Weg, ernsthaft
miteinander zu reden, so dass jeder der beiden im eigenen Trübsinn gefangen bleibt.
So ist es dann auch nicht verwunderlich, dass sie beide irgendwie erleichtert sind, als Ren schließlich
am frühen Abend aufbricht, um rechtzeitig zu seinem Interviewtermin zu kommen.
2 Stunden später macht sich der Schauspieler im Wagen auf den Weg zur Agentur.
Ren hat das Interview wie gewohnt ohne irgendwelche Probleme hinter sich gebracht. Er war charmant,
zuvorkommend und höflich wie immer und hat es fertig gebracht, die Unordnung in seinen Gedanken
und das fast unerträgliche Gefühlschaos tief in seinem Inneren einzuschließen. Niemand hat auch nur
das Geringste bemerkt...
Aber es hat den jungen Schauspieler enorm viel Kraft gekostet...
Jetzt sitzt er, deutlich von Müdigkeit gezeichnet, am Steuer seines Wagens und findet in der
Konzentration auf das Fahren gerade so viel Ablenkung, dass er das Gedankenkarussell in seinem Kopf
ein wenig verlangsamen kann.
Yashiro sitzt neben ihm im Auto und mustert ihn sorgenvoll von der Seite, sagt jedoch nichts.
Ihm ist klar, dass sein Schützling sich vermutlich gerade auf eins der schwierigsten Gespräche seines
Lebens vorbereitet...
Auch den Besprechungstermin in der Agentur bringt Ren noch in seiner gewohnt nonchalanten,
selbstsicheren Art hinter sich, das berühmte Gentleman-Lächeln geradezu ins Gesicht gemeißelt. Selbst
Yashiro fällt beinahe auf sein scheinbar so integeres Verhalten herein, ... doch er weiß zuviel und kennt
ihn inzwischen zu gut...
Der Manager macht sich zunehmend Sorgen um den seelischen Zustand seines Schützlings und fragt
sich, wie lange das noch gut gehen kann. Inständig hofft er, dass das Gespräch mit dem LME-Chef den
jungen Schauspieler helfen wird, ... wenigstens auf Dauer...
Erst als alle anderen bereits fort sind und Ren sich mit Yashiro auf den Weg zum Lift macht, bröckelt die
Fassade allmählich von ihm ab.
„Soll ich auf dich warten?“, fragt sein Manager ihn besorgt.
„Nein, lass nur, ... ich rufe dich später an.“ Der Schauspieler lächelt müde.
„Bist du sicher?“ Ren nickt. „Gut, aber wenn ich später noch vorbeikommen soll, dann sag es mir, ...
egal zu welcher Uhrzeit.“
„Ja“, sagt der Schauspieler und lächelt dankbar.
„In Ordnung. Bis dann.“
Yashiro verbeugt sich zum Abschied und wirft ihm ein aufmunterndes Zwinkern zu, doch noch bevor er
sich zum Gehen umwenden kann, hält Ren ihn auf.
„Warte, Yashiro-kun!“
Der Angesprochene sieht ihn verwundert an.
„Danke.“, sagt Ren ... und verbeugt sich tief. „Ehrlich. – Du bist weit mehr als ein Betreuer und Manager
für mich geworden, ... vor allem seit den Dreharbeiten zu Dark Moon. – Und ... ich weiß, dass es dir
gegenüber eigentlich ziemlich unfair ist, dass ich dir nicht so ganz vertrauen kann. – Entschuldige
bitte.“
Yasiro ist gerührt. „Schon gut“, winkt er ab, „so was sollte man auch nicht übers Knie brechen. Ich bin
schon froh, dass du nicht mehr alles in dich reinfrisst. - Ich danke dir , ... dass du
ein wenig über deinen eigenen Schatten gesprungen bist. Ich kann mir vorstellen, wie schwierig das
war.“
Auch Yashiro verbeugt sich tief und als er sich nun endgültig verabschiedet, greift er dem Schauspieler
noch einmal kurz an die Schulter, während er ihm aufmunternd zunickt. Dann dreht er sich um und
geht langsam in Richtung Haupteingang davon.
Ren hingegen atmet 3 Mal tief durch und betritt dann den mittlerweile eingetroffenen Fahrstuhl, um
dem vermutlich schwersten Gespräch seiner Karriere entgegen zu fahren.
Als er schließlich einige Minuten später vor dem Büro des Agenturchefs steht, ist er für einen kurzen
Moment versucht, doch noch den Rückzug anzutreten.
>Ach was<, schimpft er mit sich selbst, >das kann doch sowieso nicht ewig so weitergehen. – Feige
war ich lange genug ... und es hat doch ohnehin nie wirklich funktioniert...<
Also atmet er noch einmal tief durch und klopft an.
Von drinnen hört man ein sonores „Herein“ und nachdem Ren sich ein wenig gestrafft hat, betritt er das
Büro.
Was er erblickt, überrascht ihn jedoch derart, dass er Mühe hat, seine Gesichtszüge unter Kontrolle zu
behalten.
Am teilweise vergoldeten, wuchtigen Schreibtisch sitzt Rory Takarada im vollen Ornat eines Pharaos aus
dem neuen Reich, komplett mit doppelter Krone, reich geschmücktem Lendenschurz,
edelsteinbesetztem Goldgliederkragen, Krummstab und Wedel. Der Schreibtischstuhl steckt unter
einem Stoffüberzug, der den Eindruck erweckt, als handle es sich bei dem Möbelstück um einen antiken
ägyptischen Thron.
Überall im Zimmer stehen altägyptische Kunstwerke [natürlich alles Kopien] und an langen
Bambusstangen hängen in allen 4 Ecken des Raumes lange, schmale, weiße Fahnen. In einer Ecke der
Fensterfront steht auf einem Ständer eine bronzene Metallschale, in der feinstes Räucherwerk
verbrennt. Der aufsteigende Rauch verbreitet einen angenehm süßlichen Duft, der eine ruhige,
feierliche Atmosphäre im Raum verbreitet.
Rory Takarada lächelt, als er Rens Verblüffung registriert.
>Geschafft!<, denkt er schmunzelnd, >Ich hab es doch glatt fertig gebracht, ihm eine aufrichtige
Reaktion zu entlocken...<
„Nimm doch bitte Platz, Ren-kun.“, sagt er freundlich und deutet auf die kleine Sitzgruppe in der Nähe
des Fensters.
Rory Takaradas Geheimnis
Meine Güte, geht das mit dem Freischalten in letzter Zeit schnell, ... noch schneller komm ich
echt nicht nach! – Aber es freut mich, dass ihr alle so fleißig Kommis und ENS schreibt. ^^ - Arigatooo!
So, und jetzt: Viel Spaß!
„.........“ = wörtliche Rede
>........< = Gedanken
[..........] = persönliche Kommentare der Autorin
unterstrichene Worte sind betont
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Rory Takarada lächelt, als er Rens Verblüffung registriert.
>Geschafft!<, denkt er schmunzelnd. >Ich hab es doch glatt fertig gebracht, ihm eine aufrichtige
Reaktion zu entlocken...<
„Nimm doch bitte Platz, Ren-kun.“, sagt er freundlich und deutet auf die kleine Sitzgruppe in der Nähe
des Fensters.
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Die beiden ungleichen Männer nehmen Platz und Rory Takarada legt Krummstab und Wedel auf dem
Tischchen ab.
„Yashiro-san hat mir berichtet, welches Problem du hast.“
Er fasst kurz zusammen, was er von Rens Betreuer tags zuvor gehört hat, damit Ren ihn nötigenfalls
berichtigen oder ergänzen kann. (Was er jedoch nicht tut.)
„Als Allererstes möchte ich dir folgendes sagen: Es mag merkwürdig klingen, ... aber ich bin eigentlich
sehr froh, dass du – endlich mal – ein solches Problem hast.“
Ren Tsuruga fällt beinahe die Kinnlade herunter, der LME-Chef lässt sich jedoch nicht unterbrechen.
„Ich dachte schon, du würdest ewig so weiter machen mit deiner selbst gewählten Isolation. –
Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet Kyoko-chan die Betonmauern um dich herum einreißt? Noch
dazu, ohne es auch nur zu ahnen.“
Er wird plötzlich ernst.
„Und noch Eines vorneweg, bevor wir uns richtig unterhalten: Lass die Finger vom Alkohol! –
Ganz besonders, wenn du in einer Krise steckst, das macht alles nur noch schlimmer...“
Rory seufzt leise.
„Ich habe schon zu viele Künstler daran zerbrechen sehen ... und es sind immer die besonders
begabten. – Ich weiß, das Showbiz ist mitunter mörderisch und eigentlich verlangt es von allen
Beteiligten, dass sie in erster Linie funktionieren. Aber ich weiß auch, dass man es damit nicht
übertreiben darf, schließlich kann es auch für eine Produktionsfirma nicht einträglich sein, ihre
Schauspieler gnadenlos zu verheizen.“
„Als ob andere Leute darauf Rücksicht nehmen würden.“, meint Ren bitter. „Die Medien, die Presse, die
Fans, die Leute auf der Straße...“
„Ja, ich weiß.“, gibt Takarada ebenso ernst wie ruhig zurück. „Und deshalb ist es auch in Ordnung, in
der Öffentlichkeit nicht allzu viel von sich zu preiszugeben, sein Privatleben zu schützen. – Aber bei dir
gibt es da ein Problem, ... jedenfalls bisher: Du hast gar kein Privatleben.“
„Ein Privatleben, das nicht existiert, kann auch nicht in den Schmutz gezogen werden.“
„Das ist durchaus richtig. – Aber welchen Preis zahlst du dafür, Ren-kun? – Es gibt gar nichts
mehr, was es zu verteidigen gäbe. – Außerdem: Wenn du keine persönlichen Erfahrungen mehr zulässt,
wird dein Schauspiel dadurch mit der Zeit in gleichem Maß ärmer werden wie deine gesamte
Persönlichkeit.“
Ren Tsuruga legt den Kopf in beide Hände, die Ellenbogen sind auf den Knien abgestützt.
„Und?! Was soll ich ihrer Meinung nach tun, Takarada-san?“
„Was ich da sage“, meint Rory seufzend, „hört sich alles nach einer ausgewachsenen Gardinenpredigt
an, was? Dabei sollte es das eigentlich gar nicht sein. Vielleicht sollte ich dir erst einmal etwas über
deinen Beruf erklären. Du bist nämlich ganz und gar nicht allein mit einer solchen Gefühlslage.
Schauspieler sind so was wie Vagabunden, ständig unterwegs, sie leben quasi aus dem Koffer. Sie
wechseln die Welten wie andere die Kleidung. Meist können sie sich in jede beliebige Umgebung
problemlos einfügen ... und doch gehören sie nie wirklich dazu. – Je begabter ein Schauspieler ist,
desto problematischer wird das meistens.
Manche haben das Glück, einen Rückhalt in der eigenen Familie zu finden, aber es ist eher selten, dass
das auf Dauer funktioniert. Die Schauspielerei verlangt nämlich vollen Einsatz und das belastet letztlich
jede Beziehung, ... gleich welcher Art. Besonders krass ist das natürlich, wenn der Partner bzw.
die anderen Familienmitglieder selbst mit dem Showbiz nichts zu tun haben.
Die Menschen, die es trotzdem schaffen, ihre Beziehungen über längere Zeit zu erhalten und in ihnen
sozusagen eine Heimat zu finden, haben es geschafft, sich selbst zu finden. Sie ruhen
sozusagen in sich und behaupten nicht, keinen zu brauchen, sie tun es normalerweise wirklich
nicht. Die meiste Zeit kommen sie hervorragend allein zurecht, auch und vor allem emotional, ... aber
im Fall einer Krise sind sie jederzeit in der Lage, sich Hilfe und Unterstützung zu holen ... und sie auch
anzunehmen. - Genauso gut können sie selbst aber auch andere unterstützen. Das ist es vielleicht, was
man als wahrhaft frei bezeichnen könnte; diese Leute bringen es fertig, sich in ihren Beziehungen frei
auszutauschen, bedingungslos, ohne Erwartungen oder Fesseln ... und genau darum in einer liebevollen
Gemeinschaft geborgen zu sein.
Aber es gibt nicht viele Menschen, die das schaffen. – Ich selbst kann auch nicht unbedingt behaupten,
dazu zu gehören; aber ich werde auch nicht aufhören, daran zu arbeiten...“
Ren sieht seinen Chef überrascht an, so viel Tiefgang hat er nun wirklich nicht erwartet. Andererseits...
„Entschuldigen Sie die indiskrete Frage, Takarada-san, ... aber haben Sie eine geheime Geliebte, die sie
vor der Öffentlichkeit verstecken?“
Rory Takarada lacht leise.
„Nein, das nun wirklich nicht.“, sagt er ... und wird plötzlich sichtlich melancholisch. „Und ich glaube
auch nicht, dass so was noch passieren wird.“
Der junge Schauspieler sieht ihn ein wenig verständnislos an, woraufhin der Ältere schmunzeln muss.
„Ich sehe schon, Yashiro-san hat kein Wort darüber verloren, warum ich für deine Probleme
Verständnis haben könnte, nicht wahr?“
„Nein“, meint Ren, verblüfft, dass es da etwas zu wissen gibt, „sollte er?“
Rory Takarada lächelt.
„Nein, schon gut. Es ist einer von Yashiros vornehmsten Charakterzügen, dass er mit den
Privatangelegenheiten anderer Leute nicht hausieren geht. – Ich habe ihn nicht umsonst als deinen
Betreuer bestellt.“
Seufzend sieht er seinem Schützling ernst – und ein bisschen traurig – in die Augen.
„ Mein Problem ist“, fährt er fort, „dass ich mich wahrscheinlich nie wieder verlieben werde. – Ich
habe meine Frau vor 12 Jahren verloren. Sie hatte einen schweren Verkehrsunfall ... und war sofort tot;
ich hatte nicht einmal Gelegenheit, mich zu verabschieden ... oder ihr zu sagen, dass ich sie liebe...
Dummerweise hatten wir uns kurz zuvor gestritten, ... weil ich zuviel Zeit in der Firma verbrachte und
mich zuwenig um die Familie gekümmert habe. – Es war gerade die Zeit, als wir mit LME kräftig
expandiert haben.
Heute ist ihr Todestag.“
„Oh, ... das ... tut mir Leid.“, meint Ren tief betroffen.
„Schon gut. – Normalerweise nehme ich mir an diesem Tag frei, um ihn sozusagen ganz allein mit ihr
zu verbringen, ... aber irgendwie fand ich es passend, dieses Gespräch genau heute zu führen.
Gewissermaßen ihr zu Ehren. Sie war eine Seele von Mensch ... und bei solchen Dingen immer ein guter
Ratgeber...“
Ren tut etwas, das so untypisch ist für ihn, dass es überdeutlich zeigt, wie sehr ihn Rorys Schicksal
bestürzt: Er kaut unwillkürlich auf der Unterlippe herum.
„Sie vermissen sie immer noch...?“ Eigentlich ist es mehr eine Feststellung als eine Frage.
Rory lächelt traurig.
„Ja, ... jeden Tag. – Als die endlosen Beerdigungsformalitäten und Riten endlich hinter mir lagen, bin ich
in ein tiefes, schwarzes Loch gefallen, ... nichts hatte mehr einen Sinn. – Ich weiß nicht, was passiert
wäre, wenn ich nicht einen Sohn gehabt hätte, um den ich mich kümmern musste. – Die Agentur lief
eine ganze Weile fast völlig ohne mein Zutun. Aber irgendwann musste ich mich dem auch wieder
stellen, immerhin ging es dabei um eine Menge Menschen, deren Existenz mit LME stand und fiel. Die
Verantwortung wog schon schwer... – Also habe ich mich wieder in die Arbeit gestürzt; Familie und
Arbeit, ... das war das Einzige, was noch zählte. –
Doch irgendwann wurde mein Sohn erwachsen, war kaum noch zu Hause ... und hatte schließlich eine
entzückende, hübsche Freundin, die ihm selbstverständlich wichtiger war als der verbitterte Vater.
Dadurch war ich natürlich irgendwann außen vor...
In dieser Zeit hab ich irgendwann mit den Maskeraden angefangen. Extravagant war ich schon immer,
allerdings nicht auf diese Art. – Zuerst war diese Selbstinszenierung nur Ablenkung - für mich selbst
ebenso wie für diese notorischen Mitleider -, aber ich merkte schnell, dass es für mich auch eine Quelle
der Inspiration war ... und ist. Darum habe ich es bis heute beibehalten.“
Er schaut dem jungen Schauspieler ernst in die Augen und beugt sich ein wenig zu ihm hinüber.
„Ren-kun, nimm deine Gefühle nicht auf die leichte Schulter, wirf dein Glück nicht einfach weg, ohne es
wenigstens zu versuchen. Nimm diejenigen, die du liebst, nie zu selbstverständlich, du kannst sie
schneller verlieren, als du denkst. - Geh nicht nur aus Angst auf Abstand, du wirst es irgendwann bitter
bereuen ... und ich glaube auch nicht, dass Kyoko-chan das verdient hat.
Ich weiß, dieses Mädchen ist nicht unkompliziert. Als sie sich hier bewarb, war sie seelisch regelrecht
ein Wrack, und das in ihrem Alter. Irgendetwas hatte sie so tief verletzt, dass Rache und Wut sie zu
zerfressen drohten. – Seitdem hat sie sich unglaublich zu ihrem Vorteil entwickelt ... und ich bin froh,
dass ich ihr Talent erkannt habe, zumal ihr diese Arbeit zu helfen scheint, alte Wunden zu heilen. - Ich
bin fest überzeugt, dass sie eines Tages die größte Filmdiva des Landes sein wird. Vielleicht schafft sie
es sogar, international erfolgreich zu sein.“
„Ja“, stimmt Ren Tsuruga unumwunden zu, aber es sind nicht Freude oder Stolz darüber, die seine
Gesichtszüge beherrschen, „und ich werde nie für sie da sein können, wenn sie mal Schutz braucht...“
Vergeltung
So, mit den Enthüllungen geht es jetzt Schlag auf Schlag, ... damit wir in der Handlung mal
vorankommen. ^^ Ich hab schließlich noch einiges vor mit unseren Protagonisten...
Viel Spaß also beim Lesen ... und regt euch nicht zu sehr auf ^^...
„.........“ = wörtliche Rede
>........< = Gedanken
[..........] = persönliche Kommentare der Autorin
unterstrichene Worte sind betont
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„Ja“, stimmt Ren Tsuruga unumwunden zu, aber es sind nicht Freude oder Stolz darüber, die seine
Gesichtszüge beherrschen, „und ich werde nie für sie da sein können, wenn sie Schutz braucht...“
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„Du sprichst auf diese Sache während der Dreharbeiten in Karuizawa an?“
Ren nickt resigniert. „Ja.“
Nur eine Sekunde später schaut er den LME-Chef verblüfft an.
„Sie wussten davon?“
„Natürlich.“, gibt Rory ernst zurück. „Wenn jemand von meinen Schützlingen belästigt und beinahe
vergewaltigt wird, muss ich davon wissen ... und zwar so schnell wie möglich, damit ich einen
unnötigen Skandal schon im Vorfeld verhindern kann. – Nicht auszudenken, wenn dieser Möchtegern-
Künstler Kyoko-chans Karriere schon im Ansatz zerstört hätte. – Letztlich nur, weil sie selbst sich nicht
gegen diesen brutalen, selbstgefälligen Kerl wehren konnte.“
Er betrachtet den jungen Schauspieler vor sich eindringlich.
„Du machst dir Vorwürfe, weil nicht du es warst, der sie gerettet hat?“
Ren nickt unglücklich. „Stattdessen ging ausgerechnet dieser Sho Fuwa dazwischen...“
Rory Takarada horcht auf. „Warum ‚ausgerechnet’?“, hakt er nach.
„Es ... es tut mir Leid, aber das kann ich Ihnen nicht sagen. Das ist eine private Angelegenheit zwischen
Kyoko-chan und ihm. – Es wäre mehr als unfair, ohne ihr Einverständnis darüber zu sprechen.“
„Hm, ... verstehe.“, meint Rory nachdenklich. „Und ich verstehe auch, dass du dir Vorwürfe machst,
wenn du für sie im Notfall nicht immer da sein kannst. - Wer, wenn nicht ich?“, murmelt er; mit fester
Stimme spricht er dann weiter. „Dabei spielt es gar keine Rolle, ob man sich tatsächlich einen Vorwurf
machen sollte oder nicht. –Yashiro hat mir erzählt, dass du ihn damals sogar vorgeschickt hast... Du
hattest so was wie eine böse Vorahnung, oder?“
„Ja. Ich war schon vor Beginn der Aufnahmen unruhig, ich hatte sie schon am Abend vor der Abfahrt
angerufen und um besondere Vorsicht gebeten. – Sie muss mich für komplett verrückt gehalten
haben... Und bei dem Fotoshooting, wegen dem ich erst ein paar Tage später nachkommen konnte ...,
saß ich dann regelrecht auf heißen Kohlen. Es war so entsetzlich weit weg vom Set... - Dabei wusste ich
nicht einmal, warum ich so angespannt war...“
„M-hm...“, macht Rory. Er denkt eine Weile angestrengt nach und beobachtet dabei Ren, der, den Blick
auf den Boden gesenkt, deprimiert vor sich hin brütet.
„So, wie ich das sehe“, meint er schließlich, „gibt es für dich in Sachen Liebe schon längst kein Zurück
mehr.“
Der junge Schauspieler sieht geschockt auf und starrt seinen Chef sprachlos an.
„Eigentlich weißt du es längst selbst.“, stellt Rory trocken fest. „Deine Verbindung zu ihr ist bereits so
stark, dass du – unabhängig von der Entfernung – schon vorher spürst, wenn Gefahr im Verzug ist.
Yashiro meinte, du hättest nicht den kleinsten greifbaren Hinweis dafür gehabt.“
„Ja, ... stimmt schon“, antwortet Ren verblüfft, „aber...“
„Es gibt kein ‚Aber’.“, unterbricht ihn der Ältere entschieden.
„Aber was“, wirft Ren verzweifelt ein, „ wenn ... wenn ... ich die Kontrolle endgültig verliere?“
Rory schmunzelt leise in sich hinein. „Eigentlich erwartet jeder halbwegs normale Mensch genau das
von jemandem, der einen geliebten Menschen in Gefahr sieht. Bei dir ist es sogar mittlerweile so, dass
jeder, der dich mag und näher kennt, auf so einen Gefühlsausbruch geradezu wartet ... und sich
darüber freuen würde.
Ich habe mich sehr für dich gefreut, als ich das erste Mal mitgekriegt habe, wie du jemanden
mit einem wahrhaft echten Lächeln ansiehst. – Auch, wenn es nur beim Dark-Moon-Dreh in deiner
Rolle war, ...es war Kyoko-chan, die das letztlich ausgelöst hat, nicht wahr?“
„Ja. Natürlich.“ Ren lächelt plötzlich weich. „Ohne sie hätte ich Dark Moon niemals zu Ende drehen
können. Übrigens nicht nur ich. Diese ‚blutige Anfängerin’ hat uns allen – inklusive Regisseur – gezeigt,
wie man eine Rolle neu auflegt, ... wie man ein Remake dreht, ohne mit Pauken und Trompeten
unterzugehen. Ohne ihre Initialzündung wäre Dark Moon wahrscheinlich gar nicht zustande
gekommen.“
Rory nickt; Ähnliches hat er schon vom Regisseur des Films und einigen anderen Crewmitgliedern
gehört.
„Um noch einmal auf deine Angst vor Kontrollverlust zurückzukommen“, sagt er schließlich, „hast du
vielleicht Angst, deine Vergangenheit könnte dich einholen, indem du wieder zum Schläger werden
könntest?“ Geflissentlich übersieht er das Entsetzen in Rens Gesicht. „Wenn ich da so an die Sache in
Karuizawa denke ... mit dieser Beinahe-Vergewaltigung...
Ren fühlt sich sichtlich ertappt. „Ja.“, gibt er zu und senkt erneut den Blick. „Wenn ich diesen Typen in
die Finger gekriegt hätte, hätte ich vermutlich Hackfleisch aus ihm gemacht. – Dabei weiß ich bis heute
nicht einmal, wer es war.“
In Rorys Gesicht breitet sich unwillkürlich ein Grinsen aus.
„Kyoko-chan ist ein kluges Mädchen. – Sie war die Einzige, der ich nicht gesagt hatte, sie solle
den Namen nicht preisgeben.“
Der junge Schauspieler starrt ihn mit offenem Mund an.
„Um die Situation unter Kontrolle zu halten“, fährt der LME-Chef schmunzelnd fort, „war es in diesem
Fall notwendig . Yashiro-san hat sehr wohl gespürt, dass du – wohl nicht nur wegen der
Selbstvorwürfe – kurz vor dem Platzen standest und hat mich informiert. Er war übrigens auch nicht der
Einzige, der mich über diesen Vorfall informiert hat, sondern nur der Erste. – Er wusste zwar nicht, dass
du in deiner Jugend ein schlimmer Rowdy warst, ... aber inzwischen hat er einen guten Blick für deine
Reaktionen.
Es hätte schließlich nichts gebracht, diesen Kerl im Nachhinein noch einmal zu verprügeln. Dafür habe
ich schon auf anderer Ebene gesorgt.“
Rens Kiefer will anscheinend nicht mehr in seine Ausgangsposition zurück, er sieht sein Gegenüber mit
großen Fragezeichen im Gesicht an.
„Der Typ ist auch aus dem Showbiz.“, erklärt Rory Takarada grinsend. „Ein paar Anrufe und er war
schachmatt gesetzt. Sollte er den Mund auch nur einen Millimeter weit öffnen, um über diese
Geschichte zu plaudern, ist er endgültig raus aus dem Geschäft. Der Skandal würde nicht nur ihm das
Genick brechen, sondern auch seiner Agentur. – Es hat sich nämlich herausgestellt, dass er einem
anderen Künstler mehrfach sein geistiges Eigentum gestohlen und versucht hat, ihn auf übelste Weise
zu sabotieren, um selbst nach oben in die Charts zu kommen. - Da war es nicht weiter schwierig,
andere Agenturen in dieser Sache zur Zusammenarbeit zu bewegen.“
Ren schweigt staunend, dann jedoch legt er die Stirn in Falten.
„Aber, ... wird ihn das nicht erst recht wütend machen? Was, wenn er sich jetzt an Kyoko-chan rächen
will? Der Kerl muss Furcht erregend sein, Kyoko-chan ist nicht der Typ Frau, der sich leicht
einschüchtern lässt ... und sie hat noch ein bisschen gezittert, als ich damals dazu kam.“
„Das könnte tatsächlich sein“, gibt Takarada zu, „obwohl ich glaube, dass er zumindest vorerst
stillhalten wird. – Nichtsdestotrotz ist genau das der Grund, warum ich über einen Betreuer für sie
nachdenke, der idealerweise Nahkampftechniken beherrscht. Es ist ohnehin an der Zeit. – Dark Moon
wird nämlich einschlagen wie eine Bombe. Ich habe gestern die Rohfassung gesehen, ... besonders
Kyoko-chan ist einfach sensationell. Sie wird sich nach der Premiere vermutlich vor Angeboten kaum
retten können; es gibt nicht viele Mädchen in ihrem Alter, die auch schwierige Charakterrollen spielen
können...“
Er schaut Ren in die Augen und hält mit einem Mal inne.
„Sag mal, ... wieso hast du solche Angst auszurasten? Ich meine, ... es ist doch nur natürlich, jemanden
zu beschützen, den man gern hat, ... notfalls eben auch mit Gewalt. Ich denke noch nicht einmal, dass
es dir jemand übel nehmen würde.
Sicher, dein Image wäre etwas beschädigt, aber meines Erachtens gehört das sowieso modifiziert. – Was
steckt dahinter? Du hast doch wohl offenbar eine Heidenangst, dass du dann völlig außer
Kontrolle gerätst...“
„Ja“, gibt Ren mit gesenktem Kopf zu, „weil dann die ganze alte Scheiße wieder hoch kommt.“ [Huuch!!
Solch ein Wort aus dem Mund eines geradezu legendären Gentlemans?!]
„Warum? Ich dachte, das hast du überwunden, ... genau wie diese albernen Weibergeschichten.“
Der Gesichtsausdruck des jungen Schauspielers ist zutiefst verzweifelt. Schließlich seufzt er und macht
dann leise und ein bisschen widerstrebend ein Geständnis.
„Weil Kyoko-chan der Anfang von alldem war.“
Geständnis
So, das ist das letzte Kapitel „Männergespräch mit Takarada“ ^^ (Für alle, denen das Düstere langsam
zu viel wird...)
Schreibt weiter fleißig Kommis! Ich versuche meinerseits, mit dem animexx-Turbo mitzuhalten... ^^
Viel Spaß beim Lesen!
„.........“ = wörtliche Rede
>........< = Gedanken
[..........] = persönliche Kommentare der Autorin
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„Ja“, gibt Ren mit gesenktem Kopf zu, „weil dann die ganze alte Scheiße wieder hoch kommt.“ [Huuch!!
Solch ein Wort aus dem Mund eines geradezu legendären Gentlemans?!]
„Warum? Ich dachte, das hast du überwunden, genau wie diese albernen Weibergeschichten.“
Der Gesichtsausdruck des jungen Schauspielers ist zutiefst verzweifelt. Schließlich seufzt er und macht
dann leise und ein bisschen widerstrebend ein Geständnis.
„Weil Kyoko-chan der Anfang von alldem war.“
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„Erklär mir das genauer.“, verlangt sein Chef.
Ren atmet noch einmal tief durch, dann erzählt er.
„Ich bin als Kind von Kindermädchen zu Kindermädchen, von Privatlehrer zu Privatlehrer geschoben
worden. Niemals hat sich jemand darum gekümmert, wie es mir geht, nie hat mich jemand wirklich
anerkannt für das, was ich tat, alles immer nur höfliches, halbgares Gesülze...
Kyoko-chan war der erste Mensch, der mir überhaupt mal ernsthaft zugehört hat, mir Mut gemacht hat,
mich unterstützt hat, wo sie konnte. Es waren nur ein paar Wochen, ... aber die haben letztlich mein
ganzes Leben verändert.“
„Ja...“, bemerkt Takarada nachdenklich, „ja, ... Yashiro hat so was angedeutet.“
„Ich war damals der Ansicht, wir sehen uns nie wieder, zumal ich kurz darauf mit meinen Eltern nach
Amerika musste. Ich habe niemals den Versuch gemacht, Kyoko-chan zu schreiben oder anzurufen,
schließlich wusste ich ja, dass sie ihren Traumprinzen bereits gefunden hatte ... und das war nun
einmal nicht ich. – Also habe ich versucht, sie zu vergessen, ... allerdings mit wenig Erfolg.
Als Vater dann mit dieser Verlobung kam als ich knapp 15 war, da ... kriegte ich sie erst recht nicht
mehr aus dem Kopf...“
Dem LME-Chef geht anscheinend langsam ein Licht auf.
„Diese vermaledeite Verlobung...!“, schimpft er leise, „Ich hab ihm gleich gesagt, dass es eine
Schnapsidee war, dich damit ein wenig zugänglicher machen zu wollen...“
Ren lächelt bitter. „Ich habe die merkwürdigen Gedankengänge meiner Eltern noch nie verstanden. –
Diese Zicke war so ziemlich das Schlimmste, was mir passieren konnte. In der Öffentlichkeit immer
charmant, höflich und fröhlich, doch sobald wir allein waren, eine verwöhnte Prinzessin, der man
absolut nichts recht machen konnte ... und die dann schnell zur Furie mutiert ist.“
Rory überlegt einen Moment, dann kommt ihm ein Gedanke.
„Stimmt“, meint er, „das mit den Prügeleien hat gleich nach dieser Verlobung angefangen... Du hast
dich zuerst nur geprügelt, um dich abzureagieren, oder?“
„Ich glaube schon. – Etwa ein halbes Jahr später fing auch das mit den kurzen Affären an. – Ich hab die
letzten Wochen viel darüber nachgedacht. – Ich glaube, ich habe einfach nach Ersatz für Kyoko-chan
gesucht, weil ... weil ich sie endlich vergessen wollte.“ Leise fügt er hinzu: „Aber wenn ich ehrlich bin,
hab ich nie damit aufgehört, alle Mädchen mit ihr zu vergleichen, ... auch wenn mir das nicht klar war.“
„Du warst in keines der Mädchen je verliebt, richtig?“
Ren schüttelt langsam den Kopf.
„Ich habe versucht es mir einzureden, aber ... ich glaube nicht. – Nicht mal ein bisschen...“
Rory Takarada reibt sich nachdenklich das Kinn.
„Ich weiß, ich war es, der dir diese Weibergeschichten damals ausgetrieben hat, bevor du bei
LME angefangen hast, aber eigentlich war das, was dann nach deinem Debüt kam – nämlich gar
nichts mehr in Sachen Liebe – noch schlimmer... Ich hätte nicht gedacht, dass du sofort ins andere
Extrem fällst und zum angepassten Langweiler mutierst... - Als dann das Angebot zu „Dark Moon“ kam,
hab ich mir wirklich ernsthaft Sorgen gemacht, nicht nur wegen der Arbeit... Alles lief auf eine
persönliche und berufliche Katastrophe hinaus, die dann auch noch in der Öffentlichkeit ausgetragen
worden wäre. – Ist dir eigentlich klar, dass dir das beruflich das Genick hätte brechen können?“
„Jetzt schon.“, seufzt Ren leise, „Damals nicht. Es ist mir erst klar geworden, als ich sah, wie leicht es
für Kyoko war, sich in ihre Rolle zu versetzen, alles Alte loszulassen und eine neue Interpretation zu
finden. Ein paar Tage war ich ziemlich verzweifelt, ... aber ich glaube, ohne den Druck wäre ich keinen
Schritt weiter gekommen...“
„Mit Sicherheit nicht.“, bestätigt sein Chef ernst. „Aber, um ehrlich zu sein, hätte ich nicht gedacht, dass
du es in der kurzen Zeit überhaupt schaffen kannst.“ Er grinst plötzlich von einem Ohr zum anderen.
„Also, ... in mancher Hinsicht kann man Kyoko-chan durchaus als genial bezeichnen. Auch wenn sie
nicht das geringste schauspielerische Talent hätte, würde ich sie um keinen Preis der Welt mehr gehen
lassen. Sie hat die seltene Gabe, anderen aus ihren Schwierigkeiten heraus zu helfen, völlig egal, um
was es geht ... und obendrein scheinbar auch noch, ohne es selbst überhaupt mitzubekommen...
Meine Güte, du warst sicher erschrocken, als du Kyoko-chan wieder getroffen hast, ... dass sie plötzlich
auch so eine Furie sein konnte? – Ihr Einfühlungsvermögen zeigt deutlich, dass sie nicht immer so
gewesen sein kann wie zu Anfang in der Agentur.“
„Ja. – Mir ist erst viel später klar geworden, dass etwas Schlimmes passiert sein musste, bevor sie sich
genötigt sah, so zu werden. – Dabei hätte ich eigentlich wissen müssen, dass – egal, was sie macht – sie
alles mit einer solchen Leidenschaft tut, dass es schon fast an Besessenheit grenzt. So war sie schon
immer.“
Noch immer wirkt Takarada nachdenklich und konzentriert.
„Diese Veränderung bei Kyoko-chan...“, hakt er unvermittelt nach, „ihr ‚Traumprinz’ hat sie sitzen
lassen, richtig?“
Ren errötet heftig. „Ja, ... so ungefähr...“
„Schon gut“, beschwichtigt Rory verständnisvoll, „ich werde nicht weiter nachfragen. Auch wenn ich
glaube, ... nein ich weiß , ... dass da noch mehr dahinter steckt...“
Noch einmal entsteht eine Denkpause, bevor er fortfährt.
„Wie gesagt, ich glaube, dass du überhaupt keine Wahl hast. Diese ganzen Gefühle sitzen noch
wesentlich tiefer als ich vermutet hatte. – Du kannst vor deiner Vergangenheit nicht
davonlaufen, ... aber du kannst sie überwinden. Das wird erstmal schmerzhaft und unbequem sein,
aber ich denke, dass du es schaffst. - Und verzeih mir, wenn ich das so offen sage, aber ... deine
schauspielerischen Fähigkeiten werden davon enorm profitieren.
Natürlich kann ich dir die Angst vor einer Abfuhr nicht nehmen, ... obwohl Yashiro ja meint, du hättest
durchaus gute Chancen bei Kyoko-chan. – Es gibt für nichts eine Garantie in Gefühlsdingen...“ Er lacht
leise. „und die ‚Eroberung der Prinzessin’ war schon immer mit Gefahren und Risiken verbunden... –
Was glaubst du, was es mich für Mühe gekostet hat, den Vater meiner Frau zu überzeugen, mir, einem
windigen, exzentrischen Produzenten, sein kostbares, wohlbehütetes Töchterchen anzuvertrauen?
Kümmere dich jetzt darum, dein Gefühlschaos etwas zu ordnen ... und rede mit ihr. Du musst ja nicht
gleich mit der Tür ins Haus fallen; ... wie wäre es zum Beispiel, wenn du es für den Anfang mit einer
soliden, freundschaftlichen Ebene versuchst. Aus so einer Position ist es auch viel leichter zu
beurteilen, wie sie die Sache sieht.
Die Öffentlichkeit überlass getrost mir. Es ist ohnehin an der Zeit, Kyoko-chans Karriere etwas
sorgfältiger zu planen. – Sawara-kun und ich sind gerade dabei, nach einem Filmprojekt für sie zu
suchen, ... damit sie nicht frühzeitig in ein zu enges Rollenfach gepresst wird. Wir dachten da an eine
dramatische Romanze oder eine Art romantischen Krimi, jedenfalls etwas mit Romantik, ein bisschen
Anspruch und etwas Action... Allerdings ist uns bisher noch nichts Geeignetes in die Hände gefallen.
Das kannst du ihr auch ruhig schon mal erzählen. – Ach, apropos: Für die Premiere müsste sie gecoacht
werden. Ich weiß, normalerweise ist das nicht üblich, aber in diesem Fall halte ich es für absolut
unerlässlich. Für eine Fernsehproduktion ist es ja eigentlich nicht einmal üblich, überhaupt eine
Premierenfeier zu veranstalten, aber das Ganze hat bereits im Vorfeld so hohe Wellen geschlagen, dass
der Sender bei der Ausstrahlung dieses Special in Form einer Premierenfeier veranstaltet ... und das
alles auch noch life.“ Rory seufzt leise. „Und wie gesagt, schon der erste Teil wird einschlagen wie eine
Bombe. So was kann eine ‚Anfängerin’ schnell überfordern. Könntest du einen Teil der Vorbereitung
von Kyoko-chan übernehmen, vielleicht mit Yashiro-san? Es geht mir in erster Linie darum, dass sie das
Verhalten der Presse und den Fotografen gegenüber lernt, wie das Prozedere bei Pressekonferenzen ist,
wie man Autogramme gibt, was bei Life-Sendungen zu beachten ist, wie man mit größeren Massen
Fans umgeht usw. – Du hast ja da leidlich Erfahrungen. Den Rest würde dann schon Sawara-kun
übernehmen.“
Der junge Schauspieler kann nichts weiter, als zustimmend nicken, denn das alles klingt sehr danach,
dass der LME-Chef ohnedies keinen Widerspruch dulden würde, selbst wenn Ren ernsthafte Bedenken
hätte...
„Ach, und noch was.“, fährt Takarada unbeirrt fort ... und grinst mit einem Mal über das ganze Gesicht,
„Sie braucht einiges an Kleidung für die Premierenfeier, die verschiedenen Pressetermine,
Autogrammstunden usw. in der nächsten Zeit. Ich hatte erst an einen Stylisten gedacht, aber... du
kennst sie viel besser als jeder andere und dein Gefühl für Styling ist ja sehr ausgeprägt...“
„Aber...“, will Ren einwenden.
„Na“, grinst Takarada, „jetzt mal keine Panik. Du sollst sie ja nicht selbst an- und ausziehen,
sondern nur mit ihr einkaufen gehen. – Eine entsprechende Kreditkarte für Spesen lasse ich dir noch
zukommen.“
Verschmitzt lächelt er ihn an.
„Wenn es dir zu peinlich ist, kannst du ja Yashiro-san mitnehmen ... oder ich schicke dir Marias-chan
als Anstandswauwau vorbei.“
Er bricht in schallendes Gelächter aus ... und auch Ren kann sich ein Schmunzeln nicht ganz
verkneifen.
„Nein“, meint er, „besser nicht, ihr Geschmack ist dann doch etwas zu extravagant für solche
Gelegenheiten.“
Rory Takarada blickt auf die Wanduhr über der Tür [die er übrigens nicht ‚ägyptisch verkleidet’
hat ^^].
„Es wird langsam Zeit für dich, zu Hause wartet jemand auf dich. – Ich hoffe, es geht ihr wieder gut.“
„Doch.“, lächelt Ren. „Gestern hatte sie Fieber und der Arzt meinte, sie solle besser bis heute im Bett
bleiben, aber heute Nachmittag schien sie weitgehend in Ordnung.“
„Prima, dann bestell ihr gute Besserung von mir und ... herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag.“
„Sie wissen davon, Takarada-san?“, fragt Ren vollkommen perplex.
„Sicher.“, grinst der LME-Chef. „Glaubst du ernsthaft, ich gehe unvorbereitet in solch ein Gespräch?
Natürlich habe ich auch noch einmal in Kyoko-chans Unterlagen geschaut. – Und jetzt mach, dass du
nach Hause kommst.“
Er nimmt Krummstab und Wedel vom Tisch und geleitet Ren zur Tür, wobei er unwillkürlich an sich
herunter schaut und offenbar über sein Kostüm nachdenkt.
„Weißt du, wen ich heute darstelle?“, fragt er unvermittelt.
„Einen Pharao vermutlich.“, antwortet Ren ein wenig verständnislos.
„Ja, Ramses II, um genau zu sein. Er hatte 8 Frauen und über 40 Kinder, aber seine Hauptfrau, Nefertari,
hat er so sehr geliebt, dass er sie als seine Königin fast gleichberechtigt an seine Seite gestellt hat. Er
hat sie in wichtigen Angelegenheiten um Rat gefragt und ihr unzählige Tempel und Paläste gebaut. Man
sagt, er habe ihren Tod nie verwunden. – Trotzdem hat er danach Ägypten noch viele Jahre erfolgreich
regiert; er war wahrscheinlich der größte aller Pharaonen. – Also muss er einen Weg gefunden haben,
mit dem Schmerz zu leben. – Vielleicht finde ich noch heraus, welchen...“
Ren Tsuruga verbeugt sich tief.
„Danke.“ sagt er, „Danke für Ihr Verständnis, Takarada-san.“
„Keine Ursache.“, meint Rory und verbeugt sich leicht. „Es liegt ohnehin in unser aller Interesse. – Und
jetzt mach endlich, dass du heim kommst!“
Ren verlässt das Büro seines Chefs, ruft den Lift und als er endlich den Knopf zur Tiefgarage drückt,
merkt er mit einem Mal, dass er wider Erwarten ziemlich erleichtert ist.
Happy Birthday!
So, jetzt ist es mit der erdrückenden Schwermut vorbei, von nun an wird’s bergauf gehen mit unseren
beiden Lieblingsschauspielern. Aber lest doch selbst...
Ach so, eine kleine Bemerkung noch: Die Prozentzahlen, die ich für die einzelnen Kapitelfortschritte
angegeben habe, sind ziemlich genau. Also wenn ihr wissen wollt, wieviel noch auf euch wartet, einfach
mal auf die Prozentzahlen schauen. ^^
„.........“ = wörtliche Rede
>........< = Gedanken
[..........] = persönliche Kommentare der Autorin
unterstrichene Worte sind betont
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...
Ren Tsuruga verbeugt sich tief.
„Danke.“, sagt er. „Danke für Ihr Verständnis, Takarada-san.“
„Keine Ursache.“, meint Rory und verbeugt sich leicht. „Es liegt ohnehin in unser aller Interesse. – Und
jetzt mach endlich, dass du heim kommst!“
Ren verlässt das Büro seines Chefs, ruft den Lift und als er endlich den Knopf zur Tiefgarage drückt,
merkt er mit einem Mal, dass er wider Erwarten ziemlich erleichtert ist.
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Als er eine gute halbe Stunde später zu Hause aus dem Fahrstuhl steigt, bewaffnet mit einem großen
Blumenstrauß und einer Kuchenschachtel, schlägt ihm schon auf dem Flur der köstliche Geruch von
Curry entgegen.
[Die Blumen und die Torte hat Yashiro netterweise für Ren abgeholt, der sie schon vor einer Woche in
den entsprechenden Läden bestellt hatte. ^^]
Etwas umständlich wirft er einen Blick auf seine Armbanduhr.
>Schon 9 Uhr! – Ach, du liebe Güte, sie hatte bestimmt Hunger.<, denkt er ... und wird plötzlich rot.
>Ich hoffe, sie läuft nicht im Pyjama herum...<
Ein paar Mal atmet er noch durch, dann nimmt er sich ein Herz und schließt, inzwischen nur noch leicht
rosa im Gesicht, die Tür zu seiner Wohnung auf.
Für einen Augenblick überlegt er, ob er sein Kommen laut ankündigen soll, entscheidet sich dann
jedoch dagegen und begibt sich auf leisen Sohlen zur Küche.
Eine ganze Weile steht er in der offenen Küchentür und beobachtet unbemerkt, wie Kyoko hier etwas
schnibbelt, dort etwas abschmeckt und leise vor sich hin summend in der Küche hin und her huscht.
Ren lehnt sich lässig an den Türrahmen und lächelt.
Ein paar Minuten später wird das Lächeln zum Grinsen.
„Tadaimah.“, verkündet er leise.
Kyoko wirbelt erschrocken herum, greift sich an die Brust und hört sich selbst spitz schreien. Als sie
registriert, dass es sich um Ren Tsuruga handelt, atmet sie erleichtert einige Male durch.
„Meine Güte, haben Sie mich erschreckt, Tsuruga-san.“
Plötzlich fallen ihr die Blumen und die Schachtel in seinen Händen auf; sie fragt sich, ob er heute noch
etwas vorhat...
„Ich ... hatte Hunger, deswegen dachte ich, ich koche schnell was.“, erklärt sie und fügt verlegen hinzu:
„Ich weiß, ich sollte eigentlich noch nicht aufstehen.“
Unerwartet schenkt ihr Ren sein heiliges Lächeln.
„Schon in Ordnung“, meint er versöhnlich, „es scheint dir ja wieder gut zu gehen. Es ist ja auch
irgendwie meine Schuld, ich hatte nicht damit gerechnet, dass es so spät wird - ich hatte noch ein
Gespräch mit Takarada-san.“
Sein Lächeln wird breiter.
„Happy Birthday, Kyoko-chan. – Ich soll dich auch von Yashiro-kun und Takarada-san grüßen, gute
Besserung und einen schönen Geburtstag wünschen.“
Feierlich überreicht er ihr Blumen und Tortenschachtel. [Man bedenke: Blumen sind schweineteuer in
Japan! ^^]
Kyoko ihrerseits ist vollkommen perplex, ihr Herz schlägt mit einem Mal so heftig, dass sie meint, es
müsse bis in den Hausflur zu hören sein. Höchst verlegen und ein wenig hilflos legt sie die Schachtel
auf dem Tisch ab und sieht sich suchend um.
„Warte mal“, kommt Ren ihr zu Hilfe, „ich stelle sie in eine Vase.“
Galant nimmt er ihr den Strauß rosa Lilien ab und holt aus einem der oberen Schränke eine Blumenvase,
die er am Waschbecken mit kaltem Wasser füllt.
Kyoko indessen öffnet neugierig, aber ein bisschen unsicher den Deckel der Pappschachtel. Staunend
fällt ihr Blick auf die hellrosa eingefärbte Torte, auf der eine große 17 prangt und in Romaji „Happy
Birthday“ geschrieben steht. Rundherum ist sie mit rosa Zuckerrosen dekoriert.
[Für alle, die es nicht wissen: Romaji sind lateinische Lettern, also europäische (normale) Buchstaben.]
Unwillkürlich schießen dem Mädchen die Tränen in die Augen. Als Ren die Vase mit den Blumen auf
dem Tisch abstellt, laufen sie bereits in Strömen ihre Wangen hinunter ... vollkommen lautlos.
Ren bleibt das Lächeln im Hals stecken, bestürzt beugt er sich zu ihr herunter.
„Was ist denn, Kyoko-chan?“
Mit einem Mal fühlt er sich schrecklich hilflos.
Hastig wischt das Mädchen sich lächelnd die Tränen aus dem Gesicht, ... wobei diese offensichtlich
nicht bereit sind aufzugeben; sie fließen immer noch nach, ... wenn auch etwas langsamer.
„Ich ... mir hat ... noch nie jemand eine Geburtstagstorte geschenkt...“, stammelt sie. „Das ... das ... ist
so ... nett, Tsuruga-san.“ Höflich verbeugt sie sich, um sich auch formell zu bedanken.
So süß er ihre Reaktion auch findet, ist der Schauspieler doch ziemlich erschüttert.
„Jetzt mach aber mal halblang, Kyoko-chan“, meint er, „das ist doch das Mindeste. – Ach, und ...
würdest du mich bitte beim Vornamen nennen, ich finde, wir kennen uns lange genug dafür.“
Kyoko schaut verwirrt zu ihm auf. „Ich... Sie... Du bist nicht sauer auf mich, ... Ren ... –san?“, stammelt
sie.
Jetzt ist es an dem Schauspieler, sie verblüfft anzusehen. „Nein, ... nein, wieso sollte ich?“, fragt er
befremdet.
„Na, weil Sie ... äh ... weil du gestern und heute kaum mit mir gesprochen hast; ich hatte das Gefühl, du
gehst mir aus dem Weg.“
Ren kommt jetzt doch ein wenig ins Schwitzen. [Schlechtes Gewissen! *hehe* ]
„Nein, tut mir Leid, wenn es so aussah.“, entschuldigt er sich hastig. „Ich stand nur ein bisschen neben
mir. Das ist wirklich nicht deine Schuld.“
Kyoko lacht unter Tränen. „Oh... – Ich glaube, das Essen ist fertig.“
„Gut“, sagt Ren und schenkt ihr ein ehrliches Lächeln, „dann decke ich den Tisch, ... und zum Nachtisch
gibt es Torte.“
3 Stunden später ist Ren schließlich allein im Wohnzimmer. Das Geschirr hat er bereits in die Küche
geräumt, die Schachtel mit der restlichen Torte jedoch steht noch auf dem Glastisch.
Der Schauspieler sitzt erstaunlich entspannt auf dem Sofa und starrt unschlüssig das Telefon in seiner
Hand an.
Plötzlich vibriert es heftig, so dass er unwillkürlich zusammenzuckt. Dann jedoch nimmt er nach einem
kurzen Blick auf das Display den Anruf grinsend entgegen.
„Hallo, Yashiro-kun. – Ich hatte gerade überlegt, ob ich dich jetzt noch anrufen kann.“
Der Betreuer am anderen Ende der Leitung ist überrascht. „Ich hab mir Sorgen gemacht. – Aber so wie
es sich anhört, scheint es dir ja wesentlich besser zu gehen.“
„Tut mir Leid, Yashiro-kun, dass du dich gesorgt hast, ... aber ich konnte nicht eher anrufen.“ Der
Schauspieler wird dermaßen rot, dass man es fast durch das Telefon sehen kann.
„Kyoko-chan hat bis vor einer knappen halben Stunde hier bei mir gesessen.“, erklärt er; er kann sich
lebhaft vorstellen, wie breit Yashiro am anderen Ende der Leitung grinst.
„Was ist passiert?“, fragt dieser neugierig. „Los, erzähl, ich will alles wissen! – Oder, warte mal, vielleicht
fängst du besser mit dem Gespräch an, das du mit Takarada-san hattest. Ich schätze mal, das Eine hat
mit dem Anderen zu tun...“
Der Schauspieler räuspert sich umständlich und holt noch einmal tief Luft, dann berichtet er seinem
Betreuer ausführlich von der Unterredung mit dem LME-Chef. Es fällt ihm schon ein wenig leichter als
am Abend, über all die schmerzlichen Dinge zu sprechen, ... was natürlich auch Yashiro nicht entgeht.
Als Ren schließlich seinen Bericht beendet, pustet er, deutlich befreit, die Luft leise pfeifend aus den
Lungen.
„So“, sagt er, „jetzt weißt du alles Wichtige. – Ich gehe allerdings davon aus, dass das unter uns bleibt.“
„Versteht sich von selbst.“, gibt Yashiro ernst zurück. „So, und du bist dann hingegangen und hast
seinen Rat direkt in die Tat umgesetzt, erstmal eine freundschaftliche Basis wiederherzustellen?“
„So in etwa. – Eigentlich hatte ich gar nichts Bestimmtes vor... Aber es hat sich irgendwie ergeben. – Als
ich nach Hause kam, war Kyoko-chan in der Küche mit Kochen beschäftigt. Sie hat mich erst gar nicht
bemerkt.“
„Oh“, macht Yashiro, „na ja, vermutlich hatte sie einfach Hunger. Es war sicher spät, als du kamst.“
„Ja, es war fast 9 Uhr.“
„Wie hat sie denn auf die Blumen und die Torte reagiert?“
Ren runzelt heftig die Stirn, als er an Kyokos Gesichtsausdruck zurückdenkt. „Erschreckend gerührt.“,
meint er.
„Erschreckend?“
Der Schauspieler seufzt leise. „Die Tränen liefen ihr in wahren Sturzbächen durchs Gesicht.“
„So schlimm?“
„M-hm.“, Ren wird sehr ernst. „Sie sagte, es sei ihre erste Geburtstagstorte gewesen. – Ihrer Reaktion
nach und nach allem, was sie mir später noch erzählt hat, hat sie wahrscheinlich noch nie
irgendwelche Geschenke bekommen.“
„Oh, mein Gott.“ Der Manager ist zutiefst bestürzt. „Aber ... es würde einiges erklären...“
„M-hm, ... ich glaube, sie hat sich auch sehr über die Geburtstagsgrüße gefreut. Möglicherweise hätte
allein das sie schon zu Tränen rühren können. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber nach allem, was ich
jetzt weiß, hat sie schon als Kind nie viel Zuwendung bekommen. Es muss noch um Einiges schlimmer
gewesen sein, als ich bisher vermutet hatte. – Nach dem Essen haben wir uns über die Torte
hergemacht und Tee getrunken und dabei haben wir über vieles gesprochen.“
„Auch über ihre Kindheit?“, fragt Yashiro.
„Ja, ... aber ich weiß nicht, wie viel ich dir davon erzählen darf, ... sie will sicher, dass so wenig
Menschen davon wissen, wie möglich. Aber soviel kann ich dir verraten: Sie hatte es schon immer sehr
schwer. Es ist ein Wunder, dass sie nicht daran kaputtgegangen ist. Wenn ich das vorher gewusst hätte,
hätte ich es ihr nicht so übel genommen, dass sie ins Showgeschäft wollte, um sich zu rächen. -
Vielleicht war es sogar gerade dieser Rachegedanke, der Schlimmeres verhindert hat; sie hätte genauso
gut daran zugrunde gehen können... Es tut mir so Leid, dass ich sie so schlecht behandelt habe.“
„Hast du ihr das auch gesagt?“, fragt Yashiro vorsichtig.
Nächtlicher Rückblick
„.........“ = wörtliche Rede
>........< = Gedanken
[..........] = persönliche Kommentare der Autorin
unterstrichene Worte sind betont
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„Ja, ... aber ich weiß nicht, wie viel ich dir davon erzählen darf, ... sie will sicher, dass so wenig
Menschen davon wissen, wie möglich. Aber soviel kann ich dir verraten: Sie hatte es schon immer sehr
schwer. Es ist ein Wunder, dass sie nicht daran kaputtgegangen ist. Wenn ich das vorher gewusst hätte,
hätte ich es ihr nicht so übel genommen, dass sie ins Showgeschäft wollte, um sich zu rächen. –
Vielleicht war es sogar gerade dieser Rachegedanke, der Schlimmeres verhindert hat; sie hätte genauso
gut daran zugrunde gehen können... Es tut mir so Leid, dass ich sie so schlecht behandelt habe.“
„Hast du ihr das auch gesagt?“, fragt Yashiro vorsichtig.
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„Ja, das habe ich, ... auch dass ich wegen dem, was ihr vorgestern darüber rausgerutscht ist, ziemlich
erschüttert war und deshalb die letzten Tage nur so wenig geredet habe.“
„Hm“, macht Yashiro nachdenklich, „hast du ihr im Gegenzug auch etwas von dir erzählt?“
„Na ja“, druckst der Schauspieler herum, „nur ein bisschen. Ich hab es nicht so recht fertig gebracht; ich
hab ihr nur gesagt, dass ich in der Vergangenheit Dinge getan habe, auf die ich nicht gerade stolz bin.
– Und dass ich allein schon deshalb kein Recht gehabt habe, sie wegen ihres kleinen Rachefeldzugs zu
verurteilen, weil ich selbst in meiner Jugend zeitweise ein ziemlicher Schläger war. – Aber ich habe ihr
nicht die näheren Umstände erläutert...“
„So, so...“, überlegt Yashiro laut, „du warst also früher ein schlimmer Finger; ... irgendwie überrascht
mich das überhaupt nicht... Keine Sorge, ich werde dich nicht ausfragen, ... ich bin mir nämlich jetzt
zeimlich sicher , dass du es mir irgendwann von ganz allein erzählen wirst.“
„Du bist jetzt enttäuscht, nicht wahr, Yashiro-kun?“, vermutet der junge Schauspieler niedergeschlagen.
„Nein.“, antwortet Yashiro erstaunlich gut gelaunt. „Es ist doch unwichtig, was du früher getan hast.
Außerdem hast du auf mich schon immer wie jemand gewirkt, der durch die Überwindung von eigenen
Schwächen zu ... na ja, zu einem starken Menschen gereift ist.“
Ren fehlen die Worte.
„Komm schon“, fährt Yashiro leise lachend fort, „über was habt ihr sonst noch gesprochen? Ihr habt
euch doch bestimmt nicht den ganzen Abend nur in schmerzhaften Erinnerungen gesuhlt...“
„Nein, natürlich nicht. Eigentlich haben wir über Gott und die Welt geredet ... und gegen halb elf rief
das Ehepaar an, bei dem sie zurzeit wohnt. Sehr nette Leute übrigens. Sie haben sich Sorgen um Kyoko
gemacht, ... ich glaube, sie haben sie sozusagen inoffiziell adoptiert, jedenfalls haben sie ein sehr gutes
Verhältnis zu ihr. – Ich bin wirklich froh, dass sie dort gut aufgehoben ist...“
„Kein Wunder, dass sie sich Gedanken machen.“ Yashiro grinst laut durch das Telefon hindurch. „Wenn
das Mädchen bei einem wildfremden Mann übernachtet...“
„Ja, ja, lästere du nur, ... ich gebe mir solche Mühe, anständig zu bleiben ... und das ist weiß Gott nicht
immer einfach.“, seufzt Ren. „Aber ich denke, ich habe einen ganz guten Eindruck bei ihnen
hinterlassen.“
„Hast du mit ihnen gesprochen?“, will sein Betreuer wissen.
„Ja, natürlich. Morinaga-san, der Mann, ist zwar ziemlich brummig, aber er mag Kyoko-chan sehr und
ich glaube, ich konnte ihn überzeugen, dass sie hier vorerst besser aufgehoben ist, ... zumal in ihrem
Restaurant zurzeit so viel zu tun ist, dass sich wirklich niemand richtig um sie kümmern könnte. - Und
die Okami-san scheint eine ausgesprochen nette Dame zu sein.“
[HILFE! Ich hab keine Ahnung, wie das Ehepaar vom Daruma-ya heißt, aber ich brauchte dringend einen
Namen für den Chef; ihr werdet noch sehen, wofür...]
„Sie hatten nichts dagegen, dass sie bis zum Wochenende bei dir bleibt?“, fragt Yashiro verdutzt.
„Na ja, begeistert waren sie nicht unbedingt; ausschlaggebend war, glaube ich, dass ich ihnen
angeboten habe, sich persönlich zu überzeugen, dass hier alles mit rechten Dingen zugeht. –
Dazu kam natürlich noch, dass Takarada-san ja darauf besteht, dass ich einen Teil ihres Coachings für
die Premiere übernehme. Eigentlich bleibt dafür nur dieses Wochenende, ab Mittwoch habe ich wieder
Dreharbeiten und ich weiß nicht, ob ich mich dafür noch mal lange genug frei machen kann. Es wäre
ganz günstig, ihr jetzt Grundlagen beizubringen, die sie dann schon mal üben und verinnerlichen
kann.“
„Ach ja, wie hat sie eigentlich auf diese Neuigkeiten reagiert?“, will Yashiro wissen.
Ren lacht leise. „Sie hält es für absolut übertrieben, gleich ihren Durchbruch als Schauspielerin zu
erwarten. – Es sei doch nur eine unbedeutende Nebenrolle und ... - Pass auf! - ... neben mir und Itsumi
würde sie sowieso mehr als blass aussehen.“
„Na, so was geht ja wohl runter wie Öl, was?“
„Überhaupt nicht!“, widerspricht Ren vehement. „Ohne Kyoko-chan hätte keiner von uns einen
Weg gefunden, über eine blasse Neuauflage des alten Films hinauszukommen. – Ich ganz besonders.
Man kann hier also getrost von einer krassen Fehleinschätzung ihrerseits sprechen. - Aber sie ist
trotzdem bereit, sich Takarada-sans Anordnung zu beugen. Sie meint, selbst wenn Takarada-san nicht
Recht behalten sollte, wäre es gut, wenn sie vorbereitet wäre.“
„Für den Fall, dass er doch Recht hat?“, schmunzelt Yashiro.
„Nein, für die Zeit, wenn sie ‚irgendwann später mal’ ihren Durchbruch feiert.“
„Na, das könnte dann bei der Premiere ein Schock für sie werden... Wenn Takarada-san etwas
voraussagt, was das Showbiz betrifft, gehe ich davon aus, dass es auch eintrifft, wenigstens so
ungefähr, ... er irrt sich bei so etwas äußerst selten. – Was hat sie denn dazu gesagt, dass du sie bei der
Kleiderwahl beraten sollst?“
„Sie war ziemlich verlegen und ist rosa angelaufen.“ Ren lächelt weich bei dem Gedanken daran. „Ich
denke, es ist ihr schrecklich unangenehm, dass LME die Kosten übernimmt; sie ist in dieser Beziehung
etwas empfindlich... Aber schließlich ist es ja praktisch ‚ein Befehl von oben’...“
„Hast du denn schon Pläne, wie du das alles organisieren wirst?“, fragt Yashiro, während er schon
überlegt, ob es noch Spielräume in Ren Tsurugas Terminkalender gibt.
„Ja.“, kommt die Antwort unerwartet schnell. „Wir werden schon morgen anfangen, die grundlegenden
Dinge theoretisch durchzugehen. – Hast du eigentlich noch die DVDs von den letzten beiden
Oskarverleihungen?“
„Ja, sicher.“
„Kannst du sie uns morgen vorbei bringen? Außerdem brauchen wir noch die Aufzeichnungen der
letzten größeren LME-Premieren, soweit ich weiß, hat Sawara-san welche in der Agentur.“
„Kein Problem. – Sonst noch etwas?“
„Nein, außer vielleicht die Kreditkarte, die Takarada-san angekündigt hat; aber ich weiß nicht, ob die
morgen schon verfügbar ist.“
„Brauchst du sie denn schon dieses Wochenende?“ Yashiro ist ziemlich verblüfft.
„Ach“, lacht Ren, „zur Not geht’s auch ohne. – Ich habe beschlossen, am Wochenende zu Koji-san nach
Matsumoto zu fahren.“
„Koji Maruyama, dein Lieblingsdesigner?! - Da wird er sich aber freuen, du warst lange nicht bei ihm,
schon gar nicht in seinem Atelier auf dem Land. - Willst du dann mit ihr dort übernachten?“
„Sicher. Koji-san wird mich sowieso nicht vor Sonntagabend wieder heim lassen, wenn ich nicht wirklich
wichtige Termine aufweisen kann. – Außerdem hat er genügend Platz, so dass wir mit Kyoko-chan ein
wenig Laufen üben können.“
„Wie ich höre, hast du ja das Meiste schon durchdacht, ich schätze, du weißt erst nach dem
Wochenende, wie viel Zeit du sonst noch brauchst... Sag mir einfach rechtzeitig Bescheid, damit ich
notfalls noch was am Terminplan drehen kann.“
„Natürlich.“, meint Ren. „Willst du nicht mitkommen?“
Yashiro lacht gut gelaunt auf. „Ich werde mich hüten , den überflüssigen Anstandswauwau zu
spielen. Wie willst du ihr denn sonst jemals näher kommen? Außerdem werdet ihr genug zu tun haben,
da werden die Gespräche schon nicht ins stocken geraten. – Nein, fahrt ihr beide mal schön alleine. -
Ist es dir Recht, wenn ich morgen Früh so gegen 10 Uhr vorbei komme?“
„Das wäre prima. – Hey, willst du etwa Frühstück?“, witzelt der Schauspieler.
„Hätte ich nichts gegen.“, meint sein Betreuer am anderen Ende der Leitung trocken.
„Gut, ist notiert. Bis morgen ... und gute Nacht, Yashiro-kun.“
„Gute Nacht, Tsuruga-kun.“
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PS:
Wie ich kürzlich erfahren habe, gibt es in Japan tatsächlich einen Designer namens Maruyama,
allerdings hat der einen anderen Vornamen und designt ausschließlich Kimonos; „mein“ Koji hingegen
kreiert neben Mode für sein kleines Modelabel „Happy Stars“ vor allem Bühnenoutfits für Rock- und
Pop-Stars. Die Namensgleichheit ist also vollkommen zufällig und war in keiner Weise beabsichtigt. –
Aber lustig ist es schon... ^^
So, freut ihr euch schon auf Matsumoto, ... so wie Ren (auch wenn er sich nur klammheimlich freut ^^)?
Ich hoffe, dass ihr Koji mögen werdet, er ist wirklich ein netter Kerl, ... auch wenn es noch ein bisschen
dauert, bis ihr ihn kennen lernt. (In Kapitel 18 ^^)
Frühstück
„.........“ = wörtliche Rede
>........< = Gedanken
[..........] = persönliche Kommentare der Autorin
unterstrichene Worte sind betont
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„Das wäre prima. – Hey, willst du etwa Frühstück?“, witzelt der Schauspieler.
„Hätte ich nichts gegen.“, meint sein Betreuer am anderen Ende der Leitung trocken.
„Gut, ist notiert. Bis morgen ... und gute Nacht, Yashiro-kun.“
„Gute Nacht, Tsuruga-kun.“
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Ren Tsuruga schläft in dieser Nacht das erste Mal seit Wochen durch, ... was allerdings zur Folge hat,
dass er tags darauf prompt erst um halb zehn aufwacht.
Nach einem leicht erschrockenen Blick auf seinen Wecker, (den er im schlaftrunkenen Zustand
abgestellt haben muss) springt er eilig aus dem Gästebett, zieht sich rasch etwas über [NEIN!! - Er hat
nicht ganz nackt geschlafen!! Was denkt ihr denn wieder?! Pfui! Sitz! Hört auf zu
sabbern!] und macht sich auf den Weg zum Bad. Schon als er die Tür öffnet, weht ihm der belebende
Duft frisch aufgebrühten Kaffees entgegen und aus der Küche sind Geräusche zu vernehmen, die
eindeutig auf die Zubereitung von Essen schließen lassen.
Eigentlich frühstückt der junge Schauspieler nur, wenn man ihn dazu zwingt, [schon gar nicht, wenn er
frei hat] doch zu seiner eigenen Überraschung meldet sich aus dem Bauch lautstark ein
unmissverständliches Hungergefühl und beim Gedanken an Kyokos Kochkünste stellt sich in seinem
Gesicht ein ausgesprochen erfreutes Lächeln ein...
Rasch erledigt er seine Morgentoilette, um sich dann unverzüglich in die Küche zu begeben.
Kyoko summt leise vor sich hin, während sie noch einmal die Misosuppe umrührt. Dann stellt sie den
Reiskocher ab, öffnet den Deckel und kontrolliert die Konsistenz des zubereiteten Reises. Danach holt
sie die Stäbchen aus der Schublade und muss sich kräftig strecken, um die Reisschüsseln aus dem
Hängeschrank holen zu können. Während sie diese auf der Arbeitsfläche abstellt, hört sie Schritte auf
dem Flur.
„Guten Morgen, Ren-san.“, sagt sie fröhlich und dreht sich zur Tür um.
Ren steht verlegen lächelnd im Türrahmen und kratzt sich ein wenig verschämt im Nacken. Kyoko
findet, dass er plötzlich aussieht wie ein kleiner Junge, ... wie der Koon von damals...
„Guten Morgen, Kyoko-chan. Entschuldige, ich hab verschlafen.“
„Das macht doch nichts. Oder hast du einen Termin? – Setz dich doch.“
„Danke.“ Ren nimmt lächelnd am Küchentisch Platz. „Einen Termin wäre zuviel gesagt, aber Yashiro
wird gleich vorbei kommen, um uns Arbeitsmaterial zu bringen.“
„Oh“, sagt Kyoko überrascht und wendet sich wieder dem Essen zu, „dann werde ich noch ein
zusätzliches Gedeck auftragen.“
Während sie sich bereits emsig an die Arbeit macht, klingelt es auch schon an der Tür. Ren steht auf,
um seinem Manager zu öffnen.
Als Yashiro die Küche betritt, staunt er nicht schlecht.
„Ein traditionell japanisches Frühstück! Und dann auch noch so ein üppiges!“, entfährt es ihm begeistert
und während er Ren mit leuchtenden Augen anstarrt, kann man deutlich sehen, wie ihm das Wasser im
Mund zusammenläuft, wobei er achtlos einen kleinen Stapel DVDs auf dem Küchentisch ablegt.
„Mensch, wie lang ist das her, dass ich das letzte Mal...“ Plötzlich wird er vor Verlegenheit rosa.
„Aber, ... Tsuruga-kun, als ich gestern gesagt habe, dass ich nichts gegen ein Frühstück hätte, meinte
ich nicht so ... so ein ... Festmahl.“
Ren grinst verschämt.
„Schau nicht mich an. – Ich habe heute Morgen glatt verschlafen. Wenn du dich also bei
jemandem bedanken willst, dann bei Kyoko-chan.“ Und leise murmelnd setzt er noch hinzu: „Als ob ich
so was alleine zustande bringen würde...“
Jetzt ist es an Kyoko, sich rötlich zu verfärben.
„Ich bitte Sie, Yashiro-san“, winkt sie hastig ab, „das ist doch nicht der Rede wert. Nehmen Sie doch
Platz; Sie kommen genau richtig, das Essen ist fertig.“
Geradezu fassungslos vor Vorfreude, setzt sich der junge Manager zu Ren an den Küchentisch.
>Wenn das auch nur halb so gut schmeckt wie es riecht... Meine Güte, was steckt in diesem
Mädchen denn noch an Talenten und Fähigkeiten?<
[Hey, Yashi-kun!! Das ist nur ein Frühstück! Hey, was willst du denn erst sagen, wenn Kyoko erst mal so
richtig loslegt?! * kicher *]
Als der Tisch vollständig gedeckt ist, kann man für eine ganze Weile nur noch dezente Essensgeräusche
vernehmen, während sich bei jedem der jungen Männer ein seliges Lächeln im Gesicht ausbreitet ...
worüber Kyoko sich im Stillen ungemein freut.
„Das ist fantastisch, Kyoko-chan.“, lobt Yashiro. „Ich wusste gar nicht, dass es heutzutage noch junge
Mädchen gibt, die das Kochen so perfekt beherrschen.“ Mit einem schmunzelnden Seitenblick zu Ren
fügt er hinzu: „Jetzt versteh ich auch, warum es kein Problem ist, Tsuruga-kun zum Essen zu bewegen,
wenn du für ihn kochst.“
Ren lächelt freundlich, ... nur an den Ohren wird er ein ganz klein wenig rot... [^^’]
„Noch ein bisschen Kaffee, Ren-san?“, lenkt Kyoko unvermittelt ab und dieser – froh über den abrupten
Themenwechsel – bejaht umgehend.
Während das Mädchen nun Kaffee nachschenkt, wundert sich Yashiro insgeheim über den vertrauten
Ton, den die Beiden an diesem Morgen anschlagen.
>Irgendwas hat sich verändert, ... sie benutzt sogar seinen Vornamen... Außerdem habe ich Tsuruga-
kun noch niemals mit solchem Appetit Frühstücken sehen ... – Es wirkt fast so, als seien sie schon seit
Jahren glücklich verheiratet...< Yashiro bleibt stumm (obwohl auf seiner Zunge schon eine scherzhafte
Bemerkung lauert), doch er muss sich schwer beherrschen, damit das Grinsen in seinem Gesicht nicht
allzu breit wird.
„Nun“, meint Yashiro schließlich, „wie fühlt man sich so als angehender Star, Kyoko-chan?“
Das Mädchen senkt peinlich berührt den Blick und läuft puterrot an.
„Bitte machen Sie sich nicht lustig über mich, Yashiro-san.“
„Aber das tue ich gar nicht.“, winkt dieser hastig ab. „Wenn Takarada-san so etwas sagt, dann hat das
in der Regel Hand und Fuß.“
Ren, der neben ihm sitzt, schwankt heftig zwischen dem neuerdings ziemlich häufig auftretenden
Mein-Gott-ist-sie-süüüß-Gefühl und einem aufkeimenden Lachanfall wegen Yashiros komischem
Gesichtsausdruck. – Er entscheidet sich dafür, sich auf Ersteres zu konzentrieren...
„Willst du denn keinen Erfolg?“, fragt Ren unvermittelt ... und grinst verstohlen in sich hinein.
Noch einmal breitet sich die Röte unbarmherzig in Kyokos Gesicht aus, während sie ihn in einer
entzückenden Mischung [Finden beide Männer am Tisch! ^^] aus Verblüffung, Verlegenheit,
Verwirrung und einer absolut hinreißenden Hilflosigkeit ansieht.
„Natürlich, ... ich will meine Arbeit so gut machen wie nur irgend möglich.“, meint sie schließlich leise.
„Und natürlich will ich auch Anerkennung dafür, ... aber das wird mit Sicherheit noch dauern. Ich bin
doch noch ein totaler Anfänger. Und außerdem ist das in ‚Dark Moon’ doch nur eine unbedeutende
Nebenrolle, noch dazu die unsympathischste im ganzen Film. Die Rolle der Mio wird wohl kaum die
Zuschauer dazu animieren Fans zu werden.“
Ren zieht die Augenbrauen hoch und verdreht die Augen leicht.
„Unterschätz die Kritiker nicht. Mit guten Kritiken in Presse und Fernsehen hast du schneller Fans, als
du es dir träumen lässt. Und mit Verlaub: Du warst wirklich gut in der Rolle...“
Kyokos Blick ist mehr als skeptisch.
„Und jetzt hör auf, die Augen zu verdrehen.“, grinst er. „Du wirst ja sehen, wer Recht behält ...Das
Training ziehen wir jetzt jedenfalls durch, ... und wenn es nur vorsichtshalber ist.“
Sein Ton ist so unerbittlich, dass Kyoko nur betreten schweigt und seufzend beginnt, den Tisch
abzuräumen.
Die beiden Männer grinsen sich unvermittelt an.
„Na ja“, meint Yashiro schließlich, „ich habe heute Morgen mit Sawara-san darüber gesprochen. Er
scheint da weitgehend einer Meinung mit Takarada-san zu sein. – Er sagte, dass er mit deiner
Vorbereitung schon in der nächsten Woche beginnen wird. Ich schätze mal, die nächste Zeit wird
ziemlich arbeitsreich für dich.“
„Hat er sich geäußert, was er alles mit ihr trainieren will?“, fragt Ren neugierig.
Kyoko hingegen kommt sich langsam, aber sicher reichlich überflüssig vor, so dass sie sich
achselzuckend umdreht, um das Geschirr in die Spülmaschine zu räumen.
„Er sprach von Probeshootings, Posing vor Pressefotografen, Verhaltensregeln bei Pressekonferenzen
und Massenveranstaltungen, Imageberatung, Benimmtraining, einem Körpersprache-Seminar und noch
so einigen anderen ‚Kleinigkeiten’.“
„Also das volle Programm in Rekordzeit.“ Ren pfeift leise durch die Zähne.
Kyoko hat sich wieder zu den Beiden umgedreht und sieht entgeistert von Einem zum Anderen, in der
Hand ein Geschirrtuch, an dem sie sich geradezu krampfhaft festhält.
„Was zum...“, beginnt sie, doch ihr gehen einfach die Worte aus.
Ren schaut ihr lächelnd in die Augen. „Mach den Mund wieder zu. Wahrscheinlich wird es halb so wild.
Du hast schließlich Talent und den Benimmkurs kann Sawara-san sich meines Erachtens sowieso
sparen... Obwohl“, fügt er leise seufzend hinzu, „ich zugeben muss, dass ich für diese Prozedur
ein bisschen mehr Zeit hatte.“
Unterricht der besonderen Art
„.........“ = wörtliche Rede
>........< = Gedanken
[..........] = persönliche Kommentare der Autorin
unterstrichene Worte sind betont
_____________________________________________________________________________________________________
...
„Was zum...“, beginnt sie, doch ihr gehen einfach die Worte aus.
Ren schaut ihr lächelnd in die Augen. „Mach den Mund wieder zu. Wahrscheinlich wird es halb so wild.
Du hast schließlich Talent und den Benimmkurs kann sich Sawara-san sich meines Erachtens sowieso
sparen... Obwohl“, fügt er leise seufzend hinzu, „ich zugeben muss, dass ich für diese Prozedur
ein bisschen mehr Zeit hatte.“
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Ein paar Stunden später haben Kyoko und Ren die Aufnahmen der Oskarverleihungen und der letzten
größeren LME-Premieren durchgearbeitet. Auf dem Glastisch im Wohnzimmer liegt ein Schreibblock mit
unzähligen Notizen von Kyoko, die sie auf Rens Rat hin während der letzten Stunden gemacht hat.
Das Mädchen sitzt auf dem Boden vor dem Tisch, streckt sich ausgiebig und muss mühsam ein Gähnen
unterdrücken.
„Pause?“, fragt Ren ein wenig besorgt ... und bemerkt, dass auch ihm die Glieder steif geworden sind.
Außerdem hat er die letzten Stunden so viel erklärt, dass seine Stimme ein bisschen rau geworden ist.
Kyoko nickt leise ächzend. „Ja, ich brauche dringend etwas Bewegung. Und außerdem sollten wir was
essen.“ Langsam erhebt sie sich. „Ich schau mal, was sich da machen lässt.“
„Nein, lass nur.“, hält der Schauspieler sie auf. „Lass uns lieber außerhalb essen gehen, du bist nicht
hier, um mir den Haushalt zu machen, sondern um dir ein wenig Ruhe zu gönnen. – Schlimm genug,
dass uns Takarada-san dabei einen kräftigen Strich durch die Rechnung gemacht hat.“
Kyoko zuckt mit den Schultern und während sie sich auf das Sofa setzt, blickt sie ihn fragend an. Ren
reckt sich ausgiebig, als er sich erhebt und hat mit einem Mal ein überaus breites Grinsen im Gesicht.
„Wie wär’s mit Hamburgern?“, fragt er verschmitzt und freut sich schon auf das Leuchten in ihren
Augen, ... das auch nicht lange auf sich warten lässt.
„Überredet.“, antwortet sie lächelnd.
Eine Viertelstunde später betreten sie den Aufzug zur Tiefgarage, Ren in Jeans und Hemd, die Haare
absichtlich ein wenig unordentlich und ein Basekap auf dem Kopf. [Natürlich damit er auf der Straße
nicht gleich erkannt wird.]
„Eigentlich könntest du bei der Gelegenheit gleich das Ein- und Aussteigen üben. Es ist nämlich nicht
unbedingt einfach, elegant aus einem Auto zu kommen, das machen selbst Profis oft falsch.“, überlegt
Ren laut.
„Bei deinem Wagen ist es manchmal schwierig, überhaupt ohne Probleme raus zu kommen, so
tief wie der auf der Straße liegt.“, lacht Kyoko.
„Mag sein, aber da ich ein Mann bin, muss ich auch nicht so sehr aufpassen dabei. Sicher, auch ich
werde dabei fotografiert, ... aus den unmöglichsten Winkeln, aber bei mir kann man nun mal nicht unter
den Rock schauen. Und man kann mir auch nicht in den Ausschnitt fotografieren. Im Gegenteil, da der
Wagen so tief liegt, erwischen mich die meisten Fotografen leicht von oben, was bei mir oft
ausgesprochen sympathisch ... und damit vorteilhaft wirkt.“, erklärt er.
Inzwischen sind sie in der Tiefgarage angekommen. Die Tür gleitet zur Seite und sie begeben sich
geradewegs zu Rens Wagen, wo er seine Erläuterungen fortsetzt.
„Wenn du bei einer Galaveranstaltung einen Wagen besteigst oder aus einem aussteigst, warte, bis dir
die Tür geöffnet wird. Du wirst ja vorerst nicht selbst einen Wagen steuern können, also gilt das
eigentlich für fast alle offiziellen Angelegenheiten. Es ist nämlich ziemlich unhöflich, eine Dame am Ziel
sozusagen einfach aus dem Auto zu schmeißen.“
Kyoko hört gebannt zu ... und fragt sich insgeheim, ob seine Stimme ihr schon immer wohlige Schauer
über den Rücken gejagt hat...
Ren öffnet die Wagentür und deutet mit einer einladenden Handbewegung nach innen.
„Zeig mir mal, wie du einsteigst!“
Ein wenig unsicher dreht Kyoko dem Wagen den Rücken zu, streicht die weiten Bermudas über dem Po
glatt und lässt sich sachte auf den Sitz gleiten.
„Hey, das war gut!“, meint Ren begeistert. „Das ist für den Anfang ja kaum zu toppen. Nur wenn du
einen engen Rock trägst, wird es vermutlich nicht mehr ganz so elegant aussehen. Komm noch mal
raus.“
Kyoko schafft es, einigermaßen kultiviert aus dem Sportwagen zu steigen, was Ren jedoch lediglich mit
einem anerkennenden Nicken quittiert. Er stellt sich in Position und wiederholt das Einsteigen ein wenig
anders.
„Wenn du die Füße ein bisschen näher ans Auto bringst und dich ganz außen auf den Rand setzt, hast
du eine bessere Kontrolle und auch der kürzeste Minirock kann dir nicht dahin rutschen, wo er nicht hin
gehört. Und dann nimmst du am besten beide Beine gleichzeitig ins Auto, wobei du darauf achten
solltest, die Knie immer zusammen zu halten.“
Es sieht ein bisschen merkwürdig aus, wie der junge Schauspieler so als Frau einsteigt und Kyoko muss
sich schwer beherrschen, um nicht in Gekicher auszubrechen. Dafür kann Ren sich das Lachen nicht
mehr verkneifen.
„Das sieht bescheuert aus, oder?“, lacht er.
„Schon, ... irgendwie.“, grinst das Mädchen ... und fragt sich, ob er in letzter Zeit wohl häufiger ein so
offenes Lachen von sich gegeben hat...
Nachdem Ren sich wieder einigermaßen beruhigt hat, fährt er mit dem „Unterricht“ fort.
„Dann also zum Aussteigen. Das vorhin war schon ziemlich gut.“, meint er und dreht sich mit dem
Gesicht zur Türöffnung. „Ich zeig dir jetzt mal, wie ich als Mann aussteige. Das ist wesentlich einfacher
und die meisten jungen Schauspielerinnen machen den Fehler, es genau so zu machen. – Das hast du ja
glücklicherweise nicht getan.“ Mit einem strahlenden Gentlemanlächeln steigt er nun, ein Bein nach
dem anderen aus dem Auto, erhebt sich zu voller Größe, knöpft ein imaginäres Jackett zu und lächelt
noch eine Weile nicht vorhandenen Zuschauern zu.
Kyoko wird klar, worauf er hinaus will. „Ach so, wenn ich versuchen würde, mit einem engen Rock oder
Kleid so auszusteigen, käme ich vermutlich nicht weit, ... und es würde wahrscheinlich extrem
ungeschickt aussehen.“
„Das auch“, bestätigt Ren, „aber noch tödlicher ist es, wenn du einen kurzen Rock trägst, der würde
dabei hoch rutschen ... und da bei dieser Art auszusteigen, die Knie auseinander stehen, hätte jeder,
der will, freie Sicht auf deine Unterwäsche. Und glaub mir, die meisten Fotografen warten nur
auf so eine Gelegenheit.“
„Oh.“, macht das Mädchen, während sie leicht errötet.
>Meine Güte, wie kann eineinzelnes Mädchen denn so süß sein...?<, schießt ihm durch den Kopf ... und
er muss sich schwer zusammenreißen, dass man ihm die Gedanken nicht schon von Weitem ansieht. Es
dauert einen Augenblick, bis er sich wieder auf seine Aufgabe konzentrieren kann.
„Außerdem sieht es furchtbar ordinär aus, wenn eine Frau auf diese Art aus einem Wagen steigt, ...
ganz besonders im Abendkleid.“ Er lächelt ihr aufmunternd zu. „Jetzt versuch du es.“
Das Mädchen zögert einen Moment, um sich zu konzentrieren, dann befolgt sie exakt seine
Anweisungen beim Einsteigen.
„Hervorragend.“, lobt Ren. „Und jetzt noch einmal raus.“
Auch das Aussteigen klappt reibungslos.
„Sehr gut. – Die Knie immer schön zusammenlassen... Wenn du darauf achtest, dass die Unterschenkel
dabei immer parallel bleiben, dann kannst du selbst im kürzesten Mini noch gefahrlos ein- und
aussteigen.“
Kyoko senkt verlegen den Blick, was den Schauspieler dazu bringt, ihr liebevoll auf die Schulter zu
klopfen. Unwillkürlich zuckt er ein wenig zurück; die Berührung – so zart sie auch ist – wirkt auf ihn, als
hätte er ein offenes Stromkabel angefasst.
Kyoko indessen ergeht es kaum anders; heiße, kribbelnde Schauer fahren durch ihren gesamten Körper.
Verwirrt versucht sie, ihre Fassung wieder zu erlangen und als es ihr endlich gelingt, schaut sie direkt
in Rens weiches Lächeln.
„Wir sollten jetzt langsam los, du hast sicher Hunger.“, sagt er leise.
Das Mädchen nickt nur und steigt erneut in den Wagen. Ren schließt behutsam die Tür und begibt sich
auf die andere Wagenseite, um einzusteigen und das Auto zu starten.
„Sag mal“, fragt er unvermittelt als sie die Tiefgarage verlassen, „wie kommst du inzwischen zurecht,
wenn du Sho Fuwa triffst?“ Mit einem Seitenblick auf Kyoko, die verdutzt Luft einsaugt, beschwichtigt er
hastig: „Du musst nicht antworten, wenn du nicht willst...“
„Nein, nein, schon gut“, antwortet sie ernst, „ wenn ich das jemandem sagen kann und will,
dann noch am ehesten dir ..., Koon. – Ich hab mich jetzt meistens unter Kontrolle, wenn ich ihm
begegne. Ich bin immer noch wütend auf ihn, aber ... er ist irgendwie ... nicht mehr so wichtig.“ Sie
schaut ihn von der Seite her an und er erwidert ihren offenen Blick. Sie lächelt. „Ich bin so froh, dass ich
mit dem Schauspielern ein stückweit zu mir selbst gefunden habe. So langsam habe ich das Gefühl, am
richtigen Platz zu sein und endlich ‚die echte Kyoko Mogami’ zu werden. Ich bin doch
tatsächlich auch jemand ohne Sho. - Wahrscheinlich ist es noch ein weiter Weg ... und vielleicht ist es
auch ein bisschen wenig, sich nur über die Arbeit zu definieren, ... aber ich hab wenigstens nicht mehr
das Gefühl, sinnlos in der Gegend herum zu irren und aus lauter Verzweiflung irgendwelchen selbst
gebastelten Idolen hinterher zu hetzen...“
Eine Weile herrscht Stille zwischen den beiden, jedoch hat dieses Schweigen nichts Bedrückendes oder
Krampfhaftes an sich.
>Sie hat sich unglaublich schnell weiter entwickelt; ... und sie tut sich offensichtlich wesentlich leichter
damit als ich...<, seufzt Ren innerlich auf.
„Das ist eine gute Einstellung.“, sagt er schließlich.
Kurzer Besuch im Daruma-ya
„.........“ = wörtliche Rede
>........< = Gedanken
[..........] = persönliche Kommentare der Autorin
unterstrichene Worte sind betont
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...
Eine Weile herrscht Stille zwischen den beiden, jedoch hat dieses Schweigen nichts Bedrückendes oder
Krampfhaftes an sich.
>Sie hat sich unglaublich schnell weiter entwickelt; ... und sie tut sich offensichtlich wesentlich leichter
damit als ich...<, seufzt Ren innerlich auf.
„Das ist eine gute Einstellung.“, sagt er schließlich.
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Nach dem Essen – bei dem Ren die ganze Zeit vergnügt in sich hinein gegrinst hat [Ihr wisst schon,
warum. ^^] – machen die beiden sich wieder auf den Weg nach Hause, um dort mit dem Unterricht
fortzufahren. Kyoko muss sich noch viele Notizen machen an diesem Nachmittag, so dass sie am Ende
fast 30 Seiten beschrieben hat. Bei aller Arbeit haben sie jedoch auch eine Menge Spaß.
Am frühen Abend beendet Ren die Lektionen für heute.
„Puhh, ... ich hoffe, das war nicht zu viel für einen Tag...“, meint er.
Kyoko lächelt. „Ach, ich hab doch die Notizen. Die gehe ich in den nächsten Tagen nochmal durch.“
„Ja, ... ich denke, das wird reichen. – Aber mal was Anderes: Sawara-san will ja offenbar ein
Fotoshooting für dich organisieren, damit du ausprobieren kannst, wie du von den Pressefotografen am
vorteilhaftesten aufgenommen wirst.“
Das Mädchen verdreht verlegen die Augen und seufzt.
„Keine Sorge“, lacht Ren, „wird schon nicht so schlimm werden. – Aber es wäre günstig, wenn du vorher
das Posen mal vor einem großen Spiegel üben würdest, vorzugsweise ganz allein für dich.“ Der
Schauspieler schürzt die Lippen leicht und grinst schräg. „Ich weiß nämlich, wie bescheuert man sich
vorkommt, wenn man so was zum ersten Mal macht.“
Kyoko lächelt zwar, ist jedoch ziemlich rot geworden und weiß absolut nichts darauf zu erwidern.
„Drüben im Schlafzimmer ist ein großer Spiegel, in der Schranktür ganz rechts. Wenn du die öffnest,
kannst du sie aufklappen und hast dann eine große, bodenlange Spiegelfläche. – Wie wär’s, wenn du es
die nächsten zwei Stunden einfach mal probierst, ... ich muss ohnehin langsam mal meinen Text
lernen.“
„Na gut.“, seufzt das Mädchen und nimmt ihren Block vom Tisch. „Bis später dann.“
„Ja, bis später.“
>Will er mich jetzt loswerden?<, fragt sie sich auf dem Weg ins Schlafzimmer. >Ob ich ihm langsam auf
die Nerven gehe? – Dabei hatten wir soviel Spaß heute ... und er hat richtig oft gelächelt, sogar ein paar
Mal herzhaft gelacht...<
>Eigentlich möchte ich nicht, dass sie jetzt zwei Stunden weg ist<, sinniert Ren Tsuruga leise seufzend,
während er das aktuelle Drehbuch aufschlägt, >aber ich muss wirklich langsam wieder an meine Arbeit
denken. – Ich glaube, ich bin jetzt endlich ruhig genug, um mich aufs Textlernen konzentrieren zu
können. – Dabei wär’s so schön, wenn sie mir die Stichworte geben würde...< Als er jedoch an die
Liebesszenen im Skript denkt, verfärbt sich sein Gesicht postwendend tomatenrot und er stöhnt leise
auf.
>Wäre wohl doch nicht so eine gute Idee...<
Es dauert noch fast eine Viertelstunde, bis es ihm endlich gelingt, sich soweit zu beruhigen, dass er
tatsächlich seinen Text behalten kann, dann jedoch arbeitet er so effektiv und konzentriert wie er das
aus den Zeiten kannte, als Kyoko schon längst aus seinem Leben verschwunden schien...
„Guten Morgen, Okami-san“, grüßt Kyoko herzlich am nächsten Morgen gegen halb Acht, als sie das
Daruma-ya mit Ren im Schlepptau betritt. „Morgen, Chef.“
Auch Ren begrüßt das Ehepaar, mit einer etwas merkwürdigen Mischung aus perfektem Gentleman-
Smile und echtem Lächeln. (Vor allem deshalb, weil er, obwohl man ihm nicht das Geringste ansieht,
doch etwas nervös ist, Kyokos Zieheltern gegenüber zu stehen.)
„Guten Morgen, Okami-san, ... Morinaga-san. Hajimemashite.“, sagt er und verbeugt sich höflich vor
dem Ehepaar.
Hana Morinaga [Die Okami-san; den Namen hab ich erfunden. Soweit ich weiß, wird der Name des
Ehepaars nirgendwo erwähnt, jedenfalls habe ich nichts gefunden.] ist sofort hin und weg von der gut
aussehenden, wohlerzogenen Gestalt vor sich. Mit glänzenden Augen strahlt sie Ren an, als sie die
Begrüßung erwidert.
Makoto Morinaga, ein bisschen bärbeißig wie immer, ist eher misstrauisch, ahnt er doch, dass dieser
Mann mit seinen guten Umgangsformen und dem gewinnenden Lächeln höchstwahrscheinlich bei den
Frauen gut ankommt. [O.K., Kenner würden das schlicht Eifersucht nennen, besonders, wenn man
seinen skeptischen Seitenblick auf seine nach wie vor begeisterte Gattin bedenkt...^^’]
„So“, meint er kühl, „Sie sind also Tsuruga-san. Freut mich, Sie kennen zu lernen.“ Ganz so groß kann
die Freude nicht sein, denn sein argwöhnischer Blick ändert sich kaum.
Ren Tsuruga gerät unter der glatten Oberfläche heftig ins Schwitzen.
„Darf ich Ihnen einen Tee anbieten, Tsuruga-san?“, wirft die Okami-san ein; sie hat den Seitenblick
ihres Mannes bemerkt und kennt ihn nur zu gut. [Insgeheim freut sie sich jedoch, dass er auch nach 20
Jahren noch eifersüchtig ist... ^^]
„Sehr gerne, vielen Dank.“, lächelt Ren freundlich. „Es wird ja sicher ein bisschen dauern, bis Mogami-
san ihre Sachen zusammengepackt hat.“
„Stimmt.“, sagt Kyoko. „Ich geh dann mal hoch, bis gleich.“ Höflich verbeugt sie sich vor dem Ehepaar.
„Warte einen Augenblick, Mogami-san.“, zügelt Ren sie. „Denk bitte unbedingt an die hohen Schuhe,
damit du das Laufen darauf üben kannst. Es wäre fatal, auf dem roten Teppich zu stolpern ... und flache
Schuhe wirken einfach nicht bei einem Abendkleid.“
„In Ordnung.“, erwidert das Mädchen gelassener als sie sich fühlt und macht sich dann auf den Weg zu
ihrem Zimmer.
Als sie eine Viertelstunde später umgezogen und mit fertig gepackter Tasche wieder in die private
Küche des Daruma-ya kommt, hat sich das Gesprächsklima dort deutlich entspannt.
>Was hat er gemacht, um den Chef zu knacken?!<, fragt sie sich verwirrt, ... gibt sich die Antwort
jedoch gleich selbst. >Ach, wahrscheinlich nur das Übliche... Hätte nicht gedacht, dass selbst der Chef
sich von diesem Gentlemanlächeln einwickeln lässt. – Aber Ren Tsuruga ist nun mal ein erstklassiger
Schauspieler...<
[Was sie nicht weiß, ist, dass Ren es ganz einfach mal mit Ehrlichkeit versucht hat und dem Ehepaar
gesagt hat, dass er sehr erleichtert ist, dass Kyoko hier gewissermaßen Familienanschluss hat ... und so
nicht völlig auf sich allein gestellt ist. ^^]
So fällt die Verabschiedung der beiden jungen Leute eindeutig herzlicher aus als die Begrüßung zuvor.
„Ruf an, wann du Sonntagabend genau kommst, Kyoko-chan!“, ruft die Okami-san ihr noch hinterher.
„Und halte dich aus der Sonne raus ... und überanstreng dich nicht!“
Ren grinst breit. „Dafür sorg ich schon.“, gibt er zurück und öffnet dem Mädchen die Wagentür, bevor
er sich hinters Steuer setzt.
„Ein sehr netter und ernsthafter Mann“, meint Hana, als die jungen Leute außer Sichtweite sind. „und so
charmant.“
„Ja ja“, grummelt ihr Mann, „hab ich schon gemerkt, dass du ganz vernarrt in ihn bist.“
Seine Frau nimmt lachend seinen Arm.
„Mach dir keine Gedanken, Makoto, ich weiß schon, was ich an dir habe. Du bist und bleibst der
wichtigste Mensch in meinem Leben.“
Sachte drückt sie ihm ein Küsschen auf die Wange, das Gesicht leicht gerötet, ... was dem Chef des
Daruma-ya ein zufriedenes Lächeln aufs Gesicht zaubert.
„Das wollte ich hören, Liebste. – Dass er so charmant ist, hat ihn in meinen Augen eher verdächtig
gemacht. Kyoko-chan hat trotz ihrer Jugend schon einiges durchgemacht, aber dafür kaum
Erfahrungen... na ja, du weißt schon womit. – Ich würde keinem mehr verzeihen, der ihr wehtut.
Aber er scheint sich ernsthaft um ihr Wohlergehen zu bemühen...“
„Was meinst du, ... ob zwischen den beiden was läuft?“
„Ich weiß nicht. – Aber ich glaube, dass die Verbindung zwischen ihnen stärker ist, als sie zugeben. Mir
ist nur nicht klar, ob es ihnen auch bewusst ist...“
Ausflug nach Matsumoto
„.........“ = wörtliche Rede
>........< = Gedanken
[..........] = persönliche Kommentare der Autorin
unterstrichene Worte sind betont
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...
„Das wollte ich hören, Liebste. – Dass er so charmant ist, hat ihn in meinen Augen eher verdächtig
gemacht. Kyoko-chan hat trotz ihrer Jugend schon einiges durchgemacht, aber dafür kaum
Erfahrungen... na ja, du weißt schon womit. – Ich würde keinem mehr verzeihen, der ihr wehtut.
Aber er scheint sich ernsthaft um ihr Wohlergehen zu bemühen...“
„Was meinst du, ... ob zwischen den beiden was läuft?“
„Ich weiß nicht. – Aber ich glaube, dass die Verbindung stärker ist, als sie zugeben. Mir ist nur nicht
klar, ob es ihnen auch bewusst ist...“
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Als sie 3 Stunden später in Matsumoto ankommen, steht Koji Maruyama bereits fröhlich winkend vor
der Tür, um sie zu begrüßen. [Na gut, ... Maruyama-san winkt vor allem Ren, erstens kennt er Kyoko
noch gar nicht und zweitens... ^^]
Nachdem Ren den Wagen geparkt und Kyoko (übungshalber) aus dem Auto geholfen hat, begrüßen sich
die beiden Männer herzlich und Ren stellt Kyoko seinem Lieblingsdesigner und Freund vor.
„Dann sind Sie also die junge Dame, der ich den ausgiebigen Besuch von Ren-kun verdanke. Freut mich
sehr.“
Das Mädchen ist vor Verlegenheit heftig errötet und möchte am liebsten im Boden versinken.
„Lassen Sie doch bitte das ‚Sie’, nennen Sie mich ruhig Kyoko-chan, das tun alle.“
Nach einem kurzen, überraschten Seitenblick zu Ren erwidert er mit einem breiten Grinsen: „Aber nur,
wenn du mich auch beim Vornamen nennst. Ich bin Koji.“
„Einverstanden, ... Koji-san.“, stimmt das Mädchen schüchtern lächelnd zu; sie ist immer noch ein
wenig rosa im Gesicht ^^.
Ren holt die Taschen aus dem Kofferraum und drückt Kyokos Gepäck energisch dem Modedesigner in
die Hand, der gut einen Kopf kleiner ist als er und gegen ihn geradezu schmächtig wirkt. Der
dunkelhaarige Mann wirkt zwar auf den ersten Blick wie ein Halbstarker, hat aber ein so sympathisches
Wesen, dass niemand ernsthaft diesen ersten Eindruck bestätigt sieht ... und natürlich nimmt er die
Tasche mit einem freundlichen Grinsen entgegen. Lachend beginnen die beiden Männer ein angeregtes
Gespräch, von dem die hinterher trottende Kyoko kaum etwas versteht. Irgendwie fühlt sie sich
reichlich überflüssig...
Schulterzuckend wirft sie einen Blick auf das beeindruckende Anwesen.
Die vorderen Gebäudeteile, deren Dächer nicht so hoch sind, wie die der hinteren, sind geprägt von
etlichen großen Milchglasfenstern, die sich erstaunlich gut in die offensichtlich vor kurzem renovierte,
traditionelle Fassade einfügen, in die sie einerseits integriert sind und zu der sie andererseits einen
reizvollen Kontrast bieten.
In der kleinen Eingangshalle erwartet sie die Haushälterin, Aya-san, eine gut aussehende
Endvierzigerin, die Koji das Gepäckstück lächelnd aus der Hand nimmt, bevor er protestieren kann.
„Du möchtest doch sicher Tsuruga-san sein Zimmer zeigen, ich werde die junge Dame hier
mitnehmen.“ Lächelnd deutet sie Kyoko an, ihr zu folgen.
Während die beiden Männer links in einem Gang verschwinden, nehmen die beiden Frauen den Gang
zur Rechten.
„Ich dachte, es wäre Ihnen sicher angenehmer, wenn Sie ein eigenes Bad hätten, darum habe ich Ihnen
eins der Gästezimmer im Ostflügel vorbereitet.“, erklärt sie.
„Vielen Dank, Aya-san, aber das wäre doch gar nicht nötig gewesen. Ich bin es gewohnt, das Bad mit
anderen zu teilen.“, gibt Kyoko verlegen zurück.
Die Haushälterin lächelt. „Dann nehmen Sie es doch einfach als erholsames Extra für dieses
Wochenende, Mogami-san, das wird bestimmt nicht schaden.“
„Sicher nicht.“, gibt das Mädchen zu ... und bemerkt mit einem Mal, dass es ihr doch einen leisen Stich
versetzt, dass Rens Zimmer so weit von ihrem entfernt ist... Irgendwie fühlt sie sich sicherer, wenn er in
ihrer Nähe ist...
„Darf ich Sie um etwas bitten, Aya-san?“, fragt sie schließlich.
„Aber natürlich, Mogami-san, nur zu.“
„Könnten Sie mich bitte beim Vornamen nennen? Ich komme mir so seltsam vor, wenn Sie mich beim
Nachnamen nennen und mich siezen... Sie sind doch viel älter und erfahrener ... und ... Sie sehen toll
aus in der Yukata, wie eine richtige Dame.“
„Vielen Dank.“, sagt die Haushälterin gerührt. „Natürlich kann ich das tun, wenn Sie...“ Sie lächelt.
„...wenn du das lieber möchtest, Kyoko-san.“
„Kyoko-chan, ... wenn es Ihnen nichts ausmacht.“
„Nein, nein, Kyoko- san , soviel Respekt sollte schon sein, immerhin bin ich hier nur die
Haushälterin und du ein angehender Filmstar, wie ich höre.“
Kyoko wird plötzlich hochrot im Gesicht.
„Ach“, winkt sie ab, „das wird sicher noch eine Weile dauern, ich habe doch erst einen Werbespot und
ein Promotion-Video gedreht und eine unbedeutende Nebenrolle in Tsuruga-sans letztem Film
gespielt...“
„Soweit ich das mitbekommen habe, ist aber deine letzte Rolle alles andere als unbedeutend, auch
wenn es ‚nur’ eine Nebenrolle ist.“, widerspricht Aya verwundert.
„Ach was, das ist sicher nur Gerede.“, antwortet das Mädchen verlegen.
Inzwischen sind sie im Gästezimmer angekommen, sodass die Hausdame auf einen weiteren
Kommentar verzichtet und ihr stattdessen das Zimmer und das nebenan liegende Bad zeigt.
„Du möchtest dich sicher erst ein wenig frisch machen.“, meint sie. „Wir treffen uns alle in einer
Viertelstunde im Frühstücksraum, der befindet sich den Gang hinunter, die dritte Tür links.“
„In Ordnung. Vielen Dank, Aya-san.“, sagt das Mädchen und verbeugt sich höflich.
Als sie ein wenig später im Frühstücksraum erscheint, sitzen alle anderen bereits am reichhaltig
gedeckten Tisch, auf dem Aya eine üppige Auswahl japanischer und europäischer Köstlichkeiten
ausgebreitet hat. – Eigentlich wirkt es mehr wie ein üppiges, multikulturelles Festmahl..., jedenfalls
nicht wie ein simples Frühstück.
Kyoko staunt nicht schlecht.
„Wow, ... Aya-san, ... das ist ja fantastisch... und das duftet ... mmm ... himmlisch.“
„Nun“, lächelt die Haushälterin verschmitzt, „Da ja Tsuruga-san nicht so leicht dazu zu bringen ist,
ordentlich zu frühstücken, dachte ich, dass ich ihm am besten eine möglichst große Auswahl biete.“
„Das ist gut.“, lacht Kyoko auf. „Eine ausgezeichnete Idee.“
Ren verdreht die Augen ein wenig und um ihr den Wind aus den Segeln zu nehmen, greift er zum
Porzellanlöffel, mit dem er sich kommentarlos über die Misosuppe hermacht.
Koji hebt erstaunt die Augenbrauen und Aya bleibt vor Freude der Mund offen stehen, während Kyoko
nur befriedigt vor sich hin grinst.
„Ihre Strategie scheint voll aufzugehen.“, flüstert sie der älteren Frau zu und probiert ihrerseits die
Suppe. „Oh, das ist ausgezeichnet. Welches Miso benutzen Sie, Aya-san?“
Die Haushälterin schaut das Mädchen verblüfft an. „Heißt das, du kannst kochen?“, fragt sie. „Das ist ja
ungewöhnlich heutzutage, dass ein junges Mädchen sich mit so profanen Dingen beschäftigt, noch
dazu, wo du doch im Showbiz arbeitest.“
Kyokos Gesicht hat sich schon wieder zartrosa verfärbt.
„Ach was“, wehrt sie verlegen ab, „das ergab sich halt so ... und ich koche eigentlich ganz gern...“
„Und ziemlich gut.“, murmelt Ren, während er nach dem Schälchen mit dem eingelegten Gemüse greift.
Er isst zwar nicht mit soviel Appetit wie tags zuvor [was natürlich nur Kyoko weiß ^^], doch Aya und
Koji wechseln veblüffte Blicke.
Erneut fragt Kyoko nach dem Miso, das Aya für die Suppe benutzt ... und Sekunden später sind die
beiden so unterschiedlichen Frauen in ein angeregtes Gespräch vertieft, bei dem Rezepte und
Küchentricks ausgetauscht werden...
„Ich habe nach Deinen Angaben schon mal eine Vorauswahl getroffen.“, erklärt Koji, während er einen
gut gefüllten Kleiderständer ins geräumige Atelier schiebt.
Ren, der mit einer Tasse Tee in der Hand auf einem der Besuchersessel sitzt, hebt überrascht die
Brauen.
„Hattest Du so viele Sachen hier?!“, fragt er verblüfft.
Koji lacht. „Nein, natürlich nicht, ich hab mir noch welche aus Tokyo schicken lassen, die kamen heute
Morgen an. – Du hast mir Kyoko-chan zwar gut beschrieben, aber ich wollte sicherheitshalber etwas
mehr Auswahl haben. – Hey, ... wann bringst du schon mal weibliche Kundschaft mit?“ Er grinst von
einem Ohr zum anderen. „Ich bin total gespannt auf diesen Nachmittag.“
Ren antwortet lediglich mit einem leicht gelangweilten Gentlemanlächeln, während Kyoko, die (noch)
neben ihm auf der Vorderkante ihres Sessels sitzt, vor Verlegenheit am liebsten im Boden versinken
würde.
Es ist bereits Mittag, aber dank des milchverglasten Daches ist es im Raum zwar sehr hell, jedoch nicht
übermäßig warm. Der Raum ist fast ganz in Weiß gehalten und wirkt dadurch großzügig und
weiträumig. Auf dem großen Tisch zur Linken (der kleinen Sitzgruppe) liegen noch einige Nähutensilien
verstreut, von denen sich der Modedesigner gleich Maßband und Nadelkissen schnappt. Dann nimmt er
einen schwarzen, figurbetonten Nadelstreifenanzug vom Ständer und bringt ihn hinter den roten
Paravent in der gegenüberliegenden Ecke des Ateliers.
„Lass uns anfangen, Kyoko-chan.“, sagt er lächelnd und deutet mit einer einladenden Handbewegung
auf den Paravent.
Das Mädchen erhebt sich etwas unsicher von ihrem Platz, um kurz darauf in der „Umkleidekabine“ zu
verschwinden.
„Du kommst allein zurecht?“, fragt Koji.
„Ja, ja, kein Problem.“, kommt es gedämpft hinter der Wand aus Holz und dickem, rot gefärbtem Washi
hervor. [Washi ist das japanische Papier, mit dem unter anderem Schiebetüren verkleidet werden.]
Anproben
„.........“ = wörtliche Rede
>........< = Gedanken
[..........] = persönliche Kommentare der Autorin
unterstrichene Worte sind betont
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„Du kommst allein zurecht?“, fragt Koji.
„Ja, ja, kein Problem.“, kommt es gedämpft hinter der Wand aus Holz und dickem, rot gefärbten Washi
hervor. [Washi ist das japanische Papier, mit dem unter anderem Schiebetüren verkleidet werden.]
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Als Kyoko kurz darauf wieder hinter dem Wandschirm hervorkommt, schafft Ren es gerade noch
rechtzeitig, ein höchst charmantes Gentlemanlächeln in sein Gesicht zu meißeln, bevor ihm die
Gesichtszüge entgleiten können.
>Woooow!<
Ihr Anblick raubt ihm schier den Atem und es fällt ihm äußerst schwer, sich das nicht anmerken zu
lassen.
Koji beobachtet ihn eindringlich ..., grinst schließlich leise vor sich hin und denkt sich seinen Teil. Sehr
zufrieden mit seiner ersten Wahl tritt er hinter das Mädchen und nimmt mithilfe einiger Stecknadeln
hinten noch ein wenig an den Nähten weg.
„So ist es besser. – Das sollte möglichst eng sitzen.“, murmelt er. Dann kniet er sich auf den Boden und
schlägt eins der Hosenbeine ein wenig um. „Die werden wir wohl ein bisschen kürzen müssen...“ Er
schaut zu Ren hinüber, der noch immer dasselbe Lächeln im Gesicht hat, dann zu Kyoko hoch, die
reichlich verunsichert scheint.
„Hast du hohe Schuhe dabei, Kyoko-chan?“, fragt er das Mädchen.
„Ja, natürlich, sie sind in meinem Zimmer. Soll ich sie eben holen?“
„Nein, du läufst lieber nicht mit den zu langen Hosenbeinen durchs Haus; nicht, dass du dich noch
verletzt. – Ren-kun, wärst du bitte so freundlich, die Schuhe zu holen?“
Der Schauspieler zuckt kaum sichtbar zusammen.
„Ja, natürlich, ... wenn du mir sagst, wo ich sie finde, Kyoko-chan.“, gibt er zuvorkommend zurück.
„Äh ja, ... sie sind unten im Wandschrank, im Schuhfach ganz links.“, erklärt sie, offenbar leicht verwirrt.
Ren erhebt sich aus dem Sessel.
„Gut, bis gleich dann.“, meint er noch, dann ist er auch schon aus dem Raum verschwunden.
[Ihr fragt euch jetzt sicher, wieso er nicht fragt, wo ihr Zimmer ist. – Nun ja, ... zum Einen kennt er sich
in Kojis Haus schon ein bisschen aus, er war ja schon öfter hier. Und zum Anderen ... war die Frage
nach ihrem Zimmer das erste, was er mit Koji geklärt hat, als die Beiden allein waren. – Man kann ja nie
wissen... ^^]
Kyoko seufzt leise auf.
>Seh ich so furchtbar aus?<, fragt sie sich traurig. >Oder hab ich wieder irgendwas Falsches gesagt? –
Nein, das kann es eigentlich nicht sein...<
Sie ist jetzt vollkommen deprimiert, versucht jedoch, sich nichts anmerken zu lassen und lächelt tapfer
(obwohl ihr die Tränen schon fast in den Augen stehen).
>Na ja<, tröstet sie sich schließlich selbst, während sie den Blick senkt, >als Schauspielerin muss man
ja nicht unbedingt besonders hübsch sein... obwohl es sicher helfen würde...<
Koji hat das Mädchen die ganze Zeit intensiv beobachtet und legt ihr nun sachte eine Hand auf die
Schulter, ... woraufhin sie spürbar zusammenzuckt.
„Was ist denn los, Kyoko-chan?“, fragt er leise.
„Was? – Ach, es ist nur...“, stammelt Kyoko verlegen. „Ich ... frage mich nur, was er wieder hat. – Dieses
aalglatte Lächeln kann nichts Gutes bedeuten.“ Kaum sichtbar zuckt sie mit den Schultern. „Er ist sicher
enttäuscht...“, fährt sie leise fort, „wahrscheinlich kann ich schon froh sein, dass es nicht dieses
‚ultraglänzende Gentlemanlächeln’ ist... Das setzt er immer auf, wenn er mir eins auswischen will...“
„Enttäuscht...?“, wiederholt der junge Designer nachdenklich. „Nein“, sagt er schließlich und sieht dem
Mädchen lächelnd in die Augen, „ich denke, es ist eher das Gegenteil, Kyoko-chan. So wie ich das sehe,
wollte er seine Begeisterung nur nicht allzu offensichtlich zur Schau tragen. – Weißt du, ich
kenne ihn vielleicht besser als viele andere, weil er im Laufe der Zeit gemerkt hat, dass er hier einfach
er selbst sein darf und nicht befürchten muss, dass seine vermeintlichen Schwächen an die
Öffentlichkeit gelangen. Und es ist nur ein einziges Mal vorgekommen, dass er eine Frau mit hierher
gebracht hat. Das war ganz am Anfang, als wir uns kennen gelernt haben ... und wahrscheinlich auch
nur, weil es ihm damals allein hier nicht ganz geheuer war... Aber das war ganz anders als heute mit
dir, Kyoko-chan. Es ist äußerst selten, dass Ren-kun überhaupt etwas für jemanden empfindet ... und
es kann sein, dass er gerade ein bisschen Angst vor der eigenen Courage hat; dass er dich hergebracht
hat, meine ich. - Du siehst nämlich ganz fantastisch aus, Kyoko-chan.“
Das Mädchen hat nicht ganz verstanden, was Koji meint und sieht ihn fragend an.
„Hast du überhaupt schon in den Spiegel gesehen?“, fragt er lachend.
Auf Kyokos Kopfschütteln hin schiebt er sie an beiden Schultern vor sich her zum großen Spiegel, der
neben dem Paravent steht.
Als sie sich darin erblickt, fährt augenblicklich ihre Hand auf den Mund.
„Bin ich das?!“, fragt sie entgeistert.
„Ja“, bestätigt Koji lächelnd, „life und in Farbe. Wenn er nicht sehen würde, das Du einfach fantastisch
aussiehst, wäre er blind. – Ach, wo wir gerade hier stehen... Du solltest unter dem Anzug einen Push-
up-BH tragen, das bringt die Silhouette noch besser zur Geltung. Schieb mal versuchsweise die Brüste
etwas nach oben und innen, dann wirst du es sehen.“
Unsicher und verlegen tut das Mädchen genau dies ... und ist überrascht, um wie viel besser es wirkt.
„Du solltest überhaupt ein wenig auf dein ‚Darunter’ achten.“, erläutert der Designer ernst. „Ein gut
sitzender BH ist einerseits oft das A und O beim perfekten Sitz der Garderobe ... und außerdem geben
dir feine Dessous ein besseres Körpergefühl, ... was sich wiederum auf Gang und Haltung auswirkt und
so deine natürliche Ausstrahlung verstärkt.“
Auch wenn es Kyoko ein wenig peinlich ist, der Rat scheint ihr berechtigt und einiger Überlegung wert,
so dass sie langsam nickt.
„So, und jetzt werde ich die Hosenbeine schnell umstecken, damit wir fertig sind, wenn Ren-kun wieder
hier auftaucht und wir gleich weiter machen können. – Stell dich bitte ein wenig auf die Zehenspitzen.“
Zwei Minuten später - Koji ist gerade mit dem Abstecken fertig – erscheint Ren mit den Schuhen in der
Hand wieder im Atelier. Der Designer nimmt sie ihm ab und hilft Kyoko schnell hinein.
„So, lauf mal ein Stück damit.“, fordert er dann freundlich.
Kyoko ist so aufgeregt, dass ihr Gang nicht unbedingt grazil wirkt, auch wenn es nach ein paar
Schritten schon ganz ordentlich aussieht.
Aber es war genau das, was der Schauspieler gebraucht hat, um seine Gedanken zu ordnen, ... denn
nun hat er wieder Aufgabe und Ziel.
„Richte dich ein bisschen mehr auf und roll den Fuß ganz normal ab. - Bleib etwas lockerer in den
Hüften.“, weist er sie an.
Kyoko konzentriert sich auf die Aufgabe, aber es klappt noch weniger als vorher.
„Denk nicht an deine Füße, stell dir vor, du gehst zu Musik.“, rät ihr der Schauspieler.
Das Mädchen schließt für einen kurzen Moment die Augen und sucht nach einer passenden Musik. –
Just in diesem Augenblick kommt ihr Sho Fuwa in den Sinn, ... was natürlich zur Folge hat, dass ihre
Konzentration nachlässt und sie beinahe stolpert, ... aber nur beinahe.
>Ach, was soll’s<, denkt sie ein wenig trotzig, >warum soll ich nicht seine Musik
benutzen? ...die Musik ist schließlich noch das Beste an ihm... Wenn ich mich jetzt nur noch von seinem
Gesicht ablenken könnte...<
„Wenn es dir hilft, stell dir vor, du müsstest einen Hollywoodstar spielen, der über den roten Teppich
zur Oscarverleihung geht.“, schlägt Ren vor.
Wie von Zauberhand verändert sich mit einem Mal der Gang des Mädchens, wird vom unsicheren
Versuch zum eleganten Auftritt. Den beiden Männern fallen fast die Unterkiefer zu Boden.
„Na, wenn du keine geborene Schauspielerin bist...“, meint Koji anerkennend und pfeift leise
durch die Zähne.
„Na also.“, findet Ren. „Geht doch. Lauf noch ein paar Runden, damit du dich an dieses Gefühl
gewöhnst.“
Kyoko tut wie ihr geheißen, erst hochkonzentriert, dann lockerer und schließlich mit einem beinahe
fröhlichen Lächeln auf den Lippen.
„Sag mal, Koji“, fragt Ren schließlich unvermittelt, als Kyoko die letzte Runde im Atelier dreht, „hattest
du den Anzug etwa für die formelleren Anlässe wie Pressekonferenzen, Vertragsunterzeichnungen etc.
gedacht?“
„Ja, ... warum fragst du? Es war doch abgesprochen, dass wir damit anfangen.“, antwortet der Designer
lächelnd; irgendetwas ist da in seinem Blick, das nicht ganz zu seiner unschuldigen Miene passen will...
„Na ja, weil ...“, druckst der Schauspieler herum.
„Hm?“, kommt es fragend zurück.
„Weil... Das ist eindeutig zu viel. – Das ... sieht derart gut aus ... das ist eher was für die großen
Galaauftritte; Abendshows, Cocktailpartys und so was...“
„Findest du?“, fragt Koji immer noch ganz unschuldig.
„Natürlich. - Mensch, Koji, ich weiß ja, dass du dagegen immun bist, aber ... wenn Kyoko-chan
in diesem Anzug zu einer Vertragsunterzeichnung kommt, wird da ganz sicher nichts
Geschäftliches mehr besprochen... Dieses Outfit ist...“ Er sucht angestrengt nach Worten und wird, ohne
es zu bemerken, ein bisschen rot im Gesicht, „... viel zu sexy.“
Koji schickt ein triumphierendes Grinsen zu Kyoko, die nun ihrerseits mit der Röte in ihrem Gesicht zu
kämpfen hat.
„Na ja“, meint der Designer leichthin, „ich konnte ja schließlich nicht ahnen, dass ein zierliches
Mädchen ihrer Größe so endlos lange Beine haben kann. – Natürlich sieht das dann sexy aus.“
Das Rot in Kyokos Gesicht wird noch tiefer, ihre Hände schwitzen plötzlich heftig und sie weiß absolut
nicht mehr, wohin sie noch sehen soll, zumal Ren auch noch zustimmend nickt.
Koji hingegen scheint es eine diebische Freude zu bereiten, ihr auf diese Weise Komplimente
zukommen zu lassen.
„Gut“, lenkt der Designer schließlich ein, „dann lass es uns zur Abendgarderobe nehmen. Empfehlen
würde ich es ihr aber in jedem Fall, sie sieht einfach sensationell darin aus.“
Ren ist einverstanden und nach einem kurzen Blick auf Kyoko, die vor Verlegenheit nur nickend ihre
Zustimmung geben kann, hängt Koji den Anzug auf einen zweiten, noch leeren Kleiderständer.
Anruf für Koji
Meine Güte, da sind wir schon beim 20. Kapitel und gehen mit Riesenschritten auf das große Finale zu!
Wundert euch nicht, wenn die Kapitel ab hier länger werden, es wurde immer schwieriger, den Text
noch weiter zu unterteilen. Aber genug der Vorrede: Genießt die letzten Kapitel!
Viel Spaß!
„.........“ = wörtliche Rede
>........< = Gedanken
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Das Rot in Kyokos Gesicht wird noch tiefer, ihre Hände schwitzen plötzlich heftig und sie weiß absolut
nicht mehr, wohin sie noch sehen soll, zumal Ren auch noch zustimmend nickt.
Koji hingegen scheint es eine diebische Freude zu bereiten, ihr auf diese Weise Komplimente
zukommen zu lassen.
„Gut“, lenkt der Designer schließlich ein, „dann lass es uns zur Abendgarderobe nehmen. Empfehlen
würde ich es ihr in jedem Fall, sie sieht einfach sensationell darin aus.“
Ren ist einverstanden und nach einem kurzen Blick auf Kyoko, die vor Verlegenheit nur nickend ihre
Zustimmung geben kann, hängt Koji den Anzug auf einen zweiten, noch leeren Kleiderständer.
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3 Stunden später sind sie ein gutes Stück weiter und haben den Ständer, auf dem die ausgewählten
Kleidungsstücken hängen, mit einigen weiteren Kreationen des Designers gefüllt. Inzwischen sind sie
bei den weniger formellen Kombinationen angelangt, ... als sich plötzlich Kojis Handy mit einer
Rockballade bemerkbar macht, die Kyoko irgendwie bekannt vorkommt.
Der Designer sieht irritiert auf das Display ... und augenblicklich beginnen seine Finger vor Aufregung
zu zittern ..., er strahlt über das ganze Gesicht. Mit leuchtenden Augen nimmt er das Gespräch
entgegen.
„Sa-kun! Süßer!“, freut er sich lautstark in den Hörer. „Ich dachte, du kannst vom Studio aus nicht
telefonieren... - Ach so. – Nein, nein, ich freu mich sehr. – Warte mal einen Augenblick.“
Mit einem entschuldigenden Lächeln wendet er sich an Ren und Kyoko.
„Tut mir Leid, aber dieses Gespräch kommt...“ Er lächelt verlegen. „...völlig unerwartet. Meine Güte, ...
ich hätte nicht gedacht, dass er diese Woche noch mal anruft; sie sind mit der Band in Schottland wegen
Plattenaufnahmen ... und das weit weg von allem, was man mit Recht Zivilisation nennen könnte. - Oh,
Mann, es kommt mir vor, als hätte ich ihn ewig nicht gesprochen, ich bin total auf Entzug. –
Entschuldigt mich ein paar Minuten.“
Breit lächelnd hält er den Hörer wieder ans Ohr und während er beschwingt das Atelier verlässt, turtelt
er ungeniert und glücklich ins Telefon.
Ren beobachtet gespannt Kyokos Reaktion auf das eben Geschehene. Das Mädchen lächelt hingerissen
dem jungen Designer hinterher und lacht schließlich leise vor sich hin.
„Das ist ... total ... niedlich.“, meint sie freudestrahlend. „Da kommt man doch glatt auf die Idee, wieder
an die Liebe zu glauben ... oder an die Männer. – Dieses glückliche Strahlen war jedenfalls nicht
geheuchelt. Wer ist sein ... äh...“
„Lebensgefährte.“, ergänzt Ren. „Macht es dir nichts aus, dass er schwul ist?“, fragt er vorsichtig.
„Nein“, gibt Kyoko verwundert zurück, „warum sollte es? - Erstens ist das ja wohl seine Sache ...
und zweitens scheint er richtig verliebt zu sein und sein ... Lover ja wohl auch; der scheint immerhin
einiges auf sich genommen zu haben, um ihn anzurufen. Also gehe ich davon aus, dass es Liebe ist, ...
von beiden Seiten. Was könnte daran falsch sein? Außerdem ändert das ja wohl nichts daran,
dass er ein sehr netter Mensch ist.“
„Das stimmt. – Aber das würden längst nicht alle so sehen.“, meint Ren ernst.
„Möglich, aber das finde ich ungerecht.“, erwidert das Mädchen.
„Es freut mich, dass du es so siehst. – Koji hat es nämlich nicht leicht. Er ist praktisch von seiner Familie
verstoßen worden, nur seine Großeltern haben zu ihm gehalten; von ihnen hat er dieses Haus geerbt. -
Seinem Lebensgefährten geht es da schon besser, seine Familie hält fest zu ihm. – Es ist Sakuya
Katsuragi.“
„ Der Sakuya Katsuragi, von ‚Demonic Light’?“ Plötzlich wird ihr klar, warum ihr der Klingelton
von Kojis Handy so bekannt vorkam. „Ich hätte nie gedacht...“ Grinsend zuckt sie mit den Schultern. „Na
ja, warum auch nicht. – Wenn ich es mir so überlege, sind die beiden eigentlich ein schönes Paar... Ich
hoffe, sie werden trotz aller Schwierigkeiten glücklich.“
„Ja, das hoffe ich auch; sie haben es verdient. – Kyoko-chan?“
„Ja?“
„Das bleibt unter uns, ja?“
„Also wirklich, Koon“, sagt das Mädchen empört, „... ich bin doch nicht blöd! Ich kann mir lebhaft
vorstellen, wie schlimm es sein muss, wenn solche Dinge herumgetratscht werden. – Wir hatten ein paar
Mal schwule Paare als Gäste im Ryokan, da war jedes Mal äußerste Diskretion angesagt. – Ehrlich
gesagt, habe mich eigentlich immer gern um sie gekümmert, sie waren nämlich ausnahmslos sehr
freundlich ... und von denen hat nie jemand versucht, mich zu betatschen.“
>Sie ist einfach ... großartig...< Ren lächelt weich, ... dann wird ihm plötzlich bewusst, dass sie schon
seit Stunden ununterbrochen auf hohen Absätzen durchs Atelier läuft.
„Sag mal, Kyoko-chan, willst du dich nicht einen Moment setzen?“, fragt er besorgt.
Kyoko lächelt leise seufzend. „Nein, ... lieber nicht. Wenn ich mich jetzt setze, komme ich nachher
vielleicht nicht mehr hoch. Im Moment spüre ich meine Füße kaum, ... aber wenn erstmal wieder genug
Blut hinein fließt...“
Ein Weilchen herrscht daraufhin Stille, doch sie hat nicht Bedrücktes, sondern ist mehr wie eine
Atempause, in der jeder der Beiden seinen eigenen Gedanken nachhängt.
„Koon“, beginnt Kyoko dann unvermittelt, „darf ich dich etwas fragen? – Es ist aber ein bisschen
indiskret.“
Der Schauspieler schluckt trocken, nickt dann jedoch.
Kyoko nimmt ihren Mut zusammen und stammelt zögernd: „War... war Koji-san mal... in dich
verliebt?“
„Ja, ... aber das ist wirklich schon lange her.“ antwortet Ren überrascht und kann sich ein Grinsen nicht
ganz verkneifen. „Wie kommst du darauf?“
„Na ja... Koji-san hat heute Mittag eine Bemerkung gemacht, die eigentlich nur so einen Sinn ergibt.“
„Ich frage lieber nicht genauer nach.“, grinst Ren und fragt sich insgeheim, warum sie mit einem Mal so
scharfsinnig ist. „Glücklicherweise hat er ziemlich schnell gemerkt, dass er bei mir nicht landen kann,
außerdem gehört er nicht unbedingt zu den aufdringlichen Menschen, ... sonst wären wir sicher nicht
befreundet ... und ich bestimmt nicht einer seiner Stammkunden.“
Koji erscheint wieder im Atelier, er ist bester Laune und strahlt über das ganze Gesicht. Unwillkürlich
muss Kyoko wieder lächeln, ... ebenso wie Ren; doch dieser lächelt eher wegen Kyoko... ^^
„Gut, dann weiter im Programm.“, meint der Designer. „Mit der Tagesgarderobe sind wir soweit durch,
kommen wir also zu den Abendkleidern. – Ich hätte nie gedacht, dass wir das heute noch
schaffen.“ Er lächelt dem Mädchen anerkennend zu. „Dann haben wir ja morgen den ganzen Tag frei.“
Er greift zum Haustelefon und wählt eine Nummer.
„Ja, Aya-san, könntest du rüber ins Atelier kommen? – Ja, genau. – Bis gleich.“
An Kyoko gewandt erklärt er: „Bei einigen Abendkleidern wirst du Hilfe beim Anziehen brauchen.“
Mit einer einladenden Handbewegung schickt er sie hinter die Stellwand und nimmt ein sehr eng
geschnittenes, langes, dunkelrotes Kleid von Ständer.
Als er es dem Mädchen ausgehändigt hat und sich wieder zu Ren umdreht, grinst er diesen verschmitzt
an. Der Schauspieler hält sich leise ächzend die Hand vors Gesicht und grinst ein bisschen gequält. Der
Designer geht zu ihm und plaziert das Gesicht - immer noch grinsend – ganz nah vor dem des
Schauspielers.
„Gib’s zu!“, flüstert er, „Ich hab diesen Auftrag nur deshalb bekommen, weil du genau weißt, dass ich
mich nicht für Frauen interessiere.“ Sein Grinsen wird breiter. „Ich kann mir lebhaft vorstellen, wie dein
Gesicht ausgesehen hätte, wenn ein anderer Mann ständig an ihr herumgefummelt hätte...
jedenfalls nicht so entspannt wie heute Nachmittag.“
Ren ist plötzlich knallrot im Gesicht.
„Nicht nur deswegen...“, gibt er leise zu, „du bist auch ein erstklassiger Designer. – Ich konnte sie mir
halt sehr gut in deinen Kreationen vorstellen... Bist du sauer?“
„Nein“, antwortet Koji lächelnd, „erstaunlicherweise kein bisschen. - Ich bin glücklicher mit Sa-kun als
ich selbst dachte... Ich freue mich sogar für dich; es hat dich ganz schön erwischt, was?“
„Ich fürchte, ja...“, seufzt Ren leise.
In diesem Moment betritt die Haushälterin das Atelier und unterbricht damit das konspirative Gespräch
der beiden Männer.
„Schön, dass du ein bisschen Zeit hast, Aya-san. Könntest du bitte Kyoko-chan ein wenig zur Hand
gehen beim Anziehen?“
„Natürlich, darum bin ich ja hier.“, meint sie und begibt sich hinter den Wandschirm.
„Meine Güte, Kyoko-chan!“, hört man sie dahinter ausrufen. „Du siehst absolut fantastisch aus!“ Dann
hört man nur noch leises Gemurmel.
Ren ist schon wieder rosa angelaufen, wenn auch nicht mehr ganz so stark.
>Ich fürchte, ja...<, echot es in Kojis Kopf. Nachdenklich lehnt er sich auf die Rückenlehne von Rens
Sessel.
„Sie hat keine Ahnung, oder?“, fragt er leise.
Der Schauspieler schüttelt den Kopf.
„Ich kann es ihr nicht sagen, ... noch nicht...“
„Warum nicht?“, will Koji wissen. „Ich glaube nicht, dass sie dir an die Kehle springen wird, wenn du es
tust; sie vertraut dir.“
„Das ist es ja, ... unter anderem... Koji, das ist eine lange Geschichte.“, seufzt er leise.
„Hm, ... gut, erzähl sie mir heute Abend.“
Ren nickt resigniert.
Inzwischen ist Kyoko fertig umgezogen und erscheint vor dem Paravent.
Es handelt sich um ein dunkelrotes, schulterfreies Korsagenkleid aus Satin mit eng geschnittenem Rock
und kurzer Schleppe, zu dem sie lange, dunkelrote Handschuhe trägt.
Ren ist sprachlos, besonders als das Mädchen die Augen kurz schließt, sodass sie sich aufs elegante
Gehen konzentrieren kann ..., um dann wie eine echte Lady durch den Raum zu schweben.
„Dreh dich mal um.“, weist der junge Designer sie an ... und grinst dabei wissend in Rens Richtung.
Das Mädchen wendet ihnen den Rücken zu ... und löst bei Ren für einen Moment heftiges Schwitzen
aus, bevor er sich in sein aalglattes Gentlemangrinsen retten kann.
Die Korsage ist hinten geschnürt und lässt einen Streifen nackte Haut zwischen den Stoffteilen
durchblitzen, ... absolut makellose Haut... ^^ [Kein einziger Pickel, kein einziger Kratzer, nicht die
winzigste Narbe... NEID!]
Als Kyoko sich wieder umdreht, hat er sich wieder vollkommen im Griff. Lächelnd schüttelt er den Kopf.
„So sensationell es an dir auch aussieht, Kyoko-chan, ... abgelehnt.“, stellt er sachlich fest, ... auch
wenn in seinem Gesicht ein wenig Bedauern zu erkennen ist.
„Wieso?“, fragt Koji verdutzt.
„Weil das für die erste Premiere eindeutig zu viel Sexappeal hat. Das würde wirken, als wolle sie alle
anderen nur allein mit ihrem Aussehen ausstechen ... und das hast du nun wirklich nicht nötig, Kyoko-
chan.“
Kyoko sieht verlegen zu Boden.
„Ich glaube, er hat Recht“, schaltet sich Aya ein, „ein solches Aussehen ruft für den Anfang zu viele
Neider auf den Plan; du bräuchtest mit diesem Kleid mindestens 2 Bodyguards.“
[Das war übrigens exakt Ren Tsurugas Gedankengang; ^^... er wird die Beschützerrolle nie wieder
ablegen! ^^]
Also werden weiter Abendkleider probiert und es fällt allen Anwesenden auf, dass Kyoko sich in jedem
einzelnen unerwartet elegant bewegt, ... auf eine sehr sinnliche Art... ^^
„Wo hast du gelernt, dich so zu bewegen?“, fragt Aya einmal bewundernd.
Kyoko senkt verlegen den Kopf und läuft rosa an, bevor sie schließlich antwortet.
„Das kommt davon, wenn man nur seine Träume hat und heimlich Prinzessin spielt...“, meint sie
seufzend.
„Das ist es!“, lacht Koji plötzlich auf. „ Jetzt hab ich’s!“ Eilig begibt er sich zum Kleiderständer
und nimmt von dort ein anderes Kleid, das er Aya zwinkernd in die Hand drückt.
[Wenn ihr meint, ihr kriegt jetzt die Beschreibung dieses Kleides, ... habt ihr euch gewaltig geschnitten!
*hehehe!* Die gibt es erst zur Premiere! ^^]
Wenige Minuten später sind sie schließlich fertig und Kyoko, inzwischen wieder in ihren eigenen
Sachen, streckt und dehnt ein wenig gequält die Füße, bevor sie wieder in die flachen Hausschuhe
schlüpft.
„Oh je“, meint Aya, „es wird Zeit, dass ihr jungen Leute endlich wieder etwas in den Magen bekommt ...
und Kyoko-chan sollte vor dem Essen ein Bad nehmen, damit sich ihre Füße ein bisschen erholen
können... Ich lasse dir Wasser ein.“
„Das wäre sehr nett.“, lächelt das Mädchen dankbar.
Die Haushälterin macht sich umgehend auf den Weg.
„Kyoko-chan, kann ich dich um etwas bitten?“, fragt Koji, als Aya außer Hörweite ist, und auf Kyokos
fragendes Nicken fährt er fort: „Ren-kun hat erwähnt, dass du die Teezeremonie beherrschst; könntest
du morgen eine für Aya-san abhalten? Wir haben einen kleinen Pavillon im Garten, der sich bei diesem
Wetter dafür eignen würde. Sie liegt mir schon ewig damit in den Ohren, aber ich habe es bisher noch
nicht fertig gebracht, jemanden dafür zu engagieren. Ich selbst bin in diesen Dingen leider eine
Vollniete.“
Kyoko überlegt einen Moment.
>Eigentlich wollte ich das ja nie wieder... Dieser vermaledeite Sho...! – Aber ... es ist für Aya-san...<
„Gut, einverstanden.“, sagt sie schließlich. „Reicht es nachmittags? Ich müsste ein paar Dinge
vorbereiten.“
„Ja, natürlich, nimm dir soviel Zeit, wie du brauchst. - Es müsste auch gar keine vollständige
Teezeremonie sein.“
Teezeremonie
So, das ist es, das letzte Kapitel mit Koji (jedenfalls in dieser FF ^^). Mann, wie lange ich für die
Recherche zur Teezeremonie gebraucht habe... *seufz*, ... wenn jetzt jemand kommt und sagt, es sei
was falsch... *Horrorvorstellung* *Aaaaargh!*
Ich habe ganz bewusst nur eine stark verkürzte Teezeremonie dargestellt, eine vollständige wäre nicht
nur zu lang geworden, sondern (für mich) auch gar nicht machbar – schließlich hab ich mein Wissen
ausschließlich aus Büchern. Schade eigentlich...
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...
Kyoko überlegt einen Moment.
>Eigentlich wollte ich das ja nie wieder... Dieser vermaledeite Sho...! – Aber es ist für Aya-san...<
„Gut, einverstanden.“, sagt sie dann. „Reicht es nachmittags? Ich müsste ein paar Dinge vorbereiten.“
„Ja, natürlich, nimm dir soviel Zeit, wie du brauchst. Es müsste auch gar keine vollständige
Teezeremonie sein.“
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„Ihr kennt euch also schon, seit ihr Kinder wart. – Und seither verkörpert sie sozusagen dein Idealbild
einer japanischen Frau.“, wiederholt Koji nachdenklich.
Ren nickt nur.
„Hm, ... auch wenn ich mit Frauen normalerweise nicht viel anfangen kann, jedenfalls in
Beziehungsdingen, ... ich kann dich schon verstehen. Sie ist so ganz anders als die Tussis, mit denen
du diese Affären hattest... Mann, das ist so lange her, es kommt mir vor, wie ein anderes Leben; Du
warst noch nicht mal bekannt hier in Japan... – Und ich hatte mich noch nicht mal geoutet...“
„Kommt mir genauso vor... Aber in Einem muss ich Dir widersprechen, Koji“, erklärt Ren ruhig, „sie ist
nicht anders. Sie ist die optimale Zusammenstellung von allen zusammen. In jedem dieser Mädchen hab
ich ein bisschen von ihr gefunden, ... aber niemals alles zusammen.“ Ren seufzt unwillkürlich auf.
„Meistens waren es eher nur Bruchteile ihrer Eigenschaften...“
„Ich verstehe. – Wann willst du es ihr sagen?“
„Ich weiß es nicht.“ Der Schauspieler schüttelt langsam den Kopf. „Ich weiß, ich sollte es nicht zu lange
hinauszögern. – Die Konkurrenz schläft schließlich nicht.“, meint er mit einem gequälten Grinsen. „Und
es wird für mich auch schwieriger, je länger ich damit warte. – Aber ich will es frühestens nach der
Premiere von ‚Dark Moon’ tun. Die nächsten Wochen werden stressiger für sie als sie das erwartet; ich
will sie nicht noch zusätzlich in ein Gefühlschaos stürzen.“
Koji nickt stumm und für eine ganze Weile ist es still zwischen ihnen, nur die Vögel zwitschern seltsam
fröhlich durch den Garten, den die beiden von der Veranda aus überblicken, auf der sie sich
niedergelassen haben.
„Wo ist Kyoko-chan eigentlich?“, fragt Koji schließlich. „Hat sie sich noch mal hingelegt? – War schon
eine ziemliche Tortur gestern, ...das an einem Tag durchzuziehen...“
„Da kennst du sie schlecht. Ich habe sie noch niemals jammern hören über zuviel Arbeit. – Sie macht
gerade den Pavillon sauber.“, seufzt Ren.
„Wie bitte? Aber das sollte doch Aya-san übernehmen, ... auch wenn sie nicht genau weiß, warum.“
Ren muss unwillkürlich lächeln. „Kyoko-chan ist der Meinung, wenn sie es nicht selbst tut, wäre es
nicht einmal eine kleine Teezeremonie, jedenfalls keine, die diesen Namen auch nur annähernd
verdienen würde.“
Koji runzelt die Stirn. „So war das gar nicht gedacht, ... ich meine, dass sie das so ernst nimmt.“
„Ist mir vollkommen klar“, grinst Ren, „ du wolltest mich in erster Linie mal wieder im Kimono
sehen, stimmt’s?“
„Na ja, ... schon, ... irgendwie...“, gibt der Designer verlegen zu.
„Aber was du nicht wissen konntest, ist, dass Kyoko-chan alles, was sie tut, mit einem solchen
Feuereifer verrichtet, dass es einem manchmal geradezu Angst machen kann.“ Er lacht, als er Kojis
verblüfften Gesichtsausdruck bemerkt. „Das ist nun mal ihre hervorstechendste Eigenschaft.“
„Hat sie die Anproben gestern deshalb in einem Rutsch durchgezogen, ohne auch nur einmal nach einer
Pause zu fragen?“ Koji kaut betreten auf der Unterlippe herum.
„Ja.“, bestätigt Ren. „Und dann drückst du ihr noch eine Teezeremonie auf.“
Koji hält verschämt eine Hand an die Stirn. „Tut mir Leid, ... du hast wahrscheinlich Recht. Bist du sehr
sauer?“
Ren kann sich das Grinsen nicht ganz verkneifen.
„Nein, ... obwohl ich es vielleicht besser wäre... Um ehrlich zu sein, freue ich mich darauf. Die letzte
Teezeremonie, an der ich teilnehmen durfte, ist Jahre her. – Mal abgesehen von einigen Filmszenen...
Und außerdem... ach, du wirst schon sehen.“
Aus einiger Entfernung hört man eilige Schritte die Veranda entlang trippeln und kurz darauf erscheint
eine ziemlich aufgeregte Aya auf der Bildfläche.
„ Hier seid ihr beiden! – Da kann ich ja lange suchen. Kyoko-san hat mir gerade gesagt, dass sie
heute eine kleine Teezeremonie abhalten wird. Sie sagt, sie wäre etwa in einer Dreiviertelstunde so weit.
Ich suche gerade die Kimonos raus... Warum hast du nichts gesagt, Koji-san?!“ Aya ist so aus dem
Häuschen, dass sie ganz rote Wangen bekommen hat.
Der junge Designer ist aufgestanden und auf sie zugegangen. Zärtlich streicht er ihr über die gerötete
Wange.
„Weil es eine Überraschung sein sollte, Aya-san.“, antwortet er lächelnd.
„Ja, ... aber...“, gibt sie zu bedenken, „so hat doch Kyoko-san die ganzen Vorbereitungen alleine
machen müssen, ... wo doch gestern so ein anstrengender Tag für sie war...“
„Das geht schon in Ordnung.“, bemerkt Ren ruhig. „Eine andere Möglichkeit hätte es ohnehin nicht
gegeben, Kyoko-chan hätte sich nämlich sowieso nicht helfen lassen.“ Er lacht leise vor sich hin.
Ayas Gesicht hellt sich ein wenig auf, auch sie lacht jetzt leise. „Ja“, meint sie, „das habe ich auch schon
gemerkt.“
„Gut“, sagt Ren daraufhin zu Koji, „dann sollten wir beide uns jetzt auch umziehen, ... damit die Damen
nicht noch auf uns warten müssen.“
Das Gesicht des Jungdesigners strahlt mit einem Mal vor Vorfreude. „Das ist deine beste Idee heute.“,
lacht er und hilft dem Freund auf die Füße. [Er hat es auf einmal ziemlich eilig... ^^]
Eine halbe Stunde später sitzen die beiden jungen Männer einträchtig im Kimono nebeneinander im
Garten auf einer Bank in der Nähe des Pavillons. Koji trägt einen dunkelblauen Seidenkimono mit einem
grafischen Muster in Rot und Weiß, dazu einen schmalen, roten Männerobi, auf den Yin-Yang-Symbole
in Schwarz und Weiß aufgestickt sind. Rens Seidenkimono ist in gedeckten Grüntönen gehalten und mit
einem dezenten Bambusblattmuster überzogen. Dazu trägt er einen schmalen, schwarzen Obi mit
kupferfarbenen Streifen.
Still ist es zwischen den beiden, sie genießen es einfach, im Schatten der Bäume die Aussicht auf den
kleinen Pavillon auszukosten, der rundum von den verschiedensten, prächtigen Rosenstöcken umsäumt
ist.
„Dein Großvater hat diese Rosen sehr geliebt, nicht?“, fragt Ren schließlich leise.
„Ja“, lächelt Koji wehmütig, „fast so sehr, wie er Großmutter geliebt hat... Sie haben sich im Sommer oft
dorthin zurückgezogen und sich gegenseitig den Tee bereitet. Für mich ist dies der Ort, an dem sich
ihre Liebe am greifbarsten manifestiert hat.“
„Du vermisst sie immer noch, nicht?“
„Ja, ... schon.“, Koji lächelt müde. „Aber auf der anderen Seite bin ich froh, dass sie so kurz
hintereinander gestorben sind. Selbst die drei Wochen, die er alleine war, waren für Großvater eine
schreckliche Quälerei. – Sie konnten halt nicht ohne einander...“
Aya kommt auf den Steinen des Gartenweges auf die beiden zu und zerstreut so die düsteren
Gedankengänge.
„Du siehst wunderbar aus, Aya-san.“, staunt Koji und Ren nickt bekräftigend mit einem anerkennenden
Lächeln.
Die Haushälterin ist mit einem hellblauen Seidenkimono bekleidet, auf dem große Rosen in Weiß und
Rosa prangen und der mit einem prachtvollen, dunkelblauen Obi mit Brokatstickerei gebunden ist.
„Danke, Koji-san.“, sagt sie mit einem verlegenen Lächeln ... und noch immer geröteten Wangen.
„Kyoko-san müsste auch gleich kommen. Sie sieht fantastisch aus; ich habe schon lange niemanden
mehr erlebt, der sich im Kimono so elegant bewegen kann...“
Fast wie aufs Stichwort betritt Kyoko den Gartenweg und bringt es selbst auf den leicht unebenen
Steinen noch fertig, den schwebenden Gang zu meistern.
Koji, der auf diesen Anblick nicht gefasst ist, fällt beinahe der Unterkiefer aus seiner Verankerung. Da
das jedoch bei dieser Gelegenheit eine höchst unpassende, wenig würdevolle Reaktion wäre, beherrscht
er sich mühsam und wirft einen kurzen Seitenblick auf Ren.
Dieser ist – zumindest annähernd – auf ihren Anblick vorbereitet ... und hat sich innerlich entsprechend
gewappnet. Worauf er nicht gefasst ist, ist, dass sie einen Kimono aus Kojis Sammlung [eigentlich ist es
ja die Sammlung seiner Großeltern...] gewählt hat, der sich nicht nur ausgezeichnet in die Umgebung
des Pavillons einpasst, sondern ihre Augen auch noch außergewöhnlich vorteilhaft zum Strahlen bringt.
– In ihm breitet sich mit einem Mal eine lächelnde Wärme aus, die ihn zunächst ein wenig
verunsichert, ... die er jedoch bei näherer Betrachtung als höchst angenehm empfindet.
Kyoko trägt einen grünen Seidenkimono mit einem Farbverlauf von Hell nach Dunkel und einem
schlichten, stilisierten Blattmuster auf der rechten Seite, dazu einen hellrosa Obi mit zarter
Rosenstickerei.
Still und mit einem dezenten Lächeln begrüßt sie ihre Teegäste mit einer eleganten, förmlichen
Verbeugung, was die Gäste höflich erwidern. Dann macht sie sich daran, frisches Wasser in das
Handwaschbecken zu füllen; das Einzige, was dabei zu hören ist, ist das leise Rascheln der Seide und
das flüsternde Plätschern des einlaufenden Wassers. Selbst die Vögel scheinen einen Moment inne zu
halten...
Nicht ein einziges Tröpfchen geht daneben...
Dann zieht sie sich in den Pavillon zurück, um letzte Vorbereitungen zu treffen und den Gästen
Gelegenheit zu geben, sich Hände und Mund zu reinigen, bevor die eigentliche Zeremonie beginnt.
Als die Gäste schließlich einige Minuten später auf ihren Plätzen sitzen (Aya-san hat natürlich den
Ehrenplatz bekommen) und Teegerät und Kalligraphie bereits gebührend gewürdigt haben, öffnet das
Mädchen nacheinander alle vier Seiten des Pavillons, so dass sie nun scheinbar inmitten der Rosen
sitzen und der betörende Duft und der bezaubernde Anblick der Blumen die Sinne der Anwesenden für
einen Augenblick vollständig gefangen nehmen.
Nach einer angemessenen Pause beginnt sie dann schließlich mit der Teebereitung. Inzwischen scheint
es, als befinde sie sich in einer Art Halbtrance, in der jede ihrer Bewegungen ebenso meditativ wie
anmutig wirkt, ohne dass sie ihre Gäste in irgendeiner Form vernachlässigen würde...
[Es bleibt ihr, ehrlich gesagt, auch nichts anderes übrig, als sich voll und ganz auf ihr Tun zu
konzentrieren und vollkommen darin aufzugehen, ... ansonsten hätte sie die Gedanken an Shotarou
und die Zeit im Ryokan kaum aus ihrem Kopf bekommen und wäre wohl schwerlich in der Lage
gewesen, ihren Gästen – und natürlich besonders Aya-san – eine angenehme, ruhige Atmosphäre zu
vermitteln... ^^ Man stelle sich vor, wie sich kleine, schwarze Dämonenwölkchen ins Geschehen
mischen... ^^’]
Es wird wenig geredet während der Zeremonie und fast scheint es, als stünde die Zeit still.
Als sie schließlich beendet ist, entschuldigt sich Kyoko noch einmal für die bescheidene Art der
Durchführung und verabschiedet die Gäste, um den Pavillon zu säubern, das Teegerät
zusammenzuräumen und es schließlich wieder zurück ins Haus zu bringen.
„Eigentlich sind Teezeremonien doch bei aller Ästhetik auch immer ein bisschen anstrengend“, bemerkt
Koji verwundert, als sie draußen im Garten noch einen Moment innehalten, „aber ich fühle mich jetzt
total erfrischt.“
„Ja“, bestätigt die Haushälterin strahlend. „Es war wie eine Oase in der Alltagshektik, wie ein kleiner
Kurzurlaub. – Kyoko-san meinte zwar ganz bescheiden, sie sei keine Teemeisterin, ... aber ich denke,
jeder Teemeister wäre froh und stolz, eine solche Schülerin zu haben.“
Ren Tsuruga sagt nichts dazu; er geht leise seufzend noch einmal jeden einzelnen Augenblick des
Nachmittags in Gedanken durch, um soviel wie möglich davon in sein Gedächtnis einzubrennen...
Premierenfieber
Himmel noch mal! Nur noch 2 Kapitel!
Genießt es, bevor ich in die Schreib-Pause gehe. ^^
„.........“ = wörtliche Rede
>........< = Gedanken
[..........] = persönliche Kommentare der Autorin
unterstrichene Worte sind betont
_____________________________________________________________________________________________________
...
„Ja“, bestätigt die Haushälterin strahlend, „ es war wie eine Oase in der Alltagshektik, wie ein kleiner
Kurzurlaub. – Kyoko-san meinte zwar ganz bescheiden, sie sei keine Teemeisterin, ... aber ich denke,
jeder Teemeister wäre froh und stolz, eine solche Schülerin zu haben.“
Ren Tsuruga sagt nichts dazu; er geht leise seufzend noch einmal jeden einzelnen Augenblick des
Nachmittags in Gedanken durch, um soviel wie möglich davon in sein Gedächtnis einzubrennen...
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Die nächsten Wochen sind angefüllt mit Trainingsterminen, Seminaren und Beratungsgesprächen
verschiedenster Art, so dass Kyoko abends regelmäßig todmüde ins Bett fällt. An Nebenjobs ist nicht
mehr zu denken und das Ehepaar vom Daruma-ya weigert sich inzwischen standhaft, sie abends noch
als Hilfskraft im Restaurant zu beschäftigen, ... ebenso wie sie es ablehnen, von ihr noch Mietzahlungen
für ihr kleines Zimmer anzunehmen. – Kyoko fühlt sich ganz und gar nicht wohl bei diesem Gedanken.
[Ren hingegen freut es ungemein, dass sie tatsächlich angerufen hat, um sein Angebot anzunehmen.
^^ Auch wenn sie sehr viel weniger Unterstützung braucht, als er angenommen hatte – schließlich
tragen ja auch die Morinagas einen Teil dazu bei ^^. – Vielleicht begreift Kyoko ja jetzt mal, dass sie
ganz und gar nicht allein ist...]
Ren hat wegen seiner Dreharbeiten kaum freie Zeit, stattdessen hat er einige Male angerufen, um sich
nach ihren Fortschritten zu erkundigen. [Übrigens nicht nur bei Kyoko, sondern auch bei Sawara und
Takarada... ^^] Zwei Mal hat er es dennoch geschafft, sie zwischen zwei Terminen in der Agentur zu
treffen, um ihr noch einige Tipps zu geben, ... aber es war keine Zeit für ein ernsthaftes, persönliches
Gespräch, ... was beide sehr bedauert haben... ^^
Immer wieder wandern Kyokos Gedanken zu dem Wochenende in Matsumoto zurück, besonders zum
Sonntagnachmittag...
>Vielleicht war es doch nicht so verkehrt, dass ich eine so anstrengende Kindheit hatte ... und so eine
altmodische, strenge Erziehung, ... immerhin war ich nur deshalb in der Lage, Aya-san eine solche
Freude zu bereiten. – Und Koji und Ren schienen die kleine Teezeremonie durchaus auch genossen zu
haben...
Vielleicht habe ich diese Dinge – ohne es zu wissen - letztendlich doch nicht für Sho gelernt, sondern
für mich selbst... Sho hatte sowieso nie einen Sinn dafür..., anders als Koon...<
Unwillkürlich läuft ihr Gesicht tiefrot an und es dauert eine ganze Weile, bis sie sich wieder auf ihre
Aufgaben konzentrieren kann...
Überhaupt kommt Ren ihr immer häufiger in den Sinn – es freut sie jedes Mal aus tiefster Seele, wenn er
sie anruft; ihr Herz klopft dann meist so heftig, dass sie schon fast Angst hat, dass es ihr aus der Brust
springen könnte ... und natürlich fehlen ihr regelmäßig die Worte, diese Freude auch auszudrücken...
Zwei Tage vor der Premiere liegt sie nach einem weiteren anstrengenden Tag im Bett und kann nicht
schlafen. Aber es ist nicht die Aufregung vor dem „großen Tag“, der ihre Gedanken so rotieren lässt, ...
sondern die Vorstellung, dass sie Ren wieder sehen wird...
>Ach, ... wahrscheinlich werden wir kaum ein Wort wechseln können, weil ihn die Reporter den ganzen
Abend belagern werden, ... von den vielen weiblichen Fans mal ganz abgesehen...<
Irgendwie versetzt es ihr bei dem Gedanken einen Stich. Leise seufzt sie vor sich hin.
>Ich bin zu egoistisch.<, rügt sie sich unbarmherzig, >Ich kann doch Koon nicht ganz für mich allein
beanspruchen...<
Im nächsten Moment kommt sie ebenso erschrocken wie niedergeschlagen zu der Erkenntnis, dass sie
sich offensichtlich immer mehr verliebt.
>Schon wieder so eine aussichtslose Sache! Dabei wollte ich doch nie wieder... – Er darf es auf keinen
Fall wissen, ... ich will auf keinen Fall meinen besten Freund verlieren...<
Traurig entfährt ihr ein tiefer Seufzer.
>Ich sollte mich auf die Arbeit konzentrieren.<
Ein paar Mal atmet sie tief durch und versucht, noch einmal alles durchzugehen, was sie in den letzten
Wochen gelernt hat.
Es will ihr nicht gelingen...
Und nun ist es also soweit: Ihre erste große Premiere steht unmittelbar bevor, ... und das gleich mit
einem Gang über den roten Teppich!
Die Resonanz auf die bevorstehende Premiere des Klassiker-Remakes hat sich in den letzen Wochen
noch verstärkt, so dass Kyoko inzwischen doch gehörig aufgeregt ist, ... auch wenn sie noch immer
nicht daran glaubt, dass dies ihr Durchbruch als Schauspielerin sein könnte.
Das Ehepaar vom Daruma-ya hat sie am frühen Abend herzlich verabschiedet und ihr viel Erfolg
gewünscht, selbst der Chef hat sie einmal kurz an sich gedrückt, um ihr Mut zu machen ... und jetzt ist
sie auf dem Weg zur Agentur, von wo alle beteiligten Schauspieler mit großen LME-Limousinen zu der
Veranstaltung starten werden.
„Da bist du ja endlich!“, ruft Itsumi Momose, als Kyoko schließlich in der Maske auftaucht. „Takagi-san
macht mich noch wahnsinnig, sie hat mich alle 5 Minuten gefragt, ob du schon da wärst.“
„Bin ich denn zu spät?“, fragt Kyoko verwirrt.
„Nein, überhaupt nicht“, beruhigt sie die Kollegin, „hier ist nur alles in heller Aufregung und Takagi-san
scheint es besonders schlimm erwischt zu haben. Sie ist dahinten irgendwo, versuch doch bitte, sie ein
wenig zu beruhigen. Wenn du das nicht schaffst, dann weiß ich nicht, wer es sonst könnte.“
„In Ordnung; wann bin ich denn mit der Maske dran?“
„Dahinten hängt der Plan.“ Itsumi deutet in Richtung Tür. „Soweit ich das in Erinnerung habe, hast du
noch eine gute halbe Stunde Zeit.“
Kyoko macht sich auf den Weg, um zunächst einmal den Plan zu studieren und danach auf die Suche
nach ihrer aufgeregten Kollegin zu gehen, doch kaum hat sie einen flüchtigen Blick darauf geworfen
und ihren Namen gefunden, da fällt die gesuchte Kollegin sie auch schon von hinten an.
„Mogami-san! Gott sei Dank! Endlich mal ein Lichtblick! Die anderen sagen alle, ich mache sie
verrückt.“, beschwert sie sich. „Dabei bin ich nur so aufgeregt, dass wir über den roten Teppich laufen
müssen. – Ich hab so geübt, aber ich fühl mich in dem langen Kleid total unsicher.“
>Was soll ich denn sagen?!<, fragt sich Kyoko resigniert, nimmt ihre junge Kollegin jedoch
beiseite und sucht sich ein stilleres Plätzchen, um mit ihr in Ruhe reden zu können.
Ein paar Minuten später ist zwar Takagi-san um Einiges gelassener, Kyoko jedoch erst recht aufgeregt.
Das hat sich auch nicht geändert, als kurz darauf Ren Tsuruga in seinem eleganten, schwarzen
Designeranzug auf der Bildfläche erscheint ... und natürlich sofort von weiblichen Kolleginnen
umschwärmt wird. – Yashiro, der mitleidlos von ihnen abgedrängt worden ist, bemerkt das Mädchen
und geht lächelnd auf sie zu.
„Guten Abend, Kyoko-chan. Wie geht es dir heute?“, fragt er und mustert sie scharf; die leise zitternden
Finger sind ihm nicht entgangen.
„Es geht so.“, antwortet Kyoko tapfer. „Ich bin halt ein bisschen nervös.“
„Ein bisschen dürfte wohl noch untertrieben sein.“, tönt es sonor hinter ihr.
Kyoko dreht sich herum. „Guten Abend, Ren-san.“, begrüßt sie ihn freundlich, denkt jedoch:>Ja, ja, ...
mach dich nur lustig...<
„Na, die Meute schon losgeworden?!“, fragt sie, vielleicht ein wenig spitzer als beabsichtigt.
„Ja“, antwortet er gut gelaunt, „unser heiß geliebter Regisseur hat glücklicherweise gleich ein Machtwort
gesprochen.“ Sein Blick hat sich sichtlich aufgehellt, ihren leicht bissigen Unterton hat er nämlich sehr
wohl registriert.
>Sollte das etwa... Kann das sein?!<, überlegt er elektrisiert, ein strahlendes Grinsen im Gesicht.
„Hast du das gehört?!“, tuschelt es in der Nähe.
„Ja. Wieso gehen die so vertraut miteinander um? – Sie hat Tsuruga-san sogar beim Vornamen
genannt!“, kommt es leise zurück.
„Ihr beide solltet aufhören, so gehässig zu lästern. Wenn ihr sie beneidet, solltet ihr euch anstrengen,
besser zu werden.“, meint eine weibliche Stimme hinter den beiden jungen Schauspielerinnen streng.
„Oh, Izuka-san, entschuldigen Sie bitte, wir wollten nicht...“
„Mir ist klar, was ihr wollt, ... aber wenn es jemand wirklich verdient hat, von Tsuruga-san als gute
Kollegin anerkannt zu werden, dann ja wohl Mogami-san. - Ich sage es immer noch nicht gern, aber
ihre Mio ist besser als meine vor 20 Jahren ... und außerdem kannten die beiden sich schon vor den
Dreharbeiten, soweit ich weiß.“
„Alle mal herhören!“, brüllt einer der Regieassistenten plötzlich durch den Raum. „Wenn Sie nachher
fertig umgezogen sind, verteilen Sie sich bitte gemäß der Liste, die ich jetzt aushänge, auf die
Strechlimousinen. Wagen Nummer 1 wird zuerst losfahren, Wagen 4 zuletzt. Die Autos werden etwa im
Abstand von 10 Minuten starten. Ogata-san legt großen Wert darauf, dass sich alle an die vorgegebene
Aufteilung halten, es wird also unter keinen Umständen getauscht! Später nach der Vorführung treffen
sich alle Schauspieler noch einmal am verabredeten Ort, damit wir die Interviewtermine organisieren
können.“
„Bleibt es denn nicht bei der vorgesehenen Reihenfolge?“, kommt die Frage aus den Reihen der
Schauspielkollegen.
„Vermutlich schon, aber es kann sein, dass kurzfristig noch etwas geändert werden muss, je nach
Resonanz aus dem Publikum vor Ort oder den telefonischen Reaktionen der Fernsehzuschauer. Es ist
auch möglich, dass von Seiten der Zuschauer gefordert wird, dass es nach der Ausstrahlung der
nächsten Teile Diskussionsrunden mit einigen Mitwirkenden geben soll. Das wird sich vermutlich noch
während der Sendung herausstellen. Da könnte man zumindest im Ansatz schon mal klären, wer wann
an solch einem zusätzlichen Termin teilnehmen kann oder soll.“
Eine halbe Stunde später sind die meisten Schauspieler unterwegs und die Hauptdarsteller und die
Darsteller der wichtigsten Nebenrollen machen sich bereit, in die letzte Limousine zu steigen.
„Wo bleibt denn Kyoko-chan?“, fragt Yashiro nervös. „Sie wird doch nicht...?“
„Mach dir keine Gedanken, Yashiro-kun.“, beruhigt Ren ihn grinsend. „Kyoko-chan hat sich noch nie
vor irgendwas gedrückt. – Sie hat wohl nur den Reißverschluss von ihrem Kleid nicht allein
zubekommen. Momose-san hilft ihr gerade.“ Er mustert seinen Manager streng von oben bis unten.
„Sag mal, musst du nicht los? Du hast doch irgendwas von einem Spezialauftrag gefaselt.“
„Ja, schon“, gibt Yashiro schmollend zurück, „aber ich wollte doch Kyoko-chan vorher noch in
Abendkleid sehen. Wer weiß, ob ich sie später noch in ganzer Pracht bewundern kann.“
„Na dann...“, beginnt Ren und grinst ihn frech an, „... solltest du dich jetzt vielleicht besser umdrehen.“
Der Manager wendet sich daraufhin hastig um, um gerade noch rechtzeitig zu erleben, wie Momose-
san und Kyoko aus der Garderobe heraus treten. Die Hauptdarstellerin trägt ein enges, hoch
geschlitztes Kleid aus raschelndem Taft, dessen warmer Rot-Ton einen leicht metallischen Schimmer
ausstrahlt und das einen sensationell tiefen Rückenausschnitt hat. [Seeehr sexy!!]
Kyoko-chans Kleid hingegen ist ein schwarzes Korsagenkleid mit tief angesetztem, tüllunterfüttertem
Rock. Die Korsage ist aus matt glänzendem Samt, während der Rock aus fein durchbrochener,
schwarzer Spitze besteht, die über einer Schicht aus leicht hervorblitzendem Chiffon liegt. Von der
rechten Brust zur linken Hüftseite zieht sich ein imaginäres Band aus appliziertem Strass, das nach
unten hin diffus in den Rock ausläuft. (Dieses „Strassband“ ist - gespiegelt - auch auf der Rückseite zu
sehen.)
„Wooow!“, flüstert Yashiro begeistert.
„Wen meinst du?“, stichelt Ren leise.
„Öh, ... eigentlich beide, ... aber... Kyoko-chan sieht wahnsinnig ... edel aus.“
„Stimmt.“, meint der Schauspieler zufrieden und grinst heimlich in sich hinein.
>Es erinnert tatsächlich an ein Prinzessinnen-Kleid, ... ohne kitschig zu wirken. – Koji ist schon genial
auf seine Art...<
„Ich mach mich dann mal auf den Weg.“, sagt Yashiro und holt ihn damit aus seinen Gedanken. „Gut
gewählt.“, bemerkt er noch grinsend und klopft dem Schauspieler leicht auf die Schulter, dann geht er
zielstrebig auf die Damen zu, um ihnen ehrliche Komplimente zu ihrem Aussehen zu machen, bevor er
schließlich die Agentur verlässt.
Ein paar Minuten später sind die letzten 6 Schauspieler unterwegs zur Premierenfeier. In der großen
Stretchlimousine ist selbst mit den zum Teil recht ausladenden Abendkleidern Platz genug und man
unterhält sich angeregt, um die Anspannung vor dem großen Auftritt ein wenig zu lösen. Kyoko zittern
die Hände allerdings immer noch. Zufällig [na gut, vielleicht auch nicht ganz so zufällig ^^] sitzt
Kyoko zwischen Ren und Itsumi Momose, der ihre Nervosität mittlerweile auch aufgefallen ist.
„Mach dir keine Sorgen, Kyoko-chan“, redet sie ihr zu, „du schaffst das schon. Das ist nicht halb so
schwierig wie deine Rolle in ‚Dark Moon’. Atme einfach noch ein paar Mal gut durch, bevor du
aussteigst und denk daran, zum Schluss auszuatmen. Dann steigst du aus dem Wagen, lächelst und
bist einfach wie immer. Das klappt schon, der Weg auf dem roten Teppich ist sowieso nicht besonders
lang.“
„Vielen Dank, Momose-san.“, lächelt das Mädchen tapfer, ... aber eigentlich ist sie kein bisschen
beruhigt.
Ren ergreift, für die anderen unsichtbar, ihre Hand und flüstert: „Mach einfach dasselbe wie bei der
Anprobe in Matsumoto.“ Er drückt für einen kurzen Moment ihre Hand und zieht dann seine eigene
unauffällig wieder zurück.
Einen Augenblick sieht das Mädchen ihn verblüfft an, dann breitet sich unerwartet eine anscheinend
unerschütterliche, warme Ruhe in ihr aus, die ihr unwillkürlich ein entspanntes Lächeln entlockt.
„Danke.“, flüstert sie und senkt den Kopf, um die Augen zu schließen und sich auf das Kommende zu
konzentrieren.
Dann ist es schließlich soweit.
Star-Rummel
Meine lieben Lese(innen) und natürlich (besonders ^^) Kommischreiber(innen) [Ey, Moment mal, ich
glaub, die sind eh alle weiblich... ^^].
So, das ist es also, das heiß ersehnte, große (vorläufige?) Finale. Ich habe lange überlegt, aber letztlich
schien es mir nicht sinnvoll, dieses Kapitel noch einmal zu unterteilen. Hier also ein Monster-Kapitel
zum allmählichen Abgewöhnen. ^^ [Na ja,... auf animexx wird es vermutlich gar nicht mal viel länger
aussehen T_T.]
Es hat mir großen Spaß gemacht, diese Fanfic zu schreiben, doch jetzt ist es mal wieder Zeit, sich
anderen Dingen zuzuwenden. Wenn ihr noch Lust auf eine Fortsetzung dieser Geschichte habt, meldet
euch bei mir, allerdings werde ich vermutlich nicht so viel Zeit haben, sie wieder „in einem Rutsch“ zu
schreiben und sie so zügig hochzuladen; ihr müsstest euch also auf längere Wartezeiten gefasst
machen. Ideen hab ich jedenfalls noch so einige... ^^
„.........“ = wörtliche Rede
>........< = Gedanken
[..........] = persönliche Kommentare der Autorin
unterstrichene Worte sind betont
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...
Ren ergreift, für die anderen unsichtbar, ihre Hand und flüstert: „Mach einfach dasselbe wie bei der
Anprobe in Matsumoto.“ Er drückt für einen kurzen Moment ihre Hand und zieht dann seine eigene
unauffällig wieder zurück.
Einen Augenblick sieht das Mädchen ihn verblüfft an, dann breitet sich unerwartet eine anscheinend
unerschütterliche, warme Ruhe in ihr aus, die ihr unwillkürlich ein entspanntes Lächeln entlockt.
„Danke.“, flüstert sie und senkt den Kopf, um die Augen zu schließen und sich auf das Kommende zu
konzentrieren.
Dann ist es schließlich soweit.
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Der Wagen hält. Alle Schauspieler, die sich in diesem letzten Wagen befinden, atmen noch einmal
gemeinsam durch und setzen dann wie auf ein geheimes Kommando ihr strahlendstes Lächeln auf.
Itsumi Momose prustet lauthals los.
„Meine Güte“, lacht sie unter Tränen, „Schauspieler sind schon komische Leute!“
„Ja, total verrückt!“, stimmt Izuka-san unumwunden zu, ein breites Grinsen im Gesicht, „Was für ein
Glück, dass hier keine Reporter sind...“
Die Nervosität ist jedenfalls gebrochen und auf keinem der Gesichter wirkt das Lächeln jetzt noch
aufgesetzt.
Gut gelaunt verlassen die beiden Männer als Erste das Auto, um den Damen hinaus helfen zu können.
[Der andere ist der Schauspieler, der Mios und Misaos Vater in dem Drama spielt; leider werden nur die
wenigsten Mitspieler namentlich genannt *seufz* ]
Kyoko ist eine der Ersten, die aussteigen und [wie soll’s auch anders sein ^^] Ren reicht „rein
zufällig“ ihr galant seine Hand, die sie auch dankbar lächelnd ergreift. Selbst wenn ihre Hände
nun nicht mehr zittern, ist sie heilfroh, dass jemand, dem sie unbedingt vertraut, ihr in diesem Moment
beisteht.
Ein bisschen erschrocken ist sie dann schon, dass sich die Fotografen sofort wie die Hyänen auf sie
stürzen und das Blitzlichtgewitter sie dermaßen blendet, dass sie für einen Augenblick nichts mehr
sehen kann. Ein leichter Druck von Koons Hand bewirkt jedoch sofort, dass sie einfach weiter lächelt
und man ihr nicht das Geringste anmerkt. Sie bedankt sich mit einem freundlichen Nicken und macht
Platz für ihre Kolleginnen. Izuka-san, die in „Dark Moon“ ihre Mutter gespielt hat (und im Originalfilm –
„Tsukigomori“ – Kyokos Rolle), gibt ihr ein unauffälliges Zeichen, dass sie beide schon mal ihren
Gang über den roten Teppich beginnen sollten ... und so machen sich die beiden auf den Weg, posen
hier und da für Fotografen und Fans, beantworten neugierige Reporterfragen, geben Autogramme an
der Absperrung und wechseln freundliche Worte mit den Menschen auf der anderen Seite der gut
hüfthohen Metallgitter, immer begleitet von lauten „Izuka-sama!“- und „Mogami-sama!“-Rufen.
Kyoko geht all das zu ihrem eigenen Erstaunen recht leicht von der Hand, aber es entgeht ihr nicht,
dass hinter den Sperrgittern, zusätzlich zu dem fast ohrenbetäubenden Lärmen, kräftig mit den
Ellbogen gearbeitet wird, weil jeder möglichst nah am Geschehen dran sein möchte ... und dass es nur
den Sicherheitskräften zu verdanken ist, dass die Situation nicht eskaliert...
Kyoko schaudert...
Ren hat sie die ganze Zeit über mit einem unauffälligen Seitenblick unter Beobachtung. Vorsichtshalber
hat er auch jemanden von der Security gebeten, „ein Auge auf die Damen zu haben“...
Als Kyoko schließlich die Vorhalle zum Saal betritt, atmet sie erleichtert auf.
„War doch gar nicht so schlimm, was?“, bemerkt Rory Takarada mit einem zufriedenen Lächeln im
Gesicht.
„Guten Abend, Takarada-san.“ Kyoko verbeugt sich höflich vor ihrem Chef. „Es geht so.“, meint sie
dann ehrlich.
„ Meine Erwartungen hast du jedenfalls mehr als erfüllt. Es sieht ganz so aus, als hätte ich
goldrichtig damit gelegen, dir Ren-kun als Sempai zur Seite zustellen; insbesondere auch, was dein
Outfit betrifft. Kompliment, du siehst fabelhaft aus.“
[Seine eigene Ausstattung ist übrigens heute ein (für seine Verhältnisse) absolut unspektakulärer
Smoking! Bei solchen Veranstaltungen hat er keine Lust, sich zu verkleiden; er findet es langweilig,
diesen „Style-Overkill“ mitzuspielen ^^ . Außerdem will er den eigentlichen Stars nicht die Show
stehlen.]
„Vielen Dank.“, sagt das Mädchen verlegen.
„Keine Ursache. Außerdem möchte ich dich beglückwünschen, Kyoko-chan, deine schauspielerischen
Leistungen in ‚Dark Moon’ waren durchweg ausgezeichnet. - Du hast in der kurzen Zeit, die du bei LME
bist, eine Menge dazugelernt und dich sehr zu deinem Vorteil entwickelt, ... nicht nur, was die Arbeit
betrifft. – Ich bin jedenfalls sehr zufrieden mit dir.“
Kyoko ist so verlegen, dass sie gerade noch ein leises „Danke.“ heraus bekommt und im Gesicht
zartrosa anläuft.
„Geh schon mal rein, da drin wartet jemand schon sehr ungeduldig auf seine Onee-san.“, schmunzelt
er. „Ich warte noch auf Tsuruga-kun, ich will noch ein paar Worte mit ihm wechseln, bevor es losgeht.“
Kyoko hat kaum den Festsaal betreten, da saust auch schon Maria-chan mit einem Juchzen auf sie zu,
Yashiro im Schlepptau.
„Oneeeeee-saaaaan!“, ruft die Kleine und wirft sich dem Mädchen in die Arme – nicht ganz so einfach
bei deren Abendkleid...
Trotz der ungestümen Begrüßung, bringt Kyoko es fertig, elegant in die Hocke zu gehen und das kleine
Mädchen auf Augenhöhe zu begrüßen.
„Wie kommt es, dass du hier bist?“, fragt sie schmunzelnd. „Hast du so lange gequengelt, bis dein
Großvater nachgegeben hat?“
„Iiiich?! – Nö, ... ich brauchte gar nicht lange darum zu bitten.“, erklärt sie ... und runzelt plötzlich die
Stirn. „Seltsam, ... ob er was vorhat...? – Na egal, jedenfalls hat er nur eine Bedingung gestellt, ... na ja,
eigentlich zwei...“
„Welche?“, will Kyoko wissen.
„Ich durfte nicht über den roten Teppich laufen.“, schmollt sie, hat aber das Lächeln sofort wieder im
Gesicht. „Und ich muss natürlich zeitig wieder nach Hause.“
„Das ist doch annehmbar.“, bemerkt Kyoko. „Und auf den roten Teppich hätte ich, ehrlich gesagt, auch
verzichten können.“
„Warum?! Das ist doch toll.“, meint Maria verständnislos.
„Na ja, ich stehe nicht so gerne so extrem im Mittelpunkt.“, gesteht Kyoko und wechselt vorsichtshalber
das Thema. „Zeig mal dein Kleid, du siehst ja richtig süß aus in diesem rosa Rüschenkleid.“
Das kleine Mädchen geht einen Schritt zurück, dreht und wendet sich, um sich von allen Seiten zu
präsentieren; sie freut sich sichtlich über das Kompliment.
„Was für ein hübsches Kind!“, merkt Ren Tsuruga lächelnd an, als er zu der kleinen Gesellschaft stößt.
„Aber ich fürchte“, setzt er schmunzelnd hinzu, „wenn du so gut aussehen willst wie Kyoko-chan, dann
musst du noch ein bisschen wachsen.“
„Reeeeen-saaaaan!“, schreit das Mädchen auf und wirft sich ihm schwungvoll in die Arme; auch Ren hat
sich zu ihr hinunter gebeugt. „Das war jetzt aber nicht sehr charmant!“, beschwert sie sich halbherzig.
„Aber wahr.“, versetzt Ren trocken, fährt jedoch gleich versöhnlicher fort: „Mach dir keine Sorgen,
Maria-chan, ich denke, du musst wirklich nur wachsen; das wird schon.“ Liebevoll tätschelt er ihr
lockiges Haar.
„Na gut.“, grinst Maria und zieht Kyoko, die ebenfalls noch immer in der Hocke ist, zu sich heran, so
dass sie, über das ganze Gesicht strahlend, zwischen den beiden Menschen stehen kann, die ihr am
liebsten von allen sind.
Von irgendwoher blitzt es plötzlich ein paar Mal auf, alle drei (eigentlich ja vier – armer Yashiro...)
bemerken es, jedoch ist niemand zu sehen und so erheben sich Ren und Kyoko, um sich nun endlich
ins Getümmel zu stürzen. [Sie sind schließlich nicht zum Vergnügen hier...]
Nach der Vorführung des ersten Teils von „Dark Moon“ wird es für die Schauspieler erst so richtig
anstrengend, insbesondere die beiden Hauptdarsteller, der Regisseur, Izuka-san und Kyoko sind an
diesem Abend begehrte Gesprächspartner, „Interview-Opfer“ und Fotomotive und werden pausenlos
von allen Seiten mit Beschlag belegt, mal gemeinsam, oft jedoch getrennt voneinander.
Kyoko hat langsam das Gefühl, nicht einmal mehr unbeobachtet atmen zu können und so nutzt sie
irgendwann eine günstige Gelegenheit und verdrückt sich – glücklicherweise unbemerkt – an einen
ruhigen Ort.
Einem jedoch ist ihr Verschwinden ganz und gar nicht entgangen.
„Hast du Kyoko-chan gesehen?“, fragt Ren seinen Betreuer leise. „Ich kann sie schon eine ganze Weile
nirgends mehr entdecken. Langsam mache ich mir Sorgen. Sho Fuwa ist schließlich auch hier.“
„Der ist aber keine Gefahr.“, gibt Yashiro leise zu Bedenken. „Den haben ich und einige andere Leute
von LME immer im Blick.“
„Ich weiß, aber wenn der hier ist, kann doch auch theoretisch noch dieser ... Stalker ... hier auftauchen.“
„Unwahrscheinlich...“
„Egal, ich geh sie jetzt suchen; halt die Augen offen und ruf mich an, wenn sie hier wieder auftaucht.“,
flüstert Ren. Höflich entschuldigt er sich bei den Umstehenden, dass er einen gewissen Ort aufsuchen
müsse und verschwindet in Richtung der Waschräume.
[Gemerkt? – Eigentlich dürfen nur die Security-Leute ihre Handys benutzen, wenn so viele Kamerateams
Live-Aufnahmen machen... ^^]
Es dauert nicht lange, bis er Kyoko findet. Mit abgewandtem Gesicht steht sie in einem schummrigen
Seitengang und zittert offenbar am ganzen Leib. Höchst beunruhigt biegt er in den Flur ein.
Als er sie vorsichtig an der Schulter berührt, zuckt sie heftig zusammen, dreht sich erschrocken zu ihm
herum ... und ist ganz offensichtlich erleichtert, ihn zu sehen.
„Was ist denn los, Kyoko-chan?“, fragt er besorgt; er ist tief erschüttert, sie so zu sehen.
Das Mädchen ist kurz davor, in Tränen auszubrechen und braucht einen Moment, bevor sie antworten
kann.
„Was ist das da draußen?!“, fragt sie dann. „Was wollen die alle von mir?! – Ich komm mir vor wie ... wie
ein Schaf unter lauter Wölfen. – Fehlt nur noch, dass sie mir das Kleid vom Leib reißen...“
„Ja“, seufzt Ren leise, „die Reaktionen der Leute sind noch überschwänglicher als erwartet. Ich fürchte,
du wirst dich daran gewöhnen müssen. Du bist jetzt ein Star. – Wenn das kein Durchbruch war
heute, dann weiß ich es auch nicht...“
„Aber...“
„Kein ‚Aber’... Das war es doch, was du wolltest, oder?“
„Nein!!“, widerspricht Kyoko vehement. „Ich will die beste Schauspielerin Japans werden, nicht...“ Sie
sucht angestrengt nach Worten und deutet mit einer ausladenden Handbewegung hilflos in Richtung
Saal. „Nicht... das da...“
Ren streicht ihr sachte über den nackten Arm.
>Wie weich ihre Haut ist...<
„Gut“, meint er, „aber wenn du erfolgreich bist, dann gehört das dazu; du bist für die Menschen da
draußen quasi über Nacht aufgetaucht, logisch, dass sie sich da regelrecht auf dich stürzen. Sie sind
total aus dem Häuschen und wollen einfach alles über dich wissen...“ Er lächelt ihr aufmunternd zu.
„Ich ... ich kann da nicht wieder reingehen.“, sagt sie verzweifelt und leise fügt sie hinzu: „Ich hab
Angst.“
„Kann ich gut verstehen.“, seufzt Ren. „Ging mir die ersten Male genauso. Aber jetzt gibt es kein Zurück
mehr.“
Kyoko sinkt resigniert in sich zusammen und grummelt leise vor sich hin.
„Was wollen die bloß von einem Mauerblümchen wie mir? Da drin laufen mindestens 100 hübschere
Mädchen rum...“
Ren lächelt weich. „Nein“, widerspricht er ebenso leise wie eindringlich, „nicht eine einzige kann mit dir
mithalten, Kyoko-chan.“
„Was soll das denn heißen?!“, will sie wissen. Entgeistert starrt sie ihn an.
„Dass du wunderschön bist, ... besonders heute Abend.“, sagt er. Sanft streicht er mit der Hand
über ihre leicht gerötete Wange. „Du warst noch nie ein Mauerblümchen, du hast es dir nur einreden
lassen.“
Kyoko ist schrecklich verwirrt, weil seine Hand noch immer auf ihrer Wange liegt und Koon nicht die
geringsten Anstalten macht, etwas daran zu ändern. Irgendetwas in ihrem Innern jedoch hindert sie
daran, ihn auch nur darauf aufmerksam zu machen...
„...Koon ..., bitte ... mach dich nicht lustig...“, flüstert sie hilflos.
„Das tue ich nicht. Ich meine es ernst.“, gibt er entschieden zurück.
Kyoko überlegt angestrengt, ob das alles nur eine Finte ist, ... vielleicht, um sie wieder aufzurichten...
„Du glaubst mir nicht.“, seufzt der Schauspieler.
Langsam rückt er näher, bis sie seine Wärme schließlich überdeutlich spüren kann und in ihrem Innern
eine unbegreifliche Glut aufsteigt, die darin gipfelt, dass ihr die Röte siedendheiß ins Gesicht steigt.
Ren lächelt weich. „Du hast keine Ahnung, wie zauberhaft du bist, Hime-chan.“
Man glaubt es kaum, aber das Rot in Kyokos Gesicht wird noch tiefer...
Lächelnd beugt Ren seinen Kopf zu ihrem Gesicht hinunter, die Hand ist unbemerkt in ihren Nacken
gewandert und biegt nun sachte ihren Kopf zurück.
Kyoko spürt seinen Atem sanft auf ihrer Haut und heiße Schauer wandern ihr Rückrat hinauf, die ihr die
Knie weich werden lassen und ihr jeden klaren Gedanken aus dem Gehirn fegen.
Für einen Moment blitzt die Vorstellung auf, dass sie ihn jetzt eigentlich zurückstoßen müsste, doch ihr
Blick ist ganz uns gar in seinem gefangen.
Langsam, ganz langsam dämmert es ihr, dass er es tatsächlich ernst meint, dass er...
Rens Lippen berühren die ihren, ... sanft und liebevoll. Zärtlich legt er den anderen Arm um sie,
registriert hingerissen, wie sie weich wird in seinen Armen und allmählich die Augen schließt. Dann
küsst er sie noch einmal, leidenschaftlicher als er je zuvor eine Frau geküsst hat...
Als er sich schließlich wieder von ihr löst, scheint die Welt stillzustehen. Noch immer sind ihre Augen
geschlossen. Zärtlich streicht er ihr über die Wange, während sie ihr Gesicht sachte in seine Hand
schmiegt. Langsam öffnen sich ihre Augen wieder, den Blick ein wenig fragend auf ihn gerichtet.
Ren lächelt glücklich, mit einem Mal ist ihm ganz leicht ums Herz und alles erscheint ihm plötzlich so
einfach.
„Ich liebe dich.“, sagt er leise. „Ich liebe dich, Kyoko-chan. – Ich habe dich schon immer geliebt, ... ich
bin nur furchtbar lange davor davongelaufen. Es tut mir Leid, ich war so dumm. – Bitte, Kyoko-chan,
sag nie wieder, du seist ein Mauerblümchen.“ Mit einem verschmitztem Grinsen fährt er fort: „Würde
jemand wie ich ein Mädchen wählen, das nicht bildhübsch ist? – Und intelligent ... und begabt ... und
noch so vieles mehr...?“
Noch einmal drückt er sie sachte an sich; Kyoko legt den Kopf leise seufzend auf seine Brust, während
die Welt um sie herum noch immer stillzustehen scheint.
„Du solltest wieder reingehen.“, meint Ren nach einer Weile und verbessert sich seufzend selbst: „Wir
beide sollten wieder da rein gehen.“
„Muss das sein?“
„Ja.“, sagt er bestimmt. „Aber das hier behalten wir vorläufig für uns, ... sonst wird der Trubel da drin
noch schlimmer. Außerdem ist heute dein großer Tag. – Du und Ogata-sensei, ihr seid die
eigentlichen Stars des Abends; ich werde den Teufel tun, euch das zu nehmen.“
„Ich will da aber nicht alleine rein.“, seufzt Kyoko mit leiser Verzweiflung.
„Wer sagt denn, dass du das sollst?“, fragt Ren grinsend.
„Ja, ... aber...“, beginnt Kyoko verblüfft, „die werden doch denken...“
„Dass wir uns auf dem Rückweg von den Waschräumen getroffen haben“, ergänzt Ren, „und dann
gemeinsam wieder in den Saal gegangen sind. – Schon vergessen? Wir sind Kollegen.“ Schmunzelnd
fügt er hinzu: "Wir dürfen nur nicht Arm in Arm gehen."
„Kollegen und...“, flüstert Kyoko lächelnd.
Ren küsst seinen Zeigefinger und verschließt ihr damit zärtlich den Mund.
„Schhh,... nicht jetzt. – Ich schicke dir später Yashiro-kun, damit er allzu lästige Verehrer von dir
fernhält. Außerdem solltest du dich unauffällig in Takarada-sans Nähe begeben; der kann nämlich
ziemlich rabiat werden, wenn einer seiner Schützlinge allzu sehr bedrängt wird. – Ich fahr dich später
zurück zur Agentur und nach Hause.“
Kyoko schüttelt lächelnd den Kopf, noch immer schlägt ihr das Herz bis zum Hals ... und sie beginnt es
zu genießen...
„Ach, halt endlich die Klappe, du... Verschwörer.“
Mit sanfter Gewalt und ein bisschen verblüfft über ihre eigene Kühnheit packt sie ihn am Kragen und
zieht ihn energisch zu sich herunter, ... um ihn zärtlich auf den Mund zu küssen.
Der Schauspieler ist sehr verblüfft, ... aber auch ungeheuer erleichtert, diese Aktion fasst er als
eindeutiges „Ja!“ auf.
Nachdem er sich schließlich endgültig von ihr gelöst hat, nimmt er sie noch einmal sachte bei den
Schultern und sieht ihr ernst in die Augen.
„So, und jetzt denk an das, was du in den letzten Wochen gelernt hast ... und dann: ... Auf in den
Kampf!“
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Nachwort
Zu erwähnen ist vielleicht noch, dass Sho Fuwa an diesem Abend, trotz etlicher, teils verzweifelter,
Versuche, nie näher als 3 Meter an Kyoko herankam, was insbesondere Ren ein ausgesprochenes
Vergnügen war; allerdings hatte auch Yashiro seinen Spaß daran. Kyoko selbst war eigentlich ganz froh,
dass sie ihren Sandkastenfreund nur von Weitem zu sehen bekam, sein Blick war auch aus der
Entfernung geradezu köstlich.
Unnötig zu erwähnen, dass sie noch in der Nacht der Daruma-Figur, der sie zu Beginn ihrer Rache-
Aktion gegen Shotarou ein Auge gemalt hatte, das zweite Auge verpasst hat. (Sie hatte die Figur mit
dem Wunsch geweiht, Sho möge eines Tages der Unterkiefer runterfallen, wenn er sie sieht... und das
nicht nur wegen ihres Aussehens.)
Ren hat in dieser Nacht praktisch überhaupt nicht geschlafen, der war so aufgedreht und glücklich,
dass er die ganze Nacht fröhlich durch die Wohnung getigert ist und überlegt hat, was er seiner „Hime-
chan“ denn Gutes tun kann, ... ohne sie gleich zu überfordern.
Am frühen Morgen rief dann Yashiro an, ... der natürlich aus dem Grinsen nicht mehr raus kam, als Ren
ihm alles brühwarm erzählt hat... ^^
Ach, bevor ich es vergesse – es hat leider nicht mehr ausführlich ins Kapitel reingepasst:
Das Foto, das ein Fotograf zu Beginn des Abends von Kyoko, Ren und Maria geschossen hat, ging
natürlich am nächsten Tag durch die Presse ... mit der Überschrift: „Wären sie nicht ein schönes Paar?“
^^
Im Text dazu stand natürlich dann, dass die Beiden nur gute Kollegen sind und gern miteinander
arbeiten ... und dass das Kind auf dem Bild selbstverständlich mit keinem der beiden auch nur verwandt
ist...
[Wenn da mal nicht Takarada-san seine Finger im Spiel hatte...^^]