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Schatten des Zweifels

Kapitel 16 ist on
von

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Die ersten Klänge des Krieges

Gommen dasai,
 

es tut mir schrecklich leid, dass ihr sooooo lange auf dieses Kapitel warten musstet, doch ich hatte eine entsetzlich Schreibblockade. Jetzt ist es zwar auch noch nicht viel besser, aber ich habe mir alle mühe gegeben, das Kapitel so gut wie möglich fertig zu bekommen, auch wenn ich nicht hundertprozent damit zu frieden bin.

Im Augenblick kämpfe ich mich bereits durch das nächste Kapitel und ich hoffe, das ihr dieses Mal nicht so lange darauf warten müsst.

Nun will ich euch aber nicht länger aufhalten. Ich wünsche euch viel spaß beim lesen und wenn ihr mögt könnt ihr mir ja auch ein paar Kommis hinterlassen, vielleicht helfen sie ja gegen meine Schreibblockade^^
 


 

Kapitel 16: Die ersten Klänge des Krieges
 

Trotz der Frühenmorgenstunde herrschte im Mondpalast bereits hektische Betriebsamkeit. Die Schlacht war schon mit dem ersten Licht des Tages neu entbrannt und unzählige Boten eilten durch die Gänge und Hallen, um Befehle oder Berichte über den verlauf der Kämpfe zu überbringen.

Luna war so in ihre Gedanken vertieft, das sie ihre Umgebung kaum wahr nahm, doch selbst in diesem Zustand entging ihr nicht, die ungute Stimmung, die nicht nur hier im Palast herrschte.

Hätte Luna die Wahl gehabt, so wäre sie lieber gegen das Sonnenkönigreich in eine Schlacht gezogen, als jetzt ihr im Palast zu Untätigkeit verdammt zu sein.

Luna fühlte sich wie in einem Alptraum gefangen. Sie begriff nicht, was in den letzten Tagen geschehen war - und noch viel weniger, was es zu bedeuten hatte.

Wo war Venus? Woher kam dieser Hass, den das Sonnenkönigreich ihnen und ihrem Volk entgegenbrachten? Und warum musste ausgerechnet Königin Gaia sie verraten und ihre geliebte Prinzessin töten? Nichts von alledem schien irgendeinen Sinn zu ergeben!

Plötzlich blieb Luna stehen. Irgendetwas, vielleicht ein Geräusch, hatte sie erschreckt.

Mit klopfenden Herzen blickte sie sich um, doch der Gang in dem sie sich befand, war leer. Nirgendwo rührte sich etwas.

Kopfschüttelt setzte Luna ihren Weg fort. Wahrscheinlich hatten ihre Nerven ihr einfach nur einen Streich gespielt.

Doch sie kam nur ein paar Schritte weit, bevor sie das Geräusch erneut vernahm. Dieses Mal war Luna sich sicher, das es keine Einbildung gewesen war. Vor ihr waren Stimmen, aber es gelang ihr nicht, zu erkennen, woher sie kamen oder wer sprach.

Geduckt und so gut wie lautlos rannte Luna bis zum ende des Ganges weiter und späte um die Ecke. Auch dieser Gang war leer, und endete bereits nach wenigen Schritten vor einer hohen, mit kunstvollen Schnitzereien verzierten Tür.

Erst jetzt - sonderbarerweise tatsächlich erst jetzt, als sie davor stand - erkannte Luna, das ihr Weg sie direkt zum Arbeitszimmer der Königin geführt hatte.

Und jetzt?, dachte sie und musste an sich halten, um nicht laut zu lachen. Sie musste wirklich aufhören, so misstrauisch zu sein. Was für eine Schnapsidee, hinter einer Stimme hinter zu schleichen!

Die Idee hätte glatt von ihrer Prinzessin stammen können. Aber das kam nun mal davon, wenn man den ganzen Tag auf einen Wildfang aufpassen musste, der in einem Palast aufwuchs und als Gesellschaft nur vier fast gleichaltrige Freundinnen und reichlich nachgiebiges Personal hatte. Mit damenhaften Benehmen hatte das hier ganz sicher nichts zu tun.

Was war bloß los mit ihr? Stand da im Schatten und argumentierte mit sich selbst! Das war so ziemlich das Dümmste, was sie machen konnte.

Fast so dumm, wie einer Stimme hinter zu schleichen.

Einen Moment lang ärgerte Luna sich noch über sich selbst, dann drehte sie sich entschieden um. Schließlich gehörte es sich nicht seine Königin zu belauschen.

Doch noch bevor sie den ersten Schritt tun konnte, erklang die Stimme erneut. Dieses mal so laut und deutlich, das selbst ein normaler Mensch, sie nicht überhören konnte.

“Wie lange willst du noch zögern, Sereniti? Sie hat bereist deine Tochter getötet! Willst du, das sie auch noch deine Reich zerstört?”

Luna erstarrte.

Sie erkannte die Stimme sofort, sie erkannte Ihn.

König Meeres.

Doch was tat der König des Orionnebels hier im Mondpalast? Noch dazu im Arbeitszimmer der Königin?

Von ihrer Neugierde getrieben schlich Luna näher zur Tür, die, wie sie jetzt bemerkte gar nicht geschlossen, sondern einen Spalt breit offen stand.

Das war ungewöhnlich genug um Luna zu beunruhigen, zumal dieses Gespräch nicht für die Ohren eines dritten bestimmt zu sein schienen.

Vielleicht, so dachte sie zumindest, sollte sie doch besser einfach umdrehen und verschwinden, bevor man sie eventuell noch bemerkte.

Doch so sehr sie auch von der Richtigkeit dieses Gedankens überzeugt war, ihr Körper wollte ihr einfach nicht gehorchen. Wie gelähmt stand sie da, während sie mit angehaltenen Atem lauschte.

“Und was soll ich deiner Meinung nach Tun, Meeres?”, hörte Luna die Stimme ihrer Königin. Sie klang beleiernd vor Müdigkeit und Kummer. “Ich kann mir keinen weiteren sinnlosen Krieg leisten. Nicht jetzt, wo das Sonnenkönigreich nur auf einen günstigen Moment wartet, um über uns herzufallen. ”

Meeres blieb einen kurzen Augenblick lang stumm. Als er weiter sprach, war seine Stimme nicht nur wieder leiser, sondern auch hörbar weicher.

“Selbst wenn du recht hast…” Er fuhr in noch behutsamerem Tonfall fort: “… und du noch ein paar Tage oder sogar Monate wartest. Glaubst du ernsthaft das es irgendetwas ändern würde? Das, du und Gaia einfach genauso weiter leben könnt wie bisher?”

“Nein. Aber…”

“Aber was?”, schnitt Meeres ihr das Wort ab. “Du weißt, dass ich Recht habe”, sagte er fast mitfühlend.

“Es wäre wohl sinnlos, dir etwas vormachen zu wollen. Du weißt, dass ich Gaia nie gemocht habe, und was geschehen ist gibt mir Recht. Sie ist nicht mehr deine Freundin! Und ich bezweifle ernsthaft, das Du es für Sie jemals gewesen warst.”

“Das ist nicht wahr!”, widersprach Sereniti. Die Worte sprudelten einfach aus ihr heraus. Da war keine Überzeugung in ihrer Stimme, nur Trotz. Vielleicht auch Verzweiflung.

Luna fragte sich, woher sie die Kraft nahm, immer noch so ruhig zu bleiben. Meeres Verhalten ärgerte sie maßlos. Doch anstatt dem immer heftiger werden Wunsch, ihm einfach das Gesicht zu zukratzen nach zugeben, bewegte sie sich nur näher zur Tür. Der Spalt war breit genug, damit sie hineinsehen konnte ohne selber gesehen zu werden.

Königin Sereniti saß wie immer hinter ihrem Schreibtisch, doch sie sah um Jahrzehnte gealtert aus. Ihr langes Haar, obwohl tadellos gewaschen und frisiert, wirkte strähnig, und ihr Gesicht war eingefallen und sehr blass. Die schweren Tränensäcke unter ihren Augen hatten sich dunkel verfärbt, als hätte sie in den zurückliegenden Tagen zusammengenommen nicht mehr als eine Nacht Schlaf gefunden, und ihre Hände, die sie nebeneinander vor sich auf die Tischplatte gelegt hatte, zitterten sachte.

Zum ersten Mal, seit Luna ihre Königin kennen gelernt hatte, glaubte sie das ungeheure Gewicht der Verantwortung zu sehen, das auf ihren Schultern lastete.

“Wenn es nicht wahr ist“, fuhr Meeres nach einen kurzen Moment des Schweigens fort. “Wieso reagiert sie dann nicht auf deine Briefe? Oder kommt her um mir dir persönlich zu reden? Warum lehnt sie jede Möglichkeit von dir, sich gegen die Anschuldigungen, die man gegen sie vorbringt zu wehren von vornherein ab?”

Als er keine Antwort bekam, drehte sich Meeres vom Fenster weg, an dem er bisher gestanden und reglos hinausgesehen hatte, verschränkte die Arme vor der Brust und sah Sereniti herausfordernd an.

“Soll ich dir verraten, warum sie es nicht tun?” Die Worte klangen wie eine Frage, auf die der Ältere aber ganz offensichtlich keine Antwort erwartete, denn er sprach bereits weiter. “Sie tut es nicht, weil sie im Augenblick zu sehr damit beschäftigt ist, eine Arme gegen dich auf zubauen. Verstehst du, Sereniti. Gaia hat nie vor mit dir Vernünftig zu reden, das einzige was sie will, ist dich und dein Reich vernichten.”

Der verräterische Laut, der aus Lunas Kehle wich und sich verdächtig nach einem knurren anhörte, ging im erstickten Aufkeuchen ihrer Königin unter.

“Das… das ist nicht wahr.”, sagte sie. Ihre Stimme war kaum noch zu hören, ein bloßes Flüstern, in dem eine so tiefe Verzweiflung und Trauer lag, dass Luna den Schmerz, den die spürte, nachempfinden konnte.

Meeres jedoch schien mit ihrer Antwort mehr als zufrieden. Er nickte. “Ich Versteh”, sagte er. “Du glaubst mir nicht.” Er hob abwehrend die Hand, als Sereniti etwas erwidern wollte, und fuhr mit einem spöttischen Lächeln fort. “Aber damit habe ich schon gerechnet.”

Er griff unter sein Gewand und zog ein eng zusammengerolltes Pergament hervor, das mit einem roten Stoffband zusammengehalten wurde. Umständlich löste er den Knoten, doch statt es zu entrollen, wie Luna erwartet hatte, übergab er es nur Wortlos der Königin des Mondes.

“Was ist das?”, wollte Sereniti wissen.

“Etwas das deine Meinung vielleicht ändern wird”, erwiderte Meeres, ohne auf ihre Frage einzugehen.

Sereniti nahm es hin.

Einen Moment zögerte sie noch, dann entrollte sie das Pergament. Am Knistern des Papieres war zu erkennen, dass es noch nicht sehr alt sein konnte.

Erschrocken keuchte Sereniti auf. Das entsetzen stand ihr deutlich ins Gesicht geschrieben.

“Das… das ist unmöglich”, flüsterte sie fassungslos. “Woher hast du das?”

“Das ist unwichtig”, antwortete Meeres ausweichend. “Wichtig ist nur das es echt ist und das es beweißt, dass ich Recht habe, Gaia wird dich angreifen. Die Frage ist nur, ob du es zulassen wirst oder nicht. Denn wenn du es nicht kannst, dann tue ich es für dich.”

“Nein”, sagte Sereniti fast erschrocken. “Das ist meine Aufgabe.”

“Hast du denn die Kraft dazu?”, fragte Meeres. “Ich meine es ernst. Wenn du ihr gegenüberstehst und es nicht kannst, wird sie vielleicht nicht nur dich töten, sondern auch mich und viele andere.”

Sereniti nickte ernüchtert. Ein Schatten huschte über ihr Gesicht.

“Ich weiß”, flüstere sie.

“Gut.” Ein kaltes, grausames Lächeln erschien auf Meeres Lippen. “Dann bring es zu Ende. Sag deinen Sailor Krieger, sie sollen Gaia vernichten, zusammen mit der Erde.”

Ein Schauer, wie von tausend kleinen Spinnbeinen verursacht, rann über Lunas Rücken.

Sie hätte am liebsten alles vergessen, was sie eben gehört hatte. Sie spürte, wie sich ihr Unbehagen noch verstärkte, wie ein übler Geruch, der plötzlich in der Luft lag und alles verderben würde, wenn es ihr nicht gelang die Ursache dafür zu finden und auszumerzen.

Sie wusste nicht mehr, was sie glauben sollte. Sie wusste nicht einmal mehr, was sie glauben wollte.

Alles drehte sich. Ihre Gedanken überschlugen sich und kreisten zugleich ständig um dieselben Fragen.

Und plötzlich war ihr kalt. Entsetzlich kalt.
 

Vom Fenster aus beobachtete Endymion, wie Serenity Bridget in den Sattel half. Padraig, der gebeugte alte Stallmeister, der über mehr als drei Generationen für die Königliche Familie gearbeitet hatte, stand neben dem Pferd und hielt die Zügel.

Zwei Tage lang hatte Serenity auf Königin Gaia einreden müssen, bis diese ihr höchst widerstrebend die Genehmigung erteilte hatte, dem Kind das Reiten zu gestatten. Mit großem Stolz schaute Endymion jetzt zu, wie seine kleine Nichte kerzengrade im Sattel saß.

Die Hüfte an der Fensterbank gestützt, verschränkte er die Arme vor der Brust und lächelte bei Serenitys Anblick. Sie trug ein sonnengelbes Gewand und rief Bridget Anweisungen zu. Das Kind übernahm die Zügel und ließ die Stute im Kreis herumgehen.

Die Tür wurde geöffnet, und Endymion sah Jedite hereinkommen. “Ich finde es gut, dass die beiden sich so prächtig verstehen”, bemerkte dieser und trat näher ans Fenster.

“Da bin ich mir nicht so sicher.” Endymion machte ein finsteres Gesicht. “Mutter ist besorgt wegen Seras Einfluss auf die Kleine. Sie fürchtet, als Nächstes wird sie ihr bebringen, einen Säbel zu schwingen.”

Beide Männer lachten.

Jedite wurde wieder ernst. “Das wäre ja auch nicht das Schlechteste, wenn Sera sie diese Kunst lehren würde.”

“Da hast du leider Recht. “ Endymion seufzte leise. “Im Augenblick ist die Situation

Zwischen den Reichen sehr verworren.”

“Wie ist die Lage?” erkundigte sich der Blonde. “Was ist mit dem Mond?”

“Unverändert”, antworte Endymion. “Es gab ein paar kleinere Gefechte mit dem Sonnenkönigreich, aber nichts ernstes. Im Augenblick ist kein Angriff auf die Erde zu erkennen, weder eine Strategie, noch irgendwelche Bewegungen.”

“Besteht die Chance auf eine friedliche Einigung?”

Endymion seufzte noch einmal und wandte sich ganz Jedite zu.

“Im Moment ist das schwer zu sagen. Meine Mutter tut zwar alles was sie kann, aber es ist schwerer einen Krieg zu stoppen und Frieden zu schaffen, als den Krieg einfach zu Ende zu führen.”

Jedite schaute dem kleinen Mädchen zu, das in seinem Sattel auf und nieder hüpfte, während das Pferd eine schärfere Gangart aufnahm. Die Hände hielt er zu Fausten geballt.

“Ich denke auch, dass die Vermeidung von Gewalt wichtig ist”, erklärte er leise. “Aber, wenn wir angegriffen werden bleibt uns keine andere Wahl. Wenn man seine Kraft nicht einsetzt, wenn die Situation es erfordert, riskiert man alles zu verlieren.” Er guckte jetzt zu der Gestalt, die Bridget Ermutigungen zurief. “Die, die in Frieden leben wollen, verdienen es, beschützt zu werden!”

Überrascht schaute Endymion seinen blonden Freund an. “Du hast dich sehr verändernd, Jedite”, bemerkte er. “Früher hättest du nie so geredet.”

“Früher hätte ich auch niemals geglaubt, das wir uns jemals in einer solchen Situation befinden würden”, antworte der Blonde.

Endymion legte seinem Freund den Arm um die Schulter, während er sprach: “Ich kann verstehen, wie du dich fühlst, Jedite und glaube mir, es ergeht mir nicht anders. Auch mir gefällt es nicht, einfach tatenlos abzuwarten, während der Mond direkt vor unser Nase eine Arme aufstellt. Doch was sollen wir machen. Im Augenblick können wir nichts weiter tun, als zu warten, bis Kunzite von seiner Mission zurück kehrt.”

Während er zum Schreibtisch ging und dort eine Pergamentrolle zur Hand nahm, blieb Jedite am Fenster stehen.

“Falls du unsere Abenteuer noch einmal erleben könntest, würdest du es dann tun?”

Die unerwartete Frage verunsicherte Endymion für einen Moment, doch dann schüttete er denn Kopf.

“Nein.”

“Weshalb nicht?”

Endymion seufzte und schaute seinem Freund direkt in die Augen. “Weil es noch nicht vorbei ist, Jedite.”

Er dachte an den Fremden, der in Serenitys Gemächern eingedrungen war, und an die höhnischen Worte des Gefängniswärter. “Ich fürchte, es ist noch lange nicht vorbei.”

Was er jedoch seinem Freund nicht gestehen wollte - es gab einen weiteren Grund, weshalb er die Abendteuer nicht wiederholen wollte: Sera. Von dem Moment an, als sie mit blitzenden Augen und gehoben Stock in sein Leben getreten war, war sie ihm nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Diese Frau stellte eine Komplikation in seinem Leben dar, um die er nicht gebeten hatte und die er in diesen unsichern Phasen auch nicht zulassen sollte.
 

Von der Höhe des Hügels herab betrachtet und im Licht der Mittagsonne, die das Meer in einen kupferfarbenen Spiegel verwandelte und die Konturen der Mauer und Türme aufzuweichen schien, bot die Stadt einen geradezu friedlichen Anblick.

Über die große Entfernung hinweg war in den schmalen Straßen und verwinkelten Gässchen kein menschliches Leben zu erkennen. Selbst das weit offen stehende Stadttor schien leer zu sein, wie eine Einladung an jeden, hereinzukommen und eine Gastfreundschaft zu genießen, von der Venus doch nur zu gut wusste, dass es sie nicht gab - schon gar nicht für sie.

Wenn sie genau hinsah, meinte sie etwas wie einen flüchtigen Dunst wahrzunehmen, etwas wie Nebel, der über der Stadt hing und zu fein war, als dass ihr Blick ihn tatsächlich erfassen konnte - ein Trugbild, das dieser Stadt, so hässlich und wehrhaft sie in Wahrheit auch sein mochte, etwas Verlockendes verlieh.

Sie schien nicht hierher zu gehören, weder in dieses Land noch in diese Zeit - ein Überbleibsel aus einer Epoche, in der nicht nur die Dinge, sondern auch die Menschen anders gewesen waren, und in der noch Frieden und Vertrauen das Leben bestimmt hatten.

Venus wusste jedoch nur zu gut, wie falsch dieser Eindruck war. Und hätte sie es nicht schon vorher gewusst, so hätte sie es wohl spätestens zugeben müssen, als sie ihren Blick, mit einiger Mühe, von den Dächer und Zinnen der Stadt löste und über das dahinterliegende Meer schweifen ließ.

Es war schwarz von Schiffen.

Sie hatte versucht, sie zu zählen, war aber irgendwo zwischen hundert und hundertfünfzig durcheinandergeraten ( und somit noch weit von ihrer wahren Anzahl entfernt ) und hatte es beim zweiten, ebenfalls misslungenen Versuch aufgegeben. Eines war jedoch klar: Noch nie in ihrem Leben, hatte sie eine solch große Flotte zu Gesicht bekommen. Und dies war nur ein kleiner Teil der gewaltigen Armee, die zum Krieg rüstete.

Mitleerweile kamen ihr ernsthafte Zweifel, ob es wirklich so klug von ihr gewesen war, den kürzesten Weg nach Elysion zu wählen. Die ganze Stadt musste geradezu aus den Nähten platzen von Soldaten. Wie sollte sie es so unbemerkt bis zum Hafen schaffen und zudem noch ein Schiff finden, das sie nach Elysion bringen konnte?

Ihr Pferd begann, unruhig mit den Vorderhufen im Boden zu scharren. Nach Tagen, in denen sie jeder menschlichen Ansiedlung und Nähe sorgsam ausgewichen und sich stets in den Wäldern gehalten hatten, witterte das Tier nun die Nähe eines Stalls und sehnte sich wohl sosehr nach frischem Heu und einem Verschlag für die Nacht, wie Venus nach einem Bett und einer Mahlzeit, die nicht nur aus einer Handvoll Beeren und einem halb verhungerten Kaninchen bestand.

Dennoch zog sie sachte an den Zügeln, um das Tier zu beruhigen, und sah noch einmal lang und nachdenklich auf die grauen Mauern Bresils hinab.

Irgendetwas musste geschehen sein, von dem sie noch nichts wusste. Und es schien nichts Gutes zu sein. Sie schob die Hand unter den Mantel und tastete nach dem Schwertgriff.

Erst als sie das kalte Metall berührte, wurde ihr bewusst, wie lächerlich sie sich benahm. Es handelte sich schließlich nur um Soldaten. Das sie sich ausgerechnet in dieser Stadt versammelten, und nicht in Elysion, war gewiss merkwürdig, mehr aber auch nicht. Zumal es schlimmeres Übel auf der Welt gab als Soldaten. Sehr viel schlimmeres…

Ihr Pferd schnaubte ebenso laut wie nachdrücklich, und Venus wurde erst jetzt klar, dass abermals Minuten verstrichen waren, in denen sie einfach dagesessen und ins Leere gestarrt hatte. Ein wenig schuldbewusst dachte sie an ihre Freundin Mars, die sich darauf verließ, das Venus ihre Prinzessin fand und sie wohlbehalten nach Hause zurück brachte. Was würde die Kriegerin des Feuers wohl sagen, wenn sie herausfand, das sie zu spät gekommen war, nur weil sie ihre wertvolle Zeit vertrödelt hatte?

Allein der Gedanke daran tat weh.

Gegen körperliche Schmerzen war sie weitgehend unempfindlich, vielleicht, weil er für sie nahezu bedeutungslos geworden war; aber die Qual, die ihre Seele zerfleischte brannte dafür um so heißer.

Venus schüttelte den Gedanken ab, nahm die Zügel wieder auf, und gab ihrem Pferd mit einem sachten Schenkeldruck die Erlaubnis, weiterzutraben.

Was auch immer in dieser Stadt vor sich ging, sie würde es herausfinden, noch bevor der Tag zu ende war. Das Schwor sie sich.
 

Als Kunzite erwachte, stach rotblasses Licht wie dünne weiße Nadel durch seine geschlossenen Lieder, und er hatte entsetzliche Kopfschmerzen. In seinem Mund war ein übler Geschmack nach Erbrochenem, und als er versuchte, sich zu bewegen, konnte er es nicht.

Bruchstücke von Bildern und vollkommen sinnlosen Erinnerungsfetzen wirbelten hinter seiner Stirn durcheinander und versuchten, ihn noch mehr zu verwirren, als er ohnehin schon war. Er versuchte sich daran zu erinnern wo er war, aber es gelang ihm nicht. Genauso wenig, wie er sich daran erinnern konnte, was nach seiner Abreise von der Erde überhaupt geschehen war.

Das war ungewöhnlich. Irgendetwas musste mit seinem Erinnerungsvermögen nicht in Ordnung sein. Es wäre erschreckend gewesen, hätte er sich in einer Verfassung befunden, sich einem derart intensiven Gefühl zu stellen. Er musste wohl die Augen öffnen, um herauszufinden, wo er sich grade befand.

Er versuchte es, aber das Licht tat so weh, dass er die Augen mit einem schmerzerfüllten Einziehen der Luft wieder schloss.

Nur einen Moment später hörte er Geräusche: Zuerst ein dumpfes knarren, dessen genaue Bedeutung Kunzite nicht erraten konnte, dann rasche, schwere Stiefelschritte und schließlich das Scharren eines Riegels, der zurückgeschoben wurde. Eines sehr schweren Riegels

“Na habt Ihr endlich ausgeschlafen?”, erkundigte sich eine spöttische Stimme.

Kunzite versuchte sich zu bewegen und stellte fest, dass es nicht ging. Seine Hände waren auf dem Rücken zusammengebunden, und auch seine Fußgelenke mit eng sitzenden, groben Stricken aneinander gefesselt.

“Was soll das?”, grollte er. “Was ist hier los?”

Er stemmte sich mit aller Kraft gegen seine Fesseln, erreichte damit aber nur, dass sich die Stricke tief in seine Haut gruben.

“Das hat keinen Sinn”, erklärte die fremde Stimme und lachte leise. “Du vergeudest nur deine Kraft.”

Kunzite ignorierte seinen spöttischen Ton und stemmte sich noch einmal, und mit noch größerer Kraft gegen seine Fessel. Er hörte erst auf als ihn jemand so hart in die Seite trat, dass ihm die Luft wegblieb.

Plötzlich kamen die Erinnerungen an die beiden zurückliegen Tage. Von einem Augenblick auf den anderen erinnerte er sich an alles: Die Soldaten, die Falle, Königin Perilia - und das Gefängnis….

“Oh nein mein Freund”, polterte der Fremde nahe an seinem Ohr. “Du bleibst schön liegen.”

Kunzite wollte schreien, aber er brachte nur einen würgenden Laut zu Stande. Der Schmerz war entsetzlich, jeder einzelne Nerv in seinem Körper schien in Flammen zu stehen. Er rollte auf die Seite und kämpfte mit verzweifelter Kraft darum, nicht das Bewusstsein zu verlieren.

Wie von fern bemerkte er, dass er gepackt und grob herumgedreht wurde. Er versuchte die Augen zu öffnen, und zu seiner eigenen Überraschung gelang es ihm sogar. Aber seine Augen konnten nicht mehr richtig sehen. Alles, was er erkennen konnte, waren harte Schatten und Bereiche unterschiedlich tiefer Grautöne.

Sein Peiniger beugte sich über ihn, und der ekelhafte Geruch, von kaltem Rauch schlug ihn entgegen. Doch alles, was er wahrnehmen konnte, war ein verschwommener Umriss.

“Und jetzt, wo wir uns so gut verstehen”, säuselte die Stimme. “Werdet Ihr mir alles über die Mondprinzessin erzählen, was Ihr wisst!”
 


 

byby Blacklady



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von:  Dragonohzora
2011-05-20T14:29:51+00:00 20.05.2011 16:29
Hi,
ich hab diese ff jetzt erst entdeckt,schande über mich:)

Ich muss sagen, ich bin tief beeindruckt, man taucht in eine ganz andere und eigene Phantasiewelt ein, das ist mal was ganz anderes, asl die übrigen Serenity Endymion Geschichten.

Es wäre wirklich schade,wenn du an dieser nicht weiter arbeiten würdest:) *wink mit dem Zaunpfahl? so eine Story darf nicht brach liegen bleiben:)

Ich hoffe das Endymion sich bald eingestehen wird, das er Sera längst verfallen ist:) Es dauert ebstimmt nicht mehr lange bis sera ihre Erinnerung zurück erhält.

Wirklich eine klasse FF, leidenschaftlich, voller intrigen und voller Spannung geschrieben und dennoch hoffe ich auf ein ganz ganz dickes Happy end, zumindest vorläufig für Endymion und Serenity;)

Liebe Grüße und ich hoffe auf viel Kreativität:)
Von:  Amy-Sama
2010-01-23T22:52:52+00:00 23.01.2010 23:52
Hey Ho

Ich geb dir hier mal ein kommi zu deiner FF ^^
Ich find sie wunderbar ^^ deine Art zu schreiben ist einfach klasse,man spürt richtig die spannungen unter den figuren. Klasse ^^
Mach weiter so, ich freu mich schon auf das nächste kapitel *.*

liebe Grüße Amy-Sama
Von:  mitsuki11
2010-01-16T22:51:31+00:00 16.01.2010 23:51
Juhu du schreibst endlich weiter!!!

Und wie immer ein super Kapitel!!!

Freue mich schon auf das nächste Kapitel!!!

LG Mina
Von:  jessy21
2010-01-16T15:41:16+00:00 16.01.2010 16:41
Oh wow einfach wahnsinn wie du schreibst. Bin hin und weg..... was für eine Spannung.... :-)
Wahnsinnig gutes Kap. Jaja immer diese Schreibblockaden schrecklich aber zum glück hast du deine ja fast überwunden *g*

Ich freu mich schon tierisch aufs nächste Kap. diese Spannung treibt mich noch in den Wahnsinn.

ALso schreib schnell weiter

bis dann byby
Von:  mondsternchen_c
2010-01-15T21:05:31+00:00 15.01.2010 22:05
Endlich gehts weiter, ich kanns nicht fassen!! Immer diese böse Schreibblockade, was ist das nur für eine Person?! QQ
Nee, wirklich wunderbar, das Kap hat ja gleich mal einen Haufen neuer Türen aufgestoßen.. was ist mit Kunzite passiert? was sind das für hinterfotzige Zustände am Mond? bricht der Krieg jetzt komplett aus? wann findet Venus endlich Sera? ... nicht zu vergessen, wie entwickelt sich die Lovestory zwischen Endy u Sera weiter? wird sie sich wieder erinnern bzw was passiert, wenn sich die Schleier um ihre Person lüften?? =3
Wahnsinn, soviele Fragen und nur du kennst die Antworten!

Also wünsch ich eine super kreative Zeit, .. ein nicht ganz uneigennütziger Wunsch natürlich ^^

lg
Von:  schoki07
2010-01-15T19:53:49+00:00 15.01.2010 20:53
Klasse, dass du endlich mit dieser Fanfic weitergemacht hast =D Ich finde sie immer noch sehr spannend und ich hoffe, dass du deine Schreibblockade endlich überwunden hast, um noch weitere spannende Kapitel zu schreiben ;)... Ich freue mich schon auf das nächste Kapitel und dir viel Spaß beim Schreiben...

Lg schoki
Von:  mieze-katze
2010-01-15T19:51:23+00:00 15.01.2010 20:51
Oh man wie geil es geht endlich weiter *,*
ich hab diesen moment so sehr ersehnt XD
ich wünsche dir viele einfälle beim schreiben und auf das es bald weiter geht ^,-


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