Two Cats - Two Assassins von Stoechbiene ================================================================================ Kapitel 1: Nächtlicher Überfall ------------------------------- 1. Robin Nächtlicher Überfall Platschend spritzt das Wasser aus den Pfützen zur Seite, als ich hastig durch die Nacht renne. Unaufhörlich prasselt der Regen auf meine ungeschützten Haare, rinnt mein Gesicht hinab, bis unter meine Kleidung. Aber das interessiert mich nicht, nur der laute Rhythmus meiner Schritte, verstärkt durch die Absätze meiner hohen Schuhe, der mich vorantreibt. Die Straßen sind durchzogen von kleineren Schlaglöchern, an denen der Asphalt aufgebrochen ist und mir zusätzlich meinen Weg erschweren. Hin und wieder wäre ich beinahe schon umgeknickt oder gar gestürzt, aber ich reiße mich zusammen, denn sollte ich tatsächlich auf dem Boden landen, würde mehr als nur ein aufgescheuertes Knie auf mich warten! Hastig biege ich um die nächste Ecke, springe über ein paar verwaiste Mülltonnen, die mir den Fluchtweg versperren. Ich muß durchhalten, es ist nicht mehr weit bis nach Hause. Doch die Verfolger mir dicht auf den Fersen! Es sind zwei, da bin ich mir sicher. Zeit zum Nachdenken bleibt mir nicht, kommen sie mir doch gefährlich nahe und das letzte was ich gebrauchen kann, ist ein Zusammenstoß mit diesen beiden dunklen Gestalten. Momentan sind die Zeitungen voll von Reportagen über Frauen, die von Überfällen abends auf offener Straße berichten. Immer geschehen diese Gewalttaten hier in diesem Viertel am Rande der Stadt, aber die Polizei unternimmt nichts. Kein Wunder, gibt es hier doch nur alte Baracken und Menschen mit wenig Geld, für die sich eh keiner interessiert. So wie Nami und mich. Ich renne weiter durch die Gassen, kneife ein wenig die Augen zusammen, um halbwegs in diesem schummrigen Licht etwas erkennen zu können. Die Straßenbeleuchtung ist größtenteils ausgefallen, aber Leute der unteren Schichten benötigen nun mal weder Polizeischutz noch Licht. Pah! Uns hilft niemand, denn uns braucht niemand, wir sind wie der Abfall, der jahrelang auf einer Müllkippe verendet, stinkend und unansehnlich. Meine Lungen brennen, mein Herz rast, doch ich gebe nicht auf, lasse mich weder von meiner Kraftlosigkeit, oder gar durch den Regen aufhalten, zu groß ist meine Angst. „Bleib stehen, du Mistgöre!“ höre ich einen der Männer rufen und schon im nächsten Moment trifft mich etwas hart an der Schulter. Ich strauchle, kämpfe mit meinem Gleichgewicht, will ich doch nicht diesen Typen in die Hände fallen! Panik breitet sich in mir aus, geschürt von der Gewißheit, daß mein Absatz dem Manöver nicht standgehalten hat und ich falle! Hart schlage ich auf, kann meinen Sturz nur unwesentlich abfangen, zu sehr wurde ich von der Situation überrascht. Doch mir bleibt keine Zeit zum Jammern, egal wie starke Schmerzen mein rechtes Bein durchziehen, nur weg hier! „Wo willst du denn hin?“ Oh nein! Grob werde ich gepackt und nach hinten gerissen, bis ich mit dem Rücken gegen einen stämmigen Oberkörper pralle. Riesige Hände, groß wie Pranken umschließen meine Oberarme, drücken zu, daß ich vor Schmerz leise aufstöhne. Der zweite Mann schnappt sich meine Handtasche, höre ihn darin wühlen. „Nur zehn mickrige Kröten. Das ist ein bißchen wenig, Herzchen.“ Dicht ist er mit seinem Gesicht an meines herangetreten, kann seine widerliche Alkoholfahne riechen, die seiner Gangstervisage noch den letzten gemeinen Schliff verleiht. „Vielleicht hast du ja auch noch was versteckt, darin seid ihr Weiber ja spitze.“ Unwirsch reißt und zerrt er an meiner dünnen Sommerjacke, bis der Stoff nachgibt. „Du bist ja ein ganz hübsches Exemplar.“ Ich versuche mich aus dem Griff des Grobians zu befreien, will ich doch kein Opfer männlicher Gewalt sein. Schmierige Hände wandern über mein Oberteil, bis ich meine letzte Chance darin sehe, meinem Gegenüber ins Gesicht zu spucken. Aber anstatt von mir abzulassen, drückt er mit beiden Händen fest zu. Tränen schießen mir in die Augen, ich schreie lautlos auf, zu groß ist der Schmerz, den seine Hände auf meinen Brüsten verursachen. „Paß auf was du tust, bevor es wirklich schmerzhaft für dich wird!“ „Oder für euch!“ Noch jemand? Die fremde Stimme ist schneidend, männlich, duldet keine Widerworte. Etwa doch die Cops? Aber bevor ich weiter nachdenken kann, werde ich von dem Kerl, der mich die ganze Zeit festgehalten hat zur Seite geschleudert, pralle gegen eine der Hausmauern und sacke zusammen. Das letzte was ich erkennen kann ist ein heller Blitz, der die Dunkelheit durchzieht, dann wird mir schwarz vor Augen. Kapitel 2: Unfeines Leben ------------------------- 2. Robin Unfeines Leben „Wo…?“ „Na zu Hause, wo denn sonst?“ Ich lächle beruhigt als ich Nami erkenne, die vor dem Sofa steht und mich angrinst. „Was ist denn überhaupt passiert?“ „Ich bin überfallen worden.“ „Von einer Gruppe Sanitäter?“ „Was? Nein. Zwei Typen, sie wollten mein Geld. Nami, es tut mir leid, sie haben alles gestohlen…“ Tränen sammeln sich in meinen Augen, weiß ich doch, daß es nun noch schwerer für uns beide wird diesen Monat zu überstehen. „Sag mal, bist du betrunken? Es waren fünfzig Pipen in deinem Portemonnaie, davon habe ich mir zehn genommen, um einzukaufen.“ „Fünfzig?“ „Ja. Wo hast du die ganze Kohle her, es ist fast Monatsende? Außerdem hast du eine schicke Lederjacke getragen, als ich dich vor der Wohnungstür gefunden habe. Wohl einen heimlichen Liebhaber, wie?“ feixt sie. „Nein! Ich bin wirklich überfallen worden. Mein Bein tut jetzt noch weh.“ Ich schlage die Decke zurück und starre auf den Verband, der straff um meine Wade gewickelt ist. Was ist hier nur los? „Ist ja auch egal, Hauptsache du wurdest nicht ernsthaft verletzt. Unser Boß hat heute von seiner Dienstreise angerufen, wollte dich sprechen, aber ich habe ihm erklärt, du wärst im Archiv beschäftigt und er wisse ja selbst, wie schlecht dort der Empfang vom Funktelephon sei. Daraufhin war er zufrieden.“ „Gott sei Dank!“ „Wohl wahr. Aber morgen ist er wieder zurück. Meinst du, du kannst arbeiten?“ „Kein Problem, das kriege ich hin. Wir können ja behaupten, ich sei von der alten Leiter gefallen, weil eine Sprosse gebrochen ist. Vielleicht kauft er dann endlich eine neue.“ „Wollen wir es hoffen.“ Den Abend verbringe ich damit, über die Geschehnisse des Vorabends nachzugrübeln, aber ohne Erfolg. Als einziger Anhaltspunkt bleibt mir die schwarze Lederjacke, die mir mein anonymer Retter angezogen hat. Warum? Gut, es war naß und kalt draußen, meine eigene Jacke in Fetzen gerissen, aber mir deshalb ein so teures Kleidungsstück zu überlassen? Ich streife sie mir über, betrachte mich dabei im Spiegel meines Kleiderschranks. Das Bild ist ein wenig verzerrt, durchzieht das Glas doch zwei große Risse, aber es reicht für den Hausgebrauch. Wieder richte ich meine Aufmerksamkeit auf die Jacke, die mir doch ein Stückchen zu groß ist. Eindeutig eine Männerjacke. Der Typ muß schlank, aber muskulös sein, denn die Schulterpartie ist recht breit, aber zur Taille hin wird sie schmaler. Kein Bierbauch also. Vorsichtig ziehe ich den Kragen zu, um ein wenig daran zu schnuppern, schließlich verrät der Geruch viel über einen Menschen. „Hmm…“ Riecht nach teurem Parfum, aber dezent aufgetragen. Die Frage ist nur, was treibt einen offensichtlich reichen Mann dazu, sich in so einer Gegend aufzuhalten? Sicherlich nichts Gutes! Erschrocken über meine Erkenntnis werfe ich die Jacke von mir, starre sie an, als läge ein Fluch auf ihr. Nur, wenn er dort war, um ein krummes Ding zu drehen, wieso hat er mir dann geholfen? Es hätte ihm doch egal sein können, was die beiden Kerle mit mir vorhaben? Ich hebe das kostspielige Kleidungsstück wieder auf, hänge es über meinen Stuhl am Schreibtisch, ehe ich die kleine Wendeltreppe hinunter ins Wohnzimmer gehe. Zwar ist die Wohnung recht klein, aber stilvoll. Jede von uns hat ihr eigenes kleines Schlafzimmer mit Bad, wobei meines auch eine Badewanne vorzuweisen hat, dafür nimmt mir aber die Dachschräge Wohnraum weg. Neben Nami’s Zimmer befindet sich auch die Wohneßküche, oder wie man das nennen mag, denn die Küchenzeile liegt direkt in dem Raum, in dem sich Eingangstür, Nami’s Zimmertür und die Wendeltreppe zu meinem Zimmer befinden. Ein kleiner Tisch, vier verschiedene Stühle und ein ramponiertes Sofa, das ist alles. „Gut, daß du kommst, es gibt Hawaiitoast. Da konnte ich am wenigsten was falsch machen.“ Ich nicke grinsend, sind wir Zwei doch einfach keine guten Hausfrauen. Mein Blick fällt auf die Zeitung, die zerfledert auf dem Eßtisch liegt. Unser Nachbar schenkt sie uns immer, nachdem er sie zu Ende gelesen hat. Er hat ja sonst nichts, wie er sagt. Ich blättere die Seiten dieses Schandblattes durch, denn eine ordentliche Tageszeitung sieht meines Erachtens anders aus, weniger leichtbekleidete Mädels und mehr Text, aber besser als nichts. ‚Zwei Tote im Hafenviertel gefunden’ lautet die Überschrift des Artikels im Regionalteil. Eigentlich nichts besonderes, denn da die Nächte hier rauh sind und es viele Penner und Junkies gibt, kommt das häufiger vor, dennoch läßt mich das Bild der beiden Männer inne halten. „Das…“ „Was hast du?“ „Das sind die beiden, die mich überfallen haben!“ „Ehrlich? Na dann hat es ja die richtigen Typen erwischt.“ „Nami, ich finde das nicht witzig! Wenn die jemand kalt gemacht hat, dann hat derjenige mich vielleicht auch gesehen.“ „Na und? Du bist für so einen Killer doch total uninteressant. Sei lieber froh, daß du die Kerle los bist, denn wenn die deinen Ausweis geklaut hätten, wären sie früher oder später hier aufgetaucht.“ Zwar nicke ich, überfliege dabei aber bereits den Artikel mit meinen Augen. „Der Reporter muß auch total der Stümper sein, denn er hat irgend was von einem Schwert als Mordwaffe gefaselt. Bei diesen Käseblättern nehmen die heutzutage echt jeden. Vielleicht sollten wir einfach den Job wechseln. Robin? Hörst du mir überhaupt zu?“ „Ja…. Aber du hast recht, mit einem Schwert hat die garantiert keiner umgelegt, damit kann doch heutzutage keiner mehr umgehen.“ Aber ob mich das beruhigen sollte? In den darauffolgenden Tagen tauchen noch mehr Artikel über mysteriöse Todesfälle auf. Genickbruch, zertrümmerte Schädel und auch ein paar aufgeschlitzte Leichen sind darunter. Natürlich redet die Presse gleich von Amokläufern und Serientätern, obwohl ich diesmal dazu geneigt bin ihnen zu glauben. Nachts wache ich oft schweißgebadet auf, starre danach jedesmal auf die Lederjacke und frage mich dabei, ob ich einfach nur Glück hatte, oder mir jemand wirklich zu Hilfe kam. Ich weiß es nicht. Fest steht allerdings, daß mich der Schlafmangel bis an meine Grenzen treibt und ich mich bei meiner Arbeit weniger gut konzentrieren kann. Nami und ich arbeiten in einem Wettbüro auf der anderen Hafenseite, führen Buch und kümmern uns um die Gäste, wenn denn mal wieder ein großes Spiel ansteht. Egal ob Pferderennen, Football, Basketball, Boxen, Baseball und wie der ganze Kram heißt, es kann auf alles gewettet werden. Natürlich laufen bei uns immer mehrere Fernseher gleichzeitig, schließlich soll keiner zu kurz kommen, darauf legt unser Boß wert, nur nicht auf gute Bezahlung! Aber Big Ed wäre sicherlich nicht so fett geworden, wenn er nicht das meiste Geld für sich behalten würde. „Ich bin nur um eure schlanken Figuren besorgt, meine Hübschen!“ antwortet er immer auf die Frage nach einer Gehaltserhöhung. Dabei kann dieser Fettsack froh sein, daß er uns hat! Nami und ich sind zudem ziemlich gute Pokerspielerinnen und in einer Spielunterbrechung nehmen wir den dann meist schon betrunkenen Männern noch zusätzlich ein paar Mäuse ab. Und was ist der Dank? „Robin! Süße, wo steckst du denn?“ Wenn man vom Teufel spricht…. „Ich bin hier drüben, in ihrem Büro!“ Was er jetzt schon wieder will? Ich klettere von der Empore auf die Leiter, um nach unten zu steigen. Das Büro gleicht eher einer Bibliothek, vollgestopft mit dem Almanach eines jeden Jahres zu jeder Sportart, auf die man bei uns wetten kann. Dann noch ein paar Regelbücher der Sportarten, die alten Wettbücher vorangegangener Jahre, Kreditbücher und nicht zuletzt Big Ed’s Schmuddelheftchensammlung, die natürlich ganz unten steht, sonst kommt er mit seinem fetten Arsch ja nicht dran. Ich beeile mich nach unten zu kommen, denn er steht schon wieder mit diesem gierigen Grinsen unten und starrt zu mir hoch. Alter Spanner! Am liebsten würde ich ihm in seine häßliche Visage treten, aber wovon bezahle ich dann meine Miete? „Hallo, mein Täubchen. Du hast mir gefehlt!“ Verreck! „Ach wirklich?“ Wie so oft zieht er mich an sich, kaum daß ich die untersten Sprossen erreicht habe. Da fragt man sich doch, was schlimmer ist, wenn er mir unter den Rock sieht und dabei seinen schmutzigen Gedanken frönt, oder mich mit seinen schmierigen Händen betatscht? „Erzähl mal, was gibt es neues?“ „Ähm, nun ja, ich habe ihr Schuldenbuch wieder auf Vordermann gebracht und dabei festgestellt…“ Kann er nicht endlich aufhören mich mit seinen Blicken auszuziehen? Doch ich kann nur hilflos vor mich hinstammeln, während er mir vermutlich nicht zuhört, weil er ja lieber damit beschäftigt ist, mich auf seinen Schoß zu zerren und meine Beine zu befummeln. Warum hilft mir denn keiner?! Selbst ist die Frau! „Jedenfalls habe ich dabei festgestellt, daß…“ „Warum bist du eigentlich immer bis zum Hals zugeknöpft?“ Einfach ignorieren! „…daß ihnen ihre beiden Buchmacher noch jeweils um die fünfhundert Dollar schulden.“ „Was?!” Geht doch. „Ja. Im Verlauf des letzten Jahres hat sich das wohl angesammelt.“ „Bist du dir sicher?“ „Aber Ed, sie wissen doch, von Eishockey habe ich keine Ahnung, auch nicht von Football, aber im Rechnen macht mir keiner was vor.“ „Stimmt, darin bist du die Königin. Schick mir die Zwei sofort rein sobald sie da sind, damit ich ihnen die Köpfe waschen kann!“ „Seien sie nicht zu streng mit den Beiden, ja?“ „Aber Liebes, du müßtest mich besser kennen.“ Von wegen! Sicherlich bricht er ihnen sämtliche Knochen, oder sperrt sie eine Woche im Keller ein. Die Spielchen von Ed sind berüchtigt! Kapitel 3: Untermieter ---------------------- 3. Robin Untermieter Wie jeden Freitag Nachmittag, wenn das Wettbüro früher seine Pforten schließt und das Wochenende ins Haus steht, gehe ich einen kleinen Umweg, um an ein paar luxuriösen Klamottengeschäften vorbeizulaufen. Natürlich weiß ich, daß ich mir dort niemals etwas kaufen kann, übersteigen die Preise doch bei weitem mein Gehalt, aber träumen ist ja wohl erlaubt. Ich bleibe vor einem der Schaufenster stehen, komme mir direkt schäbig dabei vor, weil mein Rock und das Top schon vor Jahrhunderten nicht mehr angesagt sind, von meinem Mantel ganz zu schweigen. Dabei verkaufen die hier nur Nachthemden und Dessous. Nami hat mal ein sehr schickes Teil von einem ihrer Verehrer oder Liebhaber, keine Ahnung, geschenkt bekommen. Aber da ich weder auf Partys gehe, noch großartig Engagement beim Flirten zeige, werde ich wohl vorerst allein abends einschlafen müssen und dabei auch keines dieser Negliges tragen. Ich wende meinen Blick wieder ab und will gerade weitergehen, als ich in das stark geschminkte Gesicht einer Frau mit Dauerwelle blicke. „Ich würde es sehr begrüßen, wenn sie endlich vor meinem Laden verschwinden würden, sie vergraulen mir ja die Kundschaft!“ Irritiert laufe ich los, fällt mir doch in diesem Moment einfach nichts ein, was ich dieser unverschämten Person entgegnen könnte. Den ganzen Heimweg über ärgere ich mich über meine Blödheit, weil ich dieser Ziege nicht die Meinung gegeigt habe. Aber das passiert mir oft, daß mich die Frechheit mancher Menschen derart schockt, daß ich nichts darauf zu erwidern weiß. Das große rote Backsteinhaus wird sichtbar, mein Zuhause, wenn man es denn so nennen mag. Die Haustür ist schon seit Jahren kaputt und selbst wenn sie der Vermieter reparieren würde, wäre sie innerhalb kürzester Zeit wieder reif für den Schrotthaufen, da die Bewohner der unteren beiden Etagen es ja vorziehen regelmäßig ihre Schlüssel zu vergessen und dann gerne den Rammbock spielen. Was interessiert es mich. Ich betrete den schäbigen Flur, ignoriere die Müllbeutel, den Gestank und das Ungeziefer, sondern steure direkt die Briefkästen an. Nichts drin, nicht einmal Werbung. Nami ist wohl schon vom Einkaufen zurück. Ich gehe gemütlich die Treppe hoch, lasse die fünfte Stufe im dritten Stock und die zweite im vierten Stock aus, will ich mir doch nicht die Beine brechen. Endlich bin ich oben angekommen, sechster Stock, Appartement zweiundzwanzig. Vier Wohnungen pro Etage, nur hier oben sind es bloß zwei. Reicht auch, so gibt es weniger Nachbarn, mit denen man sich streiten kann. Ich öffne die Tür, indem ich den Schlüssel im Schloß drehe und mit der Hüfte gegen das Holz drücke. Aber so ist sie wenigstens schwerer aufzubrechen. Ich ziehe meine Schuhe aus und laufe die drei Schritte zur Küchenzeile, wo Nami auf dem Boden kniet und mit einem verzückten Lächeln im Gesicht vor sich hin gluckst. „Was treibst du denn da?“ „Oh Robin, sieh doch! Ist der nicht allerliebst?“ Mein Blick wandert über die weißen Fliesen, wo ein ebenso weißes Fellkneul sich räkelt und von meiner Freundin den Bauch kraulen läßt. „Eine Katze?“ „Ein kleiner Kater. Er hat so schöne Augen, wie Saphire!“ „Tatsächlich,“ lautet meine wenig begeisterte Antwort. Ich mag Tiere, keine Frage, aber wer soll das bitte bezahlen? „Er ist so niedlich! Darf ich ihn behalten?“ „Nami, denk doch mal nach.“ „Bitte! Wenigstens den hier, den anderen können wir ja ins Tierheim bringen.“ „Der andere?“ Ist hier irgendwo ein Nest? „Na der da!“ Sie zeigt kurz zur Küchenanrichte, aber auf den ersten Blick starre ich nur orientierungslos über die graumelierte Arbeitsfläche, bis zwei stechend giftgrüne Augen mich fixieren. Er scheint das genaue Gegenteil des weißen Schmusetigers zu sein. Pechschwarz, zurückhaltend und mißtrauisch. „Der ist doof, will sich partout nicht streicheln lassen.“ „Hört sich eher nach einem echten Kater an, wenn du mich fragst.“ „Schön, dann behalte du ihn.“ „Aber…!“ Sie nimmt den weißen Schmusetiger auf den Arm und marschiert in ihr Zimmer, während ich dastehe wie bestellt und nicht abgeholt. Mein Blick wandert wieder zu dem schwarzen Kater, aber der scheint inzwischen eingeschlafen zu sein. Wenigstens kann er so nichts zerkratzen oder was weiß ich, was Katzen so treiben. Unruhig wälze ich mich in meinem Bett hin und her, bis ich mich doch dazu durchringe die Augen zu öffnen. Ich starre direkt auf das kleine Dachfenster über mir, sehe den dunklen Himmel, die grauen Wolken, die Einsamkeit. Soll mein Leben ewig so weitergehen? Wo liegt der Sinn? Mir vom dicken Ed den Hintern tätscheln zu lassen? Abgebrannten Typen den letzten Cent aus der Tasche zu ziehen, damit der Alte noch fetter wird? Wo bleibe da ich? Ich bin nicht wie Nami, die schon mal Trost bei Männern sucht, die wenigstens ein bißchen Geld haben. Das habe ich früher mal ab und zu getan, aber es war nie das, was ich mir davon erhofft hatte. Gibt es denn keinen Ausweg aus dieser Lage? Wird das ewig so weiter gehen? Mein Herz schlägt schwer, Tränen bahnen sich ihren Weg aus meinem Innersten nach außen, laufen über meine Wangen und versinken im Kopfkissen. Ich bin so einsam! Ein feuchter Stupser an der Wange, gefolgt von einem leisen maunzenden Geräusch, holt mich in die Realität zurück. Ich drehe den Kopf erschrocken zur Seite, wo zwei leuchtend grüne Augen mich ansehen. „Kannst du auch nicht schlafen?“ Warum sage ich das? Bin ich bereits so verzweifelt, daß ich mit einer Katze rede? Doch als hätte mich der kleine Vierbeiner verstanden, legt er mir seine Pfote auf die Wange und sieht mich durchdringend an. Und da heißt es immer, Katzen würden sich nur unwesentlich für die Menschen in ihrer Umgebung interessieren. Aber lange währt dieser Moment nicht und das Tierchen zieht sich wieder ein Stückchen zurück. Unweit von meinem Kopf hat er es sich auf meinem Schmusekissen gemütlich gemacht und scheint bereits eingeschlafen zu sein, denn die grünen Augen durchdringen nicht mehr die Dunkelheit. Glücklich über das Vertrauen das mir entgegengebracht wurde, lächle ich zufrieden, schließe die Augen und gleite in einen angenehmen Halbschlaf. Kapitel 4: Dienst ist Dienst ---------------------------- Hey! Ich freue mich total, daß die Story trotz meiner Zweifel so gut anzukommen scheint. Hoffe, daß euch dieses Kap ebenfalls gefallen wird, auch wenn es etwas kurz geraten ist, aber ich wollte noch nicht zu viel verraten. Danke für eure lieben Kommis!! Da macht das Schreiben gleich doppelt so viel Spaß! LG Stoechbiene 4. Zorro Dienst ist Dienst „Mir gefallen die beiden Mädels, dir auch?“ Ich antworte nicht, sondern beobachte weiterhin vom Dach einer Lagerhalle aus unser nächstes Ziel. Diese Art der Diskussion die mein Bruder mit mir führen will, liegt mir schlicht und ergreifend nicht, außerdem haben wir eine wichtige Aufgabe zu erfüllen. „So zwei hübsche Mäuse sieht man nicht alle Tage und dann auch noch in einer Wohnung. Vielleicht sollte ich mal meinen Charme spielen lassen. Was meinst du?“ säuselt er vor sich hin. „Gib mir das andere Fernglas.“ meine ich dagegen nur und ignoriere Sanji’s Gerede weiterhin. „Es ist immer das selbe mit dir, weißt du das, Zorro? Du hättest Beamter werden sollen.“ „Das Fernglas!“ wiederhole ich genervt. „Schon gut.“ Ich nehme es an mich und sehe hindurch. Die Dämmerung hat bereits vor einer halben Stunde eingesetzt, aber im Spätherbst ist das zu dieser Uhrzeit nicht verwunderlich. In weniger als fünfzehn Minuten wird es dunkel sein, dann können wir ungehindert zuschlagen. Ich schalte auf Wärmesichtfunktion um, schließlich muß ich auch wissen, wie viele Personen sich innerhalb des Frachtschiffes befinden. „Ob Nami mit mir ausgehen würde?“ „Acht.“ Murmle ich leise vor mich hin, während ich aufmerksam den Frachter observiere. „Also vor acht Uhr trifft man sich auch nicht mit einer Dame, wir sind doch keine Kinder mehr.“ „Personen!“ „Hä?!“ „Mensch Sanji, was interessieren mich deine Weibergeschichten! Ich rede die ganze Zeit von dem Schiff, das wir auseinandernehmen wollen.“ „Spießer.“ „Trottel.“ Kurz funkeln wir uns böse an, wie sooft wenn die Frage lautet, Dienst oder Vergnügen. „Na schön, du hast gewonnen. Wann schlagen wir zu?“ „Sobald alle Kisten an Bord sind, dann sprengen wir das ganze Dreckszeug in die Luft.“ antworte ich zufrieden. „Man sollte meinen, daß die Menschen wüßten, wie gefährlich Drogen sind, aber statt dessen gibt es immer mehr Süchtige.“ „Tja Blondie, jeden Tag steht eben ein Dummer auf.“ Ich packe das Equipment wieder in den alten Leinensack, dann erhebe ich mich. „Gehen wir näher ran.“ „Ja, je schneller wir hier fertig sind, desto eher können wir uns vergnügen!“ Ich seufze genervt, kenne ich doch Sanji’s Art sich zu amüsieren nur zu gut. Frauen und noch mehr Frauen. Aber was dem einen sein Weib ist, ist dem anderen sein Alkohol. Lautlos springen wir vom Dach der Lagerhalle, schleichen durch die engen Gassen in Richtung Hafenbecken. Der Gestank nach altem Fisch und Dieselöl wird stärker, beißt in der Nase, aber ich ignoriere es, denn Pingeligkeiten gefährden nur die Mission. „Sieht gut aus, findest du nicht, Grüner?“ „Ja, aber wir sollten dennoch einen Moment warten.“ entgegne ich ihm und sehe mich weiterhin um. „Ja, gut.“ Sanji nickt zustimmend und legt die Sprengkörper bereit. Es ist seine Aufgabe sich um unsere Ausrüstung zu kümmern, dafür zu sorgen, daß Lysop uns nur das notwendigste mitgibt. Wir können schließlich nicht mit einem ganzen Arsenal an Waffen durch die Stadt laufen, das wäre viel zu auffällig. „Es geht los!“ zische ich meinem Bruder zu und schleiche voran, stets im Schutz der dunklen Schatten. „Du Bug, ich Heck,“ lautet meine letzte Anweisung, dann ist jeder vorerst auf sich allein gestellt. Die Aufgabe ist diesmal nicht allzu schwer, lediglich ein Schmugglerschiff sprengen, das angeblich nur Kaffee aus Südamerika geladen hat. Von wegen! Fünfhundert Kilo Kokain, weißer Tod, wie ich das Zeug gerne nenne. Ich springe an Bord des Kahns, verstecke mich schnellst möglich hinter einem Container, um die Lage zu checken. Nur drei Mann bei mir. Aber Sanji schafft das schon, schließlich ist er kein Anfänger. Das Päckchen mit dem Sprengsatz stelle ich ab, ehe ich mich dem ersten dieser Gauner widme. Ein Hieb mit meinem Katana, dann gleitet er zu Boden. Lautlos haben wir zu töten gelernt, lautlos verschwinden wir auch wieder. Niemand soll von unserer Existenz erfahren, je wissen wer wir sind. Wie heißt es doch so schön? Wenn drei ein Geheimnis haben ist es nur sicher, wenn zwei davon tot sind. Am Pier treffe ich Sanji, wir nicken uns zu, erst dann betätigt er den Fernzünder. Ein lauter Knall, Rot und Orange das zum Nachthimmel schießt, die Schwärze durchbricht. Noch einen Moment betrachten wir das Schauspiel, die lodernden Flammen, die alles erbarmungslos verschlingen. Die Hitze brennt auf meiner nackten Haut, läßt mich die Kühle der Nacht für einen Augenblick vergessen, dann sind wir auch schon wieder ein Teil der Nacht. Kapitel 5: Das süße Leben ------------------------- Hey! Tut mir leid, daß es mit den neuen Kaps in letzter Zeit so lange gedauert hat, aber da mein Internet jetzt wieder funktioniert, wird das hoffentlich besser werden. In diesem Kap erfahrt ihr auch endlich, woher Sanji Nami kennt...und auch noch ein bißchen mehr, doch alles wird noch nicht verraten, wäre ja auch sonst langweilig. Als kleine Hilfestellung sei verraten: ~bla bla~ eine Katze spricht (für Menschen nur ein Miauen) Und jetzt wünsche ich euch viel Spaß mit dem neuen Kap! LG Eure Stoechbiene P.S.: Dieses Kap widme ich einzig und allein Sabine und Fussel. 5. Zorro Das süße Leben Wir kommen gut voran mit unserer Aufgabe, diese Stadt von einem Teil ihrer Verbrecher zu befreien. Kleinkriminelle, Schmuggler, Dealer und auch die beiden Typen, die Robin vor einiger Zeit überfallen haben. Eigentlich stand das ja nicht auf dem Plan, dennoch werde ich meinem Captain Rechenschaft darüber ablegen, denn in unserer Bande gibt es keine Geheimnisse. Er wird entscheiden, ob ich richtig gehandelt habe oder nicht. Natürlich weiß ich, daß er meine Entscheidung akzeptieren wird, kenne ich ihn doch bereits lange genug, aber gerade deshalb bin ich stets ehrlich zu ihm, so wie er zu mir. Ich strecke meine Pfoten aus, kralle sie im Teppich fest, dehne meinen Rücken, ehe ich in einem Satz auf die Sofalehne springe. Mein Blick schweift umher, inspiziert jeden Winkel der kleinen Wohnung. Man sollte sein Umfeld immer gut kennen, falls man ein Versteck sucht oder einen Fluchtweg benötigt. Ich rolle mich zusammen, könnte ich immerhin einen zweiten Mittagsschlaf vertragen. Doch kaum habe ich die Augen geschlossen, durchzieht ein kleiner Ruck das Sofa, so daß ich weiß, daß sich Sanji zu mir gesellt hat. ~Als nächstes sollen wir uns den Direktor der North-Western-Bank vornehmen.~ plappert er ungefragt drauflos. ~Ich weiß…~ ~Aber genauere Informationen bekommen wir erst in ein paar Tagen.~ ~Ja, ja…~ ~Bis dahin sollen wir uns nachts ein wenig umsehen, was für Typen da unterwegs sind.~ ~Falls damit ein Kerl gemeint sein soll, der jedem Rockzipfel hinterher rennt, kann ich Ruffy beruhigen, das bist nur du.~ ~Sehr witzig!~ ~Eher ermüdend.~ Ich gähne genüßlich, um ihm mein Desinteresse zu zeigen. ~Außerdem möchte ich darauf hinweisen, daß ich das in letzter Zeit kaum getan habe.~ ~Ja, weil du lieber Nami bespannst, elender Lustmolch.~ Das Klappern eines Schlüsselbundes unterbricht unsere Nonsenskonversation und mein ewig verknallter Bruder zeigt schon wieder Anzeichen eines Hormonschubs. Der braucht ein kaltes Bad! ~Oh, Namilein!~ „Sieh nur Robin, wie mein kleiner Liebling sich freut mich zu sehen!“ Eher deinen kurzen Rock! Ich hole mit der Pfote aus und verpasse dem liebestollen Kater neben mir einen Hieb, daß er von der Lehne seitlich auf den Boden fällt. Und der will eine Katze sein? „Du elender Bastard, kannst du meinen kleinen Schatz nicht in Ruhe lassen?!“ ~Nein!~ Ich liebe es, wenn ich Leute in Rage versetzen kann! „So ein Mistvieh!“ flucht Nami weiter und streckt mir die Zunge raus. „Jetzt beleidige Shadow nicht, nur weil er nicht so verschmust ist.“ mischt sich nun auch Robin ein. ~Shadow?!~ prustet Sanji vor Lachen los, was ich ihm gewissermaßen dann doch ein wenig übelnehme, schließlich kann ich nichts dafür, daß sie mir diesen Namen gegeben hat. Aber andererseits, ich hatte schon schlimmere! „Komm Snowflake, die zwei sind einfach nur blöd.“ ~Ja, Namilein!~ ~Snowflake? Da fragt man sich doch, wer von uns beiden nun der gelackmeierte ist!~ Übermütig lasse ich mich von der Lehne auf die Sitzfläche der Couch purzeln und wälze mich vor lachen. „Dir scheint es aber gut zu gehen.“ Robin beugt sich über mich und lächelt mich an, als wäre heute Weihnachten. ~Klar geht’s mir gut. Gib mir ne Flasche Bier und ich bleib länger!~ Sie läßt mich wieder allein, um zum Kühlschrank zu gehen. Irgendwie tun mir die Mädels ja leid, ständig kein Geld und der Job muß auch beschissen sein. Aus dem Nachbarzimmer dringt Sanji’s nervtötendes Gejaule an mein Ohr, weil ihn Nami nicht ins Bad läßt, während sie duscht. Kluges Kind! Aber bevor mir hier noch die Ohren abfallen, raffe ich mich auf und renne die schmale Wendeltreppe nach oben, um mich dort gemütlich hinzulegen. Anders hält man das ja nicht aus! Und kaum daß ich mich auf dem weichen Bett ausgestreckt habe, kommt mir Robin hinterher. Hastig schließt sie die Tür mit einem gekonnten Hüftschwung, hat sie doch keine Hand frei; ein Teller mit irgendeiner undefinierbaren Masse, vermutlich aus der Dose. Und da heißt es immer, der Dosenöffner sei für Katzen erfunden worden. Aber Sanji und ich waren heute schon in Downtown und haben uns dort was zu essen genehmigt. Gut, wir haben ja auch keine Geldsorgen. Ich sehe ihr beim Essen zu, aber lange braucht sie nicht, um die kleine Portion zu vertilgen. Ob sie davon wohl satt geworden ist? Ich wage das zu bezweifeln. Sie stellt den Teller auf ihr Nachttischchen, ehe sie sich rückwärts in die Kissen fallen läßt. „Was gäbe ich für ein richtig gutes Steak! Mit Kartoffeln und ganz viel Gemüse.“ Sie dreht sich zu mir um und betrachtet mich. Eigentlich ist sie recht hübsch und intelligent scheint sie auch zu sein. Aber wie kommt eine Frau ihres Intellekts in so eine Gegend? Vermutlich waren ihre Eltern schon arm und konnten ihr keine bessere Ausbildung bezahlen. Bist du erst mal unten, kommst du so schnell auch nicht hoch. „Was treibst du eigentlich so den ganzen Tag über, Shadow? Warst du auf Mäusejagd oder bist du einer flotten Mieze hinterher?“ ~Ich bin doch nicht Sanji!~ Oder sollte ich Snowflake sagen? Was hat sie denn jetzt schon wieder vor? Streicheln? Mich? Keine Chance! Doch zu spät, ihre schmalen Finger gleiten bereits über mein Fell, daß ich starr vor Schreck einen Moment lang liegen bleibe. Ein riesiger Fehler! Jetzt hat sie mich doch tatsächlich hochgehoben und drückt mich wie ein Plüschtier! ~Hilfe!~ Natürlich könnte ich jetzt meine Krallen ausfahren, aber das wäre erstens nicht sehr nett und zweitens bin ich als Katze wesentlich schwächer als ein Mensch und wer weiß schon wie sie reagieren würde. Oder ich könnte mich solange winden, bis sie genug von mir hat! Doch gerade als ich eine halbe Drehung vollführt habe und ihr in die Augen blicken kann, halte ich inne. Sie weint ja. Ich höre auf mich gegen ihren Arm zu stemmen, entspanne alle meine Muskeln und lasse es zu, daß sie mich an sich drückt. Ich kann einfach keine Frau weinen sehen! Und solange Sanji mich nicht sehen kann, bin ich vor Schande und Spott erst einmal sicher. Aber was hat sie nur? Eben schien die Welt noch in Ordnung, zumindest wirkte sie nicht traurig, und nun? Oder handelt es sich hierbei einfach um diese typischen Gefühlsschwankungen, die Frau permanent ausgesetzt ist? Keine Ahnung, woher soll ich das auch wissen? „Wenigstens du kuschelst mit mir.“ ~Was?~ Erstaunt sehe ich sie an, die dicken Tränen die über ihr Gesicht kullern. Sie fühlt sich also einsam. Ja, das hab ich mich früher auch oft gefühlt, bis ich merkte, daß dieses Gefühl nur hinderlich ist. Ich meine, es bringt doch überhaupt nichts sich selbst zu bemitleiden, außer noch mehr Schmerz. Meine einzig große Liebe habe ich verloren, ließ nur die Pein in mir zurück bis mein Herz erkaltete. Und nun? Ich lasse mich von einer fremden Frau drücken als sei ich ein Baby! Wie tief kann ich eigentlich noch sinken? Aber sie weint, zeigt offen ihre Gefühle, daß selbst mein Kämpferherz zu toben beginnt. Ich habe viele grausame Dinge in meinem Leben schon gesehen und erlebt, daß mich die Brutalität des Alltags kaum noch berührt. Doch wenn eine unschuldige junge Frau weint kann ich den Schmerz der Vergangenheit wieder spüren. Wenigstens scheint sie sich langsam zu beruhigen, denn die Tränen sind weniger geworden. Nein, was treibt sie denn jetzt schon wieder?! Unweigerlich entfährt mir ein leises Schnurren, krault sie doch mit ihren Fingerspitzen äußerst gefühlvoll mein linkes Ohr. Das geht zu weit! In einem Satz springe ich von ihrem Arm auf das kleine Kissen am Kopfende des Bettes, ehe ich mich mit einer Pfote kratze, um dieses Kribbeln im Ohr loszuwerden. Frauen! ~Ich bin ein erwachsener Mann, ein Kämpfer und kein Schmusetier, verstanden?!~ „Du bist ja so niedlich!“ ~Argh!~ Nein, nicht schon wieder kuscheln! Und…nicht aufs Ohr küssen! Ich sag es ja, Frauen!! Kapitel 6: North-Western-Bank ----------------------------- Tut mir leid, daß ihr so lange auf dieses Kap warten mußtet, aber zur Zeit komme ich mit 'Callboys' einfach schneller voran. Aber ich bleibe dran, keine Sorge. @KintaroOe: Sorry, daß ich mir mit dem Kap so viel Zeit gelassen habe. Aber was ZoxRo anbelangt, die Zwei passen einfach geil zusammen XD @Rashka: Hoffe, Fussel und dir gefällt das Kap. *euch beide knuddel* @cada: Ja, die beiden sind Katzen, zumindest hin und wieder. Vielleicht schafft dieses Kap ein bißchen Klarheit. @Silja: Danke für das große Lob, fühle mich sehr geehrt. Wie ich auf diese doch recht merkwürdigen Ideen komme, weiß ich leider selbst nicht so genau. (Schriesel meinte mal was von gespaltener Persönlichkeit) @yamiyugirlLY: Hoffe, die Fortsetzung gefällt! @Miss_Puma_D_Ace: Mal sind sie Katzen, mal Menschen. Du wirst schon sehen *g* @peach06: Was für Bücher? Aber du hast schon recht, sie können ihre Gestalt wechseln, doch dazu mehr im Kap. @Heroeumel: Mal gespannt, was du zu diesem Kap sagst, denn hier werden die Umstände etwas genauer erklärt. Alles wird aber noch nicht verraten *g* @Rotehexe: Ja, die Mädels sind ganz schön ahnungslos, was sie sich da für zwei 'Haustiere' angeschafft haben. Dafür wurden die Jungs mit wenig schmeichelhaften Namen beehrt. Ausgleichende Gerechtigkeit. @4Kolibris: 100 Fragen? *vomstuhlkipp* Aber die einzige, die ich dir hier beantworten werde ist: Ja, Robin darf irgendwann auch mal ein Staek essen XD. Ansonsten kann ich nur sagen: Weiter lesen! Viel Spaß mit dem neuen Kap! *euch knuddel* Stoechbiene 6. Sanji North-Western-Bank Ist das zu glauben? Wir befinden uns in New York, der Metropole schlechthin an der Ostküste und das zweitgrößte Geldinstitut nennt sich North-Western-Bank. Aber so sind nun mal die Kriminellen, raffiniert aber dennoch bescheuert. Gut, der Hauptsitz dieser Kreditanstalt befindet sich auch in Seattle, so sei ihnen der Name verziehen. Außerdem ist es nicht das erste Mal, daß wir gegen diese Bank vorgehen, haben wir doch bereits im Sommer den bundesweiten Vorstandsvorsitzenden C.W. Schmeil aus dem Verkehr gezogen oder besser ausgedrückt, ihm einen netten Platz auf dem Friedhof beschert. Aber die Korruption nimmt nun mal kein Ende, folglich haben wir noch einiges an Drecksarbeit vor uns. Bestechung allein ist aber eigentlich kein Grund jemanden umzubringen, miese Drogengeschäfte und Menschenhandel dagegen schon. Man braucht sich manchmal nicht zu wundern, woher die oberen Zehntausend ihr Geld herbekommen. Aber damit ist jetzt Schluß, zumindest für diesen halslosen Fettsack, der gerade von seinem Schäferstündchen mit einer Prostituierten heimkommt. Seit Wochen beschatten wir den Bankdirektor nun schon, kennen inzwischen seinen Lebensstil besser als unsere Westentasche. Doch das ist wichtig, um im Notfall auf alles gefaßt sein zu können. Na ja, das einzige worauf sich dieser Fleischklops noch vorbereiten muß, ist seine eigene Beerdigung. Ich blicke zu Zorro hinüber, der unweit von mir entfernt im Gebüsch auf der Lauer liegt. Als Katzen getarnt war es für uns ein leichtes aufs Grundstück dieses Bankers zu schleichen und als Menschen werden wir ihn richten. Seit Kindertagen besitzen wir die Fähigkeit dieser Verwandlung, wobei ich stets bemüht bin nur die schönen Dinge daran zu sehen. Damals lebten wir in einem Versuchslabor mitten im Dschungel von Thailand, eingepfercht und unserer Freiheit beraubt. Woher wir kamen, wer wir genau waren, wir wußten es nicht, wissen es sogar noch immer nicht. Das einzige was ich mit Sicherheit sagen kann, ist, daß Zorro im Geist mein Bruder ist, aber genetisch sind wir es nicht. Er ist nicht mal ein halbes Jahr älter als ich, folglich können wir auch gar keine Geschwister sein. Dennoch leben wir so, als wären wir echte Blutsverwandte, denn unsere gemeinsame Vergangenheit hat uns zu solchen werden lassen. Ich werde nie den Tag vergessen, an dem ich die grausame Wahrheit erfuhr. Zorro wurde von dem Forscherehepaar, das uns gefangen hielt, jeden Tag aus unserer Zelle befreit und durfte sich amüsieren, so meine Vorstellung. Die Realität sah anders aus. Aber erst als ich an der Reihe war wurde mir schmerzhaft bewußt, durch welche Hölle mein Bruder gegangen sein mußte und durch welche ich selbst noch zu gehen hatte. Dabei kann ich sogar von Glück reden, daß ich der jüngere von uns beiden bin, denn die Fehlexperimente wurden alle zuvor auf Zorro’s Kosten durchgeführt. Doch was sie ihm alles antaten hat er mir bis heute nicht verraten. Als ich ihn kennenlernte war er ein aufgeweckter Junge mit strahlend grünen Augen und einem breiten Lächeln, der die Sonne im Herzen trug. Und jetzt? Ein Blick von ihm kann den Tod bringen, so kommt es mir gelegentlich schon mal vor, denn hat er seinen Feind erst einmal gesichtet, ist dessen Schicksal besiegelt. Er hat auch keine Probleme damit Frauen zu töten, was mir zugegebenermaßen schwerfällt und mir sogar fast schon mal zum Verhängnis wurde. Aber dennoch ist meine Schwäche für diese zarten Wesen erhalten geblieben, selbst wenn ich nur zu genau weiß, daß es auch unter ihnen tödliche Biester gibt. Aber nicht nur diesbezüglich gibt es Unterschiede zwischen ihm und mir. Zorro ist sozusagen der Prototyp dieses Katze-Mensch-Experimentes und das zeigt sich jedesmal dann deutlich, wenn es um die Verwandlung von einer Gestalt in die andere geht. Er benötigt gut zwei Sekunden länger als ich, denn zuerst muß er seine Kleidung absorbieren, wenn vorhanden auch seine Schwerter, dann erst kann er zur Katze werden. Umgekehrt wird er erst zum Mensch, dann kommen die Kleider und seine drei Katanas. Bei mir geht das in einem Schritt. So wundert es mich auch nicht, daß sein natürliches Schamgefühl nahezu nicht existiert. „In fünf Minuten hinter dem Haus.“ flüstert mir mein Bruder zu und ich nicke zustimmend. Er die Bodyguards, ich den Alten. Leise schleiche ich zur Terrasse, von wo aus ich mir Zutritt zu der Luxusvilla verschaffen werde. Mit einem Glasschneider schneide ich ein Loch in die Glasscheibe, so daß ich die Tür von innen öffnen kann. Vorsichtig schiebe ich die schwere Glastür auf, werfe noch einen kurzen Blick über meine Schulter, ehe ich das Haus betrete. Für die teure Einrichtung habe ich keinen Blick übrig, verfolge nur mein Ziel, das Schlafzimmer im ersten Stock. Dunkel liegen die einzelnen Zimmer vor mir und wenn ich den Grundriß der Villa nicht zuvor gründlich studiert hätte, käme ich mir jetzt wie in einem Irrgarten vor. Hart schlägt mein Herz gegen meine Brust, stehe ich doch kurz davor einen weiteren Mord zu begehen. Der wievielte überhaupt? Ich weiß es nicht, in der Hölle werde ich eh landen. Mit den Fingern umschließe ich den Türknauf zum Schlafzimmer meines Opfers, drehe langsam meine Hand, bis ich leise das Türschloß klicken höre. Einen Spalt breit schiebe ich die Tür auf und erhasche einen kurzen Blick in das leere Zimmer. Er ist im Bad! Sein falscher Gesang dringt nun deutlich an mein Ohr, begleitet vom Rauschen des Wassers aus der Dusche. Schnellen Schrittes schlüpfe ich in das Schlafzimmer, um von dort aus ins Bad zu gelangen. Die Tür ist nicht einmal verriegelt, so daß ich ohne Hinderung eintreten kann und mich von meinem Opfer nur noch der Duschvorhang und ein gekonnter Tritt meinerseits trennen. Schemenhaft zeichnet sich die unförmige Gestalt hinter dem Vorhang ab, so daß ich einen Moment zögere, ehe ich mit aller Kraft zutrete. Ein unterdrücktes Keuchen, ein Knacken, letztendlich das quietschende Geräusch, wenn nackte Haut über Emaille gleitet. Ich schiebe die Gardine zur Seite, um einen prüfenden Blick auf mein Opfer werfen zu können. Er ist tot, Schädelbasisbruch. Wie vereinbart begebe ich mich zum Treffpunkt und erkenne schon von Weitem die grünen Augen eines kleinen schwarzen Katers, der auf mich wartet. Auch ich verwandle mich, spüre wie mein Körper schrumpft und ich leichtfüßiger werde. Morgen wird die Welt von einem grausamen Vierfachmord in der Zeitung lesen, doch die Verbrechen dieses Mannes und seiner Leibwächter werden unerwähnt bleiben. Aber ist es nicht schön in dieser Unwissenheit zu leben? Kapitel 7: Regen ---------------- Es tut mir schrecklich leid, daß ihr so lange auf das neue Kap warten mußtet, aber zur Zeit komme ich mit 'Callboys' einfach schneller voran, was allerdings nicht heißen soll, daß ich diese FF vergessen habe. No way! @cada & Heroeumel: Warum die beiden Herren bei Nami und Robin wohnen wird später beantwortet, keine Sorge. @:Mid_Night_Sun: Es freut mich, daß dir die ff gefällt und hoffe, du hast meine ens bekommen. @Miss_Puma: Was die beiden Brüder bereits erlebt haben ist wirklich schlimm, aber ich hab ja noch nicht alles erzählt *g* @yamiyugirlLY: Wer sich so was ausdenkt? Gute Frage... @Silja: Hallo Königin! Hoffe, das neue Kap gefällt dir ebenfalls. @peach06: Das mit dem schnell weiterschreiben hat leider nicht so geklappt, sorry :( @Rashka: Ja, für Mr. FU scheint diese FF gänzlich ungeeignet. Pummel war auch dieser Meinung. @Rotehexe: Das letzte Kap war wirklich sehr kurz, aber ich weiß gar nicht, ob dieses hier so viel länger ist... @4Kolibris: Wo nimmst du immer diese vielen Fragen her? ABer wie die Mädels den Jungs auf die Schliche kommen, das bleibt vorerst mein Geheimnis! @--Taki--: Ich weiß leider immer noch nicht so genau, wie ich auf diese sonderbare Idee gekommen bin. Vielleicht geistige Umnachtung? Viel Spaß mit dem neuen Kap!! LG Eure Stoechbiene 7. Zorro Regen Eilig renne ich durch die kleinen Gassen, vorbei an Müllbergen, Pennern und Dreck. Schier unerträglicher Gestank treibt mir beinahe die Tränen in die Augen, doch ich versuche dieses beißende Gefühl in der Nase zu ignorieren. Erstaunlich wie zwei zivilisierte Frauen wie Nami und Robin in so einer Gegend leben können. Na ja, müssen trifft es wohl eher. Ich lege einen Zahn zu, denn einen Vorteil hat es wenn es wie jetzt aus Eimern schüttet, die Wege sind frei und niemand achtet auf einen kleinen Straßenkater. Galant sprinte ich über den Gehsteig, springe über eine Pfütze, dann weiter geradeaus. Das schäbige Haus, das zur Zeit Sanji’s und meine Zufluchtsstätte ist, kommt in Sichtweite, doch ich eile daran vorbei zur Feuertreppe. Ein, zwei Sätze und ich befinde mich auf der wackligen Stahlkonstruktion. Ob das Teil noch einen Menschen aushält wage ich stark zu bezweifeln. Unterschiedliches Stimmengewirr dringt auf jeder Etage an mein Ohr, bis ich endlich oben angekommen bin und durchs Küchenfenster in die Wohnung gelange. Gott, bin ich naß! Wenigstens mußte ich nicht übers Dach in Robin’s Zimmer klettern, denn die Ziegel sind alle locker und auch ohne Regen eine Gefahr. ~Regnet es?~ ~Nein, ich war im Freibad!~ Man, Sanji kann manchmal echt dämliche Fragen stellen. ~Hast du was herausgefunden?~ ~Wie man es nimmt. So wie es aber aussieht wird das Geld aus dem Drogenhandel in einem Wettbüro gewaschen, frag mich aber nicht in welchem.~ ~Wir haben ja noch Zeit und genügend andere Aufträge.~ Allerdings. Sanji begibt sich wieder zu Nami, die auf einer Gummimatte merkwürdige Verrenkungen probt. Wohl wieder ein neuer Fitneßwahn ausgebrochen. „Du bist ja ganz naß!“ Erschrocken sehe ich zu Robin, die eilig auf mich zugelaufen kommt, um mich mal wieder mit ihrer Fürsorge zu überschütten. Das hat mir gerade noch gefehlt! Aber das Leben meint es heute anscheinend nicht gut mit mir, denn schon hat sie mich mit einer Hand unter meinem Bauch hochgehoben und drückt mich an sich. Es ist zum Mäusemelken! ~Du siehst ja richtig niedlich aus!~ höre ich Sanji rufen. ~Halt die Klappe!~ ~Ui, jetzt hab ich aber Angst, schließlich werde ich von einem Stofftier bedroht!~ lacht er mich aus. ~Leck mich!~ Ich ergebe mich in mein Schicksal, lasse mich von Robin drücken und knuddeln, während sie mich nach oben trägt. Eigentlich macht es mir auch nichts mehr aus, finde es sogar, na ja, recht gemütlich, aber das braucht Sanji ja nicht zu wissen. „Du bist durchnäßt bis auf die Knochen. Hat man als kleiner Kater nicht gelernt sich unterzustellen? Auf jeden Fall mußt du wieder trocken werden.“ In ihrem Zimmer angekommen holt sie ein Handtuch aus ihrem Schrank und rubbelt mein Fell. Ich würde es ja selbst tun, aber sich kurz in einen Menschen verwandeln, abtrocknen und wieder zur Katze werden ist im Moment nicht drin. Wie ein Riesenbaby komme ich mir vor, aber daran läßt sich jetzt wohl nichts ändern. Und zugegebenermaßen, es hat schon was von einer Schönheit ein bißchen verwöhnt zu werden, auch wenn mir schleierhaft ist woher ihre Fürsorge kommt. Ich meine, ich bin ein Straßenkater, keine Perserkatze. Vorsichtig massiert sie mein Fell mit dem Handtuch, gibt sich viel Mühe mit mir. Anschließend legt sie mich auf ihre Decke und gesellt sich neben mich aufs Bett. Wie so oft in den letzten Tagen hat sie ein besonderes Augenmerk auf meine Pfoten gerichtet, über deren empfindsame Unterseite sie zaghaft mit dem Daumen streicht. „Ich habe noch nie einen so lieben Kater wie dich gesehen, Shadow.“ ~Würdest du mich kennen, würdest du anders darüber denken.~ antworte ich ihr, auch wenn sie nur ein Maunzen meinerseits wahrnimmt. „Und du bist so niedlich.“ ~Nein, das bin ich nicht! Niedlich ist ein Scheißwort!~ „Irgendwie habe ich den Eindruck, es gefällt dir nicht, wenn ich das sage.“ ~Ich würde lügen, müßte ich etwas anderes behaupten.~ Nicht meine Öhrchen kraulen, daß…grr, das geht mir durch Mark und Bein! „Aber das hier scheint dir sehr gut zu gefallen.“ Weiber! Warum lächelt sie mich denn jetzt an? Ich werde einfach nicht schlau aus ihr. „Ich wünschte, ich wäre auch eine süße Katze, dann könnte ich den ganzen Tag auf Streifzug gehen, ohne daß sich jemand durch mein Erscheinungsbild gestört fühlt und ich hätte auch keine Geldsorgen mehr. Und? Würdest du mich dann einmal mitnehmen, wenn ich auch eine kleine Katze so wie du wäre?“ ~Sei lieber froh, daß du keine bist.~ Ich weiß, daß Sanji und ich nicht die ersten Kinder waren, an denen dieses abartige Experiment durchgeführt wurde, aber wir waren die einzigen, die es überlebten. Wie alt waren wir damals eigentlich, als wir verschleppt wurden? Wer waren unsere Eltern? „Miau, miau, hörst du mich schreien? Miau, miau, ich will dich freien. Folgst du mir aus den Gemächern, singen wir hoch auf den Dächern. Miau komm geliebte Katze. Miau reich mir deine Tatze!“ Jetzt singt sie auch noch, wenn auch ein Katzenlied. Fröhlich summt sie die Melodie vor sich hin und steht dabei vom Bett auf. Ich sehe ihr zu wie sie in ihrem ramponierten Kleiderschrank herumwühlt, ein paar Sachen herausnimmt und diese zur Seite legt. Ich gähne genüßlich, ist es doch an der Zeit schlafen zu gehen, denn heute Nacht werden Sanji und ich ganz sicher nicht mehr losziehen, erst morgen wieder, wenn hoffentlich das Wetter besser ist. Wieder sehe ich zu Robin, die noch immer vor ihrem Kleiderschrank steht. Ach du Scheiße, die hat ja gar nichts mehr an! Erschrocken will ich ein Stück zurückweichen, bloß habe ich nicht damit gerechnet, daß ich am Rand vom Bett gelegen habe. Habe, bin ich doch vor lauter Schreck auf den Boden gefallen. Daß mir so was je passieren würde, bin ich doch sonst immer Herr jeder Lage. Und schon taucht Robin’s Gesicht vor mir auf und wie immer wirkt sie besorgt. „Geht es meinem kleinen Liebling gut?“ Ich weiß nicht was schlimmer ist, daß sie nackt ist oder dieses Gesülze von sich gibt. Wieder hebt sie mich hoch und diesmal versuche ich mich erst gar nicht zur Wehr zu setzen, schließlich ist der Tag eh schon im Eimer. Aber könnte sie sich nicht wenigstens etwas anziehen? Zumindest ein kleines Hemdchen? Ich meine, ich bin doch auch nur ein Mann. Kapitel 8: Killerinstinkt und Liebesgeflüster --------------------------------------------- Tut mir leid, daß ihr so lange warten mußtet, aber wie bereits erwähnt, komme ich mit meiner anderen FF momentan einfach besser voran. @Rashka: Was für eine Vorahnung hast du denn jetzt schon wieder? Weißt du etwa mehr als ich? @yamiyugigirLY: Ja, Zorro muß noch einiges "ertragen" *g* Er wird es überleben, denke ich. @Sydney: Ich finde auch, Satzzeichen sollten sich nicht immer so wichtig nehmen XD @Chibi-Robin: Zorro ist eben sehr launisch, kennt man ja von ihm. @cada: Schön, daß dir Shadow so gefällt. Und was Zorro anbelangt, seinen Gesichtsausdruck konnte sich wohl jeder vorstellen *g* @4Kolibris: Ja, Haustiere die als Spanner unterwegs sind, möchte ich mir ehrlich gesagt auch nicht vorstellen. @Tratschtante: Tja, wenn ich nur zeichnen könnte (Wunschtraum *schnief*), dann würde ich dir eine ZoxRo-Katzen-FA zeichnen. Aber so, müssen wir uns weiterhin auf unsere Vorstellungskraft verlassen. @Mid_Night_Sun: Wer hätte gedacht, daß Zorro allein durch den Anblick einer nackten Frau so aus der Spur gerät? Am wenigsten wohl er selbst *g* @peachy: Leider war ich diesmal wieder so langsam beim Schreiben, sorry! Hau mich net!! @Franky_chan: Freut mich, daß dir die FF gefällt! Diesmal gibt es auch ein paar Infos aus der Vergangenheit. @Rotehexe: Ich hoffe, Silja hat dich nicht wieder zum Lesen gezwungen XD @Heroeumel: Um ehrlich zu sein, ich weiß auch schon nicht mehr, wie ich meine Freude über jeden neuen Kommi von dir zum Ausdruck bringen soll. @--Taki--: Was du über meinen Schreibstil gesagt hast, fand ich sehr passend, denn so würde ich ihn ebenfalls beschrieben. Schlicht, so wie ich selbst auch bin. Viel Spaß beim Lesen!! Eure Stoechbiene 8. Zorro Killerinstinkt und Liebesgeflüster Ist das eine Scheißnacht! Können die Idioten im Nachbarhaus nicht endlich mit der Schreierei aufhören? Wen interessiert schon der Ehestreit anderer Leute? Mich jedenfalls nicht. Und wer hat diesen Schmalspurdenkern überhaupt erlaubt sich dabei gegenseitig mit der Einrichtung zu bewerfen? Warum lassen die sich nicht einfach scheiden wie normale Menschen auch? Aber nein, sonst würde das ja auch nicht die halbe Nachbarschaft mitkriegen. Genervt von dem Lärm wälze ich mich auf die andere Seite, wohl darauf bedacht nicht von Robin herunterzufallen. Allmählich wird es nachts kälter, die Außentemperatur fällt von Tag zu Tag und vereinzelt liegt im Morgengrauen ein eisiger Nebel über dem Hafenviertel. Doch leider ist die Wohnung von Nami und Robin alles andere als ein lauschiges Plätzchen um sich aufzuwärmen. Folglich kuschelt sich Robin beim Schlafen bevorzugt an mich, damit ihr nicht mehr ganz so kalt ist. Im Prinzip ist es mir auch egal wo ich schlafe, auf dem kleinen Kissen oder auf ihrem Bauch, Hauptsache ich habe meine Ruhe. Leider kann davon im Moment überhaupt keine Rede sein! Ich krieche unter der Bettdecke hervor und eile zu dem kleinen Fenster über Robin’s altem Schreibtisch, um einen Blick nach draußen werfen zu können. Zwar versperrt mir die Feuerleiter einen Großteil der Sicht auf die Straße vor dem Haus, aber dafür kann man von hieraus das gesamte Viertel ziemlich gut überblicken. Die dunklen Straßen sind wenig beleuchtet und ein ideales Versteck für jeden miesen Gauner. Aber Sanji und ich werden sie dennoch finden und zur Strecke bringen. Alle Mörder, Drogendealer, Vergewaltiger, Diebe und Räuber. Natürlich können wir nicht jeden erledigen, schließlich sind Sanji und ich nur zu zweit und unser Aufenthalt in jeder Stadt begrenzt, aber wir tun unser möglichstes, so viele wie irgend möglich zu erwischen. Ich kann eigentlich gar nicht so genau sagen wie lange wir diesen Job schon ausüben, aber lange genug, um uns in der Unterwelt auszukennen. Als Ruffy meinen Bruder und mich damals in Thailand befreit hat, hätten wir alles für ihn getan, schließlich hat er uns vor der Hölle bewahrt. Er selbst war in Kindertagen ein einfacher Straßenjunge gewesen, der mit seinem Bruder durch die Südstaaten der USA gezogen ist und sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser gehalten hat. Unterwegs gerieten die beiden oft in Schwierigkeiten, weil Straßengangs die zwei nicht in ihrem Revier haben wollten oder jemand einen Sündenbock für seine eigenen Fehltritte suchte. Ich habe Ace nie kennengelernt, denn er ist der Grund, weshalb wir zu Mördern geworden sind. Ruffy spricht kaum über die Vorfälle die damals geschehen sein müssen, aber er ist jedesmal den Tränen nahe, wenn wir dieses Thema zur Sprache bringen. Ich weiß nur, daß man Ace in einem Müllcontainer gefunden hat. Tot. Ruffy ermittelte auf eigene Faust, um den Mörder seines Bruders zu finden, denn die Polizei interessierte sich nicht für tote Penner. Wer braucht schon diese Menschen die abends im Straßengraben liegen, meist betrunken, weil der einzige Halt in ihrem Leben aus einer billigen Flasche Fusel besteht? Aber Ace und Ruffy waren gar keine Trunkenbolde, sie waren ganz einfach nur heimatlos. Es zählt eben immer nur das Wohl desjenigen der Geld besitzt, egal auf welcher Seite des Gesetzes er nun stehen mag. Uns interessiert das nicht. Ruffy hat die Bande damals ins Leben gerufen, um seiner Wut und seiner Verzweiflung Luft zu machen, um seine Rache zu bekommen und genau aus diesem Grund sind Sanji und ich auch bei ihm eingestiegen, weil wir die Schnauze gestrichen voll haben von der Welt und ihrer Doppelmoral. Sollen sie doch alle verrecken, diese gottverdammten Hurensöhne! Niemand braucht die ärmsten der Armen, die jeden Tag schuften, um für sich und ihre Familien zu sorgen? Doch! Aber wirklich niemand braucht diese Parasiten, die sich wie die Made im Speck vom Leid der Schwächeren ernähren. Wenn ich nur an die bleichen Gesichter der Mädchen denke, die auf dem Kinderstrich in Thailand arbeiteten, dann durchfährt meinen Körper immer dieser Schmerz der mich meine Schwerter ziehen läßt und mich in diesen Mörder verwandelt, der kein Erbarmen für seine Opfer kennt. Was für ein Mensch ist nur aus mir geworden? Aber bin ich wirklich noch ein Mensch? Nicht eher ein seelenloses Monster, geschaffen um Böses zu tun? Ich lebe um zu töten, mehr hat das Schicksal nicht für mich vorgesehen. „Shadow? Süßer?“ Leise höre ich das Rascheln von Robin’s Bettdecke und wende mich ihr zu. Einsam sitzt sie auf ihrem Bett und sieht sich offensichtlich nach mir um. „Da bist du ja! Willst du nicht wieder zu mir kommen?“ Unwirklich blaß wirkt ihre Haut im düsteren Mondlicht, beinahe ein wenig kränklich. Ich verlasse meinen Aussichtspunkt, springe von der Tischplatte, schon bin ich in wenigen Sätzen bei ihr, denn vielleicht kann ich ja noch ein bißchen schlafen und dabei zumindest für einen kurzen Moment die grausame Welt da draußen vergessen. Aber Robin’s Zittern aufgrund der Kälte in ihrem Zimmer verdeutlicht mir nur noch mehr, daß das schlimmste Leid meist doch hinter grauen Betonmauern zu suchen ist und wir mit unserer Selbstjustiz nichts dagegen ausrichten können. Manchmal hasse ich das Leben. „Was knurrst du denn, mein süßes Katerchen? Hab ich dich zu sehr gedrückt?“ ~Dir ist schon klar, daß du mit einer Katze sprichst?~ Ganz toll, Zorro. Du machst dich über sie lustig und im selben Moment miaust du ihr was vor, als könne sie dich verstehen. Ich lasse mich weiter von ihr als Stofftier mißbrauchen, denn auch ich merke, wie mich die Wärme ihres Körpers besänftigt, ich schläfrig werde. „Ich hab dich so lieb, mein kleiner Stubentiger.“ ~Ach ja? Könntest du mich auch so lieben, wenn du den Mann in mir kennen würdest? Den Mörder? Wohl kaum.~ Und was tue ich? Ich liege mit dieser Frau im Bett, spiele ihr den lieben Kater vor, während sich in meinem Kopf der nächste Schlachtplan formiert. Pervers. „Warum bist du nicht ein bißchen größer? So um die einmeterachtzig, schlank und sportlich, dafür aber weniger behaart?“ Sie kichert amüsiert in mein Ohr, spüre ihren heißen Atem, wie er sich in meinem Inneren ausbreitet. „Ich bin verrückt, ich weiß.“ Allerdings! Zaghaft krault sie mein Fell zwischen den Vorderbeinen, läßt mich brummen wie einen alten Traktor. Seit wann bin ich derart verweichlicht? „Wenn ich dich jetzt küssen würde, könntest du dich dann nicht in einen hübschen Kerl verwandeln?“ ~Können schon, aber ich möchte mal dein Gesicht sehen, wenn ich mich vor deinen Augen in einen Menschen verwandle. Und ob du mich auch hübsch finden würdest, ist wieder eine ganz andere Frage.~ „Ach was soll ich mit einem Kerl, wenn ich doch dich hab. Außerdem sind Männer eh total die Machos und halten sich selbst für den Mittelpunkt des Universums. Anwesende Kater natürlich ausgeschlossen.“ ~Zu gütig, die Dame.~ Kapitel 9: Wetten, daß...? -------------------------- Nach langer Zeit endlich ein neues Kap und dann auch noch Zynismus ohne Ende.^^ Hoffe es gefällt euch! LG Stoechbiene 9. Zorro Wetten, daß...? Drogendealer gehören zweifelsohne zu der Sorte Mensch, die mit am meisten am Tod anderer Leute verdienen. Kauft das Glück, kauft den Kick, kauft die Freiheit, kauft den Tod! Doch was nützt es uns, wenn wir diese Typen zur Strecke bringen, solange uns die großen Fische weiterhin durch die Lappen gehen. Zwar haben wir erst kürzlich eine Drogenlieferung erfolgreich vernichtet, aber der Schiffsverkehr ist eben nur eine von vielen Möglichkeiten, mit der man diesen Dreck ins Land schmuggeln kann. Außerdem brennen Sanji und ich darauf endlich die Hintermänner aufzuspüren und sie aus dem Verkehr zu ziehen. All ihr Geld wird ihnen nichts nützen, die Millionen, die sie zusammengerafft haben, denn dem Tod kann keiner entkommen und der Strohhutbande schon gar nicht! Gemütlich schlendern Sanji und ich auf leisen Pfoten durch die Stadt, denn als Katze getarnt fällt man einfach am wenigsten auf. Neugierig blicke ich umher, schließlich sind wir auf der Suche nach einem Wettbüro, das es zu überprüfen gilt. Irgendwo hier muß doch eins sein, laut Telephonbuch…. ~Oh, welch Schönheit! Willst du mich heiraten?~ Jetzt geht das schon wieder los! Kaum erspäht mein Bruder ein halbwegs ansehnliches Weibsbild, setzt bei ihm das Oberstübchen aus. Mit einer Mischung aus Belustigung und kühlem Desinteresse beobachte ich Sanji, wie er um die Beine einer jungen Frau streicht. Fröhlich schnurrend blickt er zu ihr empor, wobei sein Grinsen kaum breiter sein könnte. Dieser alte Schwerenöter! Während sie denkt, er sei ein lieber süßer Kater der ein paar Streicheleinheiten sucht, grinst er sich einen ab, weil er ungehindert unter ihren Rock sehen kann. Als ob das so spannend wäre…. Aber andererseits verschafft er uns so immer ein Schlafplätzchen, wenn wir neu in einer Stadt sind. Bei Nami hat er genau die gleiche Nummer abgezogen und mir anschließend von ihrem rosa Tanga vorgeschwärmt. Dabei wage ich zu bezweifeln, daß einer Frau mit rotorangefarbenen Haaren Rosa so gut steht, aber was versteh ich schon von Farbberatung? Zudem, ich würde auch in einer alten Lagerhalle übernachten, mir ist das total egal. Obwohl, bei Robin im Bett läßt es sich schon aushalten und ist auch wesentlich gemütlicher als ein Pappkarton oder eine Holzkiste. Für einen Moment werfe ich einen erneuten Blick auf meinen Bruder, bis jemand neben mir seinen Abfall hinwirft. ~Idiot!~ rufe ich, doch meine Verärgerung weicht schnell der Neugier, denn bei besagtem Unrat befindet sich auch ein Wettschein! Chicago Blackhawks gegen die Boston Bruins. NHL, wie langweilig. Aber wenigstens steht die Adresse des Wettbüros auf dem Papierschnipsel. Eilig laufe ich weiter, denn auf Sanji kann ich im Augenblick eh nicht zählen, der ist mit seinen Hormonen beschäftigt. Und tatsächlich, nur wenige Blocks weiter die Straße runter dröhnt aus einem alten, aber dennoch ansehnlichen Sandsteingebäude das dumme Geschwätz irgendeines Sportreporters. Ein flüchtiger Blick durch die offene Glastür gewährt mir freie Sicht auf einen riesigen Plasmabildschirm, vor dem sich mehrere Männer scharen. Da offensichtlich jeder damit beschäftigt ist dem wilden Treiben diverser Footballspieler zuzusehen, kann ich unbemerkt den Laden betreten, nur um mich schnellst möglich unter dem Tresen zu verstecken. Soweit, so gut. Aber der Kundenraum nützt mir nichts, ich muß in die Bücher schauen, ob hier Geld gewaschen wird, oder nur ahnungslose Irre über den Tisch gezogen werden. Ein weiterer Blick durch den Raum und ich habe drei Türen zur Auswahl. Auf der einen ist ein Aufkleber angebracht, der eindeutig den Weg zur Toilette beschreibt. Dort werde ich wohl kaum auf frisierte Wettbücher stoßen, höchstens die schreiben hier auf Klopapier. Doch gerade als ich mir überlege, welche der beiden verbliebenen Türen ich nehmen soll, wird eine davon geöffnet und ein dicker Mann mit Schweinsäugelein kommt zum Vorschein. Man ist der häßlich! Auf den Fuß folgt ihm eine zierliche Blondine, die noch damit beschäftigt ist, sich die letzten Knöpfe ihrer Bluse zuzuknöpfen. Augenblicklich könnte ich kotzen, wenn ich mir vorstelle, wie dieses Walroß…. Nein, am besten gar nicht erst dran denken! Zwar ist sie wirklich keine Schönheit, aber in ihrem Alter könnte ich mir besseres vorstellen, als so einem schmierigen Typen gefällig sein zu müssen. Ich setze zum Sprint an, schlage einen Haken, ehe ich auf vier Pfoten über die Fliesen unbemerkt ins Nachbarzimmer rutsche. Das muß mir erst einmal einer nachmachen! Doch wo finde ich jetzt diese Wettbücher? Zwar steht in diesem Raum alles voll mit Büchern, aber das meiste sieht nach seichter Unterhaltung aus. Doch wenn ich an diesen Kerl von eben denke, dann paßt die Playboysammlung wie die Faust aufs Auge. Ich schlendere langsam an den untersten Regalreihen vorbei, denn da ich im Moment eine Katze bin, kann ich wohl kaum auf die Leiter klettern und oben suchen. Leider, denn hier unten ist nichts. Mein Weg führt mich weiter zu dem massiven Eichenschreibtisch, auf den ich kurzerhand springe. Na wenn das mal kein Volltreffer ist! Hmm…. Neugierig studiere ich das aufgeschlagene Kassenbuch, aber recht schnell muß ich feststellen, daß hier nur die Summen vermerkt sind, aber keine genauen Angaben über die Wetteinnahmen. Wo könnte das stehen? Vermutlich sitzt der Typ mit seinem dicken Hintern den ganzen Tag drauf, wenn er nicht gerade damit beschäftigt ist ahnungslose Mädels zu befummeln. Ich springe wieder auf den Boden, gerade rechtzeitig wie mir scheint, denn durch die Tür tritt eine Person, die mir vorhin gar nicht aufgefallen ist. Nami! Arbeitet sie etwa hier? Und wenn ja, wo ist dann Robin? Soweit ich weiß, arbeiten sie doch zusammen. Aus meinem Versteck unter dem Schreibtisch beobachte ich sie, wie sie die Leiter hochklettert und ein Buch zurückstellt. Ich tippe mal auf den Football Almanach der letzten Saison, denn in diesem Regal stehen nur solche Bücher. Kaum steht Nami wieder mit beiden Beinen auf dem Boden, öffnet sich erneut die Tür und Robin gesellt sich zu ihr. Sie wechseln leise ein paar Worte, doch an ihren Gesichtern kann ich erkennen, daß sie beunruhigt sind. Und kaum habe ich das gedacht, kommt das Walroß zurück. Sein Kopf ist hochrot und seine Augen vor Zorn zu schmalen Schlitzen verengt. „Hab ich euch nicht schon tausendmal gesagt, daß ihr netter zu Mr. Jelen sein sollt? Er ist einer meiner wichtigsten Geschäftspartner, kapiert?! Nami, du gehst wieder zu den Kunden, die Basketballübertragung fängt gleich an. Und du Robin, wirst das Kassenbuch aktualisieren, schließlich haben wir heute bereits ordentlich Geld eingenommen.“ Er gibt beiden einen Klaps auf den Po, ehe er wieder verschwindet. Ekliger Kerl. Und gerade ist er zur Tür draußen, hebt Nami die Hand und zeigt ihm hinter seinem Rücken den Mittelfinger. Ja, das hat der Kerl auch verdient. Eigentlich sogar ein bißchen mehr als das. „Ich geh dann mal.“ aufmunternd lächelt Nami ihrer Freundin zu, ehe sie den Raum wieder verläßt. So ein beschissener Job, kein Wunder, daß die beiden abends selten gut gelaunt sind, denn welche Frau kann sich schon darüber freuen, daß sie sich von einem alten Sack den Hintern tätscheln lassen muß? Robin indessen hat sich am Schreibtisch niedergelassen, bewaffnet mit Stift und Taschenrechner. Mir dagegen bleibt nichts anderes übrig als in meinem Versteck zu warten, bis ich ungesehen verschwinden kann, aber das kann dauern. Bloß wie schlage ich jetzt am besten die Zeit tot, denn außer dem Schreibtisch aus der Radieschenperspektive und Robin’s Beinen kann ich nicht wirklich viel sehen. Gut, sie hat schon schöne Beine, das muß ich zugeben, aber auf die Dauer wird es ganz schön langweilig, mir die anzusehen. Am besten wird es sein, wenn ich ein wenig döse, hier passiert momentan eh nichts aufregendes. Verschlafen öffne ich ein Auge, denn das unangenehme Geräusch eines Stuhls der über den Boden gezogen wird, reißt mich aus meinem Schlaf. Wie spät ist es eigentlich? Irritiert blicke ich umher, denn von Robin’s Beinen fehlt jede Spur. Schade eigentlich. Genüßlich strecke ich meine müden Glieder, ehe ich mich dazu entschließe mein Versteck zu verlassen. Doch gerade als ich den Kopf unter dem Schreibtisch hervorstrecke, sehe ich Robin die Leiter runtersteigen. Hier steckt sie also. Mein Blick wandert das Regal hoch, wo sich diese Kassenbücher haufenweise tummeln. Na toll. „Shadow? Wie kommst du hierher?” ~Was?~ Ich Trottel! Jetzt hab ich doch total vergessen, daß ich mich gar nicht zu Hause bei Robin befinde! Warum mußte ich auch einschlafen, danach bin ich immer so verpeilt! Sie nimmt mich auf den Arm, wie könnte es auch anders sein, doch ihr Blick spiegelt Sorge wider. „Wenn dich Big Ed findet, geht’s dir an den Kragen. Am besten ich schmuggle dich raus, bevor der Kerl noch seine Knarre zückt und auf dich zielt. Du wärst nicht die erste Katze, die er niederschießen würde.“ Sie trägt mich zu ihrer Umhängetasche und ehe ich bis drei zählen kann, liege ich auch schon drin. Eigentlich habe ich ja gar keine Lust auf diesen Unsinn, aber bevor dieser Ed noch durchdreht und auf Robin losgeht, halte ich lieber still. Und los geht die Reise! Ein wenig schaukelt die Tasche, so daß ich nach oben sehe und Robin’s Gesicht von der Seite erkennen kann. Sie wirkt leicht angespannt, aber das kann ich nur zu gut verstehen. „Tschüß Nami, bis später! Und viel Spaß in der Stadt!“ „Ja, bis später!“ Robin läuft weiter, denn das Schaukeln wird wieder stärker. Nach ein paar wenigen Minuten kann ich den freien Himmel über mir erkennen, aber ich bleibe weiterhin in meinem Versteck, denn so brauche ich nicht zu laufen. Aber wieso haben die beiden eigentlich schon Feierabend? Es ist doch Freitag und gerade am Wochenende finden viel mehr Spiele statt, also wird auch mehr gewettet. Komisch. Ob da etwas faul ist? Aber wie finde ich das am besten raus? Nachdenklich starre ich weiter in den grauen Himmel über mir, den ich durch den offenen Reißverschluß an Robin’s Handtasche sehen kann. Leicht schaukle ich vor mich hin, fast wie in einer Hängematte. Doch als die Besitzerin meiner persönlichen Tragetasche stehen bleibt, entschließe ich mich dann doch den Kopf ins Freie zu stecken. Nanu, ein Klamottengeschäft. Sie will sich doch nicht ernsthaft so einen komischen Fummel kaufen, oder? Irgendwie kann ich diesen komischen Nachthemdchen nichts abgewinnen. Entweder man friert und zieht einen Schlafanzug an oder man läßt es ganz bleiben und legt sich nur mit der Unterhose ins Bett. Aber was will man mit so einer Gardine? Zumal der Preis mehr als unverschämt ist. Sanji dagegen flippt ja immer total aus, wenn er Nami in so einem kurzen Fetzen sieht, warum auch immer. Außerdem, da kann die Wäsche noch so teuer gewesen sein, der Rock kürzer als kurz, aber wenn sie ein Gesicht wie ein Pferd hat, nützt dir das auch nichts. Robin wendet sich wieder ab und setzt ihren Weg fort. Sie ist enttäuscht, das ist nicht zu übersehen, aber das größte Problem in ihrem Leben ist sicherlich nicht, daß sie keine Dessous besitzt. Kapitel 10: Bitter ------------------ Es tut mir leid, daß einige dachten, ich hätte die ff abgebrochen, aber das ist nicht der Fall. Meine Priorität liegt eben zur Zeit bei Callboys, was aber nicht heißen soll, daß ich an dieser FF nicht weiterarbeite. Ich hoffe, euch gefällt das neue Kap! LG Stoechbiene 10. Zorro Bitter Ausgestreckt lümmle ich auf Robin’s Bett herum und lausche eher nebenbei dem Gedudel aus dem Radio. Ein Wunder eigentlich, daß der alte Kasten noch funktioniert, sieht er doch aus, als wäre er bereits mehrfach von einem Laster überfahren worden. Gut, der Sound ist mehr schlecht als recht, aber immerhin ein bißchen Musik, schließlich gibt es nur unten einen alten Fernseher. Außerdem läuft eh nur Mist in der Flimmerkiste, folglich braucht man sich nicht einmal die Mühe zu geben, das veraltete Teil zum Laufen zu bringen. Robin ist derweil unter die Dusche verschwunden, höre sie leise summen, denn die Badtür ist nur angelehnt. Das ist Sanji natürlich sofort aufgefallen, als er vor knapp fünf Minuten hier hereinspaziert kam und mich mit Nami-Geschichten nerven wollte. Dreist wie er nun mal ist, versuchte er gleich einen Blick ins Bad zu werfen oder eher gesagt auf die nackte Robin, doch das ließ ich nicht zu. Von mir aus kann er bespannen wen er will, aber nicht sie! Sie hat genug Probleme, da kann sie nicht auch noch einen notgeilen Pseudokater mit Hormonschub gebrauchen. Allerdings mußte ich ihm erst einen kräftigen Hieb mit der Tatze verpassen, ehe er wieder nach unten gegangen ist. Wenn es nach ihm ginge, würde er den ganzen Tag nichts anderes tun als leichtbekleideten Frauen nachzugaffen. Er sollte sich lieber überlegen, wie wir diesen Geldwäschern auf die Schliche kommen, als hier den geilen Bock zu spielen! Aber nein, satt dessen hat er heute beim Mittagessen in einem Restaurant so lange die Kellnerin angebaggert, die uns das Essen serviert hat, bis diese sich hat zu einem Date breitschlagen lassen. Die Arme tut mir jetzt schon leid. Aber lieber bespringt er irgendeine Frau, als daß er mir die Ohren vollheult. Die Badezimmertür öffnet sich und begleitet von einem Hauch Duschgel kommt Robin wieder zum Vorschein. Mit einem Handtuch rubbelt sie ihre Haare trocken, während ein zweites straff um ihren Körper gewickelt ist. Da frage ich mich doch, für was eine derart hübsche Frau so einen komischen Fetzen von Negligé braucht? Mit Reizwäsche könnte sie kaum schöner oder gar aufregender aussehen als jetzt. Ich persönlich halte solche Frauen wie sie für wesentlich gefährlicher, als die Sorte, die erst ein Bad in einem Schminkkoffer nehmen muß bevor man sie vor die Tür lassen kann, denn selbst wenn sie sich absichtlich unvorteilhaft kleiden oder geben würde, sie wäre dennoch wie ein Magnet. Und das schlimmste daran ist sicherlich, daß sogar mir das auffällt! Robin derweil läßt sich neben mir auf dem Bett nieder, legt das kleine Handtuch zur Seite und beginnt sich ihre schwarzen Haare zu kämmen. Stumm sehe ich ihr dabei zu, aber was sollte ich auch als Kater getarnt groß sagen? Miau? Sehr geistreich. Strähne für Strähne geht sie vor, bis ihr Haar wieder glatt gekämmt ist. Ich gebe mir nie so viel Mühe mit meinen Borsten, hat das bei denen doch eh kaum einen Sinn. Sie wachsen in wilder Eigenregie gerade wie es ihnen paßt, eben wie Gras. „Na, du kleiner Faulenzer?“ ~Was heißt hier Faulenzer?~ Das Weib hat vielleicht Nerven! ~Ich war auf wilder Entdeckungstour in der Stadt! Okay, ich hab unter dem Schreibtisch deines Chefs mein Nickerchen abgehalten, na und?~ Leicht kitzelt sie meine Forderpfote, so daß ich mich auf ein kleines Duell einlasse. Gut, es ist eine Spielerei, aber manchmal braucht man auch nicht mehr. Natürlich achte ich bei unserer neckischen Rauferei darauf, daß ich sie nicht verletze, denn meine Krallen sind nicht zu unterschätzen. Frech packt sie eine meiner Pfoten und zieht daran, so daß ich mit der anderen nach ihr schlage. Inzwischen hat sie mich soweit gebracht, daß ich auf dem Rücken liege und vorsichtig in ihre Hand beiße. Aber sie lächelt, zieht auch ihre Hand nicht zurück, so daß ich weiß, daß ich ihr im Moment keine Schmerzen zufüge. „Du bist ja ein richtiger Kämpfer!“ ~Wenn du wüßtest, wie recht du doch hast.~ „Die anderen Kater haben bestimmt Respekt vor dir.“ ~Echte Katzen meiden uns, weil wir weder richtig ihre Sprache, noch ihre Mimik beherrschen. Einem Menschen fällt das nicht auf, aber einer Katze eben schon.~ „Nur schade, daß Big Ed kein Kater ist, sonst könntest du ihm eine ordentliche Tracht Prügel verpassen. Obwohl, als Katze könnte er sich vermutlich keinen Zentimeter allein vom Fleck bewegen, weil ihn sein Gewicht daran hindern würde.“ Ich kann ihr deutlich ansehen, wie verärgert sie über ihren Chef ist und das ist sehr gut nachvollziehbar. Er gehört nicht gerade zu der Sorte Mensch, die man in sein Poesiealbum schreiben lassen würde, selbst für Geld nicht. Und wo wir schon mal beim Thema Geld sind, wo versteckt dieser Kerl seine Bücher? Robin indes hat sich wieder erhoben und ist ins Bad verschwunden. Ob sie weiß, was in dem Wettbüro wirklich vor sich geht? Oder jage ich mal wieder Gespenster? Aber ich kann sie ja schlecht fragen. Außerdem wäre es doch ziemlich unklug, wenn ich sie in meiner menschlichen Gestalt aufsuchen würde, nur um sie nach einem Buch zu fragen, das womöglich gar nicht existiert. Es ist eine verzwickte Lage, aber ich werde bestimmt eine Lösung finden. Es war auf alle Fälle wichtig, daß Sanji und ich der Drogenszene einen Schlag verpaßt haben, was uns ja mit der Vernichtung ihrer Hauptlieferung erfolgreich geglückt ist. Dennoch wäre es von unsagbarem Vorteil, wenn wir auch ihre Geldgeschäfte schwächen könnten. Natürlich wird es immer Drogen geben, ebenso wie Gewalt und Mord, aber wenn niemand ihnen die Stirn bietet, nehmen sie irgendwann überhand. Im Prinzip ein Stück Evolutionstheorie, wenn auch eher im weitläufigeren Sinne. Doch ganz so selbstlos wie sich unsere Aktionen nun anhören sind sie nicht, denn schließlich brauchen auch wir Geld, um unsere Ziele weiterhin verfolgen zu können. So nehmen wir es von unseren Opfern, aber die brauchen es nach einem Besuch von uns eh nicht mehr. Zumindest habe ich noch nie einen Toten beim Einkaufen gesehen. Meine Aufmerksamkeit wird wieder auf Robin gelenkt, die erneut aus dem Badezimmer tritt und sich zu mir aufs Bett gesellt. Inzwischen hat sie ihren Schlafanzug angezogen, ist es doch schon wieder Zeit zum Schlafengehen. Mir ist das nur recht, ich kann eh zu jeder Zeit und an jedem Ort ein Nickerchen halten. Entspannt strecke ich alle Viere von mir und lasse mir von Robin den Kopf kraulen. Ein bißchen weiter nach links…oh ja, so läßt es sich aushalten! Zufrieden brumme ich wie ein alter Propeller vor mich hin, genieße einfach die sanfte Massage. Wenn es nach mir ginge, bräuchte sie erst gar nicht wieder damit aufzuhören. Eigentlich ist es schon viel zu lange her, daß ich mich habe derart verwöhnen lassen, aber es ist nun mal auch nicht gerade einfach jemanden zu finden, bei dem man sich rundum wohlfühlt. Klar, hier und da gönne auch ich mir mal ein kleines Abenteuer oder einen netten unbedeutenden Flirt, aber das ist nicht das selbe, wie neben jemandem aufzuwachen, der wirklich etwas für mich empfindet. Das Problem ist nur, ich bin im Moment eine Katze, kein Mann. Robin hegt eine besondere Zuneigung für den struppigen Straßenkater, nicht für den vernarbten Verbrecher der ich wirklich bin. Bitter, aber wahr. Vermutlich ist das sogar besser so, denn wüßte sie über mein eigentliches Ich Bescheid, befände sie sich in höchster Gefahr und das würde ich nicht wollen. So gebe ich mir innerlich einen Ruck, beiße sie Zähne fest zusammen und verlasse mein gemütliches Plätzchen nahe ihrem Herzen. Ein Sprung auf das Fensterbrett, ein Sprung hinaus in die Kälte der Nacht. Auf ihr Rufen reagiere ich nicht, will ich mich doch nicht selbst verletzen. Kapitel 11: Streifzug --------------------- Ja, ich lebe auch noch! Da ich Anfang April angefangen habe zu arbeiten, habe ich leider nicht mehr allzu viel Zeit, um ffs zu schreiben oder mich mexx zu widmen. Aber ich arbeite weiterhin an meinen Storys, allerdings etwas langsamer als früher. Ich hoffe, ihr versteht das. LG Eure Stoechbiene 11. Zorro Streifzug Ein starkes Ziehen durchfährt meine Knochen, fühle wie meine Muskeln sich strecken, meine Sinne kurz verrückt spielen. Wenigstens ein Vorteil, den diese Verwandlung mit sich bringt, denn welcher normal sterbliche Mensch besitzt schon die Fähigkeit nachts wie eine Katze sehen zu können? Auch mein Gehörsinn ist ausgeprägter oder die Fähigkeit zu beurteilen, ob jemand eine aufrichtige oder eher hinterhältige Person ist. Tiere sind in diesen Dingen den Menschen meist ein ganzes Stück überlegen und ich bin es auch! Schwarz überzieht der feine Stoff meine Haut, als sich meine Kleider wie von Zauberhand bilden. Jetzt bin ich bereit. Bereit für die Jagd, denn das ist das einzige, was mich in dieser Situation besänftigen kann. So handhabe ich das immer, wenn mich das Verlangen nach einer Frau heimsucht, denn dem inneren Drang nachzugeben wäre alles andere als klug. Zu schnell vergeht wertvolle Zeit die man sinnvoller verwenden kann, als einem billigen Trieb zu folgen. Geübt ziehe ich mir mein Kopftuch über, denn bei meiner Jagd kann ich keine Zeugen gebrauchen. Ein letzter Blick aus der kleinen Seitengasse hinaus auf die Straße und los geht’s. Es ist nicht sonderlich schwer in der Dunkelheit auf offener Straße jemanden zu finden, mit dem man sich anlegen kann, in diesem Stadtteil besonders nicht, leben hier doch fast ausschließlich zwielichtige Typen. Und ein paar Kerle mehr auszuradieren die eh nur Scheiße im Hirn haben, kann schließlich nicht schaden. Ruffy wird es sicherlich verstehen, wenn ich es ihm erkläre. Nein, vermutlich muß ich es ihm gar nicht erklären, er kennt den Grund auch ohne große Erläuterungen meinerseits, denn er kennt mich und meine Denkweise. Mein Weg führt mich durch das schmutzige Hafenviertel, vorbei an dunklen Gestalten, Gestank und Betrug. Genau der richtige Ort, um etwas Dampf abzulassen. Meine Finger jucken schon, freuen sich auf den ersten Schlag. Präzise, hart, erbarmungslos. Meine Rache, meine Genugtuung, meine Befriedigung, die ich anders nicht erlangen kann. Lange muß ich auch nicht suchen, kann die bevorstehende Auseinandersetzung beinahe schon riechen, das Blut, das fließen könnte. Innerlich grinse ich breit, während ich nach außen hin völlig unbeabsichtigt zwei Männer anremple, die unauffällig ein paar Dollar gegen ein kleines Tütchen tauschen. Kleine Fische. Durch mein Erscheinen sichtlich gestört, bauen sich die beiden vor mir auf und ehe auch nur ein Wort gesprochen wurde, habe ich sie mit wenigen Faustschlägen zu Boden befördert. Nicht gerade die Art Gegner, die ich mir gewünscht hätte, aber ich will mal nicht so wählerisch sein. Mühsam rappeln sich die beiden wieder auf, einer zieht sogar ein kleines Messer, was mich noch immer nicht beeindruckt. Gibt es denn hier keine ernstzunehmenden Gegner? Leben hier nur Feiglinge und Schlappschwänze? Pah, dabei bin ich selbst ein Feigling! Verstecke mich hinter der Fassade eines kleinen Stubentigers, als müßte ich mich meiner bloßen Existenz schämen! Na ja, vielleicht muß ich das auch. Aber ist ein Fehltritt genetischer Experimente nicht auch Grund genug um sich verstecken zu müssen? Wer akzeptiert schon ein künstlich geschaffenes Monster, wie ich es bin? Lediglich Ruffy, weil er ein Herz aus Gold hat und einen Menschen nur nach dessen Charakter beurteilt, nicht nach seinem Erscheinungsbild. Aber wer interessiert sich für mein trauriges Herz? Für meine geschundene Seele? Von meinem abartigen Äußeren wage ich ja gar nicht zu sprechen. Wer? Wer denn bloß?! Hart schlage ich zu, betrachte dabei aber eher teilnahmslos den lädierten Körper meines Angreifers, der vor mir wie in Zeitlupe zu Boden geht, wo der andere bereits bewußtlos liegt. Ist das kein Beweis dafür, daß ich ein Monster bin? Keine Hemmungen zeige wenn es gilt jemandem Leid zuzufügen? Meine Seele wird nicht geliebt, weil sie grausam ist. Mein Körper wird nicht geliebt, weil er der Spiegel meiner Seele ist und mein Herz wird nicht geliebt, weil es in diesem verfluchten Körper bereits gestorben ist! Haßerfüllt starre ich auf meine Hände, sehe diese riesigen Pranken, die zu töten gelernt haben. Können sie denn nichts anderes? Nein? Wieso nicht? Ist es mein Schicksal den Racheengel zu spielen, bis daß ich sterbe? Sterben.... Ich habe Ruffy ewige Treue geschworen, das weiß er und ich halte mein Wort. Sollte ich eines Tages nicht mehr zu unserem Stützpunkt zurückkehren, dann nur weil ich tot bin, einen triftigeren Grund gibt es für mich nicht. Langsam wende ich mich ab und gehe meiner Wege. Meiner Wege oder nur irgendwelcher Wege? Gibt es überhaupt etwas, das wirklich meiner sicher ist? Die Hölle vermutlich! Ich beschleunige meine Schritte, verwandle mich dabei zurück in mein zweites Ich, diese winzige Kreatur, die ich doch so sehr verachte, aber hinter deren Fassade ich mich so oft verstecke. Immer schneller renne ich, spüre den rauhen Asphalt an meinen Pfoten wetzen wie feine kleine Nadelstiche, die unsichtbare Spuren hinterlassen. Als ob das Leben nicht schon genug Spuren an mir hinterlassen hätte, egal ob sichtbar oder unsichtbar. Wird das denn nie ein Ende nehmen? Ich erwarte doch gar nicht viel, nur ein bißchen Glück. Nur ein kleines bißchen. Aber so wie es im Moment mir erscheint, besteht mein einziges Glück in einer Flasche Alkohol. Soll ich mein Leben etwa im Delirium verbringen? Nein danke! In einem Satz springe ich auf eine alte Mülltonne und von dort weiter über eine Feuerleiter nach oben. Hoch über dem Hafenviertel stehe ich nun, tapse über dieses vergammelte Dach, einsam und zerrissen. Am Rand auf der gegenüberliegenden Seite angekommen springe ich auf den schmalen Rand und blicke nach unten. Nichts als grauer Beton. Ob etwas Rot darauf gut aussehen würde? Blut? Mein Blut? Langsam hebe ich die rechte Vordertatze, halte sie ein Stück weit über den Abgrund, der sich vor mir auftut. Ob dieses Gebäude wohl auch hoch genug ist, nicht daß ich gar nicht tot bin, wenn ich auf der Straße aufschlage. Aber wir scheiß Katzen müssen ja angeblich immer auf unseren Pfoten landen! Warum bin ich kein Hund? Ein elender Drecksköter, der jede Laterne anpinkelt, die ihm in den Weg kommt! Aber vielleicht habe ich ja wenigstens jetzt ein bißchen Glück, wenigstens in dem Moment, in dem mir hoffentlich die Lichter ausgehen. Kein Schmerz mehr, keine Gedanken die mein Gehirn zermartern, nur Ruhe. Wäre das nicht toll? Die Erfüllung meiner Träume? Und selbst wenn es das nicht wäre, schlimmer als dieses Leben kann der Tod gar nicht sein. „Shadow! Geh da runter! Bitte!“ ~Robin? Aber…~ Bin ich etwa zurückgelaufen? Irritiert blicke ich mich um und erkenne sofort das rote Backsteinhaus, aus dessen obersten Fenster Robin zu mir rübersieht. Ist das etwa Besorgnis, die ich in ihren Augen erkennen kann? Wegen mir? Wegen einem Monster? In einem Satz lasse ich mich fallen, spüre den Wind durch mein Fell streichen, bis ich das kleine Vordach kaum zwei Meter unter mir erreicht habe. Ich achte nicht wirklich auf den Weg, renne einfach den Vorsprung entlang bis zur Dachrinne, an deren Ablaufrohr ich nach unten rutsche, bis ich wieder den Asphalte unter meinen Pfoten spüren kann. Doch das interessiert mich nicht wirklich, überquere einfach bloß die Straße, um die Feuertreppe zu Robin’s Zimmer zu erklimmen. Ich will zu ihr, ganz nah bei ihr sein, auch wenn ich es nur als Kater darf. „Komm her, mein kleiner Schatz!“ Und als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt springe ich ihr in die Arme, drücke mich an sie, um ihren Herzschlag spüren zu können. Kapitel 12: Do you understand me? --------------------------------- Ich schäme mich fast ein bißchen, daß ich so lange für dieses Kap gebraucht habe und leider habe ich die Befürchtung, daß ich auch in Zukunft kaum schneller ein neues Kap hochladen werden kann. Vielleicht wißt ihr ja noch wenigstens ungefähr, um was es in dieser ff ging... 12. Robin Do you understand me? Erschossen, einfach so. Ein einzelner Schuß, eine tödliche Kugel und das grausame Schicksal dieses Mannes war besiegelt. Jetzt tut er mir leid, dabei habe ich ihm selbst in der Sekunde davor den Tod gewünscht oder zumindest, daß ihn jemand dazu bringt mit der Zerstörung unseres Wettbüros aufzuhören. Aber mußte es gleich auf diese Art und Weise sein? Die Boston Bruins hatten überraschend die Pittsburgh Penguins im Penaltyschießen bezwungen und somit war eine Wette, die zu Beginn des Spiels als todsicher galt, anders geendet als erhofft, das große Geld folglich ausgeblieben. Und während andere einfach frustriert ihren Wettschein zerrissen oder gar ihren Frust in einem kräftigen Schluck Wodka ertränkten, zog dieser zuerst recht unscheinbar wirkende Mann seine Waffe und feuerte auf die Monitore an der Wand. Das Zerbersten der Bildschirme, das laute Zischen der Kugeln, der ohrenbetäubende Knall und Nami und ich mittendrin. Wir verschanzten uns hinter der Theke, kauerten uns zusammen, in der wagen Hoffnung dieses Spektakel halbwegs unbeschadet überstehen zu können. Wir hörten Menschen kreischen, trampelnde Füße über den Boden rennen, Glas zerspringen und Worte, die wir nicht verstanden. Doch ein einzelner Schuß beendete das alles. Kein Geräusch war mehr zu hören, nur das Knirschen von kleinen Glasscherben, als etwas schweres haltlos zu Boden fiel. Nun könnte man meinen, ein Mord wäre eine schlimme Sache, aber nicht für Big Ed. Ich wußte schon immer, das unser Boß keine weiße Weste besitzt, aber noch nie hatte ich solche Angst vor ihm. Wenn der Tod eines Menschen einen anderen schon nicht mehr schockiert, läßt das doch unweigerlich darauf schließen, daß er schon öfters damit konfrontiert wurde, oder? Grob zerrte man uns auf die Beine, kaum daß eine Minute seit dieser Schreckenstat vergangen war und brachte uns hinaus auf die Straße, bis hin zu einem dieser dunklen Autos, die Ed’s Männer immer fahren. Man brachte uns nach Hause, aber nicht ohne uns eindringlich darauf hinzuweisen, daß wir besser ganz schnell vergessen sollten, was vorgefallen ist, sonst wären wir die nächsten. Ich hatte schon oft Angst, aber in den letzten beiden Stunden meines Lebens stand ich zum ersten mal kurz davor aus Furcht fast zu sterben. Und diese Angst bleibt. Nicht wegen der Kunden die durchdrehen könnten, sondern wegen Big Ed. Für ihn sind andere Menschen keinen Pfifferling wert und jederzeit austauschbar. Wie sollen Nami und ich nur so unsere Arbeit erledigen können, wenn wir künftig in Angst und Schrecken leben müssen? Ich möchte nicht eines Tages erschossen werden, auch wenn ich nur die Slums meine Heimat nennen kann, aber bin ich deshalb so viel weniger wert als andere? Gibt es denn keine Fairneß auf dieser Welt? Wütend zerre ich an dem Schiebemechanismus meines Fensters herum, spüre Tränen in mir aufsteigen; Tränen der Wut und Verzweiflung. Nur zu gerne würde ich schreien, toben, auch wenn es keinen Sinn hat. Wer würde mich schon beachten? Was würde das ändern? Laut quietschend bewegt sich der untere Teil des Fensters schließlich nach oben, Farbe blättert dabei ab und läßt endlich frische Luft in meine stickige Kammer. Geschickt klettere ich über meinen Schreibtisch nach draußen auf die Feuerleiter, hinaus ins Freie. Ich war noch nie hier draußen und wie mir scheint nicht ohne Grund. Das Geländer ist schmutzig und sicherlich auch verrostet, erweckt alles andere als einen sicheren Eindruck. Aber habe ich das wirklich erwartet? Habe ich ernsthaft geglaubt, daß es eine Sache in meinem Leben geben würde, die nicht wurmstichig oder marode ist? Fest umschließen meine Finger das Geländer, fühle den kalten Stahl, die scharfen Splitter an meiner Hand. Mein Blick wandert nach unten zur Straße, den Schlaglöchern, den Abfalltonnen, dem Dreck dieses Lebens. Ich bin bloß ein unwichtiger Teil davon. Ob Shadow das gleiche gesehen hat wie ich jetzt, als er drüben auf dem anderen Gebäude stand und nach unten sah? Ich hatte solche Angst um ihn, mehr als ich um mich selbst je hatte. Er ist mir so sehr ans Herz gewachsen und das, obwohl ich am Anfang dagegen war, daß Nami und ich die beiden Kater bei uns aufnehmen. Aber er würde auch ohne mich zurecht kommen, das weiß ich. Wenn ich nicht so feige wäre, würde ich aufhören über mein verkorkstes Leben zu philosophieren und einfach springen oder ich würde mir eine Pistole kaufen und alle Menschen umbringen, die Nami und mich bedrohen. Ist diese Vorstellung nicht erschreckend? Das Geländer bewegt sich ein Stück, nicht viel, aber unweigerlich genug, um mich zu erschrecken, ebenso wie die Gestalt die urplötzlich neben mir aufgetaucht ist und wie ich nach unten auf den Asphalt sieht. Grünes Haar, dessen unbändige Büschel wie Gras im Wind wehen und die ich nur verwundert anstarren kann. Teure Kleidung in schwarz gehalten, der Geruch von edlem Parfum; definitiv kein Bewohner dieses verwahrlosten Viertels. „Ich finde, wenn man hier oben steht, die Welt von ihrer schlimmsten Seite sieht, dann drängen sich unweigerlich zwei Fragen auf: Werde ich auch wirklich tot sein, wenn ich unten angekommen bin? und: Ist es die Welt überhaupt wert, daß man wegen ihr freiwillig in den Tod geht? Ich wage zu behaupten, daß die Antwort jeweils die selbe ist, nämlich nein.“ Verblüfft sehe ich ihn an, denn ich muß zugeben, ganz unrecht hat er nicht. Was ist, wenn ich springen würde und anschließend lebenslang in einem Rollstuhl sitzen müßte? Oder ich wäre tatsächlich tot und das nur, weil man mir ständig einreden will, ich sei nutzlos und unerwünscht. „Aber was wäre die Alternative?“ frage ich nach einer kurzen Minute des Schweigens zurück. „Das, was du dir wünschst.“ „Aber…wenn mir niemand meinen Wunsch erfüllen kann?“ „Dann mußt du ihn dir selbst erfüllen.“ „Ich…ich weiß nicht, ob ich das schaffe.“ Er lacht. „Na wenn du es nicht kannst, wer sollte es sonst können? Du kannst nicht darauf warten, daß sich die Welt von selbst ändert, denn das wird sie nicht. Sie ist nun mal schlecht, also hilf dir selbst, bevor du ihr zum Opfer fällst.“ Er wirkt wütend, oder sollte ich eher aufgebracht sagen? Wer ist er überhaupt? Ich habe ihn noch nie hier gesehen, doch seine Stimme…ich habe sie schon einmal gehört. Es ist schon ein Weilchen her, ein paar Monate bestimmt, doch auch sein Gesicht sagt mir nichts. Dennoch… „Du hast sie umgebracht!“ Die Erkenntnis trifft mich wie ein Schlag, treibt meinen Adrenalinspiegel ein weiteres Mal in schwindelerregende Höhen. Bleibt mir heute denn gar nichts erspart? Das muß der Mann sein, der die beiden Männer erstochen hat, die mich vor einiger Zeit auf meinem Nachhauseweg überfallen haben. „Da hast du vollkommen recht. Aber wie mir scheint, wäre es dir lieber gewesen, ich hätte dich den beiden überlassen, oder? Was sie wohl mit dir angestellt hätten?“ „Hör auf!“ „Was denn nun? Auf der einen Seite wirfst du mir vor, ich hätte sie nicht töten dürfen, aber allein beim Gedanken daran, was passiert wäre wenn ich nicht eingegriffen hätte, zitterst du wie Espenlaub. Meinst du denn nicht, daß es im Endeffekt am besten war, die beiden ins Jenseits zu befördern? Du wärst garantiert nicht ihr letztes Opfer gewesen.“ Ich zittere wirklich! Mir ist das die ganze Zeit über nicht aufgefallen, weil ich wie unter Strom stehe, aber nun da er mich darauf aufmerksam werden ließ, spüre ich es überdeutlich. Außerdem habe ich schon seit Stunden nichts mehr gegessen, mein Kopf schmerzt, weil ich einfach am Ende meiner Kräfte bin. Erschöpft lehne ich mich mit dem Rücken gegen das Geländer, fahre mir mit der Hand über das Gesicht, um meine körperliche Erschöpfung besser unter Kontrolle zu bekommen, aber es gelingt mir nicht wirklich. Der heutige Tag war einfach zu viel und er scheint noch lange nicht zu Ende zu sein. „Geh besser wieder in dein Zimmer, die Feuerleiter ist nicht besonders sicher.“ „Kann dir doch egal sein.“ murmle ich vor mich hin. Spielt es überhaupt eine Rolle, wer oder was mich heute umbringen wird? „Wieso sagst du so etwas? Denkst du etwa, ich hätte dich umsonst gerettet?“ „Woher soll ich das denn wissen? Womöglich hast du die ganze Zeit nur auf einen passenden Moment gewartet, um mich höchst persönlich auszuschalten. Aber mich würde vermutlich eh keiner vermissen…“ Es schmerzt und brennt. So schnell konnte ich gar nicht reagieren, wie er mir eine Ohrfeige verpaßt hat. Wieso nur? „Es gibt nicht viele Menschen auf dieser Welt, die ein ehrliches Herz besitzen, aber du bist einer von ihnen, also wirf dein Leben nicht weg, es wäre schade darum.“ „Und das sagt ausgerechnet ein Mörder?“ „Wer könnte es besser wissen?“ Kapitel 13: Bittere Rache ------------------------- 13. Robin Bittere Rache Ich habe den Eindruck, daß Shadow jetzt nicht mehr ganz so traurig ist wie in den letzten Tagen. Keine Ahnung wie ich darauf komme, schließlich heißt es doch immer Tiere hätten keine Mimik, da sie nicht denken können. Wenn ich jetzt, wo ich selbst ein Haustier besitze, so über diese Aussage nachdenke, dann gelange ich unweigerlich zu dem Entschluß, daß sie von jemandem stammen muß, der sich nie wirklich mit Tieren beschäftigt hat. Allein wenn ich Shadow zu einem kleinen Kampf herausfordere, er mit seiner Pfote nach mir schlägt, gewinne ich stets den Eindruck, daß er exakt weiß was er tut. Noch nicht einmal hat er seine Krallen gegen mich verwendet oder mich gebissen, sondern war vorsichtig, fast so als wisse er ganz genau, daß er mir sonst wehtun würde. Möglich wäre natürlich auch, daß ich bereits zu einer dieser schrulligen Damen geworden bin, die ihr Haustier als eine Art Ersatz für ihren fehlenden Lebenspartner ansehen und deshalb zwischen Fiktion und Wirklichkeit nicht mehr unterscheiden können. Aber das glaube ich eigentlich nicht, schließlich wünsche ich mir jemanden der mich versteht, der mich in den Arm nimmt und reden kann, nicht nur miauen und knurren. Obwohl, süß ist das schon. Vorsichtig kraule ich den kleinen Kater neben mir auf dem Bett am Kopf, registriere dabei wie er zufrieden seine Augen geschlossen hält, ganz zu schweigen von seiner äußerst entspannt wirkenden Körperhaltung. Er liegt auf der Seite, alle vier Pfoten von sich gestreckt, aber dennoch schmiegt er seinen Rücken eng an meinen Oberkörper. Er scheint sich richtig wohl zufühlen. Ob er sogar schläft? Doch diesen Gedanken verwerfe ich recht schnell wieder, denn eines seiner Ohren richtet sich plötzlich auf, dreht sich ein bißchen, so als würde es eine Lärmquelle orten. Keine Sekunde später schlägt Shadow die Augen auf, hebt den Kopf und bevor ich mich auch nur den Hauch einer Spur wundern kann, ist er in einem Satz hochgesprungen und durch das Dachfenster über meinem Bett nach draußen geflüchtet. Was er wohl gehört hat? Einen Vogel? Snowflake? Ich muß zugeben, um manche Fähigkeiten beneide ich gewisse Tierarten, so wie besser hören oder sehen zu können. Allerdings habe ich auf der anderen Seite wieder Mitleid mit ihnen, denn als Mensch ist der Gestank in diesem Viertel schon kaum zu ertragen, wie muß es da erst einem Hund ergehen? Ich drehe mich auf den Rücken, wobei mein Blick unweigerlich zu dem kleinen Dachfenster über mir wandert. Aber außer dem wieder einmal grauschwarzen Himmel ist nichts zu erkennen, von Shadow keine Spur. Wo er nur hingegangen ist? Na ja, er wird schon wiederkommen. Ich darf einfach nicht außer Acht lassen, daß er im Grunde seines Herzens ein kleines Raubtier ist, kein Schmusetiger. Ein lautes Knarren auf der Feuerleiter vor dem Fenster über meinem Schreibtisch holt mich zurück in die Realität, so daß ich mich doch ein wenig verwundert aufrichte. Ob einer der Nachbarn besoffen auf der Leiter hockt? Das hätte mir gerade noch gefehlt! Entschlossen stehe ich auf, um den kleinen Riegel vorzuschieben, nicht daß einer dieser Spinner noch auf dumme Gedanken kommt und mir wieder ein Ständchen singen will, so wie letztes Frühjahr, als die drei Typen zwei Stockwerke tiefer Wahrheit oder Pflicht gespielt haben. Wohl bemerkt morgens um fünf! Man sollte meinen sie wären zu alt für diesen Unsinn. Ich beuge mich über die Tischplatte und angle mit den Fingern nach dem verrosteten Haken und versuche mir dabei möglichst keinen Splitter von dem morschen Holz einzufangen, was angesichts der Baufälligkeit dieses Hauses gar nicht so einfach ist. Doch gerade als ich den Riegel erwischt habe, wird das Fenster von außen hochgeschoben und das breite Grinsen eines unrasierten Mannes blickt mir entgegen. Perplex und zu keiner Regung fähig starre ich in die blaugrauen Augen, die mir allzu bekannt erscheinen. Mr. Willings? Ein harter Schlag trifft mich ins Gesicht, läßt mich rückwärts taumeln, höre aber gleichzeitig das laute Knarren meines Schreibtisches, das wie Donner in meinen Ohren hallt. Panik überfällt mich, die nackte Angst um mein erbärmliches kleines Leben, das ich zwar kaum leiden mag, aber an dem ich dennoch hänge, denn daß Mr. Willings kaum hier ist, um mir eine gute Nacht zu wünschen, steht außer Frage. Er war einer von Big Ed’s Buchmachern, zumindest solange, bis ich ihn und seinen Kumpel bei Big Ed angeschwärzt habe, weil sie Geld unterschlugen. Ich hätte es ja für mich behalten, aber damals sah ich darin meine einzige Chance den schmierigen Fingern meines aufdringlichen Chefs zu entrinnen. Hätte ich doch bloß meine Klappe gehalten! Mühelos zerrt mich mein Angreifer auf die Beine, schlägt mir erneut ins Gesicht, daß meine Haut brennt wie Feuer. Doch der nächste Schmerz läßt nicht lange auf sich warten, gewährt mir kaum Zeit mich zu verteidigen. Ein kräftiger Stoß, ich taumle, bis mein Sturz vom harten Beton einer Wand abrupt gestoppt wird. Mein Schädel dröhnt, meine Knie zittern, denn daß der Albtraum erst begonnen hat wird mir spätestens in dem Moment klar, als ich Mr. Willings Atem direkt an meinem Ohr spüre und seine erhitzte Stimme höre. „Du hinterhältiges kleines Miststück, ich werde dir zeigen was es bedeutet einen Kollegen zu verraten.“ Wieder schlägt er zu, spüre die Wucht seiner Faust, aber der Schmerz geht nahezu unter in meinem sicherlich bereits geschwollenen Gesicht. Taub fühlt es sich an, als wäre das Leben längst daraus entflohen. Aber ohnehin ist die Angst in mir viel größer als jeder Schmerz, die Ungewissheit, was Mr. Willings plant. Zwar war er bei Big Ed als Buchmacher beschäftigt, aber durch die Ereignisse der vergangenen Tage wurde mir klar, daß keiner meiner Kollegen davor zurückschreckt Gewalt anzuwenden. „Du wirst mir jeden Cent zurückzahlen, den Big Ed mir genommen hat! Du kleine Schlampe dachtest wohl, daß du mit deinem Verrat durchkommen würdest, aber da irrst du dich! Rache ist süß und du kannst dir sicher sein, daß ich jeden Moment genießen werde, den du unter mir leiden wirst.“ Fest umschließt seine Hand meinen Hals, drückt mir die Luft ab. Wild schlage ich um mich, strample mit Armen und Beinen, aber ich habe keine Kraft. Es ist Monatsende und Nami und ich haben kaum Geld für Essen. Heute Morgen bestand unser Frühstück aus einem alten Brötchen vom Vortag. Man bekommt sie im Supermarkt zum halben Preis; ein beliebtes Nahrungsmittel in dieser Wohngegend. Er stößt mich zu Boden, ringe dabei nach Atem, doch dazu bleibt mir kaum Zeit. Seine Alkoholfahne schlägt mir ins Gesicht, schürt noch mehr die Angst in mir, denn niemand ist unberechenbarer als ein Mann, der sich nicht mehr unter Kontrolle hat. „Tausend Dollar hat Ed mir abgenommen. Die fünfhundert, die ich ihm schuldete und weitere fünfhundert Zinsen, wie er es nannte. Hast du eine Vorstellung davon wie viel Geld das ist? Nein, dafür bist du viel zu dumm! Aber ich werde es dir zeigen, damit du es nie wieder vergisst!“ Ein Ruck, Stoff der zerreißt und meine Seele erstarren läßt. Ich will sterben!! „Jeden Freitag treffe ich mich mit der kleinen Mina. Sie mag nicht ganz so hübsch sein wie du, aber sie versteht ihr Geschäft, wenn du weißt, was ich meine. Und tausend Dollar wären zehn Freitage gewesen, an denen ich meiner Mina einen Besuch hätte abstatten können. Wir hätten uns beide darüber gefreut, aber daraus wurde ja nichts! Und dafür wirst du bezahlen, indem du für mich die kleine Mina spielst. Ein schöner Gedanke, nicht wahr? Aber wir wissen beide, daß du ihr nicht das Wasser reichen können wirst und fügsam zeigst du dich auch nicht, weshalb ich von dir, so wie Big Ed es von mir verlangte, Zinsen fordere. Hundert Prozent halte ich für angemessen, du nicht auch? Und was heißt das für dich? Zwanzig mal werde ich dich nehmen und zwanzig mal wirst du dich an mein Gesicht erinnern wenn du dir wünschst, daß du lieber tot wärst. Doch diesen Gefallen werde ich dir nicht tun. Du sollst leiden!“ Nie klang das öffnen einer Gürtelschnalle lauter, das Surren eines Reißverschlusses, wie in diesem Moment. Und das erste Mal in meinem Leben wünsche ich mir eine Waffe und den Mut einen Mord begehen zu können. Gnadenlos will ich ihm ein Messer zwischen die Rippen stoßen, sein kaltes Herz durchbohren und anschließend auf ihn spucken. Niemand hat das Recht einen anderen zu quälen, aber in diesem Moment der absoluten Hilflosigkeit wird mir bewusst, daß es Menschen gibt die nur die Sprache der Gewalt verstehen und man sich nicht anders gegen sie verteidigen kann. Fest presse ich meine Beine zusammen, denn kampflos werde ich mich nicht ergeben, obwohl meine Chance ihm zu entkommen eher gering sein dürfte. Dennoch, auch wenn man mir immer einredete Frauen hätten nicht genug Kraft um gegen einen Mann bestehen zu können, aufgeben käme Selbstmord gleich. Wie Pranken umschließen seine Hände meine Arme, während er mit seinen Beinen versucht zwischen meine zu kommen, doch noch bin ich mit meiner Kraft nicht am Ende. Ich werde kämpfen! Trotzdem fließen Tränen der Verzweiflung, der Reue und der Wut über mein Gesicht, begleitet vom leisen Ächzen meines Peinigers und einer merkwürdigen Wärme, die sich über meinen Bauch ergießt. Kapitel 14: Lieblingsworte -------------------------- Nachdem ich schon die ein oder andere Anfrage hatte, ob ich meine FFs abgebrochen hätte, bin ich froh, endlich dieses Kap abgeschlossen zu haben. Ich hoffe, ihr seid es auch ;) Leider habe ich immer noch sehr wenig Freizeit und komme deshalb auch kaum zum Schreiben, weshalb es leider sehr lange dauert, bis ich wieder etwas neues hochladen kann. Viel Spaß beim Lesen Eure Stoechbiene 14. Sanji Lieblingsworte Verfahrensfehler. Es gibt zweifelsohne in jeder Sprache dieser Erde Worte, die sich mehr oder weniger einer gewissen Beliebtheit erfreuen. Liebe, Frieden, Sex. Dieses Wort dagegen hasse ich zutiefst. Es zeigt mir immer wieder, wie wenig Gerechtigkeit bei einer Urteilsfindung eine Rolle spielt, als vielmehr Formulare und Förmlichkeiten. Als ob sich ein Mörder bei seinen Taten an irgendwelche Regeln von Sitte und Anstand halten würde. Für mich haben solche Menschen ihr Recht auf politische Korrektheit, besonders wenn es sich dabei um ein lausiges Stückchen Papier handelt, verwirkt. Die meisten sollten sich dagegen lieber glücklich schätzen, daß es die Todesstrafe nicht mehr in jedem Land gibt. Obwohl, dafür sind wir ja da, normalerweise. Doch heute habe ich mich erdreistet und Zorro zu einem Tag Zwangsurlaub verdonnert. Er hat nicht einmal dagegen protestiert. Ein eindeutiges Zeichen dafür, daß es ihm im Moment nicht ganz so gut geht wie er vorgibt, aber das kennt man ja von ihm. Bloß nicht zugeben, daß er auch mal eine kleine Auszeit benötigt. Es könnte ja sonst jemand auf die absurde Idee kommen und ihm Menschlichkeit unterstellen zu wollen. Jedem anderen könnte man diese Eigenschaft zuschreiben, aber doch nicht Mr. Lorenor! Wo kämen wir denn da hin? Mir jedoch kann er nichts vormachen, weiß ich doch längst was sein Problem ist. Nun gut, im Grunde ist es auch nichts wirklich neues, denn seine Verschlossenheit führt ihn stets von Zeit zu Zeit an einen Punkt, an dem ihn seine Einsamkeit von innen zerfrißt und er beginnt seine ganze Existenz in Frage zu stellen. Ruffy ist dann meist der einzige, den er in seine Nähe läßt, oder aber er hat einfach schon resigniert, denn unseren Anführer abzuschütteln ist nahezu eine Sache der Unmöglichkeit, ist er doch an Penetranz kaum zu überbieten. Eine liebenswerte wie gleichsam nerv tötende Eigenart an ihm. Aber nun befinden wir uns weit weg von unseren Freunden und unserem Zuhause, so daß Zorro allein klarkommen muß. Na ja, fast. Er denkt nur immer er sei allein, auch wenn er das gar nicht ist, aber irgendwann wird auch er das begreifen. Ein letztes Mal ziehe ich an meiner Zigarette, zertrete den Stummel auf der regennassen Erde, ehe ich aus dem Schatten der Bäume trete und über die Straße gehe. Hier in dieser Straße, die eigentlich viel zu friedlich wirkt, wurde vor etwas mehr als einem Jahr eine Frau und ihre dreijährige Tochter erschossen. Der Ehemann wurde zwar schnell als Täter ausgemacht, aber ein lausiger Verfahrensfehler schenkte ihm heute Morgen die Freiheit. Weil ein Gerichtsdiener vergessen hatte das Protokoll der Hauptverhandlung zu unterschreiben, das muß man sich mal vorstellen! Aber nun gut, Justiz ist eben nicht gleich Gerechtigkeit. Und anscheinend kann auch niemand von Justitia verlangen, daß sie endlich ihre Augenbinde abnimmt und darüber wacht, was dieser Kerl hier in dieser friedlichen Wohngegend kriminelles zu tun gedenkt. Dabei dürfte selbst dem dümmsten Staatsanwalt klar sein, daß dieser Kerl auf das aus ist, was ihm das letzte Mal entgangen ist. Laut seiner eigenen Aussage bei Gericht, sei das einzige was ihm leid täte, daß er seinen Sohn nicht ebenfalls erschossen hätte. Der Kleine war bei seiner Tante zu Besuch gewesen, die gerademal drei Häuser weiter runter die Straße wohnt. Er und sein Cousin zelteten im Garten, hörten dabei sogar die Schüsse und dachten, jemand würde in der Nähe ein Feuerwerk zünden. Die grausame Wahrheit sah anders aus. Der Anblick seiner toten Mutter und Schwester verfolgt den Jungen noch heute, so daß er sich noch immer in psychologischer Betreuung befindet, um wenigstens zu lernen mit seinem Verlust umzugehen, denn vergessen wird er die beiden wohl nie können. Ich folge meinem Opfer durch die Gärten der Häuser, schleiche ihm nach, um einen passenden Moment abzuwarten, um ihn zu erledigen. Zwar hätte ich kein Problem damit ihn auf offener Straße zu töten, aber es ist immer von Vorteil so wenig wie möglich die Aufmerksamkeit anderer auf sich zu ziehen. Je weniger die Öffentlichkeit über uns weiß, desto besser. Wir brauchen keine Politiker, die gleich mit dem Wort Terrorismus und Verschwörung um sich werfen und keine Polizisten, die versuchen Helden zu spielen. Von den Spinnern der Geheimdienste fange ich erst gar nicht an. Kurz halte ich die Luft an, als ich im diffusen Licht einer kleinen Gartenlaterne den kühlen Stahl eines Pistolenlaufs aufblinken sehe. Offensichtlich soll der Junge ebenfalls erschossen werden. Aber nicht wenn ich das zu verhindern weiß! Ein wenig beeile ich mich, denn es wäre alles andere als klug wenn ich meine Tat im Garten der mutmaßlichen Opfer begehen würde. Wie gesagt, die Polizei hat manchmal so ihre ganz eigenen Theorien und Vorgehensweisen, da wäre der tote Ex-Häftling im Garten seiner Schwägerin ein gefundenes Fressen. Schnell laufe ich durch das Unterholz, greife im Vorbeigehen nach einem Stein, den ich nach meinem Opfer werfe, ehe ich hinter dem Stamm eines Baumes Deckung suche. Ein Gegner mit Pistole ist schwieriger zu entwaffnen als einer, der lediglich ein Messer bei sich trägt. Getroffen von einem unbekannten Flugobjekt dreht sich der hagere Mann um, die Pistole dabei schussbereit. Misstrauisch beäugt er den fremden Garten, ehe er in gebückter Haltung in meine Richtung läuft. Zwar glaube ich nicht, daß er mich gesehen hat, aber er wird sich schon in etwa ausrechnen können, aus welcher Richtung ihn der Stein getroffen hat. Geduldig warte ich bis er an mir vorbeigelaufen ist, mir den Rücken zuwendet, ehe ich ihm die Pistole aus der Hand trete und mich auf ihn stürze. Es muß schnell gehen, denn je länger ein Kampf anhält, desto größer werden die Chancen meines Opfers auf einen Gegenschlag. Zorro sagt immer, es ist das Mitleid, das einen Gewinner von einem Verlierer unterscheidet. Schnell schlage ich meinem Opfer ins Gesicht, höre es aufstöhnen, doch ich darf mich nicht von solch unwichtigen Details ablenken lassen. Zudem könnte jederzeit ein Bewohner dieser Siedlung auf uns aufmerksam werden und das könnte ich nun wirklich nicht gebrauchen. An den Haaren zerre ich den Mann hoch, packe mir einen seiner Arme, den ich ihm auf den Rücken drehe, ehe ich mir gedanklich nochmals vorbete, daß dieser Kerl den Tod mehr als alles andere verdient, erst dann schupse ich ihn in Richtung eines großen Zierbrunnens. Er ahnt was ihm blüht, schimpft mich einen elenden Bastard, doch seine wütenden Worte ersticken unter der Wasseroberfläche, als ich seinen Kopf in das kühle Nass tauche. Heftig strampelt er mit den Beinen, sein freier Arm versucht nach mir zu greifen, aber ich werde ihn nicht loslassen. Der Kampf dauert an, aber die Gegenwehr wird schwächer, bis sie schließlich ganz zum erliegen kommt. Dennoch lasse ich mein Opfer nicht los, drücke ihn weiter beharrlich unter Wasser, nicht daß er eine Finte versucht. Als ich endlich meinen Griff lockere, ist längst jeglicher Rest Lebens aus dem Körper des Mannes verschwunden und nur seine leblose Hülle liegt wie ein nasser Sack über den Rand des Brunnens gebeugt. Der kleine nackte Junge aus Bronze pinkelt voller Hohn auf ihn herab und ich hoffe, daß das Lächeln des Jungens, dessen Leben nun verschont geblieben ist ebenfalls voller Freude sein wird, wenn er künftig ohne Angst weiterleben kann. Kurz fahre ich mir durch mein Haar, erst dann zünde ich mir eine Zigarette an und begebe mich auf den Weg Richtung Straße. Der Job war beschissen und ein bißchen schleicht sich bei mir der Neid ein, schließlich liegt Zorro bestimmt schon den ganzen Abend bei Robin im Bett und läßt sich von ihr den Bauch kraulen. Ob Nami ebenfalls auf mich wartet? Ich weiß es nicht. Unser Verhältnis zueinander ist anders als das von Robin und Zorro. Ich darf auch nicht bei ihr im Bett schlafen, sondern in einer Art Körbchen, das sie für mich bereitgestellt hat. Manchmal habe ich den Eindruck sie verwechselt mich mit einem Hund, aber ich will mich nicht beschweren, immerhin werde ich durch ihren Anblick genug entlohnt. Ob mein Bruder Robin schon mal in Unterwäsche gesehen hat? Nun, zumindest ist er hin und wieder von einer ungewohnten Peinlichkeit berührt, die mich doch zu der ein oder anderen Spekulation veranlaßt. Ich kann nicht leugnen, daß es mich freut ihn derart hilflos zu sehen, immerhin kann er es ebenfalls nicht unterlassen mir jede meiner Schwächen, egal wie klein und unbedeutend sie auch sein mag, einzeln vorzuhalten. So sei mir dieser Moment der Genugtuung gegönnt. Beschwingt durch dieses winzige Gefühl der spontanen Überlegenheit über meinen Bruder, verdränge ich gekonnt meine Schuldgefühle, die mich nach der Ermordung eines Menschen oft heimsuchen. Auch wenn ich im Grunde weiß, daß ich nur wirkliche Verbrecher richte und ich somit indirekt das Leben Unschuldiger rette, so bleibt es dennoch Mord und skrupellos bin ich nun mal nicht. Irgendwo tief in meinem Herzen empfinde ich selbst für einen Mörder ein Fünkchen Mitgefühl. Kurz werfe ich den Kopf in den Nacken, betrachte den grauschwarzen Nachthimmel über mir und suche dabei vergeblich nach einem Stern der mir Trost spendet. Zuhause sieht man sie fast immer, blau glitzernd und friedlich am Himmelszelt. Ein wenig Heimweh steigt in mir empor, die Sehnsucht nach meinen Freunden und dem Frieden, der in ihrer Nähe herrscht. Die Abende sind lustig und unterhaltsam, zwanglos, denn jeder gibt sich wie er ist. Ein solches Verhalten ist in Großstädten wie dieser undenkbar. Das äußere Erscheinungsbild steht hier ganz oben, innere Werte folgen erst viel später. Manchmal mag das bequemer sein, aber im Grunde tun mir diese Menschen leid, denn sind sie nichts weiter als leere, seelenlose Hüllen, die die wahren Schönheiten des Lebens nie kennenlernen werden. Ein bißchen so wie der Tote im Brunnen. Die Gebäude um mich herum werden dunkler, die Anstriche verschmutzt, beschmiert oder gar nicht erst vorhanden. Schlaglöcher in den Straßen, fehlende Fahrbahnmarkierungen, Abfall neben statt in den Mülltonnen und düstere Gestalten, die mich aus dem Hintergrund beäugen. Es sieht so aus, als hätte ich mein Domizil erreicht. Im Schatten eines unbeleuchteten Hauseinganges verwandle ich mich zurück in meine Katzengestalt, ehe ich die Straße überquere und dabei umsichtig nach links und rechts sehe. Ich bin müde und eigentlich besteht mein einziger Wunsch im Moment darin mich in mein Körbchen nahe Nami’s Bett zu kuscheln und bis zum Morgen durchzuschlafen. Aber vorher werfe ich noch einen Blick auf Zorro! Ich will sehen wie er tief und fest schläft, keine Zornesfalte dabei seine Stirn ziert und er friedlich träumt. Sein Herz den Frieden findet, der ihm am Tag verwehrt bleibt. Guten Mutes springe ich auf die Feuerleiter, klettere nach oben und werfe dabei neugierige Blicke in die Fenster der anderen Mieter. Wenn man wie ich ein bißchen neugierig ist, ist es schon von Vorteil, sich in eine Katze verwandeln zu können, schließlich fühlt sich niemand durch ein Tier bedroht. Doch in diesem Haus gibt es selten etwas wirklich Interessantes zu sehen, meistens Müllberge, schmutziges Geschirr und ebenso unreine Mitbewohner. Nun, jedem das seine, Hauptsache ich muß so nicht leben. Wir Katzen sind eben reinliche Tiere, selbst wenn wir gar keine richtigen Katzen sind. Ich entschließe mich spontan dazu den Weg des geringsten Widerstands zu wählen und Zorro durch Robin’s Fenster aus zu beobachten. Andernfalls wird er nur wach und geht auf mich los. Ich kenne niemanden außer meinem Bruder, der so unleidlich nach dem Aufstehen ist wie er. Fast schon krankhaft. Und doch bereitet es mir immer wieder Spaß ihn zu ärgern. Oben angekommen wundere ich mich einen Moment über das offene Fenster, immerhin ist es nachts recht kühl, oder aber Robin wollte für meinen Bruder die Option offen halten, daß er ihr Zimmer immer verlassen kann, wenn er möchte. Oder ist er wieder abgehauen? Ein Satz und ich sitze auf der alten Fensterbank und sehe ins Innere des Raumes. Aber anstatt einer schlafenden Schönheit und eines kleinen Katers sehe ich die großgewachsene Gestalt meines Bruders, der mit gezücktem Schwert inmitten dieses beengten Zimmers kniet und Robin im Arm hält. Sicherlich ein Anblick der mich normalerweise erfreuen müßte, aber die Leiche am Boden und das blutverschmierte Laken in das Robin eingehüllt ist, gefallen mir gar nicht. Aber wenigstens scheinen wir von Glück reden zu können, daß Zorro und ich nicht gemeinsam heute Nacht unterwegs waren, andernfalls… Nein, darüber denke ich jetzt besser nicht nach. Kapitel 15: Altes Leid ---------------------- 15. Sanji Altes Leid Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll. Auf der einen Seite möchte ich helfen, auf der anderen aber nichts falsches tun. Mein Bruder ist kein einfacher Mensch, kein leicht zufriedenzustellender Charakter. Ihm gar eine Freude zu bereiten erscheint mir manchmal unmöglich. Materieller Besitz ist in seinen Augen unnötig und Geburtstage eine mehrstellige Zahl im Kalender des Lebens. Aber er ist und bleibt nun mal mein Bruder, weshalb ich es noch immer nicht aufgegeben habe mich um ihn zu bemühen. Na ja, mit Alkohol kann man ihn oft gnädig stimmen, aber ich wage zu bezweifeln, dass ein gehaltvolles Getränk in diesem Moment dienlich wäre. Ein weiterer Mord ist geschehen und katapultierte Zorro an einen Ort in seinen Erinnerungen, den er sicherlich nie vergessen wird. Man sagt, die Zeit heilt alle Wunden, doch ich weiß, dass diesbezüglich für meinen Bruder noch nicht genug Zeit vergangen ist. Wir waren zwar noch Kinder, aber zu diesem Zeitpunkt war unsere Kindheit bereits vorbei. Als die einzigen beiden Chimären, die dieses Experiment überlebten, lag es an uns den eigentlichen Plan unserer Schöpfer zu verwirklichen. Sie bildeten uns zu Kämpfern aus, denn wir sollten auf alle Eventualitäten vorbereitet sein, hieß es. Was auch immer das bedeuten mochte, denn soweit kam es zum Glück nie, denn Ruffy befreite uns aus dieser Hölle. Doch so dankbar ich ihm dafür auch bin, manchmal wünschte ich, er wäre ein paar Tage eher gekommen. Zorro liebte den Kampf mit dem Schwert und zeigte unglaubliches Interesse an jeder Facette dieser Kampfkunst. Er bekam sogar Einzelunterricht, denn sein kämpferisches Talent sollte gefördert werden. Es dauerte auch nicht lange und er bezwang seinen Meister mit einer Leichtigkeit, die mich gleichermaßen erschreckte wie freute. Nur an dessen Tochter biss er sich die Zähne aus. Aber obwohl die Niederlage ihn jedes Mal wurmte, an aufgeben war für ihn nicht zu denken. Zudem probierten die beiden immer neue Techniken aus, animierten sich gegenseitig und spornten sich zu neuen Höchstleistungen an. Und auch wenn wir noch jung waren, so hatte ich damals dennoch den Eindruck, dass mein Bruder ein wenig verschossen war in dieses Mädchen. Leider, muss man fast sagen, denn wäre dem nicht so gewesen, wäre meinem Bruder sicherlich eine weitere schreckliche Erinnerung erspart geblieben. „Gefühle stehen einem guten Kämpfer nur im Weg.“ Diese Worte hallen noch immer in meinem Kopf, ebenso der Schuss, der ihr junges, unschuldiges Leben auslöschte. Zorro war ihr in einem Kampf, mal wieder, unterlegen gewesen, was ihn unheimlich wütend auf sich selbst werden ließ, aber in seinen Augen konnte ich den Ehrgeiz erkennen, der mich wissen ließ, dass er niemals aufgeben würde, nicht bevor er sie nicht besiegt hätte. Doch an diesem Tag endete die Freundschaft dieser ewigen Kontrahenten auf tragische Weise. Und wie die Kugel Kuina’s Herz durchbohrte, hörte Zorro’s auf zu schlagen. Ich glaube, es war auch dieses einschneidende Erlebnis, dass ihn seinen Respekt vor den Frauen verlieren ließ, denn es war die Wissenschaftlerin, die Kuina tötete und meinen Bruder dadurch bewusst werden ließ, dass Frauen keinen Deut besser sind als Männer und auch nicht mehr Skrupel besitzen als diese. Doch heute Abend hat Zorro es wieder gespürt, das Schlagen seines Herzens. Die Angst um eine geliebte Person, dass er wieder verdammt war dabei zuzusehen wie ein unschuldiges Leben vor seinen Augen ausgelöscht wird. Doch inzwischen ist viel Zeit vergangen. Aus dem kleinen Jungen der er war, ist ein erwachsener Mann geworden und ein starker Kämpfer dazu. Für ihn dürfte der Eindringling kein allzu schwieriger Gegner gewesen sein, aber ich könnte mir vorstellen, dass ihn die Gesamtsituation auf eine harte Probe stellt. Schon seit einiger Zeit beobachte ich mit wachsendem Interesse Robin und Zorro, wie viel Zuneigung sie inzwischen für einander entwickelt haben und auf welche Art und Weise sie diese auch zeigen. Zwar weiß auch ich, dass Robin’s Zuneigung der tierischen Seite meines Bruders gilt, aber selbst für diese hat auf all unseren Reisen kaum jemand etwas übrig gehabt. Ein schwarzer, widerspenstiger Kater lässt eben selten Menschenherzen höher schlagen, zumal Zorro sich noch nie die Mühe gemacht hat irgendjemandem gefallen zu wollen. Ihm reichte stets ein ruhiger, trockener Schlafplatz, Streicheleinheiten waren etwas für Schwächlinge. Und auch Robin, die anfänglich überhaupt nicht von der Idee begeistert schien plötzlich ein Haustier zu haben, hat ihn tief in ihr Herz geschlossen. Es vergeht inzwischen wohl keine Nacht mehr, in der die beiden nicht zusammen in Robin’s Bett liegen, eng aneinander gekuschelt, und friedlich schlafen. Selbst wenn Zorro und ich auf Streifzug gehen, das Fenster zu ihrem Zimmer ist immer einen Spalt breit für ihn geöffnet. Doch heute Nacht konnte Robin von Glück reden, dass ihr kleiner Gefährte eben doch mehr ist als ein harmloser Straßenkater. Wüsste sie über sein wahres Ich Bescheid, nun ich wage zu bezweifeln, dass er dann noch eine Nacht bei ihr verbringen dürfte. Wortlos trete ich meinem Bruder gegenüber, der noch immer damit beschäftigt ist die Spuren dieser Bluttat zu entfernen. Robin’s Bett, ein einfaches Drahtgestell mit Matratze, hat er zur Seite geschoben um den halb darunterliegenden Teppich zusammenrollen zu können, die Leiche des Eindringlings darin verborgen. Eifrig ist er in seine Arbeit vertieft und die Verbissenheit, die ich dabei in seinem Gesicht erkennen kann, bestätigt nur wieder meinen Verdacht, dass er stärker emotional betroffen ist, als er zuzugeben bereit ist. In so einem Fall darf man sich auf keinerlei Diskussionen mit ihm einlassen, ihm gar die Möglichkeit bieten, sich aus der Affäre zu ziehen. Hat er sich erst einmal in sein Schneckenhaus verkrochen, kann es mitunter sehr lange dauern, bis er daraus wieder hervorkommt. Wortlos buckle ich mir das Teppichpaket auf den Rücken, kämpfe dabei ein wenig mit dem Gleichgewicht, ist es doch alles andere als leicht mit dieser Last beladen meinen Bruder mit einem Bein in Schach zu halten. Aber was tut man nicht alles für diesen störrischen Esel? Ich bin eben einfach zu gutmütig. „Was soll der Scheiß, Sanji?“ knurrt er und in seinen Augen kann ich seinen Unmut darüber erkennen, dass ich ihn nicht einfach weiter vor sich hin habe werkeln lassen. Aber dafür habe ich kein Verständnis und das zeige ich ihm auch deutlich. „Ich entsorge bloß die Leiche.“ „Seit wann brauche ich dafür deine Hilfe? Ich hab dich nicht darum gebeten!“ wettert er los, doch ich lasse mich nicht unterkriegen. „Unterwegs habe ich einen netten Kanalschacht gefunden der gerade zugeschüttet wird, dort werde ich den Kerl hinbringen.“ „Das kann ich selbst!“ „Als ob du ohne Navigationsgerät den Weg dorthin finden würdest!“ Selbst mit hätte ich so meine Bedenken. „Außerdem sollte einer bei Robin bleiben und da sie mich nicht kennt, wird dir diese ehrenvolle Aufgabe zu Teil werden.“ Ich grinse zufrieden und wende mich zum Gehen. Es wird nicht einfach werden mit der Teppichrolle auf dem Rücken unbemerkt durch dieses Viertel zu laufen, aber heute Nacht hat wohl jeder sein Päckchen zu tragen. Kapitel 16: Blut ---------------- 16. Zorro Blut Blut. Immer nur Blut! Dieser übelriechende rote Saft, der sich nicht wirklich abwaschen läßt. Überall klebt er fest, kriecht in jede Ritze; unmöglich ihn loszuwerden. Aber dennoch lechzen die Menschen gierig danach. Allerdings nur solange es nicht ihr eigenes ist, eben eine besondere Art der Perversion. Ich verstehe das nur zu gut. Es ist ein überragendes Gefühl meine Klinge in den Körper eines Gegners zu rammen, zu sehen wie er zusammensackt, sein Blut über den kalten Stahl läuft, um von dort auf den Boden zu tropfen. Einfach die Macht zu spüren ein Leben auszulöschen, besonders wenn dadurch einer anderen Seele Gerechtigkeit widerfährt. Kein Wunder, daß ein Mord häufig zum nächsten führt, meist wenn das Töten die einzige Art der Erfüllung ist. Aber heute Abend war es anders. Kein Glück, kein erhabenes Gefühl durchströmte mich als ich mein Schwert zog, nicht die Genugtuung einen Auftrag erfüllt und dadurch eine Geißel der Menschheit niedergestreckt zu haben, sondern pure Angst steuerte mein Tun. Es war aber nicht die Angst um mein eigenes Leben, warum sollte ich mich auch vor meinem Schicksal fürchten, sondern die Angst um das Leben einer jungen Frau, deren Gesellschaft ich in den letzten Wochen zu schätzen gelernt habe. Sie gehört zweifellos zu den wenigen Menschen in meinem Leben deren Anwesenheit mich nicht nach spätestens drei Tagen nervt, eher im Gegenteil. Ich freue mich sie zu sehen, ihre Stimme zu hören und ja, inzwischen genieße ich es fast schon ihre Nähe zu spüren. Zu spüren wie ein Herz schlägt, nicht wie es unter meinen Händen damit aufhört. Manchmal erwischte ich mich schon bei dem naiven Gedanken, dass es immer so sein könnte, niemand unsere Zweisamkeit zerstören würde. Aber das ist töricht! Spätestens wenn wir diese Stadt wieder verlassen wird Robin zu einem Teil meiner Erinnerungen werden, mehr nicht. Doch dieser Gedanke schmerzt. Sicherlich wird mir ihre Gesellschaft fehlen, ihr friedlicher Anblick wenn sie schläft, ihre zarten Finger die durch mein Fell streichen. Alles Momente in denen ich an sie denken werde und die mir gleichzeitig verdeutlichen, dass ich ihr nicht helfen kann, sollte sie gerade meine Hilfe brauchen. Ich hoffe, ich werde nicht verrückt. Fast schon aus Gewohnheit blicke ich zur Badezimmertür, hinter der Robin vor einigen Minuten verschwunden ist. Sicherlich versucht sie das Blut abzuwaschen, aber auch sie wird merken, dass das nicht allzu einfach ist. Auch für mich nicht, denn es ist meine Schuld, dass es so weit gekommen ist. Ich habe ihn die alte Feuertreppe hinaufklettern hören, doch als Katze war ich ihm unterlegen. Ein gezielter Tritt in die Rippen hat genügt, um mich auf die Bretter zu schicken, während meine Krallen kaum Schaden auf seiner Haut hinterlassen haben werden, zu dick war er doch in seine Winterkleidung eingepackt. Außerdem braucht mein Körper leider immer Ewigkeiten, bis er sich von einer Gestalt in die nächste verwandeln kann, nicht wie bei Sanji, ihm genügen wenige Augenblicke, maximal ein paar lächerliche Sekunden. Und dem nicht genug, meine Waffen benötige ich zum Kampf ja ebenfalls, zumindest gegen diesen Eindringling, konnte ich doch den Griff einer Handfeuerwaffe aus seiner hinteren Hosentasche lugen sehen, als er durch Robin’s Fenster ins Innere kletterte. Ein Zweikampf wäre nur zu Robin’s Nachteil ausgefallen, denn sie besitzt keinerlei Kampferfahrung, noch weiß sie sich effektiv zu verteidigen. Doch was geschehen ist läßt sich nicht mehr ändern, folglich lohnt es sich auch nicht noch einen Gedanken daran zu verschwenden. Viel wichtiger ist es, dass…ja, gute Frage. Was ist jetzt zu tun? Im Prinzip ist mein Job hier erledigt. Täter zur Strecke gebracht, Leiche und Spuren beseitigt. Ich könnte gehen. Könnte… Sanji würde mich köpfen. Was treibt dieses Weib eigentlich so lange im Badezimmer?! Und wieso muß ich hier sitzen, bloß weil mein Bruder sich einbildet sich vor der Frauenwelt profilieren zu müssen? Sanji ist ein gemeines Aas, das zahle ich ihm zurück! Er soll bloß nicht glauben, dass ich mich noch einmal von ihm herumkommandieren lasse! Entschlossen öffne ich die Badezimmertür, reiße dabei fast die Türklinke ab, maroder Mist, um Robin mitzuteilen, dass ich weder Zeit noch Lust habe darauf zu warten, bis sie ihr albernes Schönheitsritual abgezogen hat! Frauen!! Doch wie so oft kommt es ganz anders als ich es geplant habe. Kein Seifenschaum der in Form von Wölkchen durch den Raum wabert, kein beschlagener Spiegel und keine Robin, die mir aufgrund meiner Dreistigkeit die Seife an den Kopf werfen will. „Ist mein Leben denn gar nichts wert?“ War ich eben noch voller Wut und Energie, so ist jetzt nichts mehr davon übrig geblieben. Kraftlos fühlen sich meine Arme an, beinahe taub. Aber es ist nicht nur ihre Hilflosigkeit die mich lähmt, sondern auch meine eigene, mit der ich mich schon lange Zeit nicht mehr konfrontiert sah. Draußen auf der Straße ist es einfach den Helden zu spielen, solange man seine Sorgen und Ängste zu Hause lassen kann. Doch hier… Stumm blicke ich in ihre traurigen blauen Augen, die sich scheu hinter ihren Ponyfransen verstecken und mich ängstlich, aber auch flehend ansehen. Und sie bringen eine Saite in mir zum klingen, dass selbst meine Haut zu kribbeln beginnt. Wäre ich nun in der Gestalt des kleinen Katers würden sicherlich meine Schnurrhaare vibrieren. Beängstigend und doch so…aufregend anders. Meine Gedanken beginnen in eine andere, eine neue Richtung zu driften, als hätte jemand einen Schalter umgelegt und es wird mir klar, dass ich mehr für die Opfer tun kann als nur ihre Peiniger zu töten. Ein Gedanke den ich noch nie hatte, der mir aber vertraut erscheint. Ist das nicht eigenartig? Und noch während ich das denke ertappe ich meinen Körper dabei wie er bereits diesen neuen Gedanken in die Tat umzusetzen versucht. Wann habe ich schon mal jemanden umsorgt, mich wirklich um sein Wohl bemüht? Bei Sanji vielleicht…wahrscheinlich sogar. Die aufkommenden Bilder unserer Kindheit, das Blut das unsere Körper auch schon damals besudelte, die Schmerzen und das Leid…ich schiebe sie zur Seite. Es hat keinen Sinn in der Vergangenheit zu leben, man verliert nur den Blick für das Wesentliche und das spielt nun mal in der Gegenwart. Schlimm genug, dass ich es häufig vergesse. Ich nehme das größere der beiden Handtücher vom Haken an der Wand und versuche Robin’s schmächtigen Körper darin einzuwickeln. Das Handtuch ist zu klein und es fühlt sich nicht weich und sanft an, so wie sie es jetzt sicherlich bräuchte. Ein trauriges Bild und ein kläglicher Versuch es zu verbessern. Die Dusche ist nicht aus edlem Marmor, dafür wächst Schimmel an der Decke und ich bin auch kein edler Retter, nur ein Mörder mit einem viel zu kleinen und schäbigen Handtuch. Aber es sind auch nicht die Äußerlichkeiten auf die es jetzt ankommt. Robin benötigt meine Hilfe, nicht mein Schwert. Ohne Mühe hebe ich sie auf meine Arme und bringe sie zurück in ihr Zimmer, wo ich sie vorsichtig auf ihrem Bett ablegen will, doch sie hält mich fest. Ihren Kopf drückt sie an meine Schulter und ihre zarte Hand sucht Halt an meinem Shirt. Es sieht wohl nicht danach aus, als würde ich mich alsbald aus der Affäre ziehen und mich wieder in den kleinen schwarzen Kater verwandeln können. Nicht dass ich mich allzu gerne auf allen Vieren fortbewege, aber in meiner pelzigen Gestalt kann ich Robin leichter gegenübertreten. Sie verspürt keinen Groll gegen meine tierische Seite, fürchtet sich nicht vor meinen Taten, weil sie meine wahre Identität nicht kennt. So gesehen basiert ihre Zuneigung auf einer Lüge. Kapitel 17: Mann oder Mörder? ----------------------------- 16. Robin Mann oder Mörder? Vor Erschöpfung muß ich eingeschlafen sein. Es war kein erholsamer Schlaf, zu sehr waren meine Träume von den Geschehnissen der letzten Stunden geprägt. Bilder die durch mein Erinnerungsvermögen schossen wie unheilbringende Blitze, mich nicht zur Ruhe kommen ließen. Mr. Willings Eindringen in mein Zimmer, die Prügel die ich einstecken mußte und sein lebloser Körper, der in einer Blutlache auf dem Boden neben mir lag. Glänzender Stahl beendete sein Leben, durchbohrte sein Herz, bevor er mir größeren Schaden zufügen konnte. Ein japanisches Langschwert, ein Katana. Ein Schwert, so wie es in dem Zeitungsartikel stand! Alarmiert durch die Erkenntnis, dass der Mörder so vieler Opfer hier in meinem Zimmer verweilt, richte ich meinen Oberkörper auf und blicke mich nach ihm um. Enger umschließe ich meinen Körper mit meiner Decke, ist zwar meine Furcht vor ihm nicht ganz so groß wie vor Mr. Willings, aber ein Mörder bleibt nun mal ein Mörder. Oder etwa nicht? Es ist schon das zweitemal, dass er mich aus einer misslichen Lage befreit hat, mich vor meinen Angreifern rettete. Die er jedes Mal tötete. Ohne Mitleid, kaltblütig. War ich je darüber traurig? Habe ich seine Taten bereut? War mir mein eigenes Leben nicht stets wichtiger als das dieser Männer? Bin ich dann nicht genauso schuldig wie er das Leben anderer nicht geachtet zu haben? Aber hatten denn sie Achtung vor meinem Leben? Die Frage lautet: Du oder ich? Und wenn ich ehrlich bin, so würde ich mich wieder für mich entscheiden, denn auch wenn ich schon auf der Feuerleiter stand und mir den Tod herbeigewünscht habe, so hänge ich dennoch an meinem kläglichen bisschen Leben. Wie vermutlich die meisten Menschen. Auch ich möchte einen Traum haben dürfen für den es sich zu leben lohnt, der mein Leben mit Sinn erfüllt. Und im Moment wünsche ich mir nichts sehnlicher, als dass Nami und ich die Chance auf ein besseres Leben bekommen, nicht mehr im Dreck wühlen müssen, um nicht unterzugehen. Ist das zu viel verlangt? Hat nicht jeder das Recht auf ein bißchen Glück? Doch ist es nicht etwas zu kühn im Angesicht eines Mörders sich Gedanken über eine schönere Zukunft zu machen? Neugierig mustere ich ihn, wie er im Schneidersitz auf meinem Schreibtisch sitzt, die Augen geschlossen, als würde ihn seine Umwelt nichts angehen, er kein Teil von ihr wäre. Gleich drei Katanas lehnen an seiner Schulter, rot, weiß und schwarz, was ihn noch mehr wie eine Figur aus einer unwirklichen Welt erscheinen lässt. Mein Retter und doch habe ich Angst vor ihm. Es ist nicht reine Panik wie vor einem wilden Tier, eher wachsame Furcht gepaart mit Respekt vor einem Virtuosen seiner Art. Ein Mörder als Künstler? Und doch sehe ich in seinen Taten mehr als bloß das reine Abschlachten Schwächerer, denn er tötet nicht die Schwachen, er tötet diejenigen, die selbst keine Achtung vor dem Leben anderer haben. Im Grunde tötet er seinesgleichen. Aber das absurdeste ist dennoch, obwohl die Fakten klar dagegen sprechen, dass ich mich in einem entfernten Winkel meines Bewusstseins darüber freue, dass er hier ist, dass er mir, wieder, das Leben gerettet hat. Und dennoch ist er mir unheimlich. Er tötet Menschen, was eine gewisse Kaltschnäuzigkeit voraussetzt und in der nächsten Sekunde umschließt er mich mit seinen starken Armen, schenkt mir Halt und Geborgenheit. Immerhin hätte er meine Situation schamlos ausnutzen können, könnte er sogar noch immer, denn unter meiner alten Decke bin ich völlig nackt. Es würde mich doch sehr wundern, wenn ein Mann wie er dies vergessen hätte. Ist er Mann oder Mörder? Mörder, aber kein Vergewaltiger? Mann, jedoch kein Casanova? Richter und Henker? Wie lautet dann sein Urteil über mich? Schuldig, aber nicht zum Tode verurteilt? Ich bin verwirrt. Was soll ich bloß Nami erzählen? Dass Mr. Willings hier aufgetaucht ist, um von mir seine verpassten Schäferstündchen bei einer Prostituieren gewaltsam einzufordern, er dabei aber von einem Profikiller getötet wurde und nun mein besagter Retter auf meinem Schreibtisch sitzt wie eine Statue? Sie wird mich für verrückt erklären. Ob Mr. Willings wusste, dass sie heute Nacht bei einer alten Schulfreundin übernachten würde, die für ein paar Tage in der Stadt ist? Hatte er uns beobachtet? Oder das Haus? Und was ist mit ihm, meinem unbekannten Retter? Beobachtet er mich ebenfalls? „Hast du Hunger?“ Erschrocken zucke ich zusammen, nur um wie gebannt in die stechend grünen Augen meines Gegenübers zu blicken. Mann oder Mörder? „Wie?“ stammle ich deshalb, denn noch immer weiß ich nicht wie ich mich verhalten soll, noch kenne ich seine Absichten. Lohnt es sich bei einem Mörder nach Logik zu suchen? „Es wäre besser für dich wenn du etwas Ablenkung hättest und da du aussiehst als hättest du schon länger nichts mehr vernünftiges gegessen, dachte ich, wir gehen etwas essen. Solltest du allerdings absichtlich die Figur eines Bügelbrettes imitieren wollen kann ich dir davon nur abraten, das steht dir nicht.“ Perplex starre ich ihn an, beobachte wie er seinen Platz verlässt und zur Tür geht. Doch bevor er hinausschlüpfen kann, halten ihn meine Worte auf. „Ich…ich kann mir das nicht leisten. Das Essen, meine ich.“ „Du hast fünf Minuten. Der Rest ist meine Sache.“ Und weg ist er. Hastig krame ich in meinem Schrank, wobei ich eh nur zwei Hosen besitze, wovon eine in der Wäsche ist, und vier Pullover. Es spielt also keine Rolle was ich möchte, sondern nur was ich mein Eigen nennen darf. Also bekleide ich mich. Mehr nicht. Und wenn ich schon gerade an Besitz denke, ich könnte ihm seine Lederjacke zurückgeben. Sie gehört mir nicht und außerdem war sie bestimmt teuer gewesen. Sorgsam ziehe ich sie von einem meiner Drahtkleiderbügel, solche wie sie Wäschereien verwenden und wie man sie dort haufenweise im Abfall findet, und drücke sie kurz an mich. Wieder umfängt mich der Duft des Parfums oder Rasierwassers, von dem noch eine Spur darin zu wohnen scheint. Doch diesmal ist nicht die Frage welchem Unbekannten sie gehören mag, sondern was für ein Mensch er in seinem tiefsten Inneren ist. Ist auch er verletzlich? Ein wenig überhastet eile ich die schmale Treppe nach unten ins Wohnzimmer und wieder sind es seine Augen, die mich abrupt innehalten lassen. „Deine…deine Jacke. Sie gehört dir doch, oder?“ Stumm mustert er mich, ehe er auf mich zukommt und mir besagtes Kleidungsstück vom Arm nimmt. „Wieso hast du sie nicht verkauft? Du hättest dir Essen oder sonst was dafür leisten können.“ „Aber…sie gehört mir doch nicht. Ich hätte niemals-“ „Ein ehrliches Herz.“ Seine Augen haben einen merkwürdig traurigen Glanz angenommen, doch ich frage nicht weiter nach, das steht mir nicht zu. Und so sage ich auch weiterhin nichts als er mir hilft in besagte Lederjacke zu schlüpfen, so dass wir uns auf den Weg begeben können. Ich bin aufgeregt. In meinem Magen kribbelt es, wandert weiter bis über meine Schultern. Dazu stolpert mein Herz in einem mir unbekannten Rhythmus, so dass ich nicht weiß ob ich ängstlich oder erfreut sein sollte. Diese Situation ist einfach zu grotesk. „Asiatisch?“ Prüfend blickt er mir in die Augen, das Kribbeln wandert weiter meine Beine hinab bis zu den Knien. Ich fühle mich eigenartig. „Warum nicht,“ murmle ich. Sein Blick lässt mich wieder los und wir betreten das kleine Lokal. Ich kenne es, zumindest von außen. Nami und ich standen hier bestimmt schon ein Dutzend Mal vor der Speisekarte neben dem Eingang, bestaunten die fremdländischen Gerichte und malten uns aus wie sie wohl schmecken würden. Ich weiß noch als das ‚Shanghai‘ eröffnet wurde, erinnere mich an den würzigen Duft der in der Luft lag. Wie gerne wären wir hineingegangen um all die lecker aussehenden Gerichte auszuprobieren, doch das konnten wir uns nicht leisten. Also sind wir in verschiedene Supermärkte und haben dort in den Kisten mit reduzierten Lebensmitteln nach asiatischen Gerichten Ausschau gehalten. Voller Stolz ergatterten wir eine Packung Frühlingsrollen, deren Verfalldatum beinahe überschritten war. Es war uns egal, denn wir fühlten uns wie Könige. Statt trockenes Brot aßen wir eine fernöstliche Köstlichkeit. Natürlich war uns klar, dass diese Teigröllchen nie an das heranreichen würden was wir durch die Fenster des ‚Shanghai‘ gesehen hatten, aber es war wie ein Traum von dem wir noch lange zehrten. Einfach Abwechslung. Doch genau aus diesem Grund sitze ich nun ratlos vor der Speisekarte. Süß-sauer? Wie geht das? Erdnusssoße? Ist das warme Erdnussbutter? Hoffentlich nicht. Entenfleisch habe ich auch noch nie gegessen. Herrje. Und auch wenn es dafür keinen ersichtlichen Grund zu geben scheint, überkommt mich eine Tränenflut. Was mache ich hier? Ich gehöre nicht hierher. Ich verstehe ja nicht einmal die Speisekarte! Ungeschickt wische ich mir mit dem Handrücken über die Augen, fühle mich klein und nichtig; zu nichtig um hier sein zu dürfen. Kinder der Slums pflegen eben nicht in einem Restaurant zu speisen, das hat schon seinen Grund. Ich spiele mit dem Gedanken einfach aufzustehen und davonzulaufen, aber es wäre mir zu peinlich. Was würden die Menschen hier über mich denken? Was würde er über mich denken? Mein verschwommener Blick richtet sich auf ihn, bleibt an ihm haften, doch seine Aufmerksamkeit gilt der Bedienung, nicht mir. Überrascht blinzle ich die überschüssigen Tränen weg, während ich vergeblich darum bemüht bin seine Worte zu verstehen. In welcher Sprache unterhält er sich mit ihr? Chinesisch? Japanisch? Sie lächelt ihm zu und entfernt sich wieder von unserem Tisch, während ich sicherlich noch immer wie ein Häufchen Elend aussehe. Sie wird bestimmt denken, was will so ein gutaussehender Mann mit einer Frau wie mir. Sie hat ja recht. „Es gibt keinen Grund zu weinen.“ „Doch,“ widerspreche ich mit belegter Stimme, „ich gehöre nicht hierher.“ „Warum? Ist deine Daseinsberechtigung weniger wert als die aller anderen? Das Leben wäre viel einfacher wenn die eine Hälfte der Menschen nicht unter Minderwertigkeitskomplexen leiden würde und die andere Hälfte sich nicht daran aufgeilen würde, nur um sich nicht selbst minderwertig vorzukommen. Öffne die Augen und sieh die Menschen wie sie wirklich sind. Keiner von uns verdient es besser als andere behandelt zu werden.“ Die Logik seiner Worte überrascht mich, ebenso die unterschwellige Bitterkeit im Klang seiner Stimme. Eigenartig. Obwohl er rational über den Dingen zu stehen scheint gewinne ich den Eindruck, dass er es emotional genauso wenig bewältigt wie ich, nur dass er eben ein besserer Schauspieler ist. Ich gebe zu dieser Umstand tröstet mich, denn ich fühle mich nicht mehr allein mit meinen Problemen. Zwar ist mein Gegenüber weiterhin ein Fremder für mich, aber neben Nami ist er der netteste Mensch dem ich je begegnet bin. Ein netter Mörder. Ob er deshalb tötet? Weil er die Welt wie sie ist nicht ertragen kann? Tötet er dann nur die, die das mangelnde Selbstwertgefühl anderer zu ihrem eigenen Vorteil ausnutzen? Oder wählt er seine Opfer zufällig aus? Nein, das glaube ich nicht. Vielleicht möchte ich es auch gar nicht glauben und hoffe im Stillen, dass hinter all seiner Grausamkeit ein weiches Herz schlägt. Ja, dass er auf seine Art für Gerechtigkeit kämpft. Ich bin naiv, eine Träumerin, aber auch ich bin eben doch nur eine Frau. Kapitel 18: Schwarz und Weiß ---------------------------- 18. Robin Schwarz und Weiß Ich habe versucht mich auf das leckere Essen zu konzentrieren, aber der Schock sitzt wohl doch zu tief in meinen Knochen. Zwar bin ich letztendlich mit dem Schrecken davongekommen, aber allein die Tatsache, dass ein anderer Mensch die Macht und Skrupellosigkeit besitzt einen anderen Menschen, in diesem Falle mich, seiner Würde zu berauben, ja ihn zerstören zu wollen, verkrafte ich nur schwer. Es hat ein wenig Zeit gebraucht, bis die volle Realität in mein Bewusstsein gedrungen ist, dafür trifft sie mich nun um so hilfloser. Es ist aber nicht nur meine eigene Hilflosigkeit, eher die Erkenntnis, wie oft solche schrecklichen Gewalttaten tagtäglich hinter verschlossenen Türen geschehen und kein Retter mit Schwert auftaucht, um helfend einzugreifen und den Täter zur Strecke zu bringen. Ich war immer der Ansicht, dass in jedem Menschen auch ein guter Mensch steckt, doch je länger ich auf der Welt bin und je öfter ich mit Big Ed’s sogenannten Freunden zu tun habe, desto mehr bin ich der Ansicht, dass es wirklich böse Menschen gibt. Ich meine wirklich böse Menschen, nicht solche, die hier und da ein krummes Ding drehen oder denen mal die Hand ausrutscht. Nein, das wahrhaft Böse in Menschengestalt, für die ein anderes Menschenleben keinen Wert besitzt. Der Griff um meinen Arm wird fester, nicht schmerzhaft, aber bestimmend. Doch er vermittelt mir Sicherheit, weshalb ich mich von ihm führen lasse. Weg von den Papierdrachen und der gedämpften Musik, dem orientalischen Duft und der Wärme, hinaus in die normale, stinkende Welt. Ich höre noch, wie er sich mit der freundlichen Bedienung unterhält, dass meine Oma gestorben sei und es mir deshalb nicht gut gehe. Sie wünsche mir alles Gute. Tief atme ich ein und aus, versuche die aufsteigenden Tränen zurückzudrängen; mit mäßigem Erfolg. Eine gute Schauspielerin ist eben nicht an mir verloren gegangen. „Du siehst aus wie ein Trauerkloß. Vielleicht sollten wir ein bisschen spazieren gehen“, raunt er mir zu, während wir die Straße entlang laufen. „Hast du deshalb gesagt, meine Oma sei gestorben?“ „Ich hätte ihr auch erzählen können, dass ein Trunkenbold versucht hat dich zu vergewaltigen und es dir auf den Magen geschlagen hat, dass ich ihn deshalb filetiert habe. Die Geschichte hätte ihr bestimmt gefallen. Vielleicht hätte sie uns dafür auch ein paar Glückskekse geschenkt, obwohl ich mir sicher bin, dass sie auch so welche für uns mit eingepackt hat.“ Zur Unterstreichung seiner Worte hebt er eine weiße Plastiktüte hoch, in der sich offensichtlich der Rest, oder sagen wir eher das gesamte Menü, sorgfältig verpackt befindet. „Klingt sarkastisch“, gebe ich zurück und merke, dass die Angst kleiner in mir wird, ich mich wieder entspanne. „Nicht zynisch?“ „Die Grenzen sind fließend.“ Kurz sehe ich ihn an, mustere seine markanten Gesichtszüge, bis ich mich traue ihn an meinen Gedanken teilhaben zu lassen. Als wäre es nicht eh schon obskur genug, dass ich mich in der Gegenwart eines bekennenden Mörders sicher fühle. „Gehörst du eigentlich zu den Guten oder zu den Bösen?“ Einen Moment lang schweigt er, starrt auf einen Punkt im Nirgendwo, lässt sich mit der Antwort ein wenig Zeit. Doch das ist in Ordnung, denn so kann ich hoffen, dass er ehrlich auf meine Frage eingeht, keine Phrase aus dem Ärmel schüttelt. „Ich habe getötet, mehr als einmal. Wie kann ich also zu den Guten gehören?“, antwortet er schließlich ruhig und gelassen, beinahe so, als hätte ich ihn nach seiner Lieblingsfarbe gefragt. Ob diese wohl grün ist? Er lotst mich weiter bis zu einer Parkbank, auf der wir uns schweigend niederlassen. Ich bin froh um diese Pause und auch, dass er mich nicht direkt nach Hause gebracht hat. Was sollte ich auch dort mit mir anfangen? Blutreste entfernen? Ein Gedanke, den ich schnell wieder verdränge. Um mich selbst auf bessere Gedanken zu bringen, blicke ich mich um, mustere die Gegend etwas genauer. Im Umkreis meines Wohnhauses gibt es eigentlich nur einen Park und um den macht man am besten einen großen Bogen. Einen wirklich großen Bogen. Doch nun in der Dunkelheit der Nacht, wirkt er auf mich plötzlich ganz anders, beinahe wie eine grüne Oase mitten in einer düsteren Betonlandschaft. Eigenartig. Dabei hört man nur schlechtes. „Was ist das wohl, dahinten?“, frage ich schließlich und strecke mich ein wenig, in der Hoffnung, etwas genaueres erkennen zu können. Mein Begleiter folgt meinem Blick, bis er verstehend nickt. „Komm mit“, und ehe ich mich versehe, ist er aufgestanden. Er führt mich zu dem seltsamen Gebilde, das wie ein schwarzer Berg zu den Bäumen hinauf ragt und aus dessen Mitte schummriges Licht fällt. Doch je näher man kommt, desto deutlicher kann man schwarze Planen oder Decken erkennen, die zwischen die großen Äste gespannt wurden. Es erinnert an ein Zelt, das Kinder gebaut haben, nur größer. „Ich stelle dich vor, dann brauchst du keine Angst mehr zu haben.“ Wieder stutze ich, denn es ist ein wenig so, als hätte er meine Gedanken erraten. „Man nennt ihn doch den Penner-Park, oder?“ „Ja…“, stammle ich. Worauf will er hinaus? Doch erhalte ich keine Antwort, denn wir werden von zwei Männern abgepasst, die ich treffend als Obdachlose, eben Penner, bezeichnen würde. Ihre Kleidung ist verlumpt und jeder hält eine Dose Bier in der Hand. Dennoch tragen sie eine kleine Laterne mit sich herum, die ein wenig Licht spendet und ihre Gesichter golden leuchten lässt. „Junge, bist du das?“, kommt es heißer von einem der beiden. Unweigerlich halte ich mich ein Stück hinter meinem Begleiter, denn die Angst steigt wieder in mir auf. Sie erinnern mich an Mr. Willings. Ich will das nicht! „Seit wann sieht man dich mit einer Frau?“ „Vielleicht steht sie auf seine mürrische Art.“ „Also ich kenne keine Frau, die drauf steht.“ Hin- und hergerissen zwischen meiner Angst und der Unbefangenheit dieser beiden Gestalten, lasse ich mich doch zu einem leisen Lachen hinreißen. „Sie scheint Humor zu haben.“ „Und sie ist hübsch.“ „Seid ihr zwei jetzt fertig?! Eigentlich wollte ich nur kurz nach euch sehen, aber es scheint euch ja gut zu gehen.“ „Uns geht es prima, seit die Dealer weg sind. Junkies gibt es deshalb auch keine mehr. Wie ihr gesagt habt.“ Die beiden Männer lächeln, der eine ein bisschen zahnlos, der andere dafür struppig und unrasiert. Letzterer scheint älter zu sein, seine Haut ist faltig und sein Haar ergraut. „Wir haben auch den Spielplatz gesäubert. Keine Spritzen mehr und keine Hundehaufen. Ihr hattet recht, dadurch wird das Leben besser. Unsere Kinder können dort spielen und langsam kommen auch wieder Kinder aus den umliegenden Häusern. Wenige, aber sie kommen.“ „Aber sie kommen!“, betont der Jüngere noch einmal. „Wir achten auch darauf, dass es keinen Ärger mehr gibt. Inzwischen passen die Frauen auch auf einen kleinen Jungen auf. Immer donnerstags. Seine Mutter arbeitet für eine Bäckerei, putzt den Laden und so. Donnerstags muss sie länger bleiben und dann ist er hier.“ „Manchmal bringt sie uns Zigaretten als kleines Dankeschön mit. Sie hat ja selbst kaum was. Letzte Woche hat sie uns zwei Marken für den Waschsalon gegeben. Das war Luxus!“ „Und die Dusche funktioniert?“ „Ja, super!“ Und an mich gewandt meint er: „Sein Kumpel hat uns eine Regendusche gebaut. Nur aus einem Fass und einem Schlauch. Wenn die Sonne scheint, wird das Wasser im Fass sogar warm! Irre!“ Der junge Mann lacht sichtlich erfreut und dabei hat er noch weniger zum leben als Nami und ich. „Wir sind unabhängiger und man lässt uns in Ruhe. Dafür danken wir euch.“ „Der große Dicke hat sogar einen kleinen Job. Zweimal im Monat mäht er den Rasen beim alten Schuster. Reden tut er zwar immer noch nicht, aber er lächelt wenigstens ab und zu.“ „Dann ist ja erst einmal alles in Ordnung. Vermasselt es nicht.“ „Bestimmt nicht!“, dröhnt es uns unisono entgegen. Mein Begleiter nickt und wendet sich zum Gehen, so dass ich mich beeile ihm zu folgen. „Vermassel es selbst nicht!“, brüllt uns noch einer der beiden hinterher und anhand der Stimme wage ich zu behaupten, es war der Ältere. Doch es erfolgt keine Antwort meines Bodyguards, lediglich ein leises Knurren ist zu hören, wobei ich mir nicht sicher bin, ob es wirklich von ihm stammt; es hat etwas animalisches. Kapitel 19: Gedankenstrudel --------------------------- 19. Robin Gedankenstrudel Vergnügt muss ich grinsen, während ich Nami aufmerksam beim Essen beobachte. Voller Begeisterung genießt sie jeden Happen, lobt das Essen über alle Maßen, wobei sie ein bisschen schmatzt. Und dabei essen wir im Moment lediglich die gewärmten Reste vom Vortag. Gestern schmeckte es noch besser, als es ganz frisch war. Aber vielleicht lag es auch an der Gesamtsituation. Das Ambiente, die Dekoration, der Geruch der Gewürze, der in der Luft lag. Das erste Mal in den Genuss von richtigem asiatischen Essen zu kommen. Und der Umstand, der mir zu dieser unverhofften Einladung verhalf. Hart schlucke ich den Happen Essen in meinem Mund herunter, auch wenn etwas mehr zu kauen sicherlich nicht geschadet hätte. Fast hätte ich mich verschluckt! Mein Blick wandert die schmale Treppe zu meiner Zimmertür hoch, bleibt dort haften, während sich die Bilder der letzten Nacht in mein Gedächtnis drängen. Tief atme ich ein und aus, versuche mich darauf zu konzentrieren, dass alles gut gegangen ist. Ich kann dem Himmel nicht oft genug danken, dass er mir wieder meinen Retter vorbeigeschickt hat. Es ist, als würde er plötzlich aus dem Nichts auftauchen. Oder wie jemand der eine Tarnkappe trägt und diese dann im entscheidenden Moment abnimmt. Ich versuche mich auf diese doch recht amüsante Vorstellung zu fokussieren: Ein Mann mit einer Art Pudelmütze auf dem Kopf. Aber nein, die würde ihm nicht stehen. Er ist zu cool, als dass er im Winter frieren würde. „Woher hast du eigentlich das ganze Essen?“, höre ich Nami zwischen zwei Bissen fragen. „Ähm…also…“ Kurz stocke ich, denn bis zum heutigen Tag habe ich meiner Freundin nichts von meinem ominösen Retter erzählt. Also wie anfangen? Ich kann es ja selbst kaum verstehen, dass es ihn gibt, noch, dass er mir zu Hilfe eilt. Da ist so ein merkwürdiger Typ mit grünen Haaren der mir geholfen hat und danach lud er mich zum Essen in dieses schöne chinesische Restaurant ein! Diese Erklärung wäre weder plausibel noch gar ansatzweise nachvollziehbar. „Erzähl schon.“ Ich spüre wie mein Mund sich erneut öffnet, doch anstatt wenigstens eines Wortes fähig zu sein, laufen Tränen über mein Gesicht. Meine Hände fangen an zu zittern, sogar so schlimm, dass mir meine Gabel aus der Hand gleitet und geräuschvoll auf den Boden fällt. „Robin, was ist passiert? Um Himmelswillen!“ Eilig steht Nami von ihrem Platz auf und kommt zu mir geeilt. Tröstend nimmt sie mich in den Arm, gibt mir Halt, während ich hilflos dasitze und weine. Ich fühle mich wieder in die Situation versetzt, in der ich hilflos Mr. Willings ausgeliefert war, der sich für meinen Verrat an mir rächen wollte. „Er ist tot, er ist tot!“, rufe ich mir immer wieder ins Bewusstsein, um meine eigene Angst zu besänftigen. Er kann mir nichts mehr tun. Ich wurde gerettet. Von einem Mörder. Mord gegen Demütigung. Oder körperlicher Mord gegen seelischen Mord? Aber hätte meine Seele die Grausamkeit einer Vergewaltigung überlebt? Ich weiß, es gibt Frauen die haben viel schlimmere Dinge überstanden, aber ich glaube nicht, dass ich eine von ihnen wäre. Mich hätte es zerstört. Aber soweit ist es ja zum Glück nicht gekommen. Das darf ich nicht vergessen! Es dauert einen Moment, bis mein Herz sich beruhigt, die Tränen nachlassen, erst dann bin ich dazu in der Lage Nami's Umarmung zu erwidern, um ihr zu zeigen, dass alles wieder in Ordnung ist. Halbwegs, zumindest. „In drei Teufels Namen, was ist denn passiert?“ Auch in ihren Augen kann ich Angst erkennen, muss es doch sehr verstörend auf sie wirken, wenn ich mitten beim Essen in Tränen ausbreche. „Es geht schon wieder.“ Es gelingt mir sogar ein bisschen zu lächeln. „Ist denn mit dem Essen etwas nicht in Ordnung?“ „Nein, Nami. Das Essen ist fabelhaft. Es ist nur... also gestern...“ Soll ich ihr die ganze Geschichte erzählen? Besser nicht. Ich möchte nicht, dass sie Angst bekommt. „Mr. Willings ist gestern auf mich losgegangen, weil ich ihn bei Big Ed verpfiffen habe.“ „Was! Bist du okay?“ Ich nicke. „Den ein oder anderen blauen Fleck, aber sonst geht’s.“ „Er soll ja nicht zimperlich sein, wenn es darum geht sich einen Vorteil zu verschaffen oder andere aus dem Weg zu räumen.“ „Keine Sorge, ein Bekannter kam mir zu Hilfe.“ Nami stutzt und zieht überrascht die Augenbrauen hoch. „Ein Bekannter, so so.“ „Nicht was du denkst.“ „Was denke ich denn?“, feixt sie. „Wie lange kennen wir uns nun schon?“ Zwar bin ich meist recht schnell von Nami’s kleinen Anspielungen genervt, aber heute bin ich ihr sogar ein wenig dankbar dafür, das lenkt mich ab. „Lass mir doch auch meinen Spaß“, gibt sie lächelnd zurück. „Du meinst Neugier.“ „Na schön, erwischt. Also, wie ist er denn so, dein Bekannter?“ Doch trotz aller Mühe, das Grinsen in ihrem Gesicht ist geblieben. „Er ist...na ja...ein bisschen verschlossen. Allzu gut kenne ich ihn auch gar nicht. Er war es auch, der mich damals vor diesen Gangstern rettete und nach Hause brachte. Aber das habe ich erst später erfahren.“ „Ein Verehrer also.“ Verdutzt blicke ich Nami an. Verehrer? Er? „Eher nicht.“ Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. „Und wieso schenkt er dir dieses ganze Essen? Das hat doch sicherlich eine Stange Geld gekostet. Seit wann erwarten Männer keine Gegenleistung von uns Frauen? Sei vorsichtig, okay?“ „Ja... Ja gut.“ Sie hat recht. Daran habe ich gar nicht gedacht, dass diese Möglichkeit bestünde. „Entschuldige bitte. Wahrscheinlich ist er total nett und steht einfach nur auf dich. Ich vermute bei jedem Kerl immer gleich einen Playboy.“ „Schon gut, du bist entschuldigt.“ Verständnisvoll lächeln wir uns an, denn das Leben hat uns misstrauisch werden lassen. Nami und ich hatten bis jetzt einfach kein Glück mit der Männerwelt. Da ist es auch kein Wunder, dass bei uns schnell die Alarmglocken angehen, wenn einer mal nett zu uns ist. „Fest steht allerdings, dass er weiß, wo es gutes Essen gibt.“ Ihr fröhliches Lächeln ist zurück. Nami geht zurück zu ihrem Platz und wir widmen uns wieder unseren asiatischen Köstlichkeiten und essen weiter, nachdem ich meine Gabel wieder vom Fußboden aufgehoben habe. Wäre doch schade um das leckere Essen. Ich trage mir noch etwas Curryhühnchen auf und etwas Reis dazu. Zwar ist es ein bisschen scharf, aber vielleicht auch nur, weil ich diese Gewürze nicht gewohnt bin. Fest steht aber, dass ich liebend gerne noch einmal in dieses Restaurant möchte, aber dann ohne zu weinen bitte. „Er kann dich ruhig öfter ausführen, solange dabei auch etwas für mich abfällt.“ Nami zwinkert mir zu. Das ist typisch für sie. Aber sie hat ja nicht ganz unrecht. Essen ist leider Mangelware bei uns, da wir unser sauer verdientes Geld hauptsächlich für Miete und Nebenkosten brauchen. Für ein kleines Extra reicht es hinten und vorne nicht. „Aber hey, eines hast du mir über deinen Ritter noch gar nicht verraten. Wie heißt er denn jetzt eigentlich?“ Überrascht sehe ich Nami an und so wie sie mich ansieht, muss ich heute einen mehr als merkwürdigen Eindruck auf sie machen. „Ich...ich weiß es nicht.“ Besorgnis zeichnet sich auf ihrem Gesicht ab, tiefe Besorgnis. Ihre Gabel legt sie vorsichtig neben ihren Teller, dann sieht sie mich fest an. „Hat er dir was getan und du willst es mir nicht sagen?“ „Was?“ Schockiert starre ich meine beste Freundin an, frage mich, seit wann sie so erwachsen geworden ist. Ich war immer die Ältere, es war immer meine Aufgabe sie zu beschützen, nicht umgekehrt. „Ich möchte dich bitten, dass du mir alles erzählst. Wir sind Freundinnen, wir sind auf einander angewiesen, ich möchte dir helfen. Robin, sei ehrlich, was ist passiert. Und versuch nicht wieder mich zu schützen, wenn du eigentlich diejenige bist, die dieses Mal Schutz braucht.“ Noch während sie das sagt, laufen mir wieder die Tränen über die Wangen, benetzen meine Haut und auch bald den Tisch. Es fällt mir schwer stark zu sein, ich fühle mich erschöpft. „Er...Mr. Willings...er war hier...in...in meinem Zimmer...“ Ich breche regelrecht zusammen, kann nicht aufhören zu weinen. Erst Nami's Umarmung lässt mich wieder den Kopf heben. Vergeblich versuche ich sie anzusehen, aber mein Blick ist völlig verschleiert. „Um Gottes Willen! Robin...!“ „Ich lag im Bett und versuchte zu schlafen. Shadow war bei mir, als plötzlich dieser Kerl auftauchte. Er wollte es mir heimzahlen, dass Big Ed ihn bestraft hatte.“ Meine Stimme versagt, ich zittere am ganzen Körper. Bilder meiner Hilflosigkeit und meiner Pein überfluten mich, sehe mich selbst auf dem Boden in meinem Zimmer liegen und wie dieses Schwein versucht sich mit aller Gewalt zwischen meine Beine zu drängen. Nein! NEIN! Er ist tot, er ist tot! „Robin! Bitte, rede mit mir! Hat er dir wirklich nichts getan?“ Nami's Stimme klingt aufgebracht, ja, panisch. Fest sehen wir uns an, halten dabei einander fest, um uns gegenseitig Halt zu geben. „Soweit kam es nicht. Er wollte, aber soweit kam es nicht.“ Tief atme ich ein, um mich besser unter Kontrolle zu bekommen. „Wie gesagt, ich hatte Glück. Dieser Typ...“ Ich überlege, wie ich es ausdrücken soll, ohne ihn in die Bredouille zu bringen, immerhin war es Mord. „Er hat ihn fertig gemacht.“ „Aber wenn er wieder kommt?“ „Nein“, ich schüttle den Kopf, „das wird er nicht.“ Und zum ersten Mal fühle ich Genugtuung, bin erleichtert, dass Mr. Unbekannt meinen Angreifer getötet hat. Aber darf ich das? Irritiert sieht Nami mich an und ich kann ihr das nicht verdenken. Die ganze Geschichte muss sich für sie sehr abstrakt anhören. „Und dieser andere? Er hat dir wirklich nur geholfen?“ „Ja. Keine Ahnung, was...und wieso. Er ist...da, wenn ich Hilfe brauche. Er redet auch nicht viel. Trotzdem ist er irgendwie...nett auf seine Art.“ Meine eigenen Worte kommen mir komisch vor. Sie passen nicht so recht zu ihm und dennoch kann ich ihn nicht anders beschreiben. Kapitel 20: Bruderliebe ----------------------- 20. Sanji Bruderliebe Wir sitzen seit gefühlt zwei Stunden in diesem Pub und trinken bestes irisches Bier. Im Hintergrund laufen drei Fernseher, zwei zeigen Spiele aus der Premier League, der andere Rugby. Wie immer schweigt mein Bruder die meiste Zeit und ich versuche ihm vereinzelte kleine Informationen aus der Nase zu ziehen. Aber er weiß sich nichts anmerken zu lassen. Es ist zum Brechen. Lege der Fall umgekehrt, hätte ich Zorro alles über mein Treffen mit einer hübschen Frau erzählt. Jedes Detail! Ob er es nun hätte hören wollen oder nicht. Er dagegen ist noch schweigsamer als sonst! Eigentlich müsste das Beweis genug für mich sein, dass er etwas zu verbergen hat, aber ich würde es einmal gerne von ihm persönlich erfahren. Also in dem Sinne, dass er sich mir anvertrauen würde. „Los Grüner, sprich mit mir!“, würde ich am liebsten rufen. Ich bin immerhin sein Bruder! Wenn er jemanden braucht an dem er seine schlechte Laune auslassen kann, bin ich wieder gut genug. Sturer Hund. Natürlich könnte ich ihn auch provozieren… Ein diabolisches Grinsen kann ich nur knapp unterdrücken, ehe ich auch schon loslege: „Und, konntest du sie trösten?“ Ach herrje! Mit diesem Killerblick habe ich nun echt nicht gerechnet und schon gar nicht, dass er knurren würde. Ein Warnsignal, dass er bereit wäre mir hier und jetzt eine reinzuhauen. Das überrascht mich nun doch sehr. „Das war doch nur Spaß!“, beschwichtigend hebe ich die Hände. Ich muss vorsichtig sein. Zwar sagt er nach wie vor kein Wort, aber man kann ihm deutlich ansehen, dass er nur äußerst ungern über Robin und den Vorfall reden möchte. Zu meiner Verteidigung muss ich allerdings sagen, es gibt fast nichts, worüber er wirklich gerne redet. „Es hat mich nur so gewundert, dass sie dich zu kennen schien. Nami zum Beispiel, hat mich bis jetzt nur als Kater zu Gesicht bekommen. Robin dagegen wirkte richtig froh, dass du es warst, der unerwartet in ihrem Zimmer aufgetaucht ist. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass jemand der dich nicht kennt in Begeisterungsstürme verfällt, wenn du unangekündigt in dessen Schlafzimmer aufkreuzt, besonders dann nicht, wenn du deine Schwerter dabei hast. Sein misstrauischer Blick wandert prüfend über mein Gesicht. Und gerade als die Hoffnung in mir aufkeimt, dass er sich äußern möchte, greift er nach seinem Bier und nimmt einen kräftigen Schluck. Ich hasse ihn. „Hast du sie gevögelt?“ Mir reicht es. Jetzt hilft nur noch die Holzhammermethode. „Das ist deine Art, nicht meine.“ „Oh! Du kannst ja doch sprechen.“ Er schnaubt genervt, weil er auf meine plumpe Provokation reingefallen ist. Eins zu null für mich! „Ich dachte ja nur, weil du sie zu mögen scheinst. Ansonsten spielst du nämlich nicht den Retter für hübsche Frauen.“ Sichtlich ertappt weicht er meinem Blick aus und zwischen zwei Schlückchen Bier versucht er die Sache herunterzuspielen: „Wie kommst du denn darauf?“ „Na ja, sie ähnelt ein bisschen Kuina.“ Das verbotene Wort! Kuina! Nichts ist für meinen Bruder schwerer zu ertragen, als ihren Tod mitangesehen haben zu müssen. Selbst all das Leid, das er selbst ertragen musste, die medizinischen Versuche und Demütigungen, all das konnte er abschütteln und hinter sich lassen, aber nicht sie zu verlieren. „Kein Stück!“ „Ich finde schon. Sie haben die gleiche Haarfarbe, beide sind älter als du. Robin wirkt auch recht sportlich und Kuina wäre sicherlich ebenfalls eine langbeinige Schönheit wie sie geworden.“ „Halt die Klappe!“ Das Knurren ist zurück. Aber es hört sich mehr so an als fühle er sich in die Enge getrieben als dass er aggressiv wäre. „Zorro,“ „Lass mich!“ „Es ist in Ordnung sie zu mögen. Du kannst dein Herz nicht ewig verschließen.“ „Ich habe keine Zeit für diesen Quatsch. Liebe macht nur schwach.“ „Bist du deshalb so ausgerastet, weil du Angst hattest sie zu verlieren?“ „Hör auf!“ „Du liebst sie, nicht wahr? Ich meine nicht allein ihr Äußeres, sondern sie ist dir wichtig geworden. Du bist gerne bei ihr.“ Jetzt knurrt er nur noch, unterschwellig und leise. Er wirkt unsicher und verletzlich. Ich hätte nie geglaubt, dass es ihn so aus der Bahn werfen würde, sollte er eines Tages wieder Gefühle von Liebe und Zuneigung für jemanden empfinden. „Willst du dich über mich lustig machen?“ „Nein. Im Gegenteil, ich freue mich für dich und möchte dir helfen.“ „Es gibt nichts wobei du mir helfen könntest. In ein paar Tagen hauen wir wieder ab, sobald wir diesen Typen erledigt haben und danach wird alles wieder wie vorher sein.“ „Glaubst du das wirklich? Dass du einfach in ein paar Tagen von hier verschwinden kannst und deine Gefühle zusammen mit ihr vergessen kannst?“ Er sieht weg. „Du solltest mit ihr reden.“ Vergeblich versuche ich aus seinem Gesicht zu lesen, doch er wirkt wie versteinert. Seine Hand allerdings hält das Bierglas fest umklammert, so fest, dass ich fürchte es könnte jeden Moment zerbersten. „Rede mit ihr, ehrlich. Es hat-“ „Und worüber? Über die richtige Fellpflege für eine Katze?“ „Nein, natürlich nicht.“ „Du weißt doch selbst am besten, dass wir Chimären abstoßend auf normale Menschen wirken. Wie soll eine Frau also jemals…bereit sein mit so einer Kreatur leben zu wollen, geschweige denn...“ Er wirkt erschöpft. Und selten wie nie sehe ich, dass er mit den gleichen Problemen konfrontiert ist, wie ich es bin. Dass auch er ein empfindsames Wesen ist, das geliebt werden möchte, das sich nach Geborgenheit sehnt. Für mich war er immer ein Symbol für Stärke und Verlässlichkeit. Egal wie schlecht es mir ging, er hat mich stets vorangetrieben, damit ich mich selbst nicht aus den Augen verliere. Jetzt würde ich gerne ihm helfen. „Du solltest dich wenigstens von ihr verabschieden, mehr verlange ich nicht.“ In einem Zug leert er sein Bier, knallt das Glas regelrecht auf den Tisch. „Wir müssen gehen, wir haben immerhin noch einen Auftrag heute Nacht zu erfüllen.“ Und mit diesen Worten fegt er unser vorheriges Gesprächsthema einfach vom Tisch, als hätte es nie stattgefunden. Und stattdessen spielt er wieder den coolen Einzelgänger, den die Welt mal am Arsch lecken kann. Ich hasse ihn manchmal wirklich. Kapitel 21: Unter meiner Decke ------------------------------ 21. Zorro Unter meiner Decke Ich bin hier, weil Sanji es wollte. Auch trage ich ein Hemd, weil er mich dazu gezwungen hat. „So könnte ich nicht zu einer Dame gehen!“, tönte er wichtigtuerisch. Also habe ich diesen ollen Fetzen über mein Shirt gezogen. Es spannt ein wenig über meinem Bizeps. Zum Trainieren ist es jedenfalls nicht geeignet. Und bei einem Kampf würde es mich sicherlich stören. Aber der Fetzen ist so leicht, den könnte ich zur Not einfach in Stücke reißen. Warum nur habe ich mich von dem blonden Kochlöffel breitschlagen lassen? Aber er weiß leider nur zu gut, wie er mich manipulieren kann, damit ich letztendlich doch tue, was er möchte. Blöder Sack! Unser Schiff liegt in der Nähe des Hafens vor Anker, wir könnten schon längst auf dem Weg nach Hause sein. Weg aus dieser dreckigen Stadt, auf der Flucht vor mir selbst. Ich vermisse den weißen Sandstand, die frische Luft und die warme Sonne auf meiner Haut. Zuhause gibt es auch nur Menschen die Sanji und mich so akzeptieren wie wir sind, keiner muss sich verstellen. Doch mein toller Bruder bat Ruffy um Aufschub und auch Franky fand die Idee reizvoll noch einen Tag länger hierzubleiben. Weiß der Geier, was die hier wollen! Aber als ich Sanji zur Rede stellen wollte, ist er mir ausgewichen und meinte nur, ich solle mich von Robin anständig verabschieden. Das sei ich ihr schuldig. Na ja, das habe ich ja noch eingesehen. Allerdings dachte ich, dass er mitkäme, um noch einmal nach Nami zu sehen. Doch ehe ich mich versah, ist Sanji im nächsten Etablissement verschwunden und hat mich stehen gelassen. Wie gesagt, er weiß wie er es anstellen muss, damit er seinen Willen bekommt. Und Diskussionen führen bei mir eh zu nichts, also geht er dorthin, wohin ich ihm nicht folgen würde. Nicht weil mich in dieser Tanzbar die vielen nackten Frauen gestört hätten, aber das Bier ist dort mindestens fünfmal so teuer wie in einer normalen Bar und besser schmeckt es dort auch nicht. Franky, Lysop und Ruffy wünschten mir Glück, wobei auch immer, und ließen mich ebenfalls allein zurück. Na ja, Kaya erbarmte sich mir und wir sind zusammen noch ein kleines Abschiedsgeschenk für Robin kaufen gegangen. Ich bin froh, dass sie mich begleitet hat. Wer weiß, was ich sonst ausgesucht hätte. Obwohl… Verstohlen werfe ich einen Blick in die große Papiertüte in meiner Hand. Unter einem dünnen weißen Pergament befindet sich das Geschenk, das letztendlich doch ich allein ausgesucht habe. Kaya bestärkte mich aber darin es zu kaufen, auch was die Farbe betraf. Farben seien bei Geschenken sehr wichtig, meinte sie. Und ich dachte immer, die Funktionalität stünde im Vordergrund. Was weiß ich schon. Etwas unsicher blicke ich durch Robin’s Fenster. Es ist verschlossen logischerweise. Seit dem Vorfall neulich achtet sie noch mehr darauf, dass der Riegel immer gut eingerastet ist. Das ist auch mir lieber, nicht dass ihr doch noch etwas zustößt. Wieder steigt dieses ungute Gefühl in mir hoch, die Angst um Robin, die mich seit einiger Zeit begleitet. Sie ist nicht kämpferisch ausgebildet und ihre schlechte körperliche Verfassung trägt auch nicht gerade dazu bei, dass man sie und Nami getrost sich selbst überlassen könnte. Wie soll ich mich je an den Gedanken gewöhnen, dass sie zukünftig allein klarkommen muss? Mit allen Konsequenzen und Gefahren, die dieses Leben mit sich bringt. Ich muss gestehen, selten hat mich der Gedanke geplagt, was aus den Menschen wird, wenn wir wieder weg sind. Es gehörte nicht zu meinen Aufgaben und nur dafür lebte ich, meinen Job zu meistern. Doch nun stehe ich hier und weiß nicht, was zu tun ist. Was bin ich nur für ein Idiot! „Konzentrier dich gefälligst auf deine Aufgabe!“, schimpfe ich leise vor mich hin. Im Grunde geht es doch nur darum, dass Robin diese Tüte bekommt. Fertig! Wo könnte ich das Geschenk deponieren? Robin soll es sehen, aber einbrechen möchte ich nicht. Es würde ihr Trauma nur noch verstärken. Ans Geländer hängen? Nein, da könnte es runterfallen. Aufs Fensterbrett stellen? Ja, das könnte gehen. Ich beuge mich vor und versuche die Tüte so abzustellen, dass sie gegen das Glas der Fensterscheibe gelehnt stehen bleibt. Doch gerade als ich sie loslasse, fällt sie mir mit Schwung wieder entgegen, denn das Fenster wird geöffnet und Robin’s Kopf erscheint im Fensterrahmen. Sie sieht noch blasser aus als sonst. Stumm mustern wir uns, bis sie mir ein leises: „Hi“, entgegenhaucht. „Ja, …hi. Ich wollte nicht stören, nur dieses Teil vorbeibringen.“ Und weg ist sie. Weg, also verschwunden, zurück in ihr Zimmer. Was zur Hölle stimmt denn jetzt schon wieder nicht? Missmutig werfe ich einen Blick ins Innere, doch alles was ich sehe, ist eine weinende Robin, die sich mit dem Ärmel ihres Oberteils die Tränen aus dem Gesicht wischt. Was habe ich denn nun schon wieder verpasst? Kurzerhand werfe ich die Papiertüte in den Raum und klettere durch die Fensteröffnung ins Innere. Habe ich je in meiner menschlichen Form diese Wohnung durch die Tür betreten? Ich glaube nicht. „Du wirst verschwinden, nicht wahr?“ Überrascht sehe ich sie an, ihre verweinten Augen, dann nicke ich. „Ja. Mein Bruder und ich verlassen heute Nacht die Stadt.“ Wie ein Blitz trifft mich ihre Berührung, als sie sich mir entgegenwirft und ich sie reflexartig mit meinen Armen umschließe. Ganz vorsichtig halte ich sie an mich gedrückt, aus Angst ich könnte sie verletzen, scheint sie in den letzten Tagen sogar noch dünner geworden zu sein. Hat sie denn nichts gegessen? „Ich dachte schon, dass du gar nicht mehr kommst, auch nicht um dich zu verabschieden“, kommt es schließlich leise von ihr. „Du hast es gewusst?“ „Eher,“ sie schnieft kurz: „geahnt.“ Stumm stehen wir da, ihr Kopf ruht auf meiner Schulter und ihre heißen Tränen durchdringen hier und da mein Hemd, dass es mich innerlich schmerzt sie wieder einmal verletzt zu haben. „Ich habe dir etwas mitgebracht“, versuche ich sie ein wenig aufzumuntern, denn ich möchte nicht, dass sie weint. In der ersten Nacht, die ich hier oben in ihrem Zimmer verbracht habe und als kleiner Kater neben ihr schlief, da fing sie auch plötzlich an zu weinen und ich konnte nicht anders als eine ihrer glitzernden Tränen mit meiner Pfote berühren und dabei ihr Gesicht zu streifen. Ihre Hilflosigkeit macht mich jedes Mal aufs Neue fertig. „Ich…ich möchte keine Geschenke. Ich möchte, dass du hierbleibst.“ Überrascht will ich sie ansehen, doch schon im selben Augenblick spüre ich ihre scheuen Lippen kurz auf meinen, was mich noch mehr überrascht. Selten, dass eine Frau mir ihre Zuneigung zeigt, aber für mehr als ein kurzes Abenteuer hat es nie gereicht. Aber auch wenn ich sie jetzt gerne richtig küssen würde, von ihren roten Lippen kosten, ihr Körper meinem unterwerfen möchte, so weiß ich doch, dass es nicht das ist, was Robin möchte. Und auch für mich wäre das nicht genug. „Ich würde gerne zurück nach Hause, Robin.“ „Oh. Da…da wartet bestimmt auch jemand auf dich.“ Ein wenig perplex sehe ich sie an, ehe ich den Kopf schüttle und ihr widerspreche: „Nein, auf einen Mörder wie mich wartet niemand.“ Ich kann und möchte in diesem Moment Robin nicht in die Augen blicken, ihre Abneigung sehen, wenn ihr bewusst wird was ich wirklich bin. Eine Kreatur der Nacht, die den Tod bringt. So wende ich mich kurz von ihr ab, um mein Geschenk für sie vom Boden aufzuheben. Aber was ist schon ein Präsent von mir wert? Ich kann es noch nicht einmal vernünftig überreichen. Und an was soll es sie überhaupt erinnern? An das Blutbad? Meine Kaltblütigkeit? Wäre es nicht doch besser gewesen, ich wäre gar nicht erst in ihrem Leben aufgetaucht? Als ich sie zum ersten Mal sah, wie sie von diesen beiden Männern verfolgt wurde, da hätte ich mich auch umdrehen können und einfach meiner Wege gehen, doch ich kann es nicht leiden, wenn Menschen ihre physische Stärke dazu missbrauchen, andere aus purer Freude zu quälen, ihnen Leid zuzufügen, um sich daran zu ergötzen. Sie hätten sie aufs schlimmste gedemütigt und sich wahrscheinlich anschließend noch über sie lustig gemacht. Mit Schwung hebe ich die Papiertüte wieder auf und hole das Geschenk heraus. Robin wird es ja sonst doch nicht auspacken, aus lauter Bescheidenheit. „Ich hoffe, sie gefällt dir. Dann musst du im Winter nicht mehr frieren.“ Etwas unbeholfen falte ich die violette Decke auseinander, um sie ihr über die Schultern zu legen und wieder nur sieht sie mich mit ihren großen Augen an. „Die war bestimmt sehr teuer.“ Behutsam streicht sie mit ihrer Hand über den flauschigen Stoff. „Aber dennoch hat sie etwas mit allen anderen Decken dieser Welt gemeinsam: Unter ihr bin ich einsam und allein.“ Sie hätte mir auch ins Gesicht schlagen können, das hätte keinen Unterschied gemacht. „Dennoch freue ich mich über das schöne Geschenk. Ich habe leider nichts für dich.“ „Das ist nicht nötig. Ich…“ „Tust du mir einen Gefallen?“ „Wenn ich kann, gern.“ „Verrätst du mir noch deinen Namen? Ich möchte nämlich nicht, dass der Mann, der mir nachts meine Träume versüßt, nur der Mörder heißt.“ Augenblicklich wird mir warm und sicherlich ist in meinem Gesicht deutlich meine Verlegenheit zu sehen. Ich hätte nie gedacht, dass… „Entschuldige, ich wollte nicht unverschämt sein. Du bekommst bestimmt häufig so etwas von schöneren Frauen gesagt.“ „Nein, eigentlich nicht. Die meisten finden mich düster und unheimlich.“ Und das, obwohl keine von ihnen je meine andere Seite kennengelernt hat. Langsam tritt Robin nahe an mich heran, breitet ihre Arme aus, nur um sie in meinem Nacken wieder zu schließen, wobei sich ihre Decke wie ein Vorhang um uns legt. Als ob mir nicht auch so schon heiß genug wäre! Ihre Lippen glänzen verlockend, kommen immer näher, doch bevor wir uns vielleicht doch küssen könnten, fragt sie: „Und, Herr Mörder, wie lautet ihr werter Name?“ „Zorro“, bringe ich gerade noch heißer hervor, bevor ich sie gierig küsse. Kapitel 22: Wendepunkt ---------------------- 22. Zorro Wendepunkt Ich besitze Sinne, die andere Menschen nicht haben, aber auch nicht exakt so wie Katzen sie ihr Eigen nennen. Und da ich schon sehr lange auf diese Fähigkeiten zurückgreifen kann, irritiert es mich manchmal was Menschen alles entgeht, weil sie von Natur aus sich mehr auf ihre Augen verlassen. Ohren und Nase sind regelrecht unterentwickelt. Ihre Augen dagegen sind nicht schlecht, aber weit davon entfernt gut zu sein. Auch jetzt kann ich überdeutlich den Geruch von Verbranntem wahrnehmen, während Robin friedlich zu schlafen scheint. Ihr Kopf ruht auf meiner Schulter und ihr langes schwarzes Haar breitet sich wie eine Decke über meinen Arm aus, mit dem ich sie an mich gedrückt halte. Ein genauerer Blick verrät mir, dass sie tatsächlich schläft. Und das bei diesem Gestank! Vorsichtig schiebe ich Robin zur Seite, achte aber darauf, dass sie nicht aufwacht. Die letzten Nächte hat sie offenbar sehr wenig geschlafen, folglich möchte ich sie nicht unnötig wecken, sollte sich dieser Gestank als harmlos erweisen. Wer weiß, ob nicht die Nachbarn wieder ihren Grill auf der Feuerleiter aufgebaut haben. In einem Satz bin ich aus dem Bett, werfe einen kritischen Blick Richtung Fenster, ehe ich leise die Zimmertür öffne. Qualm! Er ist noch nicht bis zu Robins Zimmer nach oben gedrungen, doch das darunter liegende Wohnzimmer ist durchzogen von grauen Schleiern. Schnell schließe ich die Zimmertür, um wenigstens ein bisschen Zeit zu gewinnen, auch wenn klar ist, dass die einzig richtige Entscheidung ist das Haus zu verlassen. „Robin, steh auf! Los!“ Ruckartig entreiße ich Robin die Decke, was sie erschrocken aufwachen lässt. Verschlafen blinzelt sie mir entgegen, wirkt noch völlig schlaftrunken. „Was ist denn los?“, nuschelt sie und blinzelt mich an. „Das Haus brennt! Zieh dich an, wir treffen uns auf der Feuertreppe vor der Küche. Ich hole Nami“, entgegne ich knapp, während ich eilig in meine Schuhe schlüpfe und mein Handy in meine Hosentasche schiebe. „Es brennt? Oh Gott! Wieso…?“, höre ich Robin murmeln, die noch immer nicht ganz wach wirkt. „Mach dir keine Sorgen, es wird schon nicht so schlimm sein. Wir sehen uns gleich draußen.“ Ein letzter prüfender Blick durch den Raum, ehe ich die Zimmertür kurz öffne und Robin allein lasse. Jetzt muss ich mich erst einmal um Nami kümmern. In einem Satz springe ich die Treppe nach unten, versuche nicht zu atmen. In der Küche angekommen lasse ich mich auf alle Viere fallen und krabble in Namis Zimmer. Die Rauchbelastung ist hier deutlich höher als bei Robin oben. Feuer sehe ich allerdings keins. „Steh auf! Nami! Steh auf, es brennt!“, rufe ich laut, um die junge Frau zu wecken und zerre dabei an ihrer Decke, in die sie sich fest eingerollt hat. „Wer?“ Müde reibt sich Nami die Augen, bis sie den Ernst der Lage von selbst zu erkennen scheint: „Rauch? Doch nicht etwa Feuer?!“ Panisch sieht sie sich um, dennoch rührt sie sich nicht aus dem Bett. „Los, wir müssen hier raus!“, herrsche ich sie an und zeige zur Tür. „Wer bist du? Wie kommst du hierher?“ „Können wir das draußen besprechen?“ Langsam werde ich ärgerlich. „Bist du der Typ, mit dem Robin in letzter Zeit ständig rumhängt?“ Entgeistert starre ich meine Gegenüber an. Hat sie denn im Moment keine anderen Probleme, als sich zu fragen, mit wem ihre Freundin sich trifft? Frauen! Ich möchte doch meinen, dass selbst sie als Mensch mit ihren eingeschränkten Sinnen erkennen müsste, dass jetzt keine Zeit für Smalltalk ist. Aber anstatt sich endlich in Bewegung zu setzen, denkt sie lieber über Dinge nach, die sie nur bedingt etwas angehen. „Robin wartet auf der Feuertreppe auf uns. Beeil dich lieber, wenn du lebend hier rauskommen willst.“ „Was ist mit unseren Sachen?“ „Dafür reicht die Zeit nicht!“ Ich wende mich zum Gehen und so dauert es auch keine zwei Sekunden, bis Nami mir folgt. Die Küche ist erfüllt von grauen Nebelschwaden und der beißende Geruch treibt mir die Tränen in die Augen. Hinter mir höre ich Nami husten. Schnell packe ich sie am Arm und ziehe sie zum Fenster, vor dem Robin steht und auf uns wartet. Erleichterung ist deutlich in ihrem Gesicht zu erkennen als sie mir dankbar zulächelt. „Lauft zügig runter, aber stolpert nicht. Ich rufe meinen Kumpel an, damit er uns abholt.“ Wo steckt Sanji schon wieder? Dieser unzuverlässige Koch! Genervt ziehe ich mein Handy aus der Hosentasche und rufe Franky an. Sollte sich der Kochlöffel noch immer in dieser Stripteasebar befinden, ist er jetzt eh nicht zu gebrauchen. „Was gibt’s, Bro?“, flötet Franky am anderen Ende der Leitung. „Kannst du uns in der kleinen Seitenstraße bei unserer Behausung abholen? Hier brennt es. Wir sind zu dritt.“ „Feuer? Ich hörte ja schon, dass du Feuer und Flamme für die Schwarzhaarige bist. Dass du auch immer übertreiben musst.“ „Sehr witzig. Beweg lieber deinen Hintern hierher, bevor die Einsatzfahrzeuge anrücken.“ Genervt lege ich auf, werde ich doch ohnehin nicht darum herumkommen mir dumme Sprüche anhören zu müssen. Auf dem Weg nach unten blicke ich in die Fenster der anderen Wohnungen, doch dort ist kein Rauch oder gar Feuer zu sehen. Eigenartig. Das Feuer muss also oben ausgebrochen sein. Ob jemand versucht hat die beiden Frauen zu töten? Aber weshalb? Einen Hinweis auf die Mafia oder Gangs konnten wir bis jetzt in ihrem Umfeld nicht erkennen. Auch das Wettbüro ist eher schlecht geführt als das Versteck von Geldwäschern. Unten angekommen, warten die beiden Frauen schon auf mich. Nami grinst trotz brennender Wohnung, was mich stark an meinen Bruder erinnert, während Robin kritisch die Menschen um uns beäugt. „Ein Freund holt uns ab. Ihr könnt natürlich auch hierbleiben und auf die Einsatzkräfte warten. Allerdings werden die nicht großartig Zeit für euch haben.“ „Robin vertraut dir, dann tue ich das auch.“ Irritiert sehe ich Nami an. Außer meinen Freunden hat mir noch nie jemand vertraut. Mein Blick wandert weiter zu Robin und erst jetzt fällt mir auf, dass sie mein Hemd zu ihrer Jeans trägt. „Ich…entschuldige…“ „Steht dir eh besser als mir.“ Und aus irgendeinem Grund spüre ich, dass ich leicht lächle. Frauen! Die machen mich fertig! Wir erreichen die kleine Gasse, doch noch immer ist keine Spur zu sehen von Polizei oder Feuerwehr. Kurz werfe ich einen neugierigen Blick zurück, sehe Menschen aus dem Gebäude laufen, doch keiner hält an. Die Ratten verlassen das sinkende Schiff. Wer weiß, was diesen Brand verursacht hat. Aus dem Dachstuhl steigt eine dunkle Rauchsäule und nun kann man auch deutlich Flammen erkennen. Doch lange Zeit zum Grübeln bliebt nicht, denn Frankys Glitzerkarre in Himmelblau mit goldenen Sternen kommt um die Ecke gefahren. Zum Glück kann man diese alles andere als unauffällige Lackierung bei Nacht nicht so gut erkennen. Robin und Nami wären sicherlich vom Glauben abgefallen. „Yo, hier bin ich!“, brüllt Franky in gewohnter Manier durchs offene Fenster. Die hintere Schiebetür öffnet sich und wir können einsteigen. Robin mit ihrer Freundin in der hinteren Reihe, ich gehe nach vorne zu Franky. „Ladies, willkommen in meinem SUPERBUS! Getränke findet ihr in der Minibar zu eurer Linken. Bedient euch! Etwas Musik gefällig?“ „Lass den Scheiß“, knurre ich genervt, stört sein Gebrabbel doch meine Gedanken. Vielleicht wäre es besser gewesen wir wären gestern abgereist, so wie es ursprünglich geplant war. Allein für diesen Gedanken schon, möchte ich mich ohrfeigen. Robin wäre niemals rechtzeitig aus der Wohnung gekommen und womöglich an einer Rauchvergiftung gestorben. „Du hast ja wieder eine Laune. Im Handschuhfach ist übrigens noch ein Ersatzhemd, deins hast du ja verliehen, wie ich sehe. Will ich wissen was passiert ist, bevor euch das Feuer überrascht hat?“ „Nein, willst du nicht!“, blaffe ich ihn an. „Ich hasse Hemden, deshalb habe ich es ausgezogen. Außerdem ist es ja nicht so, dass ich nichts an hätte. Mein Shirt reicht doch!“ „Also ich würde es auch gerne wissen“, höre ich Nami sagen. Müde reibe ich mir über die Augen. Habe ich schon einmal erwähnt, dass ich meine Freunde hasse und Frauen mir den letzten Nerv rauben? „Wo fahren wir überhaupt hin?“, frage ich, als hätte ich Nami’s Bemerkung nicht gehört. Mal abgesehen davon, dass es nichts zu erzählen gibt, zumindest nicht so viel wie Nami und Franky glauben. „In der Nähe der Bucht gibt es ein nettes Restaurant in einer Holzhütte und man kann den Dachboden als Gruppe zum Übernachten buchen. Ist scheinbar noch so ein Relikt aus Tagen, als Gastarbeiter durch die Lande zogen. Echt gemütlich, was die zwei alten Leute daraus gemacht haben.“ Franky faselt noch etwas über das Essen und ein Kaminzimmer, doch mein Blick ist ins Leere gerichtet und ich höre nicht wirklich zu, denn ich habe andere Sorgen. Was soll aus Robin und Nami werden? Wo und wie werden sie leben? Wie bekomme ich diese Frau wieder aus meinem Kopf? Zu viele Fragen und zu wenig Antworten. Am besten wird es sein, wenn ich mit Kaya darüber spreche. Sie ist die Einzige, die genügend Verstand besitzt, um mir eine vernünftige Antwort auf meine Fragen geben zu können und die mich nicht auslacht. „Da wären wir!“ Franky bringt den Bus zum Stehen und ich bin doch gespannt darauf zu sehen, ob es hier wirklich so toll ist wie er behauptet hat. Nami und Robin können etwas Ablenkung gebrauchen, nachdem ihr Zuhause in Flammen steht. Ich steige aus, um den beiden die Tür zu öffnen. Doch als ich diese mit Schwung aufreiße und die beiden etwas zusammengesunken dort sitzen sehe, Robin in meinem Hemd und Nami im Schlafanzug, wird mir klar, dass es nicht so einfach werden wird, wie ich mir das wünsche. „Hey, alles klar bei euch?“ „Gut, dass du kommst, Kaya.“ Sie kommt echt wie gerufen. „Nami braucht etwas zum Anziehen.“ Und wie es die Art unserer Ärztin ist, streckt sie freundlich lächelnd den Kopf durch die Tür des Bullis und stellt sich bei Nami und Robin erst einmal vor. Ich ziehe mich ein wenig zurück, denn ich muss nicht dabei zusehen, wie Nami sich umzieht. Zum einen interessiere ich mich nicht für sie und zum zweiten wird sie bestimmt genauso ein Gerippe sein wie Robin. Ich bin vorhin wirklich erschrocken, als ich Robin beim Küssen unter das Shirt gefasst habe, um ihre zarte Haut am Rücken zu streicheln und sie ein bisschen zu erkunden. Ich konnte überdeutlich ihre Rippen spüren, jede einzelne. Es scheint allerdings nicht nur am Essen zu liegen, denn Sanji und ich haben ein paar Vorräte bei den beiden deponiert, damit sie wenigstens in nächster Zeit besser über die Runden kommen. Ich vermute, dass Robin dieser Vorfall doch stärker aufs Gemüt geschlagen hat, als ich zuerst angenommen habe und sie deshalb keinen Appetit hat. Denn ich kann mich erinnern, dass sie ganz zu Beginn unseres Auftauchens zwar auch sehr schlank war, aber dennoch einigermaßen schöne weibliche Kurven hatte. Jetzt ist davon wenig zu sehen. Das surrende Geräusch der Autotür holt mich zurück in die Realität und ich versuche nicht allzu besorgt auszusehen, als Kaya mit den beiden Frauen aussteigt und zu mir kommt. Offensichtlich hat Kaya Nami mit ein paar Klamotten aushelfen können. Die Hose scheint von ihr zu sein, während das Hemd aussieht, als würde es Ruffy gehören. „Ladys! Darf ich euch zu meiner Party einladen!?“ Franky wirft sich in Pose und auch wenn das wieder völlig übertrieben ist, so bin ich ihm doch dankbar, denn so sorgt er dafür, dass den beiden Frauen die peinliche Frage erspart bleibt, wie sie denn das Essen bezahlen sollen. Kurz zögere ich noch, dann nehme ich Robin’s Hand. Scheu sieht sie mich an und auch ich spüre eine gewisse Verlegenheit. „Dann lass uns mal schauen, ob es hier wirklich so toll ist, wie Franky behauptet.“ Sie nickt und ihre Hand schließt sich ein wenig fester um meine. „Hey Bro, die haben hier einen tollen irischen Whiskey. Nach dem Essen sollten wir den testen. Ausgiebig testen.“ Franky führt uns in die Gaststube und weiter bis ins geräumige Nebenzimmer, wo bereits die anderen sich tummeln und offensichtlich schon mit dem Essen angefangen haben. Ruffy brüllt uns etwas entgegen, wobei das meiste in lauten Schmatzgeräuschen untergeht. Wie immer ist er bester Laune, auch wenn Sanji ihn tadelt, dass er sich so nicht im Beisein von drei Damen benehmen soll. Als ob das helfen würde unserem Captain ein bisschen Benehmen beizubringen. „Das ist unser Captain. Er heißt Ruffy. Wenn er fertig mit essen ist, kann man auch besser verstehen was er sagt. Der blonde Typ ist mein Bruder Sanji.“ „Ihn habe ich schon einmal kurz gesehen, nach…nach dem Vorfall“, meint Robin und ich nicke. „Stimmt. Neben ihm sitzt Kaya, aber die habt ihr ja schon kennengelernt. Sie ist unsere Ärztin. Ihr Freund Lysop ist der Typ mit der langen Nase, der gerade mit Franky beim Buffet steht. Die beiden sind sehr geschickte Handwerker.“ „Haben sie diese Zeltstadt für die Obdachlosen gebaut?“ „Ja, ganz recht. Aber jetzt lasst uns etwas essen.“ Kapitel 23: Wahrheiten ---------------------- 23. Zorro Wahrheiten Anstatt mit Kaya, hatte ich ein klärendes Gespräch mit Ruffy. Und auch wenn unser Captain die meiste Zeit ein wenig dümmlich und vor allem kindisch rüberkommt, so war er dieses Mal besonders souverän. Schon als er auf mich zukam, konnte ich die Wichtigkeit seines Anliegens in seinen Augen erkennen. Es ist selten, dass er sich so ernst gibt, aber ich bin froh, dass er als unser Anführer diese Eigenschaft besitzt. „Ich akzeptiere jede deiner Entscheidungen“, hatte er am Ende unserer Unterhaltung gesagt. „Jede.“ Aber er weiß auch, dass ich mir mit der Wahrheit um meine Person schwer tue und bot an mir mehr Zeit zu geben. Aber Zeit wofür? Macht es wirklich Sinn das Unvermeidliche hinauszuzögern? Früher oder später muss ich diese Entscheidung eh fällen, da führt kein Weg dran vorbei. Lasse ich Robin hier zurück oder frage ich sie, ob sie mit uns kommen möchte? An sich klingt es leicht, aber sollte ich Robin bitten mitzukommen, muss ich ihr die Wahrheit über meine Person sagen. Dass ich mich in einen schwarzen Kater verwandeln kann und dass Sanji und ich das Resultat eines grausamen Experiments sind. Dass mein Körper gezeichnet von Narben ist und ich als Chimäre andere Eigenschaften besitze als normale Menschen. Ich bin ein Mörder, habe viele Menschen auf dem Gewissen und bin somit ein Gesetzloser. Ob Robin all das ertragen kann, weiß ich nicht. Und selbst wenn sie wider Erwarten mit all diesen Dingen klarkommen würde, ist es vielleicht anmaßend von mir zu verlangen, dass sie ihre Heimat verlassen soll. Gut, es gibt schönere Städte, aber vielleicht hat sie ja noch ein paar Verwandte hier leben. Nachdenklich blicke ich in mein Whiskeyglas, beobachte die goldene Flüssigkeit, aber eine Antwort finde ich darin auch nicht. „Ich muss mit Robin reden“, meine ich leise, aber Franky hat mich dennoch verstanden. Er nickt. „Ja, das solltest du. Sie ist ein klasse Mädchen.“ Fest packt er mich am Arm und sieht mir eindringlich in die Augen: „Und du bist ein toller Kerl und das weiß sie. Und egal was passiert, wir halten zu dir und mögen dich so wie du bist. Auch wenn du das nicht gerne hörst.“ „Spinner.“ In einem Zug leere ich mein Glas, denn über Gefühle rede ich nicht gern. „Geh nach oben, ich schicke sie dir hinterher. Dort solltest du in Ruhe mit ihr reden oder ihr amüsiert euch erst ein bisschen. Ich halte euch auch den Rücken frei.“ „Bestimmt nicht!“ Man, schon nervt er mich wieder! „War mir schon klar, dass du nicht mit ihr im Bett warst. Du bist einfach zu verbissen dafür. Aber hey, sie scheint deine Art zu mögen und nur darauf kommt es an. Geh nach oben und ich sage ihr, dass du dort auf sie wartest. Und wenn sie schreiend davonläuft, werde ich dich so abfüllen, dass du morgen ganz sicher nicht mehr weißt was vorgefallen ist.“ „Na toll!“ „Ich bin immer für dich da, Bro. Und jetzt geh, bevor du noch deinem Katzenjammer erliegst.“ Er nimmt mir das Glas aus der Hand und wendet sich von mir ab. Manchmal hasse ich ihn dafür, dass er so fürsorglich ist. Aber durch ihn habe ich gelernt, dass Freundschaft ein ständiger Fluss von Geben und Nehmen ist. Und je mehr man von sich selbst gibt, desto mehr bekommt man auch zurück. Wir sind ein eingeschworener Haufen von Träumern, die an der Grenze von Licht und Schatten leben. Und für nichts auf der Welt möchte ich dieses Leben wieder aufgeben müssen. Lieber sterbe ich. Tief atme ich durch und gehe raus in den Flur, wo eine schmale Holztreppe in den ersten Stock zu den Schlafräumen führt. Dieses kleine Hotel ist schon nicht schlecht. Ich frage mich, wer es entdeckt hat. Ich tippe ja spontan auf Lysop, denn er liebt es sich vor einem unserer Trips genaustens über die Orte zu informieren und sucht nach Geheimtipps, die er uns dann nicht ohne Stolz präsentieren kann. Irgendwie haben wir alle einen an der Waffel. Oben angekommen betrete ich den rechten Schlafraum, in dem einfach mehrere Betten und zwei Kleiderschränke stehen. Schlicht, aber sauber. Genau der richtige Treffpunkt, um als Team wieder zusammenzukommen und die Rückreise anzutreten. Und nun? Soll ich mich wirklich vor Robin’s Augen in eine Katze verwandeln? Nein, besser wird es sein, wenn ich mich als Katze in einen Menschen verwandle. Sollte sie nicht direkt in Ohnmacht fallen, wird sie mit mir sprechen wollen und als Katze geht das schlecht. Ich konzentriere mich auf einen Punkt im Raum und spüre, wie mein Körper sich zu verändern beginnt und meine Kleidung sich auflöst. Schon hunderte Male habe ich das getan, aber selten war ich so aufgeregt wie jetzt. Kaum dass meine Verwandlung abgeschlossen ist, strecke ich mich erst einmal, um meine Glieder umzugewöhnen, dann springe ich auf eines der Betten und lege mich auf den Bauch, den Kopf auf den Vorderpfoten. Wenn ich mich vor Robin‘s Augen zurückverwandle, wird das schon erschreckend genug für sie sein, da braucht sie mich nicht auch noch komplett nackt zu sehen. Meine Narbe ist auch kein Anblick, der jedem behagt. Gibt es überhaupt etwas an mir, das nicht bedrohlich oder abschreckend wirkt? Vielleicht sollte ich mich mit den Jungs hemmungslos besaufen und alles vergessen. Wütend schnaube ich, denn ich muss daran denken, was Kaya zu mir gesagt hat, als wir uns das erste Mal begegnet sind. Sie war Ärztin in einer kleinen Stadt und Ruffy und Lysop lernten sie bei einer unserer Missionen kennen. Unser Scharfschütze hatte sich schwer verletzt und Ruffy brachte ihn wohl in Kaya’s Praxis. Die Langnase und sie verliebten sich ineinander und der Rest ist Geschichte. Jedenfalls trafen wir uns das erste Mal in der Kombüse unseres Schiffes und Ruffy meinte, dass sie mit uns kommen wolle, aber es vielleicht besser wäre, wenn sie vorher über alles Bescheid wisse. Aber ich weigerte mich ihr mein Geheimnis anzuvertrauen. Nicht weil sie mir unsympathisch war, sondern weil ich sie wirklich nett fand und nicht daran schuld sein wollte, wenn sie Lysop aufgrund meiner Abartigkeit verlassen würde. Sanji erging es da nicht viel besser. Also zog sie ihr Shirt aus, so dass sie nur noch im BH vor uns stand und zeigte uns ihre Brandmale, die ihr jemand mit einer Zigarette vor einiger Zeit im Dekolleté verpasst hatte, nur um sie zu erniedrigen. „Wenn ihr nicht wollt, dass ich mitkomme, weil ich euch nicht hübsch genug bin, dann sagt es lieber gleich. Ich möchte nicht mehr angelogen werden!“ Ich werde nie ihren entschlossenen Blick vergessen, aber auch nicht die Tränen, die sie versuchte mit Macht zurückzuhalten. Und sie hatte recht, heute wie damals. Ich möchte nicht mit einer Lüge leben und weglaufen ist auch keine Option. Und wenn mir jemandes Meinung wichtig ist, dann ist es die von Kaya. Denn sie lief nicht weg, fiel auch nicht in Ohnmacht oder machte sich über uns lustig, sie nahm uns an so wie wir sind. Und wie keine Zweite kümmert sie sich um uns, denn diese Verwandlung bringt ja nicht nur Vorteile mit sich. Doch meine Gedanken werden jäh unterbrochen, als die Tür sich einen Spalt breit öffnet und Robin leise nach mir ruft. Das ist so typisch für sie und ich mag diese ruhige unaufdringliche Art unheimlich an ihr. Die Tür öffnet sich ganz und Robin tritt ein. Doch es bedarf kaum eines Augenblicks, da hat sie mich entdeckt: „Shadow? Wie kommst du hierher?“ Sie kommt auf mich zu, doch ich fauche sie an, damit sie stehenbleibt. Irritiert verharrt sie an Ort und Stelle und ich sehe deutlich, dass es in ihrem Kopf viele Fragen gibt, auf die sie keine Antwort findet. Wieder beginne ich mich zu verwandeln, dieses Mal von Tier zu Mensch. Und auch wenn ich Angst vor ihrer Reaktion habe, so lasse ich sie dennoch keinen Moment aus den Augen. Wir müssen uns beide der Wahrheit stellen, daran gibt es keinen Zweifel. Erschrocken weicht Robin ein paar Schritte zurück, bis sie mit dem Rücken gegen den Türrahmen prallt. Ihr Blick ist wie gebannt auf mich gerichtet, aber kein Wort kommt über ihre Lippen. Inzwischen bin ich beinahe wieder ein kompletter Mensch, nur meine Eckzähne noch nicht ganz zurückgebildet, dafür aber meine Kleidung fast schon da, so dass ich mich aufrichten und das Bett wieder verlassen kann. Dennoch bleibe ich in Entfernung zu Robin stehen, möchte sie nicht zusätzlich verängstigen. Sie dagegen mustert mich von unten bis oben, bis unsere Blicke sich schließlich treffen. Stumm sieht sie mir in die Augen, kann förmlich ihre Gedanken rasen hören und dann: „Hast du mich deshalb gebissen?“ „Was?“, frage ich zurück und weiß nicht, ob ich froh darüber sein soll, dass Robin nicht vor mir geflüchtet ist oder entsetzt, dass ich bei unserem kleinen Spielchen in ihrem Bett die Kontrolle für einen Moment wohl verloren hatte. „Kater beißen doch beim…also die Katze.“ Ihre Hand wandert reflexartig zu ihrem Hals, in den ich mich tatsächlich vor wenigen Stunden ein wenig verbissen hatte, nachdem ich sie sehr intensiv erkundet und provoziert hatte. Wie gerne wäre ich in diesem Moment weitergegangen, aber dann hätte ich sie bestimmt richtig gebissen. Keine Ahnung, warum das manchmal so ist. „Das weiß ich nicht“, antworte ich leiser, als beabsichtigt. Schweigend stehen wir da, doch sie sieht mich nicht mehr an. Ihr Blick geht an mir vorbei, sie wirkt wie in Gedanken versunken. „Hat es dich amüsiert, als ich dich in deiner Katzenform fragte, ob du dich in einen hübschen jungen Mann verwandeln könntest, wenn ich dich küsse?“ Das weiß sie noch? „Nein. Ich hatte eher die Befürchtung, dass du mich verstoßen würdest.“ Wieder schweigt sie, bis sie mich erneut überrascht: „Ist Snowflake also dein Bruder Sanji?“ „Ja, so ist es. Nami wird hoffentlich nicht allzu schockiert sein, wenn sie es erfährt.“ „Warum hast du es mir überhaupt verraten? Du hättest einfach so verschwinden können und mich im Unklaren darüber lassen, was aus Shadow geworden ist. Könnte dir ja egal sein, ob ich euer beider Verlust hätte verschmerzen müssen.“ Sie weint beinah. „Was willst du denn von diesem verlausten Kater? Ich habe nichts anderes getan, als zu pennen.“ „Du hast mich gewärmt und ich war nicht allein. Und jetzt verliere ich alles, selbst die schöne Decke, die du mir geschenkt hast.“ „Vergiss die Decke. Wir mussten das Haus so schnell wie möglich verlassen, alles andere wäre fahrlässig gewesen. Außerdem kann ich dir eine neue kaufen.“ „Das wäre nicht das gleiche. Unter dieser Decke habe ich mich zum ersten Mal richtig geborgen gefühlt. Ich konnte beruhigt in deinen Armen einschlafen, denn du warst für mich da und ich wusste, dass du mich vor meinen Albträumen beschützen wirst. Und keiner weiß, ob Nami und ich rechtzeitig aus dem Haus gekommen wären, wenn du nicht bei mir gewesen wärst.“ Doch anstatt ihr zu antworten, beobachte ich nur ihre dicken Tränen über ihre Wangen kullern. Was soll ich bloß tun? Sie in den Arm nehmen? Würde sie das wollen? „Und nun? Wolltest du dir noch einen netten Abend mit mir machen, bevor du verschwindest? Was anderes kennt ihr Jungs ja nicht.“ Wütend funkelt sie mich an, doch ich sehe auch ihre Verzweiflung. Ich hätte wissen müssen, dass es für Robin nicht am schwierigsten ist mein Äußeres zu akzeptieren, sondern mir Vertrauen zu schenken. Bis auf Nami kenne ich niemanden, dem sie vertraut. „Meinst du nicht, dass es in der Vergangenheit genug Gelegenheiten gegeben hätte, wenn es mir nur darum ginge dich ins Bett zu kriegen? Und sind wir mal ehrlich, du siehst immer mehr aus wie ein wandelndes Skelett, anstatt wie eine Frau, obwohl wir euch Essensvorräte gebracht haben, von denen ihr auch Gebrauch macht. Ich befürchte, dass Nami und du schlimm erkrankt seid und da denke ich beim Anblick deiner blassen Haut bestimmt nicht daran, mit dir ins Bett zu steigen, sondern daran, was der Grund für euer Leid ist.“ Ihr Gesicht zeigt nur noch Hilflosigkeit und das kann ich gut verstehen. „Ich weiß auch nicht, was mit uns nicht stimmt. Wir essen dank euch mehr als jemals zuvor, doch es ist wie verhext.“ Bevor sie ganz in sich zusammenbricht, eile ich die wenigen Schritte die zwischen uns liegen zu ihr und halte sie fest. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich damit richtig verhalte, aber da Robin sich nicht dagegen wehrt, sondern sich eher an mich schmiegt, kann diese Umarmung so falsch nicht sein. „Kaya ist unsere Ärztin. Sie könnte euch untersuchen, wenn ihr möchtet. Du brauchst auch keine Angst vor ihr zu haben, sie ist sehr vorsichtig und sehr gebildet. Wenn euch jemand helfen kann, dann sicherlich sie.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)