Two Cats - Two Assassins von Stoechbiene ================================================================================ Kapitel 23: Wahrheiten ---------------------- 23. Zorro Wahrheiten Anstatt mit Kaya, hatte ich ein klärendes Gespräch mit Ruffy. Und auch wenn unser Captain die meiste Zeit ein wenig dümmlich und vor allem kindisch rüberkommt, so war er dieses Mal besonders souverän. Schon als er auf mich zukam, konnte ich die Wichtigkeit seines Anliegens in seinen Augen erkennen. Es ist selten, dass er sich so ernst gibt, aber ich bin froh, dass er als unser Anführer diese Eigenschaft besitzt. „Ich akzeptiere jede deiner Entscheidungen“, hatte er am Ende unserer Unterhaltung gesagt. „Jede.“ Aber er weiß auch, dass ich mir mit der Wahrheit um meine Person schwer tue und bot an mir mehr Zeit zu geben. Aber Zeit wofür? Macht es wirklich Sinn das Unvermeidliche hinauszuzögern? Früher oder später muss ich diese Entscheidung eh fällen, da führt kein Weg dran vorbei. Lasse ich Robin hier zurück oder frage ich sie, ob sie mit uns kommen möchte? An sich klingt es leicht, aber sollte ich Robin bitten mitzukommen, muss ich ihr die Wahrheit über meine Person sagen. Dass ich mich in einen schwarzen Kater verwandeln kann und dass Sanji und ich das Resultat eines grausamen Experiments sind. Dass mein Körper gezeichnet von Narben ist und ich als Chimäre andere Eigenschaften besitze als normale Menschen. Ich bin ein Mörder, habe viele Menschen auf dem Gewissen und bin somit ein Gesetzloser. Ob Robin all das ertragen kann, weiß ich nicht. Und selbst wenn sie wider Erwarten mit all diesen Dingen klarkommen würde, ist es vielleicht anmaßend von mir zu verlangen, dass sie ihre Heimat verlassen soll. Gut, es gibt schönere Städte, aber vielleicht hat sie ja noch ein paar Verwandte hier leben. Nachdenklich blicke ich in mein Whiskeyglas, beobachte die goldene Flüssigkeit, aber eine Antwort finde ich darin auch nicht. „Ich muss mit Robin reden“, meine ich leise, aber Franky hat mich dennoch verstanden. Er nickt. „Ja, das solltest du. Sie ist ein klasse Mädchen.“ Fest packt er mich am Arm und sieht mir eindringlich in die Augen: „Und du bist ein toller Kerl und das weiß sie. Und egal was passiert, wir halten zu dir und mögen dich so wie du bist. Auch wenn du das nicht gerne hörst.“ „Spinner.“ In einem Zug leere ich mein Glas, denn über Gefühle rede ich nicht gern. „Geh nach oben, ich schicke sie dir hinterher. Dort solltest du in Ruhe mit ihr reden oder ihr amüsiert euch erst ein bisschen. Ich halte euch auch den Rücken frei.“ „Bestimmt nicht!“ Man, schon nervt er mich wieder! „War mir schon klar, dass du nicht mit ihr im Bett warst. Du bist einfach zu verbissen dafür. Aber hey, sie scheint deine Art zu mögen und nur darauf kommt es an. Geh nach oben und ich sage ihr, dass du dort auf sie wartest. Und wenn sie schreiend davonläuft, werde ich dich so abfüllen, dass du morgen ganz sicher nicht mehr weißt was vorgefallen ist.“ „Na toll!“ „Ich bin immer für dich da, Bro. Und jetzt geh, bevor du noch deinem Katzenjammer erliegst.“ Er nimmt mir das Glas aus der Hand und wendet sich von mir ab. Manchmal hasse ich ihn dafür, dass er so fürsorglich ist. Aber durch ihn habe ich gelernt, dass Freundschaft ein ständiger Fluss von Geben und Nehmen ist. Und je mehr man von sich selbst gibt, desto mehr bekommt man auch zurück. Wir sind ein eingeschworener Haufen von Träumern, die an der Grenze von Licht und Schatten leben. Und für nichts auf der Welt möchte ich dieses Leben wieder aufgeben müssen. Lieber sterbe ich. Tief atme ich durch und gehe raus in den Flur, wo eine schmale Holztreppe in den ersten Stock zu den Schlafräumen führt. Dieses kleine Hotel ist schon nicht schlecht. Ich frage mich, wer es entdeckt hat. Ich tippe ja spontan auf Lysop, denn er liebt es sich vor einem unserer Trips genaustens über die Orte zu informieren und sucht nach Geheimtipps, die er uns dann nicht ohne Stolz präsentieren kann. Irgendwie haben wir alle einen an der Waffel. Oben angekommen betrete ich den rechten Schlafraum, in dem einfach mehrere Betten und zwei Kleiderschränke stehen. Schlicht, aber sauber. Genau der richtige Treffpunkt, um als Team wieder zusammenzukommen und die Rückreise anzutreten. Und nun? Soll ich mich wirklich vor Robin’s Augen in eine Katze verwandeln? Nein, besser wird es sein, wenn ich mich als Katze in einen Menschen verwandle. Sollte sie nicht direkt in Ohnmacht fallen, wird sie mit mir sprechen wollen und als Katze geht das schlecht. Ich konzentriere mich auf einen Punkt im Raum und spüre, wie mein Körper sich zu verändern beginnt und meine Kleidung sich auflöst. Schon hunderte Male habe ich das getan, aber selten war ich so aufgeregt wie jetzt. Kaum dass meine Verwandlung abgeschlossen ist, strecke ich mich erst einmal, um meine Glieder umzugewöhnen, dann springe ich auf eines der Betten und lege mich auf den Bauch, den Kopf auf den Vorderpfoten. Wenn ich mich vor Robin‘s Augen zurückverwandle, wird das schon erschreckend genug für sie sein, da braucht sie mich nicht auch noch komplett nackt zu sehen. Meine Narbe ist auch kein Anblick, der jedem behagt. Gibt es überhaupt etwas an mir, das nicht bedrohlich oder abschreckend wirkt? Vielleicht sollte ich mich mit den Jungs hemmungslos besaufen und alles vergessen. Wütend schnaube ich, denn ich muss daran denken, was Kaya zu mir gesagt hat, als wir uns das erste Mal begegnet sind. Sie war Ärztin in einer kleinen Stadt und Ruffy und Lysop lernten sie bei einer unserer Missionen kennen. Unser Scharfschütze hatte sich schwer verletzt und Ruffy brachte ihn wohl in Kaya’s Praxis. Die Langnase und sie verliebten sich ineinander und der Rest ist Geschichte. Jedenfalls trafen wir uns das erste Mal in der Kombüse unseres Schiffes und Ruffy meinte, dass sie mit uns kommen wolle, aber es vielleicht besser wäre, wenn sie vorher über alles Bescheid wisse. Aber ich weigerte mich ihr mein Geheimnis anzuvertrauen. Nicht weil sie mir unsympathisch war, sondern weil ich sie wirklich nett fand und nicht daran schuld sein wollte, wenn sie Lysop aufgrund meiner Abartigkeit verlassen würde. Sanji erging es da nicht viel besser. Also zog sie ihr Shirt aus, so dass sie nur noch im BH vor uns stand und zeigte uns ihre Brandmale, die ihr jemand mit einer Zigarette vor einiger Zeit im Dekolleté verpasst hatte, nur um sie zu erniedrigen. „Wenn ihr nicht wollt, dass ich mitkomme, weil ich euch nicht hübsch genug bin, dann sagt es lieber gleich. Ich möchte nicht mehr angelogen werden!“ Ich werde nie ihren entschlossenen Blick vergessen, aber auch nicht die Tränen, die sie versuchte mit Macht zurückzuhalten. Und sie hatte recht, heute wie damals. Ich möchte nicht mit einer Lüge leben und weglaufen ist auch keine Option. Und wenn mir jemandes Meinung wichtig ist, dann ist es die von Kaya. Denn sie lief nicht weg, fiel auch nicht in Ohnmacht oder machte sich über uns lustig, sie nahm uns an so wie wir sind. Und wie keine Zweite kümmert sie sich um uns, denn diese Verwandlung bringt ja nicht nur Vorteile mit sich. Doch meine Gedanken werden jäh unterbrochen, als die Tür sich einen Spalt breit öffnet und Robin leise nach mir ruft. Das ist so typisch für sie und ich mag diese ruhige unaufdringliche Art unheimlich an ihr. Die Tür öffnet sich ganz und Robin tritt ein. Doch es bedarf kaum eines Augenblicks, da hat sie mich entdeckt: „Shadow? Wie kommst du hierher?“ Sie kommt auf mich zu, doch ich fauche sie an, damit sie stehenbleibt. Irritiert verharrt sie an Ort und Stelle und ich sehe deutlich, dass es in ihrem Kopf viele Fragen gibt, auf die sie keine Antwort findet. Wieder beginne ich mich zu verwandeln, dieses Mal von Tier zu Mensch. Und auch wenn ich Angst vor ihrer Reaktion habe, so lasse ich sie dennoch keinen Moment aus den Augen. Wir müssen uns beide der Wahrheit stellen, daran gibt es keinen Zweifel. Erschrocken weicht Robin ein paar Schritte zurück, bis sie mit dem Rücken gegen den Türrahmen prallt. Ihr Blick ist wie gebannt auf mich gerichtet, aber kein Wort kommt über ihre Lippen. Inzwischen bin ich beinahe wieder ein kompletter Mensch, nur meine Eckzähne noch nicht ganz zurückgebildet, dafür aber meine Kleidung fast schon da, so dass ich mich aufrichten und das Bett wieder verlassen kann. Dennoch bleibe ich in Entfernung zu Robin stehen, möchte sie nicht zusätzlich verängstigen. Sie dagegen mustert mich von unten bis oben, bis unsere Blicke sich schließlich treffen. Stumm sieht sie mir in die Augen, kann förmlich ihre Gedanken rasen hören und dann: „Hast du mich deshalb gebissen?“ „Was?“, frage ich zurück und weiß nicht, ob ich froh darüber sein soll, dass Robin nicht vor mir geflüchtet ist oder entsetzt, dass ich bei unserem kleinen Spielchen in ihrem Bett die Kontrolle für einen Moment wohl verloren hatte. „Kater beißen doch beim…also die Katze.“ Ihre Hand wandert reflexartig zu ihrem Hals, in den ich mich tatsächlich vor wenigen Stunden ein wenig verbissen hatte, nachdem ich sie sehr intensiv erkundet und provoziert hatte. Wie gerne wäre ich in diesem Moment weitergegangen, aber dann hätte ich sie bestimmt richtig gebissen. Keine Ahnung, warum das manchmal so ist. „Das weiß ich nicht“, antworte ich leiser, als beabsichtigt. Schweigend stehen wir da, doch sie sieht mich nicht mehr an. Ihr Blick geht an mir vorbei, sie wirkt wie in Gedanken versunken. „Hat es dich amüsiert, als ich dich in deiner Katzenform fragte, ob du dich in einen hübschen jungen Mann verwandeln könntest, wenn ich dich küsse?“ Das weiß sie noch? „Nein. Ich hatte eher die Befürchtung, dass du mich verstoßen würdest.“ Wieder schweigt sie, bis sie mich erneut überrascht: „Ist Snowflake also dein Bruder Sanji?“ „Ja, so ist es. Nami wird hoffentlich nicht allzu schockiert sein, wenn sie es erfährt.“ „Warum hast du es mir überhaupt verraten? Du hättest einfach so verschwinden können und mich im Unklaren darüber lassen, was aus Shadow geworden ist. Könnte dir ja egal sein, ob ich euer beider Verlust hätte verschmerzen müssen.“ Sie weint beinah. „Was willst du denn von diesem verlausten Kater? Ich habe nichts anderes getan, als zu pennen.“ „Du hast mich gewärmt und ich war nicht allein. Und jetzt verliere ich alles, selbst die schöne Decke, die du mir geschenkt hast.“ „Vergiss die Decke. Wir mussten das Haus so schnell wie möglich verlassen, alles andere wäre fahrlässig gewesen. Außerdem kann ich dir eine neue kaufen.“ „Das wäre nicht das gleiche. Unter dieser Decke habe ich mich zum ersten Mal richtig geborgen gefühlt. Ich konnte beruhigt in deinen Armen einschlafen, denn du warst für mich da und ich wusste, dass du mich vor meinen Albträumen beschützen wirst. Und keiner weiß, ob Nami und ich rechtzeitig aus dem Haus gekommen wären, wenn du nicht bei mir gewesen wärst.“ Doch anstatt ihr zu antworten, beobachte ich nur ihre dicken Tränen über ihre Wangen kullern. Was soll ich bloß tun? Sie in den Arm nehmen? Würde sie das wollen? „Und nun? Wolltest du dir noch einen netten Abend mit mir machen, bevor du verschwindest? Was anderes kennt ihr Jungs ja nicht.“ Wütend funkelt sie mich an, doch ich sehe auch ihre Verzweiflung. Ich hätte wissen müssen, dass es für Robin nicht am schwierigsten ist mein Äußeres zu akzeptieren, sondern mir Vertrauen zu schenken. Bis auf Nami kenne ich niemanden, dem sie vertraut. „Meinst du nicht, dass es in der Vergangenheit genug Gelegenheiten gegeben hätte, wenn es mir nur darum ginge dich ins Bett zu kriegen? Und sind wir mal ehrlich, du siehst immer mehr aus wie ein wandelndes Skelett, anstatt wie eine Frau, obwohl wir euch Essensvorräte gebracht haben, von denen ihr auch Gebrauch macht. Ich befürchte, dass Nami und du schlimm erkrankt seid und da denke ich beim Anblick deiner blassen Haut bestimmt nicht daran, mit dir ins Bett zu steigen, sondern daran, was der Grund für euer Leid ist.“ Ihr Gesicht zeigt nur noch Hilflosigkeit und das kann ich gut verstehen. „Ich weiß auch nicht, was mit uns nicht stimmt. Wir essen dank euch mehr als jemals zuvor, doch es ist wie verhext.“ Bevor sie ganz in sich zusammenbricht, eile ich die wenigen Schritte die zwischen uns liegen zu ihr und halte sie fest. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich damit richtig verhalte, aber da Robin sich nicht dagegen wehrt, sondern sich eher an mich schmiegt, kann diese Umarmung so falsch nicht sein. „Kaya ist unsere Ärztin. Sie könnte euch untersuchen, wenn ihr möchtet. Du brauchst auch keine Angst vor ihr zu haben, sie ist sehr vorsichtig und sehr gebildet. Wenn euch jemand helfen kann, dann sicherlich sie.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)