Dunkelheit von Nochnoi ================================================================================ Kapitel 10: Werkzeuge --------------------- So, das neuste Kappi ^^ Irgendwie ging es schneller als gedacht. Ich kann gar nicht mehr aufhören, an dieser Geschichte zu schreiben XDD Also, viel Spaß ^^ _______________________________________________________________________ Ein einzelner Schrei hallte durch die dunklen Gassen Rashitars. Gellend und voller Schmerz. Verzweifelt. Dann war es wieder ruhig. Sharif hielt den leblosen Körper einer jungen Frau in seinen Armen. Sie hatte sich ganz schön zur Wehr gesetzt, getreten und gekratzt wie eine Furie. Aber letztendlich hatte sie dem Vampir nichts entgegensetzen können. Sie war gestorben, noch bevor sie es richtig hatte realisieren können. Sharif stieß den Leichnam von sich weg. Die Frau landete in einer brackigen Pfütze, ihr Körper unnormal verdreht. Im Gegensatz zur vorhin erhob sie jedoch keinerlei Einwände. Ihr Gezeter blieb aus, nur ihre toten Augen starrten Sharif anklagend an. Ihr Blut hatte den Vampir wieder ein wenig lebendiger gemacht. Es war zwar nicht das beste gewesen, was er je zu sich genommen hatte, aber immerhin besser als gar nichts. Seit geschlagenen zwei Wochen hatte er kein Blut mehr getrunken gehabt, und obwohl er es sicherlich auch noch eine Zeit ohne den Lebenssaft ausgehalten hätte, so hatte er sich trotzdem dazu hinreißen lassen. Die Ereignisse in Te-Kems Palast hatten ihn aufgewühlt. Trotz all der Magie hatte Sharif die Anwesenheit seines Schöpfers gespürt. Irgendwo, ganz tief versteckt. Nur noch ein Hauch dessen, was er einst gewesen war. Der Vampir schaute wieder zu dem toten Mädchen. Er spürte, wie sich Bedauern in ihm regte. Normalerweise vergriff er sich niemals an jungen Menschen, die ihr ganzes Leben noch vor sich hatten. Er empfand zwar wenig Liebe für sie, dennoch fand er es nicht rechtens. Außerdem schmeckte das Blut von Reiferen sowieso viel besser. Aber diesmal war Sharif kaum eine Wahl geblieben. Rashitars Straßen waren verlassen, nur diese einsame Hure hatte sich noch hier herumgetrieben. Ihre Arbeitskolleginnen hielten sich wahrscheinlich irgendwo verborgen, abgeschreckt durch all die Mordgerüchte, aber dieses junge Ding hatte sich offenbar nicht entmutigen lassen, sondern hatte weiterhin unbesonnen nach Freiern Ausschau gehalten. Eine verhängnisvolle Entscheidung. Sharifs Gedanken kehrten zu Asrim zurück. Auch er hatte einst eine Situation maßlos unterschätzt und dies kurz darauf bitter bereut. Nun war er im Keller von Te-Kems Schloss eingesperrt und fristete dort sein Dasein. In einem ewigen Schlaf gefangen. Sharif seufzte schwer, als er an die Geschehnisse von damals dachte. Asrim hatte die hohen Magier in hellen Aufruhr versetzt, als er die junge – und noch dazu verheiratete – Tochter des einstigen Oberen verführt und anschließend getötet hatte. Für ihn war es nur ein Spaß gewesen. Er hatte sich ein bisschen amüsieren wollen. Nach über funftausend Jahren musste man sich schließlich etwas einfallen lassen, um nicht in Langeweile zu versinken. Aber für die Magier war es eine Kriegserklärung gewesen. Und sie hatten mit aller Macht zurückgeschlagen. Asrim hatte nichts dagegen tun können, er war viel zu überrumpelt gewesen. Nie hätte er es für möglich gehalten, dass alle Magier Mysticas – damals an die rund hundert Männer und Frauen – ihre Kräfte vereinen würden, um ihn besiegen zu können. Sie hatten ihn mit einem unglaublich hohen Maß an Magie angegriffen. Und hatten ihn trotz der Anstrengungen nicht töten können. Sie waren nur in der Lage gewesen, einen Bann zu erschaffen, wie ihn die Welt noch nie gesehen hatte. Einen Bann, der den mächtigsten Vampir im Zaum hielt. Bei dieser Aktion hatten viele der Magier ihr Leben verloren. Sie hatten sich überangstrengt, ihre eigenen Fähigkeiten falsch eingeschätzt. Es waren schwarze Tage für Mystica gewesen. Deswegen wussten auch nur die wenigsten Bescheid. Selbst unter den Magiern wurde diese Geschichte nur äußerst selten erzählt. Es war viel zu schmerzvoll, sich daran zu erinnern. Vampire wie Menschen hatten damals etwas Wichtiges verloren. „Du bist schon wieder zurück?“ Zwei Augenpaare leuchteten in der Finsternis auf. Lasgo trat aus den Schatten heraus, als wären sie ein Teil von ihm, den er einfach hinter sich lassen konnte. „Und, wie war dein kleiner Exkurs?“ Sharif zog seine Mundwinkel nach unten. Eigentlich hatte er wenig Lust, mit diesem aufgeblasenen Kerl zu reden. Wäre es unter Vampiren nicht strengstens verboten gewesen, einen anderen seiner Rasse zu töten, so hätte Sharif sicherlich nicht lange gezögert. „Sehr informativ“, erklärte er steif. „Te-Kems Palast ist wirklich voller Überraschungen.“ Auf Lasgos Lippen breitete sich ein fieses Grinsen aus. „Aber du hast nicht das gefunden, was du gesucht hast, nicht wahr?“ Dieser herabfallende Tonfall ... Sharif war im Moment wirklich nicht in der Stimmung für so was. „Doch, das hab ich. Und ehrlich gesagt ist alles so abgelaufen, wie ich es mir gedacht habe.“ Lasgo hob eine Augenbraue. „Du hast Asrim tatsächlich gefunden? Und wieso hast du ihn nicht gleich mitgebracht?“ „Eine magische Barriere“, erklärte Sharif knapp. „Eine ziemlich mächtige.“ Lasgo schien amüsiert, dass Sharif keine Erfolge hatte verzeichnen können. Dabei ließ er völlig außer acht, dass der Ägypter sowieso nur in Te-Kems Palast eingedrungen war, um sich ein wenig umzusehen. Mehr hatte Sharif gar nicht erreichen wollen. „Und hast du eine Ahnung, wie wir da durch kommen?“, fragte Lasgo, gespielt interessiert. Er schien zu merken, dass Sharif durch die Ereignisse etwas durcheinander war, und er nutzte diese Situation selbstverständlich sofort aus. „Kein Vampir kann sie durchqueren“, meinte Sharif. „Aber auch ein Mensch ist dazu sicherlich nicht in der Lage. Diese große Konzentration an Magie würde jeden Normalsterblichen von den Füßen reißen.“ Lasgo starrte hinab auf die Leiche, die einst eine hübsche junge Frau gewesen war. Nun lag sie dort, achtlos weggeworfen wie Abfall, und schon sehr bald würden die Ratten an ihr nagen. „Ich hätte da vielleicht eine Idee“, sagte der Vampirführer mit einem selbstzufriedenen Lächeln. „Weder Untote noch Menschen können diese Barriere passieren ... aber was ist mit denjenigen, die sie geschaffen haben?“ Sharif schaute auf. „Gorsco kennt da eine nette kleine Magierin. Wir könnten sie doch einfach mal fragen, ob sie Lust hat, uns zu helfen.“ Sharif musste sich eingestehen, dass dieser Vorschlag gar nicht mal so schlecht war. Unter Umständen würde er vielleicht sogar darauf zurückgreifen. „Das klingt gar nicht mal so dumm“, lobte Sharif Lasgo. „Aber wir werden uns erstmal in Geduld üben. Ich habe irgendwie das Gefühl, dass Asrim die Situation selbst regelt.“ Lasgos darauffolgender Gesichtsausdruck ließ Sharif schmunzeln. Er sah über alle Maßen verwirrt aus. „Aber ... Asrim ist gefangen.“ „Das hast du wirklich gut erkannt“, spottete Sharif. „Aber denkst du etwa, dadurch sei seine Macht gebrochen? Glaub mir, Asrim verfügt über Fähigkeiten, die nicht mal wir uns richtig vorstellen können. Selbst ein mächtiger Bann und ein tiefer Schlaf können daran nichts ändern.“ Er grinste diabolisch. „Sein Einfluss ist immer noch unglaublich stark.“ Lasgos überhebliche Miene war verschwunden. Er versuchte zwar mühevoll, sein Erstaunen zu verbergen, doch es gelang ihm nicht. Mit solch einer Antwort hatte er offenbar nicht gerechnet. „Asrim wird sich selbst befreien, da kannst du dir sicher sein“, meinte Sharif zuversichtlich. „Wir müssen ihn nur ein wenig unterstützen. Ihm ein paar Werkzeuge in die Hand spielen.“ „Werkzeuge?“ Sharif nickte zustimmend. „Genau. Werkzeuge sind Dinge, die man als Hilfsmittel gebrauchen kann – nur falls du nicht weißt, was dieses Wort bedeutet.“ Lasgos schnaubte erbost. „Natürlich weiß ich das!“, knurrte er. „Aber an was für Werkzeuge hattest du gedacht?“ Sharif warf einen letzten Blick auf die tote Hure in der Pfütze. „Gorscos kleine Magierin ist für den Anfang gar nicht mal so schlecht ...“ * * * * * Neyo lag ausgestreckt auf Claires Bett und starrte auf die Decke. Bereits seit Stunden verharrte er in dieser Position. Er hatte zwar versucht, sich zur Seite zu drehen oder gar aufzustehen, doch sein geschundener Körper schrie bei jeder Bewegung qualvoll auf. Er fühlte sich vollkommen ausgelaugt. Als hätte irgendwas seine ganze Energie gestohlen. Eine Obstschale stand gar nicht allzu weit von Bett entfernt auf einem kleinen Tisch und lächelte Neyo schon seit geraumer Zeit einladend an. Etwas zu Essen wäre in dieser Situation genau das Richtige gewesen, doch unglücklicherweise war sie für ihn viel zu weit weg. Er konnte sie bloß sehnsuchtsvoll anstarren. Zwar hätte er Claire wecken und sie bitten können, mal kurz den Arm auszustrecken, doch Neyo hatte es nicht über sich gebracht. Sie hockte auf einem gepolsterten Sessel direkt neben dem Bett und schlief seelenruhig. Eingekuschelt in eine Decke wirkte sie fast wie ein unschuldiges Kind. Nichts auf der Welt hätte ihn dazu bringen können, dieses friedliche Bild zu zerstören. Auch Jyliere war vor gar nicht allzu langer Zeit noch im Zimmer gewesen. Im Dämmerschlaf hatte Neyo mitbekommen, wie der alte Mann unruhig hin- und hergelaufen war oder in irgendwelchen Büchern geblättert hatte. Dann war er plötzlich verschwunden. Neyo seufzte schwer. Warum musste das Leben nur so kompliziert sein? War es nicht schon schlimm genug, dass er die ersten fünfzehn Jahre seines Lebens in der Gosse hatte verbringen müssen, ausgenutzt von einer Mutter, die den Begriff 'Liebe' noch nie gehört hatte? Stets hatte sie ihren Sohn durch die Gegend gescheucht und ihn angehalten, zu stehlen. Natürlich war ein Großteil seiner Beute ihr zugekommen, er hatte nur einen kümmerlichen Rest für sich behalten dürfen. Trotz der ungerechten Bedingungen war er jedoch bei ihr geblieben. Er war immerhin nur ein kleiner Junge gewesen, wo hätte er sonst hingehen können? Als sie eines Tages tot neben ihm gelegen hatte, gestorben im Schlaf, da war für Neyo die Welt zusammengebrochen. Sein eh schon trostloses Leben war noch ein Stück finsterer geworden. Aber schon bald hatte er erkannt, dass er ohne sie besser dran gewesen war. Neyo runzelte die Stirn. Warum musste er ausgerechnet jetzt an seine Mutter denken? An jene Frau, die ihn eher wie einen Sklaven als wie ihr eigen Fleisch und Blut behandelt hatte? Doch er kannte die Antwort, noch bevor er sich die Frage in seinem Kopf gestellt hatte. Seine Abstammung ... Nichts wusste Neyo darüber. Seinen Vater hatte er nie zu Gesicht bekommen, geschweige denn seinen Namen erfahren. Vielleicht war er ein angesehener Edelmann gewesen, möglicherweise aber auch nur ein lumpiger Straßendieb. Nicht mal das hatte Neyo erfahren können, seine Mutter hatte ihm nie etwas verraten. Nur ab und zu hatte sie seinen Vater als 'verfluchten Mistkerl' bezeichnet, ansonsten hatte sie ihn so gut wie gar nicht erwähnt. Auch seine Mutter selbst war ein Geheimnis gewesen. Hatte sie schon immer in den Straßen Rashitars vor sich hinvegetiert oder hatte sie einst ein besseres Leben gehabt? Manchmal war es Neyo so vorgekommen, als wäre sie an die Welt der Obdachlosen, Taschendiebe und leichten Mädchen nicht wirklich gewöhnt gewesen. Zumindest ihre Künste im Stehlen war nicht sehr ausgeprägt gewesen, sodass sie immer ihren Sohn vorgeschickt hatte. Vielleicht war es wirklich wahr, dass seine Mutter früher ein schöneres Dasein gefristet hatte. Unter Umständen hatte sie ein Dach über dem Kopf gehabt, eine liebende Familie und vielleicht sogar einen Mann. Hübsch war sie schließlich unter all dem Dreck gewesen. Doch im Grunde waren das alles bloß dumme Fantasien. Neyo würde nie die Wahrheit erfahren. Die einzige, die es ihm hätte sagen können, war schon vor langer Zeit gestorben. Damals, in einer dunklen Gasse. Sie würde ihm nie verraten können, woher er stammte. Wie es möglich war, dass er ein ... ein Sa'onti war! Er hatte alles mitangehört, als Jyliere Claire die ganze Geschichte erzählt hatte. Nun endlich wusste er, wieso er seit geraumer Zeit nachts nicht mehr schlafen konnte. Wieso all diese Stimmen in seinem Kopf durcheinanderredeten. Und dennoch ... es klang einfach nur verrückt. Er ... vom Schicksal auserwählt? Nie zuvor hatte er einen größeren Quatsch gehört. Wo, bei allen Göttern, hatte der alte Magier nur dieses schräge Märchen aufgeschnappt? Es war total absurd ... ... und trotzdem wahr. Neyo hatte die letzten Stunden damit verbracht, sich einzureden, dass Jyliere auf dem Holzweg war. Dass der greise Kerl sich was zusammenreimte, was unmöglich stimmen konnte. Immerhin war er nicht mehr der Jüngste und mit der Zeit wurde jeder mal senil. Das konnte man Jyliere nicht mal zum Vorwurf machen. Aber es war vergebliche Liebesmüh gewesen. Neyo wusste tief in seinem Inneren, dass nichts davon eine Lüge gewesen war. Alles passte dermaßen perfekt zusammen, dass es einfach nicht falsch sein konnte. Immer noch klangen ihm Jyliere Worte in den Ohren: „Geboren, um zu sterben.“ Besonders aufmunternd klang das nicht gerade. War sein Todesurteil etwa schon unterschrieben? War sein Leben wirklich vorherbestimmt? „Du bist ja wach!“ Claires Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. Gähnend hatte sich die junge Magierin auf dem Sessel aufgerichtet und rieb sich das letzte bisschen Schlaf aus den Augen. Ihre Haare standen kreuz und quer in alle Richtungen und ließen Neyo unwillkürlich lächeln. „Na, dir scheint's ja besser zu gehen, wenn du schon so blöd grinsen kannst.“ Claire wollte wahrscheinlich schnippisch klingen, doch irgendwie gelang es ihr nicht so wirklich. In Wahrheit schien sie sogar irgendwie erleichtert. Konnte es tatsächlich sein? Hatte sie sich etwa Sorgen gemacht? Dieses kaltblütige kleine Biest, das sonst nie ein nettes Wort für ihn übrig hatte? „Du bist ... die ganze Nacht bei mir geblieben?“, fragte er. Claire zuckte zusammen, fühlte sich offenbar ertappt. Sie wandte schnell ihren Blick ab und brummte: „Bild dir bloß nichts darauf ein. Jyliere hat mich dazu gezwungen, sonst würde ich mich bestimmt nicht mit dir abgeben. Außerdem bist du im meinem Zimmer, falls es dir noch nicht aufgefallen ist.“ Neyo konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. „Selbst wenn ich kurz vorm Tode stünde, wärst du noch überheblich, nicht wahr?“ Claire schnaubte. „Ich glaube eher, dass du überheblich bist. Schon seit deiner Geburt.“ Neyo war plötzlich wieder elend zumute. Dieses Wort – Geburt – ... früher war es für ihn ein Synonym für Leben gewesen. Etwas durch und durch Gutes. Und nun? Er wusste es selbst nicht genau. Als Claire es ausgesprochen hatte, war ihm unvermittelt ein kalter Schauer über den Rücken gelaufen und er hatte wieder Gorscos funkelnde Augen vor sich gesehen. Die Mordlust, die sich darin gespiegelt hatte. War er etwa auch so ein Monster? „Was ist denn?“ Claire schaute ihn fragend an. Durch ihr übersinnliches Gespür hatte sie seinen Stimmungswechsel offenbar wahrgenommen. Neyo starrte wieder zur Decke. Irgendwie konnte er ihr nicht mehr in die Augen blicken. „Ich bin wie Gorsco“, flüsterte er. „Was meinst du damit?“, wollte Claire wissen. „Ich habe alles gehört“, gestand Neyo ihr. „Was du und Jyliere gestern besprochen habt. Über mich.“ Eine Zeit lang herrschte Stille. Claire hatte ihre Lippen aufeinandergepresst und schaute Neyo einfach nur an. Ihrem Gesichtsausdruck war nichts zu entnehmen. Neyo konnte nicht mit Bestimmtheit sagen, ob sie ihn bemitleidete oder sich einen spöttischen Kommentar zurechtlegte. „Du bist immer noch Neyo“, sagte sie schließlich. „Ein ungehobelter, dreister und respektloser Straßenköter, der noch nie etwas von Manieren gehört hat. Und so wird es für den Rest deines Lebens auch bleiben. Die Götter wissen, dass ich alles versucht habe, um dich zu ändern, aber du bist einfach ein Sturkopf.“ Zwar war es im Grunde nicht besonders nett gewesen, was sie da von sich gegeben hatte, aber Neyo wusste, dass sie ihn damit auf verquere Weise aufmuntern wollte. Claire hatte einfach ihre ganz eigene Art, mit Menschen umzugehen. „Wir sind jetzt wohl aneinandergebunden, nicht wahr?“ Neyo grinste, obwohl ihm eigentlich nicht wirklich nach Lachen zumute war. Claire zog ihre Mundwinkel nach unten. „Jyliere sucht bereits verbissen nach einer dauerhaften Lösung. Er und ich können dir schließlich nicht bis in alle Ewigkeit auf Schritt und Tritt folgen.“ „Und du denkst, er wird etwas finden?“ „Natürlich.“ Claire schien felsenfest davon überzeugt. Wahrscheinlich blieb ihr auch nichts anderes übrig, sonst wäre sie sicherlich verzweifelt. Der Gedanke, die ganze Zeit seine Gesellschaft zu genießen, musste sie sehr missmutig stimmen. „Vielleicht sollten wir uns einfach auf die Dauer, die wir miteinander verbringen müssen, vertragen“, schlug Neyo vor. „Was meinst du?“ Claire überlegte einen Moment. „Das heißt dann aber auch, dass du nicht frech wirst oder mich in irgendeiner Weise beleidigst?“ „Selbstverständlich“, versprach Neyo. „Ich werde dich sogar mit Komplimenten überschütten, wenn das dein Wunsch ist.“ Claire hob skeptisch eine Augenbraue. „Ich glaube kaum, dass du im Zusammenhang mit mir auch nur ein Kompliment finden wirst.“ Mühevoll rappelte Neyo sich auf, unter Ächzen und Stöhnen. Nie hätte er gedacht, einmal dermaßen geschwächt zu sein, dass jede Bewegung höllisch schmerzte. Als er langsam seinen Oberkörper aufrichtete, hatte er das Gefühl, von tausend Nadeln durchbohrt zu werden. Dennoch grinste er schief. „Claire?“ „Hm?“ „Die offenen Haare stehen dir. Du siehst noch hübscher aus als sonst.“ Und dieses hauchdünne Nachtgewand war auch sehr ansprechend, doch das erwähnte er lieber nicht. Sonst hätte sie ihn noch für lüstern gehalten. Claire schaute ihn einen Augenblick überrascht an, dann jedoch verfinsterte sich ihre Miene. „Idiot!“, murmelte sie. Doch Neyo entging nicht, dass sie leicht errötete, als sie sich von ihm wegdrehte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)