Die Leiden des jungen Leader-sama von NanaSaintClair (Nichts ist schlimmer als ein abgedrehter Kaoru... zu wenig Sex ist schädlich! [Die x Kao]) ================================================================================ ~8~ --- Ein Dank an meine treuen Leser! ;) Ihr seid toll. *schmatz* :* Anmerkung: (betreffend vorheriger Kapitel) Ich habe NULL Ahnung vom Songschreiben, okay? Das ist alles fiktiv. Ich könnte Kao höchstens die Lyrics schreiben. Angebot, Niikura-san?^_^ Kapitel Acht Wie eine angestochene Sau raste ich los, trommelte die Finger gegen das Lenkrad, wenn ich bei rot halten musste – wobei mich die Farbe natürlich nur wieder an Die erinnerte –, und dachte krampfhaft darüber nach, wo er eigentlich hingefahren sein könnte. Zuerst fuhr ich zu ihm nach Hause, aber ich hatte mir schon denken können, dass er dort nicht war. Das Haus war dunkel und weit und breit kein Auto. Seufzend überlegte ich kurz, wo er noch sein könnte. Bei Shinya vielleicht? Die zwei waren ja meistens richtig „dicke“, also brauste ich als nächstes zu Shinyas kleiner Bude am anderen Ende der Stadt. Gut, dass ich einen Diesel hatte, der schluckte wenigstens nicht so viel Sprit. Bei Shinya war Dies Wagen aber nirgends zu sehen und klingeln wollte ich nicht. Dann hätte Shin erst wieder gefragt und Fragen waren gerade so was von überflüssig. Wo also könnte der Herr noch sein? Bei Kyo eher nicht, denn der war bei Toshiya, wenn alles geklappt hatte. Zur Sicherheit fuhr ich an Kyos Wohnung vorbei und klingelte, aber es machte keiner auf. Kyo war also weg. Gut, nächstes Halt Residenz Hara. Dank des wahnsinnig toll abgesicherten Grundstückes, auf dem das Apartmenthaus stand, in dem Toshi wohnte, konnte ich nur ein paar Straßen weiter einen Parkplatz finden und rannte einfach mal drauf los. Ungern hätte ich mit Kyo oder Toshiya erst reden wollen, also wie konnte ich feststellen, ob Die bei ihnen war? Vor dem Haus konnte man nicht parken, also sah ich demzufolge auch kein Auto als Indiz. Wenn Toshi die Tiefgarage für Die geöffnet hatte, würde ich auch nicht wissen, ob er seinen Wagen darin abgestellt hatte, weil das verfluchte Ding verschlossen war. Na gut, erster Schritt in „Mission Impossible“ war: Kaoru musste ins Gebäude hinein. Dazu tat man Folgendes: Man drückte auf sämtliche Klingelknöpfe vor dem Eingangsbereich und irgendjemand machte immer auf. Das hatte ich schon in so vielen Filmen gesehen, das musste funktionieren. Also drückte ich drauf los und platzierte meine zarten Knochen auf jedem einzelnen Knopf, aber das zur selben Zeit. Dann wartete ich. Aber niemand meldete sich. Kein Summer zu hören. So ein Scheiß! Kein Wunder, dass man durch Fernsehen verblödete, wenn die einem immer nur Bären aufbinden. Egal, ich drückte noch einmal und hatte Glück, denn ein Ömchen meldete sich mit uralter, krächzender Stimme. „Yoooshiiiii, bist du das?“ Wer war Yoshi? Ihr Enkel? Ich war das jedenfalls nicht. Ich war Kaoru. Und ich wollte ins Haus, also antwortete ich: „Ja.“ Dann erklang der Summer. Nette, alte Damen waren eben doch am leichtesten zu Verarschen! Ich verlor keine Zeit und rannte in den Fahrstuhl, der mich bis ganz nach oben brachte. Für Leute mit Höhenangst war Toshiyas Bude jedenfalls nichts. Ich hasste es schon, wenn er die Balkontür aufließ. In der obersten Etage angekommen, schlich ich auf leisen Sohlen zur Wohnungstür mit der Aufschrift „Hara Toshimasa“ und presste mein Ohr dagegen. Von drinnen konnte ich Stimmen hören, aber ob Dies Stimme mit dabei war, war schwer festzustellen. Er musste ja auch gar nichts reden. So konnte ich mir jedenfalls nicht sicher sein, dass er nicht da war. Nächster Schritt. Ich fischte mein Handy aus der Hosentasche und wählte Dies Nummer. MacGyver im Dienst! Es läutete am anderen Ende, einmal, zweimal, dreimal, aber es tat sich nichts in Toshiyas Wohnung. Dies wunderschöner Klingelton, der Titelsong von den Gilmore Girls, erklang nicht und damit ich konnte ich zu 99% sicher sein, dass er nicht dort drin war. Die schaltete sein Handy niemals auf lautlos. Er könnte ja was verpassen. Langsam marschierte ich wieder hinunter in Richtung Auto. Wo verdammt könnte Die denn noch sein? Dass er nicht an sein Handy ging, wenn ich anrief, war mir schon klar. Darauf hätte ich an seiner Stelle wohl auch keine Lust, auch wenn es mich wurmte. Ich war doch noch immer sein Kumpel Kaoru, den Die seit mehr als zehn Jahren kannte, der immer für ihn da gewesen war, nicht zuletzt der Bandleader war und es deswegen nicht verdiente, wenn man ihn ignorierte oder gar von ihm weglief. Andererseits hatte ich mich benommen wie nie zuvor in den Jahren, die wir uns kannten, und bei dem Riesenmist, den ich heute vollbracht hatte, verdiente ich wohl doch, wenn man vor mir wegrannte. Seufzend stieg ich in den Wagen und startete den Motor. Vielleicht war Die ja Gott weiß wo außerhalb der Stadt oder schon auf dem Weg nach Mexiko. Dahin flohen im Film immer alle. Dann wäre er für immer weg. Wegen mir. Wegen dem Bullshit in meinem Kopf und wegen dem dummen Kao-chan, der nicht wusste, wie man sich benahm. Die Band wäre Geschichte und Kyo würde nach dem Ende von Dir en grey eine Solokarriere machen. Shinya würde einfach eine eigene Band gründen, in der er auch was zu sagen hatte, so eine Art Yoshiki quasi, und Toshi? Er würde womöglich Eisverkäufer in Paris werden, was wusste ich? Am Ende jedenfalls blieb nur noch ich, der vergammeln würde, vor sich hin vegetieren, alleine sterben, oder gar wie in Bridget Jones von seinen eigenen Schäferhunden aufgefressen. Mann, Kaoru, du Volltrottel! Ich rieb mir die flache Hand über Stirn und Augen, dann fuhr ich endlich los Richtung trautem Heim. Wo sollte ich denn noch suchen? Die war weg und er hatte es in der Hand, wann er sich mir wieder stellen wollte. Außerdem würde er vielleicht früher oder später mal wieder zuhause sein. Wenn nicht, dann im Studio zu den Aufnahmen nächste Woche. Kreuzte er da nicht auf, konnte ich mir die Kugel geben. Dann würden alle meine schlimmsten Befürchtungen wahr geworden sein. Hey, stopp! War da drüben nicht Dies Wagen? Ich trat in die Eisen und vernahm das hupende Geräusch mehrerer Autos hinter mir, denen ich einfach den Mittelfinger entgegenstreckte. Mein Blick haftete auf Dies Auto und das stand genau vor einer Bar. Korrigiere, nicht vor irgendeiner, sondern von der Bar von letztens, in der Sayuri arbeitete. Warum war Die gerade hier? Um sich zuzubechern, schon klar, aber warum gerade diese Bar und nicht irgendeine andere? Ich stellte mein Auto neben seinem ab und ging hinein. Die Bar war proppenvoll und ich graste die Menschenmenge nach einem Rotschopf ab. Weit hinten stand er und unterhielt sich gerade mit einer jungen Frau, Glas Bier in der Hand und abwesender Blick. So sah man Die selten. Entweder war das nun wegen mir oder weil er schon stockvoll war. Auf in den Kampf sagte ich mir und quetschte mich durch die Massen von Leuten direkt in Richtung des rothaarigen Gitarristen, der mich anscheinend nicht einmal bemerkte. Das war auch gut so, denn sonst würde vielleicht nur wieder weglaufen. Ich hatte also keine Zeit zu verlieren, tappte auf ihn zu und stellte mich vor ihn. „Es tut mir leid, Die, furchtbar leid wegen dem Kuss. Das hätte ich nicht machen sollen.“ Er zog die Augenbrauen bis zum Haaransatz, wahrscheinlich weil er überrascht war, aber vielleicht auch nur um mir seine Überlegenheit zu demonstrieren. „Bitte sei nicht sauer. Ich wollte dich nicht küssen. Na, doch, schon, aber... es tut mir leid. Ich hab einfach die Nerven verloren und dann...“ Was kuckte er denn nur, als wolle er mir den Hals rumdrehen? „Halt den Mund, Kaoru!“, zischte er mich an, aber das zeigte mir nur, dass er noch immer sauer war. „Ja, aber es tut mir doch leid! Du darfst nicht sauer sein, ja, weil ich es doch nicht so gemeint hab. Du bist doch mein Freund,“ erklärte ich noch immer voller Tatendrang. „Hältst du jetzt bitte die Fresse?“, maulte er mich mit einem bösen Blick an. „Und schrei nicht so rum hier, verdammt!“ „Ich schrei doch gar nicht. Bitte, Die, du musst mir jetzt mal zuhören. Es tut mir leid, hörst du?“, quasselte ich weiter voller Tatendrang und mit all meiner Überzeugungskraft. „Arrrgh!“ Die raufte sich die Haare, verleierte die Augen und drehte sich um. Jetzt rannte er schon wieder weg. Was sollte das denn? MIR TAT DAS AUCH WEH, MENNO! „Jetzt warte doch mal, Die.“ Ganz klar, ich lief ihm hinterher. Er MUSSTE mir vergeben. Er bog ab ins Männerklo und ich ihm nach. Kaum war ich drin, schaute er mich über seine rechte Schulter aus an und machte einen gequälten Gesichtsausdruck. „Kann ich nicht mal in Ruhe pinkeln?“, fauchte er rum und so langsam wurde ich ungeduldig. „Erst, wenn du mir verzeihst.“ Das war die Bedingung. „Ich will aber nicht,“ sagte Die bockig. „Noch nicht. Zuerst erklärst du mir nämlich mal, was das sollte vorhin. Du bist ja... du bist ja völlig übergeschnappt, bist du!“ Ich musste schlucken, denn so langsam war Die richtig aufgebracht und fand tatsächlich auch Worte um seinem Ärger Luft zu machen. Da stand ich nun, ich armer Thor, und wollte, dass sich die Erde auftat und mich unter ihr begrub. Also los, Kaoru, nur nicht den Mut verlieren! „Tut leid wegen dem Kuss, ich...“ Da verließen sie mich, die Worte der Rettung. Gedanklich sah ich mich in einem Swimmingpool, aber ohne Schwimmflügelchen. Gluck, gluck, gluck. Die wusch sich die Hände und kam auf mich zu. Irgendwie hatte er einen wahnsinnigen Ausdruck in den Augen, als ob ER gleich überschnappte, nicht ich. Er piekte mir dem Zeigefinger gegen die Brust und funkelte mit den Augen. „Du...“ Pieks. „...hast ja gar keine Ahnung!“ Pieks. Autsch. In dem Moment ging die Tür einer der Kabinen auf und ein Kerl etwa einen Meter größer als ich (grob geschätzt) rollte die Augen, als er uns vorbei lief. Mit einem gefährlichen Blick starrte er uns an und mir wurde Angst und Bange. Dann schubste mich Die in Richtung der Kabinen, hielt eine Tür auf und gestikulierte mit den Armen. „Rein da!“ „Was? Aber...“ Nee, der würde mich da drin vermöbeln, oder sonst was. Lieber nicht. „Los jetzt!“, knirschte er mit den Zähnen und bibbernd befolgte ich seine Anweisungen. Ich war eben nur der BANDleader, Betonung auf Band, und gerade war ich nicht in meiner heißgeliebten Band, als unterwarf ich mich. Die kam hinter mir in die Kabine und schloss die Tür von innen ab. Ich sah in hilferufend an, auch wenn ich mich nicht traute etwas zu sagen. Er fing ganz alleine an zu sprechen und klang bedrohlich nach einem inneren Brodeln. „Du bist ein Arschloch, Kaoru!“ Nichts Neues. „Du läufst durch die Welt, machst, was du willst, und wenn es dir einfällt, knutscht du einfach deine Freunde. Hast du sie noch alle?“ Der Ton seiner Stimme stieg, so dass Kyo erblassen würde vor Neid. „Du hast nämlich überhaupt keine Ahnung, wie das ist.... jahrelang... und überhaupt hast du doch gar keinen Plan! Fragst du dich bei solchen Aktionen auch mal, wie ich darüber denke? Wieso fällt dir überhaupt auf einmal ein, dass du auf Männer stehst, he? Dann läufst du rum und es tut dir leid. Leck mich am Arsch von wegen es tut dir leid! Du hast doch keinen blassen Schimmer, wie das ist... verdammt...“ Jetzt seufzte er und ließ sich auf dem Toilettensitz nieder, das Gesicht in die Hände vergrabend. „...wemmamschwulis.“ Hä? Das kam akustisch nicht an. „Wie bitte? Nimm mal die Hände vorm Mund weg.“ Ich zuckte zusammen, als er mich scharf ansah. „Wenn man schwul ist! Auf Männer steht! Jetzt verstanden?“ Auch wenn ich mir Mühe gab, es nicht zu tun, aber ich starrte ihn an. „D... du wohl?“ Als ob! „Ja, aber das geht dich einen Scheißdreck an! Das geht überhaupt niemanden etwas an, schon gar nicht dich oder die anderen. Ich habe gute Gründe, warum ich das nie erzählt habe. Niemals in all den ganzen Jahren und jetzt kommst du einfach mal so daher stolziert und meinst, du müsstest mich küssen. Geht’s noch? Genau das wollte ich nämlich vermeiden. Dass einer von euch Idioten auf den Gedanken kommt, er könne mich doch mal nach Strich und Faden verarschen. War alles im Sinne der Band, dass ich die Klappe gehalten hab, aber der feine Herr Bandleader...“ Das Wort drückte Die besonders verabscheuend aus. „...kann sich ja nicht am Riemen reißen! Dir ist es wohl scheißegal, wenn alles den Bach runter geht, wie? Du machst einfach, aber nachdenken tust du nicht. Was ist das eigentlich? Kleines Späßchen oder was? Mal probieren? Am dummen Daisuke kann man das ja mal testen!“ Der fauchte mich aber auch an, so dass ich fast bei jedem Wort zusammen zuckte und erst noch die ganzen Informationen! Wie sollte ich denn die alle so schnell verarbeiten? „Sag mir eines, Kaoru. BIST DU SCHWUL?“ Gute Frage, nächste Frage. „Mmh... weiß nicht.“ „Du weißt es nicht! Ist das zu fassen? Sag doch einfach nein, denn so ist es doch am Ende, oder etwas nicht? Du und schwul, das wäre ja...“ Hier musste ich ihn aber unterbrechen. Sein höhnisches Lachen klang nach Beleidigung. „Was wäre das?“ Ich schoss ihm einen düsteren Blick zu. „Witzig oder wie? Ich find das gar nicht so lustig, wie du denkst. Und genau weil du mir nicht scheißegal bist, du und die Band, tut es mir ja auch leid. Aber wer kann denn schon ahnen, dass du schwul bist? Wenn du ehrlich gewesen wärst und ich das gewusst hätte, wäre ich der Letzte gewesen, der das zum Spaß ausgenutzt hätte und das weißt du auch ganz genau.“ Das musste ja mal gesagt werden. Das alles war doch zum Verzweifeln. In welchem Film war ich eigentlich? „Ich bin nicht schwul.“ Moment mal. „Gerade hast du gesagt—“ Er unterbracht mich um meinen Satz selber zu beenden. „Dass du nicht weiß, wie es ist, wenn man auf Kerle steht. Ich weiß das. Das und wie es ist, wenn man auf Frauen steht. Ist doch aber egal. Sag mir lieber, was dich geritten hat. Bist du schwul? Sag schon!“ Mein Gott, war der sauer! Und diese Fragerei. Woher sollte ich das denn wissen? Ich schlug die Faust gegen die Tür und lehnte mich mit dem Rücken dagegen. „Mann, ich weiß es doch auch nicht! Ja, nein, vielleicht. Keine Ahnung. Der ganze Scheiß verwirrt mich einfach.“ „Verwirrt dich?“ Seufzend starrte mich Die an. „Also bist du dir selbst nicht sicher?“ „Nein,“ antwortete ich und glitt nach unten um auf dem Boden zu hocken, noch immer gegen die Tür gelehnt. „Warum sonst sollte ich meinen angeblich heterosexuellen Freund küssen? Bestimmt nicht um dich zu verarschen.“ Still war es mir gegenüber und als ich den Kopf hob um zu sehen, ob Die noch da war oder sich vielleicht der Toilette runtergespült hatte, sah ich ihn nachdenklich mit seiner Stirn in Falten. „Es tut mir wirklich leid, wenn ich damit irgendwie...“ „Wart mal, Kao,“ bat mich Die und sah mich eindringlich an. „Du bist dir nicht sicher, ob du schwul bist beziehungsweise auf Männer stehst und du küsst mich. Soweit richtig?“ Nickend bestätigte ich das. Stand der mal wieder auf der Leitung oder warum die Frage? „Stehst du auf mich?“ Ungewollt riss ich die Augen auf und lief mit Sicherheit rot wie eine Tomate an, denn meine Wangenknochen glühten wie Feuer. Dies Blick wich ich aus und dachte krampfhaft nach, was ich ihm antworten könne. „Das heißt, wenn du schwul wärst, würdest du dann auf mich stehen?“ Die Frage war auch nicht gerade viel besser. Ich zuckte mit den Schulter. „Vielleicht... ja, doch, schon. Mann, frag doch nicht so dämlich! Warum sonst würde ich dich denn küssen?“ „Vielleicht weil ich gerade da war?“ Ganz unrecht hatte er mit der Schlussfolgerung nicht. Wiederum zuckte ich nur mit den Schultern. Ich konnte ihm nicht erzählen von meinen merkwürdigen Träumen und alle dem. Nicht, bevor ich mir nicht sicher war, dass ich wirklich schwul war. Ich selber hatte noch immer Zweifel, allerdings auch an meiner Heterosexualität. Apfelstrudel im Hirn, alles durcheinander. „Keine Ahnung, Die. Alles was ich weiß, ist, dass ich gar nichts mehr weiß.“ „Du kannst nicht schwul sein, und wenn doch, bist du der heterosexuellste Schwule, den ich je gesehen hab.“ Schon wieder so eine abfällige Bemerkung. Was war denn verkehrt an mir, dass ich nicht auch schwul sein konnte? „Wieso?“ „Na, sieh dich doch mal an. Alles an dir ist so was von hetero. Wie du dich anziehst, wie du dich benimmst, deine ganze Art eben. Du. Ganz einfach du.“ Der kam sich wohl noch schlau vor? „Was ist denn so anders an mir als an dir? Dir sieht man das doch auch nicht an. Deshalb kann ich um ehrlich zu sein auch nicht glauben, was du mir da erzählst. So viele Jahre, die ich dich kenne, und... nein. Du hattest doch immer Freundinnen!“ Ich war doch derjenige, der sich hätte verarscht vorkommen müssen. „Wieso hast du denn nie was gesagt?“ „Ganz einfach aus den Gründen, die ich dir bereits gesagt habe. Anfangs jedenfalls, als ich euch ja kaum kannte. Wie hätte ich mir denn sicher sein sollen, dass ihr damit umgehen könnt? Und später...“ Er atmete tief ein und aus, wobei er recht angestrengt nachdachte, sich erinnerte. „Später war es ja gar nicht mehr notwendig. In den letzten Jahren hatte ich immer nur was mit Weibern und außerdem... ich wollte eben nicht, dass sich vielleicht etwas ändert zwischen uns.“ Was denn ändern? „Dadurch muss sich nichts ändern zwischen uns. Wenn du nicht auf mich stehst, kann ich damit leben, muss ich wohl. Deshalb ändert sich nichts. Wir sind doch Freunde. Niemand in der Band hat etwas gegen Homosexuelle.“ Die sah mich einen Moment lang an, dann nickte er. „Stell dir vor, also nur mal angenommen, ich steh auf dich und wir... es passiert etwas zwischen uns. Dann fällt dir aber plötzlich ein, dass du doch nicht schwul bist, was dann? Das ändert dann vielleicht nichts für dich, aber für mich. Wie soll ich denn damit umgehen? So tun, als ob nie was war? So ist es dann doch immer, oder? Das soll dann nicht schädlich sein für die Band?“ Ich sah ihn erstaunt an, denn, wenn ich darüber nachdachte, musste ich mir eingestehen, dass er recht hatte. Erst vor zwei Minuten hatte ich von Dies ‚wahrem Gesicht’ erfahren, also hatte ich auch bisher nicht die Zeit gehabt, mich auch mal in seine Situation hinein zu versetzen. Jetzt, wo er es aber ansprach. Ich wäre wohl ziemlich gekränkt, wenn er was von mir wollte, ich mich darauf einließe und am Ende stellte sich heraus, dass es nur eine vorübergehende Verwirrtheit seines sexuellen Triebes war. „Das... macht Sinn,“ seufzte ich und vergrub kurzzeitig mein Gesicht in meinen Handflächen. „Es tut mir halt leid. Darüber habe ich wirklich nicht nachgedacht. Ich wusste ja auch nicht, dass du... Auf keinen Fall will ich dir schaden oder so. Können wir die Sache nicht einfach vergessen?“ Hoffnungserfüllt richtete ich meinen Blick auf Die, der nach einer Weile zaghaft lächelte. „Zumindest bis du weißt, was du willst. Oder was du bist.“ Ich konnte mir nicht helfen, ich musste einfach lächeln, denn so wie Die das gesagt hatte, bestand auch weiterhin eine Chance. Nur nicht jetzt. Falls ich also irgendwann feststellen sollte, dass ich tatsächlich auch auf Typen abfuhr, dann könne ich noch einen Versuch wagen. Sofern ich Die dann noch wollte. Das war jetzt sowieso erst einmal nicht wichtig. Wichtig war, dass wir uns einig waren. „Also, Entschuldigung angenommen?“, fragte ich unsicher. „Ja, Entschuldigung angenommen. Ich bin ja kein Unmensch, zumal ich mir denken könnte, dass du auch nicht so ganz problemlos mit deiner Situation zurecht kommst.“ „Hör bloß auf,“ sagte ich tief ein- und ausatmend. „Lass uns lieber nicht darüber reden, okay? Können wir nicht einfach wieder normal sein, Die und Kaoru, Freunde?“ Ich hoffte inständig, dass er auf meinen Vorschlag einging. Ich mochte nicht darüber philosophieren, warum ich dachte, ich könnte schwul sein. Das würde nur auf meine seltsamen nicht jugendfreien Träume zurückführen und darüber wollte ich Die nicht aufklären. Momentan wollte ich einfach meinen Kumpel Die haben. Er nickte, welch Glück. „Einverstanden. Und Freunde haben Spaß zusammen, gehen einen trinken, richtig?“ „Richtig.“ Ich verstand schon. „Dann lass uns jetzt hier rausgehen und uns amüsieren. Ich habe nämlich auch keine Lust mehr mit dir meine Sexualität auszudiskutieren. Und das in einer Toilettenkabine!“ Er verdrehte die Augen und stand auf. „Gut, dann lass uns einen trinken. Ich zahle!“ Hatte ich denn überhaupt meinen Geldbeutel dabei? Oh Gott. Tja, egal. Sayuri arbeitete ja hier. Die würde mir sicher auch Kredit geben. Vielleicht. Hoffentlich. Oh je. Nachdem ich mich erhoben hatte, öffnete ich die Tür und marschierte raus mit Die mir folgend. Den Leader-Status hatte ich sozusagen wieder. Auf dem Weg nach draußen ignorierten wir dezent den Spruch von zwei betrunkenen Kerlen am Pissbecken, die irgendetwas von „verfluchten Schwuchteln“ vor sich hin brummten. DAS machte mir schon lange nichts mehr aus. Zum einen war ich nicht Toshi und zum anderen hatte ich meinen ‚Lollipop’ doch wieder und mehr war nicht wichtig. Die und ich setzten uns an einen der Tische und bestellten erst einmal Bier, mit dem wir auf unsere Versöhnung anstießen. Irgendwie machte es mich so glücklich, dass Die nicht mehr sauer war auf mich, dass er nicht entsetzt war von mir und mich nach wie vor als seinen Saufkumpan akzeptieren konnte, dass auch ich mir vorübergehend mal überhaupt keine Waffel machte über ihn. Bei dreckigen Witze lachte ich herzhaft, wurde aber nicht rot. Wenn das kein Fortschritt war! „Wie viele Tage haben wir jetzt noch frei?“, fragte mich Die gähnend. „Hmmm... mal überlegen.“ Mich am Kopf kratzend versuchte ich nachzudenken. Ich musste wohl temporär die Zeitrechnung vergessen haben. „Drei Tage? Zwei? Drei Tage glaube ich.“ „Glaubst du?“ Was grinste mich Die denn so doof an, und warum lachte der denn? „Hey, was auch immer du mit Kaoru gemacht hast, gib ihn wieder her.“ „Maaaaann Die!“ So ein Doofi! Nur weil ich mal ganz, ganz kurz nicht gleich unseren beruflichen Timetable wiedergeben konnte, verarschte er mich gleich. „Aber jetzt mal ernsthaft, ist heute Samstag?“ Jetzt prustete er los und lachte sich einen Ast, schlug dabei sogar immer mit der Hand auf den Tisch. Ich grinste. Natürlich wusste ich, dass heute Montag war, dass wir noch genau zwei freie Tage haben würden und dass wir uns verdammt ranhalten mussten, wenn wir das Album noch rechtzeitig fertig machen wollten. Momentan war ich aber nur stolz auf mich, denn ich konnte Die mit meinem recht seltsamen Humor zum Lachen bringen. Klar, man könnte jetzt sagen, das wäre keine Kunst, aber es war nicht nur ein kleines Schmunzeln, nein, der zerfetzte sich ja geradezu vor Lachen. Das war schon toll. „Na, amüsiert ihr euch?“ Oh, als ich mich nach der Stimme umdrehte, stand auf einmal Sayuri neben uns und setzte sich mit an den Tisch. „Ich darf doch, oder? Ich hab nur zehn Minuten Pause, dann bin ich wieder weg.“ Also ich mochte Sayuri, so war das nicht, aber im Moment wäre ich echt gerne mit Die allein. „Klar, setz dich ruhig,“ strahle er sie an und reichte ihr die Hand. Auf Die war eben Verlass! „Wir wurden noch nicht vorgestellt, oder? Ich bin Die.“ „Sayuri, freut mich,“ strahlte sie zurück. Zwei Strahlemenschen auf einem Haufen, das war ja herrlich, wie unter Flutlicht. „Dein Freund hat mir bereits von dir erzählt.“ Oh Gott, die Geschichte. Ob es jemandem auffallen würden, wenn ich mich einfach unter dem Tisch verkroch? „Er mir von dir auch,“ grinste Die und zwinkerte mir zu. „Ich hoffe, er spricht nur Gutes von mir?“ Nein, du dumme Nuss. Ich hatte ihn doch schlecht gemacht bei ihr und letztlich gesagt, er sei mein Freund, nur damit sie ihn in Ruhe ließ. „Nur Gutes, aber ich muss ja zugeben, dass ich Kaoru anbaggern wollte. Er ist schon sehr attraktiv. Du hast vielleicht ein Glück, Die.“ Wenn die wüsste! „Kann ich verstehen, mach dir nichts draus,“ meinte Die und winkte ihr zu. Sayuri lachte auf. „Aber schon nach kurzer Zeit, in der ich ihn beobachtet hatte, hab ich gemerkt, dass er nur Augen für dich hat.“ Nein! Gerade, wo ich einfach nur eine schöne Zeit mit Die verbrachte, da brachte die mich natürlich in Verlegenheit und ich wurde wieder ganz verstört. Warum nur, lieber Gott, warum? „Allerdings ist mir unklar,“ fuhr sie fort, „wie er das durchhält, wenn du ständig von Mädchen angesprochen wirst.“ Sie wand ihren Blick auf mich. „Bist du gar nicht eifersüchtig?“ Musste ich die Frage beantworten? Ich würde gerne einen Joker einlösen. Hilfesuchend schaute ich zu Die, der aber nur belustigt schmunzelte. Wunderbar, ihn interessierte die Frage also auch brennend. „Äh...also doch, schon. Oder nein?“ Die Wahrheit war ja, aber eine souveräne Beziehung zeichnete das nicht gerade aus. Ach, verdammt. Vielleicht sollte ich ihr einfach die Wahrheit sagen, und zwar alles. „Hör mal, Sayuri. Ich glaub, ich muss dir da mal was sagen. Ich war nämlich nicht ganz ehrlich zu dir.“ Sie zog die Augenbrauen erstaunt nach oben, als hätte sie das nicht von mir erwartet. „Was Kaoru damit sagen will,“ mischte sich Die auf einmal ein. „In Wahrheit ist er nämlich der Babe-Magnet, ja, und ich muss zusehen, wie ihn die Mädels nur so angraben.“ Was zum—? War der noch ganz zu retten? „Aber das können sie sich abschminken, der gehört nämlich mir!“ Er legte mir die Hand auf den Oberschenkel und rieb sie sanft auf und ab, während er mir liebevoll zublinzelte. „Man, ihr beide seid schon zu süß.“ Sie stand auf und lachte. „Ich muss wieder los. Immer wieder lustig mit euch. Tja, dann pass mal gut auf deinen Babe-Magneten auf.“ Sie grinste Die mit einem Zwinkern an und winkte mir kurz, dann machte sie sich auf zur Bar. Schwer schluckend, ließ ich meinen Blick nach unten schweifen, wo sich Dies Hand noch immer auf meinem Oberschenkel befand. Diese Hand klopfte mir noch mal kurz auf das Bein, dann nahm Die sie weg und griente wie ein Honigkuchenpferd. „Kleine Rache für letztens, mein Süßer,“ kicherte er recht bösartig, als hätte er Kyo verschluckt. Ich verleierte nur die Augen. „Schon okay. Hab ich verdient.“ Und es machte mir in Wahrheit auch nichts aus. Die hatte mich vor einem Geständnis bewahrt und der Nebeneffekt mit der Hand auf dem Oberschenkel war auch nicht übel gewesen. Er schmeichelte mir. Das war nett. Aber wir hatten uns vorgenommen normale Kumpels zu sein, vorerst. Ich hatte mir vorgenommen, dass ich mich von Die oder seinen Reizen erst einmal nicht mehr beeinflussen lasse. Wir waren Freunde, nicht mehr. Jetzt nicht. Hier und jetzt waren wir Kumpels wie eh und je. Also sollten wir uns auch benehmen wie solche. Scherze gehörten dazu, aber was machten Kumpels denn noch so? Ah ja! „Die?“ Ich knuffte ihn mit dem Ellbogen in die Seite. „Los, komm, wir fahren zu mir und spielen Metroid Prime. Ich hab keinen Bock mehr auf Kneipe.“ „Ist gut, ich trink nur schnell leer.“ Er hob das Bierchen und kippte es weg. Hatte er etwa geübt? Der Wahnsinn. „Hast du auch Mario Kart?“, blubberte er, als wir zum Bezahlen an die Bar wackelten. „Ja, sicher!“, nickte ich begeistert zurück. Ich liebte das Spiel. „Ich will aber Mario sein, klar soweit?“ Die schmiss ein paar Scheinchen auf den Tresen, grinste Sayuri an und legte den Arm um meine Schultern. Dann winkte er übertrieben und schob mich nach draußen. Vielleicht hatte er doch schon mehr getrunken, als ich dachte? „Die, wie wäre es, wenn ich fahre und du lässt dein Auto stehen?“ „Nee, nee,“ winkte er ab. „Das geht schon. Ist ja nicht so, als könnte ich meinen Führerschein verlieren. Ich hab nämlich gar keinen!“ Herzattacke! „WAAAS?!“ „Kleiner Spaß,“ kicherte Die. „Pflanz dich in deine Möhre. Wir treffen uns bei dir.“ Schwups, saß er auch schon in seinem schicken Flitzer und dampfte davon. Kopfschüttelnd kletterte ich in mein Vehikel und düste los. Als ich ankam, hatte Die schon fein säuberlich das Auto am Straßenrand geparkt und lehnte daran, während er eine rauchte. Das musste man ihm lassen. Sogar mit Alkohol im Blut stand das Auto wie eine Eins. Da sollte noch mal jemand sagen, ich hätte keinen femininen Touch, so wie ich parkte! Diesmal gab ich mir richtig Mühe und nachdem das Auto ohne Schäden in der Tiefgarage stand, lief ich zurück zu Die. „Mann, Kao, du fährst wie meine Oma. Hey, wenn du beim Mario Kart auch so ein Loser bist, dann wird es ja richtig langweilig!“ „Herr belieben zu scherzen, hm?“ Wollte der mich provozieren oder was? „Ich bin der absolute Champ beim Mario Kart. Dagegen ist Michael Schumacher eine Oberflasche!“ Lachend liefen wir die Treppen hoch und ich öffnete die Tür zu meinem Reich, woraufhin Die erst ins Badezimmer, dann in die Küche stürmte. Bewaffnet mit drei Dosen Cola kam er zurück. „Willst du kein Bier?“, fragte ich, weil ich zwar wusste, er brauchte seine Dosis an Koffein, aber Bier konnte das normalerweise noch übertreffen. „Nein, ich muss mit allen Sinnen bei der Sache sein,“ quakte er zurück und machte gleich mal Fernseher und GameCube an. „Hast du vielleicht noch ein paar Chips? Ich hab Hunger.“ Vielfrass! Na, egal, ich hatte mich eingedeckt mit genau diesen Dingen. Außerdem liebte ich Chips! Mit drei Packungen in den Armen lief ich zurück zu Die und packte mich neben ihn, der mir auch gleich ein Pad in die Hand drückte und eine Tüte Chips aus den Händen riss. „Sind das die Extrascharfen?“ „Yup, du müsstest Chili haben, aber ich hab auch noch mit Zwiebel oder Käse, wenn du willst?“ Ich öffnete die Käse-Sorte und schnupperte schon mal dran, bevor ich ein paar davon im Mund verschwinden ließ. „Nö, nö, ich bleib bei Chili. Ich steh auf Scharfes! Drückst du mal endlich auf Start?“ „Ja, ja, ich mach ja schon.“ Auf los ging’s los. Die spielte als Mario und ich hatte diesen kleinen Dino, Yoshi oder so. Bei dem Spiel war ich wirklich nicht schlecht, zumindest fuhr ich da besser als im wahren Leben. Da fuhr ich auch nur manchmal so beschissen wie heute. Es war kein Vergleich gegen Kyo, der ein Auto locker zur Verzweiflung bringen konnte. Die Zeit verging wie im Flug beim Spielen und beinahe hätte mich Die sogar geschlagen. Als ich die Ziellinie als Sieger überquerte, riss ich die Arme in die Luft und jubelte so lauthals, dass ein paar Krümel Chips aus meinem Mund flogen. „Ich bin der Beste! Yeah! Keiner kann mich schlagen,“ sang ich und wurde von Die in die Seite gepiekt. „Hey, lass das, du schlechter Verlierer.“ „Du hast gemogelt. Das kann nicht sein!“ Er verschränkte die Arme vor der Brust und zog eine Augenbraue nach oben. „Jemand, der wie meine Oma fährt, kann nicht mit rechten Dingen ein Rennen gewinnen.“ „Oooch, armes Die-chan,“ nahm ich ihn auf den Arm und lachte, denn anstatt wie Die Cola zu trinken, hatte ich mir doch schon zwei oder drei Bierchen eingegossen. „War deine Oma mal eine berühmte Rennfahrerin? Uff!“ Die boxte mich in die Seite. „Nein, du Doof. Sie war Krankenschwester.“ Er seufzte und fing an zu lachen. „Na, ja, vielleicht habe ich unterschätzt, dass sie jahrelang Rollstühle schieben musste. Ah!“ Dafür verdiente Die auch eins in die Seite. „Sieh doch einfach ein, dass du mich nicht schlagen kannst beim Mario Kart!“ „Vielleicht,“ zuckte er mit den Schultern und trank seine Cola aus. „Aber nicht beim Street Fighter. Da mach ich dich allemal kalt.“ „Das wollen wir doch erst mal sehen!“ Ich griente ihn höhnisch an. „Soll ich anmachen? Dann kannst du mir ja zeigen, wie gut du bist.“ „Ja, nee, lass mal,“ winkte er ab und schmunzelte mich merkwürdig an. Auf dem Fußboden sitzend hatte er die Beine verschränkt und stützte sich mit den Handflächen nach hinten lehnend ab. Ein Bild war das! Zum Anbeißen! „Warum? Angst? Oder bist du einfach nur schlecht?“ Provozierend verzog ich meinen Mund zu einem schiefen Lächeln. „Nei-hein. Ich bin sogar sehr, seeehr gut, aber...“ Er setzte sich auf und wand den Blick auf die Uhr. „...es ist schon wahnsinnig spät. Gleich 3 Uhr und selbst die Cola hält nicht mehr lange an um mich wach zu halten.“ „Soll ich Kaffee kochen?“ Müde war ich nämlich noch gar nicht und ich wollte auch nicht, dass Die schon geht. Es war doch gerade so lustig gewesen. „Nein, Kao, danke,“ lachte er und erhob sich stöhnend. „Ich fahr jetzt besser Heim. Aber du kannst ja sicherheitshalber einkaufen gehen. Cola und Chips. Denn...“ Er machte eine dramatische Pause, nachdem er mir den Rücken gekehrt hatte, drehte sich noch einmal um und grinste. „Ich komme wieder.“ Kopfschüttelnd lachte ich und brachte auch mich in eine aufrechte Position. „Na gut. Du hättest auch hier schlafen können...“ Gerade wurde mir bewusst, dass das schon eine recht komische Situation war um dieses Angebot zu machen. Gestern noch wäre es vollkommen normal gewesen. Ich hätte ihm eine Decke in die Hand gedrückt und ihm viel Spaß auf dem Sofa gewünscht. Heute kam ich mir auf einmal so dämlich vor. Ich wollte ihn doch nicht flachlagen – na, doch, aber nicht wirklich. Jetzt nicht. Argh. Die lachte nur kopfnickend und schnarchte fast dabei, als er sich die Schuhe anzog. „Ich mach dir ein anderes Mal wieder Frühstück.“ Situation gerettet. Und das mit Doppeldeutigkeit. Ein Versprechen zum Frühstück klang doch fast wie eine Einladung zum Sex, oder? „Ich nehme dich aber beim Wort.“ Das war ein Punkt für Niikura. Ich nahm seine Einladung quasi an. Warum auch nicht? Die war echt ein Schätzchen. „Das kannst du auch,“ antwortete er und machte die Tür auf. „Also dann, Kao. Ruf mich an.“ „Geht klar,“ nickte ich und sah zu, wie er die Treppen hinunter lief, bis er ganz verschwunden war. Erst dann schloss ich wieder die Tür und lief zum Fenster im Schlafzimmer. Nur von dort aus konnte ich die Straße sehen und wie Die ins Auto stieg und losgurkte. Lächelnd seufzte ich und ging zurück ins Wohnzimmer, räumte GameCube und Spiele weg, sowie leere Coladosen, Bierflaschen und Chipstüten. Dann setzte ich mich auf das Sofa und lehnte meinen Kopf weit nach hinten, so dass ich die Zimmerdecke anstarren konnte. Warum schlug mein Herz nur so schnell? Ich war ganz aufgeregt, wie kurz vor einem Auftritt. Dabei müsste ich doch eigentlich todmüde sein. Was für ein Tag! Ich hatte Die geküsst. Das war ja eigentlich total schön gewesen, heiß und der absolute Wahnsinn eben! Dann hatte ich mich dafür entschuldigt, weil er sauer war, was eine weniger schöne Erfahrung gewesen war. Dabei hatte ich erfahren, dass Die nicht nur Mädels, sondern auch Männer mochte, was ein ganz schöner Schock gewesen ist. Nicht, weil es mich störte, nein, ganz im Gegenteil. Vielmehr, weil ich ihn doch schon so lange kannte und es nicht einmal wusste. Vertraute er mir denn nicht? Er wollte es geheim halten um sich selbst und der Band nicht zu schaden, aber es tat mir schon ein wenig weh, dass er uns nicht vertraute – mir, mir nicht vertraute. Andererseits war ich ja nun der Erste und Einzige, der davon wusste. Das war auch wieder schön. Hm, warum hatte ich eigentlich ein Dauergrinsen im Gesicht? Ich war irgendwie ganz aufgedreht, aber glücklich. Mann, schon halb vier und ich sollte so langsam doch mal ins Bett. Nur wie sollte ich denn schlafen bei diesem merkwürdigen Kribbeln in meinen Adern? Sehr seltsam. So etwas hatte ich höchst selten. War ich krank? Meine Wangen waren ganz heiß und meine Hände irgendwie kalt. Vielleicht sollte ich noch eine rauchen zur Beruhigung? Gute Idee. Also schnappte ich mir eine Kippe vom Tisch und ging raus auf den Balkon. Wieder lächelte ich vor mich hin und ertappte mich sogar dabei, wie ich unseren, Dies und meinen, Song vor mich hin summte. Das störte mich aber auch nicht und ich machte unbeirrt weiter. Ob Die wohl schon zuhause war? Es war ganz schön kalt nachts draußen. Nachdem ich fertig war auf dem Balkon und auch etwas zitterte vor Kälte, besuchte ich noch kurz mein Badezimmer, bevor ich mich in mein Bett kuschelte mit dem festen Vorsatz zu schlafen. Nur leider tauchte immer wieder dieselbe Person vor meinem geistigen Auge auf, sobald ich die Augen schloss. Ja, Die. Die war nämlich toll. So einen Freund zu haben war wie ein Sechser im Lotto, auch wenn das Rotschöpfchen manchmal auch nicht ganz auf dem Level war. Aber wenn er lächelte... hach. Es war schon verständlich, dass ihn so viele Mädels gut fanden. Mich fanden die meisten wohl eher nicht gut, aber dafür fand Die mich vielleicht besser als die Mädels. Ätsch. Er hatte ja nicht direkt gesagt, dass er von mir abgeneigt sei. Gut, so jetzt von Zuneigung war da auch nichts gewesen, dass er erwähnt hätte außer vom freundschaftlichen Aspekt her. Oh, ich würde Die zu gerne noch mal küssen. Vielleicht war ich wirklich schwul? Warum aber nur vielleicht? Warum gab es keinen Richter, der mich schwul sprechen konnte? Ganz einfach: ich war mein Richter! Es lag in meinen Händen, ob ich es sein wollte oder nicht, ob ich Angst vor Vorurteilen hatte oder mich nicht beirren ließ bei dem, was mein Körper mir sagte – was mein Herz mir sagte. Ende Kapitel Acht ... Mir wäre ja brechschlecht, wenn ich Chips essen müsste... x_x’ Mehr nächstes Mal. Ich bin zu müde einen euphorischen Kaoru zu schreiben. ;) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)