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Hüter des Schicksals

Draco/Harry (was sonst)
von

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Kapitel 18
 

Merlin sprang auf, als Joshuas Hand von der Phiole glitt und der Junge zitternd auf die Knie sank. Voll Unbehagen sah Merlin, wie Joshua in sich zusammen sackte und leise schluchzend auf dem Boden liegen blieb.

„Joshua!“ rief Merlin besorgt.

Doch es erfolgte keine Reaktion.

„Josh! Komm her! Bitte!“ meinte Merlin sanft. „Da drin kann ich dir nicht helfen!“

Einen Moment schien es, als würde Joshua erneut nicht reagieren. Dann kämpfte er sich jedoch auf die Beine und brachte schwankend die wenigen Schritte zur Tür hinter sich. Kaum hatte er die Tür durchschritten und das Energiefeld damit hinter sich gelassen, zog Merlin ihn in seine Arme.

Joshua sank kraftlos gegen ihn. Halt suchend vergrub er seine Hände in Merlins Robe, presste das Gesicht gegen die Brust des Größeren. Dann begann er haltlos zu weinen. Merlin ließ sich auf den Boden sinken, zog Joshua dabei auf seinen Schoss. Beruhigend strich er durch die schwarzen Haare.

„Es ist gut“, wisperte Merlin leise. „Es war nur eine Erinnerung, Josh. Ist ja gut.“

Joshua kam nur langsam zur Ruhe. Die letzte Erinnerung hatte ihn mehr mitgenommen, als alles, was er bisher gesehen hatte. Es war nicht nur das, was er gesehen hatte, es war auch die Bedeutung dessen. Der Clan wusste von Daimos und ihm. Es brauchte nicht viel, um hinter die Bedeutung ihrer zweiten Vornamen und ihres Nachnamens zu kommen. Der Clan wusste mit Sicherheit bereits, wer er war. Und dass sein im Moment verschollener Bruder der zweite war, den sie suchten.

„Was hast du gesehen?“ wollte Merlin sanft wissen.

„Der Clan weiß es!“ meinte Joshua leise und zitternd. „Sie wissen, wer Daimos und ich sind!“

„Du hattest also recht“, murmelte Merlin nachdenklich.

Joshua nickte nur. Erst nach einer langen Zeit des Schweigens begann er leise zu sprechen. „Warum mussten sie ihm so weh tun? Wieso sind sie so grausam? Damals und heute. - Warum tun sie das alles?“

Merlin seufzte. „Ich weiß es nicht, Josh“, meinte er leise. „Lass uns nach oben gehen, es ist schon spät“, fügte Merlin dann an.

Joshua nickte, stand jedoch nur widerwillig auf. Schweigend liefen sie zur Kammer des Schreckens und von dort zurück in die Schule. Bevor sie die Kammer jedoch verließen, verschloss Merlin die Tür hinunter zum Raum der Erinnerung mit einem Zauber, von dem er hoffte, dass Joshua ihn nicht würde lösen können.

Merlin wollte Joshua kein weiteres Mal klein bei geben. Diese Erinnerungen nahmen ihn viel zu sehr mit. Sie würden auch ohne sie auskommen. Auch wenn Joshua das anders sah, Merlin war sich mit den anderen drei Hütern in diesem Punkt einig. Es gab auch ohne diese Erinnerungen viel zu viel, was Joshua noch nicht verarbeitet hatte.

„Kann... kann ich mit zu dir kommen?“ fragte Joshua leise, als Merlin sich auf den Weg zu den Räumen der Slytherins machen wollte. „Ich möchte – nicht allein sein.“

„Natürlich“, erwiderte Merlin lächelnd. Diese Bitte von Joshua kam ihm sogar sehr gelegen. Er wollte Joshua nach diesem Zusammenbruch ungern allein lassen.

Als sie in seinen Privaten Räumen angelangt waren, dirigierte Merlin Joshua zum Sofa. Sie nahmen beide darauf Platz und Merlin orderte von den Hauselfen frischen Tee. Als dieser gebracht worden war und jeder von ihnen eine dampfende Tasse in den Händen hielt, lehnte Joshua sich gegen Merlin und schloss erschöpft die Augen.

„Möchtest du mir erzählen, was du gesehen hast?“ fragte Merlin sind, legte einen Arm um den Jungen und begann wieder durch die schwarzen Harre zu streichen.

Joshua seufzte. Vorsichtig nahm er einen Schluck von dem heißen Tee. Dann nickte er. „Zu erst habe ich wieder zwei der Weberinnen gesehen. Ich habe nicht alles verstanden, was sie gesagt haben. Aber meine Vermutung stimmt. Diese beiden Steine, die Tan und Sora gefunden hatten, waren versiegelte Seelen. Daimos und ich. Die Weberinnen haben uns wieder frei gelassen. Und sie hatten geplant uns zusammen mit Draco erscheinen zu lassen.“

„Das heißt, ihr habt schon lange existiert, als die Weberinnen entschieden, sich zu opfern“, stellte Merlin fest.

„Ja. Ich vermute, sie haben euch fünf erschaffen, um uns zu schützen. Denn es war schließlich Daimos und meine Macht, die diese Welt an den Abgrund getrieben hat“, meinte Joshua nachdenklich. Er konnte nicht alles einordnen, was die Weberinnen gesagt hatten. Doch das würde er klären, wenn er das nächste mal hinunter ging.

„Was war die zweite Erinnerung?“ wollte Merlin vorsichtig wissen. Er war sich nicht sicher, ob er diese Frage wirklich beantwortet habe wollte, nachdem er gesehen hatte, wie Joshua darauf reagiert hatte. Doch für Joshua wäre es mit Sicherheit besser darüber zu reden.

„Die Ravenclaw Brüder hatten einen Schicksalswind gefangen genommen“, murmele Joshua leise. „Ich weiß nicht genau, was sie von ihm wissen wollten. - Sie haben ihn... gefoltert. Ich konnte nichts tun, nur zusehen. - Sie haben seine Magie gebannt. - Lex hat nichts gesagt. Aber... als sie in seine Gedanken eingedrungen sind... er konnte sie nicht zurück halten.“ Erneut hatte Joshua zu zittern begonnen. Krampfhaft versuchte er die Tränen zurück zu halten.

Merlin ließ Joshuas Tasse auf den Tisch schweben und schloss ihn in seine Arme. Leise flüsterte er Joshua Nichtigkeiten ins Ohr um ihn zu beruhigen.

„Sie wissen es!“ meinte Joshua verzweifelt. „Sie werden alles versuchen um Daimos und mich gefangen zu nehmen. - Wir wissen doch gar nicht, wo Daimos wieder auftauchen wird. Was ist, wenn er ihnen direkt in die Hände stolpert?“

„Draco ist bei ihm“, sagte Merlin ruhig. „Mach dir keine Sorgen um die beiden. Unser Drache würde unter keinen Umständen zulassen, dass Daimos etwas passiert.“

„Aber sie wissen nichts von der Gefahr, die hier auf sie lauert“, entgegnete Joshua. „Und vielleicht bekomme ich keine Gelegenheit mehr, sie zu warnen!“

Merlin seufzte. Joshua war mit den Nerven völlig am Ende. Egal was Merlin sagte, es würde gar nicht zu ihm vordringen. „Lass uns eine Nacht über darüber schlafen, Joshua. Morgen können wir noch einmal ganz in Ruhe darüber reden“, schlug Merlin vor.

Joshua sagte nichts, doch Merlin sah ihm an, dass er nicht damit einverstanden war. Merlin wartete ab, doch Joshua nahm das Gespräch nicht wieder auf. Nach einiger Zeit merkte Merlin, wie die Spannung immer mehr aus Joshua wich. Lächelnd stellte er fest, dass der Slytherin eingeschlafen war.

Vorsichtig, um Joshua nicht wieder zu wecken, stand Merlin auf und trug Joshua in sein Schlafzimmer, wo er ihn in sein Bett legte. Sanft zog der die Decke über den Jungen und blieb noch eine Weile auf der Bettkante sitzen. Eigentlich hatte er vorgehabt im Wohnzimmer auf dem Sofa zu schlafen. Aber je länger er Joshua beim Schlafen zu sah, desto größer wurde das Verlangen bei ihm zu bleiben.

Letztendlich legte er sich zu Joshua und zog ihn in seine Arme. Noch lange lag Merlin, dachte darüber nach, was sie durch die Erinnerungen schon alles erfahren hatten. Natürlich war es nützlich, was sie nun wussten. Doch seine Entscheidung stand fest. Er würde vorläufig verhindern, dass Joshua sich weitere Erinnerungen ansah. Der Slytherin litt viel zu sehr unter dem, was er sah und erfuhr.
 

Die Erinnerung von Lex hatte Joshua mehr mitgenommen, als er Merlin zeigte oder zeigen wollte. Was Lex widerfahren war erinnerte ihn auf erschreckende Weise an das, was Daimos durch den Clan hatte erleiden müssen. Nicht nur im vergangenen Sommer sonder auch in der Zeit davor bei den Dursleys.

Diese Dinge lösten in Joshua ein Gefühl aus, dass ihn selbst erschreckte. In ihm loderte der Hass so stark auf, dass Joshua vor sich selbst Angst bekam. Da waren die Ravenclaw-Brüder, auf die sich sein Hass richtete, aber auch Joseph Simior. Und ein Teil seines Hasses richtete sich auf Ronald Weasley, der Daimos so sehr verraten hatte.

Das alles verdrängte zunächst die Verzweiflung, die Joshua zuerst überrollt hatte. Doch ganz war seine Angst nicht verschwunden. Aber sie war längst nicht mehr so übermächtig, dass er sich so hilflos fühlte, wie an dem Abend, als er in Merlins Armen zusammen gebrochen war.

Dennoch war diese Mischung aus Hass und Angst sehr explosiv. Und ein einziger Funken reichte zur Detonation. Und dieser Funke kam am Samstagabend von Weasley.

Das Abendbrot war vorbei und Joshua hatte sich auf den Weg zu Lynar gemacht, die an diesem Abend mit ihm trainieren wollte. Eigentlich war Training das letzte, zu dem Joshua jetzt Lust hatte. Doch die Hüterin der Erinnerungen bestand darauf. Als Joshua Weasley und Thomas hörte, hielt er inne.

„Sieht so aus, als würdest du nicht mehr lange warten müssen“, stellte Thomas fest.

„Wirst du auch über mich einmal so reden?“ fragte Weasley harsch.

„Natürlich nicht!“ meinte Thomas schnell. „Das würde ich mir nie erlauben!“

„Gut. Dann erlaube es dir auch nicht bei Joseph!“ sagte Weasley streng. „Noch ist er es, dem du dich verschrieben hast!“

„Verzeih mir meine Unverfrorenheit!“ murmelte Thomas demütig.

Weasley schnaubte. „Du bist volljährig. Damit werden dir solche Dinge nicht mehr verziehen!“

Thomas schwieg.

„Aber du hast sicherlich eine andere Frage stellen wollen“, fuhr Weasley freundlicher fort.

„Ja“, meinte Thomas unsicher. „Was wirst du tun, wenn du die Leitung des Clans übernommen hast?“

Die beiden kamen nun in Sichtweite von Joshua, der sich hinter einer Ritterrüstung versteckt hielt. Joshua konnte das breite Grinsen auf dem Gesicht des Rothaarigen sehen.

„Ich werde diesen Krieg endlich beenden. Diese ganze Sache dauert schon viel zu lange!“ stellte Weasley fest.

„Und – Potter?“ wagte Thomas zu fragen.

Weasley lachte kalt. „Der wird bekommen was er verdient, sobald wir ihn gefunden haben!“

Thomas grinste. „Die Arbeit aus dem Sommer fortsetzen?“

„Zum Beispiel.“ Weasley nickte.

„Vielleicht solltet ihr mit dem schmieden von Plänen warten. IHR werdet den Krieg sicherlich nicht gewinnen!“ mischte Joshua sich ungehalten ein.

„Fator!“ zischte Thomas.

„Ein kleiner Spion, was?“ meinte Weasley mit gehobenen Augenbrauen.

„Diese Gänge hier sind allen Schülern zugänglich, Weasley. Wenn du geheime Gespräche führen willst, solltest du das woanders tun!“ entgegnete Joshua spöttisch.

„Das hier ist Gryffindorterretorium. So viel solltest du inzwischen wissen!“ knurrte Thomas.

„Ist das in den Schulregeln irgendwo fest gehalten?“ wollte Joshua provozierend wissen.

„Nein“, sagte Weasley ruhig. „Aber jeder Schlange, die sich nicht daran hält, machen wir das sehr gerne immer wieder deutlich!“

„Ist das eine Herausforderung, Weasley?“ Joshua zog seinen Zauberstab.

Von Thomas kam ein abfälliges Schnauben. „Du glaubst doch nicht wirklich, dass du auch nur den Hauch einer Chance hast!“

„Schon so eingebildet, dass du deine Lakaien für dich sprechen lässt, Weasley?“ fragte Joshua.

Weasley strafe ihn mit einem eisigen Blick. Er zog nun ebenfalls seinen Stab. „Du scheinst es darauf an zu legen im Krankenflügel zu landen!“

„Ich bezweifle, dass du gegen mich etwas ausrichten kannst!“ entgegnete Joshua grinsend. „Was wirst du schon großartig können? Als künftiger Clan-Führer warst du doch garantiert von klein auf von Aufpassern umgeben, die auch ja jeden Ärger von dir fern gehalten haben!“

Mit Leichtigkeit wich Joshua dem Zauber aus, den Weasley auf ihn geschickt hatte. Ohne zu zögern schoss er seinen eigenen Fluch zurück. Er war sich sicher, dieses Duell nicht zu verlieren. Immerhin konnte er es mit Leichtigkeit mit Merlin und Argus zugleich aufnehmen.

„Bei deinem IQ hätte ich dir nicht zugetraut, deine Sprüche stumm herauf zu beschwören. Vielleicht sollte ich dich dafür beglückwünschen!“ meinte Joshua hämisch, nachdem er einer Reihe weiterer Flüche ausgewichen war. „Nur das Zielen solltest du noch üben!“

„Deine Überheblichkeit werde ich dir schnell austreiben, Fator!“ knurrte Weasley.

„Wohl kaum!“ Joshua deckte die gesamte Breite des Ganges mit Flüchen ein.

Weasley duckte sich darunter hindurch. „Du wirst vor mir im Dreck kriechen und mich anflehen auf zu hören!“ zischte er.

Damit gelangte das Duell auf eine höhere Stufe. Den nächsten Fluch, den Weasley auf Joshua schoss, wollte dieser an einem einfach Protego abprallen lassen. Doch der Schild löste sich unter dem Fluch auf. Nur knapp entkam Joshua.

„Oh, Weasley! Für Anfänger ist es gefährlich mit solchen Flüchen zu spielen!“ Joshua wusste, dass Weasley kein Anfänger war. Spätestens der letzte Fluch hatte es ihm bewiesen. Doch für Joshua war das nur das Zeichen sich nicht zurück zu halten.

Aus dem Duell zwischen zwei Schülern wurde ein Duell von zwei Todfeinden. Keiner der beiden schenkte dem anderen etwas. Je länger das Duell dauerte, desto mehr Verletzungen zogen sich sowohl Joshua als auch Weasley zu. Die meisten Flüche trafen jedoch die Wände des Ganges. Tiefe Furchen und Krater durchzogen das Gemäuer und zeigten, wie gefährlich die Flüche wirklich waren, mit denen der Gryffindor und der Slytherin sich bombardierten.

Thomas hatte längst das Weite gesucht. Und das war auch gut so. Ein Querschläger hätte ihn ernsthaft verletzten können. Doch weder Weasley noch Joshua hatten bisher eine ernst zu nehmende Verletzung davon getragen. Ein Zeichen dafür, wie gut beide im duellieren waren. Es trieb Joshua beinahe zur Weißglut, dass sich eingestehen musste, dass Weasley ihm durchaus ebenbürtig war.

Er wollte Weasley bluten sehen. Er wollte, dass Weasley dafür bezahlte was Daimos widerfahren war und was die Ravenclaw-Brüder Lex angetan hatten. Er dachte nicht einen Moment darüber nach, dass Weasley mit diesen Dingen noch gar nichts zu tun gehabt hatte. Er wollte nur irgendjemanden dafür leiden sehen. Und Weasley war mit den Ereignissen am direktesten verbunden.

„WEASLEY! FATOR!“

Die beiden Kontrahenten erstarrten in ihren Bewegungen. Keiner von ihnen ließ den Stab sinken, sie waren angespannt, bereit für die nächste Attacke. Doch zu der kam es nicht. Einen Moment später waren sie beide ihren Zauberstab los. Dennoch rührten sie sich noch immer nicht.

Joshua wäre in diesem Moment auch dazu bereit gewesen seine stablose Magie einzusetzten. Ganz egal ob Weasley sich dagegen zur Wehr setzen konnte oder nicht. Er wollte Weasley nur genau so sehr wehtun, wie Daimos wehgetan worden war. Das war es, was zählte, nichts anderes.

Doch dann spürte Joshua, wie ein Zauber auf ihn gesprochen wurde. Er wusste noch im selben Augenblick, was dieser bewirkte. Er würde Weasley nicht mehr angreifen können. Weder mit seiner Magie noch körperlich noch verbal. Und für Weasley galt dasselbe. Wütend fuhr Joshua herum – und sah sich Lynar gegenüber, die ihn mit einem so kalten Blick ansah, dass er erstarrte.

„Sie werden beide auf die Krankenstation gehen und dort bleiben, bis Madam Pomphrey Sie wieder entlässt. - Gryffindor und Slytherin werden jeweils hundertfünfzig Punkte abgezogen. Sie beide haben bis Ende des Schuljahres Hogsmeade-Verbot. Außerdem melden Sie sich bis Weihnachten jeden Montag, Mittwoch und Freitag nach dem Abendbrot bei mir zur Strafarbeit. - Ihre Zauberstäbe gebe ich ihnen wieder, wenn Sie jeder von ihnen mir erklärt hat, was hier gerade vorgefallen ist.“

Joshua musste sich auf zu Zunge beißen um nicht irgendetwas zu sagen, was Lynar dazu gebracht hätte, ihn noch härter zu bestrafen. Seine Wut war nicht gewichen. Und er verspürte das dringende Bedürfnis diese jetzt auf Lynar zu projizieren. Es kostete ihn sehr vier Selbstbeherrschung dies nicht zu tun. Stattdessen drehte er sich um, warf Weasley einen tödlichen Blick zu und machte sich auf den Weg in die Krankenstation.
 

Joshua musste drei Tage dort bleiben, ebenso Weasley. Sie langen an entgegengesetzten Enden des Krankenflügels, damit sie nicht noch einmal aufeinander losgingen. Lynar schien niemanden über den Zauber informiert zu haben, den sie auf die beiden Jungen gelegt hatte. Joshua war sich sicher, diesen Zauber bis zum Ende des Schuljahres nicht mehr los zu werden.

Noch am Samstagabend war Lynar auf die Krankenstation gekommen. Zuerst hatte sie Joshua eine ausführliche Strafpredigt gehalten, dann Weasley. Später, während Joshua sich noch immer über Lynar ärgerte, war Merlin gekommen. Dieser hatte sich zunächst versichert, dass es Joshua gut ging, bevor er sich Lynar anschloss.

Während Joshua sich über Lynars Predigt nur geärgert hatte, bekam er nach Merlins Rede stechende Gewissensbisse. Allerdings nicht, weil er Merlin recht geben konnte, der behauptete das Duell sei leichtsinnig, unnötig und absolut kindisch gewesen. Sondern weil er damit Merlin enttäuscht hatte. Das war etwas, das Joshua sehr schwer viel zu verkraften. Der stechende, enttäuschte Blick Merlins tat ihm weh und verfolgte ihn die ganze Nacht.

Das Madam Pomphrey für die ihre Krankenstation Besuchsverbot erteilt hatte so lange sie beide dort waren, machte Joshua die Sache nicht gerade leichter. Hätte er Besuch von Blaise, Seamus, Neville oder Ginny bekommen können, wäre er wenigstens abgelenkt gewesen. So brütete er über seiner noch immer vorhandenen Wut, während er versuchte alle Gedanken an Merlin zur Seite zu schieben.

Er war unglaublich froh, als er die Krankenstation am Dienstagabend verlassen konnte. Doch entgegen seiner Gewohnheiten ging er nicht zu Merlin, sondern direkt in den Gemeinschaftsraum der Slytherins. Joshua wusste nur zu gut, dass alle vier Hüter im Moment nicht gut auf ihn zu sprechen waren. Also ging er ihnen vorläufig lieber aus dem Weg. Gerade weil er selbst noch immer sehr geladen war.

Das erste Mal, dass er nach seinem Aufenthalt im Krankenflügel, Merlin wieder außerhalb des Unterrichts begegnete, war als er am Freitagabend zu diesem ins Büro stürmte.

„Löse. Den. Bann!“ forderte Joshua wütend.

„Nein“, meinte Merlin ruhig, ohne von den Aufsätzen auf zu sehen, die er korrigierte.

„Löse ihn!“ beharrte Joshua. „Du hast kein Recht dazu, die Tür zu verschließen!“

„So wie ich das sehe, habe ich die Aufgabe auf dich acht zu geben!“ stellte Merlin fest, sah noch immer nicht auf.

„Ich brauche keinen Aufpasser“, zischte Joshua. „Diese Erinnerungen sind wichtig. Du kannst mir nicht verbieten da runter zu gehen. Es ist schon schlimm genug, dass ich nur am Wochenende runter gehe!“

Nun endlich sah Merlin auf. „Ganz offensichtlich brauchst du einen Aufpasser! - Ich kann nicht leugnen, dass wir durch die Erinnerungen, die du gesehen hast, einige wertvolle Informationen erhalten haben. Aber wir haben auch von Dingen erfahren, die uns rein gar nichts nutzen, die dich aber unglaublich belasten. Ganz zu schweigen von den Erinnerungen selbst, die dich ebenso belasten! - Du musst auch so mit genug Dingen fertig werden.“

„Ich komme damit klar!“ meinte Joshua zähneknirschend. „Wir brauchen diese Erinnerungen!“

„Wir brauchen sie nicht“, beharrte Merlin. „Und du kommst definitiv nicht damit klar. Du bist niemand, der einfach auf einen Mitschüler losgeht. Selbst wenn es Weasley ist. Und du würdest normalerweise wegen so einer Sache wie dem Bann nicht rum schreien. Ich denke, ich kenne dich mittlerweile gut genug, um das beurteilen zu können.“

„Das glaubst auch nur du!“ knurrte Joshua. „Selbst Weasley kennt mich besser als du! - Löse den Bann!“

„Nein“, beharrte Merlin ruhig, obwohl es ihm schwer viel den Schmerz zu verbergen, den die letzte Aussage verursacht hatte. „Ich werde ihn erst dann von der Tür nehmen, wenn du dich beruhigt hast und einsiehst, dass ich Recht habe!“

„Du hast Unrecht!“ meinte Joshua aufgebracht. „Wenn du so stur bist, werde ich einen anderen Weg finden, dort hinunter zu kommen. - Ich bezweifle langsam, dass die Weberinnen euch wirklich zu Daimos und meiner Unterstützung erschaffen haben!“
 

Nach diesem Streit herrschte erst einmal eisiges Schweigen zwischen Merlin und Joshua. Beide kamen mit dieser Situation nicht wirklich klar. Doch keiner wollte von seinem Standpunkt weichen. Merlin machte sich viel zu große Sorgen um Joshua, um diesem zu erlauben in absehbarer Zeit noch einmal in den Raum der Erinnerungen zu gehen. Und Joshua war noch immer so sehr in den widerstreitenden Gefühlen gefangen, die in ihm herrschten, dass er nicht einmal auf die Idee kam darüber nachzudenken, was Merlin gesagt hatte.

Joshua brauchte etwas mehr als drei Wochen und eine Menge Gespräche mit Blaise um an den Punkt zu gelangen, an dem er erkannte, dass Merlin gar nicht so Unrecht hatte. Und noch einmal so lange brauchte er, bis er sich traute zu Merlin zu gehen und sich zu entschuldigen. Er bereute, was er in seiner Wut zu Merlin gesagt hatte. Und genauso sehr bereute er sein Verhalten in den vergangenen zwei Monaten.

Dennoch blieb das Verhältnis zwischen Joshua und Merlin gespannt. Was Joshua gesagt hatte konnte nicht rückgängig gemacht werden. Und was Joshua auch tat, Merlin blieb distanziert. Der Streit hatte Merlin vor Augen geführt, wie kurz sie sich erst kannten und wie wenig Joshua ihm und auch den anderen Hütern ganz offensichtlich vertraute.

Joshua kam nach kurzer Zeit zu der Erkenntnis, dass es Zeit brauchen würde, bis die Dinge zwischen ihm und Merlin wieder so lange, wie vor dem Streit. Es blieb ihm nichts anders übrig als zu warten. Also suchte sich Joshua eine Beschäftigung um diese Zeit zu überbrücken. Er setzte sich mit Fawkes und Tan zusammen, um seine Fähigkeiten zu trainieren. Zu seiner großen Freude machte er dabei schnelle Fortschritte.

Erst am Wochenende des zweiten Advents geschah etwas, das die Dinge zwischen Joshua und Merlin wieder gerade rückte. Alle Schüler ab der dritten Klasse waren auf dem Weg nach Hogsmeade. Joshua war der einzige der höheren Klasse, der im Schloss bleiben musste. Selbst Weasley durfte ins Dorf. Er hatte von Joseph Simior eine Sondergenehmigung. Angeblich sei der Grund ein wichtiges, geschäftliches Treffen. Doch allen war klar, dass dem keineswegs der Fall war.

Joshua hatte seine Freunde bis zum Ende der Länderein von Hogwarts begleitet. Dann hatte er sich wieder auf den Rückweg ins Schloss gemacht. Fawkes erwartete ihn zum Training. Das erste Mal seit langem würde diesmal auch Merlin an dem Training teilnehmen.

Doch auf eben diesen traf Joshua bereits in der Eingangshalle.

„Joshua!“ meinte Merlin lächelnd. „Ich habe dich gesucht. Würdest du mich vielleicht ein Stück begleiten?“

„Natürlich“, sagte Joshua stirnrunzelnd. Etwas irritierte ihn. Joshua konnte nicht genau erfassen was, doch irgendetwas war anders an Merlin. Etwas, das ihn misstrauisch werden ließ. Dieses Misstrauen wuchs, als Merlin ihn in einen wenig benutzten Gang führte.

/Merlin? Wo bist du\ fragte Joshua in Gedanken. Er zweifelte mit jedem Schritt mehr daran, dass das vor ihm tatsächlich Merlin war.

/In meinem Büro. Zusammen mit Fawkes. Wir warten schließlich auf dich!\ stellte Merlin verwirrt fest.

/Ah ja…\ meinte Joshua. /Es kann sein, dass ich mich etwas verspäte!\ Er blieb stehen. Wer auch immer sich dort vor ihm als Merlin ausgab, die Illusion war gut. Joshua war sich sicher, dass er darauf hereingefallen wäre, wenn er sich nicht mental hätte absichern können.

Der falsche Merlin blieb im selben Moment stehen wie Joshua. Obwohl er vor Joshua lief, schien er diesen auf irgendeine Weise zu beobachten. Der Fremde drehte sich um und sah Joshua fragend an. „Stimmt etwas nicht, Joshua?“

„Wer sind sie?“ wollte Joshua wissen, zog dabei seinen Zauberstab.

Der falsche Merlin war von dieser Frage so überrascht, dass er den Schock nicht ganz verbergen konnte. „Ich weiß nicht, was du meinst!“

„Sie sind nicht Professor Williams!“ stellte Joshua fest. Mit einem Mal war er heilfroh, dass er den anderen noch nicht mit Merlin angesprochen hatte. Er konnte immerhin nicht wissen, wie viel der Fremde wusste und für wen er arbeitete. Merlins Identität sollte so lange wie möglich geheim bleiben.

„Geht es dir gut, Joshua? Wie kommst du auf diese seltsame Idee?“ wollte der falsche Merlin wissen.

Joshua grinste. „Ihre Illusion ist gut, aber nicht gut genug um mich zu täuschen!“

Einen Moment schien der Fremde noch nach einer Antwort zu suchen, die Joshuas Zweifel aus dem Weg räumen konnte, doch er gab den Versuch auf, als er Joshuas entschlossenes Gesicht sah. Stattdessen zog er selbst seinen Zauberstab. „Schade, dass du es so früh herausgefunden hast.“

„Was haben sie vor?“ Joshua mahnte sich zur Vorsicht. Das Duell gegen Weasley hatte ihm gezeigt, dass es unter den Leuten des Clans durchaus welche gab, die es mit seinen derzeitigen Fähigkeiten aufnehmen konnte. Er konnte seinen Gegenüber nicht gut genug einschätzen, um unvorsichtig zu werden.

„Kannst du dir das nicht denken, Fator?“ fragte der Fremde höhnisch. „Ich hatte allerdings gehofft dich aus dem Schloss schaffen zu können, ohne Gewalt an zu wenden! Mein Boss will dich unversehrt!“

„Ein Ravenclaw also“, vermutete Joshua.

„Es wäre gesünder für dich, einfach mit mir zu kommen!“ stellte der falsche Merlin fest, ohne auf Joshuas Aussage ein zu gehen.

„Es tut mir leid, aber ich habe keine Zeit für sie!“ entgegnete Joshua. „Mein Tag ist bereits verplant.“

Der Ravenclaw hob den Stab und richtete ihn auf Joshua. Joshua konnte beobachten, wie der andere die Lippen bewegte, um den Zauberspruch zu murmeln. Er schien kein besonders begabter Zauberer zu sein. Ohne Gegenwehr ließ er sich den Zauberstab abnehmen. Vielleicht konnte er noch irgendwelche Informationen erhalten. Denn er war sich sicher, sein Angreifer würde das Weite suchen, wenn er seine Mission als Fehlgeschlagen ansah. Und das wäre der Fall, wenn Joshua begann sich zu wehren.

„Hat Simior dir gesagt, du sollst mich entführen?“ wollte Joshua wissen.

„Das geht dich nichts an“, entgegnete der Ravenclaw gereizt. „Du solltest jetzt mitkommen, wenn dir an deiner Gesundheit etwas liegt!“

„Warum sollte ich? Wie schon gesagt, meine Pläne für heute sehen anders aus! – Hast du Vielsafttrank genommen oder ist es nur eine Illusion?“ fragte Joshua ungerührt weiter.

„Vielsafttrank“, sagte der Ravenclaw, bevor er sich dessen überhaupt bewusst war. Seine eigene Unvorsichtigkeit verärgerte ihn mehr, als Joshuas Fragen.

„Dann sollte ich Professor Williams sagen, dass er in Zukunft vorsichtiger sein soll!“ stellte Joshua fest. „Wenn du mich jetzt entschuldigst!“ Joshua wandte sich zum gehen, obwohl der Ravenclaw noch immer seinen Zauberstab hatte. Doch er wusste, dass er so einfach nicht würde gehen können.

/Lynar! Hier schleicht ein falscher Merlin durch die Gänge, der meinen Zauberstab hat. Damit dürftest du ihn relativ einfach finden, oder?\ wollte Joshua wissen.

/Ein falscher Merlin?\ fragte Lynar aufgebracht.

Joshua antwortete nicht, denn plötzlich pinnte ihn ein Zauber an die Wand. Der falsche Merlin stand mit wutverzerrtem Gesicht vor ihm und hatte sowohl seinen als auch Joshuas Zauberstab auf Joshua gerichtete.

„Du kommst mit mir mit!“ meinte er wütend.

Joshua seufzte. „Bei deinem dilettantischen Vorgehen zweifle ich dran, dass du wirklich von Simior beauftragt worden bist!“, stellte Joshua fest. Er ließ sich dazu hinreißen unvorsichtiger zu werden. Lynar war mit Sicherheit bereits auf dem Weg. Und wahrscheinlich hatte sie auch bereits Argus, Fawkes und Merlin Bescheid gegeben.

„Er wird mich hoch dafür ehren, wenn ich ihm einen der beiden Fator Zwillinge bringe!“ meinte der Ravenclaw hämisch. Er fühlte sich sicher. Immerhin glaubte er, Joshua sei wehrlos und noch dazu gefesselt.

„Er wird dich für deine Dummheit eher bestrafen, weil du ihm gerade jede Chance verbaut hast uns beide zu bekommen!“ entgegnete Joshua ruhig.

Der Ravenclaw lachte laut. „Dein Bruder wird mit Sicherheit alles tun, wenn er dich ihn Gefahr sieht!“

„Nur, dass ich nicht in Gefahr bin“, meinte Joshua ruhig. „Es gibt also keinen Grund für ihn in Sorge zu geraten. – Was wird Simior wohl dazu sagen, wenn er von deinem lächerlichen Versuch erfährt mich zu entführen?“

„Lächerlich? Wie willst du dich jetzt noch befreien?“ fragte der Ravenclaw, dessen Wut mit jedem von Joshuas Worte stieg.

„Wie willst du mich ungesehen hier heraus bringen? Ich darf das Schulgelände nicht verlassen. Jeder Versucht wird sofort der Direktorin gemeldet. Und Portschlüssel funktionieren hier in Hogwarts nicht!“ erwiderte Joshua. „Da wird meine Strafe wohl zu meiner Rettung!“

„Ich finde einen Weg!“ zischte der Ravenclaw.

Joshua hob die Schultern. „Du findest keinen.“

„Sein still!“ fuhr sein Entführer ihn an.

„Es war ziemlich dumm von dir, so was auf eigenen Faust unternehmen zu wollen!“ stellte Joshua ungerührt fest.

Der Ravenclaw zitterte vor Wut. Das war genau das, was Joshua wollte. Die Hüter würden ihn leichter überwältigen können, wenn er vollkommen den Kopf verlor. Auch wenn der Fremde offensichtlich keine wichtige Position im Clan hatte, könnten sie von ihm vielleicht Informationen bekommen.

„Crucio!“ zischte der Ravenclaw plötzlich.

Erschrocken riss Joshua die Augen auf und zog nur aus Reflex ein Schutzschild vor hoch. Mit so etwas hatte er wirklich nicht gerechnet. Und der Fluch hatte sich noch nicht einmal von dem Zauberstab gelöst, als ein Ohrenbetäubender Lärm los brach. Die Schutzmechanismen von Hogwarts waren zwar gut, dafür aber auch sehr laut.

Der Angreifer erstarrte. Nur Lynar würde ihn aus dieser Starre befreien können. In Hogwarts einen der Unverzeihlichen anzuwenden war das dümmste, was der Ravenclaw hätte tun können. Nun war er im Schloss gefangen und zunächst dem Urteil der Direktorin unterstellt, bevor die Auroren sich um ihn kümmern würden.

Diese Gedanken schossen Joshua durch den Kopf, während der Fluch auf sein Schild zu raste. Doch dann erschien, gerade noch außerhalb seines Schildes, Merlin. Dieser warf Joshua einen sorgenvollen Blick zu, bevor er sich zu dem Angreifer umdrehte – und damit genau in den Fluch lief. Aufkeuchend sank Merlin in die Knie.

Panisch löste Joshua den Zauber, der auf ihm lag, und fing Merlin auf, als dieser zitternd vorn über zu kippen drohte. Der Cruciatus war stark gewesen, was Joshua ziemlich überraschte, nachdem er den Eindruck erhalten hatte, der Ravenclaw sei kein besonders starker Magier.

In diesem Moment tauchten auch Lynar, Fawkes und Argus auf.

„Was ist passiert?“ wollte Fawkes wissen. Er kniete sich zu Merlin und Joshua, während sich Lynar und Argus um den Ravenclaw kümmerten.

„Merlin ist genau in der Flugbahn des Cruciatus aufgetaucht!“ meinte Joshua mit vor Schock zitternder Stimme.

„Und davor?“ wollte Fawkes wissen. Er musterte Merlin eingehend, der sich langsam wieder von den Folgen des Fluches erholte.

„Ich erzähl es euch später“, entgegnete Joshua. „Bringt den Typen da erst einmal irgendwo hin, von wo er nicht weg kann. Er hat uns noch einige Fragen zu beantworten! – Ich bringe Merlin in seine Wohnung!“

Fawkes nickte lächelnd. „Mach das. Und bemitleide ihn nicht zu sehr. Er wusste ganz genau, wo er erschienen ist!“

„Was?“ Joshua sah Merlin entsetzt an.

Dieser war jedoch noch nicht in der Lage zu antworten. Allein das Aufstehen kostete ihn große Anstrengung. Joshua ärgerte sich darüber, dass er sein Training so lange hatte schleifen lassen. Wenn er es könnte hätte er Merlin und sich sonst in die Räume Merlins teleportiert. Doch bisher hatte er es noch nicht einmal geschafft sich selbst auf diese Art in Hogwarts fort zubewegen. So blieb ihm nichts anders übrig, als Merlin auf dem Weg zu dessen Räumen so gut es ging zu stützen.

Joshua ließ keinen Protest zu, als er Merlin in einen Sessel setzte und dann Merlins Tränkevorrat plünderte. Er gab Merlin einen schmerzlindernden Trank und schüttete einige Tropfen eines Beruhigungstrankes in den Tee, den er von den Hauselfen hatte bringen lassen. Seit Merlin direkt in den Cruciatus teleportiert war lagen Joshuas Nerven blank.

„Hatte Fawkes Reckt?“ wollte Joshua wissen, nachdem er seine Tasse in einem Zug geleert hatte.

Merlin nickte nur, während er sich mit beiden Händen die Schläfen massierte. Es dauerte eine Weile, bis der Trank seine Wirkung entfaltete. Es war nicht das erste Mal, dass Merlin diesen Folterfluch abbekommen hatte und er wusste nur zu gut, dass die Muskelschmerzen sich bei ihm in Grenzen hallten würde. Dafür würde sein Kopf ihn umbringen, sobald der Trank in einigen Stunden seine Wirkung wieder verlieren würde.

„Du bist verrückt!“ meinte Joshua kopfschüttelnd. Der Beruhigungstrank half nicht nur gegen den Schock sondern ließ ihn diese Sache auch sehr viel gelassener aufnehmen, als es unter normalen Umständen der Fall gewesen wäre. „Warum hast du das gemacht?“

„Dein Schild war gut, aber der Cruciatus war so stark, dass er es durchbrochen hätte!“ stellte Merlin leise fest. Er sank im Sessel zurück, als der Trank endlich begann zu wirken.

„Und deshalb fängst du ihn mit deinem Körper ab?“ Joshua warf ihm einen finsteren Blick zu.

„Besser ich, als du!“ meinte Merlin. Und bevor Joshua widersprechen konnte, fragte er: „Was ist eigentlich passiert?“

Joshua faste in wenigen Worten zusammen, was geschehen war, nachdem er ins Schloss zurückgekehrt war. Merlins Gesicht verfinsterte sich mit jedem Wort.

„Das hätte auch schief gehen können“, sagte Merlin verärgert. „Keiner von uns hat bisher über Vielsafttrank nachgedacht. – Warum hast du nicht früher irgendjemanden Bescheid gesagt?“

„Ich hatte alles unter Kontrolle. Und wer weiß, ob wir jetzt noch irgendein Wort aus ihm heraus bekommen!“, stellte Joshua fest.

Merlin seufzte, sagte dazu jedoch nichts weiter. Er wollte nicht schon wieder einen Streit mit Joshua beginnen, auch wenn alles in ihm danach schrie, Joshua für seinen Leichtsinn zu schelten. Stattdessen fragte Merlin: „Woran hast du erkannt, dass ich es nicht war?“

Joshua hob die Schultern. „An dem Ausdruck in seinen Augen, glaube ich.“

„Was?“ Merlin sah ihn verwirrt an.

„Da hat etwas gefehlt“, sagte Joshua leise. Ein Ausdruck, von dem er nicht wusste, ob er ihn sich nicht nur einbildete. „Die Sorge und – etwas anderes.“

Merlin musterte Joshua lächelnd. Leise meinte er: „Nun, dann ist meine Liebe zu dir ja wenigstens zu einer Sache gut. Wenn die daraus erwachsende Sorge schon dafür sorgt, dass du nicht mehr mit mir redest!“

Joshuas Kopf ruckte nach oben. Aus großen Augen sah er Merlin perplex an. „Sag das noch mal!“

„Was?“ wollte Merlin spitzbübisch wissen.

„Ist das dein Ernst, dass du mich liebst?“ fragte Joshua mit rauer Stimme.

Merlin lächelte sanft. „Sonst würde ich es nicht sagen!“ Da Joshua ihn noch immer perplex anstarrte, stand Merlin kurz entschlossen auf, ging zu Joshua und küsste ihn. Seit ihrem ersten Kuss – der so unglaublich lange her zu sein schien – hatte Merlin sich immer wieder stark beherrschen müssen, um Joshua nicht zu sich zu ziehen, wenn dieser bei ihm war, und ihn immer wieder zu küssen, ihn nie wieder los zu lassen.

„Merlin! Joshua!“

Erschrocken fuhr Merlin zurück, wollte Fawkes hochkant aus seiner Wohnung werfen. Doch als er den gehetzten Blick des Phönix sah, hielt er inne.

„Hogsmeade wird angegriffen!“ meinte Fawkes atemlos.

„Unmöglich!“ entfuhr es Joshua geschockt.

„Lynar und Argus sind bereits auf dem Weg nach unten, ebenso alle Lehrer, die noch im Schloss waren!“ sagte Fawkes, ohne Joshua zu beachten.

Merlin wandte sich an Joshua. „Du bleibst hier, Josh!“

„Vergiss es!“ Joshua sprang auf. „Ihr braucht jede Hilfe die Möglich ist!“

„Und wenn der Angriff nur dazu dient, dich zu fangen?“ wollte Merlin wissen.

Joshua schüttelte den Kopf. „Der Clan weiß, dass ich nicht in Hogsmeade sein kann!“

„Es ist trotzdem sicherer, wenn du hier bleibst!“ schloss Fawkes sich Merlin an. „Wenn du helfen willst, dann geh zum Tor und versuche dort den Lehrer zu helfen, die die Schüler zurück bringen!“

Widerwillig nickte Joshua. „Also gut.“ Er hatte nicht vor in Hogwarts zu bleiben. Er würde sich selbst auf den Weg ins Dorf machen, sobald Merlin und Fawkes unterwegs waren. Doch die Diskussion weiter zu führen hätte nur Zeit gekostet.

Merlin gab Joshua einen flüchtigen Kuss, bevor er die Gestalt des Falken an nahm und der Phönix durch das Fenster folgte. Während Joshua in seiner Hand einen Besen erscheinen ließ blickte er den beiden Vögeln nach, bis sie außerhalb der Sichtweite waren. Dann folgte er ihnen auf seinem Besen.

/Blaise? Wo seid ihr?\ wollte Joshua wissen. Er presste sich so nah an den Besen wie möglich, um die höchste Geschwindigkeit aus seinem Besen zu holen. Er war ein guter Flieger und hatte keine Probleme den Besen auch bei solch einer halsbrecherischen Geschwindigkeit unter Kontrolle zu halten.

/Wir werden angegriffen, Joshua!\ antwortete Blaise. Joshua hörte deutlich, dass er der Panik nahe war.

/Ich weiß. Wir sind auf dem Weg zu euch. Wo seid ihr?\ wiederholte er seine Frage.

/Vor Zonkos. Das sind Leute vom Clan!\ antwortete Blaise.

/Ich bin gleich bei euch!\ stellte Joshua fest, als er die Grenze von Hogwarts hinter sich. Spätestens jetzt wussten die Hüter, dass er Hogwarts verlassen hatte. Aber das war im Moment nebensächlich. Stattdessen nahm er Kontakt zu Tom auf. /Großvater? Hogsmeade wird angegriffen! Wir brauchen Verstärkung!\

/Ein Angriff auf Hogsmeade?\ Tom klang nur milde überrascht. Weniger wegen des Angriffs, als wegen des Ortes.

/Wusstet ihr von einem Angriff?\ wollte Joshua wissen.

/Wir wusste, dass der Clan etwas plant. – Nach Hogsmeade kann mich nicht einfach apparieren. Es wird ein paar Minuten dauern!\ stellte Tom fest.

/Beeilt euch! Je eher die Hilfe kommt, desto besser!\ meinte Joshua, bevor er all seine Konzentration wieder auf das Fliegen richtete. Er hatte das Dorf fast erreicht. Er flog außer Sichtweite der Schüler, die alle Richtung Schloss strömten. Joshua sah jedoch schon von weitem, dass auch viele der älteren Schüler in Kämpfe verwickelt waren.

Joshua schoss durch das Dorf, nicht ohne jede Gelegenheit zu nutzen einen der vermummten Angreifer aus zu schalten. Als er Blaise, Seamus, Neville und Ginny entdeckte, setzte er zu einer riskanten Landung an, stieß dabei zwei Angreifer um.

„Merlin hat dir erlaubt, her zu kommen?“ fragte Blaise außer Atem. Auch wenn er ein guter Kämpfer war, ließ seine Ausdauer zu wünschen übrig.

„Hat er nicht. Aber ich werde die Hüter noch euch hier unten allein kämpfen lassen“, antwortete Joshua. Er beschwor ein Schild um seine Freunde und sich herum, an dem sofort einige Flüche verpufften. „Mit Merlins Ärger werde ich leben müssen.“

„Es sind viel zu viele!“ rief Ginny. „Simior und mein Bruder müssen verrückt sein, Hogsmeade anzugreifen!“

„Dein Bruder scheint nichts von dem Angriff gewusst zu haben“, meinte Joshua. Er war an Weasley vorbei geflogen, der Seite an Seite mit einem Fremden die Angreifer ebenso bekämpfte, wie alle anderen Schüler. „Kein Schüler, der dem Clan angehört, kämpft auf der Seite der Angreifer! – Ich habe Großvater Bescheid gesagt. Er schickt Verstärkung.“

„Die sollen sich bloß beeilen!“ stellte Seamus fest. „Lange halten wir das nicht aus!“

„Die restlichen Lehrer müssen das Dorf bald erreichen. Sie haben sich zu Fuß auf den Weg gemacht. Ich bin über sie hinweg geflogen!“ meinte Joshua. Sein Schild hatte ihnen eine kleine Pause verschafft. Doch ewig konnte er ein so großes Schild nicht aufrecht erhalten. „Der Kampf geht weiter, Freunde!“

Kaum, dass Joshuas Schild verschwand, rollte eine Welle der Angriffe über sie hinweg, den sie jedoch mit relativ wenig Problemen abwehren und Kontern konnten. Sie alle hatten das Kämpfen geübt, schließlich war der Krieg seit Monaten vorhersehbar. Nur mit einem ersten Angriff so nah an Hogwarts hatte niemand gerechnet.

Während der folgenden Minuten wurde Joshua von seinen Freunden getrennt. Es waren noch immer viele Schüler im Dorf. Auch jüngere, die vom Kämpfen kaum Ahnung hatten. Immer wieder brachte Joshua einige von ihnen in die Sicherheit der Häuser. Noch hatten die Angreifer nicht begonnen die Häuser zu Stürmen. Dafür wehrten sich die Schüler und Dorfbewohner zu sehr. Daher waren die Schüler in den Häusern vorläufig sicher. Joshua hoffte, dass sie den Angriff abwehren konnten, bevor die Erstürmung der Häuser begann.

Irgendwann fand er sich Rücken an Rücken mit Merlin und Severus wieder. Alle drei waren sie nicht mehr unverletzt. In einer kurzen Pause konnte Joshua sich um blicken und entdeckte dabei seine Freunde. Alle vier waren unversehrt, was ihn erleichtert aufatmen ließ.

„Du solltest im Schloss bleiben!“ schrie Merlin gegen den Kampflärm.

„Du hättest wissen sollen, dass ich nicht dort bleibe!“ entgegnete Joshua.

„Das habe ich“, gab Merlin zu.

„Man merkt deutlich, wessen Zwilling du bist!“ mischte Severus sich ein.

„Danke“, meinte Joshua. „Ich nehm das als Kompliment für Daimos und mich!“

Severus schnaubte. „So war es wirklich nicht gemeint.“

„Das hab ich mir schon gedacht!“ erwiderte Joshua.

„Redet nicht so viel, konzentriert euch!“ fuhr Merlin dazwischen. „Ich will keine Verluste auf unserer Seite!“

„Die werden kaum zu vermeiden sein!“ stellte Severus verdrießlich fest.

Der Kampf wurde unterbrochen, als schwarz verhüllte Gestalten in das Dorf stürzten. Ohne zu zögern nahmen diese den Kampf mit den Angreifern auf.

„Das sind Großvaters Leute!“ rief Joshua erleichtert.

„Werd nicht unvorsichtig!“ ermahnte ihn Merlin, ließ vor Joshua ein Schild erscheinen. Joshua hatte seine Aufmerksamkeit zu sehr auf die Verstärkung gerichtet und den Fluch übersehen, der auf ihn zugeschossen war.

„Danke“, murmelte Joshua, konzentrierte sich wieder auf den Kampf.

Ihm fiel auf, dass er bisher erstaunlicherweise keinen Unverzeihlichen gesehen hatte. Was nicht hieß, dass nicht trotzdem todbringende Flüche durch die Luft schwirrten.

Joshua erstarrte, als er sah wie zuerst Ginny und dann Seamus von Flüchen getroffen wurden. Er konnte die Flüche nicht identifizieren, doch seine beiden Freunde gingen zu Boden. Neville und Blaise kämpften verbittert weiter, versuchten den beiden verletzten soviel Schutz wie möglich zu gewähren.

Plötzlich erstarrte auch Merlin hinter ihm.

„Merlin? Was ist?“ wollte er alarmiert wissen.

„Ich habe mir eingebildet, gerade den goldenen Staub eines Schicksalswindes gesehen zu haben!“ meinte Merlin verwirrt.

„Ich glaub kaum, dass sich einer von den letzten hier her verirrt hat!“ stellte Joshua fest. „Seamus und Ginny sind getroffen!“

„RÜCKZUG!“ erscholl eine aufgebrachte Stimme. Joshua sah sich um, konnte jedoch niemanden entdecken, der da zum Rückzug aufrief. „BEENDET DEN ANGRIFF!“ Und tatsächlich zogen die Angreifer sich zurück. Joshua kam die befehlsgewohnte Stimme bekannt vor, einordnen konnte er sie jedoch nicht.

Der Angriff war eingestellte worden. Erleichtert wandte sich Joshua um – und erlebte zum zweiten Mal an diesem Tag einen Schock. Merlin lag reglos vor ihm auf dem Boden. Joshua hatte nicht mitbekommen, wann er getroffen worden war, oder von was.



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